Höhentraining Neuer Forschungsschwerpunkt am Institut für

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Höhentraining Neuer Forschungsschwerpunkt am Institut für
Mountainbiken
CHILT-Projekt
Höhentraining
Natursport
Dopinganalytik Talentförderung
Editorial
Die Präsentation aktueller Forschungsprojekte der
größten Sportuniversität Europas steht im Mittelpunkt der neusten Ausgabe des Wissenschaftsmagazins der Deutschen Sporthochschule Köln.
Die Projekte aus den Bereichen Natursport, Dopinganalytik, Trainingswissenschaft und Talentdiagnostik sind nur kleine Einblicke in das breite
Spektrum der Forschungsaktivitäten an unserer
Universität.
2006 wird in Deutschland die Fußball-Weltmeisterschaft statt finden. Seit 2002 führt der Deutsche
Fußball-Bund ein Talentförderprogramm durch, an
dem bundesweit in 387 Stützpunkten mehr als
22.000 Jungen und Mädchen im Alter von 11 bis 16
Jahren beteiligt sind. Die sportwissenschaftliche
Begleitung des Projekts mit dem Ziel, deutlich
schneller und mehr Spieler und Spielerinnen als
bisher mit besserer Ausbildung in die Spitze von
Amateur- und Profifußball zu bringen, liegt beim
Institut für Sportspiele der Deutschen Sporthochschule Köln. Der Beitrag „Talentdiagnostik im
Nachwuchsfußball“ von Stefan Lottermann und
weiteren Mitarbeitern des Instituts gibt einen Einblick in das Konzept, stellt die Testbatterie vor und
bietet einen Überblick über mögliche Konsequenzen für die weitere Projektarbeit.
Vor kurzem sind die Olympischen Spiele zu Ende
gegangen – auch 2004 nicht ohne die Überführung
von „Dopingsündern“. Das Institut für Biochemie,
gleichzeitig IOC-akkreditiertes Dopinglabor, war in
Athen durch Mario Thevis vertreten, der zusammen mit Institutsleiter Wilhelm Schänzer auch Autor des Beitrags „Dopinganalytik künstlicher Sauerstofftherapeutika aus quervernetztem Rinderhämoglobin“ ist. Künstliche Sauerstoffträger – als
Blutersatzstoffe für die Notfallmedizin seit langem
im Einsatz – können auch zur Leistungssteigerung
im Ausdauersportbereich verwendet werden. Der
Nachweis dieser verbotenen Substanzen ist daher
im Rahmen der Dopinganalytik zwingend notwendig. Die Autoren zeigen in ihrem Beitrag die Strukturen verschiedener Hämoglobine auf und erläutern eine Methode zum Nachweis quervernetzten
Rinderhämoglobins im Blut.
Der verstärkten Nachfrage nach bewegungsorientierten Formen der Erholung stehen in Deutschland
knappe landschaftliche Ressourcen gegenüber.
Auch der Sport ist hierbei von der Forderung nach
nachhaltigem Ressourcenverbrauch und nachhaltigen Lebensstilen nicht ausgenommen. Edwin Jakob und Gunnar Liedtke vom Institut für Natursport
und Ökologie erläutern den Begriff der Nachhaltig-
keit, beziehen ihn auf den
Sport und stellen am Beispiel
eines Skigebiets-Audit in Adelboden Nachhaltigkeitsmanagementsysteme im Natursport vor.
Am Institut für Trainings- und
Bewegungslehre gibt es seit
einiger Zeit einen neuen Forschungsschwerpunkt: Höhentraining. Höhentraining in natürlicher und künstlicher Höhe besitzt im Leistungssport
einen hohen Stellenwert. Astrid Osterburgs Beitrag erläutert die verschiedenen Formen und die Effekte von Höhentraining. Die Ergebnisse
wissenschaftlicher Studien
sind bisher widersprüchlich,
neue Forschungsansätze im
Hinblick auf Dosierung und Wirkungsweise sind
daher nötig.
Die Zahl der Kinder mit Übergewicht und Adipositas steigt auch in Deutschland erheblich an. Ursache sind in erster Linie – neben einer genetischen
Disposition – Fehlernährung und Bewegungsmangel. Hier setzt das CHILT-Projekt der Deutschen
Sporthochschule an, das Projektleiterin Christine
Graf in ihrem Beitrag vorstellt. Gerade interdisziplinäre Programme zeigen positive Effekte – vor
allem wenn auch das Umfeld der Kinder, wie Schule und Familie, einbezogen werden.
Auf der Suche nach der „Wahrheit über den Rollwiderstand“ sind Peter Nilges, Helmut Lötzerich
und Achim Schmidt in ihrem Beitrag zum Einfluss
von Reifentyp und Reifenluftdruck auf den Rollwiderstand beim Mountainbiken, den sie auf verschiedenen Untergründen untersuchten. Sie kommen in diesem Zusammenhang auf äußerst nützliche Praxisempfehlungen, die es sich lohnt zu befolgen.
Allen Leserinnen und Lesern
wünsche ich eine interessante
Lektüre und hoffe, dass mit diesen Themen wieder einmal ein
interessanter Einblick in die Vielfalt sportwissenschaftlicher Forschung an der Deutschen Sporthochschule Köln gegeben wird.
Univ.-Prof. Dr. Walter Tokarski
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Talentförderung Dopinganalytik
Natursport
Höhentraining
CHILT-Projekt
Mountainbiken
Mountainbiken
CHILT-Projekt
Höhentraining
Natursport
Dopinganalytik Talentförderung
Inhaltsverzeichnis
Editorial
Univ.-Prof. Dr. Walter Tokarski
Seite 1
Talentdiagnostik im Nachwuchsfußball
Stefan Lottermann, Peter Laudenklos, Armin Friedrich, Tobias Kirnich,
Iraklis Metaxas, Jürgen Trischoks, Alexander Ferrauti, Karl Weber
Seite 4
Neue Nachweismethoden in der Dopinganalytik
Mario Thevis, Wilhelm Schänzer
Seite 10
Nachhaltige Entwicklungen im Natursport
Edwin Jakob, Gunnar Liedtke
Seite 14
Höhentraining
Astrid Osterburg, Markus de Marées, Sarah Knuth,
Frank Suhr, Joachim Mester
Seite 20
Übergewicht und Adipositas im Kindesalter
Christine Graf, Benjamin Koch, Sigrid Dordel,
Birna Bjarnason-Wehrens, Hans-Georg Predel
Seite 26
Die Wahrheit über den Rollwiderstand
Peter Nilges, Helmut Lötzerich, Achim Schmidt
Seite 32
Impressum
Seite 40
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Talentförderung Dopinganalytik
Natursport
Höhentraining
CHILT-Projekt
Mountainbiken
Talentdiagnostik im Nachwuchsfußball
Sportwissenschaftliche Begleitung des
DFB-Talentförderprogramms
Ein Beitrag von
Stefan Lottermann
Peter Laudenklos
Armin Friedrich
Tobias Kirnich
Iraklis Metaxas1
Jürgen Tritschoks
Alexander Ferrauti2
Karl Weber
Institut für
Sportspiele
1 DFB-Stützpunkt
koordinator
2 Fakultät für
Sportwissenschaft,
Ruhr-Universität
Bochum
Der Deutsche Fußball-Bund (DFB) führt seit dem Jahr 2002 ein Talentförderprogramm durch, bei dem
bundesweit in 387 Stützpunkten mehr als 22.000 Jungen und Mädchen im Alter von 11 bis 16 Jahren einmal wöchentlich ihre individuellen technischen und taktischen Möglichkeiten verbessern sollen. Dazu
hat der DFB 1.160 Trainer verpflichtet, welche die jeweils ausgewählten 60 Talente pro Stützpunkt in
zwei Trainingsgruppen betreuen. Das bedeutet, dass in der Praxis ein Trainer für jeweils 10 Spieler zur
Verfügung steht.
Ziel des Förderprogramms ist es, deutlich schneller und erheblich mehr Spieler als bisher mit besserer Ausbildung in die Spitze von Amateur- und
Profifußball zu bringen. Um dieses ehrgeizige Ziel
zu erreichen, wird seit Anfang diesen Jahres das
Nachwuchsprogramm des DFB durch das Institut
für Sportspiele der Deutschen Sporthochschule
Köln (DSHS) sportwissenschaftlich begleitet,
nachdem wir uns in einem konkurrierenden Verfahren zwischen mehreren renommierten sportwissenschaftlichen Instituten durchgesetzt hatten.
Seit dem Jahr 2002 haben wir eine Projektgruppe
des Instituts in Zusammenarbeit mit dem DFB und
dem Fußballverband Mittelrhein eine Testbatterie
mit 6 Einzeltests zur talentorientierten Technikdiagnostik entwickelt. Pro Jahr werden zweimal von
jedem Spieler rund 35 Einzeldaten erfasst, so dass
insgesamt etwa 750.000 Testdaten ausgewertet
werden. Die Testungen finden im Frühjahr und im
Spätherbst in der Halle statt. Die sportwissenschaftliche Begleitung des DFB-Talentförderprogramms
hat sich primär folgende Ziele bis 2007 gesetzt:
Alle Fotos Copyright:
Joachim Storch
Bad Homburg
■ Identifikation relevanter Talentmerkmale
■ Erstellung von Normbereichen
■ Darstellung individueller Entwicklungs- und
Karriereverläufe
■ Auswertung von Gruppenvergleichen
■ Darstellung von Talentprofilen u. Talentscores
■ Ableitung von Trainingsinterventionen
■ Dokumentation, Evaluation und Qualitätssicherung von Testbatterie u. Talentförderprogramm.
Die einzelnen Tests der Testbatterie wurden so
konstruiert, dass vornehmlich das technisch-koordinative Fähigkeitspotenzial eines Spielers hinsichtlich der Grundfertigkeiten Passen, Ballkontrolle, Dribbling und Torschuss gefordert wird.
Durch die bereits ausgeführten und zukünftig geplanten Quer- und Längsschnittsuntersuchungen
eröffnen sich erhebliche Entwicklungsperspektiven für eine verbesserte fußballspezifische Talentdiagnostik und -prognose.
Untersuchungsmethodik
und erste Testergebnisse
Die Konstruktion der Tests folgte konsequent den
Anforderungen des Spiels und spiegelt die wesentlichen Elemente aus technischer Sicht wider:
■ Dribblings mit Richtungswechseln
(überwiegend 30° bis 180°)
■ Torschuss nach Vorlegen des Balles
■ Begünstigung von Beidfüßigkeit
■ Timing von Körper und Ball
■ Zulässigkeit von individuellen Ausführungspräferenzen
■ Kurze Beschleunigungsphasen
(häufiges Starten, Bremsen, Stoppen)
■ Kurze zeitliche Belastungen (bis ca. 10 sec).
Bei der mit dem DFB abgestimmten endgültigen
Festlegung der Tests wurden folgende Prinzipien
berücksichtigt, die einem Probanden ein dem Fußballspiel entsprechend hohes Maß an Handlungsfreiheit einräumten:
■ Kombination von elementarer technischer
Fertigkeit und spezifischer Drucksituation
Mountainbiken
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■ Anforderung an allgemeine Fertigkeiten
■ Anforderungen an wettkampfspezifische
Aktionsdauer
■ Prinzip der neutralisierten Seitenpräferenz, d.h.
Begünstigung von Beidfüßigkeit
■ Prinzip der standardisierten Situationsoffenheit,
d.h. Anforderung an die situationsadäquate
Technikanpassung.
Natursport
Dopinganalytik Talentförderung
Je zwei Durchgänge auf Zeit mit Ball durch Parcours von Test 2; Start nach eigenem Ermessen
aus beliebiger Schrittstellung; Ball liegt mittig auf
Startlinie; Beidfüssigkeit von Vorteil
Test 4: Ballkontrolle
Die von uns entwickelte Testbatterie setzt sich aus
folgenden Einzeltests zusammen, die von jedem
Spieler in einer vorgegebenen Reihenfolge absolviert werden:
Test 1: Linearsprint
Zwei Durchgänge auf Zeit vom ersten Pass bis zur
Ballruhe des letzten Rückpralls im Innenfeld
Sechs Pässe aus Innenfeld im Wechsel auf zwei
Rückprallwände im Winkel von 180°; Zwei Pflichtkontakte im Innenfeld (1,5 x 1,5 m); Verlässt der
Ball das äußere Feld (7,5 x 7,5 m), wird der Versuch als Fehlversuch gewertet
Test 5: Torschuss
Zwei Läufe auf Zeit über 20 m
(elektron. Zeitmessung); Zwischenzeit bei 10 m;
Start nach eigenem Ermessen aus beliebiger
Schrittstellung
Test 2: Gewandtheitslauf
Parcours mit Spiegeleffekt
Je zwei Durchgänge auf Zeit (elektron. Zeitmessung); Start nach eigenem Ermessen aus beliebiger Schrittstellung
Test 3: Dribbling
Zwei Durchgänge mit insgesamt acht Schüssen in
zwei Zielfelder; Vorlegen des Balles mit einem
Kontakt in ein Schussfeld (2,44 x 4,88 m) im 16-mRaum; Jeweils vier Schüsse mit linkem und rechten Fuß, mit dem nächsten Ballkontakt schießt er
in das vorgegebene Zielfeld im Normaltor; Der
Spieler soll so fest wie möglich schießen; Gemessen werden Schussgeschwindigkeit (dreistufige
Einschätzung) und Trefferzahl
Test 6: Jonglieren
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Talentförderung Dopinganalytik
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dinative Leistungsunterschiede von Fußballspielern wiedergibt (LOTTERMANN et al., 2003). Darüber
hinaus wurden in einer parallel seit 2002 durchgeführten Längsschnittsstudie (n=32 Spieler eines
Leistungszentrums eines Bundesligavereins) für
den Dribblingtest, den Linearsprint und den Gewandtheitslauf signifikante Verbesserungen der
Gruppenmittelwerte festgestellt (Abb. 1). Mit Blick
auf die laufende Auswertung und Interpretation
der Testdaten sind Referenzwerte und eine hohe
Merkmalskonstanz vorhanden, was die vom DFB
gewünschten Empfehlungen zur individuellen und
kollektiven Trainingssteuerung ermöglicht.
