25 Jahre DIHS-DAKOSY Interessengemeinschaft Hamburger
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25 Jahre DIHS-DAKOSY Interessengemeinschaft Hamburger
25 Jahre DIHS-DAKOSY Interessengemeinschaft Hamburger Spediteure GmbH Vortrag von Herrn Volkhard Erdelbrock, Vorstandsvorsitzender a.D. der Datenkommunikationssystem AG, anlässlich des Festessens am 27. Juni 2008 im Hafenclub Hamburg Sehr geehrter Herr Vorsitzender, verehrte Festgemeinde, auf dem letzten CCC, Cremon Cargo Chat, machte mich die Marketingchefin von DAKOSY, Frau Woywod, mit einer jungen Journalistin bekannt. Da sie von DAKOSY noch nicht viel gehört hatte, erzählte ich ihr, dass ich im Herbst 1981 im Auftrag der Gesamthafen-betriebsgesellschaft mit den Tätigkeiten zum Aufbau von DAKOSY begonnen hätte. „Oh“, sagte sie, „da bin ich ja gerade geboren worden.“ So schnell vergeht die Zeit. Wenn wir heute die Gründung der DIHS feiern, so müssen wir zunächst auf die Gründung der heutigen DAKOSY AG schauen - und auch sie ist nicht zu verstehen ohne ihre Vorgeschichte. Bereits um 1970 herum wurde die Forschungsgemeinschaft Hamburger Spediteure zur Anwendung der Datenverarbeitung im Hamburger Hafen e.V. gegründet. Hindergrund hierfür war, dass die Seehafenspediteure fürchteten, dass mit dem aufkommenden Containerverkehr die Reeder Haus-Haus-Geschäfte entwickeln würden, die zur Ausschaltung des Seehafenspediteurs führen könnten. Dem entgegenzuwirken wollte man ein System in Hamburg bauen unter der Führung der Hamburger Seehafenspediteure, an dem kein Ablader, aber auch kein Reeder vorbei operieren könnte. Zu dieser Zeit besaßen nur ganz wenige große Unternehmen eigene EDV-Anlagen. Daher wurde zunächst ein zentralistisches Konzept verfolgt, d. h. man wollte ein großes EDV-System bauen, an dem alle am Umschlag beteiligten Unternehmen mit „dummen Terminals“, d.h. Bildschirmen und Druckern angeschlossen werden sollten. Aus dieser Initiative heraus wurden zwei Gesellschaften gegründet: die DHH Datenbank Hafen Hamburg und - man möge es kaum glauben - in einer Hamburg-Bremer Kooperation auch die dbh, die Datenbank Bremische Häfen. Ungefähr fünf Jahre lang wurde konzipiert und entwickelt, unendliche Arbeitsstunden der beteiligten Arbeitsgruppen und viel Geld wurden investiert, aber unter dem Eindruck der Konjunkturkrise 1973/74 ist dieses Projekt im Frühjahr 1975 in Hamburg erfolgreich gescheitert. Die DHH wurde liquidiert, wo hingegen die Bremer Kollegen mit der dbh weitermachten und 1978 mit einer Teilanwendung in Betrieb gingen. In Hamburg passierte zunächst gar nichts auf übergeordneter Ebene. Jedoch entwickelte sich im Gleichklang mit der Wirtschaft allgemein die Datenverarbeitung zügig in den einzelnen Unternehmen. 1979 tat sich dann eine kleine Arbeitsgruppe zusammen, die die DAKOSY-Idee entwickelte. Es waren dies die Herren Fellner (ExIT-Chef von Max Grünhut, dann IT-Berater), Lücke (IT-Chef der HHLA), Witt (IT-Chef von Paul Günther) und die Herren Dethloff und Chabrowski der GHBG Gesamthafenbetriebsgesellschaft. Diese Herren hatten erkannt, dass zwar die innerbetriebliche EDV in den einzelnen Unternehmen große Fortschritte gemacht hatte, jedoch die überbetriebliche Datenkommunikation nicht vorhanden war. Man konnte damals sehen, dass Mitarbeiter bspw. bei der HHLA oder Hapag-Lloyd Schiffszettel und Konnossemente in ihre EDV-Systeme hineinerfassten, denen man ansehen konnte, dass sie bereits von einem Computer eines Spediteurs erzeugt worden waren. Es ging also darum, die mehrfache Datenerfassung identischer Daten zu vermeiden, um damit Fehlermöglichkeiten auszuschalten, aber auch Geld und Zeit zu sparen. Parallel dazu hatten die Hamburger Tallyfirmen eine Projektidee entwickelt, dass sie alle über den Hamburger Hafen verteilten Tallyunternehmen durch ein gemeinsames IT-System vernetzen wollten. Die