100 Jahre Marinekameradschaft Kiel von 1914 e. V.
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100 Jahre Marinekameradschaft Kiel von 1914 e. V.
Marinekameradschaft Kiel v. 1914 e.V. Traditionsgemeinschaft des Bundes Deutscher Marinevereine v. 1891, Kiel Mitglied im Deutschen Marinebund e.V. MK KIEL 100 Jahre Marinekameradschaft Kiel von 1914 e. V. Foto: Klaus Schotte † INHALTSVERZEICHNIS Grußwort Marinekameradschaft Kiel 3 Grußwort Inspekteur der Marine 4 Grußwort Landeshauptstadt Kiel 6 Grußwort Befehlshaber Wehrbereich I Küste 7 Grußwort Kommandeur Landeskommando Schleswig Holstein 8 Grußwort Landesverbandsleiter Landesverband Nord 9 Grußwort Marinekameradschaft Hansestadt Stralsund 10 Kieler Nachrichten, Ausgabe vom 5. März 2014 12 100 Jahre Marinekameradschaft Kiel von 1914 e. V. 13 Vortrag 100 Jahre Marinekameradschaft Kiel, Dr. Dieter Hartwig 14 Die Marinestadt Kiel - Albert Nitzschke und Klaus Schotte 21 Vielfalt für den Einsatz – Die Einsatzflottille 1 36 Das Marinestützpunktkommando Kiel 37 Marinekameradschaft Kiel – Immer in Ihrer Nähe 39 MK Kiel - …maritimer Treffpunkt an der Kieler Förde 40 Herausgeber: Marinekameradschaft Kiel von 1914 e.V. Düsternbrooker Weg 38 24105 Kiel www.mkkiel.de Texte: 100 Jahre Marinekameradschaft Kiel Dr. Dieter Hartwig Die Marinestadt Kiel Albert Nitzschke † und Klaus Schotte † Fotos: Landeshauptstadt Kiel, Pressestelle und Stadtarchiv Gerhard Beckmann Deutsche Marine (Marineamt) Archiv Deutscher Marinebund e.V. MK Kiel – Peter Mattsson Redaktion: Peter Mattsson Auflage: 200 Exemplare Marinekameradschaft Kiel v. 1914 e.V. Traditionsgemeinschaft des Bundes Deutscher Marinevereine v. 1891, Kiel Mitglied im Deutschen Marinebund e.V. Kameradinnen und Kameraden, liebe Freunde der MK-Kiel, als sich der „Verein ehemaliger Unteroffiziere der Kaiserlichen Marine Kiel“ am 12. März 1914 gründete, hatte keiner auch nur vage Vorstellungen, auf welch wechselvolle Geschichte man 100 Jahre später würde zurück schauen können. Viele Mitglieder wurden mit Beginn des I. Weltkrieges zu den Waffen gerufen. Das war der Grund, dass das Vereinsleben schon wenige Monate nach der Gründung der MK nahezu eingestellt werden musste. Dieser Zustand sollte sich auch nach Kriegsende nur wenig ändern, als viele Kameraden ihren Einsatz mit dem Leben bezahlt hatten und die Mitgliederzahl deutlich dezimiert war. Der Verein nahm dennoch im November 1918 seine Arbeit wieder auf. Der Matrosenaufstand in Kiel, die Abdankung des Kaisers waren die Begründung dafür, dass eine Namensänderung zu erfolgen hatte: „Verein ehemaliger Unteroffiziere der Marine Kiel“. Die Zeit zwischen 1918 und 1933 war bestimmt durch die Weimarer Republik. Inflation, Wirtschaftskrise, dessen Auswirkungen auch im Vereinsleben deutlich spürbar waren. Noch vor Kriegsausbruch des II. Weltkrieges gab sich der Verein eine neue Satzung und den noch heute gültigen Namen „Marinekameradschaft Kiel von 1914 e. V.“. Mit Beginn des Krieges kamen die Aktivitäten und das Miteinander im Verein erneut zum Erliegen. Wieder war der Tod vieler Kameraden zu beklagen. Erst am 21.2.1953 erblühte das Vereinsleben auf Initiative einiger alter Kameraden. Zeitgleich fiel auch der Entschluss, dem neu gegründeten „Deutschen Marinebund e.V.“ beizutreten. Seit diesem Zeitpunkt fährt die MK im ruhigen Fahrwasser. Über die Jahre bildeten sich unterschiedliche Stammtische, der Shanty-Chor, eine Kegelgruppe und selbst unsere Damen brachten sich mit einer Handarbeitsgruppe in den Verein ein. In den 80er Jahren entstand der Wunsch nach einem eigenen Vereinsheim. Hatte man bisher alle Veranstaltungen in unterschiedlichsten Stätten in Kiel abgehalten, erinnert sei hier an schöne Stunden und Feiern im Kaiser Friedrich, konnte 1990 das Heim im Düsternbrooker Weg eingeweiht werden. Allen Kameradinnen und Kameraden auch an dieser Stelle meine Anerkennung und meinen Dank, dass wir heute eine Begegnungsstätte in exponierter Lage unser Eigen nennen dürfen. Es ist aber nicht zu verkennen, dass sich die Zeiten ändern. Begriffe wie Zusammenhalt, Miteinander und Solidarität verlieren leider mehr und mehr an Bedeutung. So scheint es auch ein neuer Zeitgeist mit sich zu bringen, dass die Pflege von Traditionen, auf die die Marine bisher zu Recht stolz war, mehr und mehr vernachlässigt wird. Das drückt sich insbesondere in der ständig sinkenden Mitgliederzahl aus. Lassen Sie uns die kommenden Tage nutzen, für uns zu werben und neue Mitglieder für unseren Verein zu gewinnen und zu begeistern. Harald Kontze Vorsitzender der Marinekameradschaft Kiel von 1914 e. V. 3 4 5 Grußwort der Landeshauptstadt Kiel für die Festschrift zum 100. Gründungstag der Marinekameradschaft Kiel Liebe Marinekameraden, Kiel ist ein historisch gewachsener Marinestandort. Und dazu gehört auch die Marinekameradschaft Kiel von 1914 e.V. Zu ihrem Jubiläum gratuliert die Landeshauptstadt Kiel ganz herzlich. Heute blicken Sie nicht nur auf das 100-jährige Bestehen Ihrer Marinekameradschaft zurück, Sie feiern zugleich einhundert Jahre erfolgreicher Arbeit bei der Pflege und Bewahrung maritimen Brauchtums, beim Lehren und Lernen seemännischer Kenntnisse. DIE SEE VERBINDET UNS – Gestern und heute muss an Bord einer für den anderen einstehen. Glück und Erfolg, aber auch Not und Pein schweißen zusammen. So ist die Seefahrt seit Jahrhunderten ein Synonym für Kameradschaft. Eine Verbindung, die von jeher Bestand hat. Auf See und – wie das Beispiel Marinekameradschaft zeigt – auch an Land. Sie tragen das positive Bild gestandener Seemänner in alle Welt, zeigen die Bedeutung von Kameradschaft auf und leisten ehrenamtlich wertvolle Arbeit in Sachen Denkmalschutz und Kriegsopferfürsorge. Im Namen der Landeshauptstadt Kiel möchten wir der Marinekameradschaft Kiel herzlich dafür danken, dass sie diese Traditionen pflegt und bewahrt. Wir wollen, dass Kiel auch künftig eine bedeutende Marinestadt bleibt und sind uns ihrer Unterstützung gewiss! Schließlich wäre Kiel ohne die Marine nicht das, was es heute ist: eine weltbekannte Großstadt, in der modernste Schiffe gebaut werden, Anlaufpunkt vieler Fähren, Handelsschiffe und Marinen aus aller Welt und Tor zum Nord-Ostsee-Kanal. In diesem Sinne wünschen wir Ihnen ein fröhliches, stolzes Jubiläum und viel Erfolg für die anstehende Arbeit der kommenden Jahre. Ihre Hans-Werner Tovar Stadtpräsident Dr. Ulf Kämpfer Oberbürgermeister (Foto: Klahn) 6 Grußwort Kommandeur Einsatzflottille 1 für die Festschrift zum 100jährigen Bestehen der Marinekameradschaft Kiel 1914 e.V. Liebe Angehörige der Marinekameradschaft Kiel, zum 100jährigen Bestehen gratuliere ich Ihnen ganz herzlich. Gleichzeitig möchte ich Ihnen mein aufrichtiges Beileid zum Tode Ihres langjährigen Vereinsvorsitzenden, Herrn Klaus Schotte, übermitteln. 100 Jahre sind eine lange Zeit, in der Ihr Verein sicherlich viele Höhen und Tiefen durchlebt hat. Sie haben sich allen Herausforderungen mit großem persönlichem Engagement gestellt und können heute mit Stolz auf das Erreichte zurückblicken. Der Kontakt zur Marinekameradschaft Kiel ist für die Einsatzflottille 1 von großer Bedeutung. Sie sind Multiplikatoren in der Stadt Kiel, die in einer Vielzahl persönlicher Gespräche über das Leben in der Marine berichten. Persönlicher Kontakt ist heutzutage wichtiger denn je. In Zeiten knapper werdender Ressourcen, rückläufiger Bewerberzahlen und gleichzeitig steigender Abwesenheitsbelastungen durch Einsätze und einsatzgleiche Verpflichtungen ist jedes positiv gesprochene Wort von Erfahrungsträgern und Freunden unbezahlbar. Vielen Dank hierfür! Durch Ihre Aktivitäten liefern Sie als Verein einen bedeutenden Beitrag zur Traditionspflege der Marine und bilden somit ein verbindendes Element zwischen den Generationen. Ihr Vereinsheim in Kiels bester Lage bietet hierzu und für Veranstaltungen jeglicher Art beeindruckende Räumlichkeiten, in denen Besucher mit großer Gastfreundschaft empfangen werden. Einsatzklare seegehende und landgebundene Einheiten für Vorhaben aller Art bereitstellen zu können, erfordert auch zukünftig gemeinsame Anstrengungen von allen Soldaten und Beschäftigten der Einsatzflottille1. Ich bitte herzlich auch künftig unseren Soldatinnen und Soldaten gewogen zu bleiben. In diesem Sinne wünsche ich der Marinekameradschaft Kiel eine erfolgreiche Zukunft. Ihr Jean Martens Flottillenadmiral 7 Grußwort Kommandeur Landeskommando Schleswig-Holstein Sehr geehrte Damen und Herren, verehrte Mitglieder des Deutschen Marinebundes, in diesem Jahr begeht die Marinekameradschaft Kiel von 1914 e.V. ihren 100. Gründungstag. Als Kommandeur des Landeskommandos Schleswig-Holstein und Vertreter der Bundeswehr in Schleswig-Holstein übermittle ich Ihnen meine herzlichen Grüße und Glückwünsche zu diesem besonderen Jubiläum. 