auswirkungen der neuen werkstoffe, fügetechniken und

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auswirkungen der neuen werkstoffe, fügetechniken und
AUSWIRKUNGEN DER NEUEN WERKSTOFFE, FÜGETECHNIKEN
UND KAROSSERIEKONZEPTE AUF DIE
UNFALLINSTANDSETZUNG
Dipl. Ing. Univ. Michael Weiland
Zusammenfassung: Den steigenden Anforderungen hinsichtlich der
Crashsicherheit von Straßenfahrzeugen – speziell Pkw – muss auch bei der
Instandsetzung Rechnung getragen werden. Durch eine Unfallreparatur darf das
Deformationsverhalten und somit die Crashsicherheit nicht beeinflusst werden.
Ebenso darf die Reparatur keinen Einfluss auf die Reparaturkosten bei einem
Folgeschaden (Zweitreparatur) haben. Dass diese Forderungen durch eine
fachgerechte Instandsetzung nach Herstellervorschrift vollständig erfüllt werden
können, hat das Allianz Zentrum für Technik durch eine Versuchsreihe Ende 1999
eindeutig bewiesen.
Die Forderung nach geringem Fahrzeuggewicht bei gleichzeitig verbesserter
Torsionssteifigkeit und Crashsicherheit macht den Einsatz neuer Werkstoffe,
Fügetechniken und Karosseriekonzepte nahezu unumgänglich.
Bereits heute kann es dadurch bei der Instandsetzung zu Abweichungen von der
bisher gängigen Reparaturpraxis kommen.
Diese Entwicklung wird fortschreiten und die Fahrzeugreparatur, speziell auch die
Unfallinstandsetzung erheblich beeinflussen.
Dennoch muss es auch in Zukunft möglich sein, eine fachgerechte
Unfallinstandsetzung durchzuführen, die keinen Einfluss auf Karosseriesteifigkeit,
Deformationsverhalten, Crashsicherheit und Reparaturkosten bei einem
Folgeschaden (Zweitreparatur) hat. Hierzu müssen sich sowohl die Stahlhersteller
als auch die Fahrzeughersteller bereits in der Entwicklung Gedanken über technisch
und optisch gleichwertige Reparaturlösungen machen. Ansonsten werden sich neue
Fahrzeugkonzepte auf dem Markt nicht durchsetzen können, weil ein erheblicher
Anstieg der Versicherungsprämien die Folge wäre. Und dies wird der Autofahrer
nicht akzeptieren.
Schlagworte: Instandsetzung und Crashverhalten, höherfeste Stähle, Tailored
Blank, Tailored Tubes, alternative Fügeverfahren
EFFECTS OF NEW MATERIALS, CONNECTING TECHNOLOGIES
AND CAR BODY CONCEPTS ON CRASH REPAIR METHODS
Abstract: Repair methods must also meet the rising demands on the safety of road
vehicles – especially passenger cars - involved in a crash. The deformation behavior
and thus crash safety is not allowed to be influenced by accident repair work. Nor is
the repair method permitted to influence the repair costs in case of consequential
damage (second crash). In a series of tests at the end of 1999, the Allianz Center for
Technology clearly demonstrated that these demands are able to be completely
fulfilled by means of professional repair work complying with manufacturer
instructions. The call for lighter vehicles along with higher torsional rigidity and crash
safety makes the use of new materials, joining technologies and car-body concepts
virtually indispensable. The use of these may already lead to deviations from hitherto
common repair practices. This development will continue and considerably influence
vehicle repair methods. Nevertheless, in future it must also be possible to carry out
professional accident repairs which do not affect body stiffness, deformation
behavior, crash safety and repair costs in a second crash. Hence, already in the
development stage the steel industry and vehicle manufacturers ought to think about
technical and visual repair solutions. Otherwise new vehicle concepts will not be able
to gain acceptance in the market, because they would result in considerable
insurance premium increases. And that is something motorists would not tolerate.