genannte Gruppe entwickelte sogar eine Pilotanwendung, in der nachgewiesen wurde, dass ein Schiffszettel eines Spediteurs elektronisch in das System der HHLA übermittelt werden konnte. Man hatte sich auch schon Gedanken über ein Gebührensystem gemacht. So sollten die Spediteure pro Sendung 2 DM, die Linienagenten pro empfangenem B/L 1 DM und die Kaibetriebe pro empfangenen Schiffszettel 0 DM bezahlen. Auf dieser Basis verfasste die GHBG ein Verpflichtungsschreiben, dass an alle potenziellen Teilnehmer ging, in dem DAKOSY einschließlich der Kostenstruktur beschrieben war und gebeten wurde, mit einem anliegenden Schreiben verpflichtend die Teilnahme zu bestätigen. Man kann sich vorstellen, dass das Echo hierauf ausgesprochen gering war. Nur einige wenige Unternehmen antworteten etwa in dem Sinne: „Klingt ja alles ganz interessant, meldet euch mal wieder, wenn das System läuft“. Jedoch wurde die Entwicklung der DAKOSY-Idee durch das Präsidium des Unternehmensverbands Hafen Hamburg begleitet und gefördert. Eine besondere Rolle nahm hier der damalige Generalvertreter Hafen Hamburg, Herr Helmut Hansen, ein, der durch seine Hafenvertreter erkannt hatte, dass der Bremer Hafen ein intensives Marketing dadurch betrieb, dass er das System der dbh herausstellte als ein weltweit führendes innovatives Hafendatensystem. Wenn die Hamburger Hafenvertreter zu den großen Abladern kamen, wurden sie natürlich darauf angesprochen, was sie von den Bremer Hafenvertretern gehört hatten. Herr Hansen hatte also erkannt, dass für die Rolle Hamburgs als Gesamthafen ein ebenfalls übergeordnetes und möglichst besseres System geschaffen werden müsste. In dieser Phase erhielt ich von der GHBG den Auftrag, bei der Etablierung von DAKOSY beratend tätig zu sein. Ich hatte in meiner Tätigkeit für die IBM Deutschland in den 70-er Jahren viele Firmen der Seehafenverkehrswirtschaft betreut und vor diesem Hintergrund auch intensiv die Entwicklung der DHH und ihr Scheitern miterlebt. Seit 1980 war ich der Hamburger Geschäftsstellenleiter eines Softwarehauses und akquirierte natürlich auch bei meinen alten Kunden, zu denen die GHBG gehörte. Aus diesem Auftrag entstand das „Konzept zur Weiterentwicklung von DAKOSY“, in dem beschrieben wurde, wie die Idee DAKOSY umzusetzen sei einschließlich eines kleinen Businessplanes. Eine Lehre aus dem Scheitern der DHH war, ein überschaubares System zu planen mit klaren Aussagen über die zu erwartenden Kosten und Erlöse. Im Mai 1981 beschloss dann das Präsidium des UV die Realisierung von DAKOSY und ermächtigte die GHBG, ein entsprechendes Unternehmen mit zwei Millionen DM Stammkapital zu gründen. Falls diese nicht ausgereicht nachzuschießen. hätten, war man bereit, noch eine Million DM Für die Geschäftsführung der GHBG stellte sich die Frage: Wer realisiert das Konzept? So ereilte mich das Schicksal des Beraters: „Wollen Sie nicht das umsetzen, was sie da so schön beschrieben haben?“ Am 01.Oktober 1981 begann ich dann in vier leeren Räumen im Cremon 9 mit dem Aufbau des Datenkommunikationssystems für den Hamburger Hafen. Die Gründung der DAKOSY GmbH erfolgte dann im Juni 1982. Es wurden die ersten Mitarbeiter eingestellt, und die eigentliche Entwicklung des Systems geschah in einzelnen Arbeitsgruppen der Branchen Spedition – Kai Linienagenten. In einem spöttisch genannten „Raufclub“ kamen alle Branchen zusammen, um unterschiedliche Vorstellungen zu harmonisieren. Ergebnis dieser Arbeiten war das DAKOSY-Handbuch, das allen interessierten Unternehmen zur Verfügung gestellt wurde, und mit dessen Beschreibung die einzelnen Firmen ihre Anschlussprogrammierung durchführen konnten. Einer der Streitpunkte war bspw. die Frage, wann der Schiffszettel als dem Kaibetrieb zugegangen gilt. Mit der Autorität von Herrn Kern als dem Präsidenten des UV wurde auch dieses Problem gelöst. Ein