Multiple Sklerose
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Multiple Sklerose
Ein Engagement der betapharm Multiple Sklerose Multiple Sklerose Gesundheit ist unser Ziel! betaCare-Wissenssystem Soziallexikon Die größte Suchmaschine für Sozialfragen im Gesundheitswesen in Deutschland. 4.800 Stichwörter helfen gezielt, soziale, rechtliche und finanzielle Fragen einfach und verständlich zu beantworten. Finden Sie z.B. Antworten auf folgende Fragen: – Wie ist die Zuzahlung bei Arzneimitteln geregelt? – Wie bekomme ich einen Schwerbehindertenausweis? – Welche Vorsorge kann ich treffen, für den Fall, dass ich nicht mehr selbst entscheiden kann? Patientenratgeber Die Broschüren bieten gebündelt und verständlich sozialrechtliche und psychosoziale Informationen zur folgenden Themen und Krankheiten: –Behinderung & Soziales –Brustkrebs & Soziales –Demenz & Soziales –Depression & Soziales –Epilepsie & Soziales –Migräne & Soziales – Multiple Sklerose & Soziales – Osteoporose & Soziales – Patientenvorsorge – Pflege – Psychosen, Schizophrenie & Soziales – Schmerz & Soziales Patientenfilme ©auremar_fotolia.com Zu Asthma, Brustkrebs, Darmkrebs, Demenz, Depression, Diabetes, Osteoporose, Rheuma, Schlaganfall. Die Initiative „betaCare – Verbesserung der Patientenversorgung und Prävention“ wird gefördert durch die betapharm Arzneimittel GmbH, ein Generika-Unternehmen mit hochwertigen und preiswerten Qualitätsarzneimitteln. www.betaCare.de Michael Ewers Liebe Leserin, lieber Leser, die Diagnose „Multiple Sklerose“ löst bei Betroffenen gleichermaßen Erschrecken und Angst aus. Wichtig ist daher, den Überblick in unserem Gesundheitssystem zu behalten und die Leistungsangebote sowie seine Ansprüche zu kennen. betapharm setzt sich seit Jahren aktiv für eine verbesserte Versorgungsqualität im Gesundheitswesen ein. Aus diesem Engagement hat sich betaCare – das Wissens system für Krankheit & Soziales – entwickelt, welches Antworten auf alle sozialen Fragen rund um eine Krankheit bietet. Der vorliegende betaCare-Ratgeber „Multiple Sklerose & Soziales“ informiert Sie daher umfassend zu Themen wie Rehabilitationsmöglichkeiten, Pflege, Umgang mit der Erkrankung im Alltag und Patientenvorsorge. Impressum Herausgeber und Redaktion beta Institut gemeinnützige GmbH Institut für angewandtes Gesundheitsmanagement, Entwicklung und Forschung in der Sozialmedizin Geschäftsführer: Michael Ewers Kobelweg 95, 86156 Augsburg Telefon 0821 45054-0, Telefax 0821 45054-9100 E-Mail: [email protected] www.betainstitut.de Text Ines Grocki Mit herzlichen Grüßen, Layout und Gestaltung Manuela Mahl Michael Ewers Autoren und Herausgeber übernehmen keine Haftung für die Angaben in diesem Werk. Geschäftsführer betapharm & beta Institut Alle Bausteine des betaCare-Wissenssystems mit seinen vielfältigen Inhalten finden Sie unter www.betaCare.de. Mehr über das soziale Engagement und die Produkte der betapharm Arzneimittel GmbH finden Sie unter www.betapharm.de. Alle Rechte vorbehalten © 2013 Copyright beta Institut gemeinnützige GmbH Der Ratgeber einschließlich all seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Herausgebers unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Reproduzierung, Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen oder Datenverarbeitungsanlagen. 2. Auflage Juli 2013 Schutzgebühr 5,90 Euro Inhaltsverzeichnis Vorbemerkung________________________ 2 Die Erkrankung_______________________ 3 Krankheitsbild________________________ 4 Diagnose____________________________ 7 Behandlung__________________________ 9 Medikamentöse Behandlung____________ 10 Heilmittel___________________________ 10 Ergotherapie________________________ 12 Physiotherapie_______________________ 12 Logopädie__________________________ 13 Alternative Behandlungen______________ 14 Berufstätigkeit/Arbeit_________________ 15 Arbeitsunfähigkeit____________________ 16 Entgeltfortzahlung___________________ 18 Krankengeld_________________________ 19 Arbeitslosengeld bei Arbeitsunfähigkeit___ 26 Minijobs/Geringfügige Beschäftigung_____ 28 Arbeitslosengeld_____________________ 31 Arbeitslosengeld II und Sozialgeld________ 34 Rehabilitation________________________ 35 Bereiche der Rehabilitation_____________ 36 Zuständigkeit________________________ 36 Medizinische Rehabilitation_____________ 38 Anschlussheilbehandlung______________ 41 Stufenweise Wiedereingliederung________ 43 Berufliche Rehabilitation/Teilhabe am Arbeitsleben______________________ 44 Übergangsgeld_______________________ 47 Reha-Sport und Funktionstraining_______ 49 Zuzahlungen in der gesetzlichen Krankenversicherung__________________ 53 Übersicht über Zuzahlungen____________ 54 Zuzahlungsbefreiung bei Erreichen der Belastungsgrenze__________________ 56 Zuzahlungsbefreiung für chronisch Kranke_ 60 Schwerbehinderung___________________ 63 Grad der Behinderung_________________ 64 Gleichstellung behindert/schwerbehindert_ 65 Schwerbehindertenausweis_____________ 66 GdB-abhängige Nachteilsausgleiche______ 68 Merkzeichenabhängige Nachteilsausgleiche__________________________ 70 Rente_______________________________ 73 Erwerbsminderungsrente_______________ 74 Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung____________________ 77 Altersrente für Schwerbehinderte________ 79 Pflege______________________________ Pflegebedürftigkeit___________________ Leistungen der Pflegeversicherung_______ Antrag auf Pflegeleistungen____________ Pflegestufen der Pflegeversicherung______ Pflegehilfsmittel_____________________ 81 82 83 84 86 89 Alltag und Familie____________________ 93 Partnerschaft________________________ 94 Kinder von Eltern mit MS______________ 94 Sexualität___________________________ 95 Kinderwunsch mit MS_________________ 97 Haushaltshilfe_______________________ 98 Häusliche Krankenpflege______________ 101 Wohnumfeldverbesserung_____________ 104 Depressionen_______________________ 106 Psychotherapie______________________ 107 Chronische Müdigkeit – Fatigue________ 109 Urlaub_____________________________ 113 Reiseplanung________________________114 Medikamente________________________114 Reiserücktrittversicherung______________115 Auslandsreisekrankenversicherung_______116 Sport______________________________ 117 Ernährung__________________________ 119 Patientenvorsorge___________________ 121 Adressen___________________________ 125 Anhang____________________________ 127 Impressum__________________________ 129 1 Vorbemerkung Multiple Sklerose (MS) wird auch die „Krankheit mit den 1.000 Gesichtern“ genannt, da sowohl der Verlauf der Krankheit als auch die Beschwerden sehr unterschiedlich und nicht vorhersehbar sind. Viele Fragen zur Erkrankung, wie die nach den Ursachen, sind noch nicht gänzlich geklärt. Dieser Ratgeber ist in erster Linie für Patienten geschrieben, bei denen eine Multiple Sklerose bereits diagnostiziert wurde. Dabei ist den Autoren bewusst, dass es schwierig ist, allgemeingültige Aussagen zu MS zu treffen. Weil die jeweilige Situation der Betroffenen so individuell ist, wird es zwangsläufig so sein, dass nicht alle Kapitel dieser Broschüre für jeden von Bedeutung sind. Jeder MS-Erkrankte braucht andere Hilfen. Die Auswahl der Themen richtet sich danach, welche Fragen erfahrungsgemäß bei Menschen mit MS aufkommen können und welche sozialversicherungsrechtlichen Leistungen häufig von Bedeutung sind. Als chronische Erkrankung beeinflusst MS den Alltag und die weitere Lebensplanung entscheidend. Das Wissen über die sozialen Auswirkungen der Erkrankung und über Möglichkeiten, den Alltag mit MS zu gestalten, kann helfen Sicherheit und Orientierung zu gewinnen. Aus medizinisch-therapeutischer Sicht gibt dieser Ratgeber nur einen kurzen Überblick – im Kern informiert er wie alle betaCare-Ratgeber zu sozialrechtlichen und psychosozialen Themen. Betroffene und Angehörige sollten sich bewusst machen, dass im Sozialrecht Formalitäten wie Anträge und Fristen schwerwiegende Auswirkungen auf mögliche (finanzielle) Leistungen und den Versicherungsschutz haben können. 2 Die Erkrankung 3 ©auremar_fotolia.com Krankheitsbild Multiple Sklerose (MS) ist eine entzündliche Erkrankung des Nervensystems. Das Gehirn sendet Signale über das Rückenmark an den Körper. Verschiedene Nervenfasern leiten diese Signale. Ähnlich wie bei Elektrokabeln sind diese Fasern von einer Schutz- bzw. Isolierschicht umgeben, dem Stoff Myelin. Entzündungsherde Bei MS entstehen Entzündungsherde im Bereich dieser Schutzschichten und die Übertragung von Signalen wird behindert oder blockiert, so dass es z. B. zu vermehrtem Stolpern oder Sehstörungen kommen kann. Zudem häufig vorkommende Symptome sind Müdigkeit, Schwäche, Nervenschmerzen und Gefühlsstörungen der Haut, die oft schubartig auftreten. Alter Das Haupterkrankungsalter für Multiple Sklerose liegt zwischen 20 und 40 Jahren. MS kann in seltenen Fällen aber auch bei Jugendlichen und Senioren auftreten. Die meisten Betroffenen erkranken um das 30. Lebensjahr herum. Frauen erkranken mit einer etwa 2- bis 3mal höheren Wahrscheinlichkeit als Männer. Häufigkeit Weltweit sind, Schätzungen zufolge, ca. 2 Millionen Menschen von MS betroffen. In Deutschland leben derzeit mindestens 120.000 Menschen mit einer MS-Erkrankung. Verteilung Die Verteilung auf der Welt ist sehr unterschiedlich. Mit der geographischen Entfernung vom Äquator steigt die Erkrankungshäufigkeit an. Die Ursachen dafür sind noch nicht gänzlich geklärt. Die auffällige Verteilung hat allerdings zunehmend die Bedeutung von Vitamin D in das wissenschaftliche Blickfeld gerückt. Näheres ist in einer Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN) und des Krankheitsbezogenen Kompetenznetzes Multiple Sklerose (KKNMS) zu finden. Folgt man dieser DGN/KKNMS-Leitlinie zur Diagnose und Therapie der Multiplen Sklerose (Stand: 27.06.2012), herrscht in Regionen mit niedrigem MS-Auftreten „eine hohe Intensität der Sonnenstrahlung, die zu starker Vitamin-D-Bildung in der Haut führt. Die immunregulatorische Rolle von Vitamin D könnte (…) ein Kofaktor für die Krankheitsmanifestation sein. (…). Zurzeit laufen mehrere prospektive Studien zur Vitamin-DSubstitution bei MS-Patienten an.“ 4 Bei MS kommt es durch die Auflösung und Zerstörung der Markscheiden der Nervenfasern (Myelin) zu einer Störung der Zusammenarbeit von Nerven- und Körperzellen. Da sich diese Markscheiden an den unterschiedlichsten Stellen des zentralen Nervensystems (Gehirn und Rückenmark) befinden, können die unterschiedlichsten neurologischen Ausfallerscheinungen auftreten. Symptome Häufig auftretende Symptome sind: • Müdigkeit (Fatigue) •Sehstörungen • Nervenstörungen wie Kribbeln oder Taubheitsgefühlen •Lähmungserscheinungen •Blasenentleerungsstörungen Diese Ausfallerscheinungen können nur kurzfristig anhalten und dann wieder vollkommen zurückgehen, oder sie bleiben lang fristig. Das Auftreten eines oder mehrerer Entzündungsherde im Nervensystem nennt man „Schub“. Ein Schub entwickelt sich in mehreren Stunden oder Tagen und kann auch wieder voll kommen abklingen. Die neurologischen Fähigkeiten können dann wieder vollkommen hergestellt sein. Schub MS verläuft von Patient zu Patient sehr unterschiedlich. Sowohl die Auswirkungen und bleibenden Behinderungen nach einem Schub als auch der zeitliche Verlauf sind äußerst verschieden. Verlauf Nur wenige Patienten haben eine so schwere Verlaufsform, dass sie innerhalb von wenigen Jahren auf einen Rollstuhl angewiesen sind. Der Großteil der Erkrankungen verläuft schubförmig und geht später in einen progredienten (fortschreitenden) Verlauf über. Man unterscheidet bei MS zwischen 3 charakteristischen Verlaufsformen: 1.Schubförmiger Verlauf (rezidivierend-remittierend) Der Krankheitsverlauf ist bei den meisten Patienten nicht gleichförmig, sondern erfolgt in Schüben. Die Symptome können sich zwischen den Schüben teilweise oder auch komplett wieder zurückbilden, in der Regel nach 6 bis 8 Wochen. Das heißt, der Patient kann zwischen zwei Schüben auch komplett beschwerdefrei sein. Die Schübe können über mehrere Jahre in sehr unregelmäßigen Zeitabständen auf treten. Bei etwa 80 % der MS-Patienten beginnt die Erkrankung mit einem solchen schubförmigen Verlauf. 5 2.Späterer fortschreitender Verlauf (sekundär progredient) Der Deutschen Multiplen Sklerose Gesellschaft zufolge geht bei 30–40 % der Erkrankten der schubförmige Verlauf nach einer Zeit von 10 bis 15 Jahren in einen sekundären progredienten Verlauf über. Das heißt, dass die körperlichen Beeinträchtigungen zwischen den Schüben bestehen bleiben bzw. zunehmen. Es kommt zu keinen Rückbildungen mehr. Dabei werden die Schübe weniger oder können ganz ausbleiben. Die Symptome verschlechtern sich kontinuierlich. 3.Fortschreitender Verlauf von Beginn an (primär progredient) Nur bei etwa 10–15 % der Erkrankten verläuft MS primär progredient. Bei dieser Verlaufsform treten keine Schübe auf; die Symptome und Beschwerden entwickeln sich von Beginn an ohne Rückbildungen und schreiten stetig voran. Von diesem Krankheitsverlauf sind Männer etwa genauso oft betroffen wie Frauen. Diese Verlaufsform beginnt typischerweise im Alter von etwa 30–40 Jahren. Ursachen Um die Ursachen für MS zu ermitteln, wird weltweit intensiv geforscht. Derzeit wird angenommen, dass der Erkrankung ein Zusammenwirken mehrerer Faktoren zu Grunde liegt. Das Immunsystem schützt im Normalfall vor Krankheitserregern, indem es diese unschädlich macht, wenn sie in den Körper eindringen. Es spricht viel dafür, dass es sich bei MS um eine Autoimmunerkrankung handelt, bei der das Immunsystem infolge einer falschen Programmierung die Schutzhüllen der eigenen Nervenfasern angreift. Es wird vermutet, dass mehrere Bedingungen zusammenkommen müssen, damit die MS-Erkrankung ausgelöst wird. So könnten z. B. Umwelteinflüsse wie Infektionen, aber auch genetische Faktoren eine Rolle spielen. Das heißt jedoch nicht, dass es eine direkte Vererbung der Erkrankung gibt; vererbt wird eher ein Risiko, die Erkrankung möglicherweise zu bekommen. Praxistipp! Der Bundesverband der Deutschen Multiple Sklerose Gesellschaft (DMSG) hat Apps für Smartphones entwickelt, welche die Betroffenen dabei unterstützen sollen, ein MS-Tagebuch zu führen, unabhängig davon, an welchem Ort sie gerade sind. Die App „MS Tagebuch“ gibt es als IOS-Version (App Store) und als Android-Version (Google Play). Die DMGS beschreibt: „Mithilfe der Tagebuch-App lassen sich z. B. Symptome beschreiben, man kann sich an die Medikamenteneinnahme erinnern lassen und die App zur Besprechung mit dem Arzt nutzen. Alle protokollierten Werte werden auch grafisch dargestellt.“ 6 Diagnose Auch für einen erfahrenen Arzt kann es mitunter schwierig sein, MS eindeutig zu diagnostizieren, besonders, wenn es um eine exakte Einordnung von Krankheitszeichen im Frühstadium geht. Es kann Wochen, Monate, bisweilen sogar Jahre dauern, bis eine Diagnose feststeht. Die Diagnosestellung bei Multiple Sklerose gleicht einem Puzzle. Je mehr Teile zusammenpassen, desto sicherer wird die Aussage. Ärzte können mithilfe von Diagnosekriterien die Erkrankung „einkreisen“. Die Diagnose MS wird heute nach einheitlichen Diagnosekriterien der Multiplen Sklerose gestellt. Ein Hauptkriterium der MS-Diagnose ist der Nachweis einer räumlichen und zeitlichen Streuung (Dissemination) von Entzündungsherden. •Räumliche Dissemination Es liegen an mehr als einer Stelle im zentralen Nervensystem Entzündungsherde vor. •Zeitliche Dissemination Im Verlauf der Erkrankung kommen neue Herde hinzu, die zu klinischen Symptomen führen können. Sowohl die räumliche als auch die zeitliche Dissemination sind typisch für Multiple Sklerose. Es ist allerdings auch möglich, dass eine andere Erkrankung als Ursache zugrunde liegt. Klinische Diagnosekriterien Eine Magnetresonanztomographie (MRT) bzw. Kernspintomographie erstellt Schichtbilder des Gehirns und des Rückenmarks, die entzündete und vernarbte Gewebebereiche sichtbar machen. Akute Krankheitsherde können durch ein Kontrastmittel dar gestellt und nachgewiesen werden. Eine MRT kann sowohl die räumliche als auch die zeitliche Dissemination veranschaulichen. Für den Nachweis einer zeitlichen Dissemination müssen in der Regel nach einem Zeitraum von mindestens 3 Monaten nach dem klinischen Erstereignis neue Entzündungsherde nach gewiesen werden. Magnetresonanztomografie (MRT) Die MRT-Bildgebung ist ein wesentlicher Bestandteil der Diagnose. In bestimmten Fällen kann jedoch auch ohne sie eine Diagnose erfolgen. Eine MS-Erkrankung allein durch eine MRT festzustellen, ist nicht möglich. 7 8 Laborchemische Untersuchung des Liquor Die Untersuchung des Liquor, einer im zentralen Nervensystem (Gehirn und Rückenmark) vorkommenden Körperflüssigkeit, kann weitere Anhaltspunkte für eine Diagnose geben. Liegt eine MS-Erkrankung vor, finden sich im Liquor häufig vermehrt Entzündungszellen und es kann eine Produktion von Antikörpern beobachtet werden. Solche Befunde sind typisch für MS, können das Vorliegen der Erkrankung aber nicht beweisen. Evozierte Potenziale Durch elektrophysiologische Untersuchungen (evozierte Potentiale) kann die Geschwindigkeit gemessen werden, mit der sicht-, hör- und fühlbare Reize aufgenommen und zur jeweiligen reizverarbeitenden Region im Gehirn weitergeleitet werden. Diese Untersuchungen führen Arztpraxen oder Kliniken durch. Differenzialdiagnose Die Differenzialdiagnostik grenzt MS gegenüber anderen Erkrankungen ab. Sowohl Infektionskrankheiten, andere chronisch-entzündliche oder entzündlich-demyelinisierende Krankheiten, Erkrankungen des Stoffwechsels, ein Mangel an Vitamin B12 als auch psychische Beschwerden müssen als Ursache für die Symptome ausgeschlossen werden. Die Differenzialdiagnostik erfolgt häufig durch Blutuntersuchungen. Behandlung 9 ©Xuejun Ii_fotolia.com Medikamentöse Behandlung Die Behandlungsmöglichkeiten von MS haben sich in den letzten Jahren stark verbessert. Von zentraler Bedeutung ist die Behandlung mit Medikamenten. Es gibt verschiedene Medikamente, die Schübe verzögern und die Entzündungen eindämmen. Die Behandlung muss individuell eingestellt werden, da die Krankheitsverläufe sich stark unterscheiden. Wichtig ist eine enge Zusammenarbeit zwischen Patient und Neurologe. Bei der medikamentösen Behandlung von MS gibt es verschiedene Ansatzpunkte. Akute Schubbehandlung Verlaufsmodifizierende Behandlung Symptomatische Behandlung Schubregulierende Medikamente wie Cortison können die Auswirkungen eines akuten Schubs verbessern. Cortison wirkt entzündungshemmend und kann eine schnelle Rückbildung der Symptome bewirken. Immunregulierende Medikamente wie Beta-Interferone oder Glatirameracetat können die Schubrate verringern und das Fortschreiten der Erkrankung verzögern. Sie werden in der Regel als Basisbehandlung eingesetzt. Die Symptome sind von Patient zu Patient sehr unterschiedlich. Einige Patienten leiden unter Blasenstörungen oder unter Depressionen. Für die Behandlung der entsprechenden Symptome können weitere Medikamente erforderlich sein. Heilmittel Heilmittel wirken mit dem Ziel der Krankheitsbekämpfung überwiegend äußerlich auf den menschlichen Organismus ein. Abhängig von den Beschwerden können verschiedene Heilmittel bei MS helfen, z. B. Physiotherapie, Ergotherapie oder Logopädie. Verordnung 10 Heilmittel werden vom Haus- oder Facharzt verordnet. Die Kosten werden in den meisten Fällen von der Krankenkasse übernommen. In der Regel werden bei einer Erstverordnung 10 Einheiten für eine bestimmte Maßnahme von der Kranken kasse erstattet. Eine Folgeverordnung ist möglich. Innerhalb der Heilmittelrichtlinien regelt der sogenannte Heilmittelkatalog die jeweiligen Indikationen zu den einzelnen Heilmittelmaßnahmen wie der physikalischen, der Stimm-, Sprech-, der Sprach- oder der Ergotherapie. Multiple Sklerose ist als Indikation für diese Maßnahmen im Heilmittelkatalog enthalten. Die Heilmittelrichtlinien und den Heilmittelkatalog können Sie unter www.g-ba.de > Informations-Archiv > Richtlinien downloaden. Heilmittelkatalog Praxistipp! Einige Krankenkassen weichen durch individuelle Satzungs leistungen vom gesetzlichen Grundanspruch zu Gunsten ihrer Versicherten ab und übernehmen freiwillig die Kosten für Heilmittel, die nicht im Heilmittelkatalog aufgeführt sind. Dies ist individuell mit der zuständigen Krankenkasse zu klären. Gesetzlich Versicherte mit langfristigem Behandlungsbedarf im Sinne einer besonderen Schwere und Langfristigkeit der funktionellen bzw. strukturellen Schädigungen, der Beein trächtigungen der Aktivitäten und des nachvollziehbaren Behandlungsbedarfs können bei ihrer Krankenkasse einen Antrag stellen, die erforderlichen Heilmittel für einen längeren Zeitraum als es die Regel-Einheiten vorsehen, zu genehmigen. Diese Genehmigung kann zeitlich befristet werden, soll aber mindestens ein Jahr umfassen. Die Krankenkasse hat über den Antrag innerhalb von 4 Wochen zu entscheiden, andernfalls gilt die Genehmigung nach Ablauf der Frist als erteilt. Antrag auf Genehmigung für längeren Zeitraum Gesetzlich Krankenversicherte, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, zahlen 10 % der Kosten plus 10,– ! je Verordnung zu, auch bei Massagen, Bädern und Krankengymnastik als Bestandteil der ärztlichen bzw. ambulanten Behandlung. Näheres zur Zuzahlungsbefreiung finden Sie auf S. 56. Zuzahlung Die Verordnung von Heilmitteln außerhalb der Praxis des Therapeuten, insbesondere in Form eines Hausbesuchs, ist ausnahmsweise nur dann zulässig, wenn der Patient aus medizinischen Gründen den Therapeuten nicht aufsuchen kann bzw. wenn der Hausbesuch aus medizinischen Gründen zwingend notwendig ist. Der verordnende Arzt muss auf der Verordnung „Hausbesuch“ ankreuzen. Therapiebesuch zu Hause 11 Ergotherapie Durch Ergotherapie können MS-Erkrankte üben, ihren Körper zu steuern, damit sie den größtmöglichen Grad an Selbstständigkeit erhalten. So kann der Betroffene lernen, weniger anstrengende Bewegungen zu verinnerlichen, ungünstige Körperhaltungen zu vermeiden oder entstandene Behinderungen durch neue Bewegungsabläufe auszugleichen. Bei Gedächtnis- und Konzentrationsverlust infolge MS können spezielle Übungen die kognitive Leistungsfähigkeit verbessern. Falls erforderlich, trainiert Ergotherapie auch den Umgang mit Hilfsmitteln, die den Alltag erleichtern. Der Ergotherapeut kann solche Hilfsmittel verordnen und individuell anpassen. Wenn möglich, soll die Ergotherapie auch zur Wiedererlangung oder zum Erhalt der beruflichen Leistungsfähigkeit beitragen. Zum Spektrum gehört deshalb auch das Arbeitsplatztraining. Dies kann im Einzelfall ergonomisches Arbeiten oder eine Beratung über die Anpassung des Arbeitsplatzes sein. Physiotherapie Entgegen früheren Annahmen schadet Bewegung in angemessenem Maße MS-Erkrankten nicht, sondern ist sogar sehr hilfreich. Physiotherapie (Krankengymnastik) kann bei MS eine tragende Rolle spielen, um die körperliche Leistungsfähigkeit zu erhalten oder zu verbessern und die Belastbarkeit im Alltag zu erhöhen. Eine zielgerichtete Behandlung fördert Kraft und Koordination sowie Stand-, Gang- und Handfunktionen. Physiotherapeutische Übungen vermindern Spastik und Schmerzen, verbessern Gleichgewicht und Bewegungsabläufe. Beckenbodengymnastik kann beispielsweise zur Regulierung von Blasenstörungen beitragen. 12 Logopädie Logopädie (Sprachtherapie) umfasst im Erwachsenenalter vor allem Maßnahmen zu Verbesserung von Stimm-, Sprach-, Sprech- und Schluckstörungen. Eine logopädische Behandlung ist insbesondere bei folgenden Störungsbildern im Erwachsenenalter indiziert: • Neurologisch bedingte Sprach-, Sprech- und Schluckstörungen • Myofunktionelle Störungen, muskuläre Beeinträchtigungen des Mund- und Gesichtsbereichs • Organisch und funktionell bedingte Dysphonien (Stimm störungen) • Dyslalien (Aussprachestörungen) Durch MS können einzelne oder mehrere Phasen des Schluckens gestört sein. Das Schlucken von Flüssigkeit oder fester Nahrung ist ein weitaus komplexerer Vorgang, als man zunächst meinen mag. 25 Muskeln sind daran beteiligt. Es kann insbesondere zu wiederholten Hustenanfällen kommen, zu vermehrtem Speichelfluss, zum Zurückfließen von Nahrung in die Nase oder zu einem Fremdkörpergefühl nach dem Schlucken. Therapie bei Schluckstörungen Aufgabe der Behandlung von Schluckstörungen (Dysphagien) ist es, den normalen Schluckablauf wiederherzustellen. Der Patient wird in der Therapie angeleitet, selbstständig Nahrung aufzunehmen. Die Nahrungsaufnahme muss so gesichert sein, dass der Patient sich nicht verschluckt, weil er sonst eventuell eine Lungenentzündung aufgrund eingeatmeter Fremdkörper (Aspirationspneumonie) entwickelt. Bei MS-Patienten sollte der normale Schluckakt angebahnt werden. Meist besteht eine Beeinträchtigung der Sensibilität im Schlucktrakt, d. h.: Der Patient spürt nicht wenn Nahrungsreste auf den Stimmlippen liegen. 