BFS-Infopost Lachsprojekte

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BFS-Infopost Lachsprojekte
BFS - INFOPOST LACHSPROJEKTE RHEINLAND-PFALZ & HESSEN 1/2008
BFS-Infopost Lachsprojekte
Ne ue s Ru n dsc hre ibe n d e s B F S
inf o rmie rt üb e r de n Sta n d d e r
Wie d e rans iedl u ng des La c h s e s
Halbjähriges Erscheinen geplant - die Verteilung erfolgt über das Internet
Die Wiederansiedlung des
Atlantischen Lachses im Rhein
hat sich zu einem der größten
internationalen Artenschutzprojekte der Anliegerstaaten
entwickelt. Jährlich werden
Hunderttausende Junglachse
verschiedener Altersklassen
und Größen in den Rheinzuflüssen besetzt. Als Folge dieser intensiven Besatzmaßnahmen kehren jährlich einige tausend laichreife Lachse in den
Rhein zurück. Dort, wo ein Auf-
stieg zu den Laichgründen wieder möglich gemacht wurde,
werden seit rund 10 Jahren
auch erfolgreiche natürliche
Ablaichungen dokumentiert.
Aber wie erfolgreich ist dieser
Wiederansiedlungsprozess?
Welche Probleme und Gefährdungen gibt es? Wo liegen die
Arbeitsschwerpunkte in der Zukunft? Die hiermit erstmals erscheinende BFS-INFOPOST
LACHSPROJEKTE soll den
Kenntnisstand der interessierten Öffentlichkeit, der Angler
und der Naturschutz-, Fischerei- und Wasserwirtschaftsverwaltungen erweitern, Zahlen
und Fakten vermitteln sowie
Anregungen liefern, wie die
Wiederansiedlung des Lachses
vorangetrieben werden kann
Wir über uns ...
Die Bürogemeinschaft für
f i s c h - u n d g e w ä s s e r ö ko logische Studien - BFS - mit
Sitz in Frankfurt am Main,
R i e d s t a d t- E r f e l d e n u n d
Marburg arbeitet seit 1997 als
Gemeinschaft unabhängiger
Gutachter auf dem Gebiet der
limnischen Gewässerökologie.
Zu den Arbeitsschwerpunkten
z ä h l e n : Fi s c h b e s t a n d s e rhebungen, Gewässer untersuchungen, Artenschutzkonzepte, FFH-Gutachten,
EU-Wasserrahmenrichtlinienuntersuchungen (inklusive
aquatische Pflanzen), Jungfischmonitoring, Renaturi e r u n g s ko n z e p te u n d d i e
fachliche Begleitung von
Planungen und Maßnahmen
zur Wiederherstellung der
Durchgängigkeit von Fließgewässern.
Ein Arbeitsschwerpunkt
ist die Wiederansiedlung des
Lachses im Rheinsystem.
und - als Mitnahmeeffekt - die
Lebensgrundlagen der aquatischen Lebensgemeinschaft
verbessert werden können. Der
Fokus liegt auf Projekten in
Hessen und Rheinland-Pfalz,
die das BFS aktuell im Auftrag
der Fischereiverwaltungen der
Länder bearbeitet. Geplant ist
ein halbjähriges Erscheinen, so
dass über die saisonalen Arbeitsschwerpunkte „Rückkehrermonitoring“ und „Naturvermehrungsbelege“ aktuell berichtet werden kann.
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Bearbeitung: Die wissenschaftliche Begleitung der Lachsprojekte erfolgt im Auftrage der Länder Hessen
und Rheinland-Pfalz, vertreten durch die jeweiligen Fischereiverwaltungen. Die Pilotgewässer Sieg und
Saynbach wurden 1994-1996 durch das Forschungsinstitut Senckenberg untersucht. Ab 1997 wurden Sieg
und Saynbach sowie die Nette, die Kyll, die Prüm und der Elzbach durch das Büro für fisch- und gewässerökologische Studien (BFS) in Frankfurt am Main bearbeitet. An den Pilotgewässern Lahn und Ahr erfolgte die
Bearbeitung bis zum Jahr 2004 durch das Institut für angewandte Ökologie in Kirtorf-Wahlen; seit 2005 werden diese Gewässer ebenfalls durch das BFS bearbeitet.