Keywords: Repair and crash behaviour, High Tensible Steel, Tailored Blanks,
Tailored Tubes, alternative connecting methods.
1
Einleitung
Den steigenden Anforderungen hinsichtlich der Crashsicherheit von
Straßenfahrzeugen – speziell Pkw – muss auch bei der Instandsetzung
Rechnung getragen werden. Durch eine Unfallreparatur darf das
Deformationsverhalten und somit die Crashsicherheit nicht beeinflusst werden.
Ebenso darf die Reparatur keinen Einfluss auf die Reparaturkosten bei einem
Folgeschaden (Zweitreparatur) haben. Dass diese Forderungen durch eine
fachgerechte Instandsetzung nach Herstellervorschrift vollständig erfüllt werden
können, hat das Allianz Zentrum für Technik durch eine Versuchsreihe Ende
1999 eindeutig bewiesen.
Durch den Einsatz neuer Werkstoffe und Fügetechniken kann es bei modernen
Fahrzeugen in der Instandsetzung zu Abweichungen von der bisher gängigen
Reparaturpraxis kommen. Dennoch ist es auch hier möglich, die vorher
genannten Forderungen vollständig zu erfüllen. Vorraussetzung dafür ist jedoch,
dass die Fahrzeughersteller entsprechende Reparaturlösungen anbieten, die
Reparaturanweisungen jeder Fachwerkstatt zugänglich zu machen und diese
hersteller- und typabhängigen Reparaturvorschriften bei der Instandsetzung
genauestens beachtet werden.
Die nachstehenden Ausführungen und Reparaturbeispiele sollen Stahlhersteller,
Fahrzeughersteller sowie alle mit der Unfallinstandsetzung befassten
Institutionen und Handwerker sensibilisieren, sich mit den Konsequenzen der
neuen Technologien auseinanderzusetzen
.
2 Einsatz von höherfesten Blechen, Tailored Blanks und Tailored Tubes
Die Forderung nach geringem Fahrzeuggewicht bei gleichzeitig verbesserter
Torsionssteifigkeit und Crashsicherheit macht den Einsatz höherfester oder
hochfester Bleche nahezu unumgänglich. Hierdurch lassen sich trotz
verringerter Wandstärke höhere Bauteilsteifigkeiten und eine höhere
Energieaufnahme erzielen.
Durch den Einsatz sogenannter Tailored-Blanks lassen sich weiter Fortschritte
hinsichtlich Gewicht und Energieaufnahme erzielen. Hierbei werden vor dem
Umformprozess zwei oder mehrere Teilbleche durch Quetschnaht- oder
Laserschweißung zu Platinen verschweißt. Dabei können sowohl verschiedene
Blechstärken wie auch unterschiedliche Stahlsorten zum Einsatz kommen. Dies
ermöglicht einerseits den Wegfall von zusätzlichen Verstärkungen an
hochbelasteten Stellen durch die Verwendung dickerer oder höherfester
Teilbleche, andererseits kann durch Platinen mit gezielt zunehmender
Materialdicke z.B. ein treppenförmig ansteigendes Widerstandsmoment vom
Stoßfänger bis zur Stirnwand erzielt werden.
Bild 1
Mit den sogenannten Tailored Tubes, die im Innenhochdruck-Umformverfahren
(IHU) hergestellt werden, ergeben sich weitere Möglichkeiten zum Einsatz
kostengünstiger, hochbelastbarer Leichtbauteile mit äußerst komplexer
Formgebung. Hierbei handelt es sich um hohlkörperförmige Bauteile, die durch
Innenhochdruck und evtl. zusätzlich hydraulisch aufgebrachte Axialkräfte in die
gewünschte Form gebracht werden. Durch die Umformung werden im
allgemeinen sowohl Härte, Zugfestigkeit als auch das
Schwingungsfestigkeitsverhalten positiv beeinflusst. Nachdem diese Teile z.B.
im Bereich der Abgasanlagen schon länger zum Einsatz kommen, finden
derartige Bauteile zunehmend auch im Bereich hochbelastbarer Karosserieteile
Verwendung.