Abb. 1:
Vergleichende
Ergebnisentwicklung in
drei Tests (DT =
Dribblingtest, GL =
Gewandtheitslauf, LS =
Linearsprint; **: p < .01)
Zwei Versuche auf Zeit über 10 m in einem Feld
von 5 x 10 m (B/L); Ball muss abwechselnd mit dem
rechten und dem linken Fußspann gespielt werden
Mindestens fünf Ballkontakte, ohne dass der Ball
den Boden berührt oder der Spieler das Feld verlässt; Hoher Motivationsfaktor, da die (noch) hohe
Durchfallquote bei diesem Test zum Üben animiert
In der Zeit von Mitte März bis Anfang Mai fand die
erste Testserie statt, deren Daten derzeit von der
Projektgruppe ausgewertet werden. Besonderes
Lob gebührt dabei den vielen Trainern in den
Stützpunkten, die nach intensiven Schulungen
durch die Projektgruppe und von 29 DFB-Stützpunktkoordinatoren (regionale Leiter von 10 bis 15
Stützpunkten) in eigener Regie die Tests erfolgreich durchgeführt und die zahlreichen Daten erfasst haben. In rund 50 Fällen wurden sie dabei
von Mitgliedern der Projektgruppe des Instituts
für Sportspiele (meist Studierende und Absolventen der DSHS) begleitet. Die Testdauer für 15 Spieler betrug etwa 45 Minuten.
Konsequenzen für die weitere
Projektarbeit und Testbegleitung
Die bereits vorliegenden Ergebnisse lassen den
Schluss zu, dass die Testbatterie technisch-koor-
DFB und Sportspielforschung sind gleichermaßen
daran interessiert, die wissenschaftliche Begleitung auf die taktisch bestimmte Anwendung der
Technik im Spiel auszudehnen. Für eine Talentdiagnostik sind daher technische und taktische Leistungsvariablen zu erfassen, die eine differenzierte
Beurteilung eines Spielers ermöglichen. Diese Beurteilung sollte einem Trainer Erkenntnisse vermitteln über
■ den aktuellen Leistungsstand der einzelnen
Spieler,
■ Ansatzpunkte für individuelle und kollektive
Trainingsmaßnahmen,
■ den Ertrag und die Effizienz vorhergehender
Trainingsinterventionen und
■ den Entwicklungsverlauf der einzelnen Spieler.
Die Problematik von zuverlässigen Talentprognosen wird durch unseren Ansatz zur Technikdiagnostik noch nicht gelöst. Hinsichtlich der Problematik von Früh- und Spätentwicklern liefert die
wiederholte Technikdiagnostik vor und nach der
puberalen Phase wertvolle Hinweise auf ein besonderes fußballspezifisches Fähigkeitspotenzial.
Hierzu werden derzeit die technischen und taktischen Beobachtungskategorien ausgewählt und
definiert sowie Beobachtungskriterien für die
Expertenbeurteilung konstruiert. In einem weiteren Untersuchungsansatz wird der Einfluss bestimmter taktischer Trainingsinhalte auf die Entwicklung der Handlungsfähigkeit analysiert, um
daraus gesicherte Empfehlungen für die Trainingssteuerung abzuleiten. Darüber hinaus arbeiten wir
im Hinblick auf eine wünschenswerte mehrdimensionale Entdeckung und Entwicklung von potenziellen Fußballtalenten auch an einem Fragebogen
zur Erfassung relevanter psychologischer und sozialer Merkmale im Quer- und Längsschnitt.
Fazit
Die Technikdiagnostik konzentriert sich auf die
Überprüfung technisch-koordinativer Fähigkeiten.
Darauf aufbauend werden Grundfertigkeiten wie
Dribbling, Passen, Ballkontrolle und Torschuss
erfasst und Leistungsunterschiede festgestellt. Die
Trainer in den DFB-Stützpunkten erhalten vom Institut für Sportspiele übersichtliche Auswertungen
und Empfehlungen, wie das Training für einzelne
Spieler und für homogene Leistungsgruppen bes-
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Talentförderung Dopinganalytik
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ser und wirkungsvoller zu gestalten ist. Damit wird
dem Anspruch des DFB Rechnung getragen, dass
das Talentförderprogramm die richtigen Inhalte
vermittelt und damit die gewünschte Zielsetzung
erreicht: technisch und taktisch versierte Spieler
für den Spitzenfußball zu entwickeln.
Die Zusammenarbeit aller Beteiligten im Rahmen
der sportwissenschaftlichen Begleitung des Talentförderprogramms war bisher hervorragend
und bildet eine gute Grundlage für das Erreichen
der gesteckten Ziele. Die Tatsache, dass sowohl
der DFB-Präsident und der zukünftige Geschäftsführende Präsident das Programm zur Chefsache
erklärt haben, verdeutlicht dessen Stellenwert.
Das Talentförderprogramm war die Folge der erfolglosen EM 2000 und von Anfang an als Langzeitprojekt – wenn nicht gar als Dauerlösung –
geplant. Talententwicklung kostet viel Zeit, Geduld
und Können, aber auch Geld. Dem DFB ist sein
Nachwuchsprogramm jährlich zwischen 10 und 13
Millionen EURO wert.
Mit ersten Auswirkungen auf das spielerische
Niveau der Nationalmannschaft wird frühestens
bei der WM 2010 gerechnet, wenn die ersten
Spieler das Förderprogramm komplett durchlaufen
und bereits ein bis zwei Jahre Bundesligapraxis
Dr. Stefan LOTTERMANN, geb. 1959, schloss
1983 sein Magisterstudium der Sportwissenschaften in Frankfurt/Main ab. 1989 folgte dort
die Promotion zum Dr. phil. in Trainingswissenschaften mit einer Analyse des Fußballs im
Hochleistungsbereich. Zwischen 1977 und 1987
spielte er als Fußballprofi in 236 Spielen für Eintracht Frankfurt, Kickers Offenbach, den 1. FC
Nürnberg und den SV Darmstadt 98 und erzielte
dabei 38 Tore. Nach seiner Profilaufbahn war er
von 1987 bis 1994 Geschäftsführer und Präsidi-
hinter sich haben. Die diesjährige erfolglos verlaufene EM in Portugal sowie die bevorstehende WM
2006 lassen den Wunsch aufkommen, dass die
Nachwuchsförderung früher ihre Früchte abwirft.
Literatur
LOTTERMANN, S., LAUDENKLOS, P., FRIEDRICH, A.,
METAXAS, I., TRITSCHOKS, J., FERRAUTI, A., & WEBER, K. (2003). Technikdiagnostik und Techniktraining im Jugendfußball. In: G. NEUMANN (Hrsg.),
Fußball vor der WM 2006. Köln: STRAUSS.
umsmitglied der Spielergewerkschaft VdV. Der
Fußball-Lehrer und langjährige Amateurtrainer
war von 2002 bis 2004 wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Sportspiele der DSHS mit
Schwerpunkt Fußball/DFB-Projekt und seit 2003
Dozent im Fußball-Lehrer-Lehrgang des DFB.
Seit 1994 arbeitet er als selbstständiger Unternehmensberater mit Schwerpunkt Führung. Von
ihm liegen zahlreiche Fachveröffentlichungen
zu Fußball- und Wirtschaftsthemen vor.
E-Mail: [email protected]
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Dopinganalytik Talentförderung
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Neue Nachweismethoden
in der Dopinganalytik
Künstliche Sauerstofftherapeutika aus quervernetztem Rinderhämoglobin
Ein Beitrag von
Mario Thevis
Wilhelm Schänzer
Institut für
Biochemie
Abb. 1:
Struktur des humanen
Hämoglobins: je zwei
Untereinheiten des
Hämoglobins, d.h. und -Ketten, lagern
sich nicht-kovalent zu
einem Tetramer zusammen. Jede monomere
Einheit trägt eine HämFunktion mit einem
komplexierten Eisen(II)Ion (rot).
[Quelle: Protein Data
Bank http://www.
rcsb.org/pdb Eintrag
1A3N].
Die Suche nach künstlichen Sauerstoffträgern als Blutersatzstoffe für die Notfallmedizin ist seit langem
ein aktuelles Forschungsgebiet, da Blutkonserven häufig nicht in ausreichenden Mengen vorliegen, deren Parameter bezüglich Blutgruppe, Rhesusfaktor und mögliche Krankheitserreger bestimmt werden
müssen und Haltbarkeiten begrenzt sind. Neben Sauerstofftherapeutika auf der Basis von Perfluorkohlenwasserstoffe (PFC) sind im Besonderen Hämoglobinderivate intensiv untersucht worden.
Zellfreies Hämoglobin (Hb) dissoziiert in ,-Dimere und verliert die Fähigkeit der reversiblen Sauerstoffbindung bedingt durch die Abwesenheit des
polyanionischen Effektors 2,3-Diphosphoglycerat,
das innerhalb von Erythrozyten dem Hb zur Verfügung steht. Durch intra- und intermolekulare Quervernetzung sind Hämoglobine verschiedener Spezies stabilisiert worden und das Rinderhämoglobin-Produkt Hemopure® der Firma Biopure wurde
für den therapeutischen Einsatz im Humanbereich
in Südafrika bereits zugelassen. Humanhämoglobinprodukte befinden sich zum gegenwärtigen
Zeitpunkt in Entwicklung bzw. in klinischen Testphasen und haben bislang keine medizinische
Freigabe erhalten.
Neben therapeutischen Indikationen können
künstliche Sauerstoffträger wie das Hemopure®
auch zur Leistungssteigerung bei Athleten im Ausdauersportbereich verwendet werden. Daher sind
solche Substanzen durch das IOC und die WADA
(Welt-Antidoping Agentur) verboten und Nachweismethoden mittels verschiedener Techniken
gefordert worden. Eine Möglichkeit ist die Auftren-
nung im Plasma befindlicher Proteine über Größenausschluss-Chromatographie (SEC, size-exclusion chromatography) und Detektion Häm-spezifischer UV-Banden. Ein wesentlich spezifischer
Nachweis beruht auf der selektiven enzymatischen Degradierung des modifizierten Hämoglobins in Peptide, die daraufhin mittels Flüssigkeitschromatographie in Verbindung mit Massenspektrometrie bestimmt werden können, wie im Folgenden dargestellt wird.
Strukturen
verschiedener Hämoglobine
Die primäre Aufgabe des Hämoglobins in Erythrozyten ist die Versorgung der Mitochondrien mit
Sauerstoff und die Entsorgung entstehenden Kohlendioxids. Dazu wird Sauerstoff reversibel an
Häm-Einheiten gebunden und über den Blutkreislauf in Zielgewebe transportiert, wo daraufhin
Kohlendioxid aufgenommen und nach Beförderung in die Lunge über Alveolen abgegeben wird.
Hämoglobine bestehen prinzipiell aus - und Ketten, zwei Untereinheiten, von denen jeweils
zwei für die Bildung des Hämoglobinmoleküls notwendig sind (Abb. 1). Aufgrund nicht-kovalenter
Wechselwirkungen sind Hämoglobine innerhalb
roter Blutkörperchen stabil und fungieren als
Transportmedium für Sauerstoff.
Trotz identischer Aufgaben der Hämoglobine verschiedener Spezies unterscheiden sich deren Primärstrukturen, d.h. deren Aminosäuresequenzen.
In Abbildung 2 sind die Aminosäuresequenzen der
- und -Ketten des humanen sowie des bovinen
Hämoglobins als konventionelle Ein-BuchstabenAbkürzung dargestellt. Es liegt eine Sequenzhomologie von ca. 85 Prozent vor, d.h. etwa jede 8. der
insgesamt 287 Aminosäuren des humanen Hämoglobins ist im bovinen Pendant substituiert. Zudem ist die -Kette des Rinderhämoglobins um
eine Aminosäure verkürzt. Diese signifikanten Unterschiede werden zum spezifischen Nachweis rinderhämoglobin-basierender Sauerstofftherapeu-
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Dopinganalytik Talentförderung
tika in der Dopinganalytik genutzt, da Medikamente
wie z.B. Hemopure aus diesen von humanem Hb
abweichenden Strukturen hergestellt werden.