Lachsmonitoring 2007 - eine Bilanz
Die Saison 2007 markiert ein besonders er- streift: 59), an das Lachszentrum Hasper Talfolgreiches Jahr der seit Mitte der 1990er Jahre sperre e.V. gingen 33 Rogner (alle abgestreift).
intensiv betriebenen Wiederansiedlung des Hierdurch konnten insgesamt zwischen 350.000
Lachses im Rheinsystem.
und 380.000 grüne Eier
Vielerorts wurde erstmals
gewonnen werden (ca.
seit Jahren ein deutlicher
4.300 Eier pro Rogner).
Anstieg der RückkehrerIn Rheinland-Pfalz wurzahlen gemeldet. Im
de mit insgesamt 66
Siegsystem - dem größNachweisen und einer
ten anhängigen LachsVielzahl an Sichtungen
wiederansiedlungsprojekt
ebenfalls das beste Erderzeit (NRW und Rheingebnis seit Projektbeland-Pfalz) – stiegen in
ginn verzeichnet. Bisher
2007 rund 1.000 adulte
wurden in RheinlandLachse auf. In der von
Pfalz damit 464 adulte
NRW und RheinlandAbb. 1: Abgelaichter Lachsrogner (88 cm) an
Lachse registriert; in
Pfalz betriebenen Koneinem Laichplatz in der hessischen Wisper
Hessen, wo lediglich
trollstation (KFS) Buisdorf
zwei kleinere Projekte in
wurden in der zurücklieder Wisper und der Kingenden Aufstiegssaison bis zum 20.12.2007 zig anhängig sind, wurden im Jahr 2007 fünf
insgesamt 407 Lachsrückkehrer gefangen. Ein Rückkehrer registriert, die Gesamtzahl seit 2002
erheblicher Anteil der Rückkehrer wurde zum beträgt 14 Nachweise (vgl. Abb. 1 bis 5).
Zweck einer künstlichen Vermehrung entnomBesonders erfreulich war in 2007 der hohe
men und abgestreift: in die Aufzuchtanlage in
Anteil
großer Mehr-See-Winter-Lachse mit LänAlbaum wurden 61 Rogner überführt (abgegen zwischen 75 und 100 cm.
Diese Tiere haben meist zwei
Jahre im Meer verbracht und
Entwicklung der Lachsrückkehrernachweise in Rheinland-Pfalz .
1992-2007 (n= 464)
erreichen meist Stückgewichte
über 5 kg; die MSW-Rogner
70
verfügen häufig über Eizahlen
Wied
60
Mosel
von 4.000 - 6.000 Stück. In
50
Saynbach
2007 wurde auch ein deutlich
Siegsystem
höherer Rogner-Anteil ver40
n
Lahn
zeichnet, was in unmittelbarem
30
Nette
Zusammenhang mit dem hoAhr
20
hen MSW-Anteil steht. Die in
10
der Sieg, in Rheinland-Pfalz
und auch in Hessen verwende0
1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007
ten südschwedischen HerkünfJahr
te haben ein Ungleichgewicht
hinsichtlich der GeschlechterAbb. 2: Lachsrückkehrer Rheinland-Pfalz 1992 – 2007
verteilung und dem jeweiligen
SEITE 2
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Längenfrequenz Lachs RLP & Hessen 2007
unbekannt
10
9
Milchner
8
Rogner
7
6
n 5
4
3
2
1
0
50
53
56
59
62
65
68
71
74
77
80
83
86
89
92
95
98
101
104
Totallänge [cm]
Abb. 3: Längen und Geschlecht der Lachsrückkehrer in Rheinland-Pfalz
und Hessen 2007 (n= 65)
Längenfrequenz Lachsrückkehrer Rheinland-Pfalz
.
45
Wied
40
Sieg
Saynbach
35
Nette
30
n
Mosel
25
Lahn
20
Ahr
15
10
5
0
49
52
55
58
61
64
67
70
73
76
79
82
85
88
91
94
97
100 103
Totallänge [cm]
Abb. 4: Längen und Aufstiegsgewässer der Lachsrückkehrer in RheinlandPfalz 1992 – 2007 (n = 438)
Lachsnachweise 2007 (RLP: 66; Hessen: 5)
.