13 Alternative Behandlungen Viele MS-Patienten suchen nach alternativen Therapie möglichkeiten, weil sie z. B. unter den Nebenwirkungen der Medikamente leiden oder weil sie schulmedizinische Maßnahmen unterstützen wollen. Alternative Behandlungen bei MS sind sehr unterschiedlich zu bewerten. Einige Maßnahmen sind trotz fehlender wissenschaftlicher Belege hilfreich, andere sind wirkungslos oder sogar gefährlich. Bevor eine alternative Behandlung begonnen wird, sollte der Betroffene in jedem Fall mit dem behandelnden Arzt sprechen und ihn einbeziehen. Insbesondere folgende Aspekte sollten bedacht werden: • Alternative Behandlungen werden häufig nicht von der Krankenkasse bezahlt und können mit hohen Kosten verbunden sein. • Manche alternative Behandlungen (z. B. eine Aktivierung der Immunreaktion) sind für den Betroffenen gefährlich. • Der Patient sollte in keinem Fall die schulmedizinische Behandlung wegen einer alternativen Therapie abbrechen. • Ungefährliche zusätzliche alternative Maßnahmen (z. B. Entspannungstechniken) können sinnvoll sein. Praxistipp! Eine Übersicht über Entspannungsverfahren und alternative Therapien finden Sie unter www.amsel.de > Multiple Sklerose > MS behandeln. 14 ©Udo Kroener_fotolia.com Berufstätigkeit/Arbeit 15 Arbeitsunfähigkeit Wer seinen Beruf aufgrund von Krankheit oder Unfall nicht oder nur unter Gefahr der Verschlimmerung des Zustands weiter ausüben kann, gilt als arbeitsunfähig. Definition „Arbeitsunfähigkeit“: Arbeitsunfähigkeit (AU) ist ein durch Krankheit oder Unfall hervorgerufener regelwidriger Körper- oder Geisteszustand, aufgrund dessen der in der Kranken- und Unfallversicherung Versicherte seine bisherige Erwerbstätigkeit nicht oder nur unter Gefahr der Verschlimmerung des Zustands weiter ausüben kann. Die AU ist Voraussetzung für Entgeltfortzahlung und Krankengeld oder Verletztengeld. Arbeitsunfähigkeit: Welche Hilfen greifen wann? Nachfolgend eine vereinfachte grafische Darstellung, welche Hilfen greifen (können), wenn ein Arbeitnehmer längere Zeit arbeitsunfähig ist. Arbeitsunfähigkeit (Krankmeldung) Entgeltfortzahlung vom Arbeitgeber (in der Regel 6 Wochen) – Seite 18 Krankengeld von der Krankenkasse (bis max. 78 Wochen) – Seite 19 Aussteuerung aus der Krankenkasse – Seite 25 Rente wegen Erwerbsminderung Seite 74 16 Arbeitslosengeld bei Arbeitsunfähigkeit Seite 26 Medizinische Rehabilitation Seite 38 Berufliche Reha – Seite 44 Übergangsgeld – Seite 47 Der Arbeitnehmer ist verpflichtet, dem Arbeitgeber die Arbeitsunfähigkeit und die voraussichtliche Dauer unverzüglich mitzuteilen, eine telefonische Mitteilung genügt. Dauert die AU länger als 3 Kalendertage, muss der Arbeitnehmer eine ärztliche Bescheinigung über die AU und die voraus sichtliche Dauer spätestens am darauf folgenden Arbeitstag vorlegen (§ 5 EntgeltfortzahlungsG). Es kann aber im Arbeits vertrag festgelegt sein, dass die AU-Bescheinigung bereits am ersten Tag der Erkrankung vorzulegen ist. Mitteilungspflicht Der behandelnde Arzt stellt eine AU-Bescheinigung in doppelter Ausfertigung aus, die der Patient unverzüglich weiterleitet: • Das Original (mit Diagnose) geht an die Krankenkasse. • Der Durchschlag (ohne Diagnose) geht an den Arbeitgeber. Inhalt der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung Die AU-Bescheinigung(en) des Arztes muss/müssen vom ersten Tag der Erkrankung an lückenlos sein. Die AU-Bescheinigung gilt als Nachweis der AU. Sowohl Arbeitgeber als auch Krankenkasse sind zunächst an die AUBescheinigung gebunden. Bestehen Zweifel an der AU, hat die Krankenkasse die Möglichkeit, den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) einzuschalten. Auch der Arbeitgeber kann sich bei Zweifeln an die Krankenkasse wenden, damit diese den MDK einschaltet. Ab der 7. Krankheitswoche übersendet die Krankenkasse dem Arbeitgeber eine Verdienstbescheinigung, in welche dieser die für die Berechnung des Krankengelds notwendigen Angaben einträgt. Außerdem erhält der Arbeitnehmer von der Krankenkasse einen sogenannten Auszahlschein, auf dem der Arzt das Fortbestehen der AU bestätigt. AU länger als 6 Wochen Bei AU-Bescheinigungen ausländischer Ärzte kann die Krankenkasse den MDK heranziehen. Die Krankenkasse ist jedoch an die Feststellung der AU-Bescheinigung durch den Versicherungs träger eines EU-Landes gebunden, wenn die Krankenkasse nicht von der Möglichkeit Gebrauch macht, den Versicherten (in dessen Wohnland) von einem Arzt ihrer Wahl untersuchen zu lassen. AU im Ausland 17 Entgeltfortzahlung Die Entgeltfortzahlung ist eine arbeitsrechtliche Regelung, keine Leistung der Sozialversicherung, und im Entgeltfortzahlungsgesetz geregelt. Die meisten Arbeitnehmer erhalten bei Arbeitsunfähigkeit 6 Wochen Entgeltfortzahlung. Voraussetzung Dauer Entgeltfortzahlung erhalten alle Arbeitnehmer, auch geringfügig Beschäftigte und Auszubildende, unabhängig von der wöchentlichen Arbeitszeit, die ein ununterbrochenes Arbeits verhältnis von 4 Wochen haben. Die gesetzliche Anspruchsdauer auf Entgeltfortzahlung beträgt zwar 6 Wochen. Manche Tarif- oder Arbeitsverträge sehen allerdings eine längere Leistungsdauer vor. Sie beginnt in der Regel mit dem ersten Tag der Erkrankung. Erfolgt die Erkrankung während der Arbeit, beginnt die Entgeltfortzahlung ab dem nächsten Tag. Im Anschluss an die Entgeltfortzahlung gibt es in der Regel Krankengeld (siehe S. 19). Jede Arbeitsunfähigkeit, die auf einer neuen Krankheit beruht, führt in der Regel zu einem neuen Anspruch auf Entgeltfort zahlung; kommt es nach Ende der ersten Arbeitsunfähigkeit zu einer anderen Krankheit samt Arbeitsunfähigkeit, so beginnt ein neuer Zeitraum der Entgeltfortzahlung von 6 Wochen. Falls jedoch während einer Arbeitsunfähigkeit eine neue Krankheit auftritt, verlängern sich die 6 Wochen Entgeltfortzahlung nicht. Wegen derselben Erkrankung besteht ein Entgeltfortzahlungsanspruch nur für insgesamt 6 Wochen. Ein erneuter Anspruch besteht erst, wenn der Arbeitnehmer mindestens 6 Monate nicht wegen derselben Erkrankung arbeitsunfähig war oder unab hängig von jener Frist von 6 Monaten, seit Beginn der ersten Erkrankung 12 Monate verstrichen sind. Dieselbe Erkrankung bedeutet, dass sie auf derselben Ursache und demselben Grundleiden beruht. Höhe 18 Die Entgeltfortzahlung beträgt 100 % des bisherigen üblichen Arbeitsentgelts. Berechnungsgrundlage ist das gesamte Arbeitsentgelt mit Zulagen. Falls der Arbeitgeber keine Entgeltfortzahlung mehr leistet und die Krankenkasse noch nicht zahlt, keine Einkünfte oder kein verfügbares Vermögen zur Verfügung stehen, ist es sinnvoll, sich an das Sozialamt zu wenden, das dann mit der „Hilfe zum Lebensunterhalt“ die Zeit überbrücken hilft. Sozialhilfe Wer hilft weiter? Weitere Informationen erteilen die Arbeitgeber. Krankengeld Krankengeld erhalten versicherte Arbeitnehmer von der Krankenkasse, wenn sie länger als 6 Wochen arbeitsunfähig sind. Das Krankengeld ist eine sogenannte Lohnersatzleistung, d. h. sie wird nur gezahlt, wenn nach 6 Wochen kein Anspruch (mehr) auf Lohnfortzahlung durch den Arbeitgeber (§ 3 Entgeltfort zahlungsgesetz) besteht. Voraussetzungen Weitere Voraussetzungen sind: • Versicherteneigenschaft zum Zeitpunkt des Eintritts der Arbeitsunfähigkeit. • Arbeitsunfähigkeit aufgrund Krankheit oder stationäre Behandlung in Krankenhaus, Vorsorge- oder Reha-Einrichtung auf Kosten der Krankenkasse. Definition „stationär“: Teil-, vor- und nachstationäre Behandlung genügt, wenn sie den Versicherten daran hindert, seinen Lebensunterhalt durch die zuletzt ausgeübte Erwerbstätigkeit zu bestreiten. • Es handelt sich immer um dieselbe Krankheit bzw. um eindeutige Folgeerkrankungen derselben Grunderkrankung. Tritt während der Arbeitsunfähigkeit eine weitere Krankheit auf, verlängert sich die Leistungsdauer dennoch nicht. Bezieher von Arbeitslosengeld I erhalten ebenfalls unter diesen Voraussetzungen Krankengeld. 19 Kein Anspruch auf Krankengeld Freiwillig Versicherte Anspruch auf Krankengeld Keinen Anspruch auf Krankengeld haben • versicherungspflichtige Personen in Einrichtungen der Jugendhilfe. • Teilnehmer an Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben sowie zur Berufsfindung und Arbeitserprobung, die nicht nach dem Bundesversorgungsgesetz erbracht werden; Ausnahme bei Anspruch auf Übergangsgeld. • Studenten (in der Regel bis zum Abschluss des 14. Fach semesters oder bis zur Vollendung des 30. Lebensjahres). •Praktikanten. •Familienversicherte. • Bezieher einer vollen Erwerbsminderungsrente, Erwerbs unfähigkeitsrente, einer Vollrente wegen Alters, eines Ruhe gehalts, eines versicherungspflichtigen Vorruhestandsgehalts. • Bezieher von Arbeitslosengeld II und Sozialgeld. • Personen die infolge der Gesundheitsreform 2007 kranken versicherungspflichtig wurden (§ 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V). Hauptberuflich Selbstständige, die freiwillig in einer gesetzlichen Krankenversicherung zum allgemeinen Beitragssatz von 15,5 % versichert sind, haben einen Krankengeldanspruch ab der 7. Woche Arbeitsunfähigkeit. Alternativ können sie den ermäßigten Beitragssatz von 14,9 % zahlen und einen Wahltarif für das Krankengeld abschließen. Angestellte, die aufgrund von Überschreiten der Versicherungspflichtgrenze freiwillig versichert sind, erhalten ab der 7. Woche Arbeitsunfähigkeit Krankengeld. Anspruch auf Krankengeld entsteht • bei Krankenhausbehandlung mit der Aufnahme, also vom Beginn der Krankenhaus behandlung bzw. der Behandlung in Vorsorge- oder RehaEinrichtungen. • bei Arbeitsunfähigkeit mit dem auf die ärztliche Feststellung der Arbeitsunfähigkeit folgenden Tag. Praxistipp Für einen Anspruch auf Krankengeld ist es wichtig, auf eine lückenlose Attestierung durch den Arzt zu achten. Der Anspruch entsteht erst einen Tag nach der ärztlichen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit. Spätestens am letzten Tag der Krank schreibung muss also beim Arzt ein neues Attest ausgestellt werden. Auch das Wochenende zählt bei der Berechnung mit. 20 Ist das ärztliche Attest z. B. bis Freitag gültig, ist spätestens an diesem Tag der Arzt aufzusuchen, ein Arztbesuch am Montag ist bereits zu spät. Unter bestimmten Voraussetzungen, wie z. B. einer Kündigung vom Arbeitgeber, kann der Anspruch auf Krankengeld durch eine nicht lückenlose Attestierung verloren gehen. Das Krankengeld beträgt • 70 % des Arbeitsentgelts (sogenanntes Bruttoentgelt), • maximal aber 90 % des Nettoarbeitsentgelts. Bei der Berechnung werden auch die Einmalzahlungen in den letzten 12 Monaten vor der Arbeitsunfähigkeit berücksichtigt. Höhe Berechnungsbeispiel Das Krankengeld wird kalendertäglich für 30 Tage je Kalendermonat gezahlt. Das folgende Berechnungsbeispiel enthält keine regelmäßigen Zusatzleistungen. Monatlich brutto 3.000,– e 3.000,– e : 30 für Kalendertag = 100,– e davon 70 % = 70,– e Monatlich netto 1.800,– e 1.800 : 30 für Kalendertag = 60,– e davon 90 % = 54,– e Folgt: Krankengeld beträgt brutto 54,– e täglich Abgezogen vom Krankengeld werden Sozialversicherungs beiträge für die Arbeitslosen-, Pflege- und Rentenversicherung. Die Krankenkasse übernimmt die Beiträge der Kranken versicherung und jeweils die Hälfte der drei genannten Versicherungen. Damit ergibt sich in der Regel zusätzlich ein Abzug von 12,43 % bei Krankengeldempfängern mit Kindern bzw. von 12,68 % bei kinderlosen Empfängern. Tarifverträge können vorsehen, dass der Arbeitnehmer für eine gewisse Dauer, in der Regel abhängig von Betriebszugehörigkeit und Lebensalter, einen Zuschuss zum Krankengeld vom Arbeit geber erhält. Bei freiwillig Versicherten über der Beitragsbemessungsgrenze wird nur das Arbeitsentgelt bis zur Höhe der kalendertäglichen Beitragsbemessungsgrenze berücksichtigt. Das ist 2013 ein Betrag von 131,25 e (= Beitragsbemessungsgrenze 47.250,– e : 360). Da das Krankengeld 70 % dieses Arbeitsentgelts beträgt, kann es maximal 91,88 e täglich betragen, abzüglich der oben genannten Sozialversicherungsbeiträge. Höchstbetrag des Krankengeldes 21 Sonderregelung bei Arbeitslosigkeit Steuerfrei Dauer Bei Bezug von Arbeitslosengeld oder Arbeitslosengeld bei beruflicher Weiterbildung wird Krankengeld in Höhe dieser Leistungen gezahlt. Krankengeld ist steuerfrei. Allerdings ist es bei der Steuer erklärung anzugeben, da es bei der Berechnung des Steuersatzes berücksichtigt wird. Es unterliegt dem sogenannten Progressionsvorbehalt. Krankengeld gibt es wegen derselben Krankheit für eine maximale Leistungsdauer von 78 Wochen (546 Kalendertage) innerhalb von je 3 Jahren ab Beginn der Arbeitsunfähigkeit. Bei den 3 Jahren handelt es sich um die sogenannte Blockfrist. Die Leistungsdauer verlängert sich nicht, wenn während der Arbeitsunfähigkeit eine andere Krankheit hinzutritt. Es bleibt bei maximal 78 Wochen. Zeiten, in denen der Anspruch auf Krankengeld zwar theoretisch besteht, aber tatsächlich ruht oder versagt wird (s. u.), werden wie Bezugszeiten von Krankengeld angesehen (§ 48 Abs. 3 SGB V). Beispiel Der Arbeitgeber zahlt bei Arbeitsunfähigkeit des Arbeit nehmers dessen Arbeitsentgelt bis zu 6 Wochen weiter (§ 3 EntgeltfortzahlungsG), d. h.: Der Anspruch auf Krankengeld besteht zwar, aber er ruht (§ 49 Abs. 1 SGB V). Erst danach gibt es Krankengeld. Die 6 Wochen Entgelt fortzahlung werden aber wie Krankengeld-Bezugszeiten behandelt, so dass noch maximal 72 Wochen (78 Wochen abzüglich 6 Wochen = 72 Wochen) Krankengeld gezahlt wird. Blockfrist 22 Eine Blockfrist (= 3 Jahre) beginnt mit dem erstmaligen Eintritt der Arbeitsunfähigkeit für die ihr zugrunde liegende Krankheit. Bei jeder Arbeitsunfähigkeit wegen einer anderen Erkrankung beginnt eine neue Blockfrist. Es ist möglich, dass mehrere Blockfristen nebeneinander laufen. Nach Ablauf der Blockfrist (= 3 Jahre), in der der Versicherte wegen derselben Krankheit Krankengeld für 78 Wochen bezogen hat, entsteht ein erneuter Anspruch auf Krankengeld wegen derselben Erkrankung unter folgenden Voraussetzungen: • erneute Arbeitsunfähigkeit wegen derselben Krankheit, • mindestens 6 Monate keine Arbeitsunfähigkeit wegen dieser Krankheit und • mindestens 6 Monate Erwerbstätigkeit oder der Arbeits vermittlung zur Verfügung stehend. Erneuter Anspruch auf Krankengeld wegen derselben Krankheit „Dieselbe Krankheit“ heißt: identische Krankheitsursache. Es genügt, dass ein nicht ausgeheiltes Grundleiden Krankheitsschübe bewirkt. Praxistipp! Zahlt der Arbeitgeber bei Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers das Entgelt jedoch nicht weiter, obwohl hierauf ein Anspruch nach § 3 Entgeltfortzahlungsgesetz besteht, gewährt die Krankenkasse bei Vorliegen der Voraussetzungen (siehe S. 19) das Krankengeld, da das Krankengeld nur bei tatsächlichem Bezug des Arbeitsentgelts ruht. Der Anspruch des versicherten Arbeitnehmers gegen den Arbeitgeber auf Entgeltfortzahlung geht dabei auf die Krankenkasse über. Auch hier ist auf eine lücken lose Attestierung zu achten (siehe S. 20) Der Anspruch auf Krankengeld ruht • bei Erhalt von (mehr als einmalig gezahltem) Arbeitsentgelt. Das gilt besonders bei Entgeltfortzahlung (§ 3 Entgeltfort zahlungsgesetz) bis zu 6 Wochen. • bei Inanspruchnahme von Elternzeit nach dem Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz bis zum 3. Geburtstag eines Kindes. Dies gilt nicht, wenn die Arbeitsunfähigkeit vor Beginn der Elternzeit eingetreten ist oder wenn das Krankengeld aus einer versicherungspflichtigen Teilzeitbeschäftigung während der Elternzeit errechnet wird. • bei Bezug von Versorgungskrankengeld, Übergangsgeld, Arbeitslosengeld bei beruflicher Weiterbildung, Kurzarbeitergeld; auch bei Ruhen dieser Ansprüche wegen einer Sperrzeit. • bei Bezug von Mutterschaftsgeld oder Arbeitslosengeld. • solange die Arbeitsunfähigkeit der Krankenkasse nicht gemeldet ist. Meldefrist bis zu einer Woche nach Beginn der Arbeitsunfähigkeit. Anspruch auf Krankengeld ruht 23 Ausschluss von Krankengeld Kürzung des Krankengelds Krankengeld ist ausgeschlossen bei Bezug von: •Regelaltersrente • Altersrente für langjährige Versicherte • Altersrente für Schwerbehinderte • Altersrente wegen Arbeitslosigkeit oder nach Altersteilzeit • Altersrente für Frauen • Rente wegen voller Erwerbsminderung (Abgestufte Erwerbsminderungsrente) • Ruhegehalt nach beamtenrechtlichen Grundsätzen •Vorruhestandsgeld Mit Beginn dieser Leistungen bzw. mit dem Tage der Bewilligung einer Rente endet der Anspruch auf Krankengeld. Wenn eine Rente rückwirkend bewilligt wird, können sich Anspruchszeit räume für Krankengeld und Rente theoretisch überschneiden. Die Krankenkasse und der Rentenversicherungsträger rechnen dann direkt miteinander ab. Das Krankengeld wird in diesem Fall nicht vom Versicherten zurückgefordert. War das Krankengeld niedriger als der Rentenanspruch für den Zeitraum, erhält der Versicherte den Differenzbetrag als Ausgleichszahlung vom Rentenversicherungsträger. War das bezogene Krankengeld höher als der Rentenanspruch, muss der Versicherte den Differenzbetrag jedoch nicht zurückzahlen. Wenn eine der genannten Zahlungen eintrifft, ist dies der Krankenkasse schnellstmöglich mitzuteilen. Krankengeld wird gekürzt um den Zahlbetrag der • Altersrente, Rente wegen Erwerbsminderung oder Landabgabenrente, jeweils aus dem Gesetz über die Alterssicherung der Landwirte, • Teilrente wegen Alters aus der Rentenversicherung, • Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung (früher: Rente wegen Erwerbs- bzw. Berufsunfähigkeit), • Knappschaftsausgleichsleistung, Rente für Bergleute, soweit die Leistung nach Beginn der Arbeitsunfähigkeit oder stationären Behandlung zuerkannt wird. Wegfall des Krankengelds bei fehlender Mitwirkung 24 Wenn der behandelnde Arzt oder der Arzt des medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (sogenannter Vertrauensarzt der Krankenkasse) die Erwerbsfähigkeit des Versicherten als erheblich gefährdet oder gemindert einschätzt und dies der Krankenkasse mitteilt (häufig kontaktieren die Krankenkassen Ärzte gezielt mit dieser Fragestellung, um den weiteren Reha bilitationsbedarf abzuklären), kann die Krankenkasse dem Versicherten eine Frist von 10 Wochen setzen, um einen Antrag auf Rehamaßnahmen zu stellen. Kommt der Versicherte dieser Aufforderung nicht fristgerecht nach, ruht mit Ablauf der Frist der Anspruch auf Krankengeld und die Mitgliedschaft bei der Krankenkasse in ihrer bisherigen Form endet. Wird der Antrag später gestellt, lebt der Anspruch auf Krankengeld mit dem Tag der Antragstellung wieder auf. Zu beachten ist hierbei, dass der Rentenversicherungsträger nach Prüfung des Antrags auch zur Erkenntnis kommen kann, dass Rehamaßnahmen keine Aussicht auf Erfolg (Wieder herstellung der Erwerbsfähigkeit) mehr haben und den Antrag auf Rehamaßnahmen dann direkt in einen Antrag auf Erwerbsminderungsrente umwandelt. Wird der Anspruch auf Krankengeld (78 Wochen Arbeitsunfähigkeit innerhalb von 3 Jahren wegen derselben Erkrankung) ausgeschöpft und ist der Versicherte noch immer arbeitsunfähig, endet auch seine Mitgliedschaft in der gesetzlichen Kranken versicherung! Dieser Vorgang wird Aussteuerung genannt. Ende des Krankengelds durch Höchstbezugsdauer In der Regel informieren die Krankenkassen das Mitglied 2–3 Monate vor der Aussteuerung. Damit weiter ein Anspruch auf medizinische Leistungen besteht, ist es wichtig Mitglied der Krankenkasse zu bleiben. Es gibt folgende Möglichkeiten: • Freiwillige Versicherung bei einer gesetzlichen Krankenkasse • Familienversicherung (wenn z. B. der Ehemann/die Ehefrau Mitglied einer gesetzlichen Krankenkasse ist) • Beantragung von Arbeitslosengeld bei Arbeitsunfähigkeit, einer Sonderform des Arbeitslosengelds im Sinne der Naht losigkeit Das Krankengeld endet auch automatisch mit dem Tag, ab dem ein gesetzlicher Anspruch auf eine Rente wegen Alters aus der gesetzlichen Rentenversicherung besteht. Man sollte daher bei entsprechenden Ansprüchen seine Altersrente rechtzeitig beantragen. Ende des Krankengelds durch Anspruch auf Altersrente Praxistipp! Nach Ende der Mitgliedschaft besteht für Krankengeldbezieher noch für einen Monat ein sogenannter nachgehender Leistungsanspruch, allerdings ohne Krankengeld. Wer keinen Anspruch auf eine kostenfreie Familienversicherung hat, sollte daher spätestens innerhalb dieses Monats eine freiwillige Mitgliedschaft beantragen. Da die freiwillige Mitgliedschaft sich unmittelbar an den Tag des Endes der Mitgliedschaft anschließen muss, besteht auch keine Möglichkeit, diese erst zum Ende des nachgehenden Leistungsanspruchs beginnen zu lassen. 25 Arbeitslosengeld bei Arbeitsunfähigkeit Wenn ein Versicherter keinen Anspruch auf Krankengeld mehr hat, aber weiterhin arbeitsunfähig ist, kann er „Arbeitslosengeld bei Arbeitsunfähigkeit“ beantragen. Diese Sonderform des Arbeitslosengelds überbrückt die Zeit ohne Arbeitslosengeld (weil man nicht vermittelt werden kann), bis eine andere Leistung, z. B. Weiterbildung oder Rente, gezahlt wird. Voraussetzungen Dauer 26 Folgende Voraussetzungen müssen erfüllt sein: •Arbeitsunfähigkeit. •Arbeitslosigkeit oder Bestehen eines Arbeitsverhältnisses, das jedoch aufgrund einer Krankheit/Behinderung schon mindestens 6 Monate nicht mehr ausgeübt werden konnte. • Erfüllung der Anwartschaftszeit. Die Anwartschaftszeit ist erfüllt, wenn der Antragsteller in den letzten 2 Jahren vor der Arbeitslosenmeldung und dem Eintritt der Arbeitslosigkeit mindestens 12 Monate (= 360 Kalendertage) in einem Versicherungspflichtverhältnis stand. Über andere berücksichtigungsfähige Zeiten informieren die Agenturen für Arbeit. • Der Arbeitslose steht wegen einer Minderung seiner Leistungsfähigkeit länger als 6 Monate der Arbeitsvermittlung nicht zur Verfügung, weswegen kein Anspruch auf Arbeitslosengeld besteht. • Es wurden entweder Abgestufte Erwerbsminderungsrente beim zuständigen Rentenversicherungsträger beantragt oder Maßnahmen zur beruflichen Eingliederung Behinderter. Der Antrag muss innerhalb eines Monats nach Zugang eines entsprechenden Aufforderungsschreibens der Agentur für Arbeit gestellt worden sein. Wurde ein solcher Antrag unterlassen, ruht der Anspruch auf Arbeitslosengeld nach Ablauf der Monatsfrist bis zu dem Tag, an dem der Arbeitslose den Antrag stellt. Hat der Rentenversicherungsträger die verminderte Erwerbs fähigkeit bereits festgestellt, besteht kein Anspruch auf Nahtlosigkeits-Arbeitslosengeld. Das Arbeitslosengeld im Wege der sogenannten Nahtlosigkeit wird gezahlt, bis über die Frage der verminderten Erwerbs fähigkeit entschieden wird, längstens bis der Arbeitslosengeld anspruch endet. Damit überbrückt es die Übergangszeit, in der der Rentenversicherungsträger über das Vorliegen einer verminderten Erwerbsfähigkeit entscheidet. Relevant ist, was der Arbeitslose zuletzt im Bemessungszeitraum (in der Regel die letzten 52 Wochen vor Arbeitslosigkeit) als VollErwerbstätiger verdient hat. Es kommt nicht darauf an, was der Arbeitslose aufgrund der Minderung seiner Leistungsfähigkeit verdienen könnte. Höhe Wird für die Zeit des Nahtlosigkeits-Arbeitslosengelds rück wirkend Übergangsgeld gezahlt oder Rente gewährt, erhält der Arbeitslose nur den evtl. überschießenden Betrag. War das Nahtlosigkeits-Arbeitslosengeld höher, muss er den überschießenden Betrag jedoch nicht zurückzahlen. Praxistipp! Wird dem Arbeitslosen vom Rentenversicherungsträger Leistungsfähigkeit von mehr als 15 Stunden wöchentlich bescheinigt, muss er sich, um weiterhin Arbeitslosengeld zu beziehen, der Arbeitsvermittlung zur Verfügung stellen – auch wenn er mit der Entscheidung des Rentenversicherungsträgers nicht einverstanden ist und gegen diese gerichtlich vorgeht. Obwohl das Verhalten des Arbeitslosen gegenüber dem Rentenversicherungsträger (Geltendmachung von Leistungsunfähigkeit) im Widerspruch zum Verhalten gegenüber der Agentur für Arbeit (Leistungsfähigkeit und Bereitschaft zur Arbeitsaufnahme) steht, muss der Arbeitslose im Verfahren mit dem Rentenversicherungs träger keine Nachteile befürchten, da die Beurteilung über die Leistungsfähigkeit ausschließlich nach objektiven Maßstäben erfolgt. Auf subjektive Erklärungen des Arbeitslosen („sich dem Arbeitsmarkt zur Verfügung zu stellen“) kommt es nicht an. Wer hilft weiter? Weitere Fragen beantwortet die örtliche Agentur für Arbeit. 