Aufbau des Hemopure
Das Produkt Hemopure wird durch inter- und intramolekulare Vernetzung der Untereinheiten bovinen
Hämoglobins hergestellt. Dazu werden Verknüpfungen sowohl zwischen Lysin-99-Einheiten der Ketten (intramolekular) als auch unspezifisch zwischen Lysinen verschiedener Hämoglobinmoleküle
(intermolekular) eingefügt, welche dem resultierenden Makromolekül mit einem durchschnittlichen
Molekulargewicht von 250.000 u seine Stabilität im
Blutkreislauf verleihen. Eine solche chemische
Vernetzung ist schematisch in Abb. 3 dargestellt.
Nachweis quervernetzten
Rinderhämoglobins
in der Dopinganalytik
Die signifikanten Unterschiede der Hämoglobine
von Mensch und Rind werden für den Nachweis
dieser dopingrelevanten Verbindung genutzt. Aufgrund der Tatsache, dass die Primärstrukturen,
d.h. die Aminosäuresequenzen der Hämoglobine
bekannt sind und Proteine mit Hilfe spezifischer
Enzyme C-terminal an Lysinen und Argininen in
Peptide gespalten werden können, erlauben moderne Datenbanken (z.B. SwissProt: http://www.
expasy.org/sprot/) eine theoretische Kalkulation
entstehender Peptide. In Tabelle 1 ist eine Auswahl solcher Peptide von humanem und bovinem
Hämoglobin gelistet. Hier wurden aus - und Ketten Bruchstücke generiert, deren genaue Massen, entsprechende Positionen und Aminosäuresequenzen berechnet wurden. Zudem wurden korrespondierende Masse/Ladung-Verhältnisse kalkuliert (m/z), da Peptide unter Elektrospray-Ionisations-Bedingungen (ESI, dem folgenden praktischen Messverfahren) durch Anlagerung von zwei
oder mehr Protonen verschiedene Ladungszustände annehmen.
Peptide, die ausschließlich aus Rinderhämoglobin
stammen (in Tabelle 1 mit b gekennzeichnet), eignen sich zum praktischen Nachweis dieses Proteins in humanem Blut. Dazu wird ein Aliquot humanen Plasmas (etwa 50 µl) mit Trypsin bei 37° C inkubiert, um Proteine spezifisch an Lysin- und Arginin-Molekülen zu spalten. Das resultierende Gemisch mit einer Vielzahl an Peptiden aus vielen
verschiedenen Plasmaproteinen wird mit Hilfe von
Flüssigkeitschromatographie (LC, liquid chromatography) über Elektrospray-Ionisation (ESI) in ein
Massenspektrometer (MS) befördert, welches zum
einen die Bestimmung der genauen Masse der
Peptide erlaubt und zum anderen Informationen
über die Aminosäuresequenz der Peptide bereitstellt. Dazu werden Peptide, welche aufgrund der
ESI zwei oder mehr Ladungen tragen, mit Stickstoffmolekülen kollidiert, wodurch das Peptid zerbricht und sogenannte Produkt-Ionen generiert.
Abb. 2:
Aminosäuresequenzen der - und -Ketten von humanem und
bovinem Hämoglobin. A Alanin, C Cystein, D Asparaginsäure,
E Glutaminsäure, F Phenylalanin, G Glycin, H Histidin, I Isoleucin, K Lysin, L Leucin, M Methionin, N Asparagin, P Prolin,
Q Glutamin, R Arginin, S Serin, T Threonin, V Valin, W Tryptophan, Y Tyrosin. Beispiele substituierter Aminosäuren der
verschiedenen Spezies sind blau bzw. grün markiert.
Diese Bruchstücke beschreiben teilweise oder
ganz die Komposition des Peptids und ermöglichen
somit dessen Identifizierung. In Abbildung 4 ist ein
sogenanntes Produkt-Ionen-Spektrum eines Pep-
Abb. 3:
a) Quervernetzung von Lysinen mit Glutaraldehyd; b) stabilisiertes Hämoglobin-Monomer (links, ca. 64.000 Da) und
Polymer (rechts, mittleres Molekulargewicht ca. 250.000 Da).
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tids aus Rinderhämoglobin abgebildet. Die Anwesenheit eines oder mehrerer Peptide des Rinderhämoglobins in humanem Plasma bedeutet einen
Dopingverstoß gegen die Regularien der Welt-Antidoping Agentur (WADA).
Abb. 4:
ESI-Produkt-IonenSpektrum des Peptids
der Masse 2089.95 Da
(m/z 1045.98) nach Elektrospray-Ionisation und
Kollision mit Stickstoffmolekülen (sog. kollisions-induzierte Dissoziation). Der vergrößerte
Ausschnitt zeigt das
zweifach geladene Molekül-Ion, während die
Fragmente mit den Bezeichnungen bn und ym
die jeweiligen Abschnitte der Aminosäuresequenz des Peptids
(oben rechts) repräsentieren.
Eine vom Hersteller Biopure empfohlene intravenöse Dosis Hemopure besteht aus 30-45 g quervernetzten Rinderhämoglobins. Bei einem angenommenen Blutvolumen von ca. 6 Litern kann
demnach eine Konzentration von mindestens 5 mg
Hemopure pro Milliliter Blut erwartet werden, und
die Halbwertzeit dieses Therapeutikums wurde mit
ca. 20 Stunden bestimmt. Das beschriebene Verfahren zur Bestimmung Rinderhämoglobin-spezifischer Peptide erlaubt die Detektion von etwa 0.25
mg Hemopure je Milliliter Blut und kann somit
auch über mehrere Tage nach Applikation des
Medikaments dessen Anwesenheit bestätigen.
Literatur bei den Autoren.
Tab. 1:
Theoretisch bestimmte Massen von Peptiden aus humanem
und bovinem Hämoglobin nach enzymatischer Behandlung
mit Trypsin. Hier sind nur Peptide mit einer Masse > 1000 Da
aufgelistet.
Dr. Mario THEVIS, geb.
1973, studierte Sport und
Chemie (Lehramt Sek. II)
an der DSHS Köln und
der RWTH Aachen. 2001
promovierte er am Institut für Biochemie der
Deutschen Sporthochschule Köln mit dem
Thema „Synthese und
Charakterisierung von Glucuronidkonjugaten
anabol androgener Steroide und deren Metaboliten“. Als Postdoctoral fellow an der University of California Los Angeles, Department
of Chemistry and Biochemistry (2002), beschäftigte er sich vor allem mit den Themen
Protein-Derivatisierung, Massenspektrometrische Analytik von intakten Proteinen mittels
QqTOF, Ion Trap und FT-MS Analysatoren.
Seit 2003 ist er Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Biochemie mit den Arbeitsschwerpunkten LC-MS/MS Analytik und Fragmentierungsaufklärung von Beta-Blockern,
Diuretika, Corticosteroiden sowie dopingrelevanter Peptidhormone.
E-Mail: [email protected]
Prof. Dr. Wilhelm SCHÄNZER, geb. 1951, Sportstudium an der Deutschen
Sporthochschule Köln, Chemiestudium (Lehramt an Gymnasien) an der Universität zu Köln, promovierte von 1980 bis 1984 an der DSHS bei Professor
Manfred Donike. Nach seiner Habilitation im Fach Biochemie an der DSHS
Köln (1995) ist er seit 1997 Leiter des Instituts für Biochemie, das im Rahmen
der Dopingkontrollen im Sport vom IOC für die Dopinganalytik akkreditiert ist.
Einer seiner Forschungsschwerpunkte ist seit 1986 „Metabolismus und Nachweis von synthetischen anabolen Steroiden (Anabolika)”.
E-Mail: [email protected]; Internet: www.dopinginfo.de
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Nachhaltige Entwicklungen
im Natursport
Ein Beitrag von
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Natursport und
Ökologie
Der Begriff der Nachhaltigkeit stammt ursprünglich aus dem Sprachgebrauch der deutschen Forstwirtschaft des 18. und 19. Jahrhunderts. Man versteht unter nachhaltiger Bewirtschaftung im Forst, dass pro
Zeiteinheit nur soviel Holz geschlagen werden darf, wie – sowohl quantitativ als auch qualitativ betrachtet – wieder nachwachsen kann. Bildlich gesprochen soll von den anfallenden Zinsen und nicht
vom Kapital gelebt werden, da ansonsten der Grundbestand über kurz oder lang gefährdet ist (vgl. z.B.
EBERLE 2000, 7).
Leitbild nachhaltige Entwicklung
Abb. 1:
Räume des Natursports
– Räume des Naturschutzes.
(Foto: G. Liedtke)
Angeregt durch die Definition von nachhaltiger
Entwicklung im sog. „Brundtland Bericht“ der
Weltkommission für Umwelt und Entwicklung von
1987 und spätestens seit der UN-Konferenz für
Umwelt und Entwicklung in Rio de Janeiro mit ihrem Abschlusspapier „Agenda 21“ hat der Begriff
der Nachhaltigkeit eine Bedeutungserweiterung
erfahren: Nachhaltige Entwicklung ist nach der
Brundtland Definition ganz allgemein eine Entwicklung, die den Bedürfnissen der heutigen Ge-
neration Rechnung trägt, ohne die Möglichkeiten
künftiger Generationen zu gefährden, ihre eigenen
Bedürfnisse zu befriedigen (vgl. Umweltbundesamt
2002, 1).
Eine der wesentlichen Forderungen der Konferenz
von Rio war die Vereinigung von Umwelt- und Entwicklungsinteressen. Diese Forderung entstand
aus der Einsicht, dass die größten globalen Herausforderungen, nämlich die Deckung der Grundbedürfnisse, die Verbesserung des Lebensstandards aller Menschen sowie die Realisierung eines
größeren Schutzes und einer besseren Bewirtschaftung der Ökosysteme nur auf einem integrativen Weg zu lösen seien. In einer globalisierten
Welt können diese Herausforderungen von keiner
Nation allein bewältigt werden, sondern nur in
einer globalen Partnerschaft, die auf nachhaltige
Entwicklung zielt (vgl. Bundesministerium für Umwelt 1992). Globaler Umweltschutz, nachhaltige
Ressourcenbewirtschaftung, Interessenausgleich
zwischen Nord und Süd sowie von Industriegesellschaft und Entwicklungsländern, Armutsbekämpfung und echte Beteiligung aller gesellschaftlichen
Gruppen an politischen Entscheidungen waren die
Kernanliegen der UN-Konferenz in Rio. Am vielschichtigsten und weitestgehenden erscheint in
diesem Zusammenhang allerdings die Forderung,
die Konsumgewohnheiten und Lebensstile vor allem in den Industrienationen in einer Weise zu verändern, die für die Erde langfristig tragbar ist.
Nachhaltigkeit im Sport
Von der Forderung nach nachhaltigem Ressourcenverbrauch und nachhaltigen Lebensstilen ist
der Sport nicht ausgenommen, auch wenn er in
der Agenda 21 keine explizite Erwähnung findet.
Sport als Teil unseres Lebensstils ist nicht nur mit
positiven Begriffen wie Gesundheit, Freude, Gemeinschaft und ähnlichem verbunden, sondern
auch in hohem Maße mit dem Verbrauch von Ressourcen, sei es im Bereich der Sportartikel, Sportgeräte, Sportanlagen (Bau, Erhaltung, Betrieb),
Verkehr und Landschaft. Im Sinne einer nachhaltigen Entwicklung fällt es nicht leicht, die Auswirkungen von Sport auf den unterschiedlichen Ebenen zu erfassen und gegeneinander abzuwägen.
Wie soll der Nutzen beispielsweise einer Sportan-
Mountainbiken
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Höhentraining
Natursport
Dopinganalytik Talentförderung
15
lage in Bezug auf Lebensfreude, Entwicklungsförderung von Kindern oder als Arbeitsplatz aufgerechnet werden mit den Kosten, die für Kommunen
entstehen, oder den ökologischen Belastungen,
die durch den Bau und Betrieb verursacht werden.
Statt zu versuchen, Kosten-Nutzen Berechnungen
aufzustellen, erscheint es als sinnvoll, übergreifende Strategien und konkrete Leitbilder zu erarbeiten, die von den beteiligten Akteuren im Sport akzeptiert und auch im eigenen Interesse umgesetzt
werden.
Als herausragende Strategie auf nationaler Ebene
kann das Papier der Bundesregierung „Perspektiven für Deutschland – Unsere Strategie für eine
nachhaltige Entwicklung“ angesehen werden (vgl.