Rogner
25
Milchner
unbekannt
20
15
n
10
5
0
Ahr
Brexbach
Rogner
Milchner
unbekannt
1
1
Rhein
(Hessen)
Lahn
Mosel
Nette
Nister
Saynbach
Sieg
Wisper
5
1
1
12
12
2
3
1
1
7
12
2
1
6
1
1
1
Abb. 5: Geschlecht der Lachsrückkehrer in den rheinland-pfälzischen und
hessischen Projektgewässern 2007 (n = 71)
Meeresaufenthalt: die Grilse (1SW-Lachse) sind mehrheitlich
männlich und kleiner als 75
cm, die Rogner überwiegen
bei den großen MSW-Lachsen.
Der hohe MSW-Anteil ist also
maßgeblich für einen hohen
Anteil weiblicher Rückkehrer
und damit für eine besonders
hohe durchschnittliche Eizahl
ursächlich.
Als Ursache für die Häufigkeit
der MSW-Lachse im Jahr 2007
werden verschiedene exogene
Faktoren angenommen:
MSW-Lachse migrieren bereits
im Frühjahr und Sommer in
große Gewässer wie den
Rhein. Ihr Überleben und damit die Aufstiegsquote in die
Laichgewässer ist u.a. von den
Abflussverhältnissen und den
Temperaturbedingungen abhängig. Wassertemperaturen
von über 30°C im Rhein, die
beispielsweise im Sommer
2003 über einen langen Zeitraum vorherrschten, dürften zu
erheblicher Mortalität und damit zum Ausfall insbesondere
der großen Rogner geführt haben. Der sehr feuchte und
kühle Sommer 2007 hat dagegen den erfolgreichen Aufstieg
dieser Fische offenbar maßgeblich begünstigt.
In den letzten Jahren waren
die Rückkehrerzahlen im Rhein
mehr oder weniger stark rückläufig; dies betraf sowohl
Lachse als auch Meerforellen.
Als eine mögliche Ursache
wird – neben ungünstigen klimatischen und hydrologischen
Bedingungen – ein zunehmender fischereilicher Druck im
niederländischen Delta, aber
auch im deutschen Rheinabschnitt diskutiert. Die hohen
Abflüsse in 2007 könnten sich
negativ auf den (beabsichtigten oder unbeabsichtigten)
Fangerfolg der Berufs- und
Nebenerwerbsfischer (Kutter,
Reusen, Stellnetze) sowie der
Angelfischerei ausgewirkt haben, weil der verfügbare Wan-
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derkorridor für die Großsalmoniden breiter und
tiefer war.
Das Haringvliet im Deltarhein (eine der möglichen Migrationsrouten) wird zur Zeit nur bei
höheren Abflüssen so weit geöffnet, dass eine
Fischpassage begünstigt wird. Dies war teilweise im Frühjahr 2005 der Fall – also zur Zeit der
Smoltabwanderung der letztjährigen 2-SWLachse. Auch im Sommer 2007 waren die Abflüsse so hoch, dass das Haringvliet für Rückkehrer relativ gut passierbar war. Dies legt den
Schluss nahe, dass diejenigen Lachse, die 2005
über das Haringvliet auswanderten, in 2007
auch über die selbe Migrationsroute wieder einwandern konnten. Auch in diesem Fall wird ein
verringertes Mortalitätsrisiko angenommen.
Reproduktion
Auch die in 2007 verzeichnete natürliche
Reproduktion zeigt einen sich offenbar verfestigenden Erfolg der Wiederansiedlung. Allein in
Rheinland-Pfalz wurden knapp 100 Laichgruben
dokumentiert, wovon rund 60 eine Länge von
mindestens 250 cm (bis 400 cm) aufwiesen. In
der hessischen Wisper wurden 20 große
Laichgruben kartiert, von denen 12 mit hoher
Sicherheit von Lachsen angelegt wurden, weil
hier im direkten Umfeld (100 m) auch abgelaichte und laichreife Lachsrückkehrer nachgewiesen
wurden (vgl. Abb 1).