27 Minijobs/ Geringfügige Beschäftigung Für manche MS-Erkrankte ist die geringfügige Beschäftigung/Minijob eine interessante Möglichkeit, wenn eine volle Berufstätigkeit ausgeschlossen ist. Für die abgestufte Erwerbsminderungsrente (siehe S. 74) gelten z. B. individuelle Hinzuverdienstgrenzen, die sich u. a. aus dem Einkommen der letzten 3 Kalenderjahre vor Eintritt der Leistungsminderung ergeben. Bei Rente wegen voller Erwerbsminderung beträgt die Hinzu verdienstgrenze bei voller Rentenhöhe 450,– e pro Monat. Zwei Monate im Jahr dürfen bis zu 900,– e hinzuverdient werden („doppelte Hinzuverdienstgrenze“). Die Berechnung des Hinzuverdienstes ist äußerst komplex. Die individuelle Höhe kann deshalb nur vom zuständigen Rentenversicherungsträger berechnet werden. Geringfügig entlohnte Beschäftigungen Die Einkommensgrenze für geringfügig entlohnte Beschäftigungen beträgt 450,– e monatlich, es gibt keine Stundenbegrenzung (früher 15 Stunden wöchentlich). Für die Arbeitnehmer bleiben die Minijobs abgabenfrei, der Arbeitgeber zahlt in der Regel eine Pauschale von 30,84 %. Diese setzt sich zusammen aus: 15 % Rentenversicherung, 13 % Krankenversicherung, 2 % Pauschalsteuern (Lohnsteuer, Solidaritätszuschlag, Kirchensteuer) und 0,84 % Umlage zum Ausgleich der Arbeitgeberaufwendungen bei Krankheit und Mutterschaft. Geringfügig entlohnte Beschäftigungen in Privathaushalten Wer als Haushaltshilfe in einem Privathaushalt beschäftigt ist und bis zu 450,– e verdient, ist ebenfalls abgabenfrei. Bei den Minijobs im Privathaushalt (Fachbegriff „haushaltsnahe Dienstleistungen“) zahlt der Arbeitgeber eine Abgabenpauschale von 14,44 % (5 % Rentenversicherung, 5 % Krankenversicherung, 1,6 % Unfallversicherung, 2 % Steuern und 0,84 % Umlage). Zu den haushaltsnahen Dienstleistungen zählen Tätigkeiten wie Putzen, Kochen, Betreuung und Pflege von Kindern, kranken und alten Menschen sowie Gartenarbeit. 28 Ein kurzfristiger Minijob liegt vor, wenn die Beschäftigung durch ihre Eigenart oder durch einen Vertrag im Voraus auf längstens 2 Monate oder 50 Arbeitstage im Kalenderjahr begrenzt ist. Sie sind für Arbeitnehmer und Arbeitgeber abgabenfrei. Bei der Beurteilung einer kurzfristigen Beschäftigung ist immer das laufende Kalenderjahr relevant. Kurzfristige Beschäftigungen Es ist möglich, mehrere geringfügig entlohnte Beschäftigungen nebeneinander auszuüben. Dabei darf es sich jedoch nicht um denselben Arbeitgeber handeln. Mehrere Minijobs Die Verdienste aller Beschäftigungen (mit Ausnahme der kurzfristigen) werden zusammengezählt. Liegt das Gesamteinkommen unter 450,– e monatlich, bleibt der Arbeitnehmer abgabenfrei und die Arbeitgeber leisten jeweils die Pauschale von 30,84 %. Liegt das zusammengerechnete Einkommen über 450,– e monatlich, besteht normale Sozialversicherungs- und Steuerpflicht. Die Pauschalabgaben des Arbeitgebers in Höhe von 30,84 % bzw. 14,44 % werden an eine zentrale Stelle, die Minijob-Zentrale bei der Bundesknappschaft, entrichtet. Auch Personen, die lediglich einen Minijob ausüben, können Ansprüche auf volle Rentenversicherungsleistungen erwerben. Hierzu müssen sie die Differenz zwischen dem Renten versicherungsbeitrag des Arbeitgebers und dem vollen Beitrag zur Rentenversicherung (19,6 %) selbst zahlen. Bei geringfügig entlohnten Beschäftigungen sind dies derzeit 4,6 %. Rentenanspruch bei Minijobs Dem Arbeitgeber ist schriftlich mitzuteilen, dass eigene Rentenversicherungsbeiträge entrichtet werden sollen. Diese werden dann direkt vom Verdienst abgezogen und an die MinijobZentrale weitergeleitet. Auch bei geringfügig entlohnten Beschäftigungen bestehen eine Reihe arbeitsrechtlicher Ansprüche, z. B. • Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall. • Bezahlter Erholungsurlaub. • Entgeltfortzahlung an Feiertagen und bei persönlicher Arbeitsverhinderung für eine verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit (z. B. nicht verschiebbarer Arztbesuch). • Entgeltfortzahlung während berufsbedingter Beschäftigungsverbote bei Schwangerschaft und bei Mutterschutzfristen. Arbeitsrechtliche Ansprüche des Arbeitnehmers 29 Hier besteht der Grundsatz der Gleichberechtigung, d. h. geringfügig beschäftigte Arbeitnehmer dürfen nicht schlechter behandelt werden als vergleichbare vollzeitbeschäftigte Arbeitnehmer. Anspruch auf Weihnachts- und Urlaubsgeld besteht nur, wenn dies im Arbeits- oder Tarifvertrag festgelegt ist. Praxistipp! Die Broschüre „Geringfügige Beschäftigung und Beschäftigung in der Gleitzone“ mit der Artikelnummer A630 kann unter www.bmas.de > Service > Publikationen kostenlos bestellt oder heruntergeladen werden. Wer hilft weiter? • Knappschaft Bahn-See Minijob-Zentrale, Pieperstraße 14–28, 44781 Bochum, www.minijob-zentrale.de. Servicetelefon 0355 290270799 (zum Ortstarif), Mo–Fr von 7–19 Uhr. • Das Bürgertelefon des Ministeriums für Arbeit und Soziales beantwortet Fragen zu Teilzeit/Altersteilzeit und Minijobs unter Telefon 030 221911005 (14 Ct./Min.), Mo–Do von 8–20 Uhr. 30 ©Herbie_fotolia.com Arbeitslosengeld Arbeitslosengeld gibt es normalerweise 12 Monate lang. Wer bei Beginn der Arbeitslosigkeit mindestens 50 Jahre alt ist, hat einen Anspruch bis zu 24 Monate. Das Arbeitslosengeld beträgt 60 (ohne Kinder) bzw. 67 % vom letzten Nettogehalt. Arbeitslosengeldempfänger sind über die Agentur für Arbeit gesetzlich kranken-, pflege- und unfallversichert und meist auch rentenversichert. Wichtig ist eine persönliche und frühzeitige Arbeitslosenmeldung. Folgende Voraussetzungen müssen erfüllt sein: •Arbeitslosigkeit • 65. Lebensjahr noch nicht vollendet • Bereitschaft, der Arbeitsvermittlung zur Verfügung zu stehen • Persönliche Arbeitslosenmeldung • Erfüllung der Anwartschaftszeit Voraussetzungen Die Anwartschaftszeit ist in der Regel erfüllt, wenn der Antragsteller in den letzten 2 Jahren vor der Arbeitslosenmeldung und dem Eintritt der Arbeitslosigkeit mindestens 12 Monate (= 360 Kalendertage) in einem Versicherungspflichtverhältnis stand. Über andere berücksichtigungsfähige Zeiten zur Erfüllung der Anwartschaftszeit sowie einer möglichen verkürzten Anwartschaftszeit, d. h. dass unter bestimmten Voraussetzungen auch ein Anspruch auf Arbeitslosengeld schon ab einem Versicherungspflichtverhältnis von 6 Monaten bestehen kann, informiert die Agentur für Arbeit. Die Dauer des Anspruchs auf Arbeitslosengeld ist von der Dauer der Versicherungspflichtverhältnisse der letzten 5 Jahre vor Entstehen der Arbeitslosigkeit und vom Alter des Antrag stellers abhängig. Dauer 31 Nach Versicherungspflichtverhältnissen mit einer Dauer von insgesamt mindestens … Monaten 12 16 20 24 30 36 48 Nach Vollendung des … Lebensjahres — — — — 50. 55. 58. … Monate Arbeitslosengeld 6 8 10 12 15 18 24 Besteht kein Anspruch auf Arbeitslosengeld mehr, dann erhält der Arbeitssuchende unter bestimmten Voraussetzungen Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitssuchende (siehe S. 34). Sperrzeit Sperrzeit heißt, dass das Arbeitslosengeld in der Regel 12 Wochen nicht gezahlt wird, bei besonderen Tatbeständen 3 oder 6 Wochen. Gleichzeitig vermindert sich die Anspruchsdauer um diese Zeit. Eine Sperrzeit wird verhängt, • wenn der Antragsteller die Arbeitslosigkeit ohne wichtigen Grund oder durch arbeitsvertragswidriges Verhalten selbst grob fahrlässig herbeigeführt hat. • wenn mit dem letzten Arbeitgeber ein Aufhebungsvertrag geschlossen wurde. • wenn eine von der Agentur für Arbeit angebotene Arbeit oder eine Maßnahme der beruflichen Fort- und Weiterbildung ohne wichtigen Grund abgelehnt, abgebrochen oder nicht angetreten wird. • wenn sich der (künftige) Arbeitslose nicht rechtzeitig bei der Agentur für Arbeit gemeldet hat. Die Dauer einer Sperrzeit bei unzureichenden Eigenbemühungen beträgt 2 Wochen, bei Meldeversäumnissen jeweils eine Woche. Bei Sperrzeiten von insgesamt 21 Wochen erlischt der Anspruch auf Arbeitslosengeld. Höhe 32 Die Höhe hängt ab von der durchschnittlichen Höhe des zuletzt bezogenen versicherungspflichtigen Arbeitsentgelts, der Lohnsteuerklasse und dem Vorhandensein von Kindern (§ 32 EStG). Arbeitslose dürfen dazuverdienen, das Nebeneinkommen muss aber in jedem Fall der Agentur für Arbeit gemeldet werden. Die Arbeitszeit muss unter 15 Stunden wöchentlich liegen. Hinzuverdienst Es gibt einen Freibetrag von monatlich 165,– e, der vom Nettoeinkommen abgezogen wird. Was darüber hinausgeht, wird auf das Arbeitslosengeld angerechnet. Ausnahme: Wurde die Erwerbstätigkeit bereits vor Beginn der Arbeitslosigkeit ausgeübt (mindestens 12 Monate innerhalb der letzten 18 Monate), kann ein individuell höherer Freibetrag gelten. Arbeitslosengeld ist steuerfrei. Allerdings ist es bei der Steuererklärung anzugeben, da es bei der Berechnung des Steuersatzes berücksichtigt wird. Es unterliegt dem sogenannten Progressionsvorbehalt. Steuerfrei Bezieher von Arbeitslosengeld sind über die Agentur für Arbeit gesetzlich kranken-, pflege- und unfallversichert. Sie sind auch rentenversichert wenn im Jahr vor Beginn des Arbeitslosengeldbezugs Rentenversicherungspflicht bestand. Sozialversicherung Arbeitnehmer müssen sich unmittelbar nach Kenntnis der Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses (z. B. Kündigung oder Aufhebungsvertrag) oder eines sonstigen Versicherungspflichtverhältnisses (z. B. Krankengeldbezug) persönlich bei der Agentur für Arbeit melden. Die Meldung muss 3 Monate vor Ablauf des Arbeitsverhältnisses erfolgen, außer der Arbeitnehmer erfährt erst später von der eintretenden Arbeitslosigkeit. Bei Nicht beachtung dieser Meldepflicht kommt es zu einer einwöchigen Sperrzeit. Frühzeitige Meldepflicht bei drohender Arbeitslosigkeit Ist die Arbeitsfähigkeit eines Arbeitslosen gemindert, gibt es als Sonderform das Arbeitslosengeld bei Arbeitsunfähigkeit (siehe S. 26), die sogenannte Regelung im Sinne der Nahtlosigkeit. Nahtlosigkeit Wer hilft weiter? Die örtliche Agentur für Arbeit ist immer der erste Ansprech partner. Nur dort bekommt man Auskunft ob und in welcher Höhe Leistungen zustehen. 33 Arbeitslosengeld II und Sozialgeld Arbeitslosengeld II (ALG II) erhalten Arbeitslose nach dem Arbeitslosengeld, wenn sie erwerbsfähig und hilfebedürftig sind. ALG II ist eine Leistung zur Grundsicherung für Arbeitssuchende. Sozialgeld erhalten Angehörige von ALG-II-Empfängern, die selbst nicht erwerbsfähig oder unter 15 Jahre alt sind. ALG II und Sozialgeld entsprechen dem Niveau der Sozialhilfe und setzen sich aus drei Bausteinen zusammen: • den Regelbedarfen (382,– e für Alleinstehende), • den Kosten für Miete und Heizung sowie • bei besonderen Situationen den Mehrbedarfen. Voraussetzungen ALG-II-Empfänger müssen 3 Voraussetzungen erfüllen: • 15 bis unter 65 Jahre alt sein. Für Menschen, die nach dem 31.12.1946 geboren sind, wird die Altersgrenze monatlich stufenweise auf 67 Jahre angehoben. • Erwerbsfähig sein, d. h.: mindestens 3 Stunden täglich arbeiten können. • Hilfebedürftig sein, d. h.: ihren Lebensunterhalt nicht aus eigenem Einkommen und Vermögen bestreiten können. Sozialgeld erhalten Angehörige, die mit erwerbsfähigen Hilfebedürftigen in einer Bedarfsgemeinschaft leben und einen der beiden folgenden Punkte erfüllen: • nicht erwerbsfähig und kein Erhalt von Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung oder • das 15. Lebensjahr noch nicht vollendet. Anrechnung von Einkommen und Vermögen Anspruch auf ALG II/Sozialgeld besteht nur, wenn der Bedarf nicht aus eigenem Einkommen oder Vermögen gedeckt werden kann. Wer hilft weiter? Für Anträge und verbindliche Informationen sind zuständig: die örtlichen Jobcenter, die beauftragte Kommune oder die Agentur für Arbeit vor Ort. 34 ©WavebreakmediaMicro_fotolia.com Rehabilitation Die Rehabilitation (Reha) ist ein sehr großer und komplexer Bereich, für den alle Versicherungsträger zuständig sein können. 35 Grundsätzlich gilt: Reha(bilitation) geht vor Rente (§ 9 SGB VI). Das heißt: Es wird möglichst versucht, mit Rehamaßnahmen den Renteneintritt zu verhindern oder zu verzögern. Bereiche der Rehabilitation Hier ein kurzer Überblick über die Bereiche der Rehabilitation: • Medizinische Leistungen zur Rehabilitation dienen insbesondere der Ausheilung einer Erkrankung und der Wiederherstellung der Gesundheit. • Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben (früher „berufsfördernde Maßnahmen“) sollen die Erwerbs fähigkeit Behinderter erhalten, verbessern, (wieder-)herstellen und möglichst dauerhaft sichern • Ergänzende Leistungen zur Rehabilitation und Teilhabe sind Leistungen zur Wiedereingliederung, um das Ziel der Rehamaßnahmen zu erreichen und zu sichern. Dazu zählen z. B. Übergangsgeld, Haushaltshilfe, Reisekosten, Kinder betreuungskosten. Zuständigkeit Nahezu alle Träger der Sozialversicherung können für die Kostenübernahme von Rehamaßnahmen zuständig sein. Bei MS-Erkrankten sind dies insbesondere: • Rentenversicherungsträger erbringen Leistungen zur Medizinischen Rehabilitation und zur Teilhabe am Arbeitsleben, wenn die Erwerbsfähigkeit erheblich gefährdet oder schon gemindert ist und diese durch die Rehamaßnahme wesentlich gebessert oder wiederhergestellt werden kann. • Krankenkassen sind zuständig bei Leistungen zur Medizinischen Reha bilitation, soweit es um den Erhalt oder die Wiederherstellung der Gesundheit geht und wenn nicht andere Sozialversicherungsträger solche Leistungen erbringen. 36 • Agenturen für Arbeit übernehmen Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben, wenn kein anderer Sozialversicherungsträger hierfür zuständig ist. • Sozialämter treten nachrangig für die Leistungen zur Medizinischen Rehabilitation und zur Teilhabe am Arbeitsleben ein, wenn kein anderer Sozialversicherungsträger vorrangig zuständig ist. Spätestens 2 Wochen nachdem ein Antrag auf Reha-Leistungen bei einem Reha-Träger eingegangen ist, muss dieser Träger geklärt haben, ob er hierfür zuständig ist. Die „Zuständigkeitsklärung“ soll verhindern, dass ein Antrag zwischen verschiedenen Trägern hin- und hergeschoben wird. Nach einer weiteren Woche wird über die beantragte Leistung entschieden, außer der Antrag wurde – bei Erklärung der Unzuständigkeit – an einen weiteren Reha-Träger weitergeleitet. Die Weiterleitung erfolgt (automatisch) durch den Träger, der zunächst den Antrag erhielt. Dieser „weitere“ (zweite) Träger entscheidet innerhalb von 3 Wochen, nachdem der Antrag bei ihm eingegangen ist. Zuständigkeitsklärung Anträge, die bei der Krankenkasse gestellt werden, werden in der Regel an die Rentenversicherung weitergeleitet, wenn der Antragssteller … • noch nicht aus dem Erwerbsleben ausgeschieden ist, • Ansprüche gegenüber der Rentenversicherung hat und • durch die Rehabilitation eine Wiederherstellung/Verbesserung der Erwerbsfähigkeit zu erwarten ist. Wer hilft weiter? Wenn eine Rehabilitation empfohlen, aber noch nicht beantragt wurde, weil erst geklärt werden muss, wer als Kostenträger zuständig ist, sind die Krankenkassen und die sogenannten „Servicestellen“ die richtigen Ansprechpartner. Letztere bieten Unterstützung in allen Fragen zur Rehabilitation. Es gibt sie bei fast allen Kommunen und sie arbeiten rehaträgerübergreifend. Adressen finden Sie unter www.reha-servicestellen.de. 37 Medizinische Rehabilitation Die Medizinische Rehabilitation umfasst Maßnahmen, die auf die Erhaltung oder Besserung des Gesundheitszustands ausgerichtet sind und vorwiegend die Durchführung medizinischer Leistungen erfordern. Es gibt zwei Arten Medizinischer Rehamaßnahmen: ambulante und stationäre. Letztere werden umgangssprachlich Kuren genannt. Grundsätzlich gilt: Ambulant vor stationär. Das heißt: Erst wenn ambulante Maßnahmen nicht ausreichen, werden stationäre Leistungen erbracht. Leistungen Wartezeit Zur Medizinischen Rehabilitation zählen z. B.: • Anschlussheilbehandlung nach Krankenhausaufenthalt (siehe S. 41) • Stufenweise Wiedereingliederung (siehe S. 43) Zwischen 2 bezuschussten Rehamaßnahmen – egal ob ambulant oder stationär – muss in der Regel ein Zeitraum von 4 Jahren liegen. Ausnahmen macht die Krankenkasse nur bei medizinisch dringender Erforderlichkeit. Dies muss mit Arztberichten oder einem Gutachten des behandelnden Arztes bei der Krankenkasse begründet werden. Der Rentenversicherungsträger genehmigt Medizinische Rehamaßnahmen vor Ablauf der 4-Jahres-Frist, wenn vorzeitige Leistungen aus gesundheitlichen Gründen dringend erforderlich sind, weil ansonsten mit einer weiteren Minderung der Leistungsfähigkeit zu rechnen ist. Ambulante Rehamaßnahmen 38 Ambulante Rehamaßnahmen führt der Patient wohnortnah durch bzw. nimmt sie in Anspruch. Er wohnt zu Hause und nicht in der Reha-Einrichtung, d. h. der Patient kommt morgens in die behandelnde Einrichtung und verlässt diese nachmittags oder abends wieder. Eine ambulante Rehamaßnahme hat immer Vorrang vor einer stationären. Voraussetzungen für ambulante Rehamaßnahmen: • Eine ambulante Krankenbehandlung reicht nicht für den angestrebten Reha-Erfolg aus. • Durchführung der ambulanten Rehamaßnahme in einer Vertragsklinik, in Einrichtungen mit Versorgungsvertrag oder in wohnortnahen Einrichtungen (Kliniken) mit bedarfs gerechter, leistungsfähiger und wirtschaftlicher Versorgung. Ob eine ambulante Rehabilitation in einer Klinik ohne Versorgungsvertrag stattfinden darf, muss im Einzelfall immer vom Rentenversicherungsträger geprüft werden. Dauer Eine ambulante Rehamaßnahme dauert längstens 20 Behandlungstage. Eine Verlängerung ist aus medizinischen Gründen möglich. Bei einer stationären Medizinischen Reha(bilitation) (umgangssprachlich „Kur“) wohnt der Patient für die Zeit der Rehamaßnahme in einer entsprechenden Einrichtung. Stationäre medizinische Rehabilitation Voraussetzungen für die Beantragung von stationären Rehamaßnahmen sind: • Eine ambulante Rehamaßnahme reicht nicht aus. • Die stationäre Aufnahme ist aus medizinischen Gründen erforderlich. Dauer Stationäre Rehamaßnahmen dauern längstens 3 Wochen. Eine Verlängerung aus medizinischen Gründen ist möglich. Praxistipp! Nimmt ein Elternteil, der zu Hause Kinder betreut, an einer ambulanten oder stationären Rehamaßnahme teil, kann unter bestimmten Voraussetzungen eine Haushaltshilfe (siehe S. 98) gewährt werden. Den Antrag auf eine Medizinische Rehamaßnahme beim zuständigen Träger sollte zweckmäßigerweise der Arzt gemeinsam mit dem Patienten stellen. Erforderlich sind ggf. eine ärztliche Bescheinigung, Arztbericht(e) und ein eigenes, persönliches Schreiben. Der Leistungsumfang bei Rehamaßnahmen liegt im Ermessen des Sozialversicherungsträgers und wird aufgrund medizinischer Erfordernisse festgelegt. Antrag 39 Praxistipps Antragstellung bei der Krankenkasse Erkennt der behandelnde Arzt die Notwendigkeit einer Reha, so muss er bei der Krankenkasse einen Antrag auf „Einleitung von Leistungen zur Rehabilitation oder alternativen Angeboten“ stellen. Kommt nach Ansicht der Krankenkasse eine Rehamaßnahme und sie selbst als Kostenträger in Betracht, dann bekommt der Arzt die „Verordnung von medizinischer Reha bilitation“ zugeschickt. Falls der Antrag bei einem anderen Kostenträger (z. B. Renten versicherungsträger) gestellt werden muss, wird dies von der Krankenkasse mitgeteilt. Antragstellung mit ausführlicher Begründung Eigentlich genügt bei den Anträgen auf Rehamaßnahmen die Angabe der Indikationen nach der ICD-10 (Internationale Klassifikation der Krankheiten). Es ist jedoch mittlerweile fast zur Regel geworden, dass der Arzt die Notwendigkeit der medizinischen Rehabilitation ausführlich begründet. Auf jeden Fall vermindert es das Risiko einer Ablehnung beim Kostenträger, wenn dem Antrag sofort eine ausführliche ärztliche Begründung beigefügt wird. Es kann durchaus sein, dass der MDK (Medizinischer Dienst der Krankenversicherung) über das ärztliche Attest hinaus den Patienten zu einer Begutachtung einlädt, um die Notwendigkeit der Rehamaßnahme zu prüfen. Urlaub Ambulante und stationäre medizinische Rehamaßnahmen dürfen nicht auf den Urlaub angerechnet werden. Deshalb besteht auch Anspruch auf Entgeltfortzahlung durch den Arbeitgeber (siehe S. 18). Wahl der Reha-Einrichtung Die Leistung wird in der Regel im Inland erbracht. • Ist der Kostenträger die Krankenkasse, kann der Patient eine zugelassene und zertifizierte Reha-Einrichtung selbst wählen. Sind die Kosten höher als bei den Vertragseinrichtungen der Krankenkasse, zahlt der Patient die Mehrkosten. • Ist der Kostenträger die Rentenversicherung, kann der Arzt eine Reha-Einrichtung vorschlagen. Soll die Maßnahme in einer bestimmten Einrichtung stattfinden, muss der Arzt das ausdrücklich vermerken und möglichst auch begründen. Auch die persönliche Lebenssituation, das Alter, das Geschlecht, die Familie oder die religiösen Bedürfnisse der Betroffenen sollten bei der Wahl eine Rolle spielen und berücksichtigt werden. 40 Praxistipps! Unter www.betacare.de > Reha-Kliniken ist eine zielgenaue Suche nach passenden Kliniken möglich. Versicherte ab dem 18. Geburtstag müssen bei fast allen stationären Rehamaßnahmen 10,– € Zuzahlung pro Tag leisten: • In der Regel zeitlich unbegrenzt für ambulante und stationäre Rehamaßnahmen der Krankenkasse. • Längstens 42 Tage innerhalb eines Kalenderjahres für stationäre Medizinische Rehamaßnahmen des Renten versicherungsträgers. Bereits im selben Kalenderjahr geleistete Zuzahlungen an den Rentenversicherungsträger und die Krankenkasse werden angerechnet. • Findet die stationäre Rehamaßnahme als Anschlussheil behandlung (siehe S. 41) statt, so begrenzt sich die Zuzahlung bei der Krankenkasse auf 28 Tage und beim Rentenversicherungsträger auf 14 Tage. Eine bereits geleistete Zuzahlung für die vorhergegangene Kranken hausbehandlung wird berücksichtigt. Zuzahlung Anschlussheilbehandlung Die Anschlussheilbehandlung (AHB) ist eine im unmittelbaren Anschluss an eine Krankenhausbehandlung oder eine ambulante Operation erforderliche Weiterbehandlung in einer spezialisierten Reha-Einrichtung. Sie zählt zur Medizinischen Reha. Eine AHB muss in der Regel innerhalb von 14 Tagen nach der Entlassung beginnen, möglichst jedoch direkt im Anschluss an einen Krankenhausaufenthalt. Sie muss beim jeweiligen Sozialversicherungsträger beantragt werden. Die Genehmigung einer AHB hängt von unterschiedlichen Indikationen ab, deshalb muss die Diagnose im Indikationskatalog für AHB enthalten sein. Multiple Sklerose gehört unter der Voraussetzung, dass ein rückbildender Schub vorliegt und keine Kontraindikationen vorhanden sind, zum Indikationskatalog für AHB. 41 Ziel Dauer Ziel einer Anschlussheilbehandlung ist, verloren gegangene Funktionen oder Fähigkeiten wiederzuerlangen oder auszu gleichen und die Patienten wieder an die Belastungen des Alltags- und Berufslebens heranzuführen. Die Kosten werden in der Regel für eine Dauer von 3–4 Wochen übernommen. Eine Verlängerung ist bei medizinischer Begründung durch Arzt oder Klinik möglich. Eine der folgenden versicherungsrechtlichen Voraus setzungen muss erfüllt sein: • Wartezeit von 15 Jahren oder • 6 Kalendermonate mit Pflichtbeiträgen in den letzten 2 Jahren oder • Bezug einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit (Abgestufte Erwerbsminderungsrente) oder • Wartezeit von 5 Jahren bei verminderter oder in absehbarer Zeit gefährdeter Erwerbsfähigkeit oder • Anspruch auf große Witwen- bzw. Witwerrente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit. Privat Krankenversicherte können in der Regel nicht direkt vom Krankenhaus in eine AHB gehen. Sie müssen mit Hilfe ihres behandelnden Arztes einen Antrag auf eine Anschlussgesundheitsmaßnahme (AGM) beim zuständigen Rentenversicherungsträger stellen. Die AGM unterscheidet sich von der AHB dadurch, dass die persönlichen und versicherungsrechtlichen Voraussetzungen durch den Rentenversicherungsträger geprüft werden müssen, bevor der Patient die AGM in einer Rehabilitationseinrichtung antreten kann. Persönliche und medizinische Voraussetzungen: • Akutphase der Erkrankung bzw. Wundheilung muss abgeschlossen sein. • Patient muss frühmobilisiert sein. • Patient muss selbsthilfefähig sein, d. h.: ohne Fremdhilfe zur Toilette gehen, selbstständig essen, sich allein waschen und ankleiden können. • Patient sollte reisefähig sein. Ein Krankentransport ist nur in Not- und Ausnahmefällen möglich. 