100 Jahre Marinekameradschaft in Kiel bedeuten mehr als nur eine bloße Zeitangabe. In diesem Jahrhundert hat die Marinekameradschaft Kiel als Zeitzeuge die wechselvolle Geschichte der Kaiserlichen Marine, der Reichsmarine, der Kriegsmarine und der heutigen Deutschen Marine erlebt und begleitet. Im Zusammenwirken mit dem Deutschen Marinebund ist es dem Einsatz der Marinekameradschaft Kiel v. 1914 ganz maßgeblich zu verdanken, dass das MarineEhrenmal in Laboe nach seiner Rückgabe von den Alliierten im Jahr 1954 erhalten werden konnte und der Öffentlichkeit zugänglich ist. Sie haben darüber hinaus dazu beitragen können, dass mit dem Marine-Ehrenmal eine würdige Gedenkstätte an die auf See Gebliebenen aller Nationen erinnert. Diese Orte des Gedenkens und Trauerns sind wichtig – nicht nur Angehörige finden hier Trost und die Möglichkeit zum Innehalten. Jene, die im Dienst für unser Land ihr Leben ließen, dürfen nicht in Vergessenheit geraten. – Für Ihr Engagement, das Ehrenmal als einen Ort der Erinnerung und der Versöhnung zu erhalten, danke ich Ihnen an dieser Stelle ausdrücklich. Auch zukünftig werden wir Ihre Arbeit zum Wohl aller Mitglieder des Deutschen Marinebundes und der Deutschen Marine nach Kräften unterstützen. Für die nächsten Jahresringe wünsche ich Ihnen weiterhin ein erfolgreiches und interessantes Vereinsleben, Mast- und Schottbruch und immer eine Handbreit Wasser unter dem Kiel. Hannes Wendroth Oberst 8 "# $%& '* + / &'* ; +< ;+/+ $ = > ?>%@ QX ; Y< Q[ >%& / $ \#$] *$ [/+ >^ $$+ / _`\q$/["; $ ] X /$[ $ +[ + $$ <${|$ / #% $ $Y $ =[ } \ ["# $% +[Y~ $^ >"$$/ [$#$$ * $ $"# $[$ ^ [ [/ / $ Y< $ Y$ +* *$$ \ #$ Y/ Q [$ \ + $^ [ #$ _$} \Y [ "$$ } &X #$ / # $ > / ;+/+$$>+ $ ^ + $_ > /+/ $\ } ] ; +< > ~ ] } * Grußwort der Marinekameradschaft Hansestadt Stralsund v. 1892/ 1991 e.V. zum 100-jährigen Bestehen der Marinekameradschaft Kiel v.1914 e.V. Liebe Kameradinnen und Kameraden der Marinekameradschaft Kiel, im Namen der Mitglieder der Marinekameradschaft Hansestadt Stralsund möchte ich Euch die herzlichsten Grüße und Glückwünsche zum 100-jährigem Stiftungsjubiläum Eurer Marinekameradschaft, übermitteln. Ich verbinde damit gleichzeitig einen herzlichen Dank für die kameradschaftliche Zusammenarbeit und Hilfe in der vergangenen Zeit. In den 100 Jahren des Bestehens der Marinekameradschaft hat sie eine wechselvolle große Erlebnisreise zurückgelegt und mit Bravour gemeistert. Sie hat in 100 Jahren als Zeitzeuge die Höhen und Tiefen von der Kaiserlichen Marine bis zur heutigen Deutschen Marine erlebt und begleitet, darin sind zeitlose menschliche und kameradschaftliche Grundwerte die es zu bewahren gilt, eingebunden. Das ist deutsche Marinegeschichte eines Jahrhunderts. Eure Kameradschaft ist für all jene Heimstatt die sich der See verbunden fühlen, die sich mit den Fragen und der Pflege des maritimen Lebens, des maritimen Brauchtums beschäftigen. Viele Generationen haben sich in Eurer Marinekameradschaft zu Hause gefühlt. Alle fühlten sich im gleichen Boot. Ein Gründungsjubiläum in unserer heutigen Zeit kann nicht nur ein in der Tradition behaftetes Rückerinnern sein, sondern der Blick voraus weist uns immer auf die Weite der See mit ihren Forderungen an die Gegenwart. Das ist für die jetzige Zeit mit ihren politischen, wirtschaftlichen, militärischen und technischen Umwälzungen von ganz besonderer Bedeutung für die Arbeit innerhalb der Kameradschaft. Möge unsere, im Jahr 1992 besiegelte Patenschaft, auch in Zukunft mit Leben erfüllt bleiben. Lasst uns auch weiterhin eine kameradschaftliche Freundschaft pflegen, wie sie unter Seeleuten und Freunden üblich ist. Liebe Kameradinnen und Kameraden, der Marinekameradschaft Kiel v.1914 e.V. Euch, allen Gästen und Förderern, wünschen wir einen harmonischen Verlauf der Jubiläumsfeierlichkeiten, vor allem Gesundheit und weiterhin ein erfolgreiches und interessantes Vereinsleben. Möge Euer Schiff immer in einem ruhigen Fahrwasser laufen und ohne Grundberührung alle Klippen umfahren. Immer eine Handbreit Wasser unter dem Kiel. Allzeit „ Gute Fahrt “. Im Namen der Kameraden der Marinekameradschaft der Hansestadt Stralsund v. 1891/1992 e.V. Rainer Falley 1.Vorsitzender Stralsund im März 2014 Der Deutsche Marinebund e.V. (DMB) hat es sich zur Aufgabe gemacht, das maritime Bewusstsein in Deutschland zu fördern. Mit rund 10.000 Mitgliedern ist der DMB eine der größeren maritimen Interessenvertretungen Deutschlands. Der Verein ist politisch und weltanschaulich unabhängig und hat lediglich die legitimen nationalen Interessen unseres Landes im Fokus. Der Deutsche Marinebund ist überdies der alleinige Besitzer des MarineEhrenmal in Laboe. Das zwischen 1927 und 1936 gebaute MarineEhrenmal war ursprünglich als Gedenkstätte für die Gefallenen der Kaiserlichen Marine im Ersten Weltkrieg errichtet worden. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde es zu einer Gedenkstätte für die auf See Gebliebenen aller Nationen. Heute ist das Marine-Ehrenmal eine nationale Gedenkstätte mit internationalem Charakter und zugleich die offizielle Gedenkstätte der Deutschen Marine. (Logo/Text: www.deutschermarinebund.de) 11 Mit ffreundlicher dli h G Genehmigung h i von Ki Kieler l Nachrichten, N h i ht vom 5 5. Mä März 2014 2014, T Textt W Wagner, F Foto t P Paesler l 100 Jahre Marinekameradschaft Kiel Ein Weg mit Höhen und Tiefen durch 100 Jahre Marinegeschichte in der Landeshauptstadt Kiel Über einen Mangel an Gästen zum hundertsten Jubiläum brauchte sich die Marinekameradschaft Kiel von 1914 am 6. März 2014 wirklich nicht beklagen. Sieht man ganz von den gastronomischen Vorzügen des attraktiven Vereinsheims am Ufer der Kieler Förde, nahe dem wohl vornehmsten Stadtteil der schleswig-holsteinischen Landeshauptstadt, ab, dann ist die Kieler Kameradschaft natürlich auch eine lokale Institution, und dies gilt besonders in Bezug auf die Kommune, deren Vertreter zahlreich erschienen. Unter den Gästen konnten wir vom Land Schleswig-Holstein die Staatssekretäre Bernd Küppersbusch und Ulf Kämpfer begrüßen. Als Vertreter der Landeshauptstadt Kiel nahmen der Stadtpräsident Hans-Werner Tovar, als auch die Ratsfrauen Ingrid Lietzow und Antje Danker, sowie der Ratsherr Stefan Kruber, teil. Ebenso konnten wir zahlreiche Vertreter von anderen Vereinen, Organisationen und Einrichtungen verschiedenster Art begrüßen. Die Ansprache während der Kranzniederlegung an der Garnisions-Kirche Kiel-Wik hielt unser Vereinsmitglied Dr. Dieter Hartwig. Er hielt die Rede zu Ehren unseres leider viel zu früh verstorbenen Vorsitzenden Klaus Schotte. Die feierliche Übergabe der Urkunde erfolgte durch den Staatssekretär Bernd Küppersbusch, der die herzlichsten Glückwunsche des Ministerpräsidenten des Landes Schleswig-Holstein, Torsten Albig, überbrachte. Während der Feier verkündete der langjährige Vorsitzende der Marinekameradschaft GNEISENAU, Kamerad Heinrich Winkelmann, deren Auflösung und die offizielle Aufnahme der Mitglieder in die Marinekameradschaft Kiel. Herzlich Willkommen! Begleitet und geführt wurde das feierliche Programm in der Wik und im Haus der Marinekameradschaft Kiel durch den Leiter der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit der Marinekameradschaft Kiel, Peter Mattsson. 