Abbildung 6 zeigt die kartierten Laichgruben
der Herbstuntersuchungen 2007. Hierbei ist zu
berücksichtigen, dass Mitte November - zum
Höhepunkt der Laichaktivität - in vielen Gewässern hohe Abflüsse und starke Trübung die Aufnahme erschwerten. Nach Hochwasserereignissen sind Laichgruben häufig nicht mehr erkennbar. So wird insbesondere für die Gewässer
Wisserbach, Kleine Nister (Siegsystem), Saynbach und Brexbach (Saynbachsystem), Elzbach
(Mosel) und Nette eine hohe Dunkelziffer angenommen. In der Ahr konnte wiederum nur ein
kleiner Ausschnitt der über 50 km langen Strecke mit potenziellen Laicharealen untersucht
werden.
Zwei der aufgeführten Gewässer verdienen
eine besondere Erwähnung:
Dokumentierte Laichgruben 2007 (n= 124) und vermutliche Herkunft
30
27
24
21
keine wg.
Trübung
18
unklar
15
Anzahl
eher BF
12
9
MF !
6
BF/MF
3
eher MF
0
Ahr
Brexbach
Elzbach
Kleine
Nister
Lahn
Nister
Saynbach
Sieg
7
1
Wisper
Wisserbach
0
keine wg. Trübung
unklar
eher BF
MF !
BF/MF
eher MF
Lachs/MF
eher Lachs
Lachs !
Nette
2
3
3
7
2
3
3
5
2
eher Lachs
Lachs !
1
1
Lachs/MF
1
2
2
2
4
3
1
4
3
1
21
5
1
12
1
4
4
12
1
Abb. 6: Kartierte Laichgruben 2007 (BF: Bachforelle; MF: Meerforelle; Lachs! bzw. MF! = sehr sicher wegen
Rückkehrerfängen im Umfeld)
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• die Nette zählt nicht zu den Besatzgewässern. Dennoch werden hier seit der Saison
2000/2001 kontinuierlich Lachs-Rückkehrer
und/oder natürlich aufgekommene Junglachse
verzeichnet. Hier liegt also eine Einwanderung
von Streunern vor, die wahrscheinlich in nahe
gelegenen Gewässern besetzt wurden. Mindestens ein Rückkehrer (Rogner, Herbst 2001)
stammt mit hoher Wahrscheinlichkeit aus Besatzmaßnahmen im Moselsystem; er war wenige Wochen vor dem Fang in der Nette an der
Reuse Koblenz (Mosel) gefangen und markiert
zurückgesetzt worden.
1996/1997. Dunkle Symbole stehen dabei für
Nachkommen von Rückkehrern; helle Symbole
zeigen Jungfischnachweise, die nach einem
Testbesatz mit großen laichreifen Lachsen gelungen sind.
Sämtliche Gewässer ohne Belege natürlicher
Vermehrung von Rückkehrern sind aufgrund von
Wanderhindernissen noch nicht erreichbar.
Laichgruben in der Lahn beschränken sich
auf die Mündung und sind als Hinweise auf
„Notablaichungen“ zu bewerten.
• der Elzbach mündet oberhalb der 2. Moselstaustufe Lehmen und ist wegen der mangelhaften Durchgängigkeit der Mosel eigentlich nicht erreichbar. Dennoch wurden in 2007
drei große Forellen, die äußerlich als Meerforellen angesprochen wurden, im Elzbach gefangen. Zwei überprüfte Meerforellen waren
unmarkiert und damit nicht in der Reuse Koblenz erfasst worden. Möglicherweise sind im
Herbst 2007 einige Großsalmoniden über die
Sportbootschleusen aufgestiegen.