42 Die Anschlussheilbehandlung muss von den behandelnden Krankenhausärzten eingeleitet werden. Nach der Entlassung ist es für niedergelassene Ärzte nur in Ausnahmefällen möglich, eine Anschlussheilbehandlung zu begründen. Antrag Die Kosten der Anschlussheilbehandlung können von nahezu allen Sozialversicherungsträgern übernommen werden. Kostenträger Wer hilft weiter? Informationen und Leistungen erhält man vom zuständigen Kostenträger: Krankenkasse, Rentenversicherungsträger oder Sozialamt. Stufenweise Wiedereingliederung Patienten mit MS können während eines Schubs arbeits unfähig (siehe S. 16) und bisweilen über Wochen oder Monate nicht am Arbeitsplatz sein. Ziel der Stufenweisen Wiedereingliederung ist, arbeitsunfähige Arbeitnehmer nach längerer schwerer Krankheit schrittweise an die Arbeitsbelastung heranzuführen und so den Übergang zur vollen Berufstätigkeit zu erleichtern. Die Stufenweise Wiedereingliederung ist eine Maßnahme der Medizinischen Rehabilitation, Träger ist meist die Krankenkasse. Findet sie im unmittelbaren Anschluss an eine medizinische Rehamaßnahme statt, d. h. wird sie innerhalb von 4 Wochen nach Entlassung aus einer Reha-Klinik angetreten, ist die Rentenversicherung Kostenträger. Für eine Stufenweise Wiedereingliederung müssen folgende Voraussetzungen vorliegen: • Es besteht noch Anspruch auf Krankengeld (siehe S. 19) bzw. es liegt noch für die Dauer der Wiedereingliederungs maßnahme Arbeitsunfähigkeit vor. • Der Versicherte ist mit der Maßnahme einverstanden. • Der Arzt stellt einen Wiedereingliederungsplan auf. • Der Arbeitgeber erklärt sich mit der Maßnahme einverstanden. • Der Versicherte wird am bisherigen Arbeitsplatz eingesetzt. Voraussetzungen 43 Schwerbehinderte Arbeitnehmer haben gegenüber dem Arbeitgeber einen Anspruch auf Zustimmung zur Stufenweisen Wiedereingliederung, vorausgesetzt, es liegt eine ärztliche Bescheinigung vor, die einen Wiedereingliederungsplan und eine Prognose über den Zeitpunkt der zu erwartenden Wiedererlangung der vollen Arbeitsfähigkeit enthält und vorausgesetzt die Maßnahme ist dem Arbeitgeber zumutbar. Dauer Entgelt Die Dauer der Wiedereingliederung ist abhängig vom indivi duellen gesundheitlichen Zustand des Arbeitnehmers. In der Regel dauert sie zwischen 6 Wochen und 6 Monaten. Grundsätzlich erhält der Versicherte während der Wiederein gliederung weiterhin Krankengeld von der Krankenkasse. Falls der Arbeitgeber während der Maßnahme freiwillig Arbeitsentgelt entrichtet, wird dies auf das Krankengeld angerechnet. Wer hilft weiter? Informationen geben die Krankenkassen, Rentenversicherungsträger, der behandelnde Arzt und der Arbeitgeber. Berufliche Rehabilitation/ Teilhabe am Arbeitsleben „Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben“ umfassen alle Rehamaßnahmen, die die Arbeits- und Berufstätigkeit von kranken und/oder behinderten Menschen fördern. Alte Begriffe dafür sind „Berufsfördernde Maßnahmen zur Reha“ oder „Berufliche Reha“. Teilhabe am Arbeitsleben umfasst Hilfen, um einen Arbeitsplatz erstmalig oder weiterhin zu erhalten, Vorbereitungs-, Bildungsund Ausbildungsmaßnahmen, Zuschüsse an Arbeitgeber sowie die Übernahme vieler Kosten, die mit diesen Maßnahmen in Zusammenhang stehen. 44 Es gibt mehrere Arten von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben, unter anderem: 1. Hilfen zur Erhaltung oder Erlangung eines Arbeitsplatzes 2.Berufsvorbereitung 3. Berufliche Bildung 4. Übernahme weiterer Kosten 5. Zuschüsse an den Arbeitgeber Leistungen der beruflichen Rehabilitation Nachfolgend Informationen zu den einzelnen Leistungen. 1. Hilfen zur Erhaltung oder Erlangung eines Arbeitsplatzes Vorrangiges Ziel ist es, den bisherigen Arbeitsplatz zu erhalten. Ist dies nicht möglich, wird nach einem anderen, geeigneten Arbeitsplatz im bisherigen oder aber in einem anderen Betrieb gesucht. In diesem Rahmen übernehmen vorwiegend die Renten versicherungsträger im Zusammenwirken mit der Bundesagentur für Arbeit unter anderem folgende Leistungen: • Umsetzung im Betrieb, Vermittlung eines neuen Arbeitsplatzes in Form beruflicher Anpassung, Weiter bildung und Ausbildung. • Gründungszuschuss für Arbeitslose, die sich selbstständig machen, um dadurch die Arbeitslosigkeit zu beenden oder zu verhindern. • Fahrtkostenbeihilfe für die täglichen Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstelle, soweit der Versicherte ansonsten unzumutbar belastet wäre und das Reha-Ziel absehbar ist. • Trennungskostenbeihilfe bei erforderlicher auswärtiger Arbeitsaufnahme und damit verbundener doppelter Haushaltsführung. Das tägliche Pendeln oder der Umzug der Familie zum Arbeitsort müssen unzumutbar sein. • Übergangsbeihilfe bei Arbeitsaufnahme bis zur ersten vollen Lohnzahlung. Die Übergangsbeihilfe wird in der Regel als Darlehen gewährt. • Umzugskostenbeihilfe soweit eine Arbeitsaufnahme am Wohnort unmöglich ist. 2.Berufsvorbereitung Zu den Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben zählt die Berufsvorbereitung einschließlich der wegen eines Gesundheitsschadens erforderlichen Grundausbildung. Darunter fallen die ganzheitliche Stabilisierung der Persönlichkeit und des sozialen Umfelds neben Aufbau und Festigung der Motivation und der beruflichen Fähigkeiten. 45 3. Berufliche Bildung Zur beruflichen Bildung zählen Maßnahmen zur Anpassung an den Beruf, Ausbildung und Weiterbildung einschließlich des dafür erforderlichen Schulabschlusses. Nicht dazu zählen allgemeinbildende Maßnahmen. 4. Übernahme weiterer Kosten Die Berufsgenossenschaften und Rentenversicherungsträger übernehmen auch Kosten, die mit den Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben in unmittelbarem Zusammenhang stehen. Hierzu zählen z. B.: • Lehrgangskosten, Prüfungsgebühren, Lernmittel, • Arbeitskleidung, Arbeitsgeräte (z. B. Werkzeuge) sowie • Kosten für Unterkunft und Verpflegung, wenn für die Teilnehmer einer Maßnahme eine Unterbringung außerhalb des eigenen oder des elterlichen Haushalts nötig ist (z. B. unzumutbar weiter Anfahrtsweg), wegen der Art und Schwere der Behinderung oder zur Sicherung des Erfolgs der Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben. 5. Zuschüsse an den Arbeitgeber Die Reha-Träger können Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben auch als Zuschüsse an den Arbeitgeber leisten. Anspruchs- und antragsberechtigt ist der Versicherte; der Arbeitgeber ist „nur“ Begünstigter ohne eigenes Antragsrecht. Die Gewährung eines Zuschusses kann von Bedingungen und Auflagen abhängig gemacht werden. Zuschüsse an den Arbeitgeber gibt es z. B. als • Ausbildungszuschüsse zur betrieblichen Ausführung von Bildungsleistungen, •Eingliederungszuschüsse, • Zuschüsse für Arbeitshilfen im Betrieb, • Kostenerstattung für eine befristete Probebeschäftigung, • Umschulung, Aus- oder Weiterbildung im Betrieb. Dauer 46 Die Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben sollen für die Zeit erbracht werden, die vorgeschrieben oder allgemein üblich ist, um das angestrebte Berufsziel zu erreichen. •Die berufliche Eingliederung dauert in der Regel bis zur Erreichung des angestrebten Berufsziels in der hierfür vorgeschriebenen oder allgemein üblichen Zeit im Sinne der notwendigen Ausbildungsdauer. •Die Ausbildung dauert in der Regel bis zu 2 Jahre bei ganztägigem Unterricht. Eine Teilförderung (eines Ausbildungs abschnitts) innerhalb einer geschlossenen Weiterbildungsmaßnahme ist nicht möglich. Eine Verlängerung ist denkbar bei: • bestimmter Art und Schwere der Behinderung • Lage und Entwicklung des Arbeitsmarkts • voller Ausschöpfung des Leistungsvermögens des Behinderten • Erlernbarkeit des Ausbildungsberufs nicht unter 2 Jahren Bei Teilnahme an Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben werden Beiträge zur Kranken-, Unfall-, Pflege- und Renten versicherung sowie Beiträge zur Arbeitslosenversicherung übernommen. Beiträge zur Arbeitslosenversicherung werden nicht bei Bezug von Übergangsgeld gezahlt. Soziale Sicherung Wer hilft weiter? Die Leistungen werden von verschiedenen Trägern übernommen, meist aber von der Agentur für Arbeit oder vom Renten versicherungsträger. Die Anträge auf Kostenübernahme sollten gestellt werden, bevor die Maßnahmen in die Wege geleitet werden. Erster Ansprechpartner ist oft ein Integrationsamt oder ein Integrationsfachdienst. Diese helfen bei Fragen der beruflichen Integration weiter. Adressen der Integrationsämter finden Sie unter www.integrationsaemter.de. Übergangsgeld Übergangsgeld überbrückt einkommenslose Zeiten während der Teilnahme an Rehamaßnahmen oder an Maßnahmen zur Teilhabe am Arbeitsleben. Übergangsgeld wird je nach Voraussetzungen vom jeweiligen Reha-Träger gezahlt. Höhe und Dauer sind im Wesentlichen einheitlich geregelt, nur die Voraussetzungen unterscheiden sich bei den Leistungsträgern. Die Berechnungsgrundlage des Übergangsgelds beträgt bei allen Trägern 80 % des letzten Bruttoverdienstes, höchstens jedoch den Nettoverdienst. Höhe 47 Das Übergangsgeld beträgt: • 75 % dieser Berechnungsgrundlage bei Versicherten, – die ein Kind haben oder – die pflegebedürftig sind und durch ihren Ehegatten gepflegt werden, der deshalb keine Erwerbstätigkeit ausüben kann, oder – deren Ehegatte pflegebedürftig ist und keinen Anspruch auf Leistungen aus der Pflegeversicherung hat. • 68 % dieser Berechnungsgrundlage für die übrigen Versicherten. Bei Arbeitslosigkeit im Anschluss an Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben vermindert sich das Übergangsgeld jeweils um 8 %, also auf 67 % bzw. 60 % der Berechnungsgrundlage. Dauer 48 Die Reha-Träger zahlen Übergangsgeld • für den Zeitraum der Leistung zur Medizinischen Reha bilitation bzw. zur Teilhabe am Arbeitsleben. • nach einer Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben: – maximal 6 Wochen bei gesundheitsbedingter Unter brechung einer Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben, – maximal 3 Monate bei anschließender Arbeitslosigkeit nach einer abgeschlossenen Leistung zur Teilhabe am Arbeits leben, soweit kein Anspruch auf Arbeitslosengeld für 3 Monate besteht. • nach Abschluss von Leistungen zur Medizinischen Rehabilitation bzw. zur Teilhabe am Arbeitsleben bei Erforderlichkeit weiterer Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben, soweit Arbeitsunfähigkeit vorliegt und kein Anspruch auf Krankengeld oder keine Vermittelbarkeit in eine zumutbare Beschäftigung besteht. Allerdings wird in diesem Fall das Übergangsgeld reduziert. • Findet eine Stufenweise Wiedereingliederung (siehe S. 43) im unmittelbaren Anschluss (innerhalb von 4 Wochen) an Leistungen zur medizinischen Reha statt, dann wird das Übergangsgeld bis zu deren Ende gezahlt. ©Robert Kneschke_fotolia.com Reha-Sport und Funktionstraining Multiple Sklerose ist häufig mit schweren Beeinträchtigungen der Mobilität oder einer Verschlechterung der Selbst versorgung verbunden. Reha-Sport oder Funktionstraining können hier sehr hilfreich sein. Sie finden immer in Gruppen und unter ärztlicher Aufsicht statt. Reha-Sport dient der allgemeinen Stärkung der Leistungs fähigkeit nach einer Erkrankung. Funktionstraining ist gezielt auf bestimmte körperliche Funktionsdefizite gerichtet. Die Maßnahmen dauern je nach Erkrankung und Kostenträger 6 Monate bis 3 Jahre. Zum Reha-Sport zählen z. B. bewegungstherapeutische Übungen. Sie dienen der Stärkung von Ausdauer, Koordination, Flexibilität, Kraft und psychischer Leistungsfähigkeit. Hierunter fallen u. a. Gymnastik, Leichtathletik, Schwimmen oder Bewegungsspiele in Gruppen. Reha-Sport Funktionstraining wirkt besonders mit den Mitteln der Krankengymnastik und der Ergotherapie gezielt auf körperliche Strukturen (Muskeln, Gelenke etc.) und wird unter Anleitung und Überwachung vor allem durch Krankengymnasten durch geführt. Funktionstraining ist immer organorientiert, es dient dem Erhalt von Funktionen, der Beseitigung oder Verbesserung von Funktionsstörungen sowie dem Hinauszögern von Funktionsverlusten einzelner Organsysteme oder Körperteile. Als Funktionstraining gelten u. a. Trocken- und Wassergymnastik. Funktionstraining 49 Voraussetzungen Zuständigkeit Die Rentenversicherung, die Krankenversicherung und die Agentur für Arbeit übernehmen Reha-Sport oder Funktions training als ergänzende Leistung zur Rehabilitation unter folgenden Voraussetzungen: • Ärztlich verordnet. • Die Verordnung ist von einem Arzt zu erstellen, der das Leiden und dessen Folgen behandelt. Sie soll enthalten: – Diagnose und gegebenenfalls Nebendiagnosen, soweit diese berücksichtigt werden müssen oder Einfluss auf die Verordnungsnotwendigkeit nehmen. – Gründe und Ziele, weshalb Reha-Sport/Funktionstraining erforderlich ist. – Dauer und Anzahl der wöchentlich notwendigen Übungseinheiten. – Empfehlung zur Auswahl der geeigneten Sportart. • In Gruppen. • Unter ärztlicher Betreuung. • Antrag: Vordruck „Antrag auf Förderung von Rehabilitationssport/Funktionstraining“. Wird während einer Leistung zur Reha die medizinische Not wendigkeit einer Reha-Sport-Maßnahme festgestellt, ist vom Arzt der Behandlungsstätte eine Empfehlung im sogenannten „Abschlussbericht“ auszusprechen, und der behandelnde Arzt hat dem Reha-Sport oder Funktionstraining zuzustimmen. Der Reha-Sport muss dann innerhalb von 3 Monaten nach der Rehamaßnahme beginnen. Kostenträger sind in der Regel die Rentenversicherungsträger. Geht dem Reha-Sport oder Funktionstraining keine Leistung zur Reha voraus, ist die Krankenkasse zuständig. Bei Geringverdienenden oder nicht Versicherten kommt unter Umständen das Sozialamt für die Kosten auf und orientiert sich dabei an der Kostenübernahme durch die Krankenkasse. Dauer 50 Reha-Sport bzw. Funktionstraining dauert • in der Rentenversicherung in der Regel 6 Monate, bei medizinischer Erforderlichkeit längstens 12 Monate. • in der gesetzlichen Krankenversicherung in der Regel 18 Monate. Wegen der häufig schweren Beeinträchtigung der Mobilität oder Selbstversorgung bei MS sowie wegen der komplexen Übungen, kann Erkrankten ein erweiterter Leistungsumfang von 120 Übungseinheiten in einem Zeitraum von 36 Monaten gewährt werden. Danach muss der Arzt eine neue Verordnung ausstellen. Wer hilft weiter? Die Adressen von Reha-Sportgruppen in der Region sind bei den Krankenkassen zu erfragen. Diese haben eine Übersicht über die Sportvereine und -gruppen, mit denen sie vertraglich Kosten vereinbarungen (regional unterschiedlich) getroffen haben. Auch Behindertensportverbände bieten zum Teil RehaSportarten und Funktionstrainingsmaßnahmen an. Über entsprechende Gruppen informiert die Hauptgeschäftsstelle des Deutschen Behindertensportverbands, Telefon 02234 6000-0, E-Mail [email protected], www.dbs-npc.de. Der Vordruck „Antrag auf Förderung von Rehabilitationssport/ Funktionstraining“ ist bei Sportvereinen, Ärzten und den zuständigen Leistungsträgern erhältlich. 51 52 ©Pixelot_fotolia.com Zuzahlungen in der gesetzlichen Krankenversicherung 53 Übersicht über Zuzahlungen Versicherte ab dem 18. Geburtstag, zum Teil auch Kinder, müssen zu bestimmten Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung Zuzahlungen leisten, z. B. zu Arzneimitteln, Heil- und Hilfsmitteln, Krankenhausaufenthalten, Fahrtkosten und Zahnersatz. Dies gilt auch für Sozialhilfe empfänger. Die folgende Auflistung enthält alle Zuzahlungen, auch wenn sie nicht immer im Zusammenhang mit Multiple Sklerose stehen, da für eine mögliche Zuzahlungsbefreiung (siehe S. 56) alle einbezogen werden. Zuzahlungen Arzneimittel Zuzahlung (umgangssprachlich „Rezeptgebühr“ genannt): 10 % der Kosten, mindestens 5,– €, maximal 10,– €, in keinem Fall mehr als die Kosten des Arzneimittels. Preis/Kosten bis 5,– € 5,01 € bis 50,– € 50,– € bis 100,– € Ab 100,– € Zuzahlung Preis = Zuzahlung 5,– € 10 % des Preises 10,– € Aufgrund des Arzneimittelwirtschaftlichkeitsgesetzes (AVWG) entscheidet der Spitzenverband Bund der Krankenkassen, welche Arzneimittelwirkstoffe von der Zuzahlung befreit werden können. Auf www.gkv-spitzenverband.de > Service > Zuzahlungen und Befreiungen > Befreiungsliste Arzneimittel (Spitzenverband der gesetzlichen Krankenkassen) ist eine Übersicht der zuzahlungsbefreiten Arzneimittel zu finden, die 14-tägig aktualisiert wird. Darüber hinaus können Medikamente eines Arzneimittel herstellers, mit dem die Krankenkasse einen Rabattvertrag geschlossen hat, ganz oder zur Hälfte zuzahlungsfrei sein. Auskünfte hierzu erteilen Apotheken und Krankenkassen. Verbandmittel 10 % der Kosten, mindestens 5,– €, maximal 10,– €, in keinem Fall mehr als die Kosten des Verbandmittels. 54 Heilmittel 10 % der Kosten zuzüglich 10,– € je Verordnung. Heilmittel im sozialrechtlichen Sinn sind äußerliche Behandlungs methoden wie Krankengymnastik (siehe S. 10), Massage, Fangopackung, Ergotherapie (siehe S. 12) oder Logopädie (siehe S. 13). Hilfsmittel 10 % der Kosten, mindestens 5,– €, maximal 10,– €. Bei zum Verbrauch bestimmten Hilfsmitteln beträgt die Zuzahlung 10 % je Packung, maximal jedoch 10,– € monatlich. Ein Hilfsmittel ist ein Gegenstand oder ein Gerät, das unmittel bar auf eine Behinderung ausgerichtet ist, z. B. ein Hörgerät, Krücken, eine Prothese, eine Brille oder ein Rollstuhl. Häusliche Krankenpflege 10 % der Kosten pro Tag, begrenzt auf 28 Tage im Kalenderjahr, zuzüglich 10,– € je Verordnung. Häusliche Krankenpflege bedeutet, dass ein Patient zu Hause von Fachpersonal versorgt wird. Soziotherapie 10 % der Kosten pro Tag, mindestens 5,– €, maximal 10,– €. Soziotherapie ist die ambulante Betreuung schwer psychisch kranker Menschen. Haushaltshilfe 10 % der Kosten pro Tag, mindestens 5,– €, maximal 10,– €. Eine Haushaltshilfe ist eine fremde oder verwandte Person, die die tägliche Arbeit im Haushalt erledigt (siehe S. 98). Krankenhausbehandlung, Anschlussheilbehandlung 10,– € pro Kalendertag, für längstens 28 Tage pro Kalenderjahr. Bereits im selben Jahr geleistete Zuzahlungen zu Krankenhausund Anschlussheilbehandlung (siehe S. 41) werden angerechnet. Ambulante und stationäre Leistungen zur Rehabilitation 10,– € pro Kalendertag an die Einrichtung, in der Regel ohne zeitliche Begrenzung. Fahrtkosten 10 % der Fahrtkosten (bei medizinisch angeordneten Fahrten), mindestens 5,– €, maximal 10,– €, in keinem Fall mehr als die Kosten der Fahrt. Auch für Fahrten von Kindern. 55 Zuzahlungsbefreiung bei Erreichen der Belastungsgrenze Wer im Laufe eines Kalenderjahres bestimmte Belastungsgrenzen erreicht, kann sich von vielen Zuzahlungen der Krankenkasse befreien lassen oder sich am Jahresende den über der Belastungsgrenze liegenden Betrag erstatten lassen. Die Belastungsgrenze liegt bei 2 % des Bruttoeinkommens, bei schwerwiegend chronisch Kranken bei 1 %. Belastungsgrenze Berechnung des Bruttoeinkomens Bei zahlreichen Leistungen der Krankenversicherung muss der Patient Zuzahlungen leisten. Die Belastungsgrenze soll verhindern, dass insbesondere chronisch Kranke, Behinderte, Versicherte mit einem geringen Einkommen und Sozialhilfeempfänger durch die Zuzahlungen zu medizinischen Leistungen unzumutbar belastet werden. Das Bruttoeinkommen zum Lebensunterhalt (siehe Einnahmen zum Lebensunterhalt, S. 57) ist als Familienbruttoeinkommen zu verstehen. Es errechnet sich aus dem Bruttoeinkommen des Versicherten und den Bruttoeinkommen aller Angehörigen des Versicherten, die mit ihm in einem gemeinsamen Haushalt leben. Angehörige des Versicherten sind: •Ehepartner • Kinder bis zum Kalenderjahr des 18. Geburtstags • Kinder ab dem Kalenderjahr des 19. Geburtstags, wenn sie familienversichert sind • eingetragene gleichgeschlechtliche Lebenspartner • sonstige Angehörige nach § 7 Abs. 2 KVLG (Krankenversicherung der Landwirte) Nicht zu den Angehörigen zählen Partner einer eheähnlichen verschiedengeschlechtlichen oder nicht eingetragenen gleich geschlechtlichen Lebensgemeinschaft. Freibetrag 56 Von diesem Bruttoeinkommen zum Lebensunterhalt werden ein oder mehrere Freibeträge abgezogen: • Für den ersten im gemeinsamen Haushalt lebenden Angehörigen des Versicherten (z. B. Ehegatte): 4.851,– € (= 15 % der jährlichen Bezugsgröße). • Für jeden weiteren im gemeinsamen Haushalt lebenden Angehörigen des Versicherten und des eingetragenen gleichgeschlechtlichen Lebenspartners: 3.234,– € (= 10 % der jährlichen Bezugsgröße). Dieser Punkt gilt nur für Mitglieder in der Krankenversicherung der Landwirte. • Für jedes Kind eines verheirateten Versicherten sowie für jedes Kind eines eingetragenen gleichgeschlechtlichen Lebenspartners: 7.008,– € als Kinderfreibetrag, wenn es sich um ein Kind beider Ehegatten handelt, ansonsten 3.504,– € (§ 32 Abs. 6 EStG). • Für das erste Kind eines alleinerziehenden Versicherten: 4.851,– € (= 15 % der jährlichen Bezugsgröße). • Für jedes weitere Kind eines alleinerziehenden Versicherten: 7.008,– €. Einnahmen zum Lebensunterhalt sind: •Altersrenten •Arbeitsentgelt • Krankengeld • Arbeitslosengeld • Elterngeld, aber nur der Betrag, der über dem Sockelbetrag von 300,– € liegt (bei doppeltem Bezugszeitraum über 150,– €) • Arbeitseinkommen (bei selbstständiger Tätigkeit) • Einnahmen aus Kapitalvermögen, Vermietung und Verpachtung • Witwen-/Witwerrente und andere Renten wegen Todes • Einnahmen von Angehörigen im gemeinsamen Haushalt (Ehepartner, familienversicherte Kinder, eingetragene gleichgeschlechtliche Lebenspartner). Nicht hierzu zählen Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft. • Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung, soweit diese die Grundrente nach dem Bundesversorgungs gesetz (BVG) übersteigt (§ 31 BVG) • Grundrente für Hinterbliebene nach dem BVG (§ 38 BVG) Einnahmen zum Lebensunterhalt Nicht zu den Einnahmen zählen zweckgebundene Zuwendungen, z. B.: •Pflegegeld •Blindenhilfe • Taschengeld vom Sozialamt für Heimbewohner • Beschädigten-Grundrente nach dem BVG • Rente oder Beihilfe nach dem Bundesentschädigungsgesetz bis zur Höhe der vergleichbaren Grundrente nach dem BVG 57 • Elterngeld in Höhe des Sockelbetrags von 300,– € bzw. 150,– € (bei doppeltem Bezugszeitraum), Landeserziehungsgeld • Leistungen aus Bundes- und Landesstiftungen „Mutter und Kind – Schutz des ungeborenen Lebens“ • Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung, soweit diese der Grundrente nach dem BVG entspricht oder geringer ist • Ausbildungsförderung (BAföG) •Kindergeld Sozialhilfe, Arbeitslosengeld II, Grundsicherung Zuzahlungsbefreiung, Rückerstattung Bei Empfängern von Hilfe zum Lebensunterhalt (Sozialhilfe), von Arbeitslosengeld II und von Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung wird jeweils nur die Regelbedarfsstufe 1 als Bruttoeinkommen für die gesamte Bedarfsgemeinschaft gezählt, das heißt: der jährliche Zuzahlungsgesamtbetrag beträgt 91,68 €, bei chronisch Kranken 45,84 €. Auch die Zuzahlungen werden als „Familienzuzahlungen“ betrachtet, d. h., es werden die Zuzahlungen des Versicherten mit den Zuzahlungen seiner Angehörigen, die mit ihm im gemeinsamen Haushalt leben, zusammengerechnet. Dasselbe gilt auch bei eingetragenen gleichgeschlechtlichen Lebens partnerschaften. Ausnahme: Ist ein Ehepartner beihilfeberechtigt und/oder privat krankenversichert, werden die Zuzahlungen, die auch dieser eventuell leisten muss, nicht als Familienzuzahlung berechnet, das bedeutet, die Krankenkasse erkennt diese nicht als Zuzahlungen in ihrem Sinne an. Beim Familieneinkommen werden allerdings beide Einkommen herangezogen und somit als Grundlage für die Zuzahlungsbefreiung genommen. Überschreiten die Zuzahlungen 2 % der o.g. Bruttoeinnahmen im Kalenderjahr (= Belastungsgrenze), erhalten der Versicherte sowie sein Ehegatte und die familienversicherten Kinder, die mit ihm in einem gemeinsamen Haushalt leben, für den Rest des Kalenderjahres eine Zuzahlungsbefreiung bzw. den Mehrbetrag von der Krankenkasse zurückerstattet. Ist das Ehepaar bei verschiedenen Krankenkassen, dann errechnet eine Krankenkasse, ab wann die Voraussetzungen für die Zuzahlungsbefreiung erreicht sind, und stellt gegebenenfalls eine Zuzahlungsbefreiung aus. Dies wird der anderen Krankenkasse mitgeteilt, so dass die Versicherten für den Rest des Jahres keine Zuzahlungen mehr leisten müssen. 