13 Hundert Jahre Marinekameradschaft Kiel v. 1914 e. V. - ein würdiger Anlass für einen Blick in die Geschichte Vor 100 Jahren, am 6. März 19141 fand die Gründungsversammlung desjenigen Vereins statt, in dessen Geschichte und Tradition sich unsere Marinekameradschaft Kiel v. 1914 sieht – des „Vereins ehemaliger Unteroffiziere der Kaiserlichen Marine“. Es ist nicht sicher, ob es im Namen hieß „Kaiserliche Marine“ oder nur „Marine“. Wie dem auch sei: Diese Vereinsgründung war insofern ein besonderes Ereignis, als es sich um die Abspaltung vom „Marineverein Prinz Heinrich von Preußen“ handelte. Dieser war schon 1890 gegründet worden und hatte sich verdient gemacht mit der Initiative zur Gründung des Deutschen Marine-Bundes 1891, um den es hier und heute aber nicht weiter gehen soll. Vielmehr versuche ich nachzuempfinden, warum und in welcher Situation der „Verein ehemaliger Unteroffiziere der Marine“ gegründet wurde. Als Grund wird in früheren Darstellungen die Größe des Ursprungsvereins mit 700 Mitgliedern genannt. Man muss sich das in etwa vorstellen wie die Besatzung eines Linienschiffes der Kaiserlichen Marine: In einer bis zu 1.000 Mann starken Besatzung sind die einzelnen Dienstgradgruppen nur in ihren Messen unter sich. Nur dort, wo man unter sich und seines Gleichen ist, fühlt man sich freier, und wahrscheinlich fühlten sich die Mitglieder des „Vereins ehemaliger Unteroffiziere“ in ihrem eigenen Verein z. B. bei Gespräche auf der Basis gemeinsamer Erlebnisse einfach wohler. Ich verstehe die Ausgründung also nicht als Protest gegen den „Marineverein Prinz Heinrich v. Preußen“, sondern als Suche nach Heimat. Nachdem so die Frage nach dem „Warum“ einigermaßen beantwortet ist, geht es nun um die Frage: Wie war die Situation im März 1914? Damals herrschte Friede! Schon seit mehr als 40 Jahren. Die Schiffe der Kaiserlichen Marine befuhren alle Weltmeere, nach dem Motto in der Marineschule Mürwik: „Den Frieden zu wahren, gerüstet zum Streit, mit flatternden Fahnen, im eisernen Kleid, so tragt deutsche Schiffe, von Meere zu Meer, die Botschaft von Deutschland, den Frieden umher.“ Zwar waren Schiffe und Besatzungen auch in kriegsähnliche Vorkommnisse verwickelt – ich erinnere nur an die grausame Niederschlagung des Herero-Aufstandes vor 100 Jahren auch mit Marinetruppen, auch konnte niemand die seit 1908 gebauten Linienschiffe und Schlachtkreuzer nur als ‚Spielzeuge’ betrachten – aber an Krieg dachte im März 1 In „85 Jahre Marinekameradschaft Kiel v. 1914 e. V.“ von Albert Nitzschke ist zwar vom 12.03.1914 die Rede; im Vereinsregisterauszug des Amtsgerichts Kiel v. 11.04.2003 wird aber (mehrfach) der 06.03.1914 genannt. - 14 - 1914 sicher niemand. Und schon gar nicht an einen solchen, wie er dann nur fünf Monate später ausbrach – mit nur vereinzelten Gefechten und mit der nur zufällig zustande gekommenen Skagerrakschlacht, die zwar als deutscher Sieg in die Marinegeschichtsschreibung einging, eine Entscheidung aber nicht brachte. Vielmehr bewirkte ihr Ergebnis gerade jene Untätigkeit der Schlachtflotte, aus der heraus sich Gehorsamsverweigerungen, Meuterei und Revolution 1918 entwickelten. Damit sah die Welt unserer Vereinsvorgänger extrem anders, genauer: düsterer aus, als nur 4 ½ Jahre zuvor, als ‚Glanz und Gloria’ herrschten. Jetzt war der „Große Krieg“ verloren; das Kaiserreich gab es nicht mehr, und daran war die Marine mitschuldig; ihre stolzen Schiffe mussten dem Gegner ausgeliefert werden und lag selbstversenkt in Scapa Flow; die Wirtschaft lag am Boden; insbesondere der für Kiel wichtige Schiffbau. Man kann sich vorstellen: Das Bedürfnis nach Zusammenrücken, nach Anlehnung, nach Schicksalsgenossen muss stark gewesen sein. Dass der Verein lebte, zeigt eine Eintragung ins Vereinsregister vom Januar 19242 – unser leider schon verstorbener Kamerad Nitzschke schrieb vor zehn Jahren, damals wäre im Namen das Wort ‚Kaiserliche’ gestrichen worden – auch das sicher mit Trauer. Man arrangierte sich mit den Gegebenheiten. An ein Wiederaufleben des Kaiserreichs glaubte niemand – aber die Reichsmarine fuhr noch bis zum Ende des Jahres 1921 unter der kaiserlichen Kriegsflagge! Und anschließend blieb es für Kriegsund Handelsschiffe bei schwarz-weiß-rot, obwohl doch die neuen Reichsfarben schwarz-rot-gold waren – aber die fanden nur im linken Obereck Platz. Vorstand 1924 Reihe oben von links nach rechts: Carstens Rakenius Pravemann Andersen Thomsen Reihe unten: Dessler Grundt Schumacher Brück und Jurgan 2 „Die Satzung ist am 6. März 1914, 5. März 1921 bezw. 23. September 1922 errichtet.“ - 15 - Vorstand 1934 Reihe oben von links nach rechts: Carl Carstens Keil, Kohl August Bülow Karl Postel Lorenzen Reihe unten: Max Richter M. Schultz Arno Grundt Martin Thomsen Ernst Küper Man kann sich vorstellen, dass gerade aktive und ehemalige Marineangehörige eine der ersten Maßnahmen unter nationalsozialistischer Herrschaft, nämlich die Rückkehr zu den Staatsfarben schwarzweißrot im März 1933, begrüßten. Das galt sicher auch für den gesamten Regierungs- und Systemwechsel, von dem sich wohl die meisten Deutschen einen wirtschaftlichen Aufschwung versprachen, aber auch eine Zunahme an politischer Bedeutung im Konzert der Großmächte – und damit verbunden eine wieder größere Marine, statt jener ‚Mini-Marine’ des verhassten Versailler Vertrages. Die Schrecken des ‚Dritten Reiches’ dagegen Unterdrückung, Entrechtung, Krieg - waren für die Mitglieder des „Marinevereins ehemaliger Unteroffiziere der Marine“ kaum vorhersehbar. Die Umbenennung des Vereins in „Marinekameradschaft ehemaliger Unteroffiziere der Marine e. V., Kiel“ (1936) und später (1939) in „Marinekameradschaft Kiel v. 1914 e. V.“ wird wohl keine Aufregung verursacht haben. Interessant ist aber die Streichung der Einschränkung „ehemaliger Unteroffiziere“! Unter diesem Namen lebte unsere Kameradschaft 1953 wieder auf – eine Neugründung war nicht notwendig, denn „der Verein bestand durchgehend“3. Zur „Reaktivierung“ trafen sich einige alte Mitgliedern im Januar 1953 in der SEEBURG unter dem Vorsitz des bisherigen und neuen Vorsitzenden, Paul Grönwoldt. Auf einer Mitgliederversammlung am 18.04.1953 wurde eine Satzungsänderung vorgenommen. Ohne auf Einzelheiten eingehen zu wollen, sei die vereinsgerichtliche Eintragung von 1936 zitiert: „Durch Mitgliederversammlungsbeschluß vom 19. Juni 1935 3 Auskunft des Amtsgerichts Kiel v. 22.04.2004. Die gelegentlich auf den 21.02.1953 datierte Neugründung hat es also nicht gegeben. - 16 - ist die Satzung sowohl bezüglich des Namens des Vereins4 wie im übrigen fast überall geändert und neu gefasst.“ Da musste sicher vieles geändert werden, damit die Satzung dem Grundgesetz und Vereinsrecht der Bundesrepublik Deutschland entsprach. Die Eintragung dieser Satzungsänderung ins Vereinsregister erfolgte erst am 17. November 19535. Acht Jahre nach dem zweiten verlorenen Weltkrieg mit seinen schrecklichen Folgen - insgesamt ca. 55 Millionen Tote weltweit, viele Millionen Vertriebene; viele, wenn nicht alle größeren Städte in Europa und Deutschland in Schutt und Asche. So auch Kiel – und die wegen der Aufrüstung des „Dritten Reiches“ erneut stark marineorientierte Arbeitswelt wieder am Boden. „Nie wieder Militär“ war die Tagesparole – es wurde aber (wir sind im Jahr 1953!) doch wieder über deutsche Soldaten gesprochen. Ohne dies weiter ausführen zu können, stellen wir uns die verunsicherte Situation unserer Vorgängerkameraden vor – und haben Verständnis für die erneute Suche nach Anlehnung und Geborgenheit im Kameradenkreis. Mit diesem Neubeginn nach 31 aktiven Jahren und achtjährigem Stillstand begann der zweite, längere Lebensabschnitt unserer Marinekameradschaft – es ist ja mehr als nur ein Zahlenspiel: Die im Kaiserreich gegründete „Marinekameradschaft Kiel v. 1914“ existiert nun 51 Jahre im demokratischen Staatswesen der Bundesrepublik Deutschland. Das Festhalten an den Ursprüngen wird deutlich im kaum bekannten Namenszusatz „Traditionskameradschaft des Bundes Deutscher Marinevereine von 1891, Kiel“ – er kam 1961 auf Anregung des damaligen Präsidenten des Deutschen Marinebundes e. V., Ernst Lucht, hinzu. 4 Statt „Verein ehemaliger Unteroffiziere der Marine, Kiel“ jetzt „Marinekameradschaft ehemaliger Unteroffiziere Kiel“. 5 Unter dem 17.11.1953 sind als 1. Vors. Paul Grönwoldt und als 2. Vors. Max Petersen eingetragen. - 17 - Ich denke – unsere Marinekameradschaft kann die Verleihung dieses Namenszusatzes als einen Höhepunkt ihrer Geschichte betrachten. Vorstand 1962 Obere Reihe v. l. Franz Spachmann Werner Grönwoldt Hans Postel Walter Sudau Egon Tschuschke Kurt Pillen. Sitzend: Ernst Küper, Paul Grönwoldt Karl Postel Aufnahme: 7. Dezember 1962 Weitere Höhepunkte waren die Entscheidung und Verwirklichung zum Bau dieses Vereinsheimes in exquisiter Lage. Es zu erhalten, ist alle Mühen Wert. Wir Heutigen und unsere Nachfolger sollten mit Hochachtung jener gedenken, deren Bemühungen 1989 zum Beginn des Baus und zur Einweihung am 12. Oktober 1990 führten. Diese Hochachtung gilt auch den folgenden Vorständen sowie dem jetzigen und unserem Wirt – denn deren Anstrengungen ist es zu verdanken, dass andere Vereine hier tagen. Es ist hier so etwas wie ein Keim zu einem maritimen Verbund gelegt, der dieses Vereinsheim verstärkt als maritime Begegnungsstätte nutzen könnte. Vorstand 1987 Reihe hinten v.l. Horst Wellm Hans Postel Lorenz Becker Klaus Meyer Sigmund Manusch Reihe vorne Adalbert Rohde Rudolf Henke Günter Schlegel Reinhold Albrecht Peter Krafft - 18 - Noch zwei Aspekte aus der Geschichte der „Marinekameradschaft Kiel v. 1914“ und ihren Tätigkeitsfeldern möchte ich erwähnen: Die MK Kiel leistet Jugendarbeit, indem sie der Marinejugend Kieler Förde e. V. im Erdgeschoss dieses Vereinsheim sehr kostengünstig Räume in bester Lage zur Verfügung stelle. Für die Basisarbeit gebührt der MK Kiel uneingeschränkte Anerkennung und Dank! Am anderen Ende der Vereinsarbeit richtete die MK Kiel seit ihrer Wiedergründung 1953 vier Abgeordnetentage des Deutschen Marinebundes, des Dachverbandes aller MKs und MVs, aus. Damit hat der Deutsche Marinebund in seiner gesamten Geschichte sieben Mal in Kiel getagt. Insofern ist Kiel noch immer die deutsche ‚Marinehauptstadt’. Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kameradinnen und Kameraden – die Geschichte der „Marinekameradschaft Kiel v. 1914“ ist so bewegt wie die deutsche Geschichte. Es gab Höhen und Tiefen und wieder Höhen. Wie es eben auf See so ist – Idylle herrscht dort nur in der Vorstellung von „Landratten“. Dr. Dieter Hartwig Diese Festrede hielt Kamerad Dr Dieter Hartwig am 6. März 2009 anlässlich des Empfanges 95 Jahre Marinekameradschaft Kiel von 1914 e. V.. Dieser Vortrag ist nach wie vor so aktuell, dass sich die Vereinsführung entschloss, ihn in dieser Festschrift nochmals zu drucken. Unser gemeinsamer Dank dafür gebührt dem Kameraden Dr. Dieter Hartwig. Museumsbrücke des Schifffahrtsmuseums mit Werftkränen, Foto Zakrzewski - 19 - www.maritimesviertel.de Die Marinestadt Kiel von Albert Nitzschke, ergänzt von Klaus Schotte Die Tradition Kiels als Marinestadt begann mit dem Jahre 1865. Am 24.06.1865 verlegte die preußische Flotte unter ihrem Admiral JACHMANN die Marinestation der Ostsee von Danzig nach Kiel. Das Bild dieser kleinen Handels- und Universitätsstadt an der Förde mit ihren kaum 20.000 Einwohnern wurde von nun an durch die Marine geprägt: Durch die im Laufe der Zeit auf dem Ostufer entstandenen Werften, die fast ausschließlich für den Kriegsschiffbau tätig waren, wurde Kiel zu einer der bekanntesten Schiffbaustädte Europas. Die Marine gab den entscheidenden Anlass zum Bau des Nord-Ostsee-Kanals, eine der meistbefahrensten Wasserstraßen der Welt, – und schließlich wurde die „Kieler Woche“ wegen der Förderung des Segelsports durch die Marine zu einem Begriff für die Segler in allen fünf Erdteilen. Wodurch wurde das Interesse der Marine in Kiel geweckt? Kiel besitzt in der Förde - und zwar in ihrem inneren Teil - einen ausgezeichneten Naturhafen. Mit einer Länge von etwa 9 km und einer Breite von fast 3.000 m zwischen Möltenort und Holtenau ist dieser Hafen groß genug, um nicht nur eine große Anzahl Handelsschiffe, sondern auch einen starken Flottenverband aufzunehmen. Der Hafen wird zudem durch die Enge bei Friedrichsort vor der bei stürmischen Winden entstehenden rauen See geschützt. Diese nur etwa 800 m breite Öffnung konnte sehr leicht verteidigt werden. Darum legten die Dänen zu Beginn des dreißigjährigen Krieges hier eine Festung an. Sie nannten sie „Christianspries“. Später wurde diese Festung geschleift, dann aber 1663 wieder aufgebaut. Nun erhielt sie zu Ehren des dänischen Königs Friedrich IV den Namen „Friedrichsort“. Die günstige Lage des strom- und gezeitenfreien Hafens (der Tidenhub in der Ostsee beträgt nur etwa 0,20 m, tritt also kaum in Erscheinung) war wohl der Grund, dass vor über 100 Jahren die Preußen so großes Interesse an ihm zeigten. Willkommener Anlass, sich in seinen Besitz zu setzen, bot der deutsch-dänische Krieg im Jahre 1864, der von Preußen und Österreich gemeinsam geführt und siegreich beendet worden war. Im Friedensvertrag zu Wien am 30.10.1864 musste Dänemark die Herzogtümer Schleswig, Holstein und Lauenburg an die Sieger abtreten. Während das Herzogtum Schleswig und auch Lauenburg von den Preußen verwaltet wurde, gehörte Holstein – und damit auch Kiel – zum Besatzungsgebiet Österreichs. In der sogenannten „Gasteiner Konvention von 1865“ erreichte es Preußen, den Hafen von Kiel als Kriegshafen und Stützpunkt für seine Flotte zu erhalten. Als dann Admiral JACHMANN mit seinem Geschwader in die Förde - 21 - einlief, wurde Kiel zu einer zweigeteilten Stadt: Die Verwaltung der Stadt unterstand dem österreichischen Statthalter, während die Preußen die polizeiliche Gewalt über das Hafengebiet, die Wasserfläche des Hafens und die Festung Friedrichsort hatten. Die Waffenbrüderschaft und das anfangs gute Einvernehmen zwischen Österreichern und Preußen hielten jedoch nicht lange an. Es traten bald Spannungen auf, die schließlich im Sommer 1866 zum Kriege führten. Das preußische Heer war schlagkräftiger und Österreich wurde in der Schlacht bei Königsgrätz besiegt. Im Friedensvertrag zu Prag am 23.08.1866 musste Österreich alle Ansprüche an Schleswig, Holstein und Lauenburg an Preußen abtreten. Die von der Mehrheit der schleswig-holsteinischen Bevölkerung bereits nach dem deutsch-dänischen Krieg von 1864 erhoffte politische Selbständigkeit unter ihrem Herzog Friedrich VIII von Augustenburg erfüllte sich nicht. Weihnachten 1866 wurden die Landesteile Schleswig und Holstein als „Provinz Schleswig-Holstein“ dem Königreich Preußen einverleibt. Durch die gewaltsame Trennung der Herzogtümer von Dänemark wurden natürlich auch die wirtschaftlichen Bindungen nach dem Norden unterbrochen. Besonders die Stadt Kiel bekam dies zu spüren. Jetzt aber trat die Marine als neuer Wirtschaftsfaktor für die Stadt auf. Kiel war nicht nur Kriegshafen, sondern auch Garnison für die Landtruppenteile der Marine. Matrosen- und Seeartillerie und das Seebataillon wurden hierher verlegt und eine Marineschule für die Seeoffizierausbildung eingerichtet. Zugleich wurden Depots für die Flotte bei der Seebadeanstalt Düsternbrook angelegt und im Sommer 1867 bei dem Fischerdorf Ellerbek an der Schwentinemündung ein „Marine-Etablissement“ Marinearsenal errichtet, das sich dann einige Jahre später zur kaiserlichen Werft ausweitete. Bis zur Jahrhundertwende etwa war es üblich, die Kriegsschiffe während des Winters außer Dienst zu stellen, um Betriebs- und Unterhaltungskosten zu sparen. Die Segel und das gesamte „laufende Gut“ (Tauwerk) wurde abgeschlagen, die Kanonen ausgebaut und alles im Arsenal eingelagert, während die Schiffsbesatzungen an Land in Kasernen untergebracht wurden. Im Jahre 1867 ging die preußische Flotte in die Marine des norddeutschen Bundes auf. Von nun an wehte auf den Kriegsschiffen im Hafen und über der Festung Friedrichsort die schwarz-weiß-rote Bundesflagge. Inzwischen waren zwischen Preußen und Frankreich politische Spannungen aufgetreten und am 19.07.1870 erklärte Frankreich an Preußen den Krieg. Für den Kriegshafen Kiel bestand nun die Gefahr, von dem in der Ostsee kreuzenden französischen Flottenverband angegriffen oder aber blockiert zu werden. Die wenigen Kriegsschiffe des norddeutschen Bundes waren keineswegs in der Lage, das an Kampfkraft weit überlegene französische Geschwader zu vertreiben. Deshalb wurde die Festung Friedrichsort in Verteidigungszustand versetzt, ihre Wälle verstärkt und eine bessere Armierung mit neuen Krupp-Geschützen vorgenommen. - 22 - Im Übrigen beschränkte sich Preußen auf den Schutz der schleswig-holsteinischen Küste durch das Seebataillon. In der damaligen Zeit bestand die Aufgabe der Marine vornehmlich darin, „verlängerter Arm“ des Landheeres zu sein, das heißt, die Flanken der Armee nach See zu und die Küste selbst zu schützen. Deshalb standen im Allgemeinen an der Spitze der Marine ausschließlich Heeresoffiziere, wie die Generäle ROOF, STOSCH und von CAPRIVI. Erst der junge Kaiser WILHELM II machte nach seiner Regierungsübernahme im Jahre 1886 die Marine „mündig“ und stellte an ihre Spitze einen Seeoffizier, Vizeadmiral Graf von MONTS. Im Kriege 1870/71 unterstand die Küstenverteidigung Schleswig-Holsteins dem preußischen General von FALCKENSTEIN. Später erhielt ein Fort der Festung Friedrichsort seinen Namen, das in unmittelbarer Nähe des heutigen Badestrandes an der Kieler Förde lag, den „Falckensteiner Strand“. Nun, die Geschütze der Festung Friedrichsort bekamen während des deutschfranzösischen Krieges nichts zu tun, obwohl der französische Flottenverband zeitweise auch in der