Abbildung 7 veranschaulicht die bisher festgestellte natürliche Reproduktion von Lachsen
(Nachweise Wildlinge) in den rheinland-pfälzischen und hessischen Projektgewässern seit
Abb. 8: Zwei Laichgruben in der Wisper (Hessen) –
wenige Meter unterhalb gelangen Rückkehrerfänge
Abb. 7: Naturvermehrungsbelege Lachs in Rheinland-Pfalz und Hessen
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neuen Habitate eingebracht wurden. Eine weitere Komponente bilden ehemalige Besatzfische, die (meist als Altersklasse 1+) nach mehElternfischhaltung
ren Monaten bis anderthalb Jahren aus Besatzstrecken zurückgefangen wurden („river-ranSeit 2004 befindet sich am Lachszentrum ched“). Hier beschränkt sich der erfolgreich abHasper Talsperre e.V. bei Hagen eine Lachs-El- solvierte Teil des Lebenszyklus auf die Süßwasternfischhaltung im Aufbau, die zukünftig einen serphase.
großen Teil der Besatzlachse für Rheinland-Pfalz
Durch die Verwendung unterschiedlicher
und Hessen bereitstellen soll. Derzeit stehen drei
Ressourcen
sollte garantiert sein, dass es bei
Generationen (Altersklassen 1+ bis 3+) in der
dem
Elternfischbestand
nicht zu InzuchtprobleAufzucht; in 2008 wird eine weitere Generation
men
und
genetischen
Flaschenhälsen
durch eiintegriert.
ne zu geringe Elterntieranzahl kommt. Bei den
Bei der Zusammensetzung der Elternfische Wildlingen wird außerdem sorgfältig darauf gewird ein neues Konzept umgesetzt: die Tiere achtet, die Tiere von möglichst vielen Laichplätstammen nicht ausschließlich von importierten zen und unterschiedlichen Laichgewässern zu
Lachsen oder Nachkommen abgestreifter Rück- beziehen. Hier kann weniger im qualitativen Sinkehrer ab (beides künstliche Vermehrungspro- ne also durchaus mehr sein. Als weiterer Schritt
zesse), sondern rekrutieren sich in erheblichem zur Vermeidung genetischer Probleme werden
Maße auch aus echten „Wildlingen“. Dies sind zudem ausschließlich die Rogner verwendet. Die
Lachse aus natürlicher Vermehrung, die im Befruchtung der Eier der Elternfische soll mit
Rahmen von Elektrobefischungen in nicht be- Sperma von Rückkehrern und - wie in natürlisetzten Laichgebieten in Saynbach, Nister, Wis- chen Populationen - von frühreifen wilden Parrs
serbach und Wisper gefangen wurden (als Al- erfolgen. Schließlich ist zu berücksichtigen, dass
tersklassen 0+ und 1+). Mit
die Elternfischhaltung neder Aufzucht eines zunehben der Aufzucht von
menden Anteils an WildlinNachkommen abgestreifter
gen ist die Erwartung verRückkehrer und „rekonditiknüpft, dass durch die Inonierter“ Rückkehrer nur
tegration von Junglachsen
eines von drei Standbeinen
der 1. und 2. Generation
der „heimischen“ Produkti„wild geborener“ Fische
on von Besatzlachsen dareine aus genetischer Sicht
stellt. Auch ein fortgesetzqualitativ besonders
ter Import von Ätranlachsen
hochwertige Ressource als
ist mittelfristig vorgesehen Grundstock für den Beallerdings bestanden hier in
standsaufbau herangezoder jüngeren Vergangenheit
gen wird. Immerhin haben
erhebliche Probleme hindie Eltern dieser Jung- Abb. 9: Laichfischanwärter der Altersklasse sichtlich der Verfügbarkeit.
lachse mehrere entschei- 2+ in der Anlage Hasper Talsperre
Gegenwärtig stehen rund
dende Lebensphasen wie
2.000 Laichfischanwärter in
Aufwuchs als Besatzfische
der
Aufzucht,
die
sich
aus knapp 3.500 in die
im neuen Heimatgewässer, erfolgreiche AbAnlage
überführten
Jungfischen
rekrutieren. Dawanderung, Meeresaufenthalt, Rückkehr (hobei
werden
zwei
Gruppen
getrennt
gehalten: Die
ming), Partnerfindung und Ablaichung bewältigt.