Die Bundesregierung, o.J./2002a, o.J./2002b). Auch
wenn bedingt durch die föderale Struktur der Bundesrepublik und die dadurch bedingten unterschiedlichen Planungshoheiten dieses Strategiepapier nicht in den Status einer bindenden Leitlinie
gelangt, so zeigen sich auf Seiten des organisierten Sports an vielen Stellen erste erfolgreiche Umsetzungen. Zwar gibt sich die sportpolitische Seite
des Deutschen Sportbundes (DSB) nach wie vor
zögerlich über „umweltpolitische Grundsätze“ hinausgehende Strategien zu entwickeln, nichtsdestotrotz gibt es in der deutschen Sportlandschaft in
Teilen sehr engagierte Umsetzungen von Nachhaltigkeitsgedanken: Sportanlagen werden mit regenerativen Energien versorgt, Bürgerbeteiligungsprozesse an Planung und Betrieb ausgebaut,
Sportgelegenheiten wie Mountainbikewege und
Loipen naturverträglich optimiert und Umweltmanagementsysteme eingeführt (vgl. WEHR, PRÜLLER
& DELP 1999; ROTH & KRÄMER 2000). Obwohl Ökosystembelastung und Ressourcenverbrauch bei
allen Formen der Sportausübung gegeben sind und
Natursport weder Anlagen noch fossile Energie zur
Ausübung benötigt, geriet besonders der Natursport in den letzten Jahrzehnten in die Kritik, zur
Umwelt- und Naturzerstörung maßgeblich beizutragen. Als Reaktion ist der Nachhaltigkeitsansatz
im Natursport am weitesten ausgearbeitet worden.
Natursport und Natur
in Deutschland
Die Bundesrepublik Deutschland ist in weiten Teilen ein dicht besiedeltes und intensiv genutztes
Land. Über 12 Prozent der Landesfläche werden
für Siedlung und Verkehr genutzt, weitere 53,3 Prozent sind Landwirtschaftsfläche (Statistisches
Bundesamt 2003). Die Erholungsmöglichkeiten in
Natur und Landschaft sind also begrenzt. Während
bei den Schutzgütern Boden, Wasser und Luft
durch die Anstrengungen des Umweltschutzes der
letzten Jahrzehnte deutliche Verbesserungen zu
verzeichnen waren, verschlechterte sich der Zustand unserer Landschaft weiter schleichend (vgl.
Bundesamt für Naturschutz 2002). Zersiedlung,
Baumaßnahmen, Rohstoffförderung und andere
störende Eingriffe in das Landschaftsbild verringern die erholungsbezogene Qualität zunehmend.
Dem entgegen steht die verstärkte Nachfrage
nach bewegungsorientierten Formen der Erholung,
die sowohl die eigentliche Ausübung von Sportarten als auch körperliche Bewegung in verschiedenen Erlebnisformen und aus unterschiedlichen
Motiven umfassen. Sie sollen, einem weiten Sportverständnis folgend, im Weiteren als Natursport
bezeichnet werden. Für den Natursport geeignete
Räume sind in der Regel auch naturschutzfachlich
wertvoll. Weitgehend naturnahe Gebiete oder vielfältige Landschaften, wie sie vor allem extensiv
genutzte Kulturlandschaften darstellen, werden
besonders bevorzugt. In diesem Zusammenhang
treten massive Zielkonflikte auf, zumal ökologische
und soziale Kapazitätsgrenzen zu bestimmten Zeiten in vielen Gebieten überschritten werden. Einige Sportarten, wie Sportklettern oder Kanu fahren,
sind zudem auf spezielle Landschaftselemente wie
Felsen angewiesen, die nach den Naturschutzgesetzen des Bundes und der Länder oftmals besonders geschützte Biotope darstellen oder enthalten.
Diese Sportarten beinhalten ein besonders hohes
Konfliktpotenzial. Durch den festzustellenden
Trend zu mehr Komfort und mehr Sicherheit im Natursport trägt dieser mittlerweile selbst zur Erschließung von Natur und Landschaft durch bauliche Anlagen und Hilfseinrichtungen bei. Diese Entwicklung kann durch Bau und Betrieb von Sportanlagen zu erheblichen Belastungen für Natur und
Umwelt führen (vgl. ROTH, JAKOB & KRÄMER 2003).
Im Rahmen der gesetzlich begründeten Verantwortung des Staates für Naturschutz und Erholung
– wozu auch der Sport in der Natur zählt (vgl.
BNatSchG 2002, § 2, Abs. 13) – muss es Ziel einer
verantwortungsvollen Politik sein, einen fairen
Ausgleich der Interessen zu gewährleisten. Der
notwendige Abwägungsprozess setzt verbindliche
allgemeine Leitbilder und Ziele für Naturschutz
und landschaftsgebundene Erholung voraus. Auf
Grund der integrativen Anforderungen bietet sich
eine Übertragung des Leitbildes der nachhaltigen
Entwicklung auf den Natursport an, denn beson-
Abb. 2:
Blaubeeren pflücken:
ein Stück Normalität im
Umgang mit Natur.
(Foto: Lila Fotopool)
16
Talentförderung Dopinganalytik
Natursport
ders die Nachhaltigkeitsstrategie hebt die politische Integrationsleistung gegenüber der heutigen
Fach- und Ressortpolitik hervor.
Nachhaltigkeit als
Zukunftsprinzip im Natursport
Die Diskussion um den „klassischen“ Sport-Umwelt-Konflikt hat sich heute versachlicht. Naturschutz- und Sportorganisationen führen einen intensiven Dialog auf verschiedenen Ebenen. Es gibt
zahlreiche gute Ansätze und Modellprojekte zur
Lösung von Nutzungskonflikten. Trotzdem sind auf
Grund der Verknappung von geeigneten Räumen,
gestiegenen Aktivenzahlen, neuen Schutzgebietsausweisungen, veränderten Verhaltensweisen von
Naturnutzern und einer Professionalisierung der
Systeme „Sport“ und „Naturschutz“ konzeptionell,
planerisch, strukturell und in der konkreten Umsetzung vor Ort nach wie vor erhebliche Arbeiten zu
leisten (ROTH, JAKOB & KRÄMER 2003). So betreibt
auf der einen Seite der Naturschutz in Deutschland in vielen Schutzgebieten eine restriktive Politik der Ausgrenzung, während der Sport in vielen
Bereichen seine Ansprüche auf den Naturraum in
nicht nachhaltiger Weise ausdehnt. Die gemeinsame Existenzgrundlage beider Teilsysteme, nämlich
attraktive, naturnahe Räume, wird allerdings von
weitgehend ökonomisch diktierten Interessen wie
Straßenneubau, Zersiedelung, Wasserstraßenausbau, Massentourismus oder von eindimensionalen Interessen wie übertriebenem Hochwasserschutz gefährdet oder ist bereits zerstört. Um dauerhaft existieren und glaubhaft gegen nicht nachhaltige Praktiken – auch in eigenen Reihen – angehen zu können, muss der Natursport Nachhaltigkeit als Zukunftsprinzip akzeptieren und selbst auf
Nachhaltigkeit angelegt sein. Ein Leitbild für nachhaltigen Natursport oder eine nachhaltige Entwicklung im Natursport sollte sich dazu an folgenden Kriterien (1 bis 3) und Leitlinien (a bis e) orientieren (vgl. Arbeitskreis Sport und Umwelt 1998):
1. der genutzte Naturraum muss in seiner
Leistungsfähigkeit erhalten bleiben oder sich in
kurzer Zeit (bis zur nächsten Nutzungssaison)
wieder dahingehend regenerieren können;
2. durch von Natursportlern ausgehende
Störungen dürfen keine nicht kompensierbaren
Auswirkungen auf Ebenen der Population bzw.
des Bestandes (auch lokaler Populationen) entstehen;
3. Ressourcen müssen möglichst schonend und
unter größtmöglichem Einsatz erneuerbarer
Ressourcen eingesetzt werden.
a. Im Natursport sollen nachhaltige Formen der
Sportausübung gefördert und weiterentwickelt
werden;
b. Natursport soll zu einer ethisch-moralisch verantwortlichen Einstellung gegenüber Natur beitragen;
c. Natursport muss seine breite gesellschaftliche
Verankerung und ökonomische Bedeutung dazu
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nutzen, naturnahe Räume zu sichern oder wiederherzustellen;
d. die Umweltverträglichkeit von Anlagen und
sportbezogener Infrastruktur muss gewährleistet sein und bei Altanlagen erhöht werden;
e. Natursporttourismus soll zur dauerhaften wirtschaftlichen Entwicklung der genutzten
Regionen beitragen.
Die oben genannten Leitlinien richten sich an die
Akteure des Natursportsystems, also Verbände,
Vereine, kommerzielle Anbieter und Aktive. Zusätzlich ist der Staat, beziehungsweise seine Organe,
angesprochen in seinem Aufgabenbereich (Naturschutz, Erholungsvorsorge) dafür Sorge zu tragen,
dass eine Entwicklung stattfindet, die versucht:
■ die Belastung empfindlicher Gebiete
zu verringern;
■ die Sport- und Bewegungsmöglichkeiten
außerhalb empfindlicher Gebiete zu sichern
und zu verbessern;
■ die Erholungsqualität der Landschaft und ihren
Erlebniswert auch für Sporttreibende zu erhalten und zu erhöhen (vgl. Arbeitskreis Sport und
Umwelt 1998).
Nachhaltige Outdoorkultur
Unter dem Begriff der nachhaltigen Outdoorkultur
soll eine Möglichkeit verstanden werden, wie Natur
von Erholung suchenden Menschen im Allgemeinen oder von Natursportlern im Speziellen in nachhaltiger Weise genutzt werden kann. Die Möglichkeit einer nachhaltigen Nutzung bezieht sich den
oben vorgestellten Prinzipien entsprechend nicht
nur auf ökologische Perspektiven – was an dieser
Stelle gängig wäre, sondern sie soll auch die soziale und ökonomische Perspektive mit einbeziehen.
Versucht man diese geforderte „Dreieinigkeit”
ernst zu nehmen und keine einzelne Perspektive
eklatant zu bevorzugen, dann ergibt sich eine
Beziehung zwischen Mensch und Natur, die der
eines partnerschaftlichen Verhältnisses entspricht
und nicht in die Extreme verfällt, die die klassische
Diskussion um Naturnutzungen so verfahren machen. Das erste Extrem – bei einseitiger Ausrichtung an ökologischen Parametern – lässt sich als
ein Mensch-Naturverhältnis beschreiben, das dem
Verhältnis von Museumsbesucher und Ausstellungsgegenstand ähnelt. Als anderes Extrem lässt
sich eine Haltung beobachten, in der Natur als etwas angesehen wird, das nach eigenem Belieben
gebraucht und verbraucht werden kann. Ökologische Belange treten in diesem Fall in extremer
Weise hinter die Belange des Sozialen und kurzfristig Ökonomischen zurück. Diese durchaus nicht
konstruierten Extrempositionen bezeugen einen
Umgang mit und ein Verhältnis zur Natur, das in
großem Umfang von Entfremdung gekennzeichnet
ist. Eine Outdoorkultur und die erzieherischen bzw.
bildungspolitischen Anstrengungen, die zur Etablierung dieser Kultur nötig sind, müssen das Ziel
haben, Natur und menschliche Aktivität in der Natur wieder in den Rang des Normalen zu erheben.
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Dieser Ansatz wird in den skandinavischen Ländern und hier vor allem in Norwegen unter dem
Begriff Friluftsliv mit großem Einsatz und Erfolg betrieben (vgl. z.B. LIEDTKE & LAGERSTRØM, im Dr.).
Dabei sind in einem dicht besiedelten Land wie der
Bundesrepublik Deutschland in jedem Fall andere
Grenzen und Verhaltensregeln zu beachten, als
dies in den skandinavischen Ländern mit ihren
großräumigen Naturlandschaften der Fall ist.
Während dort menschliche Eingriffe durch Natursport oder andere Erholungsaktivitäten in der Natur in der Regel nicht ins Gewicht fallen, stehen
hiesige Naturgebiete unter einem wesentlich höheren Nutzungsdruck, der sowohl aus der ökologischen Perspektive schnell an die Grenzen des Zumutbaren stößt als auch aus sozialer Perspektive
– bezogen auf unterschiedliche Nutzerinteressen
– schnell zu Problemen führt. Neben dem Appell zu
mehr Rücksichtnahme – getragen von Bildungsmaßnahmen zur Erhöhung von Wissen und Einsicht (vgl. Leave No Trace 2004) – stellen Management- und Lenkungssysteme eine wichtige Möglichkeit dar, das Leitbild einer nachhaltigen Entwicklung auf den Natursport anwenden zu können.
Nachhaltigkeitsmanagementsysteme im Natursport am Beispiel
Skigebiets-Audit in Adelboden
Umfassende, d.h. alle drei Aspekte der Nachhaltigkeit berücksichtigende Managementsysteme, sind
bisher im Natursport nicht verwirklicht worden.
Management von Natursport bezieht sich bisher
vorwiegend auf die Aspekte Natur und Landschaft.
Bekannte Umweltmanagementsysteme wie EMAS
II oder ISO 14000 ff. werden bisher vorwiegend im
technischen Umweltschutz eingesetzt (vgl. z.B.