58 Berechnungsbeispiel Ehepaar mit 2 Kindern: Jährliche Bruttoeinnahmen aller Haushaltsangehörigen: minus Freibetrag für Ehegatte (= erster Haushaltsangehöriger): 30.000,– € 4.851,– € minus Freibetrag für 2 Kinder (2 x 7.008,– €):14.016,– € ergibt Zwischensumme:11.133,– € davon 2 % = Belastungsgrenze: 222,66 € Wenn im konkreten Beispiel die Zuzahlungen die Belastungsgrenze von 222,66 € im Jahr übersteigen, übernimmt die Krankenkasse die darüber hinausgehenden Zuzahlungen. Verschiedene Krankenkassen bieten ihren Versicherten ein Quittungsheft an, in dem sie übers Jahr alle Quittungen von Zuzahlungen sammeln können. Quittungsheft Praxistipp! Die Belastungsgrenze wird im Nachhinein wirksam, weshalb Patienten immer alle Zuzahlungsbelege aufbewahren sollten, da nicht absehbar ist, welche Kosten im Laufe eines Kalenderjahres auflaufen. Wenn ein Versicherter im Lauf des Jahres die 1- bzw. 2-%-Belastungsgrenze erreicht hat, sollte er sich mit seiner Krankenkasse in Verbindung setzen. Die Krankenkasse wird dem Patienten die Zuzahlungen zurückerstatten, die die 1- bzw. 2-%ige Belastungsgrenze übersteigen. Bei Erreichen der Belastungsgrenze wird für den Rest des Jahres eine Zuzahlungsbefreiung ausgestellt. Es besteht auch die Möglichkeit, bereits zu Jahresbeginn die Zuzahlungen bis zur Belastungsgrenze (2 % bzw. 1 %) im Voraus zu leisten. Der Patient erhält dann sofort einen Befreiungs ausweis und für das gesamte Kalenderjahr sind keine Zuzahlungen mehr erforderlich. 59 Zuzahlungsbefreiung für chronisch Kranke Für MS-Patienten, die wegen ihrer Krankheit in Dauer behandlung sind, gilt eine andere Belastungsgrenze, da sie als chronisch krank gelten: Sie gelten bereits dann als „belastet“, wenn sie mehr als 1% der jährlichen Brutto einnahmen zum Lebensunterhalt für Zuzahlungen ausgeben müssen/mussten. Definition „schwerwiegend chronisch krank“ Als „schwerwiegend chronisch krank“ gilt, wer sich wenigstens ein Jahr lang wegen derselben Krankheit mindestens einmal pro Quartal in ärztlicher Behandlung befindet und mindestens eines der folgenden Kriterien erfüllt: • Pflegebedürftigkeit mit Pflegestufe 2 oder 3. • Grad der Behinderung (GdB) von mindestens 60 oder eine Minderung der Erwerbsfähigkeit bzw. ein Grad der Schädigungsfolgen (GdS) von mindestens 60 % (Schwerbehinderte). • Eine kontinuierliche medizinische Versorgung (ärztliche oder psychotherapeutische Behandlung, Arzneimittel therapie, Versorgung mit Hilfs- und Heilmitteln) ist erforderlich, ohne die aufgrund der chronischen Krankheit nach ärztlicher Einschätzung eine lebens bedrohliche Verschlimmerung der Erkrankung, eine Verminderung der Lebenserwartung oder eine dauerhafte Beeinträchtigung der Lebensqualität zu erwarten ist. Überschreiten die Zuzahlungen 1 % der Bruttoeinnahmen im Kalenderjahr (= Belastungsgrenze), erhalten der schwerwiegend chronisch Kranke, sein Ehepartner und die familienversicherten Kinder für den Rest des Kalenderjahres eine Zuzahlungsbefreiung bzw. den Mehrbetrag von der Krankenkasse zurück. Vorsorge und therapiegerechtes Verhalten 60 Die reduzierte Belastungsgrenze bei Zuzahlungen für schwer wiegend chronisch Kranke gilt in der Regel nur dann, wenn sich der Patient an regelmäßiger Gesundheitsvorsorge beteiligt hat oder sich therapiegerecht verhält. Hierbei gelten bestimmte Altersgrenzen: • Wer nach dem 1.4.1972 geboren ist und das 35. Lebensjahr vollendet hat, muss jedes 2. Jahr am allgemeinen Gesundheitscheck zur Früherkennung von Krankheiten, insbesondere von Diabetes, Herz-Kreislauf- und Nierenerkrankungen teilnehmen. Wer das nicht tut und chronisch erkrankt, für den liegt die Belastungsgrenze bei 2 % vom Bruttoeinkommen. • Frauen, die nach dem 1.4.1987 geboren sind und das 20. Lebensjahr vollendet haben, sowie Männer, die nach dem 1.4.1962 geboren sind und das 45. Lebensjahr vollendet haben, und die an einer Krebsart erkranken, wofür Früherkennungsuntersuchungen angeboten werden, können die 1-%Belastungsgrenze nur dann in Anspruch nehmen, wenn sie sich über die Chancen und Risiken der entsprechenden Untersuchungen von einem hierfür zuständigen Arzt haben beraten lassen. Diese Regelung umfasst zunächst die Untersuchungen von Brust-, Darm- und Gebärmutterhalskrebs. • Gesundheitsuntersuchungen und Beratung müssen mittels einer ärztlichen Bescheinigung über therapiegerechtes Verhalten dokumentiert werden. Ausgenommen von der Feststellung therapiegerechten Verhaltens sind Schwer behinderte mit einem Grad der Behinderung über 60 und Pflegebedürftige der Pflegestufen II oder III. • Ausgenommen von der Pflicht zur Beratung bzw. zu Gesundheitsuntersuchungen sind Versicherte – mit schweren psychischen Erkrankungen – mit schweren geistigen Behinderungen oder – die bereits an der zu untersuchenden Erkrankung leiden. 61 62 © goodluz_fotolia.com Behinderung Immer bessere Behandlungsmöglichkeiten der Multiplen Sklerose ermöglichen Menschen mit MS zunehmend eine aktive und längerfristige Zukunftsplanung. Da MS aber trotz aller Fortschritte bislang nicht heilbar ist, kann auch eine Auseinandersetzung mit dem Thema „Behinderung“ sinnvoll sein. Auch mit Behinderung ist eine aktive Lebensgestaltung möglich. 63 Grad der Behinderung Bei MS kann vom Versorgungsamt ein Grad der Behinderung (GdB) bzw. Grad der Schädigungsfolgen (GdS) festgestellt werden. Die Höhe des GdB/GdS richtet sich vor allem nach den zerebralen (das Gehirn betreffenden) und spinalen (das Rückenmark betreffenden) Ausfallerscheinungen. MS kann dazu führen, dass Patienten als schwerbehindert ein gestuft werden. „Behinderung“ im sozialrechtlichen Sinne ist genau definiert. Kern ist, dass erhebliche Beeinträchtigungen vorliegen müssen, die länger als 6 Monate anhalten. Nur wer als Behinderter vom Versorgungsamt anerkannt ist, kann Vergünstigungen und Nachteilsausgleiche (siehe S. 68) in Anspruch nehmen. Zuständig für diese Anerkennung ist das Versorgungsamt. Viele Nachteilsausgleiche erhält man nur als Schwerbehinderter. Das erfordert einen Schwerbehindertenausweis (siehe S. 66), den man wiederum nur erhält, wenn man einen „Grad der Behinderung“ von mindestens 50 hat. Der Grad der Behinderung (GdB) beziffert bei Behinderten die Schwere der Behinderung. Er wird durch das Versorgungsamt festgestellt, soweit er nicht bereits anderweitig festgestellt wurde, z. B. durch einen Rentenbescheid oder durch eine Verwaltungs- oder Gerichtsentscheidung. Versorgungsmedizinische Grundsätze Das Versorgungsamt richtet sich bei der Feststellung der Behinderung nach den „Versorgungsmedizinischen Grundsätzen“. Diese enthalten allgemeine Beurteilungsregeln und Einzel angaben über die Höhe des GdB bzw. GdS. Es handelt sich allerdings nur um einen Orientierungsrahmen, die Berechnung des GdB/GdS ist vom individuellen Einzelfall abhängig. Letztlich entscheidend ist immer eine Gesamtsicht der tatsächlichen Beeinträchtigung, es werden nicht einfach mehrere GdB-Werte aufaddiert. Die „Versorgungsmedizinischen Grundsätze“ können beim Bundesjustizministerium unter www.gesetze-im-internet.de/ versmedv/anlage_8.html eingesehen werden. Kündigungsschutz für Schwerbehinderte 64 Die Kündigung eines Schwerbehinderten bedarf in der Regel der vorherigen Zustimmung des Integrationsamts. Die Kündigungsfrist beträgt mindestens 4 Wochen. Schwerbehinderte haben Anspruch auf zusätzlich 5 bezahlte Urlaubstage im Jahr. Bei mehr oder weniger als 5 Arbeitstagen in der Woche erhöht bzw. vermindert sich der Zusatzurlaub entsprechend. Zusatzurlaub für Schwerbehinderte Gleichstellung behindert/schwerbehindert Für Personen mit einem GdB von weniger als 50, aber mindestens 30, gelten die gleichen gesetzlichen Regelungen wie für Schwerbehinderte, wenn sie infolge ihrer Behinderung keinen geeigneten Arbeitsplatz erlangen oder behalten können (§§ 2 Abs. 3, 68 Abs. 3 SGB IX). Gleichgestellte genießen wie Schwerbehinderte einen besonderen Kündigungsschutz. Sie haben jedoch im Gegensatz zu Schwerbehinderten keinen Anspruch auf einen Zusatzurlaub von 5 bezahlten Arbeitstagen im Jahr (§ 125 SGB IX) und auf vorgezogenes Altersruhegeld nach Vollendung des 60. Lebens jahres (Altersrente für Schwerbehinderte). Unterschiede Gleichgestellte bekommen keinen Schwerbehindertenausweis und keine „Erleichterungen im Personenverkehr“ (Öffentliche Verkehrsmittel). Praxistipp! Die Gleichstellung erfolgt durch die zuständige Agentur für Arbeit. Der Antrag muss unmittelbar bei der Agentur für Arbeit gestellt werden, unter Vorlage des Feststellungsbescheids des Versorgungsamts und eines Schreibens des Arbeitgebers, der den Behinderten als Schwerbehinderten einstellen bzw. weiterbeschäftigen würde. Die Gleichstellung wird mit dem Tag der Antragstellung wirksam. Sie kann befristet werden. 65 Schwerbehindertenausweis Der Schwerbehindertenausweis belegt Art und Schwere der Behinderung und muss vorgelegt werden, wenn Vergünstigungen für Schwerbehinderte beantragt oder in Anspruch genommen werden. Schwerbehinderte können je nach Grad der Behinderung und/oder Merkzeichen folgende Nachteilsausgleiche beanspruchen: • Merkzeichenabhängige Nachteilsausgleiche (siehe S. 70) • Nachteilsausgleiche abhängig vom Grad der Behinderung (siehe S. 68) Antrag Die Ausstellung eines Schwerbehindertenausweises erfolgt auf Antrag des Schwerbehinderten. Antragsformulare sind beim Versorgungsamt erhältlich. Praxistipps! Folgende Tipps helfen bei der Antragstellung: • Nicht nur die Grunderkrankung, sondern auch alle zusätzlichen Beeinträchtigungen (z. B. Sehfehler) und Begleiterscheinungen angeben. • Kliniken und Ärzte anführen, die am besten über die angeführten Gesundheitsstörungen informiert sind. Dabei unbedingt die dem Antrag beiliegenden Schweigepflichts entbindungen und Einverständniserklärungen ausfüllen, damit das Versorgungsamt bei den angegebenen Stellen die entsprechenden Auskünfte einholen kann. • Antragstellung mit dem behandelnden Arzt absprechen. Der Arzt sollte in den Befundberichten die einzelnen Auswirkungen der Erkrankung (z. B. körperliche Belastbarkeit) detailliert darstellen. Diese Kriterien, nicht allein die Diagnose, entscheiden über den Grad der Behinderung. • Bereits vorhandene ärztliche Unterlagen gleich bei Antrag stellung mit einreichen, z. B. Krankenhausentlassungsbericht, Kurbericht, alle die Behinderung betreffenden Befunde in Kopie. • Lichtbild beilegen. • Nach der Feststellung des Grades der Behinderung (GdB) bekommt der Behinderte vom Versorgungsamt einen sogenannten Feststellungsbescheid. Ab einem GdB von 50 besteht die Möglichkeit, einen Schwerbehindertenausweis zu bekommen. 66 Der Ausweis wird in der Regel für längstens 5 Jahre ausgestellt. Gültigkeitsdauer Ausnahme: Bei einer voraussichtlich lebenslangen Behinderung kann der Ausweis unbefristet ausgestellt werden. Verlängerung: Die Gültigkeit kann auf Antrag höchstens zweimal verlängert werden. Danach muss ein neuer Ausweis beantragt werden. Seit 1.1.2013 kann der Schwerbehindertenausweis als Identifikationskarte im Bankkartenformat ausgestellt werden. Über den genauen Zeitpunkt der Umstellung entscheidet jedes Bundesland selbstständig. Ab 1.1.2015 wird er nur noch in dieser Form ausgestellt. Alle alten Ausweise im Papierformat, die bis 31.12.2014 ausgestellt werden, gelten noch solange, bis ihre eingetragene Gültigkeitsdauer abläuft. Ausweis im Scheckkartenformat Verschlechtert sich der Gesundheitszustand eines Menschen mit Schwerbehindertenausweis oder kommt eine weitere dauer hafte Einschränkung dazu, dann sollte beim Versorgungsamt ein Antrag auf Erhöhung des Grades der Behinderung (GdB) gestellt werden. Der Vordruck für den Antrag wird auf Anfrage vom Versorgungsamt zugeschickt und es wird geprüft, ob ein neuer Schwerbehindertenausweis mit eventuell neuen Merkzeichen ausgestellt wird. Antrag auf Erhöhung Verschiedene Merkzeichen im Schwerbehindertenausweis kennzeichnen die Behinderung und signalisieren, welche Vergünstigungen der Behinderte erhält. Merkzeichen Es gibt folgende Merkzeichen: • Merkzeichen G: erhebliche Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr sowie erhebliche Geh- und/oder Stehbehinderung • Merkzeichen aG: außergewöhnliche Gehbehinderung • Merkzeichen H: hilflos • Merkzeichen Bl: blind oder hochgradig sehbehindert • Merkzeichen RF: Rundfunk- und Fernsehgebührenbefreiung • Merkzeichen B: ständige Begleitung bei Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel notwendig • Merkzeichen Gl: gehörlos und an Taubheit grenzende Schwerhörigkeit mit schwerer Sprachstörung 67 GdB-abhängige Nachteilsausgleiche Nachteilsausgleiche, die bei einem niedrigen GdB angeführt sind, gelten auch für alle höheren GdB. GdB 20 • Teilnahme am Behindertensport (§ 29 Abs. 1 Nr. 4 SGB I) GdB 30/40 • Gleichstellung (§ 2 Abs. 3 SGB IX) • Kündigungsschutz bei Gleichstellung (§ 68 Abs. 3 SGB IX) • Steuerfreibetrag (§ 33b EstG) –GdB 30: 310,– € –GdB 40: 430,– € GdB 50 • Schwerbehinderteneigenschaft (§ 2 Abs. 2 SGB IX) • Steuerfreibetrag: 570,– € (§ 33b EStG) • Bevorzugte Einstellung, Beschäftigung (§§ 81, 122 SGB IX) • Kündigungsschutz (§§ 85 ff SGB IX) • Begleitende Hilfe im Arbeitsleben (§ 102 SGB IX) • Freistellung von Mehrarbeit (§ 124 SGB IX) • Eine Arbeitswoche Zusatzurlaub (§ 125 SGB IX) • Altersrente mit 60/63 (§§ 37, 236a SGB VI) • Vorgezogene Pensionierung von Beamten mit 60 bzw. 62 (§ 52 BBG) • Stundenermäßigung bei Lehrern: bundeslandabhängig • Pflichtversicherung in der gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung für Behinderte in Werkstätten (SGB V u. SGB VI) • Beitragsermäßigung bei Automobilclubs, z. B. ADAC, DTC (Satzungen der Clubs) • Ermäßigung des Flugpreises für BVG-/SVG-Beschädigte (Passagetarife der Lufthansa) • Kfz-Finanzierungshilfen für Berufstätige (z. B. § 20 SchwbAV i. V. m. KfzHV) • Abzug eines Freibetrags bei der Einkommensermittlung im Rahmen der sozialen Wohnraumförderung bei Pflege bedürftigkeit nach § 14 SGB XI: 2.100,– € (§ 24 Wohnraumförderungsgesetz) • Freibetrag beim Wohngeld bei Pflegebedürftigkeit (§ 14 SGB XI): 1.200,– € (§ 13 Wohngeldgesetz) • Ermäßigung bei Kurtaxen (Ortssatzungen) 68 GdB 60 • Steuerfreibetrag: 720,– € (§ 33b EStG) GdB 70 • Steuerfreibetrag: 890,–– € (§ 33b EStG) • Werbungskostenpauschale: 0,30 €/km (§ 9 Abs. 2 EStG) • Abzugsbetrag für Privatfahrten: GdB 70 + Merkzeichen G: bis zu 3.000 km x 0,30 € = 900,– €(§ 33 EStG) GdB 80 • Steuerfreibetrag: 1.060,– € (§ 33b EStG) • Freibetrag beim Wohngeld bei Pflegebedürftigkeit (§ 14 SGB XI): 1.500,– € (§ 13 Wohngeldgesetz) • Abzug eines Freibetrags bei der Einkommensermittlung im Rahmen der sozialen Wohnraumförderung bei Pflegebedürftigkeit (§ 14 SGB XI): 4.500,– € (§ 24 Wohnraum förderungsgesetz) • Preisnachlass bei verschiedenen Mobilfunkbetreibern • Abzugsbetrag für Privatfahrten: GdB 70 + Merkzeichen G: bis zu 3.000 km x 0,30 € = 900,– € (§ 33 EStG) GdB 90 • Steuerfreibetrag: 1.230,– € (§ 33b EStG) • Sozialtarif beim Telefon: Bei Blindheit, Gehörlosigkeit oder Sprachbehinderung: Ermäßigung bei den Verbindungs entgelten bis zu 8,72 € netto monatl. im Rahmen des ISDNSozialtarifs und für Verbindungen im T-Net durch die Telekom, wenn diese dauerhaft als Verbindungsnetzbetreiber vorein gestellt ist GdB 100 • Steuerfreibetrag: 1.420,– € (§ 33b EStG) • Freibetrag beim Wohngeld: 1.500,– € (§ 13 Wohngeldgesetz) • Freibetrag bei der Erbschafts- und Schenkungssteuer in bestimmten Fällen (§ 13 Abs. 1 Nr. 6 ErbStG) • Vorzeitige Verfügung über Bausparkassen- bzw. Sparbeiträge (Wohnungsbau-Prämiengesetz bzw. Vermögensbildungsgesetz) • Abzug eines Freibetrags bei der Einkommensermittlung im Rahmen der sozialen Wohnraumförderung 4.500,– € (§ 24 Wohnraumförderungsgesetz) 69 Merkzeichenabhängige Nachteilsausgleiche Merkzeichen aG – außergewöhnlich gehbehindert • Unentgeltliche Beförderung im öffentlichen Nahverkehr nach Erwerb einer Wertmarke (§§ 145–147 SGB IX) • Kraftfahrzeugsteuerbefreiung (§ 3a Abs. 1 KraftStG) • Anerkennung der Kfz-Kosten für behinderungsbedingte Privatfahrten als außergewöhnliche Belastung: bis zu 15.000 km x 0,30 € = 4.500,– € (§ 33 EStG) • Kostenloser Fahrdienst in vielen Gemeinden und Landkreisen mit unterschiedlichen kommunalen Regelungen • Parkerleichterungen, Parkplatzreservierung (§ 46 Abs. 1 StVO) Merkzeichen B – Notwendigkeit ständiger Begleitung • Unentgeltliche Beförderung der Begleitperson im öffentlichen Nah- und Fernverkehr, ausgenommen bei Fahrten in Sonderzügen und Sonderwagen (§§ 145–147 SGB IX) • Unentgeltliche Beförderung der Begleitperson bei innerdeutschen Flügen der Lufthansa und der Regionalverkehrsgesellschaften. Details regeln die Tarife der Fluggesellschaften. • Unentgeltliche Beförderung von Begleitpersonen blinder Menschen im internationalen Eisenbahnverkehr (Internat. Personen- und Gepäcktarif TCV) Merkzeichen G – erheblich gehbehindert • Unentgeltliche Beförderung im öffentlichen Nahverkehr nach Erwerb einer Wertmarke (§§ 145–147 SGB IX) oder Kraftfahrzeugsteuerermäßigung (§ 3a Abs. 2 Satz 1 KraftStG) • Abzugsbetrag für behinderungsbedingte Privatfahrten bei einem GdB ab 70: bis zu 3.000 km x 0,30 € = 900,– € (§ 33 EStG) • Mehrbedarfserhöhung bei der Sozialhilfe: 17 % (§ 30 SGB XII) 70 Merkzeichen RF – Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht • Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht (§ 6 Abs. 1 RGebStV) • Sozialtarif beim Telefon: Ermäßigung bei den Verbindungsentgelten bis zu 6,94 € netto monatlich im Rahmen des ISDN-Sozialtarifs und für Verbindungen im T-Net durch die Deutsche Telekom, wenn diese dauerhaft als Verbindungs netzbetreiber voreingestellt ist • Bei zusätzlicher Blindheit, Gehörlosigkeit oder Sprachbehinderung mit einem GdB von mindestens 90 (Sprach behinderung allein GdB von 30): Vergünstigung von 8,72 € netto monatlich 71 72 ©flashpics_fotolia.com Rente 73 Erwerbsminderungsrente Der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN) und dem Krankheitsbezogenen Kompetenznetz Multiple Sklerose (KKNMS) zufolge führt die MS bei etwa einem Drittel der Patienten zu vorzeitiger Berentung (vgl. DGN/KKNMSLeitlinie zur Diagnose und Therapie der Multiplen Sklerose 27.06.2012). Erwerbsminderungsrente erhält, wer aus gesundheitlichen Gründen in seiner Arbeitsfähigkeit deutlich eingeschränkt ist. Die Rente muss beantragt werden, ist befristet und kann ver längert werden. Zuständig ist die Rentenversicherung. Die volle Erwerbsminderungsrente und die teilweise Erwerbs minderungsrente ersetzen die frühere „Rente wegen Berufs unfähigkeit“ und die „Rente wegen Erwerbsunfähigkeit“. Versicherungsrechtliche Voraussetzungen Medizinische Voraussetzungen 74 Folgende versicherungsrechtliche Voraussetzungen müssen erfüllt sein: • Erfüllung der Wartezeit (= Mindestversicherungszeit) von 5 Jahren. • in den letzten 5 Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung wurden 3 Jahre Pflichtbeiträge abgeführt. Anspruch auf die abgestufte Erwerbsminderungsrente besteht bis zum 65. Geburtstag. Seit 2012 wird die Altersgrenze schrittweise auf 67 Jahre angehoben. Für eine Erwerbsminderungsrente muss die Erwerbsfähigkeit eingeschränkt sein. Es wird unterschieden zwischen teilweise und voll erwerbsgemindert: • Teilweise erwerbsgemindert ist, wer aus gesundheitlichen Gründen auf nicht absehbare Zeit eine berufliche Tätigkeit von mindestens 3, aber weniger als 6 Stunden täglich unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes ausüben kann. • Voll erwerbsgemindert ist, wer aus gesundheitlichen Gründen auf nicht absehbare Zeit nur eine berufliche Tätigkeit von weniger als 3 Stunden täglich unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes ausüben kann. Wer aus gesundheitlichen Gründen nur noch eine Teilzeitarbeit von mindestens 3 Stunden, aber weniger als 6 Stunden ausüben kann und zugleich arbeitslos ist, gilt als voll erwerbsgemindert und erhält Rente wegen voller Erwerbsminderung. Versicherte, die vor dem 2.1.1961 geboren sind und in ihrem oder einem vergleichbaren Beruf nur noch weniger als 6 Stunden arbeiten können, bekommen eine teilweise Erwerbsminderungsrente wegen Berufsunfähigkeit, auch wenn sie auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt 6 und mehr Stunden arbeiten könnten (§ 240 SGB VI). Berufsschutz Die Abgestufte Erwerbsminderungsrente wird in allen Fällen nur auf Antrag gezahlt. Antrag Die Erwerbsminderungsrente ist in der Regel befristet. Befristung Sie wird für längstens 3 Jahre gewährt. Danach kann sie wiederholt beantragt werden. Unbefristet wird die Rente nur gewährt, wenn keine Verbesserung der Erwerbsminderung mehr absehbar ist; davon ist nach 9 Jahren auszugehen (§ 102 Abs. 2 SGB VI). Die Höhe der teilweisen bzw. der vollen Erwerbsminderungsrente wird individuell errechnet. Sie ist von mehreren Faktoren abhängig, z. B. Beitragszeiten, Beitragshöhe, Rentenartfaktor. Höhe Die monatliche Rentenhöhe (brutto) kann beim Renten versicherungsträger erfragt werden. Die Höhe der vollen Erwerbsminderungsrente (brutto) kann auch aus der jährlichen Renteninformation entnommen werden, in der Regel sind dabei die Rentenabschläge berücksichtigt. Praxistipps! Folgende Tipps helfen beim Antrag auf Rente: • Dem Rentenantrag sind zweckmäßige ärztliche Unterlagen (z. B. Befundbericht des Hausarztes) sowie alle Versicherungsnachweise beizufügen, damit er möglichst schnell bearbeitet werden kann. • Bei Notwendigkeit der Weiterführung der Rente ist ein neuer bzw. ein Verlängerungsantrag nötig. Im Antrag sind die Einschränkungen des Versicherten durch den Arzt möglichst genau zu beschreiben bzw. die Angaben aus dem Erstantrag zu bestätigen, falls keine Verbesserung eingetreten ist. • Der Versicherte kann dabei mithelfen, indem er sich selbst genau beobachtet bzw. sich von seiner Umgebung beobachten lässt, um festzustellen, worin er im Vergleich zu anderen Gleichaltrigen behindert/eingeschränkt ist. Die meisten Ärzte schätzen es sehr, wenn der Patient diese Aufzeichnungen mit zur Sprechstunde bringt. 75 Rentenabschläge Für jeden Bezugsmonat der Erwerbsminderungsrente, der vor dem 63. Geburtstag liegt, gibt es einen Rentenabschlag von je 0,3 %; der Abschlag beträgt aber höchstens 10,8 %. Das heißt: Bei einem Rentenbeginn vor dem 60. Lebensjahr beträgt der Abschlag immer 10,8 %, bei einem Rentenbeginn nach dem 63. Lebensjahr gibt es keinen Abschlag. Diese Rentenkürzung ist dauerhaft, d. h. sie fällt mit dem Eintritt in eine Altersrente nicht weg und führt nach dem Tod des Versicherten auch zu einer Kürzung der Hinterbliebenenrente. Vorgezogene Monate vor dem 63. Geburtstag Dauerhafte Kürzung der Rente um 1 Monat 0,3 % 2 Monate 0,6 % 3 Monate 0,9 % 4 Monate 1,2 % … … 33 Monate 9,9 % 34 Monate 10,2 % 35 Monate 10,5 % 36 Monate und mehr 10,8 % Seit 2012 wird diese Abschlagsgrenze schrittweise von 63 auf 65 Jahre angehoben. Der Rentenabschlag bleibt insgesamt auf 10,8 % begrenzt. Erwerbsminderungsrente und Selbstständigkeit Hinzuverdienst 76 Auch selbstständig Erwerbstätige können eine Erwerbs minderungsrente beanspruchen, wenn sie die versicherungsrechtlichen und medizinischen Voraussetzungen erfüllen. Die weitere Ausübung der selbstständigen Erwerbstätigkeit auf Kosten der Gesundheit ist rentenunschädlich. Das erzielte Einkommen ist dabei allerdings auf die Rente wegen Erwerbsminderung anzurechnen und kann den Rentenzahlbetrag mindern. Die volle Erwerbsminderungsrente wird nur dann ungekürzt ausgezahlt, wenn der Hinzuverdienst monatlich 450,– € nicht übersteigt. Bei höherem Hinzuverdienst wird die Rente nur noch in geringerer Höhe oder überhaupt nicht mehr ausgezahlt. Jede Erwerbstätigkeit ist dem Rentenversicherungsträger zu melden. Praxistipp! Bei der teilweisen Erwerbsminderungsrente kann die Berechnung der individuellen Hinzuverdienstgrenzen beim Rentenversicherungsträger oder z. B. bei einem Rentenberater (Rentenversicherung) durchgeführt werden. Wer hilft weiter? Auskünfte und Beratungsstellen vor Ort vermitteln die Rentenversicherungsträger, die auch individuelle Rentenberechnungen vornehmen. Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung Die Grundsicherung soll den grundlegenden Bedarf für den Lebensunterhalt von Menschen sicherstellen, die wegen Alters oder aufgrund voller Erwerbsminderung aus medizinischen Gründen endgültig aus dem Erwerbsleben ausgeschieden sind und deren Einkünfte für den not wendigen Lebensunterhalt nicht ausreichen. Leistungsberechtigt sind Menschen mit gewöhnlichem Aufenthalt in Deutschland, • die das 65. Lebensjahr vollendet haben oder • die das 18. Lebensjahr vollendet haben und wegen ihrer Krankheit dauerhaft voll erwerbsgemindert sind und ihren Lebensunterhalt nicht selbst aus ihrem Einkommen und Vermögen bestreiten können (wenn z. B. einer alleinlebenden Frau, abzüglich Miete und Heizkosten, weniger als 382,– € im Monat zur Verfügung stehen. Ob die Kosten für Miete und Heizung angemessen sind, wird immer individuell vom Grundsicherungsamt geprüft.). Voraussetzungen Für Personen, die nach dem 31.12.1946 geboren sind, wird seit 2012 die Altersgrenze für die Grundsicherung im Alter schrittweise auf 67 Jahre angehoben. Nicht leistungsberechtigt sind Personen, die ihre Bedürftigkeit in den letzten 10 Jahren vorsätzlich oder grob fahrlässig herbeigeführt haben. 77 Umfang und Höhe Die Grundsicherung ist abhängig von der Bedürftigkeit und entspricht in der Höhe der Hilfe zum Lebensunterhalt in der Sozialhilfe. Eine alleinlebende Frau könnte z. B. 382,– e plus Unterkunft und Heizung, Kranken- und Pflegeversicherung sowie eventuell einen Mehrbedarfszuschlag erhalten. Einkommen und Vermögen werden aber immer angerechnet. Sie umfasst hauptsächlich folgende Leistungen: • Den für den Antragsberechtigten maßgebenden Regelsatz der Sozialhilfe der Regelbedarfsstufe I. • Angemessene tatsächliche Aufwendungen für Unterkunft und Heizung. • Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge, wenn keine Pflichtversicherung besteht. • In Einzelfällen Mehrbedarfszuschläge, einmalige Leistungen und Hilfe zum Lebensunterhalt in Sonderfällen, insbesondere Übernahme von Mietschulden. • Von diesem Bedarf werden die eigenen Einkünfte abgezogen, die Differenz wird als Grundsicherung ausgezahlt. Sind die Einkünfte höher als der Bedarf, besteht kein Anspruch auf eine Grundsicherungsleistung. Die Grundsicherung wird in der Regel für 12 Kalendermonate bewilligt. Wer hilft weiter? Der Antrag wird beim zuständigen Sozialamt gestellt, es führt auch die individuellen Berechnungen durch. 78 Altersrente für Schwerbehinderte Schwerbehinderte (siehe S. 64) können bereits mit 63 Jahren in Rente gehen, wenn sie 35 Rentenversicherungsjahre vorweisen können. Zudem können sie ab 60 Jahren eine vorgezogene Altersrente beantragen, allerdings mit Abschlägen bis zu 10,8 %. Zu beachten ist, dass der Rentenanspruch auch weiter besteht, wenn während des Bezugs der Rente die Schwerbehinderung aufgehoben wird. Wer als Schwerbehinderter (Grad der Behinderung mindestens 50) anerkannt ist, hat bereits ab dem vollendeten 63. Lebensjahr Anspruch auf abschlagsfreie Altersrente für Schwerbehinderte, wenn er die Wartezeit (= Mindestversicherungszeit) von 35 Jahren erfüllt. Geburtsjahrgänge bis 1951 Bereits ab Vollendung des 60. Lebensjahres kann ein Schwer behinderter Altersrente beantragen, wenn er • die Wartezeit von 35 Jahren erfüllt und • die Hinzuverdienstgrenze von 450,– € monatlich nicht überschreitet - dies gilt nur bis zum 65. Geburtstag und • schwerbehindert mit einem Grad der Behinderung von mindestens 50 ist oder vor dem 1.1.1951 geboren und berufs- oder erwerbsunfähig ist. Rentenabschläge Die vorgezogene Altersrente für Schwerbehinderte ist niedriger als die Regelaltersrente. Für jeden Monat, den die Rente vor den 63. Geburtstag vorgezogen wird, wird die Rente um je 0,3 % gekürzt (siehe Tabelle, S. 76). Diese Rentenkürzung ist dauerhaft. Vertrauensschutz Versicherte, die vor dem 17.11.1950 geboren wurden und am 16.11.2000 bereits schwerbehindert bzw. berufs- oder erwerbsunfähig waren, genießen Vertrauensschutz, d. h.: Sie können die Altersrente für Schwerbehinderte nach Vollendung des 60. Lebensjahres ohne Rentenabschläge in Anspruch nehmen. 79 Geburtsjahrgänge bis 1952 Seit 2012 wird die Altersgrenze für eine abschlagsfreie, vorgezogene Altersrente für Schwerbehinderte beginnend mit dem Geburtsjahrgang 1952 schrittweise von 63 auf 65 Jahre angehoben. Gleichzeitig wird die Altersgrenze für die vorzeitige Inanspruchnahme dieser Rente von 60 auf 62 Jahre angehoben. Mit 62 ist dann ein Rentenabschlag von maximal 10,8 % in Kauf zu nehmen. Praxistipps! Der Antrag sollte innerhalb von 3 Monaten nach Ablauf des Monats, in dem die Rentenvoraussetzungen erfüllt werden, gestellt werden. Ansonsten wird Geld verschenkt. Antragsformulare gibt es bei den Rentenversicherungsträgern. Der Rentenanspruch besteht auch weiter, wenn während des Bezugs der Rente die Schwerbehinderung wieder aufgehoben wird. Wer hilft weiter? Auskünfte und Beratungsstellen vor Ort vermitteln die Rentenversicherungsträger, die auch individuelle Rentenberechnungen vornehmen. 80 ©MAST_fotolia.com Pflege Multiple Sklerose kann je nach Verlauf zu einer vorübergehenden oder dauerhaften Pflegebedürftigkeit führen. 81 Pflegebedürftigkeit Damit die Pflegekasse Leistungen übernimmt, müssen zwei Voraussetzungen erfüllt sein: • Die Pflegebedürftigkeit muss festgestellt werden und • die Vorversicherungszeit (in den letzten 10 Jahren mindestens 2 Jahre pflegeversichert) muss erfüllt sein. Definition „Pflegebedürftigkeit“ Pflegebedürftig ist, wer wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung für die gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen im Ablauf des täglichen Lebens auf Dauer, voraussichtlich für mindestens 6 Monate, in erheblichem oder höherem Maße der Hilfe bedarf. Die Schwere der Pflegebedürftigkeit wird in Pflegestufen (siehe S. 86) eingeteilt. Krankheiten/ Behinderungen Gewöhnliche und wiederkehrende Verrichtungen Krankheiten oder Behinderungen sind: • Verluste, Lähmungen oder andere Funktionsstörungen am Stütz- und Bewegungsapparat • Funktionsstörungen der inneren Organe oder der Sinnesorgane • Funktionsstörungen des zentralen Nervensystems, wie Antriebs-, Gedächtnis- oder Orientierungsstörungen, sowie endogene Psychosen, Neurosen oder geistige Behinderungen Gewöhnliche und wiederkehrende Verrichtungen im Ablauf des täglichen Lebens sind: • Körperpflege: Waschen, Baden, Zahnpflege, Kämmen, Rasieren, Darm- oder Blasenentleerung. • Ernährung: Mundgerechte Zubereitung und Aufnahme der Nahrung. • Mobilität: Selbstständiges Aufstehen und Zubettgehen, An- und Auskleiden, Gehen, Stehen, Treppensteigen, Verlassen und Wiederaufsuchen der Wohnung. • Hauswirtschaftliche Versorgung: Einkaufen, Kochen, Reinigen der Wohnung, Spülen, Wechseln und Waschen der Wäsche und Kleidung, Heizen. 82 Hilfe bedeutet: Unterstützung, Übernahme und Anleitung bzw. Beaufsichtigung. • Unterstützung bedeutet, dass der Pflegebedürftige grundsätzlich zur selbstständigen Erledigung einer Verrichtung in der Lage ist, jedoch zur Vorbereitung, Durchführung oder Nachbereitung ergänzende Hilfeleistungen der Pflegeperson benötigt. Beispiel: Infolge einer teilweisen Lähmung muss die Hand des rechten Arms zum Kämmen von einer anderen Person geführt werden. • Übernahme Teilweise Übernahme bedeutet, dass Hilfe bei einer teilweise selbstständig erledigten Verrichtung benötigt wird. Vollständige Übernahme bedeutet, dass die Pflegeperson die Verrichtung notwendigerweise selbst ausführt, da der Pflegebedürftige diese nicht selbst ausführen kann. • Anleitung oder Beaufsichtigung haben zum Ziel, dass die täglichen Verrichtungen in sinnvoller Weise vom Pflege bedürftigen selbst durchgeführt werden. Anleitung bedeutet, dass die Pflegeperson bei einer konkreten Verrichtung den Ablauf der einzelnen Handlungsschritte oder den ganzen Handlungsablauf lenken oder demonstrieren muss. Unterstützung, Übernahme, Anleitung Leistungen der Pflegeversicherung Die gesetzliche Pflegeversicherung tritt für die pflegerische Versorgung von Personen mit einer Pflegebedürftigkeit ein. Es gibt folgende Pflegeleistungen: • Häusliche Pflege Der Patient wird zu Hause gepflegt. • Teilstationäre Pflege Der Patient wird entweder tagsüber oder während der Nacht in einer Einrichtung versorgt. • Vollstationäre Pflege Der Patient lebt in einer Pflegeeinrichtung und wird dort vom Pflegepersonal versorgt. • Kurzzeitpflege Der Patient wird vorübergehend in einer Pflegeeinrichtung betreut. • Pflege in einer Behinderteneinrichtung Der behinderte Mensch wird in einer Behinderteneinrichtung rund um die Uhr versorgt. Leistungen zur Pflegeversicherung 83 Antrag auf Pflegeleistungen Wenn ein MS-Erkrankter pflegebedürftig ist und Leistungen der Pflegeversicherung erhalten möchte, muss er die Pflegeleistungen bei der Pflegekasse beantragen. Die Pflegekassen sind an die Krankenkassen angegliedert. Formulare für den Pflegeantrag sind bei der Pflegekasse erhältlich und können telefonisch angefordert werden. Das ausgefüllte Formular geht an die Pflegekasse. Die Pflegekasse beauftragt den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) mit der Prüfung der Pflegebedürftigkeit. Der MDK kommt zu einem Vor-Ort-Termin und begutachtet die Pflegesituation. Auf der Grundlage des Gutachtens legt die Pflegekasse die Pflegestufe fest. Die Pflegestufe entscheidet über die Höhe der Leistungen. Zeit der Antragstellung Zwischen Antragstellung und Genehmigung können mitunter mehrere Wochen vergehen. Falls in dieser Zeit bereits eine Pflegeperson notwendig ist, muss diese selbst bezahlt werden. Falls dazu kein Geld vorhanden ist: Vorübergehend kann beim Sozialamt „Hilfe zur Pflege“ beantragt werden. Liegen die Voraussetzungen vor, geht das Sozialamt in Vorleistung und rechnet dann bei Bewilligung des Pflegeantrags direkt mit der Pflegekasse ab. Wenn die Kosten vom Pflegebedürftigen vorerst selbst übernommen werden: Wird der Antrag genehmigt, übernimmt die Pflegekasse die Kosten im Nachhinein ab dem Datum der Antragstellung und bis zur Höhe der genehmigten Sachleistungen. Deshalb ist es wichtig, alle Belege aufzubewahren. Begutachtungsfristen bei Pflegeantrag Über einen Antrag zur Feststellung der Pflegebedürftigkeit muss die Pflegekasse innerhalb einer bestimmten Frist entscheiden. Die Frist ist abhängig vom Aufenthaltsort des Antragstellers und von der Beantragung von Pflegezeit. Die Frist beträgt • 5 Wochen, wenn sich der Antragsteller zu Hause befindet. • 2 Wochen, wenn sich der Antragsteller zu Hause befindet und ein Angehöriger Pflegezeit beantragt hat. • 1 Woche, wenn sich der Antragsteller im Krankenhaus, in einer stationären Reha-Einrichtung oder in einem Hospiz befindet, oder wenn er eine ambulante Palliativversorgung erhält. 84 Spätestens 5 Wochen nach dem Pflegeantrag muss die Pflegekasse dem Antragsteller ihre Entscheidung schriftlich mitteilen (§ 18 Abs. 3 SGB XI). Erteilt die Pflegekasse den schriftlichen Bescheid über den Antrag nicht innerhalb von 5 Wochen oder werden andere Begutachtungsfristen nicht eingehalten, muss die Pflegekasse seit 1.1.2013 für jede begonnene Woche der Fristüberschreitung unverzüglich 70,– € an den Antragsteller zahlen. Der Beginn der Leistungen durch die Pflegekasse hängt vom Datum der Antragstellung und vom Beginn der Pflege bedürftigkeit ab. Beginn der Leistungen Die Pflegekasse leistet • ab dem Datum der Antragstellung, wenn der Versicherte an diesem Tag seit weniger als einem Monat pflegebedürftig ist. • ab dem Ersten des Monats der Antragstellung, wenn der Versicherte am Tag der Antragstellung schon länger als einen Monat pflegebedürftig ist. • ab dem tatsächlichen Eintritt der Pflegebedürftigkeit, wenn der Antrag bereits gestellt wird, wenn die Pflegebedürftigkeit noch nicht vorliegt. Es ist sehr empfehlenswert, dass pflegende Angehörige vor dem Begutachtungstermin des MDK 1 bis 2 Wochen lang ein sogenanntes Pflegetagebuch führen. Pflegetagebuch Wenn dies aufgrund der aufwendigen Pflege des Patienten nicht möglich ist, reichen auch einige Tage. Dabei sollte möglichst der Aufwand an „guten“ und an „schlechten“ Tagen erfasst werden. In das Pflegetagebuch tragen alle an der Pflege beteiligten Personen ihre Pflegezeiten und Pflegetätigkeiten ein. Dabei wird minutengenau festgehalten, wie viel Zeit die einzelnen Tätigkeiten im Rahmen der Grundpflege und hauswirt schaftlichen Versorgung einnehmen. So bekommt der Pflegende einen Überblick über den gesamten Hilfebedarf und Zeitaufwand der täglichen Pflege. Praxistipp! Eine Musterseite eines Pflegetagebuchs zum Ausfüllen finden Sie im Anhang auf S. 128. Auf Anfrage ist ein Pflegetagebuch auch bei manchen Pflegekassen erhältlich. 85 Pflegestufen der Pflegeversicherung Die Pflegestufe ergibt sich aus der Schwere der Pflegebedürftigkeit und bedingt die Höhe der Leistungen der Pflegekasse. Pflegestufe I – erheblich Pflegebedürftige Hilfebedarf besteht einmal täglich für wenigstens zwei Verrichtungen aus den Bereichen Körperpflege, Ernährung oder Mobilität und zusätzlich mehrfach in der Woche bei der hauswirtschaftlichen Versorgung. Der Zeitaufwand eines Familienangehörigen oder einer anderen nicht als Pflegekraft ausgebildeten Pflegeperson beträgt für die Grundpflege und die hauswirtschaftliche Versorgung wöchentlich im Tagesdurchschnitt mindestens 90 Minuten. Davon müssen auf die Grundpflege mindestens 46 Minuten entfallen. Leistungen Pflegestufe I Pflegegeld 235,– Pflegegeld bei erheblichem allgemeinem Betreuungsbedarf 305,– Pflegesachleistungen 450,– Pflegesachleistungen bei erheblichem allgemeinem Betreuungsbedarf 450,– Kombinationsleistung Teilstationäre Tages- oder Nachtpflege 86 anteilig 450,– Stationäre Kurzzeitpflege (längstens 4 Wochen/Jahr) 1.550,– Vollstationäre Pflege 1.023,– Ersatzpflege, Verhinderungspflege durch Fachkräfte und nicht verwandte Laienhelfer (längstens 4 Wochen/Jahr 1.550,– Ersatzpflege durch verwandte Laienhelfer Pflegestufe II – schwer Pflegebedürftige E/mtl. 235,– Hilfebedarf besteht mindestens dreimal täglich zu ver schiedenen Tageszeiten für Verrichtungen aus den Bereichen Körperpflege, Ernährung oder Mobilität und zusätzlich mehrfach in der Woche bei der hauswirtschaftlichen Versorgung. Der Zeitaufwand eines Familienangehörigen oder einer anderen nicht als Pflegekraft ausgebildeten Pflegeperson beträgt für die Grundpflege und die hauswirtschaftliche Versorgung wöchentlich im Tagesdurchschnitt mindestens 3 Stunden. Davon müssen auf die Grundpflege mindestens 2 Stunden entfallen. Leistungen Pflegestufe II E/mtl. Pflegegeld 440,– Pflegegeld bei erheblichem allgemeinem Betreuungsbedarf 525,– Pflegesachleistungen 1.100,– Pflegesachleistungen bei erheblichem allgemeinem Betreuungsbedarf 1250,– Kombinationsleistung anteilig Teilstationäre Tages- oder Nachtpflege 1.100,– Stationäre Kurzzeitpflege (längstens 4 Wochen/Jahr) 1.550,– Vollstationäre Pflege 1.279,– Ersatzpflege, Verhinderungspflege durch Fachkräfte und nicht verwandte Laienhelfer (längstens 4 Wochen/Jahr) 1.550,– Ersatzpflege durch verwandte Laienhelfer 440,– Hilfebedarf besteht täglich rund um die Uhr, auch nachts, bei der Körperpflege, der Ernährung oder der Mobilität und zusätzlich mehrfach in der Woche bei der hauswirtschaftlichen Versorgung. Der Zeitaufwand eines Familienangehörigen oder einer anderen nicht als Pflegekraft ausgebildeten Pflegeperson für die Grundpflege und die hauswirtschaftliche Versorgung beträgt wöchentlich im Tagesdurchschnitt mindestens 5 Stunden. Davon müssen auf die Grundpflege mindestens 4 Stunden entfallen. Leistungen Pflegestufe III Pflegegeld E/mtl. 700,– Pflegesachleistungen 1.500,– Kombinationsleistung anteilig Teilstationäre Tages- oder Nachtpflege 1.550,– Stationäre Kurzzeitpflege (längstens 4 Wochen/Jahr) 1.550,– Vollstationäre Pflege 1.550,– Ersatzpflege, Verhinderungspflege durch Fachkräfte und nicht verwandte Laienhelfer (längstens 4 Wochen/Jahr) 1.550,– Ersatzpflege durch verwandte Laienhelfer Pflegestufe III – Schwerstpflegebedürftige 700,– 87 Härtefall Ein Härtefall liegt bei Erforderlichkeit eines außergewöhnlich hohen und intensiven Pflegeaufwands vor, der das übliche Maß der Pflegestufe III weit übersteigt. Dies ist z. B. dann der Fall, wenn Hilfe bei der Grundpflege mindestens 6 Stunden, davon mindestens dreimal in der Nacht, erforderlich ist oder mehrere Pflegepersonen notwendig sind. Leistungen Härtefall Höherstufung E Pflegesachleistungen monatlich 1.918,– Vollstationäre Pflege monatlich 1.918,– Die Einstufung in eine höhere Pflegestufe ist immer dann möglich, wenn sich der Pflegeaufwand erhöht. Dazu ist ein Antrag bei der Pflegekasse zu stellen und ein erneutes Fest stellungsverfahren über den MDK nötig, das auch als Wieder holungsgutachten bezeichnet wird. Als Wiederholungsgutachten gilt auch die Begutachtung im Auftrag der Pflegekasse, wenn diese den Hinweis erhält, dass die häusliche Pflege nicht mehr in ausreichender Weise gewährleistet ist. Praxistipp! Reicht der Pflegebedarf für die Pflegestufe I nicht aus, erhält der Hilfebedürftige prinzipiell keine Leistungen der Pflege versicherung. Ausnahmsweise kann es finanzielle Hilfen vom Sozialamt geben. An den vom MDK festgestellten Pflegebedarf ist das Sozialamt gebunden. Die hilfebedürftige Person sollte dann beim zuständigen Sozialamt einen Antrag auf Hilfe zur Pflege stellen. 88 ©Yamix_fotolia.com Pflegehilfsmittel Die Pflegeversicherung bezahlt bei Patienten, die zu Hause gepflegt werden, bestimmte Pflegehilfsmittel. Die Pflegehilfsmittel sind nicht zu verwechseln mit den Hilfs mitteln, deren Kosten die Krankenkasse übernimmt (siehe S. 55). Bei Pflegekassen oder in Sanitätshäusern ist ein Pflege hilfsmittelverzeichnis erhältlich, das über die Kostenübernahme informiert. Die meisten Produkte werden nicht doppelt als Hilfsmittel und als Pflegehilfsmittel aufgeführt. Ausnahmen bilden aber z. B. Bettschutzeinlagen, Krankenunterlagen, Pflegebetten oder Einmalhandschuhe. Der Arzt muss stets entscheiden, ob pflegerische Aspekte maßgebend sind oder der Erfolg einer Krankenbehandlung gesichert bzw. eine Behinderung ausgeglichen werden soll. Pflegehilfsmittel und technische Hilfen gehören im Rahmen der Pflegeversicherung zur häuslichen Pflege. Sie können in der Regel neben den anderen Leistungen der häuslichen Pflege gewährt werden. Auch Zuschüsse für Maßnahmen zur Verbesserung des Wohnumfeldes (siehe S. 104) zählen hierzu. Prinzipiell müssen die Vorversicherungszeit erfüllt und eine Pflegestufe festgestellt werden. Voraussetzungen 89 Kategorien Pflegehilfsmittel sind Hilfsmittel • zur Erleichterung der Pflege z.B. Pflegebetten und Zubehör, Pflegebett-Tische • zur Körperpflege/Hygiene z.B. Waschsysteme, Duschwagen, Bettpfannen, Urinflaschen • zur selbstständigen Lebensführung z.B. Hausnotrufsysteme • zur Linderung von Beschwerden z.B. Lagerungsrollen und -halbrollen • die zum Verbrauch bestimmt sind z.B. saugende Bettschutzeinlagen zum einmaligen Gebrauch, Schutzbekleidung, Desinfektionsmittel. Nicht zu den Pflegehilfsmitteln gehören Mittel des täglichen Lebensbedarfs, die allgemeine Verwendung finden und üblicherweise von mehreren Personen benutzt werden oder in einem Haushalt vorhanden sind. Kostenübernahme Die Versorgung mit Pflegehilfsmitteln erfolgt in der Regel durch Vertragspartner der Pflegekasse. Bezieht der Versicherte aufgrund eines berechtigten Interesses Pflegehilfsmittel bei einem anderen Leistungserbringer, der nicht Vertragspartner der Pflegekasse ist, muss der Versicherte die Mehrkosten selbst tragen. Um dies zu vermeiden, sollte sich der Versicherte vorab die Vertragspartner der Pflegekasse benennen lassen. Bei der Kostenübernahme ist zu unterscheiden zwischen Pflegehilfsmitteln, für die ein Festbetrag besteht, und Pflegehilfsmitteln ohne Festbetrag. • Pflegehilfsmittel mit Festbetrag. Die Kassen übernehmen die Kosten bis zur Höhe des Festbetrags. • Pflegehilfsmittel ohne Festbetrag beim Vertragspartner. Die Kassen übernehmen die Kosten bis maximal zur Höhe des vertraglich vereinbarten Preises. • Pflegehilfsmittel ohne Festbetrag bei Leistungserbringern, die nicht Vertragspartner der Pflegekasse sind. Die Kassen erstatten nur Kosten in Höhe des niedrigsten Preises einer vergleichbaren Leistung eines Vertragspartners. Kostenträger 90 Die Pflegekasse zahlt Pflegehilfsmittel nachrangig gegenüber anderen Hilfsmitteln, die bei Krankheit und Behinderung von den Krankenkassen, den Berufsgenossenschaften oder den Rentenversicherungsträgern geleistet werden. Das heißt: War beispielsweise bislang die Krankenkasse für einzelne Hilfsmittel zuständig, bleibt sie dies auch weiterhin, unabhängig davon, ob zur krankheitsbedingten Behinderung auch Pflegebedürftigkeit im Sinne des Pflegeversicherungs gesetzes hinzukommt. Der Antrag für die Kostenübernahme eines Pflegehilfsmittels kann ohne ärztliche Verordnung bei der Pflegekasse gestellt werden. Diese stellt eine Bestätigung über die Notwendigkeit der Pflegehilfsmittel aus. Unter Vorlage dieser Bestätigung erhält der Versicherte vom zugelassenen Leistungserbringer die benötigten Pflegehilfsmittel. Der Leistungserbringer verrechnet direkt mit der Pflegekasse. Versicherte ab dem 18. Geburtstag müssen für technische Hilfen folgende Zuzahlung leisten: • 10 % der Kosten des Hilfsmittels • maximal 25,– € je Hilfsmittel • Bei leihweiser Überlassung von technischen Pflegehilfsmitteln entfällt die Zuzahlung, es kann jedoch eine Leihgebühr anfallen. Zuzahlungen Wer hilft weiter? Bei weiteren Fragen helfen die Pflegekassen oder das Bürgertelefon des Bundesministeriums für Gesundheit: 030 3406066-02, Mo–Do von 8–18 Uhr und Fr von 8–15 Uhr. 91 92 ©Kzenon_fotolia.com Alltag und Familie MS ist eine Erkrankung, die eine Partnerschaft oder ein Familiensystem nachhaltig verändern kann. MS tritt überwiegend zwischen dem 20. und 40. Lebensjahr auf, also in den Jahren der persönlichen Entwicklung und Produktivität. Die Erkrankung beeinflusst die Lebensplanung deshalb sehr stark. 93 Partnerschaft Das Leben mit MS stellt eine Partnerschaft vor große Herausforderungen. Durch die MS-Erkrankung muss das gewohnte Leben oft völlig umstrukturiert werden. Die Rollenverteilung der Lebenspartner kann sich ändern, Aufgaben werden neu verteilt. Jemand der vorher berufs tätig war, führt z. B. zukünftig den Haushalt oder umgekehrt. Wichtig bei einer Neuausrichtung ist ein verständnisvoller, partnerschaftlicher Umgang. Die reduzierte Leistungsfähigkeit und Hilfebedürftigkeit des Erkrankten kann bei diesem zu Frustration, Wut und Niedergeschlagenheit führen. Dagegen kann der gesunde Partner sich überfordert und eingeengt fühlen, wenn er sich zu viele Aufgaben auflastet. Eine offene Kommunikation mit dem Partner ist deshalb sehr wichtig. Missverständnisse können dadurch verringert und das alltägliche Zusammenleben erleichtert werden. Um Konflikte und ein „BurnOut-Syndrom“ zu vermeiden, sollten rechtzeitig Ressourcen genutzt werden, z. B. durch Informationen und Unterstützung von professionellen Helfern und Selbsthilfeverbänden. Kinder von Eltern mit MS Wenn ein Elternteil erkrankt, machen sich Kinder verständlicherweise große Sorgen. Die durch die Erkrankung eines Elternteils bedingten Veränderungen im Zusammenleben können bei Kindern zu großer Verunsicherung führen. Kleinere Kinder haben Angst, dass Mama bzw. Papa sterben könnten oder fürchten sich davor, verlassen zu werden. Deshalb ist eine offene Kommunikation mit den Kindern über die MSErkrankung wichtig, um Ängste bei den Kindern abzubauen. Dabei sollten die Eltern auf eine altersgerechte Erklärung der Erkrankung achten. Bei Jugendlichen besteht die Gefahr, dass sie sich stark zurückziehen oder viel Ablenkung suchen. Ein ausweichendes Verhalten sollte aber nicht als ignorant betrachtet werden. Für Jugendliche ist es normal, dass sie zu gleichaltrigen Freunden dazugehören wollen und Angst haben, z. B. durch die Krankheit der Eltern, von der Norm abzuweichen. 