Kieler Bucht gesichtet wurde. Der entscheidende Abschnitt für Kiel als Marinestadt begann mit der Errichtung des deutschen Kaiserreiches durch BISMARCK am 18.01.1871. Aus der „Norddeutschen Bundesmarine“ war die „Kaiserliche Marine“ geworden. Auf Grund der Reichsverfassung vom 16.04.1871 erhielt der Kieler Hafen die Bezeichnung „Reichskriegshafen“. Dies bedeutete zugleich einen Ausbau des Hafens zum größten Flottenstützpunkt des Reiches und damit auch eine weitere wirtschaftliche Belebung der Stadt. Die auf dem Ostufer entstandene „Kaiserliche Werft“, die die Kriegsschiffe instandsetzte und ausrüstete, baute nun auch neue Kriegsschiffe. Der erste Neubau, ein Panzerschiff, lief dort bereits 1874 vom Stapel. Die Garnison wurde durch weitere Landtruppenteile, wie Matrosendivision und Werftdivision verstärkt. Aber es wurden nicht nur Marinesoldaten, sondern auch Heeressoldaten nach Kiel verlegt. Mit dieser Heereseinheit (es handelte sich um das 3. Bataillon des Infanterieregimentes „Herzog von Holstein“ Nr. 85) hing auch der Ausdruck „Fünfundachtziger“ für alle Soldaten, die nicht der Marine angehörten, zusammen. Es ist erstaunlich, dass sich diese Regimentsnummer den Matrosen so eingeprägt hatte. Die Erklärung liegt wahrscheinlich darin, dass jeder Angehörige der Marine in der Vorkriegszeit öfter mit seinem Schiff nach Kiel kam. Hier traf er immer wieder auf Infanteristen, die, wie es früher üblich war, auf ihren Schulterklappen die Nummer ihres Regiments - also hier „85“ - trugen. So bildete sich bei den Matrosen die Vorstellung, alle Heeressoldaten seien „Fünfundachtziger“. - 23 - In seinem Buch „Splissen und Knoten“ hat später Peter Ernst EIFFE, ein Seeoffizier der kaiserlichen und der Kriegsmarine, eine ganze Reihe heiterer Geschichten über die „Fünfundachtziger“ erzählt. Auf der „Kaiserlichen Werft“ waren Marine-Schiffbauingenieure mit dem Bau der Kriegsschiffe beschäftigt. Diese Kriegsschiffe besaßen noch eine Takelage, als eine Besegelung, waren aber schon mit Dampfmaschinen ausgestattet. Neben die Seeoffiziere an Bord traten nunmehr die MarineIngenieure, die für den Schiffsantrieb verantwortlich waren. Einer dieser jungen Ingenieure, der Marine-Ingenieur-Aspirant Gustav SONNTAG aus Berlin, brachte eines Tages eine bisher an der Förde kaum bekannte Sportart nach Kiel: das Segeln. Sonntag kannte das Segeln „um des Vergnügens halber“ von der Havel und dem Wannsee her, wo bereits seit 1830 sportlich gesegelt wurde. Angesichts des wunderbaren, strom- und gezeitenfreien Segelreviers, das die Kieler Förde bildete, ließ sich der junge Marineingenieur im Winter 1874/75 bei einem Bootsbauer am „Kleinen Kiel“ einen „Lustkutter“ bauen, wie man damals ein solches sportliches Segelfahrzeug nannte, und segelte damit im Frühjahr 1875 auf der Kieler Innenförde. Dieser Sport fand sofort begeisterte Anhänger, sowohl bei Marineoffizieren als auch bei Kieler Bürgersöhnen. In diesen Kreis segelbegeisterter junger Leute kam einige Zeit später der Marine-Schiffbauingenieur SAEFKOW aus Danzig, ein erfahrener Sportsegler und zugleich ein ausgezeichneter Jachtenkonstrukteur. SEAFKOW war Mitglied des Königsberger Segelclubs „Rhe“ und nun zur „Kaiserlichen Werft“ nach Kiel versetzt. Unter SEAFKOWs Leitung, assistiert durch den Marine-Schiffbauingenieur BUSLEY und den Unterleutnant zur See AHRENHOLD, einem später bekannten Kieler Marinemaler, veranstaltete man nun auf dem Kieler Hafen untereinander Wettfahrten. Eine solche Regatta zwischen Segeljachten auf der Innenförde im Sommer 1881 wurde vom Ostufer der Förde aus vom Hamburger Kaufmann WENZEL - 24 - und seinem Schwager DROEGE beobachtet, die sich gerade auf dem Gut Schrevenborn, dem Besitz WENZELs, aufhielten. Beide Herren waren Vorstandsmitglieder des „Norddeutschen Regattavereins“, der sich zur Aufgabe gemacht hatte, die Regatten im Ruder- und Segelsport in Hamburg neu zu ordnen und zu fördern. Sie verabredeten mit den Kieler Veranstaltern für das folgende Jahr eine gemeinsame Wettfahrt zwischen Hamburger und Kieler Seglern. Diese erste offizielle Segelwettfahrt fand auf der Kieler Förde am 23. Juli 1882 statt und wurde zum Geburtstag der heute weltberühmten „Kieler Woche“. Am Start waren 20 Yachten und Sieger wurde Unterleutnant zur See AHRENHOLD mit der von Marine-Schiffbauingenieur SEAFKOW konstruierten Yacht „Lolly“. Von jetzt an führte man alljährlich Wettfahrten auf der Kieler Förde durch. Die Initiative hierzu ging von den Marineoffizieren aus, die bereits 1883 den „Friedrichsorter Regattaverein“ und im Jahr 1887 in Kiel den „MarineRegattaverein“ gründeten, aus dem 1891 der „Kaiserliche Yachtclub“ und 1946 dann der heutige „Kieler Yachtclub“ hervorgingen. Preußen besaß bereits seit 1853 in der Nordsee einen Flottenstützpunkt – das im Jadebusen 1869 fertiggestellte Wilhelmshaven. Dort befand sich auch die Marinestation der Nordsee. Wie die Erfahrung bisher gezeigt hatte, waren die Zufahrten zur Ostsee, der Sund und die Belte, in Kriegszeiten leicht zu sperren oder zur blockieren. Die Kaiserliche Marine stand nun vor der Frage, ob sowohl in der Ostsee als auch in der Nordsee je ein starker Flottenverband aufgestellt und unterhalten werden sollte, der für sich allein operieren konnte, oder, ob es zweckmäßiger sei, eine gefahrlose Verbindung zwischen Nord- und Ostsee zu schaffen. Man kam schließlich zu dem Ergebnis, dass eine für Kriegsfahrzeuge benutzbare Kanalverbindung eine strategische Notwendigkeit sei. Der Kieler Hafen besaß bereits mit dem 43 km langen Schleswig-HolsteinKanal (Eider-Kanal) und der Eider, die bei Tönning in die Nordsee mündet, eine derartige Ost-West-Verbindung. Die sechs Schleusen dieses Kanals mit ihren Abmessungen von 35 m Länge, 7,80 m Breite und 3,50 m Tiefe ließen aber nur Schiffe bis zu 400 Tonnen passieren. Für diese etwa 180 km lange Strecke benötigte ein Segelschiff insgesamt vier Tage. Dampffahrzeuge haben zwar später diesen Weg in etwa 40 Stunden zurückgelegt, für Kriegsschiffe war aber im Allgemeinen ein Passieren dieses Kanals wegen ihrer Abmessungen nicht möglich. Große Schiffe mussten daher den gefährlichen Weg um das Kap Skagen nehmen, wo alljährlich immer wieder Schiffe auf der Westseite der zimbrischen Halbinsel in der Jammerbucht strandeten. Nach dem Krieg von 1870/71 stiegen der deutsche Handel und der Seeverkehr sprunghaft an. Aufgabe der Marine war jetzt nicht mehr allein der Schutz der heimischen Küsten, sondern vor allem die Sicherheit des deutschen Seehandels und der wirtschaftlichen Interessen im Zuge der deutschen Kolonialpolitik. - 25 - Es wurde deshalb zwingende Notwendigkeit für die Schifffahrt – und zwar besonders für die Kriegsfahrzeuge – eine schnelle und sichere Verbindung zwischen Nord- und Ostsee zu schaffen. Angeregt durch die Planung und den Bau des 1869 fertiggestellten SuezKanals wurden bereits um die Mitte des 19.Jahrhunderts eine Reihe von Plänen untersucht, wie Schleswig-Holstein am günstigsten mit einem Schifffahrtskanal durchstochen werden könne. Wegen der sich dauernd verändernden und damit für die Schifffahrt äußerst gefährlichen Sände vor der schleswig-holsteinischen Westküste war man sich darüber einig, dass ein Schifffahrtskanal südlich der Linie Tönning–Schleswig verlaufen müsse. Man dachte dabei auch an das tiefe Wasser der Unterelbe. Zugleich wurde die Möglichkeit untersucht, den 1777-1784 erbauten EiderKanal an die inzwischen veränderten Schiffsgrößen anzupassen. Diesen Plan gab man aber wegen der gefährlichen Barre vor der Eidermündung bald wieder auf. Besonderes Interesse fand der Vorschlag des Geh. Oberbaurates LENTZE, der einen Kanal von St. Margarethen (nördlich von Glückstadt/Elbe) nach Eckernförde bauen und dann mit einem Stichkanal nach Kiel gehen wollte. Günstig an diesem Projekt war zwar die geräumige Reede auf der Elbe, ungünstig aber der östliche Ausgang. Die Eckernförder Bucht ist zu breit, um wirksam „fortificatorisch“ geschlossen zu werden. Ein Ausgang des Kanals in Kiel war zwar günstiger zu befestigen, man befürchtete jedoch, dass sich im Kieler Hafen die Kriegs- und Handelsschiffe gegenseitig stören könnten. Eine gänzlich andere Trassierung schlug 1861/62 der Ingenieur KRÜHNKE vor, der seinen Kanal zwar ebenfalls von St. Margarethen beginnen, ihn aber bei Haffkrug in der Neustädter Bucht enden lassen wollte. Da dieser Kanal aber den mittelholsteinischen Höhenrücken überwinden musste, sollte er sechs oder sieben Schleusen erhalten. Die