großes Problem stellte die von der GHBG entwickelte Preissystematik dar. In jeder Arbeitsgruppensitzung erklärten die Spediteure, dass dies niemals zu akzeptieren sei. Mit welcher Berechtigung die Spediteure 2 DM, die Linienagenten nur 1 DM und die Kaibetriebe sogar nichts bezahlen sollten, war nicht vermittelbar, interessant dabei war, dass die Vertreter aller Branchen erklärten, von einem laufendem DAKOSY-System keinerlei Nutzen zu haben. In einer gemeinsamen Arbeitssitzung habe ich dann schließlich erklärt: „Meine Herren, es besteht ein großer Konsens, dass DAKOSY für niemanden einen Nutzen besitzt. Aus unerfindlichen Gründen arbeiten Sie aber alle konstruktiv in den Arbeitsgruppen mit, woraus folgt, dass das System DAKOSY doch gewollt ist. Daher schlage ich vor, dass wir die Kosten von DAKOSY im Sinne eines Solidarwerkes gleichmäßig aufteilen, das heißt, jede Branche trägt ein Drittel.“ Mit diesem Vorschlag kehrte ein erstaunlicher Friede ein. Wohl wäre Herr Schimmelpfeng nicht der Geschäftsführer eines Spediteurverbandes, wenn ihm dazu nicht noch etwas Besonderes eingefallen wäre. Er argumentierte, dass es im Hafen ja nicht drei, sondern eigentlich vier Branchen gäbe, nämlich als vierte Branche die Tallyunternehmen. Da nun das Tallygewerbe bei weitem nicht die wirtschaftliche Bedeutung hatte wie die übrigen drei Branchen, einigte man sich schließlich auf einen Schlüssel, dass die großen Verbände je 30% und das Tallygewerbe 10% der DAKOSY-Kosten tragen sollten (von diesen 10% haben die Kaibetriebe noch einmal ein Drittel übernommen aufgrund der Tatsache, dass sie selber Tallyaktivitäten durchführten). Neben der eigentlichen Systementwicklung in den Arbeitsgruppen mussten jedoch auch die Teilnehmer akquiriert werden. Die Kaibetriebe hatten sich von Beginn an verpflichtet, alle mitzumachen, so dass für den Empfang der Kaianträge über DAKOSY eine Abdeckung über den gesamten Hafen gegeben war. Es war jedoch klar, dass DAKOSY nicht erfolgreich sein konnte ohne die Teilnahme der Spediteure, da diese die Quelle der zu kommunizierenden Daten darstellten. Im VHSp wurde die Haltung zu der DAKOSY-Initiative auf Verbandsebene diskutiert. Grundsätzlich hätte sich die Spedition neutral verhalten können, eventuell auch ablehnend oder aber aktiv. Schließlich ergab sich eine positive Haltung, die zur Gründung der DIHS durch 21 Spediteure führte, die jeder einen Gesellschaftsanteil von 20.000 DM zeichneten. Dabei hatte Herr Schimmelpfeng eine geniale Idee: Mit der Zeichnung der Gesellschaftsanteile mussten die Gesellschafter auch DAKOSY-Nutzungsverträge unterschreiben, in denen sie verpflichtet wurden, bereits ab Unterschrift die DAKOSY-Gebühren zu bezahlen und nicht etwa erst ab der Nutzung. Dies hatte zur Folge, dass die einzelnen Spediteure sich zügig an die Anschlussprogrammierung machten, nach dem Motto: „Wenn ich denn schon hier bezahlen muss, dann will ich auch frühzeitig den Nutzen haben.“ Per 01.07.1983 wurde die DIHS dann auch Gesellschafter der DAKOSY GmbH. Im Gegensatz zu den Spediteuren nahmen die Linienagenten eine neutrale Haltung ein und überließen es DAKOSY, die einzelnen Firmen zu akquirieren. Nachdem bis 1985 ca. 25 Einzelverträge mit den Agenten abgeschlossen werden konnten, ergab das Erlösvolumen dieser Einzelverträge ungefähr das für die Branche vorgesehene Drittel der DAKOSY-Kosten. Daraufhin war man dann auch bei der VHSS, der Vereinigung Hamburger Schiffsmakler und Schiffsagenten, der Überzeugung, nun könne man auch DAKOSY-Gesellschafter werden. Herr Bültjer als VHSSGeschäftsführer orientierte sich am Beispiel der Spediteure, und so wurde die DIHLA - DAKOSY Interessengemeinschaft Hamburger Linienagenten gegründet, und Herr Bültjer konnte sich bis hin zur Formulierung des Gesellschaftsvertrages an dem Beispiel der DIHS orientieren. Die Programmierung