Gruppe
„Sieg“
besteht
ausschließlich
aus NachDie Wildlinge wiederum schließen den Kreislauf
kommen
von
Siegrückkehrern
und
Sieg-Wildlinmit ihrem erfolgreichen Schlupf, dem Überleben
der ersten Lebenswochen mit intensiver natürli- gen sowie Ätran-Lachsen. Die Gruppe „Sayncher Selektion und dem Erreichen des ersten bach“ beinhaltet zusätzlich Individuen aus
oder zweiten Herbstes. In der Qualitätsrangfolge Saynbach, Elzbach und Wisper, wobei hier andirekt nachgeordnet sind Nachkommen abge- genommen wird, dass sich neben Ätran zu gestreifter Rückkehrer (Lebenszyklus teilweise ab- ringen Anteilen auch andere südskandinavische
geschlossen). Dabei haben Nachkommen be- Herkünfte in dem Genpool befinden.
setzter Smolts einen geringeren Teil des Lebenszyklus (nur Migration ins Meer und zurück;
Abbildung 9 zeigt zweieinhalb Jahre alte
„sea-ranched“) vollzogen als Nachkommen von Laichfischanwärter in einem Rundbecken an der
Rückkehrern, die bereits als Sömmerlinge in die Hasper Talsperre.
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1%
14%
Abbildung 10 veranschaulicht die derzeitige
Zusammensetzung (Anzahl überführter Individuen nach Größenklassen und Gruppen).
In Tabelle 1 wird der Zeitplan der Besatzfischproduktion vorgestellt.
22%
63%
Bestückung Elternfischhaltung
(Stand Januar 2008) (n= 3.425)
100%
80%
60%
40%
20%
0%
Charge
Ätran (importiert von DCV)
Say C klein
Say B
mittel
0
0
0
Sieg B
mittel
Sieg A groß
∑
0
0
50
50
Say A groß Sieg C klein
river-ranched
123
0
85
69
107
111
495
F1 gestreift von Rückkehrern
532
502
95
524
421
55
2129
Wild (nat. Reproduktion)
197
77
289
40
123
25
751
Abb. 10: Zusammensetzung der Laichfischanwärter in der Anlage Hasper Talsperre
Tab. 1: Zeitplan Besatzfischproduktion
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Zwischenvermehrung 2007
Lahn:
In der Lahn konnten aus Gründen der
Stammreinhaltung in 2007 nur Rückkehrer der
AK 2+ und 3+ für die Zwischenvermehrung in
der Aufzuchtanlage der IG-Lahn in Aumenau
genutzt werden:
• Rogner 78 cm TL (AK 3+), markiert (Adipose)
gestreift am 19.11.07; ca. 4.500 Eier aufgelegt.
• Rogner 82 cm TL (AK 3+), markiert (Adipose)
gestreift 24.11.07, ca. 5.000 Eier aufgelegt.
Für die Zwischenvermehrung wurden von
der IG-Lahn frühreife männliche Parrs aus der
Weil gefangen und nach Aumenau überführt.
Mosel:
Von der Fangstation an der Mosel konnten in
2007 keine Rückkehrer bezogen werden, weil
der einzige gefangene Rogner (24.9.2007) noch
nicht reif und aufgrund von Hautabschürfungen
nicht für eine Hälterung geeignet war. Das Tier
wurde im Oberwasser der Staustufe Koblenz
zurück gesetzt. Der einzige Milchner (62 cm TL)
wurde erst nach Abschluss der Abstreifungsmaßnahmen 2007 gefangen und ebenfalls wieder zurückgesetzt.
Saynbach:
Am Saynbach wurden drei adulte Rogner
(61 cm, 60 cm und 77 cm TL) entnommen und in
die Anlage Hasper Talsperre überführt. Die Zwischenvermehrung erfolgte mit Parrs aus der Elternfischhaltung Mitte November. Es wurden
insgesamt knapp 5.000 Eier gewonnen.
Siegsystem (Rheinland-Pfalz):
Aus der Nister und der Sieg nahe der Nistermündung konnten 3 adulte Milchner (60 cm,
78 cm und 82 cm TL) und 5 Rogner (80 cm, 81
cm, 81 cm, 84 cm und 83 cm TL; alle MSWLachse) entnommen und nach einer Zwischenhälterung in der Anlage der ARGE Nister (SteinWingert) am 3.11.2007 in die Anlage Hasper Talsperre überführt werden. Außerdem wurden 30
Parrs (aus Besatz und Wildlinge) entnommen.