Mündung eines Nord-Ostsee-Kanals in der Neustädter Bucht wurde sogar von Preußen als die strategisch beste Lösung angesehen, da der Kanal benutzt werden konnte, „ohne unter dänischen Kanonen zu passieren“. Die Bestrebungen zum Bau eines Kanals und zwar insbesondere das von LENTZE vorgeschlagene Projekt, wurden zunächst durch Generalfeldmarschall Graf von MOLTKE gehemmt, der sich am 23.06.1873 vor dem Reichstag gegen einen Kanalbau aussprach. Er führte aus: „Wenn wir geneigt sind, für maritim-militärische Zwecke eine Summe von 40 bis 50 Millionen Thalern auszugeben, dann würde ich Ihnen vorschlagen, statt eines Kanals für eine Flotte, eine zweite Flotte zu bauen“. Graf von MOLTKE tat diesen Ausspruch wohl in der Hoffnung, dass bei einer Ablehnung durch den Reichstag ein solcher Schifffahrtskanal mit privaten Mitteln finanziert werden würde, wie dies beim Bau des Suez-Kanals der Fall war. Reichskanzler von BISMARCK befürwortete dagegen einen Kanalbau, da er mit der Volksstimmung rechnen musste. Das Volk war nämlich für einen Schifffahrtskanal, aber gegen den Bau einer großen Flotte. - 26 - Da zunächst keine Einigung erzielt werde konnte, ruhte das Projekt. Ende der 70er Jahre aber ließ der Hamburger Reeder DAHLSTRÖM auf seine Kosten das LENTZ’sche Projekt überarbeiten und legte diesen Entwurf dem „Königlich-Preußischen Minister für öffentliche Arbeiten“ vor. Auf Anordnung Kaiser Wilhelm I beschäftigte sich der Reichstag im Jahre 1883 erneut mit dem Kanalproblem. Mit Erlass vom 17.06.1886 wurde dann endlich der Kanalbau mit Staatsgeldern genehmigt. Von den veranschlagten Kosten von 156 Mill. Mark übernahm Preußen 50 Mill. Mark, während das Reich die restliche Summe von 106 Mill. Mark aufbrachte. Am 03.07.1887 erfolgte durch Kaiser Wilhelm I in Holtenau die Grundsteinlegung. Der Kanal kam als 100 km langer Durchstichkanal auf Mittelwasserhöhe der Ostsee auf der Linie Brunsbüttel – Rendsburg – Kiel zur Ausführung mit je einer Schleusenanlage an beiden Mündungen. Nach achtjähriger Bauzeit konnte am 21.06.1895 der Enkel von Kaiser Wilhelm I, der junge Kaiser Wilhelm II, in Holtenau den Schlussstein setzen. Zum Gedächtnis an Kaiser Wilhelm I erhielt die Wasserstraße den Namen „Kaiser-Wilhelm-Kanal“. Die Einweihungsfeier war für die Stadt Kiel zugleich das größte und glanzvollste Geschehen während der Kaiserzeit. Hatte man geglaubt, dass dieser Kanal auf lange Zeit allen Anforderungen des Seeverkehrs genügen würde, so musste man doch bald feststellen, dass die 1886 angenommenen Abmessungen eines Zukunftsschiffes nicht nur von den Kriegsschiffen, sondern auch immer mehr von den Handelsschiffen übertroffen wurden. Der Reichstag musste deshalb bereits im Jahre 1906 eine weitere Summe von 223 Mill. Mark bewilligen, um Kanallinie und -querschnitt zu verbessern und um größere Schleusen zu bauen. Diese Arbeiten waren dann im Jahre 1924 abgeschlossen. Zu Beginn der Kieler Woche 1914 konnte Kaiser Wilhelm II die neuen Schleusen in Holtenau einweihen und sie dem Weltverkehr übergeben. Sie stellten mit einer Nutzlänge von 350 m, Breite 45 m, Tiefe 14 m die damals größten Schleusen der Welt dar. Zum Schutze dieser strategisch so wichtigen Kanalverbindung und des Kriegshafens schuf man an der Kieler Förde weitere Befestigungsanlagen. Mittelpunkt war die Festung Friedrichsort. Bis zum Ausbruch des 1.Weltkrieges waren vorhanden - auf dem Westufer : die Forts - auf dem Ostufer : - die Forts : - die Redoute : - der Panzerturm - 27 - HERWARTH, FALCKENSTEIN und HOLTENAU STOSCH, KORÜGEN, RÖBSDORF HEIDBERG LABOE Zum Schutze des Reichskriegshafens Kiel nach Land zu waren außerdem noch eine Anzahl Batterien auf beiden Seiten der Förde aufgestellt und durch sogenannte „Kolonnenwege“ miteinander verbunden. Das Wachsen der Kieler Garnison sowie die Vergrößerung der Kieler Werften aufgrund des Flottenbauprogramms hatte natürlich auch ein Anwachsen der Einwohnerzahlen zur Folge. Zunächst kaufte der Marinefiskus das Fischerdorf Ellerbek am Ostufer auf. Das Dorf wurde teilweise abgetragen, um Hafenanlagen für die „Kaiserliche Werft“ zu gewinnen und sie flächenmäßig zu vergrößern. Durch die Schiffbauaufträge für die Marine wuchs neben den 1888 als Aktiengesellschaft gegründeten Howaldtswerken auch die 1902 von Friedrich KRUPP erworbene Germaniawerft in Gaarden, die bald zu einer der modernsten und leistungsfähigsten Werften der Welt wurde. Durch die Vergrößerung der Werften strömten immer mehr Arbeiter mit ihren Familien aus ganz Deutschland nach Kiel und die Stadt erweiterte sich zusehends. Hier ein Blick auf die Bewegung der Einwohnerzahlen der Stadt: 1864 : Einwohnerzahl 18.770 1871 : “ 31.764 1895 : “ 85.600 1900 : “ 108.000 1910 : “ 211.000 (einschl. Randgemeinden) Fast das gesamte Wirtschaftsleben Kiels war auf die Belange der Marine ausgerichtet, andere Erwerbszweige spielten nur eine untergeordnete Rolle. Diese Abhängigkeit wurde besonders nach den beiden verlorenen Weltkriegen schmerzlich empfunden. Bei Ausbruch des 1. Weltkrieges am 02.08.1914 waren die Werften noch voll mit der Erfüllung des Flottenbauprogramms beschäftigt. Die im Hafen liegenden Flottenverbünde liefen zwar in der folgenden Zeit in die Ostsee oder Nordsee aus, blieben aber zumeist untätig. So wurden die Marinesoldaten (vor allem die Matrosen auf den „Dickschiffen“) im Allgemeinen nicht so eingesetzt, wie sie selber bei dem harten Ringen an allen Fronten gewünscht hatten. So mag es verständlich erscheinen, dass ein Teil von ihnen dem zersetzenden Gedankengut radikaler Kriegsgegner zugänglich wurde. Am 01.11.1918 kam es zu Meutereien der Matrosen. Die Revolution nahm hier in Kiel ihren Anfang und hier forderte sie auch ihre ersten blutigen Opfer. Nach Ende des 1.Weltkrieges musste die deutsche Flotte ausgeliefert werden. Die internierten Schiffe der Hochseeflotte versenkten sich selbst am 21.06.1919 in Scapa Flow. Der im Friedensvertrag von Versailles dem Deutschen Reich zugestandenen Marine in Stärke von 15.000 Mann verblieben nur noch sechs alte Panzerschiffe neben einigen kleinen Kreuzern. Diese Verringerung bekam in erster Linie die Stadt Kiel zu spüren: Alle Werften blieben ohne Beschäftigung. Hinzu kam noch die steigende Geldentwertung. Kiel geriet in eine wirtschaftlich katastrophale Lage. - 28 - Auch die Kaiserliche Werft konnte als nunmehrige Reichswerft zunächst nur Reparaturen durchführen. Am 01.09.1919 wurde ein Teil dieser Werft – und zwar die Nordwerft in Ellerbek – in das „Marine-Arsenal Kiel“ umgewandelt. Nach Angliederung des übrigen Teiles an die „Deutsche Werke AG“ in Berlin konnte eine gewisse betriebliche Umstellung vorgenommen werden. Es wurden zunächst Eisenbahntriebwagen hergestellt, bald aber folgten wieder Schiffbauaufträge für Reparationslieferungen in das Ausland. Langsam gingen dann auch die Howaldtswerke und die Germaniawerft, die vor allem Reparaturarbeiten an Schiffen, Lokomotiven und Maschinen vornahmen, wieder zum Schiffbau über. Das erste Kriegsschiff, das nach den Bestimmungen des „Versailler Vertrages“ gebaut werden durfte, lief am 19.05.1931 bei den „Deutschen Werken Kiel“ vom Stapel. Es war das Panzerschiff DEUTSCHLAND, das später in LÜTZOW umgenannt wurde. Der neue Schiffstyp, von dem noch zwei weitere Schiffe, die ADMIRAL SCHEER und die GRAF SPEE gebaut wurden, stellte im Kriegsschiffbau etwas völlig Neues dar. Die Schiffe hatten neben der Kampfkraft eines Schlachtschiffes die größere Geschwindigkeit eines Kreuzers und wurden von Dieselmotoren angetrieben. Man bezeichnete sie gern als „pocket-battleships“, als „Westentaschen-Schlachtschiffe“. Die deutschen Werke Kiel bauten 1934 ein weiteres Kriegsschiff – und zwar die NÜRNBERG. Nach Wiedereinführung der Allgemeinen Wehrpflicht in Deutschland und Umbenennung der „Reichsmarine“ in „Kriegsmarine“ am 01.05.1935 wurden auf der selben Werft das Schlachtschiff GNEISENAU (1936), der Schwere Kreuzer BLÜCHER (1937) und der einzige Flugzeugträger der Kriegsmarine, der GRAF ZEPPELIN (1938), gebaut, der jedoch nie fertiggestellt wurde und als Torso an die Sowjetunion fiel. Auf der der Firma Friedrich KRUPP gehörenden Germaniawerft lief 1938 der Schwere Kreuzer PRINZ EUGEN vom Stapel. Bemerkenswert ist, dass die NÜRNBERG und die PRINZ EUGEN die beiden letzten kampffähigen Einheiten zum Ende des Krieges waren. - 29 - Durch die Verstärkung und Vergrößerung der Flottenstreitkräfte aufgrund des deutschbritischen Flottenabkommens vom 18.06. 