POLTERMANN & BERRET 1998). Es gibt Projekte, wie
das unten vorgestellte Skigebiets-Audit, die das
Handlungsfeld Natur und Landschaft in Umweltmanagementsysteme im Sport integrieren und damit
relativ gut die ökologische Nachhaltigkeit von Unternehmen und Projekten sichern können, ohne
dabei die ökonomischen und sozialen Belange des
Betreiberunternehmens außer Acht zu lassen. Gemäß dem unter EMAS II beschriebenen Verfahren
wurde in den Jahren 2001/2002 ein Audit für das
Skigebiet in Adelboden (Schweiz) mit dem Ziel
durchgeführt, die durch den Betrieb von Skipisten
und Aufstiegshilfen entstehenden Umweltbelastungen im Einklang mit ökonomischen und sozialen Erfordernissen der örtlichen Betreibergesellschaft zu
reduzieren. Um dieses Anliegen erfolgreich durchzuführen, mussten im Vorwege die relativ allgemein gehaltenen Bestimmungen zum Auditverfahren an die Erfordernisse eines Skigebiet-Audits angepasst werden, um daran anschließend die verschiedenen Phasen des Audits einleiten zu können.
Neben entsprechenden Zielvereinbarungen mit
den Betreibern des Skigebiets stellt die Erfassung
von umweltbezogenen Daten die wichtigste
Grundlage eines erfolgreichen Öko-Audits dar.
Hierzu wurden Daten zu den Themenbereichen
Natursport
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Boden, Wasser, Klima/Luft, Vegetation, Fauna und
Landschaft erhoben und unter Zuhilfenahme geographischer Informationssysteme aufgearbeitet.
Diese Art der Verarbeitung ermöglicht die Erstellung von verschiedenen Gebietskarten für die einzelnen Themenbereiche anhand derer Probleme
und Konfliktpotentiale visualisiert und damit auch
für Laien veranschaulicht werden können. Da für
ein Skigebiet bzw. für Skigebietsbetreiber nicht
alle aufgeführten Themenbereiche von gleicher
Relevanz sind, wurde im Streben nach einer möglichst hohen Kosten-Nutzen Relation eine detaillierte ökologische Bestandsaufnahme nur in
Schwerpunktbereichen vorgenommen. Zu diesen
Schwerpunktbereichen zählten einerseits Flächen
mit noch hohem Entwicklungspotential und andererseits solche Bereiche, die bereits als hochwertig und damit besonders schutzwürdig einzustufen
sind. Abbildung 4 zeigt am Beispiel von ökologisch
hochwertigen und empfindlichen Moorstandorten,
wie Gebiete einer detaillierten Bestandsaufnahme
ausgewählt wurden.
17
Abb. 3:
Übernachten in Eis und
Schnee. Was in Skandinavien ein Teil der
Schulbildung ist, könnte
auch in Deutschlands
Mittelgebirgen eine
mögliche Form des
Naturerlebens sein.
(Foto: Lila Fotopool)
18
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Durch die Durchführung dieses Auditverfahrens
konnten Schwachstellen im umweltrelevanten
Verhalten seitens des Sportanlagenbetreibers aufgezeigt und die Möglichkeiten eröffnet werden, in
diesen Punkten Verbesserungen anzubringen. So
konnten durch die umfangreiche Datenaufnahme
im Skigebiet Adelboden beispielsweise ökologisch
empfindliche Flächen ausgewiesen und durch
Lenkungsmaßnahmen von skisportlichen Beeinträchtigungen weitestgehend freigehalten werden.
Weiterer Handlungsbedarf
Abb. 4:
Festlegung des Untersuchungsrahmens für
hochwertige Pflanzengemeinschaften durch
Überlagerung von
Pistenflächen und
Moorstandorten.
(aus: PRÖBSTL et al.
2002, 25)
Diese hier exemplarisch dargestellte Art der Datenerhebung wurde für alle benannten umweltrelevanten Schutzgüter in der für das Audit notwendigen Detailliertheit vorgenommen. Auf der Grundlage dieser umweltrelevanten Daten wurde von
dem Skigebietsbetreiber unter Einbeziehung der
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ein Umweltprogramm erstellt, das unter anderem die folgenden
Punkte enthält:
■ Wildtierfütterungen müssen störungsfrei liegen;
■ im Bereich der Besucherlenkung müssen
neben Abweiszäunen und Schildern Appellund Normenstrategien wirksam werden
(Bildungsanspruch);
■ die sporttouristische Entwicklung muss wildtierökologische Konfliktpotentiale erkennen
und so weit irgend möglich vermeiden bzw.
minimieren;
■ das Schneeschuhwandern, das Hundeschlittenfahren und das Lagern und Campieren außerhalb des Siedlungsbereiches muss dringend gelenkt werden.
Auch wenn die vorgestellten Ansätze erkennen
lassen, dass der Natursport in Fragen nachhaltiger
Entwicklung Fortschritte macht, so darf doch nicht
verkannt werden, dass die Integration von ökologischen, sozialen und ökonomischen Forderungen
nach wie vor in den Anfängen steckt. Dies trifft sowohl auf die bildungspolitische Seite der hier vorgestellten Ansätze als auch auf die auf Nachhaltigkeit gerichteten Managementsysteme zu. In allen Fällen scheint die Abwägung von verschiedenen Interessen auf unterschiedlichen Interessenebenen ein schwer überwindbares Problem nachhaltigen Handelns zu sein. Zudem setzt die Zusammenführung der verschiedenen Aspekte auf ein
disziplinenübergreifendes Bewusstsein, das bisher
im Sport und auch außerhalb des Sports nur in
sehr begrenztem Maße umgesetzt worden ist (vgl.
SCHALTEGGER et al. 2002, 14). Konzepte und Instrumente, die die Realisierung aller drei Dimensionen
der Nachhaltigkeit ermöglichen, sind daher auf
dem Weg der nachhaltigen Entwicklung besonders wichtig. Diese zu entwickeln und im Management in verschiedenen Organisationen zur Anwendung zu bringen, ist eine der großen Herausforderungen der Zukunft.
Literatur bei den Autoren.
Edwin JAKOB, geb. 1969, schloss sein Studium der Biologie mit den Schwerpunkten Ökologie, Genetik, Biochemie und org. Chemie an der Universität zu
Köln 1996 mit dem Diplom ab. Er ist VDKS Kanulehrer, Sportkletterer und CEC
geprüfter Canyon-Guide. Als diplomierter Biologe (Ökologie) ist er besonders an
den Wechselbeziehungen zwischen dem Wirken des Menschen und seiner natürlichen Umwelt interessiert. Zu dieser ganzheitlichen, systemischen Sichtweise, die gesellschaftswissenschaftliche und naturwissenschaftliche Betrachtungsweisen zu verbinden versucht, gehört die Wirkungsanalyse von Sport auf
Natur und Umwelt ebenso selbstverständlich wie die Wirkungen des Sports in
der Natur auf den Menschen.
E-Mail: [email protected]
Gunnar LIEDTKE, geboren 1969 in Husum, studierte Sportwissenschaft und
Biologie an der Universität Hamburg. Nach dem Abschluss seines Studiums
und Tätigkeiten an der Universität in Hamburg wechselte er im Jahr 2002 an
das Institut für Natursport und Ökologie, wo er für die Bereiche Wassersport
und Friluftsliv zuständig ist. Als ehemaliger Vogelwart ist er mit vielen Aspekten
aus dem Konfliktfeld Naturschutz und Natursport auch aus der Praxis gut vertraut.
E-Mail: [email protected]
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Natursport
Dopinganalytik Talentförderung
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Neuer Forschungsschwerpunkt am Institut für
Trainings- und Bewegungslehre
Ein Beitrag von
Astrid Osterburg
Markus de Marées
Sarah Knuth
Frank Suhr
Joachim Mester
Institut für
Trainings- und
Bewegungslehre
Abb. 1:
Normobare Hypoxiekammer im Institut für
Trainings- und
Bewegungslehre.
Höhentraining, methodisch richtig eingesetzt, stellt eine erhebliche Reserve der Leistungssteigerung und
eine Vergrößerung der Trainingswirkung dar. Besonders die Ausdauerleistungsfähigkeit wird durch
Training unter Höhenbedingungen verbessert. Der Schwerpunkt des Höhentrainings liegt deshalb bei
den Ausdauersportarten, aber auch in „Nichtausdauersportarten“, wie z.B. Kampf- und Spielsportarten,
kann Höhentraining zur Ausbildung eines optimalen Ausdauerniveaus in kürzerer Zeit zum Einsatz kommen (Literatur aus der EX-DDR).
Derartige Meinungen werden in vielen praxisorientierten Veröffentlichungen vertreten. Auch zur
Vorbereitung auf die meisten sportlichen Top-Veranstaltungen (Tour de France, Olympische Spiele)
wird Höhentraining eingesetzt. Betrachtet man die
Wirkungen eines Höhentrainings auf die tatsächliche sportliche Leistungsfähigkeit jedoch mit wissenschaftlichen Methoden im Detail, so treten eine Reihe von Fragen zum optimalen Einsatz des
Höhentrainings und den dadurch erzielten Effekten
auf.
Untersuchungen im Bereich des Höhentrainings
gibt es schon seit mehr als 35 Jahren. Die Olympischen Spiele in Mexiko City 1968, die in 2.300 m
Höhe stattfanden, lieferten den ersten Anlass für
eine inzwischen große Zahl von wissenschaftlichen Studien. Während es vor 1968 darum ging,
die Sportler optimal auf die Wettkämpfe in der Höhe von Mexiko City vorzubereiten, versuchte man
in den folgenden Jahren immer mehr, Höhenbedingungen zur Leistungssteigerung für Wettkämpfe
unter Normalbedingungen auszunutzen. Damit
ging dann aber auch manche Enttäuschung einher, wenn die erhoffte Leistungssteigerung – und
das noch zum erwünschten Zeitpunkt – ausblieb.
Formen des Höhentrainings
Mit zunehmender Höhe fällt der Luftdruck und bedingt damit einen Abfall des Sauerstoffpartialdrucks (pO 2 ). Dies führt wiederum zu einem
Absinken des arteriellen Sauerstoffpartialdrucks
(paO2) und der Sauerstoffsättigung (SaO2) im Vergleich zur Meereshöhe. Das gilt für einen Aufenthalt in natürlicher Höhe. Es ist jedoch auch möglich, künstliche Höhenbedingungen herzustellen,
bei denen zwischen hypobarer und normobarer
Hypoxie unterschieden wird.
Die sog. „hypobare“ Hypoxie bezieht sich auf das
Training unter natürlichen Höhenbedingungen
oder auf ein simuliertes Höhentraining in so genannten Unterdruck- oder Barokammern. Die
„normobare“ Hypoxie existiert nur unter künstlichen Höhenbedingungen in Höhenkammern (Abb.
1) oder Höhenzelten. Hier verringert sich im Vergleich zur natürlichen Höhe und der Unterdruckkammer der Sauerstoffanteil der Luft bei normalem
Druck. In einer derartigen Hypoxiekammer kann
eine künstliche Höhe von bis zu 6.000 m simuliert
werden. Hierbei wird der Sauerstoffanteil von 20,9
Vol% auf unter 10 Vol% abgesenkt. Zu beachten ist
hier, dass bei Höhen ab ca. 4.000 m mit Symptomen der Höhenkrankheit gerechnet werden muss.
Deshalb wird in den meisten Fällen nur in einer
simulierten Höhe von ca. 2.500 m bevorzugt Hypoxietraining durchgeführt. Hier ist ein Sauerstoffanteil von ca. 15,4 Vol% vorhanden.
In natürlicher und künstlicher Hypoxie haben sich
prinzipiell drei verschiedene Belastungsschemata
herausgebildet:
1. train high – sleep/live high: Hierunter wird das
klassische Höhentraining verstanden, bei dem
sowohl in der Höhe trainiert, als auch gelebt/
geschlafen wird. Diese Form wird bisher am
häufigsten praktiziert und findet zum größten
Teil in natürlichen Höhen ihre Anwendung.
2. train high – sleep/live low: Diese Trainingsform
kann sowohl unter künstlichen, als auch unter
natürlichen Bedingungen angewendet werden.
Die Sportler trainieren in der Höhe und schlafen
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Dopinganalytik Talentförderung
21
bzw. leben im Flachland unter normalen
Bedingungen.
3. train low – sleep/live high: Das Training findet in
der gewohnten Umgebung statt und die Freizeit,
die Regenerationszeit bzw. die Nacht verbringt
der Sportler in der Höhe. Auch hier liegt der Einsatz von künstlicher Höhe in einer Höhenkammer oder in Höhenhäusern, die in Skandinavien
weit verbreitet sind, nahe. Barokammern sind
für diesen Zweck aufgrund der Druckänderungen wenig geeignet.
Grundsätzlich eignen sich mittlere Höhen zwischen
1.500 und 3.000 m (FRIEDMANN/BÄRTSCH 1999), um
ein optimales Training durchführen zu können.