94 Manche Jugendlichen neigen vielleicht auch dazu, im Familiensystem übermäßig viel Verantwortung im Haushalt oder bei der Versorgung des Erkrankten zu übernehmen und dadurch eigene Bedürfnisse und Interessen zurückstellen. Dabei ist daran zu denken, dass Teenager nicht die Verantwortung eines Erwachsenen übernehmen können, sondern eine altersgemäße Rolle in der Familie behalten sollten. Ansonsten besteht die Gefahr der Überforderung des Jugendlichen. Praxistipp! Ein gutes Infoportal für Kinder und Jugendliche zum Thema MS ist www.kinder-und-ms.de. Verantwortlich für die Inhalte sind der Bundesverband der Deutschen Multiple Sklerose Gesellschaft (DMSG) und AMSEL e.V., der Landesverband der DMSG in BadenWürttemberg. Sexualität Ein erfülltes Sexualleben gehört für die meisten Menschen zu einer glücklichen Partnerschaft oder einem aktiven Leben dazu. Viele MS-Betroffene haben aufgrund psychischer oder organischer Ursachen Problemen in der Sexualität. Die Diagnose MS stellt eine bestehende Partnerschaft auf die Probe. Wird es gelingen sich gemeinsamen den neuen Herausforderungen zu stellen und das Leben vielleicht anders zu gestalten, als eigentlich geplant? Wenn durch MS außerdem die Intimität leidet, kann die Beziehung zusätzlich belastet sein. Paare sollten sich allerdings stets vergegenwärtigen, dass sich auch bei gesunden Menschen Probleme im Sexualleben einstellen und nicht jede Schwierigkeit auf MS zurückzuführen ist. Auch Stress und Druck in der Arbeit oder anhaltende Müdigkeit können die Ursache sein. Lernt ein Betroffener einen neuen Partner kennen, kommt die Frage auf, ob und wann er diesem von seiner Erkrankung erzählen soll. Dies ist allerdings stark von den individuellen Bedürfnissen und der Situation abhängig. Hier sollte sich der Betroffene auf sein Gefühl verlassen. Befürchtungen, dass sexuelle Aktivität für den Erkrankten schädlich ist oder sogar einen Schub auslösen könnte, sind aus medizinischer Sicht unbegründet. Intimität 95 Mögliche Probleme Lustempfinden und Sexualität sind komplexe Bereiche und können durch MS auf mehreren Ebenen beeinflusst werden. Folgende Einschränkungen im genitalen Bereich können auftreten: Bei Frauen • Verminderte Empfindung oder Missempfindungen im Bereich der Scheide • Trockenheit der Scheide • Schwierigkeiten einen Orgasmus zu erreichen • Verringerung/Verlust des Lustempfindens (Libido) Bei Männern • Störung oder Verlust der Erektionsfähigkeit • Verringertes Empfinden im Glied • Störung oder Verlust des Ejakulationsvermögens • Verringerung/Verlust des Lustempfindens (Libido) Zudem können weitere körperliche Einschränkungen Auswirkungen auf das Sexualleben haben: • Gesteigerte Muskelspannungen (Spasmen) in den Oberschenkeln • Blasen- und Darmstörungen (Inkontinenzprobleme) • Fehlende Energie durch Müdigkeit/Fatigue • Geringeres sexuelles Verlange durch Medikamente Die psychische Verfassung spielt eine große Rolle für ein erfülltes Sexualleben. MS-Erkrankte sind häufig mit folgenden Problemen konfrontiert: • Seelische Belastungen •Depressionen • Negatives Körpergefühl durch krankheitsbedingte optische und funktionale Veränderungen • Rückzug wegen des Gefühls, als Sexualpartner nicht attraktiv zu sein • Kein gleichberechtigtes Partnerschaftsgefühl durch Verschiebung von Rollen Umgang und Hilfe Die Diagnose MS bedeutet nicht, dass Nähe und Intimität mit einem Partner nicht mehr möglich sind. Es gibt verschiedene Wege, sich einer gemeinsamen Sexualität anzunähern. Zudem ist der Geschlechtsakt nicht die einzige Form, gegenseitige Zuneigung und Liebe auszudrücken. Von zentraler Bedeutung ist eine offene Kommunikation mit dem Partner. Gegebenenfalls kann auch ein Sexualtherapeut Unterstützung bieten. 96 Mit Hilfe des Arztes, z. B. Hausarzt, Neurologe, Gynäkologe oder Urologe, kann der Betroffene herauszufinden, ob die Ursachen für sexuelle Störungen organisch oder psychisch sind, und ob eine Behandlung mit speziellen Medikamenten oder die Verwendung von mechanischen Hilfen sinnvoll ist. Oft hilft es schon, auf das richtige Timing zu achten: z. B. bei verfrühter Müdigkeit sexuelle Aktivität eher nicht auf den Abend zu legen oder bei Blasenstörungen vor dem Geschlechtsverkehr bewusst weniger zu trinken. Betroffene sollten sich auch nicht scheuen, einen Psycho therapeuten (siehe S. 107) zu kontaktieren, wenn die psychische Verfassung eine der Hauptursachen für ein nicht zufrieden stellendes Sexualleben ist. Kinderwunsch mit MS Die MS-Erkrankung beginnt meist im jungen Erwachsenenalter. Das Thema „Familienplanung“ spielt daher bei vielen Betroffenen eine große Rolle. Die Erkrankung ist kein genereller Hinderungsgrund für eine Schwangerschaft. Eine genaue Abstimmung mit dem Neurologen ist aber in jedem Fall erforderlich. Multiple Sklerose ist keine Erbkrankheit. Für das Kind steigt lediglich das Risiko an MS zu erkranken. Folgendes sollte im Vorfeld einer Schwangerschaft überlegt werden: • Eine Schwangerschaft sollte nur in körperlich stabilem Zustand angestrebt werden, möglichst auch nicht nach einem gerade überstandenen Schub. • Da der Verlauf der MS-Erkrankung schwer abzuschätzen ist, sollte sich eine Betroffene klar darüber sein, dass die körperliche Belastbarkeit abnehmen und Einschränkungen, beispielsweise motorischer Art, nach einem Schub bleiben können. Daher sind eine stabile Partnerschaft und ein festes soziales Umfeld Faktoren, die Sicherheit geben. Das Kind sollte auch dann betreut und versorgt werden können, wenn dies der eigene Gesundheitszustand momentan oder auf längere Sicht nicht ermöglicht. • Vor einer Schwangerschaft sollte unbedingt mit dem behandelnden Arzt abgeklärt werden, ob eine Dauer medikation während der Schwangerschaft beibehalten werden kann oder bestimmte Medikamente abgesetzt werden müssen. 97 Haushaltshilfe Eine Haushaltshilfe ist eine fremde oder verwandte Person, die die tägliche Arbeit im Haushalt erledigt. Sie übernimmt alle zur Weiterführung des Haushalts notwendigen Arbeiten, z. B. Einkauf, Kochen, Waschen oder Kinderbetreuung. Die Kosten werden in der Regel dann übernommen, wenn die haushaltsführende Person ins Krankenhaus muss und zu Hause Kinder unter 12 Jahren zu versorgen sind. Voraussetzungen Haushaltshilfe kann eine Leistung der Krankenversicherung oder der Rentenversicherung sein, bei Geringverdienenden oder nicht Versicherten auch eine Leistung der Sozialhilfe, die sich dabei an den Leistungen der Krankenversicherung orientiert. Die Krankenkasse oder die Rentenversicherung stellt eine Haushaltshilfe, wenn: • die Weiterführung des Haushalts nicht möglich ist wegen Krankenhausbehandlung, medizinischer Vorsorgeleistungen, häuslicher Krankenpflege oder Medizinischer Rehabilitation und • ein Kind im Haushalt lebt, das bei Beginn der Haushaltshilfe das 12. Lebensjahr noch nicht vollendet hat oder das behindert und auf Hilfe angewiesen ist, z. B. für Ernährung, Körperpflege, seelische Betreuung und • keine im Haushalt lebende Person (auf Volljährigkeit kommt es nicht an) den Haushalt weiterführen kann, z. B. wegen sehr hohem Alter, schlechtem Gesundheitszustand, des Umfangs der Haushaltsführung. Wichtig ist hierbei, dass sich die andere im Haushalt lebende Person (z. B. der Ehepartner oder ältere Kinder) nicht wegen der Weiterführung des Haushalts von ihrer Berufstätigkeit, Berufs- oder Schulausbildung beurlauben lassen muss, d. h. der Haushaltsangehörige kann seine eigene berufliche oder schulische Rolle beibehalten. Praxistipps! Der gesetzliche Grundanspruch auf die Kostenübernahme für eine Haushaltshilfe besteht, wenn ein Kind unter 12 Jahren im Haushalt lebt. Viele Krankenkassen weichen von diesem Grundanspruch durch individuelle Satzungsleistungen zu Gunsten ihrer Versicherten ab und bezahlen die Haushaltshilfe auch, wenn die Kinder älter sind oder in Einzelfällen sogar, wenn gar keine Kinder mehr im Haushalt leben. 98 Es sollte individuell mit der Krankenkasse abgeklärt werden, in welchem Umfang die Kostenübernahme für eine Haushaltshilfe in der Satzung festgelegt ist. Anspruch auf Haushaltshilfe besteht auch bei Mitaufnahme der haushaltsführenden Person als Begleitperson ins Krankenhaus. Zudem müssen die weiteren Voraussetzungen (siehe S. 98) vor liegen. Wurde der Antrag auf eine Haushaltshilfe abgelehnt und leben Kinder im Haushalt, deren Versorgung infolge der Erkrankung der Mutter/des Vaters nicht gewährleistet ist, kann beim Jugendamt ein Antrag auf ambulante Familienpflege gestellt werden. Sachleistungserbringung Vorrangig erbringen die Krankenkassen und die Renten versicherungsträger eine Sachleistung, d. h.: Sie bezahlen eine Haushaltskraft einer Vertragsorganisation, die sich der Versicherte in der Regel selbst aussuchen kann. Leistungsumfang Die Krankenkassen haben mit geeigneten Organisationen (z. B. Trägern der freien Wohlfahrtspflege, ambulanten Pflegediensten oder Sozialstationen) Verträge über die Erbringung von Haushaltshilfe geschlossen. Haushaltshilfekräfte dieser Vertrags organisationen erbringen die Leistung und rechnen dann direkt mit der Krankenkasse ab. Selbst beschaffte Haushaltshilfe Wenn die Sachleistungserbringung nicht möglich ist, werden die Kosten für eine selbst beschaffte Haushaltshilfe in angemessener Höhe, d. h. in Anlehnung an das tarifliche oder übliche Entgelt einer Haushaltshilfe, von Krankenkasse oder Berufsgenossenschaft übernommen. Dies muss unbedingt vorher mit dem Leistungsträger abgesprochen und von diesem genehmigt sein. Für Verwandte und Verschwägerte bis zum 2. Grad, d. h.: Eltern, Kinder, Großeltern, Enkelkinder, Geschwister, Stiefeltern, Stiefkinder, Stiefenkelkinder, Schwiegereltern, Schwiegerkinder, Großeltern des Ehepartners, Schwager/Schwägerin, kann es lediglich eine Erstattung der Fahrkosten und des Verdienstausfalls geben (siehe unten), nicht aber eine Kostenerstattung für eine selbst beschaffte Haushaltshilfe. Fahrtkosten, Verdienstausfall Die Krankenkassen und die Rentenversicherungsträger können die erforderlichen Fahrtkosten und den Verdienstausfall für Verwandte und Verschwägerte bis zum 2. Grad erstatten. Den Verdienstausfall muss der Arbeitgeber bestätigen. Ein entsprechendes Formular gibt es bei den Kostenträgern. 99 Anderweitige Unterbringung Ausnahmsweise können die zuständigen Kostenträger anstelle der Haushaltshilfe die Kosten für die Mitnahme oder ander weitige Unterbringung der Kinder bis zur Höhe der Haushalts hilfe-Kosten übernehmen, soweit darunter der Reha-Erfolg nicht leidet. Dies gilt vornehmlich bei Gewährung der Haushaltshilfe-Leistung durch die Rentenversicherung (§ 54 Abs. 2 SGB IX). Zuzahlung Die Zuzahlung beträgt 10 % der Kosten pro Kalendertag, jedoch mindestens 5,– € und höchstens 10,– €. Eine Befreiung von der Zuzahlung ist bei Erreichen der Belastungsgrenze möglich (siehe S. 56). Wer hilft weiter? Antragsformulare für eine Haushaltshilfe gibt es bei den Krankenkassen, den Berufsgenossenschaften und den Renten versicherungsträgern. Sie beraten auch bei Detailfragen und geben individuelle Auskünfte. 100 Häusliche Krankenpflege Häusliche Krankenpflege bedeutet, dass ein Patient zu Hause von Fachpersonal versorgt wird. Neben der medizinischen Versorgung kann das auch die Körperpflege, Ernährung, Mobilität und den Haushalt des Patienten umfassen. Die häusliche Krankenpflege wird in der Regel von der Krankenkasse finanziert und ist nicht zu verwechseln mit der „häuslichen Pflege“ der Pflegeversicherung (siehe S. 83). Die Krankenversicherung stellt unter bestimmten Voraus setzungen eine häusliche Krankenpflege oder übernimmt die Kosten dafür. In Einzelfällen tritt die Krankenhilfe des Sozialhilfeträgers für die Kosten ein. Häusliche Krankenpflege kann verordnet werden, wenn: • eine Krankenhausbehandlung erforderlich, aber nicht ausführbar ist (z. B. Patient verweigert aus nachvollziehbaren Gründen die Zustimmung zur Krankenhauseinweisung) oder • eine Krankenhausbehandlung vermieden oder verkürzt wird. In beiden Fällen handelt es sich um die sogenannte Kranken hausvermeidungspflege, oder • sie zur Sicherung des ärztlichen Behandlungszieles erforderlich ist (z. B. falls der Arzt Injektionen im nötigen Umfang nicht selbst vornehmen kann). In diesem Fall handelt es sich um die sogenannte Sicherungspflege. und • keine im Haushalt lebende Person den Patient im erforderlichen Umfang pflegen und versorgen kann. Praxistipp! Einige Krankenkassen weichen durch individuelle Satzungsleistungen vom gesetzlichen Grundanspruch zu Gunsten ihrer Versicherten ab und übernehmen freiwillig die Kosten für eine häusliche Krankenpflege, auch wenn oben genannte Voraussetzungen nicht vorliegen. Dies ist individuell mit der zuständigen Krankenkasse zu klären. Ist die Krankenkasse der Kostenträger, wird die häusliche Krankenpflege an geeigneten Orten erbracht, an denen sich der Patient regelmäßig aufhält, z. B.: • in der Wohnung des Patienten. • in betreuten Wohnformen, z. B. Wohngemeinschaften. • in Schulen und Kindergärten. • bei besonders hohem Pflegebedarf in Werkstätten für Behinderte. • bei besonders hohem Bedarf an medizinischer Behandlungspflege (für mindestens 6 Monate) ausnahmsweise in Heimen. Ort der Pflege 101 Dauer Die Krankenhausvermeidungspflege ist bis zu 4 Wochen je Krankheitsfall möglich. In medizinisch begründeten Fällen (Prüfung durch MDK) auch länger. Bei der Sicherungspflege ist keine zeitliche Begrenzung durch den Gesetzgeber vorgegeben, jedoch ist die Dauer von der Satzung der Krankenkasse abhängig. Umfang Die Krankenhausvermeidungspflege umfasst: •Behandlungspflege •Grundpflege • Hauswirtschaftliche Versorgung Die Sicherungspflege umfasst: •Behandlungspflege. • Grundpflege nur, wenn dies in der Satzung des Kostenträgers geregelt ist. • Hauswirtschaftliche Versorgung nur, wenn dies in der Satzung des Kostenträgers geregelt ist. Leistungsinhalte Behandlungspflege bedeutet: • medizinische Hilfeleistungen, z. B. Verabreichung von Medikamenten, Anlegen von Verbänden, Injektionen, Messen der Körpertemperatur, Spülungen und Einreibungen oder • verrichtungsbezogene krankheitsspezifische Pflegemaßnahmen z. B. An- und Ausziehen von Kompressionsstrümpfen der Klasse 2, Sekret absaugen oder Wechseln einer Sprechkanüle. Auch wenn sie bereits im Hilfebedarf bei der Feststellung der Pflegebedürftigkeit in der Pflegeversicherung berücksichtigt worden sind, sind diese verordnungsfähig. Grundpflege bedeutet: pflegerische Leistungen nichtmedizinischer Art, z. B. Körperpflege, Ernährung, Mobilität. Hauswirtschaftliche Versorgung bedeutet: z. B. Einkaufen, Kochen, Putzen, Spülen, Waschen, Heizen. Praxistipp! Voraussetzung für eine Kostenübernahme der Häuslichen Kranken pflege durch die Krankenkasse ist, dass auf der Verordnung des Arztes Behandlungspflege verordnet ist. Grundpflege und hauswirtschaftliche Versorgung ohne Notwendigkeit von Behandlungspflege wird nicht übernommen. Verordnung 102 Die Verordnung einer häuslichen Krankenpflege erfolgt in der Regel durch einen Vertragsarzt, z. B. den Hausarzt. Hält ein Krankenhausarzt bei Entlassung eines Patienten eine häusliche Krankenpflege für erforderlich, so kann er diese anstelle des Vertragsarztes für maximal 3 Tage verordnen. Der Krankenhausarzt sollte vor der Entlassung den weiter behandelnden Vertragsarzt darüber informieren. Versicherte ab dem 18. Geburtstag zahlen 10 % der Kosten pro Tag für längstens 28 Tage im Kalenderjahr sowie 10,– € pro Verordnung. Zuzahlung Vorrangig erbringen die Krankenkassen eine Sachleistung, d. h.: Sie bezahlen eine Pflegekraft einer Vertragsorganisation, die sich der Versicherte in der Regel selbst aussuchen kann. Sachleistungserbringung Die Krankenkassen haben mit geeigneten Organisationen (z. B. Trägern der freien Wohlfahrtspflege, ambulanten Pflegediensten oder Sozialstationen) Verträge über die Erbringung von häuslicher Krankenpflege geschlossen. Pflegekräfte dieser Vertragsorganisationen erbringen die Leistung und rechnen dann direkt mit der Krankenkasse ab. Wenn die Sachleistungserbringung nicht möglich ist, werden die Kosten der Pflegekräfte der Sozialstationen, Kranken pflegevereine etc. von der Krankenkasse übernommen. Dies muss unbedingt vorher mit dem Leistungsträger abgesprochen und von diesem genehmigt sein. Die Krankenkassen erstatten die Kosten für eine selbst beschaffte Kraft in angemessener Höhe (d. h. in Anlehnung an das tarifliche oder übliche Entgelt einer Pflegekraft), falls: • die Krankenkasse keine Kraft für die häusliche Krankenpflege stellen kann, z. B. wenn die Kapazität der von der Krankenkasse eingestellten Pflegekräfte erschöpft ist. • die selbst beschaffte Pflegekraft geringere Kosten verursacht. • die zu pflegende Person aus nachvollziehbaren Gründen nur eine bestimmte, selbst ausgewählte Kraft akzeptiert. Diese Kraft muss geeignet sein, pflegerische Dienste zu erbringen, was allerdings nicht notwendigerweise eine abgeschlossene Ausbildung voraussetzt. Ausnahme Der Gemeinsame Bundesausschuss hat zur Häuslichen Krankenpflege Richtlinien erstellt. Diese können Sie unter www.g-ba.de > Informations-Archiv > Richtlinien downloaden. Richtlinien Wer hilft weiter? Krankenkassen beantworten weitere Fragen zur Häuslichen Krankenpflege. 103 Wohnumfeldverbesserung Maßnahmen zur Verbesserung und Anpassung des Wohn umfelds eines Pflegebedürftigen erleichtern oder ermöglichen die Pflege oder die selbstständige Lebensführung zu Hause. Die Zuschüsse leistet die Pflegekasse, da diese Maßnahmen zu den Pflegehilfsmitteln (siehe S. 89) zählen. Voraussetzungen Prinzipiell müssen die Vorversicherungszeit erfüllt, eine Pflegestufe festgestellt und die Maßnahmen bei der Pflegekasse beantragt werden. Voraussetzung für die Gewährung eines Zuschusses ist, dass die vorgesehenen Maßnahmen die häusliche Pflege ermöglichen oder erheblich erleichtern oder dass eine möglichst selbst ständige Lebensführung des Pflegebedürftigen wiederhergestellt, also die Abhängigkeit von der Pflegekraft verringert wird. Es muss sich um Maßnahmen in der Wohnung des Pflege bedürftigen handeln oder um Maßnahmen in dem Haushalt, in dem der Pflegebedürftige aufgenommen ist und gepflegt werden soll. Gegebenenfalls schaltet die Pflegekasse den MDK zur Begut achtung der häuslichen Pflegesituation ein. Dieser stellt vor Ort fest, ob entsprechende Mängel für die Pflegesituation und Sicherheitsrisiken vorliegen und ob die Wohnraumanpassung dabei hilft, einen Umzug in ein Heim zu verhindern. Die Entscheidung, ob und in welcher Höhe ein Zuschuss zur Verbesserung des Wohnumfeldes gewährt wird, liegt im Ermessen der Pflegekasse. Bezuschussungsfähige Maßnahmen Beispiele bezuschussungsfähiger Maßnahmen sind: • Einbau einer Dusche • Einbau und Anbringung von Treppenliften •Türverbreiterungen • Installation von Wasseranschlüssen • Ein- und Umbau von Mobiliar entsprechend der individuellen Erfordernisse der Pflegesituation Zu den Kosten zählen auch statische Gutachten, Antrags gebühren, Kosten der Bauüberwachung, nachgewiesene Fahrtkosten und der Verdienstausfall von am Bau mithelfenden Angehörigen und Bekannten. 104 Die Zuschusshöhe beträgt maximal 2.557,– € je Maßnahme. Höhe Der Eigenanteil des Pflegebedürftigen beträgt: • 10 % der Kosten der Maßnahme, • höchstens jedoch 50 % seiner monatlichen Bruttoeinnahmen zum Lebensunterhalt. Selbstbeteiligung/ Eigenanteil Reichen die Leistungen der Wohnumfeldverbesserungen für die notwendigen Umbaumaßnahmen nicht aus, können Leistungen auch im Rahmen der Eingliederungshilfe über das örtliche Sozialamt beantragt werden. Dabei dürfen allerdings bestimmte Einkommensgrenzen nicht überschritten werden. Eingliederungshilfe Bevor der Versicherte eine Wohnumfeldanpassung durchführen lässt, die von der Pflegekasse finanziert werden soll, ist ein Antrag zu stellen. Es kann sein, dass die Pflegekasse mehrere Kostenvoranschläge verlangt, bis sie die Maßnahme genehmigt. Wenn eine Wohnumfeldverbesserung durchgeführt wird, und der Versicherte erst danach mit der Rechnung zur Pflegekasse geht, wird kein Zuschuss gewährt. Antrag Wer hilft weiter? Viele Städte und Gemeinden haben Beratungsstellen für Wohnraumanpassung und barrierefreies Wohnen. Meistens sind diese Stellen der Behinderten- oder Seniorenberatung angeschlossen. In manchen Fällen kommen die Berater auch in die Wohnung des Pflegebedürftigen, um gemeinsam zu sehen, welche Veränderung sinnvoll und durchführbar ist. 105 ©drubig.photo_fotolia.com Depressionen Bei etwa der Hälfte der MS-Patienten kann es im Krankheitsverlauf zu einer Depression kommen. Dabei handelt es sich um eine psychische Erkrankung, die die Stimmung, das Denken, das Verhalten und die Körperfunktionen der Betroffenen tiefgreifend verändert. Depressionen haben sehr unterschiedliche seelische und körper liche Auswirkungen. Die häufigsten Symptome sind gedrückte Stimmung und Antriebslosigkeit, d. h.: die Unfähigkeit, sich zu irgendwelchen Handlungen aufzuraffen. Gesunde Traurigkeit Nicht zu verwechseln sind Depressionen mit vorübergehenden Phasen von Niedergeschlagenheit oder Antriebsschwäche, die fast jeder kennt. Oft folgen solche Phasen auf die Diagnose MS. Patienten brauchen Zeit, um sich an die neuen Heraus forderungen der Multiplen Sklerose zu gewöhnen. Mit der Krankheit Depression hat das nichts zu tun, solange die Phase der Traurigkeit bald wieder vorüber ist und ihren Zweck erfüllt hat, nämlich dass der Betroffene wieder Mut und Kraft hat. Einige Menschen kommen mit den Veränderungen durch die MS-Erkrankung ohne fremde Hilfe zu Recht. In vielen Fällen, vor allem, wenn noch andere belastende Ereignisse dazu kommen, kann es sinnvoll sein sich psychologische Hilfe zu suchen. Die meisten Depressionen können durch Behandlung mit Medikamenten und eventuell begleitende Psychotherapie (siehe S. 107) geheilt werden. 106 Psychotherapie Bei psychischen Störungen mit Krankheitswert übernimmt die Krankenkasse die Kosten bestimmter psychotherapeu tischer Behandlungen (im Sinne einer Krankenbehandlung). Für eine Psychotherapie ist keine Überweisung durch einen Arzt erforderlich. Der gewählte Psychotherapeut muss allerdings eine Kassenzulassung haben, damit die Krankenkasse die Kosten übernimmt. Der Patient kann sich seinen Therapeuten selbst aussuchen und zum Test 5 Probestunden machen, bei einer analytischen Psychotherapie bis zu 8, bevor er entscheidet, ob er dort die Therapie durchführen möchte. Probesitzungen Nach diesen Probesitzungen, auf jeden Fall bevor die eigentliche Therapie beginnt, muss ein Arzt, z. B. Hausarzt, Internist oder Neurologe, aufgesucht werden, um abzuklären, ob eventuell eine körperliche Erkrankung vorliegt, die zusätzlich medizinisch behandelt werden muss. Dieser Arztbesuch ist jedoch nur nötig, wenn es sich bei dem behandelnden Therapeuten um einen psychologischen Psychotherapeuten handelt. Handelt es sich um einen ärztlichen Psychotherapeuten, erübrigt sich dieser Arztbesuch. Praxistipps! In den meisten Geschäftsstellen der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) auf Länderebene gibt es Vermittlungsstellen für psycho therapeutische Behandlungen. Unter www.kbv.de stehen die Internetadressen der Kassenärztlichen Vereinigungen. Dort gibt es unter dem Stichwort „Arztsuche“ ein Verzeichnis der Ärzte aller Fachrichtungen, auch der psychologischen Psychotherapeuten vor Ort. Einige KVen haben eine sogenannte „Koordinationsstelle Psycho therapie“ eingerichtet. Diese informieren Patientinnen über unterschiedliche Therapiemöglichkeiten und -formen. Außerdem werden dort freie Psychotherapieplätze vermittelt. Falls ein Patient nachweisen kann, dass erst nach mehrmonatiger Wartezeit ein Therapieplatz in der Region frei wird, kann die Krankenkasse auf Antrag auch die Therapie bei einem Psychotherapeuten mit Berufszulassung, jedoch ohne Kassenzulassung genehmigen. Daher sollte eine Liste der vergeblichen Suche mit 107 Namen der Psychotherapeuten, Anrufdatum und Wartezeit angefertigt und bei der Krankenkasse vorgelegt werden. Diese prüft jedoch selbst nach, ob tatsächlich kein Platz bei Therapeuten, mit denen Verträge bestehen, zu bekommen ist. Erst wenn die Genehmigung der Krankenkasse vorliegt, kann die Therapie dort begonnen werden. Antragsverfahren Der Patient muss bei seiner Krankenkasse einen Antrag auf Feststellung der Leistungspflicht für Psychotherapie stellen. Hierzu teilt der behandelnde Psychotherapeut der Krankenkasse die Diagnose mit, begründet die Indikation und beschreibt Art und Dauer der Therapie. Derzeit anerkannt sind psychoanalytisch begründete Verfahren und Verhaltenstherapie. Zu den anerkannten psychoanalytisch begründeten Verfahren zählen die tiefenpsychologisch fundierte und die analytische Psychotherapie. Für andere Therapien übernehmen die Kassen die Kosten nur im Einzelfall. Vereinfachte Unterscheidung zwischen „psychoanalytisch“ und „verhaltenstherapeutisch“: Psychoanalytisch begründete Verfahren setzen sich eher mit dem Unbewussten auseinander, um aktuelle Konflikte zu bearbeiten. Sie beschäftigten sich mit der Vergangenheit, um daraus die Gegenwart zu erklären. Verhaltenstherapeutische Verfahren arbeiten mehr über das bewusste Denken, Fühlen und Handeln, um Erkenntnisse oder Veränderungen zu erreichen. Sie setzen an der Gegenwart an, um die Zukunft zu verändern. Dauer Nach Klärung der Diagnose und Indikationsstellung werden vor Beginn der Behandlung der Behandlungsumfang und die -frequenz festgelegt. Die Dauer einer Psychotherapie ist abhängig von der Art der Behandlung, die Probesitzungen zählen nicht zur Therapie. Eine Sitzung dauert mindestens 50 Minuten. Einige Beispiele: • Kurzzeittherapie Maximal 25 Sitzungen, auch in halbstündigen Sitzungen mit entsprechender Vermehrung der Gesamtsitzungszahl, ebenso bei Gruppentherapie. • Analytische Psychotherapie Bis 160 Stunden, in besonderen Fällen bis 240 Stunden; bei Gruppenbehandlung bis 80, in besonderen Fällen bis zu 120 Doppelstunden. 