1935 waren in der Mitte der dreißiger Jahre alle Werften im Kriegsschiffbau tätig, auch die Howaldtswerke, welche 1937 in den Besitz des Reiches übergingen und der Kriegsmarine unmittelbar unterstanden. Die Hilfsindustrien und die Ausrüstungsbetriebe stellten sich wieder ganz auf den Kriegsschiffbau um. In Kiel wurden aber auch kleinere Einheiten, wie Zerstörer und U-Boote, gebaut. Vornehmlich auf den Halligen der Germaniawerft entstanden U-Boote. Diese Werft verfügte über die größte Erfahrung und hier lief am 04.08.1906 das erste brauchbare Tauchboot für die Kaiserliche Marine vom Stapel. Dieses mit einem Petroleummotor ausgerüstete Boot „U 1“ befindet sich heute in München im Deutschen Museum. Gegen Ende des Zweiten Weltkrieges wurden auf dieser Werft die im Binnenland gefertigten Sektionen des „absoluten Unterseebootes“ vom Typ XXI und XXII zusammengebaut. Diese diesel-elektrischen Boote mit ihrer großen Unterwassergeschwindigkeit (bis zu 15 sm/h) konnten mit Hilfe des Schnorchels wochenlang unter Wasser operieren. Erwähnt werden muss, dass 1850 in Kiel überhaupt das erste Unterwasserfahrzeug gebaut und auf der Kieler Förde erprobt wurde. Es war nach den Plänen des bayrischen Unteroffiziers Wilhelm BAUER konstruiert. Ein am Ende des Zweiten Weltkrieges von seiner Besatzung versenktes, 1956 gehobenes und wieder instandgesetztes U-Boot vom Typ XXI, das als Versuchsboot für die Bundesmarine fuhr, trug den Namen WILHELM BAUER. In der Notzeit nach dem Ersten Weltkrieg betrieb Kiel eine bewusste Werbung, um Aufträge für seine Industrieunternehmen zu erhalten. Besondere Zugkraft erhoffte man sich von der früher in aller Welt bekannten „Kieler Woche“. Es fehlten aber jetzt alle Voraussetzungen hierfür, denn die großen Segelyachten der Vorkriegszeit waren dem Krieg oder der Inflation zum Opfer gefallen. Außerdem war das Segeln noch kein Volkssport geworden. Die „Kieler Woche“ wurde deshalb zu einer allgemeinen Sportwoche umgewandelt, d.h., zum Segelsport kam der Sport auf dem grünen Rasen. - 30 - Die Reichsmarine, später auch die Kriegsmarine, sah es als ihre Ehrenpflicht an, bei den Vorbereitungen und der Durchführung, vor allem der Segelregatten, mitzuhelfen. Es wurde durch den Marine-Regattaverein nicht nur materielle Hilfe gewährt, sondern die Marine lud fremde Marinen wieder nach Kiel ein und führte besondere Marine-Segelregatten durch. Die „Kieler Woche“ bekam dann in den dreißiger Jahren wieder ihre alte internationale Bedeutung. Als 1936 die Olympischen Spiele in Berlin stattfanden, war es selbstverständlich, dass die Segelwettfahrten der Olympiade auf der Kieler Förde durchgeführt wurden. Diese Segelolympiade war für Kiel das bedeutendste Geschehen zwischen den beiden Weltkriegen. Organisiert und durchgeführt wurden die Regatten der vier olympischen Klassen (Olympiajolle, Startboot, 6-m-R-Yachten und 8-m-R-Yachten) durch den Marine-Standortsportoffizier, Korvettenkapitän HAUCK. Die Marine leistete materielle Hilfe und stellte die beiden Start- und Zielschiffe NAJADE und UNDINE zur Verfügung. Die Regatten der Olympiajollen und der Startboote fanden damals auf der Innenförde statt, denn man konnte die Schleusen des Nord-Ostsee-Kanals geschlossen halten, um die Wettkämpfe nicht zu stören. - 31 - Das konnte bei dem Verkehrsaufkommen dieser Wasserstraße für die olympischen Segelwettkämpfe 1972 schon nicht mehr durchgeführt werden. Kurz vor der Segelolympiade, die vom 4. bis 14. August 1936 dauerte, wurde das Marine-Ehrenmal Laboe eingeweiht, nachdem bereits 1930 das U-BootEhrenmal in Möltenort enthüllt worden war. Die Einweihungsfeier in Laboe fand am 31.05.1936 statt, dem 20. Jahrestag der Seeschlacht am Skagerrak. Erbaut wurde dieses einzigartige Ehrenmal aus den Spenden aller Marineangehörigen. Es steht an der Stelle des ehemaligen Panzerturmes und die unterirdische Gedenkhalle befindet sich im Sprengtrichter der früheren Kasematte. Beim Passieren des Marine-Ehrenmales Laboe dippen alle Kriegsschiffe und auch viele Handelsschiffe die Flagge und ehren auf diese Weise die Gefallenen. Bereits vor dem Ersten Weltkrieg kam nach Kiel-Holtenau eine Seefliegerstation. 1916/17 war Gunter PLÜSCHOW, einer der berühmtesten Frontflieger im Ersten Weltkrieg, Kommandant dieser Station. Er ist in der Marinegeschichte als „Flieger von Tsingtau“ eingegangen. Von 1935 bis 1945 befand sich in Holtenau wieder ein SeefliegerHorst und seit 1956 ist hier ein Marine-Fliegergeschwader stationiert. Zu diesem Fliegergeschwader gehörten eine Seenotstaffel mit amphibischen Flugzeugen für den Suchdienst, eine Hubschrauberstaffel für den Rettungsdienst und eine Dienst- und Transportstaffel. Heute ist hier das Marinefliegergeschwader 5 mit nur noch einer Hubschrauberstaffel stationiert. Diese Flieger sind jedoch nicht nur im Seenot-Rettungsdienst eingesetzt, sondern führen unter anderem auch Krankentransporte für die Zivilbevölkerung durch, wenn es gilt, lebensgefährlich Verletzte zur Spezialbehandlung in eine der umliegenden Kliniken zu fliegen. Auch in Katastrophenfällen und im Winter, wenn Dörfer eingeschneit und Halligen vom Eis blockiert sind, treten sie als „rettende Engel“ auf. Während des Zweiten Weltkrieges war die Marinestadt Kiel mit ihren Werften ein lohnendes Angriffsziel für die alliierten Bomberverbände. Am Ende des Krieges war die Stadt Kiel zu 80 Prozent zerstört. Nach der Kapitulation wurden auf Befehl der Alliierten die letzen Reste der Werfthallen, Helligen und - 32 - Kai-Anlagen auf dem Ostufer gesprengt, während der tatkräftige Oberbürgermeister Andreas GAYK den Wiederaufbau der Stadt betrieb. Die Trümmer wurden von der Bevölkerung geräumt, neue Wohnungen erstellt und Grünanlagen, die sogenannten „Gayk-Wälder“, durch die Schulkinder angelegt. Um Kiel für die Zukunft krisenfest zu machen, wurden neue Industrien angesiedelt. Seit 1946 ist Kiel Landeshauptstadt von Schleswig-Holstein. Die 1888 erbaute Marine-Akademie wurde zum Landeshaus, Sitz des/der Ministerpräsidenten/in und des Landtages. Nachdem die größten Schäden beseitigt waren, begannen die Howaldtswerke als einzige Werft auf dem Ostufer außer Schiffsreparaturen auch wieder Schiffe zu bauen. Nach Aufhebung der Tonnagebeschränkung liefen dann immer größere Schiffe und schließlich auch riesige Tanker vom Stapel. Auch U-Boote für die Bundesmarine wurden hier gebaut. Nach der Fusion mit der Deutschen Werft AG wurde die „Howaldtswerke Deutsche Werft AG“ leistungsfähigste Werft der Bundesrepublik. Als 1956 die Bundeswehr geschaffen wurde, war es eigentlich selbstverständlich, dass die Marine wieder nach Kiel kam. Die ehemaligen Kasernen-anlagen in der Wik und an der Tirpitzmole nahmen Stäbe und schwimmende Einheiten auf. Zunächst traten die kleinen Bootsverbände, wie Minensuch-, Schnellboot-, U-Boot- und Schulgeschwader nicht weiter in Erscheinung. Dann aber wurde die Marine durch das Hinzutreten größerer Schiffseinheiten bis zum Lenkwaffenzerstörer ein beachtlicher Faktor im Wirtschaftsleben der Stadt. - 33 - Kiel hat also eine mehr als hundertjährige Marinetradition. Die Marine gehört zum Gesamtbild dieser Stadt an der Förde, was immer noch besonders während der alljährlichen „Kieler Woche“ in Erscheinung tritt, wenn fremde Kriegsschiffseinheiten im Tirpitzhafen festmachen. Im Gegensatz zu den früheren Jahren steht der Soldat als mitverantwortlicher Bürger im politischen Geschehen seiner Garnison. Auch die Bürger der Stadt betrachten ihre Soldaten als zu ihnen gehörig. Dieses gute Einvernehmen ist ein Teil der Tradition der Marinestadt Kiel und diese Tradition zu pflegen und zu erhalten, wird auch immer ein Anliegen der Marine bleiben. Matrosen der Deutschen Marine auf dem Kieler Rathausplatz. Foto mit freundlicher Genehmigung LH Kiel, Inge Claus-Thiering Schlussbetrachtung: Kiel ist mit der Marine gewachsen, hat aber sicherlich auch mit und durch die Marine unter den Folgen des schlimmen Zweiten Weltkrieges gelitten. Dennoch zeugen noch heute Baudenkmäler, wie die Petruskirche, das ehemalige Anschar-Krankenhaus, die katholische Kirche in der Feldstraße oder auch die frühere Marine-Akademie (die heutige Landesregierung) von einer bereichernden Zeit mit der Marine in Kiel. Die Gründung des Marineregattavereins (der heutige Kieler-Yacht-Club), die Entwicklung der Kieler Woche mit Regatten, Kongressen, Tagungen und tausenden ausländischen Besuchern, der Bau des Nord-Ostsee-Kanals als meistbefahrene Seestraße der Welt