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Instandsetzung und Crashverhalten
Ziel jeder PKW-Instandsetzung ist die Wiederherstellung von:
- Verkehrs- und Betriebssicherheit,
- Betriebsfestigkeit
- Karosseriesteifigkeit,
- Deformationsverhalten,
- Korrosionsschutz.
Speziell die Wiederherstellung des ursprünglichen Deformationsverhaltens
gewinnt zunehmend an Bedeutung.
Den steigenden Anforderungen hinsichtlich Crashsicherheit muss auch bei der
Instandsetzung Rechnung getragen werden. So ist das Rückformen von
Strukturteilen ohne anschließendes Austrennen des erheblich (scharfkantig)
deformierten Bereiches abzulehnen. Werden derartige scharfkantige
Verformungen instandgesetzt, ist mit einer erheblichen Veränderung des
Deformationsverhaltens zu rechnen. Bei hochfesten Stählen ist ein Rückformen
ohnehin nur noch sehr eingeschränkt möglich. Hier kann bereits das
Rückformen von geringen Deformationen zu Verringerungen der Streckgrenzund Zugfestigkeitswerte des betroffenen Materials führen. Im Zuge einer
Karosserieinstandsetzung ist daher sehr sorgfältig abzuwägen, ob aufgrund der
Strukturverformung ein Rückformen noch zulässig ist. Um das vom Hersteller
genau berechnete und mit den Insassenschutzsystemen abgestimmte
Deformationsverhalten so wenig wie möglich zu beeinflussen, ist es bei starken
Deformationen im Strukturbereich - und dieser beginnt bereits bei der
Längsträger-Endspitze – unumgänglich das betreffende Bauteil auszutauschen
oder einen vom Hersteller freigegebenen Teilersatz durchzuführen. Durch die
fachgerechte Instandsetzung nach Herstellervorschrift ist gewährleistet, dass bei
einem weiteren Unfallschaden das Deformationsverhalten und die
Crashsicherheit erhalten bleiben. Dies wurde durch entsprechende Versuche im
Allianz Zentrum für Technik (AZT) und im Kraftfahrzeugtechnischen Institut (KTI)
nachgewiesen.
Bei der Instandsetzung ist das Widerstandspunktschweißen (RP) nach wie vor
die am häufigsten eingesetzte Verbindungstechnik. Auch die höherfesten
Stahlfeinbleche zeichnen sich durch eine gute Widerstandspunktschweißbarkeit
aus. Allerdings können die Schweißparameter in Abhängigkeit von der zu
verbindenden Materialart und -stärke sehr unterschiedlich sein. Ebenso
erfordern die höherfesten und speziell die hochfesten Stähle wesentlich größere
Elektrodenkräfte, die mit handgeführten Widerstandspunktschweißgeräten zum
Teil nicht erzielbar sind. Daher ist es unumgänglich die Reparaturleitfäden/
Herstellerhinweise zu beachten und Schweißproben an diesen Blechen
vorzunehmen, um bei der Reparaturschweißung annähernd die gleiche
Festigkeit wie im Originalzustand zu erzielen. Bei der Instandsetzung von
Tailored Blanks ist es im Reparaturfall nicht möglich im Bereich der Laserstrahl
bzw. Quetschnaht eine gleichwertige Verbindung herzustellen. Daher sind
unbedingt die typabhängigen Herstellervorschriften zu beachten, in denen
entsprechende Schnittlinien oder -bereiche sowie
die anzuwendende Verbindungstechnik beschrieben werden.
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Fügeverfahren
Verbesserte Werkstoffeigenschaften können nur dann in einen
Eigenschaftszuwachs der Gesamtstruktur umgesetzt werden, wenn es gelingt,
durch die Auswahl geeigneter Verbindungstechniken die Werkstoffeigenschaften
in die angrenzende Struktur hinein zu übertragen.