bei DAKOSY einerseits und bei einer Reihe aktiver Teilnehmer andererseits war soweit fortgeschritten, dass zum 01.07.1983 die Aufnahme des Betriebes geplant wurde und zwar zunächst für die Kommunikationsbeziehung „Spedition – Kai“ für die Übertragung des Schiffszettels. Am 01.07.1983, 7 Uhr morgens, schickte Herr Harders, damals IT-Chef von Rhode und Liesenfeld, drei handgedrechselte Schiffszettel über den Draht an DAKOSY mit Zielort HHLA. DAKOSY hatte die drei Dokumente erfolgreich empfangen, jedoch konnte die HHLA sie zunächst nicht abrufen. Herr Liesenfeld senior ließ es sich nicht nehmen, bei einem Gespräch wenige Tage später Herrn Kern als Chef der HHLA auf diese Fehlleistung hinzuweisen. Nach diesem „Erfolgserlebnis“ ließ es auch Herr Harders langsam angehen und nahm den eigentlichen Betrieb erst im September auf. 1984 ging dann die nächste Kommunikationsbeziehung in Betrieb: Spediteure konnten Konnossemente an die Linienagenten schicken. Diese Anwendung hatte jedoch in den ersten Jahren ein Problem, dass im Bereich der Sendungsbeschreibung die Spediteure darauf bestanden, die Daten unformatiert zu senden, so wie man eben auch im papiermäßigen B/L die Feldeinteilungen bspw. der marks and numbers überschreiben konnte. Dies erschwerte die Weiterverarbeitung für die Linienagenten und Reeder ganz außerordentlich, so dass viele Jahre meistens die B/L doch nur ausgedruckt und anschließend neu erfasst wurden. Erst Jahre später mir der Einführung des sogenannten Edifact-B/L konnte dieses Problem gelöst werden. Die Entwicklung von DAKOSY schritt zügig fort, es wurden weitere Nachrichtentypen realisiert, neben dem Schiffszettel die übrigen Kaianträge und als ein wichtiger Nachrichtentyp der sogenannte Containerbewegungssatz. Bei DAKOSY wurde aber auch erkannt, dass eine Beschränkung auf die nackte Datenkommunikation langfristig nicht zum Erfolg führen würde. So begann DAKOSY mit der Entwicklung spezifischer Anwendungssysteme und zwar immer dann für die Bereiche oder Firmen, die über keine eigene angemessene Anwendungssoftware verfügten. So wurde bereits ab 1983 für die Seehafenspediteure das Produkt SEEDOS entwickelt, um Spediteuren ohne eigene IT eine DAKOSY-fähige Anwendungssoftware zur Verfügung zu stellen. Für die Tallybranche, die sich von ihrem eigenen Projekt aufgrund zu hoher Kosten zwischenzeitlich verabschiedet hatte, entwickelte DAKOSY das TALLDOS - Tallydokumentationssystem. Mit dem Hafenbahnbetriebs- und Informationssystem HABIS und dem Gefahrgutinformationssystem GEGIS wurden im Auftrag der Freien und Hansestadt Hamburg bedeutsame Systeme für die Hafenbahn und die Wasserschutzpolizei entwickelt, die bis heute erfolgreich im Einsatz sind. Hatte man in den ersten DAKOSY-Jahren die DAKOSY GmbH als eine non-profitOrganisation angesehen nach dem Motto: „Die Gebühren werden ja von den Gesellschaftern aufgebracht, dann brauchen sie auch keine Gewinnanteile zu erhalten“, so ergab sich durch die Entwicklung der zusätzlichen Anwendungen ein immer stärker wachsender Kundenkreis auch außerhalb der Gesellschaftergruppen. So ist DAKOSY (2001 von der GmbH in die AG umgewandelt) seit 2002 in der glücklichen Lage, für jedes Jahr bis heute ununterbrochen ansteigende Gewinne ausweisen zu können. Dass dies alles nicht selbstverständlich ist, zeigt der Blick auf andere Häfen oder auch auf das Reedereiportal INTTRA, wo über viele Jahre beträchtliche Millioneninvestitionen mit nur mäßigem Erfolg durchgeführt wurden. Ich bezeichne den DAKOSY-Erfolg gern als ein „Hamburger Wunder“, das seine Wurzeln in der Kooperationsfähigkeit und der Kooperationswilligkeit der gesamten Hamburger Seehafenverkehrswirtschaft hat. Vor diesem Hintergrund wird der Wunsch für die DAKOSY AG und ihren Gesellschafter DIHS GmbH „vivat, crescat, floreat – lebe, wachse und gedeihe – “ in Erfüllung gehen.