sind nur einige herausragende Beispiele für die positive Entwicklung Kiels mit der Marine. - 34 - Seit einigen Jahren zählten dann diese Tatsachen alle nicht mehr, denn es war eine politische Entscheidung, den Kieler Marinebereich deutlich zu reduzieren. Es erscheint einem angesichts der historischen Entwicklung Kiels mit der Marine fast unglaublich, dass eine Entscheidung gegen den Marinestandort Kiel fallen konnte, aber leider zeigt die Umstrukturierung der Bundeswehr einen enormen Aderlass im einzigen Tiefwasserhafen an der Ostseeküste. Nachdem ein Minensuch-, ein Schnellboot- und ebenso ein Landungsbootgeschwader sowie die U-Boote mit dem U-Bootflottillenstab bis 1998 Kiel verlassen hatten, wurde ebenfalls die Technische Marineschule 2001 in Kiel aufgelöst. Mit der Außerdienststellung der drei Lenkwaffenzerstörer hatte die Marinestadt Kiel scheinbar seine einstige Bedeutung als herausragender Flottenstützpunkt in der Ostsee verloren. Heute sind die früheren Konflikte vergessen. Statt zur Auflösung kam es im Zuge der Neustrukturierung der Deutschen Marine sogar zu einer Stärkung des Marinestandorts Kiel. Das Verteidigungsministerium entschied, den Stützpunkt Olpenitz zu schließen und die dort stationierten Minenstreitkräfte nach Kiel zu verlegen. Zugleich wurde die Fördestadt Sitz der neu aufgestellten Einsatzflottille 1, zu der auch die Marineschutzkräfte, die Spezialisierten Einsatzkräfte, die Schnellboote und die U-Boote gehören werden. 2006 wurden die bisherigen fünf Typflottillen der Marine, die Zerstörer-, die Schnellboot- und die U-bootflottille sowie die Flottille der Minenstreitkräfte und die Flottille der Marineflieger, zu zwei Einsatzflottillen mit Sitz in Kiel und Wilhelmshaven zusammenfasst, die vom Flottenkommando in Glücksburg aus geführt werden. Damit wurde die Fördestadt erneut zum Zentrum der Marine in der Ostsee. Zumindest für die nächsten Jahre wird die Marine ein wichtiger Teil Kiels bleiben. Ob dies auch in Zukunft so sein wird, ist allerdings angesichts der geplanten erneuten Verkleinerung der Bundeswehr noch nicht absehbar. - 35 - Vielfalt für den Einsatz – Die Einsatzflottille 1 Die Einsatzflottille 1 wurde als maritimer Großverband im Jahr 2006 aufgestellt und bildet ein in seiner Komplexität und Vielfalt einmaliges Fähigkeitskommando in der Marine für küstennahe Operationen. Die Flottille umfasst die Korvetten, Schnellboote, Uboote, Minenabwehreinheiten, Tender, Flottendienstboote, die Spezialkräfte der Marine, das Seebataillon sowie die Marinestützpunkte in Kiel, Eckernförde und Warnemünde. Der Kommandeur ist mit seinem Flottillenstab in Kiel stationiert. Mit dem „Centre of Excellence for Operations in Confined and Shallow Waters“, einem internationalen maritimen Kompetenzzentrum, unter einem Dach, stellt die Einsatzflottille 1 eine einzigartige Fachexpertise bereit. Über 4.500 Frauen und Männer tragen rund um die Uhr, weltweit, engagiert und kompetent zur Auftragserfüllung der Einsatzflottille 1 und der Marine bei. Dieser Auftrag besteht im Wesentlichen darin, wichtige maritime Fähigkeiten für die Einsätze der Bundeswehr bereitzustellen, um politische Handlungsoptionen zu schaffen. So zählen derzeit der maritime Anteil des UNIFIL-Einsatzes zur Überwachung des Seegebietes vor der libanesischen Küste sowie die Beteiligung am Schutz von Handelsschiffen gegen Piraten im Rahmen der EU-Operation ATALANTA am Horn von Afrika zu den bestimmenden Einsatzaufgaben. Schiffe, Boote und Personal der Einsatzflottille 1 beteiligen sich darüber hinaus ständig an NATO-Einsatz-Verbänden sowie an einer Vielzahl von Übungs-, Ausbildungs-, und Einsatzvorbereitungsmaßnahmen in See wie an Land – national mit Partnern von Heer und Luftwaffe und international mit anderen Marinestreitkräften. Text und Fotos: Einsatzflottille 1 36 Das Marinestützpunktkommando Kiel Wenn Sie in Kiel einen Spaziergang entlang der Förde in Richtung Nord-Ostsee-Kanal unternehmen, können Sie spätestens ab dem „Seebad“ den in Kiel-Wik liegenden Marinehafen mit seinen grauen Booten erkennen. Vielleicht sehen sie sogar das weltweit bekannte Segelschulschiff der Marine, die „Gorch Fock“, in ihrem Heimathafen. Dieser Marinestützpunkt beheimatet über 2.500 militärische und zivile Mitarbeiter auf einer Fläche von 872.644 m². Der Tiefwasserhafen umfasst eine Wasserfläche von über 502.000 m² mit überwiegend 6,50 m bis 10 m Wassertiefe und einer Liegeplatzlänge von 5.300 m. Verantwortlich für den Betrieb des Stützpunktes und des Hafens ist das Marinestützpunktkommando Kiel, dessen Auftrag die Einsatzunterstützung eigener Marineeinheiten sowie im Rahmen des „Host Nation Support“, die Unterstützung ausländischer Einheiten ist. 37 Hierbei übernimmt das Personal des Marinestützpunktkommandos Aufgaben wie das Schleppen, Annehmen und Festmachen von Schiffen, die Material- und Kraftstoffversorgung und auch verschiedenste Instandsetzungen. Der Stützpunkt ist zudem eine logistische Drehscheibe, von der aus sämtliche Materiallieferungen zu und von den in Schleswig-Holstein stationierten Marineeinheiten abgewickelt werden. Die Kieler Woche zählt zu den größten Segelveranstaltungen der Welt und ist das größte Sommerfest Nordeuropas mit über drei Millionen Gästen. Der Marinestützpunkt Kiel ist hierbei der traditionelle Liegeplatz deutscher und internationaler Schiffe und Boote, die als Repräsentanten ihrer Länder an der Kieler Woche teilnehmen und so wesentlich zum einzigartigen maritimen Flair beitragen. Über 12.000 Besucher jährlich nutzen die zwei Tage dauernde Veranstaltung „Open Ship“, um den Stützpunkt und die Schiffe und Boote zu besichtigen. Das Marinestützpunktkommando ist maßgeblich für die Organisation und die Durchführung des Beitrags der Deutschen Marine zur Kieler Woche verantwortlich. Text und Fotos mit freundlicher Genehmigung Einsatzflottille 1 37 Wer sind wir? Wir sind als Marinekameradschaft in Kiel eine Vereinigung ehemaliger und aktiver Angehöriger der Marine, der Handelschifffahrt, der Fischerei und Förderern des maritimen Gedankens. Welche Ziele und Inhalte steuern wir an? Wir pflegen die Verbundenheit zwischen den Angehörigen seefahrender Berufe und der Bevölkerung. Wir dienen der Begegnung und Völkerverständigung zu gleichartigen Organisationen des In- und Auslandes. Wir pflegen zeitgemäße Traditionen, Tugenden und Gebräuche der Seefahrt. Durch Kameradschaft und Geselligkeit erleben wir Gemeinschaft. Wir sind politisch und konfessionell unabhängig und führen Junge und Alte zusammen. Marinekameradschaft Kiel Suchen Sie die Gemeinschaft von Menschen, die erlebte Seefahrt verbindet? Suchen Sie Erfahrungsaustausch zu maritimen Fachfragen? Suchen Sie das lockere Gespräch mit ehemaligen oder noch aktiven Fahrensleuten? Wenn ja! Dann gehören Sie zu uns! Als MK sind wir eingebunden im Deutschen Marinebund e.V. (DMB e.V.) mit seinen mehr als 10.000 Mitgliedern und seinen bundesweit bestehenden ca. 250 Marinekameradschaften, Marinevereinen und Marineclubs – Männer, Frauen und Jugendliche. Immer in Ihrer Nähe www.mkkiel.de 39 Viele Jahre war unter anderem das ehemalige Kieler Hotel „Hotel zum Kaiser Friedrich“ das Vereinslokal der Marinekameradschaft Kiel von 1914 e.V.. Die Kameradschaft entschloss sich Ende der 80er Jahre ein eigenes Heim zu erbauen. Das 1990 erbaute Vereinsheim der MK Kiel als MARITIMER TREFFPUNKT AN DER KIELER FÖRDE liegt an der Kiellinie zwischen dem Institut für Meereskunde und dem Landtagsgebäude der schleswig-holsteinischen Landesregierung. Mit dem direkten Zugang zur Uferpromenade Kiellinie/Hindenburgufer und einem attraktiven freien Blick über die Innenförde sind die stilvoll und maritim eingerichteten Räume unseres Vereinsheimes und deren gastronomische Bewirtschaftung besonders gut für Veranstaltungen aller Art geeignet. Verständlich, wenn sich hier maritim interessierte Bürger wohlfühlen. Ja, ich möchte Mitglied der Marinekameradschaft Kiel v. 1914 e.V. werden. Name: Vorname: Straße: PLZ: Ort: Telefon: Fax: mail: Ort, Datum Unterschrift Hiermit ermächtige ich die Marinekameradschaft v. 1914 e.V. widerruflich, den von mir zu entrichtenden Beitrag bei Fälligkeit zu Lasten meines Kontos IBAN: bei Kreditinstitut BIC durch Lastschrift einzuziehen. Wenn mein Konto die erforderliche Deckung nicht aufweist, besteht seitens des kontoführenden Kreditinstituts keine Verpflichtung zur Einlösung. Ort, Datum Unterschrift Foto oben: Deutscher Marinebund e.V. / Schumacher