Die heute in der Automobilindustrie eingesetzten Verbindungstechniken können
in drei Bereiche aufgeteilt werden:
1)
Fügen mit Wärme
- Laserstrahlschweißen
- Widerstandsschweißen
- Schutzgasschweißen
- Hartlöten/MIG-Löten/Laser-Löten
2)
-
Fügen ohne Wärme
Stanznieten
Durchsetzfügen
Falzen
Kleben
Schrauben
-
Kombinierte Fügeverfahren
Punktschweißkleben
mechanisches Fügen und Kleben
Schrauben und Kleben
3)
Grundsätzlich können diese Verbindungstechniken unterschieden werden in
solche, die ohne Wärme und solche, die mit Wärme arbeiten. Die ohne Wärme
arbeitenden Verbindungstechniken und auch die kombinierten Techniken haben
in den letzten Jahren zunehmend an Bedeutung gewonnen. Insbesondere gilt
dies bei Einsatz solcher Werkstoffe, deren Eigenschaften durch Wärmezufuhr
verändert werden können sowie auch für metallisch überzogene und/oder
organisch beschichtete Werkstoffe, deren Überzug/Beschichtung nicht
beschädigt werden soll. Darüber hinaus sind diese Verbindungstechniken auch
für Mischbauweisen mit artfremden Werkstoffen von Bedeutung.
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Reparaturbeispiele
Im folgenden werden beispielhaft die möglichen Probleme bei der
Instandsetzung von Personenkraftwagen aufgeführt. Hierdurch soll nochmals
verdeutlicht werden, dass es für moderne Fahrzeuge unumgänglich ist, die
hersteller- und typabhängigen Reparaturvorschriften zu beachten.
5.1 Beispiel für einen Längsträgerteilersatz
Je nach Beschädigungsumfang kann der Trennschnitt frei gewählt werden (Bild
2a). Nur im Bereich der Original-Quetschnahtverschweißungen darf nicht
geschnitten werden. Der Längsträgerabschnitt wird fachgerecht positioniert und
stumpf mit SG-Vollnaht verschweißt. Beim Aufschweißen des Deckblechs (Bild
2b), müssen die Schweißpunkte parallel zueinander gesetzt werden und der
vorgeschriebene Abstand (hier z. B. 45 mm) unbedingt eingehalten werden.
Bild 2a
Bild 2b
5.2 Widerstandspunktschweißen höherfester Bleche
Obwohl höherfeste Bleche prinzipiell eine ausreichende bis gute
Widerstandspunktschweißbarkeit aufweisen, kommt es speziell bei größeren
Blechdicken bzw. dreilagigen Blechverbindungen zu nicht unerheblichen
Problemen beim Schweißen im Werkstattbetrieb.
Das Beispiel (Bild 3) zeigt eine Schweißverbindung von Scharniersäule innen
(1,0 mm - ZSTE 300 BH), Verstärkung A-Säule (1,5mm-ZSTE 300 BH) und ASäule außen (2,0mm-ZSTE 300 Z). Hier ergaben sich bei Reparaturversuchen
durch den Hersteller unbefriedigende Schweißergebnisse, selbst mit modernen
leistungsstarken Punktschweißzangen. Dabei wurde deutlich, dass der
Schweißstromwert entsprechend der Anzahl der zu verbindenden Bleche
einzustellen ist, bzw. die zur Verfügung stehende Leistung der Anlagen und/oder
der Anpressdruck der Elektroden zum Teil nicht ausreichend war.
Bild 3
Dieses Beispiel unterstreicht, dass es mittlerweile unumgänglich ist, vorab
entsprechende Probeschweißungen an vorhandenen Altteilen mit Abrollversuch
(siehe DVS Merkblatt 2902) vorzunehmen und die typspezifischen
Herstelleranweisungen zur Reparaturdurchführung genauestens zu beachten.