Die Zwischenvermehrung erfolgte Mitte November. Es wurden insgesamt rund 22.000 Eier gewonnen und aufgelegt.
KFS Sieg (NRW):
An der KFS in Buisdorf gelangen in der Saison 2007 insgesamt 407 Lachsfänge, worunter
sich viele MSW-Rogner befanden. An den
Standorten Albaum und Hasper Talsperre konnten insgesamt zwischen 350.000 und 380.000
Eier aufgelegt werden. In Anlehnung an den Besatzaufwand der relevanten Vorjahre standen
Rheinland-Pfalz hieraus rund 60.000 Eier zu.
NRW hat jedoch dankenswerter Weise das
rheinland-pfälzische Kontingent auf 100.000 Eier
erhöht.
Insgesamt beläuft sich damit für RheinlandPfalz die Anzahl gewonnener Eier von Rückkehrern (inkl. KFS Sieg) in 2007 auf rund
135.000 grüne Eier. Dies ist mit Abstand die
höchste verfügbare Eizahl von Rückkehrern
seit Projektbeginn.
Wisper:
Aus der hessischen Wisper - dem kleinsten
Projektgewässer - werden zu Gunsten einer natürlichen Reproduktion keine laichreifen Rückkehrer entnommen.
Kurzmitteilungen
Hessen
Im Jahr 2007 erfolgte eine Eignungsprüfung
des Schwarzbaches (Taunus). Der Schwarzbach
mündet oberhalb der zweiten Mainstaustufe
Eddersheim in den Main. Die Untersuchung
erbrachte folgende Ergebnisse:
• Der Schwarzbach ist als historisches
Lachsgewässer beschrieben.
• Die gewässerchemischen, strukturellen
und hydrologischen Gegebenheiten lassen
eine Wiederansiedlung zu.
• Zwischen Mündung und Eppstein im
Taunus (rund 14 km Strecke; 50.000 m2
Fläche) befinden sich acht relevante
Querbauwerke (inklusive zwei KleinWasserkraftanlagen)
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Der Main wird für anadrome Fischarten als
nahezu völlig unpassierbar eingeschätzt.
Allerdings bestehen für die Standorte Kostheim
und Eddersheim aktuell bereits (Vor)planungen
zu einer Umgestaltung, so dass eine
Wiederherstellung der Durchgängigkeit bis zur
Mündung des Schwarzbaches im Jahr 2009
(Kostheim) bzw. 2010/2011 (Eddersheim)
realistisch erscheint. Vorgesehen sind folgende
Varianten:
⇒ Kostheim: Umgehungsgewässer mit mittlerer Dotation 1,5 m3/s / Baubeginn 2008 (im
Zuge eines Kraftwerkneubaus);
⇒ Eddersheim: voraussichtlich technischer
Fischpass, Vorplanung analog bestehender
Vorplanung an Griesheimer Staustufe (Umsetzung als Ausgleichsmaßnahme im Zuge
des Mainausbaus oder im Zuge der Erstellung der Neubautrasse ICE Frankfurt am
Main - Mannheim)
Schwarzbach (früher: Goldbach)
An der Ahr ist mit einer vollständigen Wiederherstellung der Durchgängigkeit der gesamten rheinland-pfälzischen Strecke bis Ende 2009
zu rechnen. Eine natürliche Reproduktion ist
dann auf mindestens 50 km Strecke (!) ungehindert möglich. Da seit dem Jahr 2007 die Besatzmengen in der Ahr deutlich erhöht wurden,
wird bereits mittelfristig ein erheblicher Reproduktionserfolg erwartet. Mit den steigenden
Rückkehrerzahlen wird für die Ahr auch die Einrichtung einer Kontroll- und Fangstation eine
vordringliche Aufgabe für ein effektives Management, das auch die Entnahme von Laichfischen zur Zwischenvermehrung beinhalten sollte.