Training in Höhenlagen über 3.000 m führt zu einer
so großen Leistungsreduktion aufgrund der erhöhten Intensität unter Hypoxie, dass ein effektives
Training nicht mehr gewährleistet ist.
Effekte des Höhentrainings
Die Effekte des Höhentrainings auf den Organismus lassen sich auf vier „Höhen-Ebenen“ ansiedeln (Abb. 2). Diese Ebenen sollen anhand der Ergebnisse einer aktuellen Studie am Institut für
Trainings- und Bewegungslehre verdeutlicht werden.
mit Spiroergometrie auf dem Laufband und einem
Wettkampftest (5.000 m-Lauf). Eine Vielzahl von
Parametern wurde während der gesamten Studie
mit unterschiedlichen Messzeitintervallen analysiert (s. Tab. 1).
Ebene 1:
Physiologische Basisparameter
Die erste Ebene (s. Abb. 2) verdeutlicht Vorgänge,
die akut durch Höhe beeinflusst werden und mit
einfachen Methoden gemessen werden können
(z.B. Herzfrequenz, Körpertemperatur, -gewicht).
Abbildung 4 zeigt so zum Beispiel die Zeitreihe der
Ruheherzfrequenz eines Probanden während der
ganzen Studie. Vor allem während der ersten Höhentrainingsphase sind im Vergleich zu den Flachlandphasen deutlich höhere Werte zu erkennen.
Dieser aus der Literatur bekannte Effekt ist vermutlich auf einen veränderten Sympathikotonus
zurückzuführen.
Ebene 2:
Veränderungen auf der Zellebene
Abb. 2:
Effekte des Höhentrainings auf vier Ebenen.
Studiendesign
An der 6-monatigen Studie nahmen 7 Sportstudenten/-innen (3 weiblich, 4 männlich) aus verschiedenen Sportarten (Fußball, Triathlon, Mittelund Langstreckenlauf) teil. Die Untersuchung gliederte sich in eine 3-wöchige Baseline-Bestimmung, zwei Trainingsblöcke à 8 Wochen und eine
4-wöchige Nachtestphase (s. Abb. 3).
Die Trainingsblöcke bestanden aus je 3 Wochen
Trainingsphase, wobei die erste Phase im Flachland absolviert wurde und die zweite Phase mit
gleichem Trainingsplan in einer normobaren Hypoxiekammer auf 2.500 m Höhe durchgeführt wurde.
Diesen Trainingsperioden folgte eine Testwoche
Auf dieser Stufe können Effekte auf zellulärer
Ebene angesiedelt werden. So wird in der Höhe
die Erythropoese stimuliert, d.h., die Bildung roter
Blutkörperchen steigt, wodurch die SauerstoffTransportkapazität erhöht wird. Dies wiederum
kann zu einer Zunahme der aeroben Leistungs-
Abb. 3:
Design der Höhentrainingsstudie (ST 1BL
= Stufentest in Baseline, ST 2FL – ST 10FL =
Stufentests in Flachland, ST 4H – ST 8H =
Stufentests in Hypoxie,
ST 11NT = Stufentest in
Nachtestphase, WK1WK6= Wettkampftests).
Tab. 1:
Parameter der Höhentrainingsstudie mit
jeweiligen Messzeitintervallen (BL=Baseline,
TP=Trainingsphase,
TW=Testwoche, NTP=
Nachtestphase, EPO=
Erythropoetin, IGF-I=
Insulin like growth
factor I, VO2max=maximale Sauerstoffaufnahme, [Hb]=Hämoglobinkonzentration, SO2=
Sauerstoffsättigung).
22
Talentförderung Dopinganalytik
Natursport
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und als Indikatoren für angestrebte Wettkampfleistungen verstanden. Hierzu zählen direkte und
indirekte Leistungsparameter, wie z.B. die Leistung
auf dem Ergometer bei einem definierten Laktatwert und die Sauerstoffaufnahme (VO2). Verbesserungen auf dem Ergometer und Veränderungen
der ventilatorischen Parameter können zwar eindeutig aufgezeigt werden, nicht immer aber die
Leistungssteigerung in der Sportart selbst.
Abb. 4:
Zeitreihe der
Ruheherzfrequenz mit
4253H-Filter von
Proband 3.
fähigkeit im Flachland führen ( BERGLUND 1992,
FRIEDMANN 2000, MAIRBÄURL 1994).
Diese Auswirkung des Höhentrainings ist in Abb. 5
zu erkennen, in der die Zeitreihe der Erythrozytenkonzentration eines Probanden dargestellt ist.
Mit Beginn der ersten Höhenphase zeigt sich ein
Anstieg der Konzentration der roten Blutzellen, der
bis ca. 10 Tage nach der Trainingsperiode in Hypoxie andauert. Dieser Effekt gilt jedoch nicht für die
zweite Höhenphase. Die Gründe hierfür könnten in
der gesteigerten Trainingsbelastung im zweiten
Trainingsblock liegen. Bei anderen Probanden war
die Erythropoese z.T. in noch geringerem Ausmaß
vorhanden, was die sehr individuelle Reaktion auf
Trainingsreize verdeutlicht.
Ebene 3:
Direkte und indirekte
Leistungsparameter
Abb. 5:
Zeitreihe der Erythrozyten mit distanzgewichteter KleinsteQuadrate-Glättung von
Proband 1.
Auf der dritten Ebene sind die Reaktionen des
Höhentrainings für die Parameter angesiedelt, die
zum einen mit der Wettkampfleistung und zum anderen mit Effekten im Organismus zusammenhängen, die auf eine Leistungsverbesserung hindeuten. Solche Parameter werden sehr oft in leistungsdiagnostischen Untersuchungen erhoben
In Abb. 6 ist der Effekt des Höhentrainings auf die
Laufgeschwindigkeit bei einem Laktatwert von 4
mmol/l im Rahmen der Höhentrainingsstudie dargestellt. Bei allen Probanden zeigt sich durchschnittlich ein signifikanter (p<.05) Anstieg der Leistung an
der anaeroben Schwelle nach der ersten Höhentrainingsphase („6 FL“) im Vergleich zu der Leistung
vor dem Höhentraining („3 FL“). Unter Hypoxiebedingungen ist die Laufgeschwindigkeit an der
anaeroben Schwelle signifikant erniedrigt (s. „4 H“,
„5 H“). Dieses Ergebnis verdeutlicht die erhöhte
Belastungsintensität unter Hypoxie.
Ebene 4:
Wettkampfleistung
Wirkungen auf der Leistungsebene lassen sich an
der Verbesserung der Leistung im Wettkampf oder
auch im Training nach der Rückkehr aus dem Höhentrainingslager verdeutlichen. Diese Leistungssteigerung kann im engen Sinn objektiv durch
Zeiten in Wettkämpfen gemessen werden.
Derartige Wettkampfleistungen sind in Tab. 2
exemplarisch für 2 Probanden dargestellt. Proband
1 konnte seine Laufzeit über 5.000 m nach der
ersten Höhentrainingsphase (zwischen Wettkampf
2 und 3) um über 20 Sekunden verbessern, während sich bei Proband 4 die Laufzeit sogar um 5
Sekunden verschlechterte. Für die Gesamtzahl der
Studienteilnehmer gibt es kein einheitliches Ergebnis. Bereits hier wird deutlich, dass der individuellen Reaktion auf den Höhentrainingsreiz eine zentrale Bedeutung zukommt.
In Bezug auf das Ebenenmodell nimmt die Aussagekraft auf die Wettkampfleistung der unteren drei
Ebenen von unten nach oben zu (Abb. 2). So sind
z.B. die akuten Vorgänge auf der ersten Ebene unmittelbar auf die Höhe zurückzuführen und direkt
während des Höhentrainings nachweisbar. Eine
Aussage über Effekte in der Wettkampfleistung ist
jedoch kaum möglich. Können in der Folge eines
Höhentrainings dagegen Verbesserungen der relativen maximalen Sauerstoffaufnahme oder der
physikalischen Leistung auf einem Ergometer
nachgewiesen werden, so sind Aussagen im
Hinblick auf eine zu erwartende verbesserte
Wettkampfleistung durchaus legitim. Aber auch
hier ist, wie in den Ergebnissen gezeigt, z.T. mit
großen individuellen Streuungen zu rechnen.
Ein Grund für diese Streuungen liegt u.a. in der
individuell richtigen Dosierung der Belastung. Wie
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Dopinganalytik Talentförderung
23
die Ergebnisse aus der Literatur, aber auch unserer Spiroergometrien auf dem Laufband gezeigt
haben, ist die Belastungsintensität in Hypoxie
zwangsläufig deutlich erhöht, so dass der gezielten Kontrolle der Trainingsintensität im Vergleich
zum Flachland eine erhebliche Bedeutung zukommt. Wird mit gleicher absoluter Intensität trainiert, ist die Belastung für den Sportler höher als
unter Normalbedingungen und kann auf Dauer zu
Überlastungserscheinungen führen.
Fazit und Ausblick
Höhentraining in natürlicher und künstlicher Höhe
besitzt im Leistungssport einen hohen Stellenwert
und gehört deshalb in vielen Sportarten zum festen
Bestandteil des Leistungstrainings. Jedoch sind
die Kenntnisse darüber, wann die beabsichtigte
Wirkung einsetzt, wie groß die Effekte sind und
wie lange sie dauern, in der Praxis nicht in ausreichendem Maß vorhanden.
Die Widersprüchlichkeit vieler wissenschaftlicher
Ergebnisse in der Literatur zeigt die Notwendigkeit
von neuen Forschungsansätzen im Höhentraining.
Ein Training unter Hypoxiebedingungen kann
durchaus zum Erfolg führen, wenn präzisere Empfehlungen über die Anwendung, Dosierung und
Wirkungsweise gemacht werden können.
Die Ergebnisse der Höhentrainingsstudie haben
gezeigt, dass die physiologischen Reaktionen auf
Höhentrainingsreize z.T. individuell sehr unterschiedlich sind. Angesichts dieser Individualität einer Anpassungsreaktion im Allgemeinen und auf
hohem und höchstem Leistungsniveau im Besonderen, eignen sich neben traditionellen gruppenbezogenen Untersuchungen besonders Einzelfall-
Dr. Astrid OSTERBURG,
geb. 1975 in München, beendete ihr Studium an der
Deutschen Sporthochschule Köln 2000 als DiplomSportlehrerin. Seitdem arbeitet sie im Institut für
Trainings- und Bewegungslehre und hat vor
Kurzem ihre Promotion ab-
Zeitreihenanalysen. Diese werden seit geraumer
Zeit für die Erforschung individueller Anpassungsreaktionen am Institut für Trainings- und Bewegungslehre eingesetzt. Diese Verfahren, zusammen mit dem vorhandenen differenzierten leistungsphysiologischen Instrumentarium versprechen vertiefte Erkenntnisse auf einem wissenschaftlich und praktisch interessanten Gebiet.
Abb. 6:
Mittelwerte (±
Standardabweichung)
der Laufgeschwindigkeit an der anaeroben
Schwelle aller
Probanden bei den
Stufentests 3 und 6 in
Flachland sowie 4 und 5
in Höhe.
Tab. 2:
Laufzeiten über 5000m
von Proband 1 und 4 bei
den Wettkampftests 1, 2
und 3.
Literatur bei den Autoren/innen.
geschlossen. Ihre Forschungsschwerpunkte
liegen im Bereich Ausdauer (Adaptationsprozesse, Höhentraining, Zeitreihenanalysen).
In ihrem Arbeitsbereich kommen Astrid Osterburg ihre eigenen leistungssportlichen Erfahrungen aus der Ausdauersportart Triathlon
(u.a. Teilnahme Ironman Hawaii 2002, 6. Platz
DM Langdistanz Roth 2004) in hohem Maße zugute.
E-Mail: [email protected]
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Talentförderung Dopinganalytik
Natursport
Höhentraining
CHILT-Projekt
Mountainbiken
Mountainbiken
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Höhentraining
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Mountainbiken
Übergewicht und Adipositas
im Kindesalter
Erste Ergebnisse verschiedener Therapieprogramme des
CHILT-Projektes der Deutschen Sporthochschule Köln
Ein Beitrag von
Christine Graf1
Benjamin Koch1
Sigrid Dordel2
Birna BjarnasonWehrens1
Hans-Georg
Predel1
1 Institut für Kreislaufforschung und
Sportmedizin
2 Institut für
Sportdidaktik
Die Zahl der Kinder mit Übergewicht und Adipositas steigt auch in Deutschland erheblich an. Derzeit
geht man von etwa 10 bis 20 Prozent aus (AGA 2003). Als Ursache werden neben einer genetischen Disposition hauptsächlich Fehlernährung und Bewegungsmangel genannt. Bis heute gibt es kein allgemein
gültiges Konzept, wie diese Kinder optimal therapiert werden sollen. Den größten Erfolg haben sicherlich interdisziplinär angelegte Modelle, die sowohl Ernährung und Bewegung, aber auch das Verhalten
der Kinder und auch der Eltern berücksichtigen (AGA 2003).