5.3 Von der Produktion abweichendes Fügeverfahren
Nachfolgend wird der Austausch einer Dachhaut beschrieben, die mit dem
seitlichen Dachrahmen durchgehend laserstrahlverschweißt ist. Da diese
Verbindungstechnik bei der Instandsetzung nicht ausgeführt werden kann, wird
die beschädigte Dachhaut derart ausgetrennt, dass ein ca. 20 mm breiter
Flansch neben der Laser-Schweißnaht stehen bleibt. In diesem Bereich werden
Restflansch und neue Dachhaut überlappend durch Widerstandspunktschweißung und zwei im Bild nicht sichtbaren Schutzgasraupen verschweißt.
Zusätzlich müssen 4 Stahlnieten (4 x 8 mm) an den vier genau auszumessenden, mit Pfeilen gekennzeichneten Stellen eingesetzt werden (Bild 4).
Bild 4
5.4 Tailored Tubes (innenhochdruckgeformte Rohre IHU)
Ein Beispiel für die Einsatzmöglichkeiten der Tailored Tubes Technik ist die ASäulen-/Querträgerkonstruktion eines modernen Cabrios (Bild 5a). Die
Konstruktion besteht aus fünf innenhochdruckumgeformten Rohrabschnitten
hochfester Stahlqualität (Bild 5b). Dadurch, dass angepasste Querschnittsverläufe erzielt und Schweißnähte vermieden werden, ergibt sich ein deutlich
verbessertes Bauteilverhalten. Die für die Sicherheit eines Cabrios wichtige
hohe Dachsteifigkeit konnte gegenüber der bislang üblichen BlechSchalenkonstruktion um mehr als 70 Prozent erhöht werden - und dies ohne
Gewichtssteigerung. Darüber hinaus wurde gegenüber der konventionellen
Bauweise die Zahl der Einzelteile um 44 Prozent reduziert.
Instandsetzungsmöglichkeiten an derartigen IHU-Bauteilen sind praktisch nicht
gegeben.
Bild 5a
Bild 5b
5.5 Beschichtete Karosserieteile
Einen zusätzlichen Einfluss auf die Reparatur stellen Beschichtungen der
Metalle dar. Mit dem Ziel, den Korrosionsschutz weiter zu verbessern, bieten
Stahlhersteller über das bekannte Verzinken von Karosserieblechen hinaus
wirksame Oberflächen-Veredelungskonzepte an. Von den Stahlherstellern
werden u.a. zusätzlich organische Beschichtungen auf die verzinkten
Karosseriebleche aufgebracht. Für die Instandsetzung können die
Zusatzschichten beim Schweißen erhöhte Aufmerksamkeit fordern.
Die Anpassung der Schweißparameter wie z.B. Schweißstrom und
Anpressdruck bei der Widerstandspunktzange sind nötig. Das im Arbeitsablauf
vorgesehene Anfertigen von Probeschweißungen wird auch für den erfahrenen
Schweißer erforderlicher denn je.
Epoxidharz mit
Zinkpartikel
Spezialchromatierung
Zink
Stahlblech
Bild 6 Schematischer Querschnitt
5.6 Ausgeschäumte Karosseriebereiche/-hohlkörper
Einen zusätzlichen Einfluss auf die Reparatur stellen ausgeschäumte
Karosseriebereiche dar. Mit dem Ziel, die Akustik- und Crasheigenschaften
weiter zu verbessern, wenden viele Hersteller die Ausschäumtechnik an. Für die
Instandsetzung gelten für die geschäumten Bereiche besondere
Reparaturtechniken (Trennmethoden, Verbindungsmethoden). Insbesondere
bieten die Hersteller für die Reparatur spezielle Ersatz-Schaumblöcke an.
5.7 Lichtbogenlöten
In verschiedenen Bereichen der Automobilfertigung wird das Lichbogenlöten
bereits heute schon eingesetzt.