Lachswanderweg an der Nister und Internetpräsenz der Verbandsgemeinde Hachenburg in
Vorbereitung:
Für die VG Hachenburg wurde eine Internetseite entworfen, die auch als Plakatvorlage
verwendet werden kann. Sie informiert Touristen
und Wanderer über das Lachsprojekt an der Nister und soll den „sanften“ Tourismus in der Region „Kroppacher Schweiz“ fördern. Die Region ist
traditionell auf „Natur- und Wandertourismus“
ausgerichtet und verfügt über eine hervorragende Infrastruktur von einfachen Pensionen über
Hotels und Gaststätten bis zu einem Feinschmeckerrestaurant (1 Stern) sowie über Wanderwege und Bachlehrpfade. Allerdings gehen die Besucherzahlen in der Region zurück. Mit der Verknüpfung des Lachsprojektes und der Förderung
des „sanften“ Tourismus soll hier erstmals offensiv eine Wertschöpfung des Lachsprojektes in
die Region getragen werden:
„Urlaub machen, wo der Lachs laicht“
Rheinland-Pfalz
In 2008 soll das letzte relevante Wanderhindernis - ein im 19. Jahrhundert im Rahmen des
Straßenbaus entstandener Absturz („Wasserfall
Isenburg“) - im Saynbach umgestaltet werden.
Damit wäre der Saynbach das erste Lachswiederansiedlungsgewässer, an dem die Durchgängigkeit wieder vollständig hergestellt ist. Danach
stehen rund 18 km Fließstrecke für eine natürliche Reproduktion zur Verfügung (bisher: 9 km).
Rund zwei Drittel der geeigneten Laichgründe
befinden sich oberhalb des Wasserfalls. Bereits
jetzt rekrutiert sich der Bestand an Sömmerlingen mit rund 10.000 „wilden“ Individuen pro Jahr
zu rund 20% aus natürlicher Vermehrung.
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BFS - INFOPOST LACHSPROJEKTE RHEINLAND-PFALZ & HESSEN 1/2008
Kontaktpersonen in den Fischereiverwaltungen (Projektauftraggeber)
Rheinland-Pfalz:
Herr Dipl.-Biol. L. Jörgensen Struktur- und Genehmigungsdirektion Nord Obere Fischereibehörde Neustadt 21 56068 Koblenz
(Projektgewässer: Siegsystem, Lahn, Mühlbach, Ahr, Saynbachsystem, Nette & Moselsystem)
Hessen:
Dr. Christian Köhler Regierungspräsidium Darmstadt Obere Fischereibehörde Wilhelminenstr. 1-3 64278 Darmstadt
(Projektgewässer: Wisper, Kinzig, Schwarzbach/Ts.)
Herr Walter Fricke, Herr Guntram Ohm-Winter
Regierungspräsidium Gießen Obere Fischereibehörde Schanzenfeldstr. 12 35578 Wetzlar
(Projektgewässer: Lahn, Dill, Weil)
Initiativen, die aktiv am Lachsprojekt mitwirken
ARGE-Ahr e.V. (www.arge-ahr.de)
ARGE Nette
ARGE Nister
ARGE Saynbach
IG-Lahn (www.iglahn.de)
Schutzgemeinschaft Mühlbach (SGM)
Siegfischereigenossenschaft Altenkirchen
Webseiten
Der Atlantische Lachs - Vereinigung zur Förderung des Lachses, seiner Lebensräume, seiner
ökologischen und sozioökonomischen Bedeutung e.V. www.lachsverein.de
Internationale Kommission zum Schutz des Rheins - IKSR www.iksr.org
Ausarbeitung
Dr. Jörg Schneider Bürogemeinschaft für fisch- und gewässerökologische Studien - BFS Unterlindau 78 60323 Frankfurt am Main
E-mail: [email protected]
Mehr Infos gewünscht? Dann fordern sie bitte die kostenlose Broschüre „Der Lachs
kehrt zurück“ beim Ministerium für Umwelt, Forsten und Verbraucherschutz Rheinland-Pfalz, Kaiser-Friedrich-Straße 1, 55116 Mainz an!
Tel.: (06131) 16 44 68
E-mail: [email protected]
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