Das CHILT-Projekt stellt ein stufenförmig aufgebautes Konzept dar, in dem neben der Vermittlung
primärpräventiver Inhalte an Grundschulen in einer zweiten und dritten Stufe übergewichtige bzw.
adipöse Kinder betreut werden (GRAF 2003). Das
Projekt wurde von der Ethikkommission der Deutschen Sporthochschule genehmigt. In diesem
Rahmen werden die ersten Ergebnisse der beiden
Programme CHILT II/StEP TWO bzw. CHILT III vorgestellt.
StEP TWO
Sieben Grundschulen aus dem Raum Köln wurden
randomisiert ausgewählt, vier dienten als Kontrollund drei als Interventionsschulen. Alle Kinder der
Grundschulen wurden im September 2003 gewogen und gemessen, der BMI und BMI-SDS berechnet. Diese Untersuchung wurde im Juni/Juli
2004 wiederholt. Die anthropometrischen Daten
zeigt Tabelle 1. Nur die Kinder wurden untersucht,
deren Eltern der Teilnahme zugestimmt hatten. An
beiden Untersuchungen nahmen 88 Prozent der
Kinder teil, 1,7 Prozent wollten nicht teilnehmen
oder das Einverständnis wurde nicht gegeben, die
übrigen waren krank oder nicht da wegen Schulwechsel/verzogen.
Die Eltern der übergewichtigen und adipösen Kinder der drei Interventionsschulen (n=121) erhielten
eine Einladung zur Teilnahme ihrer Kinder am StEP
TWO Programm. 46 Kinder nahmen teil, zwei stiegen erst im Februar 2004 ein, eines fiel wegen
Schulwechsel aus, fünf stiegen aus persönlichen
Gründen aus, so dass letztendlich 40 Kinder an
dem Programm von November 2003 bis Juli 2004
komplett teilnahmen. Neben den anthropometrischen Daten wurden Bauch-/Hüftumfang, Blutdruck, die Ausdauerleistungsfähigkeit (VO2max)
fahrradergometrisch (Interventionskinder) und die
motorische Leistungsfähigkeit (Dordel-Koch-Test
bei den Interventionskindern, 6-Minuten-Lauf bei
den Kontrollkindern) bestimmt (Daten werden
nicht gezeigt).
Die Intervention für die Kinder fand zweimal pro
Woche in der jeweiligen Grundschule im Anschluss an den Unterricht statt. Zunächst wurde
gemeinsam mit den Kindern gemäß den Empfehlungen des Forschungsinstituts für Kinderernährung (OptimiX) sowie AID (Kinderernährungspyramide) das Essen vorbereitet, gekocht und geges-
Mountainbiken
CHILT-Projekt
Höhentraining
Natursport
Dopinganalytik Talentförderung
27
sen. Währenddessen und anschließend wurden
ihnen spielerisch die jeweiligen Grundlagen vermittelt. Danach erhielten die Kinder noch 60 bis 90 Minuten Sportunterricht, der als Ziel neben einer Verbesserung der motorischen Leistungsfähigkeit die
Freude an der Bewegung sowie die Übertragung in
Freizeit und Alltag verfolgte. Die Eltern erhielten an
sechs Elternabenden Informationen zu den
Themen medizinische Hintergründe (2), Ernährung
(2) und Psychologie/Verhaltensmodifikation (2).
Das Geburtsdatum der Kinder wurde erfragt. Die
Messung des Körpergewichtes erfolgte nach den
standardisierten Messvorgaben des IDIS (vgl.
LAASER 1989) auf einer Standwaage Typ Seca 761.
Die Kinder wurden gebeten, die Schuhe auszuziehen, für die Turnbekleidung wurden 500 g abgezogen. Die Körpergröße wurde mit einem Maßstab
(Seca 225) in aufrechter Position, ohne Schuhe
und in tiefer Einatmung gemessen, wobei die Verbindungslinie zwischen Jochbein und unterem Gehörgang eine Parallel zum Boden darstellte (LAASER 1989).
Aus den gewonnenen Daten wurde der BMI nach
der Formel Kilogramm Körpergewicht in kg geteilt
durch das Quadrat der Körpergröße in m = kg/m2
berechnet und für die Kinder entsprechend den
Perzentilenkurven nach KROMEYER - HAUSCHILD
(2001) eingeordnet. Die Bestimmung des altersund geschlechtskorrigierten BMI-Standard deviation score (BMI-SDS) wurde nach folgender Formel
berechnet: ((BMI/M(t))L(t)-1)/(L(t)*S(t)). M(t), L(t)
und S(t) sind die alters- und geschlechtsspezifischen Größen eines jeweiligen Kindes (KROMEYERHAUSCHILD et al. 2001).
Tab. 1:
Anthropometrische
Daten der Interventionskinder (IK) gegenüber
den Kontrollkindern
(KK) zu T1 (N.s. = nicht
signifikant).
Resultate
Die anthropometrischen Daten und Unterschiede
zwischen den Interventions- und Kontrollkindern
zeigt Tabelle 1. Lediglich hinsichtlich des Eingangs-BMI liegen die Interventionskinder über den
Kontrollkindern (p=0.042). Nach der Intervention
haben die Interventionskinder weniger stark zugenommen, dies ist aber nur tendenziell (p=0,069;
s. Abb. 1). Allerdings ist die Reduktion des altersund geschlechtskorrigierten BMI deutlicher bei
den Interventions-, als bei den Kontrollkindern
(p=0.028) (s. Abb. 2).
CHILT III
Zwischen Mai und September 2003 meldeten die
Eltern ihre Kinder zur Teilnahme am CHILT III Programm an. Die Voraussetzung war das Überschreiten der 97. Perzentile und somit das Vorliegen einer Adipositas. Die anthropometrischen
Daten zeigt Tabelle 2. Als Kontrollkinder dienten
die Kinder, die sich zur Teilnahme nach dem Start
anmeldeten (September 2003 bis Januar 2004).
Die Intervention startete Mitte September 2003
und dauerte bis Mitte Juli 2004. Währenddessen
kamen die Kinder zweimal pro Woche zum Sport
Abb. 1:
Verlauf des BMI bei den
Interventionskindern
versus Kontrollkinder
(StEP TWO).
Abb. 2:
Differenz zwischen T1
und T2 des BMI-SDS
der Interventions- und
Kontrollkinder (StEP
TWO).
28
Talentförderung Dopinganalytik
Natursport
Höhentraining
CHILT-Projekt
Mountainbiken
Resultate
Die anthropometrischen Daten und Unterschiede
zwischen den Interventions- und Kontrollkindern
zeigt Tabelle 2. Lediglich hinsichtlich der EingangsGröße liegen die Interventionskinder über den
Kontrollkindern (p=0.031). Bzgl. des BMI hatten die
Interventionskinder nach der Intervention abgenommen, die Kontrollkinder dagegen zugenommen
(adjustiert nach Alter und Geschlecht p=0.025; s.
Abb. 3). Auch der BMI-SDS reduziert sich bei den
Interventionskindern, nicht bei den Kontrollkindern
(p=0.013; s. Abb. 4).
Tab. 2:
Anthropometrische
Daten der CHILT III
Interventionskinder (IK)
bzw. der Kontrollkinder
(KK) zu Beginn der
Intervention (T1)
(n.s. = nicht signifikant).
(60 bzw. 90 Minuten) und erhielten einmal wöchentlich nach der medizinischen Sprechstunde
eine theoretische Einheit zu Ernährung bzw. Psychologie im Wechsel. Die Eltern erhielten jeweils
die gleiche Einheit. Bei Bedarf wurden auch am
zweiten Termin theoretische Inhalte oder Einzelgespräche angeboten. Die jüngeren Kinder waren
zwischen acht und zwölf Jahre, die älteren zwischen 12 und 16 Jahre alt.
Analog zu StEP TWO wurde das Geburtsdatum angegeben, die Kinder gewogen und gemessen, der
BMI und BMI-SDS bestimmt. 26 Kinder nahmen
am Programm teil; drei stiegen aus, zwei aus persönlichen Gründen, eines aufgrund einer erforderlichen Herzoperation. Neben den anthropometrischen Daten wurden Bauch-/Hüftumfang, Blutdruck, die Ausdauerleistungsfähigkeit (VO2max)
fahrradergometrisch und die motorische Leistungsfähigkeit (Dordel-Koch-Test und modifizierter
Münchner Fitnesstest bei den Interventionskindern) bestimmt (Daten werden nicht gezeigt).
StEP TWO
Die interdisziplinäre Betreuung übergewichtiger/
adipöser Kinder an ihren Grundschulen (StEP TWO)
bzw. adipöser Kinder an der Sporthochschule
(CHILT III) ist im Gegensatz zu den jeweiligen Kontrollgruppen im Anschluss an die Intervention erfolgreich. Besonders in diesem frühen Alter ist eine Gewichtsstabilisierung anzustreben, um das
Längenwachstum zu nutzen. Als besonderer Vorteil von StEP TWO wurde das frühe Aufnehmen der
Kinder gesehen. Alleinige schulbasierte Interventionen in der Prävention von Übergewicht konnten
zwar die motorische Leistungsfähigkeit der Kinder
verbessern, zeigten aber keinen Einfluss auf die
anthropometrischen Daten (GRAF et al., zur Publikation eingereicht). Sicherlich hat aber das Screening in der Schule die Thematik Übergewicht an
Familien herangetragen, die sich bisher nicht damit
auseinandergesetzt haben.
Die Integration der Eltern/Familie in die Betreuung
war bereits in anderen Programmen erfolgreich
(MANIOS et al. 1999), obwohl die Teilnahme der
StEP TWO Eltern eher gering war. Aber das regelmäßige gemeinsame Kochen mit den Kindern
zweimal pro Woche und damit die Praxisnähe über
nahezu das gesamte Schuljahr hat einen erheblichen Einfluss auf das Essverhalten auch zu Hause
und damit auf die anthropometrischen Daten.
Abb. 3:
Verlauf des BMI (CHILT
III) zum Zeitpunkt T1 bis
zu T2; der Verlauf unterscheidet sich signifikant (p=0.025).
Abb. 4:
Differenz zwischen T1
und T2 des BMI-SDS
der Interventions- und
Kontrollkinder (CHILT
III).
Hierzu kommt, dass die Kinder jünger als in den
meisten anderen ambulanten Adipositasprogrammen waren. Die Integration bereits übergewichtiger und nicht „erst“ adipöser Kinder führte neben
der auch in dieser Hinsicht früheren Betreuung zu
einer geringeren Stigmatisierung der Gruppe in
der Schule. Der wohnortnahe, kostengünstigere
und so für die Eltern unkomplizierte Ablauf sollte
auch Kindern die Teilnahme ermöglichen, die an
anderen Intensivprogrammen nicht teilgenommen
hätten.
Kritisch muss man die Aussteiger beleuchten.
Auch wenn die Rate mit etwa 10 Prozent sehr
gering lag, handelte es sich stets um die adipösen
Kinder. Die Gründe für die Ausstiege waren vielfältig, z.B. Eigenanteil der Eltern nicht bezahlbar, viele weitere Termine etc. Möglicherweise würden
aber diese Kinder eher von externen Programmen
mit ihnen unbekannten Kindern profitieren, so dass
Mountainbiken
CHILT-Projekt
Höhentraining
sie in der Gruppe ihre Rolle neu definieren können
und nicht auf die gleichen Kinder treffen, die sie
möglicherweise im Schulalltag „hänseln“. Insgesamt sollten aber entsprechende interdisziplinär
geführte, schul- und familienbasierte Programme
weiter ausgebaut und über die ganze (Grund-)
Schulzeit der Kinder durchgeführt werden.
CHILT III
Im Rahmen des CHILT III Programms wurden die
Kinder an der Deutschen Sporthochschule Köln
intensiv interdisziplinär betreut. Im Gegensatz zu
den StEP TWO Kindern waren sie älter und stets
adipös. Somit ist eine Gewichtsstabilisierung meist
nicht mehr ausreichend. Dies kann aber meist nur
durch deutliche Veränderungen des kindlichen/
familiären Ess- und Bewegungsverhaltens erreicht
werden. Daher ist die Integration der Eltern sehr
viel intensiver erforderlich. Insgesamt ist das Programm erfolgreich abgelaufen und entspricht in
der Reduktion des BMI-SDS den Erfolgen anderer
Programme (APV 2004). Mit drei Abbrechern liegt
die Rate bei nur 11,5 Prozent. Durch eine intensivere Nachbetreuung (bis zu monatlichen Terminen zur Wiedervorstellung) soll versucht werden, den Erfolg des einzelnen Kindes auch langfristig zu stabilisieren.