Die Lichtbogenlötverfahren können in Metall-Schutzgas- und WolframSchutzgas Lötprozesse unterteilt werden. Die Funktionsweise ist weitgehend
identisch mit dem Metall-Schutzgas (MSG)-Schweißen bzw. (Wolfram) PlasmaSchweißen mit drahtförmigem Zusatzwerkstoff. Als Zusatzwerkstoffe werden
Hart- und Hochtemperaturlote eingesetzt, deren Schmelzbereiche niedriger sind
als die der Grundwerkstoffe.
Bild 7
Üblicherweise wird das Lichtbogenlöten an verzinkten Dünnblechen
(Karosserien) eingesetzt, da durch die niedrigere Schmelztemperatur des Lotes
ein geringer Zinkabbrand sowie eine geringe thermische Belastung der Bauteile
erreicht werden kann.
In der Reparatur wird das Lichtbogenlöten zur Zeit noch nicht eingesetzt. Hier ist
die genaue Beachtung der typspezifischen Herstelleranweisung, welches
Fügeverfahren (Schweißen, Hartlöten oder dgl.) im Reparaturfall zum Einsatz
kommt, unumgänglich.
Zukünftig wird das MSG-Löten auch im Kfz-Reparraturhandwerk unumgänglich
sein. Hierzu ist die Ausrüstung der Werkstatt mit entsprechenden Geräten sowie
die Schulung des Fachpersonals dringend erforderlich.
5.8 Instandsetzung mit alternativen, kombinierten Fügeverfahren
Nachfolgend wird beispielhaft eine Hybrid-Abschnittsreparatur am Schweller
eines in Hybrid-Bauweise hergestellten Pkw beschrieben (Bild 8).
Der Arbeitsablauf ist wie folgt festgelegt:
- Beschädigten Teilbereich gemäß festgelegter Schnittlinien austrennen
(Bauteile mit Karosseriesäge, Stanzniete mit Ausdrückgerät, geklebte
Flansche mit Flachmeißel).
- Neuteil einpassen, Doppler aus Altteil zusammenfügen, einpassen und
verbohren.
- Eingepasste Teile entfernen, Klebeflansche reinigen und zum Kleben
vorbereiten (SACO-ROC, Primer).
- Kleber auf Flansche auftragen.
- Teile fügen, mit Schraubheftnadeln (Schraubheftklammern) fixieren und
schrittweise vernieten
Achtung! Schleif- und Bearbeitungsmittel dürfen wegen Korrosionsgefahr niemals
wechselweise an Aluminium und Stahl angewendet werden. Strikte Trennung ist
notwendig.
Bild 8
6
Fazit
Die Zukunft im Kraftfahrzeugbau liegt im wesentlichen in der Reduzierung des
Fahrzeuggewichts.
Die Stahlindustrie ist heute in der Lage, die eigentlich gegenläufigen
Werkstoffeigenschaften – Streckgrenze und Bruchdrehung – mit neuen
Legierungskonzepten und temperaturgeführten Herstellungsprozessen weitest
möglich zu vereinen.
Im Einsatz höherfester und hochfester Stähle in der Automobilfertigung steckt
ein enormes Potential zur Gewichtsreduzierung und Verbesserung des
Crashverhaltens. Wenn zusätzlich noch neue Anpassungen bislang eingesetzter
Konstruktionen, Einsatz von Tailored-Blanks sowie neue Verbindungstechniken
zum Einsatz kommen, ist der ideale Kompromiss für alle Bauteileigenschaften
hergestellt. Dies wird nicht zuletzt durch die Herstellung von Tailored-Blanks
erreicht, welche die verschiedenen Anforderungen an Werkstoff,
Oberflächenüberzüge sowie Werkstoffdicken in einem Bauteil vereinen können.