108 • Verhaltenstherapie 45, in besonderen Fällen bis 60 Stunden. • Tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie 50, in besonderen Fällen bis 80 Stunden, bei Gruppen behandlung bis 40, in besonderen Fällen bis zu 60 Doppel stunden. • Gruppentherapie Eine Gruppensitzung (100 Minuten) zählt wie 2 Einzel sitzungen, maximal 90 Sitzungen. Eine Überschreitung ist dann zulässig, wenn mit der Beendigung der Therapie das Behandlungsziel nicht erreicht werden kann, aber bei Fortführung der Therapie begründete Aussicht darauf besteht. Wer hilft weiter? Krankenkassen beantworten Fragen zur Psychotherapie. Chronische Müdigkeit – Fatigue Von Fatigue (chronische Müdigkeit) oder Erschöpfungs syndrom wird gesprochen, wenn Erschöpfung und Müdigkeit über das normale Maß hinausgehen, für den Patient sehr unangenehm sind und auch durch Schlaf und Regeneration nicht mehr verschwinden. Fatigue betrifft viele MS-Erkrankte. Die anhaltende Erschöpfung schränkt die Lebensqualität des Patienten sehr ein. Der Betroffene ist auf das Verständnis seiner Mitmenschen angewiesen, wenn er z. B. abendliche Feiern oder Feste immer auffallend früh verlassen muss, um nicht am Tisch einzuschlafen. 109 Symptome Behandlung Symptome sind: • anhaltende Müdigkeit •Schwäche • körperliche und seelische Erschöpfung •Interesselosigkeit • Depression (siehe S. 106) • Frust, Reizbarkeit •Hoffnungslosigkeit Fatigue ist ein sehr vielschichtiges und komplexes Leiden. Patienten sollten die Fatigue ernst nehmen und mit ihrem Arzt darüber sprechen. Je nach Symptomen und Einschränkungen gibt es • ärztlich-therapeutische Behandlungsmöglichkeiten, z. B. Medikamente, Physiotherapie oder Psychotherapie, • Unterstützung mit pflegerischen Maßnahmen, z. B. Beratung, Aromapflege, Motivation zu körperlichem Training oder • Tipps für den Alltag, die Patient und Angehörige umsetzen können. Praxistipps für den Alltag! Tagesablauf • Tagesablauf bewusst planen, genug Zeit nehmen, so dass kein Druck entsteht. • Dinge, die nicht wichtig sind, weglassen. • Zeit für Ruhepausen zwischendurch nehmen. • Täglich Dinge einplanen, die Körper und Seele gut tun. • Kleine Hilfen im Alltag schaffen, z. B. Waschen und Ankleiden im Sitzen erledigen. • Unterstützung/Hilfe von Angehörigen und Freunden holen und annehmen. • Professionelle Hilfe, z. B. von einem Psychologen, annehmen. • Energietagebuch führen, um Stärken und Schwächen zu erkennen. • Nicht von Rückschlägen entmutigen lassen. 110 Schlaf • Ein schönes und ruhiges Zimmer als Ort zum Schlafen wählen. • Für gut temperierten (16 bis 18 °C) Raum sorgen. • Vor dem Schlafengehen erholsame Zeit verbringen: ein Bad nehmen, Musik hören oder lesen. • Alkohol und koffeinhaltige Getränke vor dem Schlafengehen meiden. • Vor dem Schlafengehen, wenn möglich, an die frische Luft gehen. Ernährung • Auf ausgewogene und gesunde Ernährung achten. • Keine Diät halten. • Wenn es vom Arzt erlaubt ist, vor dem Essen einen appetitanregenden Aperitif trinken. • Öfters kleine Mahlzeiten zu sich nehmen. • Viel Ruhe und Zeit für die Mahlzeiten einplanen. • Mahlzeiten appetitlich anrichten. Weiterführende Informationen zu Fatigue finden Sie unter www.deutsche-fatigue-gesellschaft.de. 111 112 Urlaub Wenn Patienten mit Multiple Sklerose verreisen wollen, ist eine gute Planung wichtig. Extremes Klima sollte vermieden, nötige Impfungen sollten mit den Ärzten abgesprochen und die medizinische Versorgung vor Ort sollte in Erfahrung gebracht werden. Der Patient sollte seinen eigenen gesundheitlichen Zustand, seine Grenzen und seine Vorlieben realistisch einschätzen. Wichtig ist zudem die richtige Mitnahmen von Medikamenten, d. h. in ausreichender Menge, verteilt auf verschiedene Gepäckstücke und zusammen mit einem Rezept. 113 Reiseplanung Patienten, bei denen Hitze und Wärme ungünstigen Einfluss auf das körperliche Befinden haben, sollten nicht in die (Sub-)Tropen reisen. Ein extremer Klimawechsel kann die Wahrscheinlichkeit einer Erkältung oder Grippe erhöhen, was wiederum einen Schub auslösen könnte. Einige Impfungen, die bei Reisen in ferne Länder geboten sind (Cholera, Diphtherie, Hepatitis A und B, Typhus etc.), stehen im Verdacht, einen Schub auslösen zu können. Dieses Risiko sollte im Arztgespräch diskutiert werden. Zur eigenen Sicherheit trägt es auch bei, wenn man sich von zu Hause über eine gute medizinische Versorgung vor Ort informiert. Sollte der MS-Patient am Urlaubsort einen Schub erleiden, dann weiß er, wo er sich behandeln lassen kann. Medikamente Bei Dauermedikation gilt es Folgendes zu bedenken: • Medikamente in ausreichender Menge mitnehmen. • Bei Flugreisen einen Teil der Medikamente im Handgepäck mitnehmen. Falls das Gepäck nicht rechtzeitig kommt, entsteht kein Engpass. • Müssen Medikament gekühlt werden, muss die Kühlkette auch während der Reise gegeben sein. Kühltaschen oder Kühlaggregate können dies gewährleisten. • Die Medikamente sollten in der Originalpackung mitgeführt werden, dann gibt es am Zoll kaum Probleme. • Mit dem Arzt ist zudem zu besprechen, welche Medikamente für typische Reisebeschwerden wie Übelkeit oder Durchfall mitzuführen sind, die sich mit der ständigen Medikation vertragen. • In den Urlaub sollten mehr Medikamente mitgenommen werden, als eigentlich notwendig, denn die Reisedauer kann sich unvorhersehbar verlängern. Das gleiche gilt für die Mitnahme auf Ausflüge. 114 • Für sogenannte Betäubungsmittel (z. B. sehr starke Schmerzmittel) sind separate Vorschriften zu beachten. Patienten, die auf diese Medikamente angewiesen sind, müssen für die Zollbehörden den Beipackzettel sowie – in nichtdeutsch sprachigen Ländern auf Englisch übersetzt – ein ärztliches Attest vorweisen können, das erklärt, dass sie das Medikament auf ärztliche Verordnung einnehmen müssen und es dazu dient, sie während des Aufenthalts gesund zu erhalten. Informationen und Vordrucke unter www.bfarm.de > Betäubungsmittel/Grundstoffe > Betäubungsmittel > Reisen mit Betäubungsmitteln. Wer hilft weiter? Hilfreiche Adressen zu Multiple Sklerose im Ausland bietet die Internationale MS-Gesellschaft unter www.msif.org/de/. Reiserücktrittversicherung Für MS-Erkrankte ist es oft sinnvoll eine Reiserücktritts versicherung abzuschießen, für den Fall, dass der Urlaub wegen akuter Beschwerden nicht angetreten werden kann oder abgebrochen werden muss. Eine Reiserücktritts versicherung kann für Stornogebühren aufkommen, die bis zu 80 % der gesamten Reisekosten betragen. Manche Versicherungen argumentieren bei MS-Erkrankten allerdings mit der Vorhersehbarkeit der Ereignisse und ver weigern die Zahlung. Sie gehen von der Annahme aus, dass ein Schub bei Multiple Sklerose vorhersehbar ist, da es sich um eine bekannte chronische Vorerkrankung handelt. Am besten sollte mit der Reiserücktrittsversicherung direkt geklärt werden, ob ein Vertragsabschluss mit MS überhaupt möglich ist und unter welchen Bedingungen der Versicherungsschutz greift. Es ist zudem empfehlenswert, den behandelnden Arzt in die Reiseplanung miteinzubeziehen. Wenn dieser attestiert, dass der Patient stabil ist, der letzte Schub längere Zeit zurückliegt und weder das Reiseziel noch die Art der Reise einen negativen Einfluss auf den Krankheitsverlauf haben, kann das die eigene Position gegenüber der Versicherung im Falle eines Schubes wesentlich stärken. 115 Auslandsreisekrankenversicherung Rechtzeitig vor Reiseantritt sollte der Krankenversicherungsschutz im Ausland geklärt werden. Insbesondere MS-Erkrankte sollten sich vor Antritt eines Auslandaufenthalts mit der Krankenkasse absprechen, ob ein ausreichender Versicherungsschutz besteht. In der Regel ist es ratsam, eine private Auslandsreisekrankenversicherung abzuschließen. Menschen mit MS sollten ihre Erkrankung der Versicherung nicht verschweigen, da dies zur Nichtigkeit des Versicherungsvertrags führen kann. EHIC-Karte Mit der Europäischen Krankenversichertenkarte (EHIC-Karte) besteht Versicherungsschutz in den EU-Staaten bzw. Staaten des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR), die mit Deutschland das sogenannte Sozialversicherungsabkommen abgeschlossen haben. Die Krankenkasse muss allerdings nur die Kosten übernehmen, die auch in Deutschland für die jeweilige Behandlung anfallen würden, und das kann im Zweifel zu einer hohen Eigenbelastung führen. Zudem wird mit der EHIC-Karte beim behandelnden Arzt im Ausland manchmal eine Barzahlung verlangt oder es findet gar keine Behandlung statt. Es ist auch daran zu denken, dass die Kosten für einen Rücktransport nicht übernommen werden, sofern dieser medizinisch nötig sein sollte. In anderen Ländern (z. B. USA, Asien) gilt nur ein stark ein geschränkter Versicherungsschutz und auch der nur unter bestimmten Voraussetzungen. Kosten Für etwa 10,– € im Jahr kann man bereits einen guten Ver sicherungsschutz durch eine private Auslandsreisekranken versicherung erhalten. Anbieter sind z. B. Versicherungs gesellschaften, Banken oder Automobilclubs. Auch die Krankenkassen können ihren Versicherten eine Auslandsreisekrankenversicherung vermitteln. Wer hilft weiter? Weitere Informationen erhalten Sie über: • die Krankenkassen. • die DVKA (Deutsche Verbindungsstelle Kranken versicherung – Ausland), Pennefeldsweg 12c, 53177 Bonn, Telefon 0228 9530-0, Fax 0228 9530-600, www.dvka.de, E-Mail [email protected]. 116 Sport Körperliche Aktivität und Sport können bei MS-Patienten, entgegen früheren Annahmen, große therapeutische Effekte haben. Die Frage, welche Sportart für welchen MS-Patienten geeignet ist, kann nur individuell beantwortet werden und hängt stark von den jeweiligen Auswirkungen der Erkrankung und dem Behinderungsgrad einer Person ab. Fest steht jedenfalls, dass MS und Sport sich prinzipiell nicht ausschließen. 117 Sport hat bei jedem Menschen einen hohen Allgemeinnutzen für die Gesundheit, so kann durch Bewegung, bei richtiger Dosierung, der Blutdruck normalisiert, das Immunsystem stabilisiert und der Cholesterinwert gesenkt werden. Von zentraler Bedeutung sind zudem die Auswirkungen auf die Psyche. Regelmäßige körperliche Aktivität sorgt für ein gutes Körpergefühl und kann Depressionen (siehe S. 106) vorbeugen. Betroffene sollten Überanstrengung jedoch vermeiden. Ärzte, Physiotherapeuten oder Sportmediziner können dabei helfen, geeignete Sportarten und die passende Trainingsintensität zu finden. Langfristig hat Sport bei MS-Erkrankten positive Auswirkungen auf Herz, Kreislauf und den Fettstoffwechsel. Der Patient kann seine Mobilität erhöhen und seine Lebensqualität verbessern, da sich Sport günstig auf die MS-Symptome auswirkt. Zudem kann sportliche Aktivität zu Toleranz und Berück sichtigung krankheitsbedingter Einschränkungen durch die eigene Person und das Umfeld führen. Werden regelmäßig Sportangebote, vor allem in Gruppen, genutzt, kann das einem sozialen Rückzug entgegenwirken. Praxistipps! Der Bundesverband der Deutschen Multiple Sklerose Gesellschaft (DMSG) bietet unter www.dmsg.de > Multiple Sklerose > MS und Sport detaillierte Informationen zu sportlicher Betätigung und unterstützt dabei, geeignete Sportarten für sich zu finden. Für MS-Erkrankte besteht häufig auch die Möglichkeit RehaSport oder Funktionstraining ärztlich verordnet zu bekommen (siehe S. 49). 118 ©Gina Sanders_fotolia.com Ernährung Es gibt nach dem momentanen medizinischen Wissensstand nicht „die Diät“, die bei MS heilen oder den Verlauf stoppen kann. Patienten wird, wie gesunden Menschen auch, eine ausgewogene und fettreduzierte Ernährung empfohlen. 119 Da es sich bei MS um eine entzündliche Erkrankung handelt, kann man davon ausgehen, dass sich eine Umstellung auf fleischarme Kost und der Verzicht auf tierische Fette positiv auf den Krankheitsverlauf auswirkt. Stattdessen sollten pflanzliche Öle, Obst, Gemüse und fettarme Milchprodukte auf dem Speiseplan stehen. Patienten, die auf den Rollstuhl angewiesen und in ihrer Bewegung eingeschränkt sind, sollten auf eine ausreichende Zufuhr von Ballaststoffen und Flüssigkeit achten, um möglichen Verdauungsproblemen vorzubeugen. Krankenkostzulage MS-Betroffene mit geringem Einkommen haben unter Umständen Anspruch auf Krankenkostzulage vom Sozialamt oder der Arbeitsagentur. Da MS keine ernährungsbedingte Erkrankung ist, erhalten MS-erkrankte Arbeitslosengeld-II- oder Sozialhilfe-Empfänger nicht grundsätzlich einen Mehrbedarf aufgrund kostenauf wendiger Ernährung. Ein erhöhter Ernährungsaufwand bei MS ergibt sich lediglich im Einzelfall, wenn es sich um einen schweren und verzehrenden Krankheitsverlauf mit gestörter Nahrungsaufnahme oder mangelnder Nährstoffverwertung handelt. Dies ist insbesondere der Fall, wenn • der BMI unter 18,5 liegt (und das Untergewicht Folge der Erkrankung ist) und/oder • ein schneller, krankheitsbedingter Gewichtsverlust (über 5 % des Ausgangsgewichts in den vorausgegangenen drei Monaten; nicht bei gewollter Abnahme bei Übergewicht) zu verzeichnen ist. 120 Patientenvorsorge Im Idealfall machen sich Menschen über den Bereich „Patientenvorsorge“ Gedanken, wenn sie noch gesund sind und tragfähige Entscheidungen für die Zukunft treffen können. 121 Zunehmende Einschränkungen durch MS und mögliche Folge erkrankungen, z. B. Depressionen (siehe S. 106), können Anlass sein, sich mit diesem Thema auseinanderzusetzen. Wobei zu betonen ist, dass eine Beschäftigung mit der Patientenvorsorge auch dann sinnvoll ist, wenn keine Erkrankung vorliegt. Es ist für jeden hilfreich, frühzeitig vorzusorgen, um sich und seinen Angehörigen oder Freunden einen entspannten Blick in die Zukunft zu ermöglichen. Im Rahmen der Patientenvorsorge können Menschen regeln, wie in wichtigen Lebensbereichen für sie entschieden werden soll und welche medizinischen Maßnahmen gewünscht sind, falls sie sich selbst nicht mehr dazu äußern können. Für Zeiten, in denen durch die Erkrankung körperliche, geistige und/oder psychische Fähigkeiten verloren gehen und man die eigenen Angelegenheiten nicht mehr oder nicht mehr in vollem Umfang regeln kann, werden persönliche Wünsche und Vor stellungen schriftlich niedergelegt, um einer „Fremdbestimmung“ durch andere vorzubeugen. Patientenvorsorge kann man ab dem 18. Geburtstag treffen. Vorher haben die Eltern das Sorgerecht. Angehörige von volljährigen Personen können nur rechtsverbindliche Erklärungen abgeben oder Entscheidungen treffen, wenn sie dafür bevollmächtigt oder als gerichtlich bestellte Betreuer eingesetzt sind. Das gilt auch für nahe Angehörige wie Geschwister, Eltern oder Ehepartner. Erklärungen Für die Patientenvorsorge gibt es drei verschiedene schriftliche Erklärungen: • Vorsorgevollmacht •Betreungsverfügung •Patientenverfügung Vorsorgevollmacht und Betreuungsverfügung sind sich ähnlich: Darin legen Sie für Ihre Alltagsangelegenheiten eine oder mehrere Personen fest, die für Sie handeln und entscheiden dürfen. Die beiden Formen unterscheiden sich darin, wie stark die von Ihnen eingesetzten Personen von offizieller Seite kontrolliert werden. 122 Die Vorsorgevollmacht ist sinnvoll, wenn man für den Fall der eigenen Hilflosigkeit eine Vertretung wünscht und eine absolut vertrauenswürdige Person kennt, die diese Vertretung über nehmen möchte. Das kann sich auf einzelne oder alle Bereiche des Lebens beziehen. Der Bevollmächtigte entscheidet dann quasi anstelle des Patienten und wird in der Regel nicht kontrolliert. Da dies sehr schwerwiegende Entscheidungen sein können, sollten die eigenen Vorstellungen mit dem in der Vorsorgevollmacht vorgesehenen Bevollmächtigten besprochen werden. Vorsorgevollmacht Zu den Aufgabebereichen des Bevollmächtigten können insbesondere gehören: • Gesundheitssorge und Pflegebedürftigkeit •Vermögenssorge • Wohnungs- und Mietangelegenheiten • Aufenthalt und Unterbringung • Post- und Fernmeldeverkehr • Behörden- und Ämtervertretung • Beauftragung von Rechtsanwälten und Vertretung vor Gerichten Eine Betreuungsverfügung ist eine schriftliche Willensäußerung, die dem Betreuungsgericht vorschlägt, wer im Falle einer Betreuung die persönlichen Angelegenheiten übernehmen soll oder auf keinen Fall übernehmen sollte. Eine Betreuung wird dann gerichtlich angeordnet, wenn ein Mensch selbst nicht mehr entscheiden kann. Die Betreuungsverfügung ist heranzuziehen, wenn Sie keine Person kennen, die Ihr uneingeschränktes Vertrauen genießt, so dass Sie diese, im Rahmen einer Vorsorgevollmacht, bevollmächtigen würden oder, wenn Sie bestimmten Personen misstrauen. Die eingesetzten Betreuer werden vom Betreuungsgericht kontrolliert. Eine Betreuungsverfügung kann auch Vorgaben für den Betreuer enthalten. Wenn eine Vorsorgevollmacht (s. o.) vorliegt, die einem Bevollmächtigten aus reichend Befugnisse erteilt, dann wird kein Betreuer eingesetzt. Betreuungsverfügung Mit der Patientenverfügung legt man schriftlich fest (ohne Einschaltung eines fremden Entscheiders), wie in bestimmten medizinischen Situationen die Behandlung in der letzten Lebensphase erfolgen soll. Das kann, wenn gewünscht, auch den Hinweis auf eine Organspende einschließen. Patientenverfügung In der Patientenverfügung kann festgelegt werden, unter welchen konkreten Bedingungen eine Behandlung • erst gar nicht begonnen werden darf, das heißt unterlassen werden muss bzw. • nicht weiter fortgeführt werden darf, das heißt beendet werden muss. 123 Eine Patientenverfügung ist rechtlich bindend, wenn die gewünschte Behandlung (oder Nicht-Behandlung) auf die vorliegende Krankheitssituation zutrifft – das festzulegen erfordert aber medizinische Fachkenntnis. Deshalb sollte man sich bei der Erstellung einer Patientenverfügung vom Arzt beraten lassen. Testament Ein Testament wird immer erst nach dem Tod wirksam, deshalb ist es nicht Bestandteil der Patientenvorsorge. Wer hilft weiter? Informationen geben Hausärzte, Amts- und Betreuungsgerichte, Rechtsanwälte und Notare. 124 Adressen 125 ©robynmac_fotolia.com Aktion Multiple Sklerose Erkrankter, Landesverband der DMSG in Baden-Württemberg e. V. Regerstraße 18, 70195 Stuttgart Telefon 0711 697860 E-Mail: [email protected] www.amsel.de Deutsche Multiple Sklerose Gesellschaft (DMSG), Bundesverband e. V. Küsterstraße 8, 30519 Hannover Telefon 0511 968340 E-Mail: [email protected] www.dmsg.de Krankheitsbezogenes Kompetenznetz Multiple Sklerose Geschäftsstelle: Klinikum rechts der Isar, TU München Neurologische Klinik und Poliklinik Ismaninger Straßw 22, 81675 München Telefon 089 41404628 E-Mail: [email protected] www.kompetenznetz-multiplesklerose.de Multiple Sklerose.TV MultipleSklerose.TV ist ein Gemeinschaftsprojekt der DMSG, Bundesverband e. V. und der AMSEL, Landesverband der DMSG. Unter • www.dmsg.de > Mediagalerie • www.amsel.de > Video • www.youtube.com/MultipleSkleroseTV steht ein breites Spektrum an informativen Videos und Videopodcasts zu Multiple Sklerose zur Verfügung. 126 Anhang 127 Pflegetag (Datum): ___________________________________ Erforderliche Hilfe bei: Zeitaufwand in Minuten morgens Körperpflege Waschen: Ganzkörperwäsche Teilwäsche Duschen Baden Zahnpflege Kämmen Rasieren Darm- und Blasenentleerung Wasserlassen Stuhlgang Richten der Kleidung Wechseln von Inkontinenzeinlagen/Windeln Wechseln/Entleeren des Urinbeutels/Stomabeutels Ernährung Mundgerechte Nahrungszubereitung Aufnahme der Nahrung Mobilität Aufstehen, Zu-Bett-Gehen Umlagern Ankleiden Auskleiden Gehen, Bewegen im Haus Stehen Treppensteigen Verlassen, Wiederaufsuchen der Wohnung Hauswirtschaftliche Versorgung Einkaufen Kochen Wohnung reinigen Spülen Wechseln, Waschen der Wäsche/Kleidung Beheizen der Wohnung 128 mittags abends nachts 22–6 Uhr Art der Hilfe Anleitung oder Beaufsichtgung mit Unterstützung teilweise oder volle Übernahme Michael Ewers Liebe Leserin, lieber Leser, die Diagnose „Multiple Sklerose“ löst bei Betroffenen gleichermaßen Erschrecken und Angst aus. Wichtig ist daher, den Überblick in unserem Gesundheitssystem zu behalten und die Leistungsangebote sowie seine Ansprüche zu kennen. betapharm setzt sich seit Jahren aktiv für eine verbesserte Versorgungsqualität im Gesundheitswesen ein. Aus diesem Engagement hat sich betaCare – das Wissens system für Krankheit & Soziales – entwickelt, welches Antworten auf alle sozialen Fragen rund um eine Krankheit bietet. Der vorliegende betaCare-Ratgeber „Multiple Sklerose & Soziales“ informiert Sie daher umfassend zu Themen wie Rehabilitationsmöglichkeiten, Pflege, Umgang mit der Erkrankung im Alltag und Patientenvorsorge. Impressum Herausgeber und Redaktion beta Institut gemeinnützige GmbH Institut für angewandtes Gesundheitsmanagement, Entwicklung und Forschung in der Sozialmedizin Geschäftsführer: Michael Ewers Kobelweg 95, 86156 Augsburg Telefon 0821 45054-0, Telefax 0821 45054-9100 E-Mail: [email protected] www.betainstitut.de Text Ines Grocki Mit herzlichen Grüßen, Layout und Gestaltung Manuela Mahl Michael Ewers Autoren und Herausgeber übernehmen keine Haftung für die Angaben in diesem Werk. Geschäftsführer betapharm & beta Institut Alle Bausteine des betaCare-Wissenssystems mit seinen vielfältigen Inhalten finden Sie unter www.betaCare.de. Mehr über das soziale Engagement und die Produkte der betapharm Arzneimittel GmbH finden Sie unter www.betapharm.de. Alle Rechte vorbehalten © 2013 Copyright beta Institut gemeinnützige GmbH Der Ratgeber einschließlich all seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. 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Patientenratgeber Die Broschüren bieten gebündelt und verständlich sozialrechtliche und psychosoziale Informationen zur folgenden Themen und Krankheiten: –Behinderung & Soziales –Brustkrebs & Soziales –Demenz & Soziales –Depression & Soziales –Epilepsie & Soziales –Migräne & Soziales – Multiple Sklerose & Soziales – Osteoporose & Soziales – Patientenvorsorge – Pflege – Psychosen, Schizophrenie & Soziales – Schmerz & Soziales Patientenfilme ©auremar_fotolia.com Zu Asthma, Brustkrebs, Darmkrebs, Demenz, Depression, Diabetes, Osteoporose, Rheuma, Schlaganfall. Die Initiative „betaCare – Verbesserung der Patientenversorgung und Prävention“ wird gefördert durch die betapharm Arzneimittel GmbH, ein Generika-Unternehmen mit hochwertigen und preiswerten Qualitätsarzneimitteln. www.betaCare.de