Das konventionelle Widerstandspunktschweißen ist heute bei der modernen
Fertigung von Fahrzeugkarossen nach wie vor die noch am häufigsten
eingesetzte Verbindungstechnik. Auch die höherfesten Stahlfeinbleche zeichnen
sich durch eine gute Widerstandspunktschweißbarkeit aus. Bei Anpassung
grundlegender Schweißparameter, wie Erhöhung der Elektrodenkraft und
Anpassung der Nachhaltezeit können auch Mischverbindungen zwischen
verschiedenen weichen- und höherfesten Werkstoffgüten problemlos realisiert
werden. Dabei ist jedoch zu beachten, dass das Eigenschaftsprofil moderner
höherfester Stahlfeinbleche durch Wärmezufuhr zum Teil erheblich verändert
wird. Aus diesem Grund sind Verbindungstechniken, die ohne Wärme arbeiten,
oder auch die Kombination des Punktschweißens mit der Klebetechnik von
zunehmender Bedeutung.
Beim Schutzgasschweißen weisen höherfeste Stähle eine gute Schweißbarkeit
auf, jedoch werden – mehr als beim Widerstandpunktschweißen – beim
Schutzgasschweißen durch die Wärmebeeinflussung Gefügeveränderungen
hervorgerufen.
Verstärkt findet man heute auch in Fahrzeugstrukturen
innenhochdruckumgeformte Werkstücke (IHU). Diese müssen hohen
Anforderungen hinsichtlich produzierender Qualität, Lebensdauer und
Zuverlässigkeit bei gleichzeitig vergleichsweise hohen Prozesslasten und damit
verbundenen Beanspruchungen genügen. Die Fertigungsstückzahl moderner
IHU-Anlagen für anspruchsvolle Fahrzeugleichtbauteile belegen, dass der Bau
entsprechender formgebender Werkzeuge heute bereits möglich ist und diese
Teile in verschiedenen hochwertigen Fahrzeugkarossen bereits zum Einsatz
kommen.
Auch Klebeverbindungen ermöglichen im Gegensatz zu punktförmigen
Verbindungselementen eine großflächige Kraftübertragung zwischen den
Fügepartnern. Das Kleben bietet sich aufgrund einer maximalen
Werkstoffausnutzung der zu verbindenden Komponenten als Fügeverfahren
insbesondere für Leichtbaukonstruktionen im Automobilbau an.
Klebeverbindungen bieten daher die Möglichkeit Fahrzeugkarosserien und
Anbauteile leicht, aber trotzdem verformungssteif und crashsicher zu gestalten.
Auch umformtechnische Fügeverfahren wie das Clinchen und das Stanznieten
halten zunehmend Einzug in die Blechverarbeitung. So werden heute schon bei
der Herstellung von Bauteilen und Strukturen aus gewalzten Halbzeugen
zunehmend Aluminiumbleche sowie vorbeschichtete oder hochfeste Stahlbleche
eingesetzt und im Stanznietverfahren etc. verbunden.
Somit ist es zwingend notwendig das Personal des Karosserie- und KfzFachbetriebes zu sensibilisieren, sich vor der Karosseriereparatur einer neuen
Fahrzeuggeneration generell mit der Problematik – welches Fügeverfahren
wurde bei der Produktion eingesetzt und mit welchem Fügeverfahren ist die
Instandsetzung durchzuführen – auseinander zu setzen. Gegebenenfalls ist hier
Rücksprache mit dem jeweiligen Herstellerwerk zu nehmen.
Die Fahrzeughersteller müssen sich zusammen mit den Stahlherstellern bereits
in der Entwicklung neuer Fahrzeuge intensiv Gedanken über technisch und
optisch gleichwertige Reparaturlösungen machen. Ansonsten werden sich neue
Fahrzeugkonzepte auf dem Markt nicht durchsetzen können, weil ein erheblicher
Anstieg der Versicherungsprämien die Folge wäre. Und dies wird der Autofahrer
nicht akzeptieren.