Allerdings steht ein Beweis für eine langfristige
Gewichtsstabilisierung nach solchen Maßnahmen
in Deutschland noch aus (REINEHR & WABITSCH
2003). Die weitere Arbeit muss daher die Suche
nach Parametern sein, warum Kinder dauerhaft
teilnehmen oder nicht, möglicherweise sogar
Dr. med. Christine GRAF,
geboren am 13.12.1967, war
im Anschluss an ihr Medizinstudium an der Universität zu Köln im Martha Maria Krankenhaus Nürnberg
(Innere Medizin) sowie in
der Medizinischen Klinik III
(Kardiologie) an den Universitätsklinken Köln tätig.
Seit 1996 ist sie Wissenschaftliche Mitarbeiterin
am Institut für Kreislaufforschung und Sportme-
Natursport
Dopinganalytik Talentförderung
früher abbrechen, um individuell für ein Kind bzw.
dessen Familie die richtigen Therapiemaßnahmen
einleiten zu können.
Fazit
Interdisziplinäre Programme für übergewichtige/
adipöse Kinder sind nach der Intervention erfolgreich. Der Effekt auf die Langzeitbetreuung bleibt
abzuwarten. Insbesondere StEP TWO zeigt aber
auf, welche Möglichkeiten durch die Verbindung
Schule/Familie/weitere Institutionen bestehen. Es
wäre wünschenswert, wenn dies auch positiv von
einzelnen Krankenkassen bzw. gesundheits- und
sozialpolitisch wahrgenommen werden würde!
Danksagung
Unser Dank gilt Professor Walter Tokarski,
Schirmherr des StEP TWO Programms, sowie der
Unterstützung des Fördervereins des Herzzentrums Köln. Außerdem möchten wir allen weiteren
Beteiligten an dem Programm: Susanne Göpfert,
Birgit Böckmann, Anette Röseler, Hildegard
Schmitz-Krahm, dem Kinder- und Jugendgesundheitsdienst der Stadt Köln, Tanja Speckhahn,
Torsten Langner, Petra Roßberg, Maria Flothkötter
sowie den Studierenden des wissenschaftlichen
Seminars (StEP TWO), Sandra Jaeschke, Irene
Fuchs, Claudia Menz, Stefanie Jouck, Sascha
Ritzeler, Dr. Anja Lawrenz und Ellen KretschmannKandel (CHILT III) danken.
Literatur bei den Verfassern/innen.
dizin der Deutschen Sporthochschule Köln.
Seit 1998 führt sie die Zusatzbezeichnung
Sportmedizin, seit 2004 auch die Zusatzbezeichnung Ernährungsmedizin. Ihre Forschungsschwerpunkte liegen in den Bereichen
„Körperliche Aktivität in der Primär- und Sekundärprävention kardiovaskulärer Erkrankungen“, „Sportherz“, „ACE-Genpolymorphismen“
und „Kinder- und Jugendsportmedizin“. Außerdem ist sie die Leiterin des CHILT-Projektes.
E-Mail: [email protected]
29
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Talentförderung Dopinganalytik
Natursport
Höhentraining
CHILT-Projekt
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Mountainbiken
Die Wahrheit über den Rollwiderstand
Einfluss von Reifentyp und Reifenluftdruck auf den
Rollwiderstand beim Mountainbiken
Ein Beitrag von
Peter Nilges
Helmut Lötzerich
Achim Schmidt
Institut für
Natursport und
Ökologie
Im Radsport haben in den letzten Jahrzehnten zahlreiche wissenschaftliche Studien zu einer Optimierung des Sportgerätes und der körperlichen Leistungsfähigkeit der Athleten beigetragen, die in der Summe zu neuen sportlichen Höchstleistungen bzw. Rekorden führten. Neben den Erkenntnissen zur Leistungssteigerung der Athleten stehen im Radsport immer wieder Verbesserungen des Sportgerätes im
Mittelpunkt des Interesses sowohl im Hochleistungssport als auch im Freizeit- und Breitensportbereich.
So wurden im Laufe der letzten Jahre im Mountainbike-Sport unter anderem die Geometrie, der Einsatz
von neuen Rahmenwerkstoffen und die Entwicklung von antriebneutralen Federelementen vorangetrieben und teilweise erheblich verbessert. Weitere Versuche zur Verringerung des Gesamtwiderstandes
führten zu einer optimierten Sitzposition mit dem Ziel, den Fahrwiderstand (in erster Linie den Luftwiderstand) zu reduzieren.
Im Bereich des Fahrradwiderstandes gibt es jedoch noch erheblichen Forschungsbedarf zum
Thema des Rollwiderstands, der im Wesentlichen
von Reifentyp und Reifenluftdruck abhängt und im
Gelände über die Hälfte des Gesamtwiderstandes
in Anspruch nehmen kann. Da sich bisherige Erkenntnisse fast ausschließlich auf den Rollwiderstand im Labor auf festem, ebenem Untergrund beziehen und dies nicht der realistischen Situation im
Gelände entspricht, wurde in der vorliegenden Untersuchung die Auswirkung verschiedener Einflussfaktoren auf den Rollwiderstand im Gelände
bestimmt. Im untersuchten Mountainbikebereich
liegen, neben den praxisfernen Tests der Reifenhersteller, zur Zeit noch keine wissenschaftlich
fundierten und publizierten Daten vor. Bislang
wurde auf tradierte Gesetzmäßigkeiten und Erfahrungen aus dem Straßenradsport zurückgegriffen
und diese als vermeintlich übertragbare Normen
angenommen.
Abb.1:
Gesamtwiderstand beim
Radfahren (modifiziert
nach GRESSMANN
2002).
Die durchgeführte Untersuchung soll dazu beitragen, diese Wissenslücke zu schließen, um auf
spekulative Reifen-/Reifenluftdruckempfehlungen
für das Gelände verzichten zu können und eine
konkrete Handhabe zu liefern. Denn Freizeit- und
Breitensportler, wie auch Rennfahrer, lassen sich
bei der Wahl ihrer Reifen vielmehr von subjektiven
Einschätzungen leiten, ohne tatsächlich zu wissen,
ob der gewählte Reifen mit entsprechendem Reifenluftdruck das Optimum für den Einsatzzweck
darstellt. Weiterhin wurde der Frage nachgegangen, inwieweit die Tests der Reifenhersteller auf
dem Rollenprüfstand tatsächlich geeignet sind, um
auch die Eigenschaften eines Reifens in der Praxis
im Gelände beurteilen zu können.
Material und Methoden
Zur Bestimmung der Rollwiderstandsleistung wurden auf einer 460 m langen, kontinuierlich steigenden Outdoorteststrecke (s. Abb. 1) drei unterschiedliche Untergründe (Straße, Schotter, Wiese)
befahren. Da die Untergründe unmittelbar nebeneinander lagen, konnte so zur besseren Vergleichbarkeit der erfassten Daten eine gleiche Steigungsleistung vorausgesetzt werden. Die Messung der Leistung erfolgte mittels eines an einem
Mountainbike montierten SRM-Systems (Schoberer-Rad-Mess-System) bei einer Geschwindigkeit
von lediglich 9,5 km/h, da es bei dieser Geschwindigkeit zu einer Minimierung des Luftwiderstandes
kommt. Bei dem SRM-System handelt es sich um
eine spezielle Tretkurbel mit integriertem Drehmoment-Sensor, der über das Drehmoment und die
Trittfrequenz eine äußerst exakte Bestimmung der
Leistung ermöglicht.
Die gemessenen Daten wurden telemetrisch an
den am Lenker befindlichen Computer (Powercontrol) übertragen und dort gespeichert. Insgesamt
konnten während der Untersuchung neun Mountainbikereifen, die sich nach Reifenprofil und Reifenbreite unterschieden, mit vier Luftdrücken unter
sonst konstanten Bedingungen kombiniert werden.
Zusätzlich erfolgte zum Vergleich die Bestimmung
der Rollwiderstandsleistung auf einem Rollenprüf-
Mountainbiken
CHILT-Projekt
Höhentraining
Natursport
Dopinganalytik Talentförderung
33
stand eines Reifenherstellers. Es wurden jeweils
drei Reifenprofile in drei verschiedenen Breiten
getestet. Die Reifenprofile unterschieden sich
nach ihrem Einsatzzweck von leichtem, trockenem
Gelände (Semislick Modell „Fast Fred“) über mittelschweres Gelände (schwach profilierter Stollenreifen Modell „Racing Ralph“) bis hin zu grobem, nassem Gelände (Stollenreifen Modell „Albert Brothers“). Die Reifenbreiten reichten von 50
mm/2,1 Zoll bis hin zu 62 mm/2,4 Zoll.
Die vier unterschiedlichen Reifenluftdrücke wurden mit 1,5 bar, 2,0 bar, 3,0 bar sowie 4,0 bar so gewählt, dass eine Abdeckung der für den Mountainbikesport üblichen Setups gegeben war.
Ergebnisse und Diskussion
Der Anteil der Rollwiderstandsleistung an der Gesamtleistung, die zum Befahren der Teststrecke
benötigt wurde, betrug bei gegebenem Versuchsaufbau durchschnittlich 11,98 Prozent auf „Asphalt“, 24,09 Prozent auf „Schotter“ und bis hin zu
46,22 Prozent auf dem Untergrund „Wiese“. Es fällt
auf, dass die grobprofilierten Stollenreifen auf allen Untergründen den größten Rollwiderstand erzeugen. Die Semislicks und schwachprofilierten
Reifen ergeben ein unterschiedliches Bild im Gelände und auf der Straße, was den Rollwiderstand
betrifft.
Straße und Testlabor
Die Ergebnisse auf dem Untergrund „Straße“ stimmen tendenziell mit denen des Rollenprüfstandes
(Stahltrommel) überein. Die sich stark ähnelnden
Messwerte sind durch eine vergleichbare Untergrundbeschaffenheit begründet. Eine Erhöhung
des Reifenluftdruckes bewirkt eine Senkung des
Rollwiderstandes. Die Reifen sinken mit zunehmendem Reifenluftdruck weniger stark ein, und die
Aufstandsfläche auf dem festen, glatten Boden
verkleinert sich. Der sogenannte „Hebelarm der
rollenden Reibung“ (GRESSMANN 2002) verkürzt
sich und ermöglicht dem Reifen ein leichteres Abrollen. Der Einflussfaktor Reifenprofil weist die geringsten Werte nicht etwa bei den Semislicks
„Fast Fred“, sondern den schwach profilierten
Stollenreifen „Racing Ralph“ auf. Obwohl hier die
Profilierung stärker ausgeprägt ist, war der Rollwiderstand geringfügig niedriger. Die Begründung
liegt in der Anordnung der Stollen und Flexibilität
der Karkassen. Die Stollen des „Racing Ralphs“
fallen zwar höher aus, sind im Bereich der Lauffläche jedoch relativ eng beieinander angeordnet
(hoher Positivanteil), so dass fast ein durchgehender Mittelsteg entsteht. Dadurch kann der Reifen
geschmeidiger abrollen, was sich auch durch ein
leiseres Abrollgeräusch auf festem Boden bemerkbar macht. Bei einem größeren Stollenabstand hingegen fällt der Reifen von einem Profilblock in den Zwischenraum des Profils, um dann
wieder erneut angehoben zu werden. Im Gelände
kann sich der Semislick jedoch, vor allem durch
die äußerst dünne Gummierung der Karkasse und
Abb. 2:
Untersuchungsrad mit
Systemgewichtsausgleich durch Trinkflasche und Rucksack.
die damit verbundene Flexibilität, besser dem rauen Untergrund anpassen und hier seine Vorzüge
ausspielen. Die Flexibilität und somit der Aufbau
eines Reifens ist bei unebenem Untergrund entscheidender als die Anordnung und Gestaltung der
Profilierung.
Wiese und Schotter
Die gewonnenen Erkenntnisse auf den beiden Untergründen „Wiese“ und „Schotter“ weichen bei
allen Einflussfaktoren von den Ergebnissen auf
„Straße“ und somit auch denen des Rollenprüfstandes ab. So sinkt die Rollwiderstandsleistung
mit abnehmendem Reifenluftdruck auf „Schotter“
bis zu einer Untergrenze von 2,0 bar und auf dem
Untergrund „Wiese“ bis zum niedrigsten der getesteten Luftdrücke (1,5 bar). Im Durchschnitt kön-
Abb. 3:
Teststrecke (v.l.n.r.
Wiese 1, Schotter 2,
Straße 3).
34
Talentförderung Dopinganalytik
Natursport
Höhentraining
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der Betrachtung der Reifenaufstandsflächen (s.
Abb. 6) zweier unterschiedlich breiter Reifen zeigt
sich, dass die Flächen zwar gleich groß sind,
jedoch eine andere Form aufweisen. Die des breiteren Reifens ist breiter und kürzer, wodurch sich
auch der Hebelarm (f) verkürzt, über den der Reifen abrollt. Zusätzlich besitzen breitere Reifen
auch einen größeren Durchmesser bzw. Radius (r),
die eine kleiner werdende Abrollwiderstandszahl
(kR = f / r) bedingen.
Abb. 4:
Einflussfaktor
Untergrund bei drei
Reifenmodellen und
drei Reifenbreiten
(n =324).
Abb. 5:
Einflussfaktor
Reifenluftdruck auf
„Wiese“ (n = 27 je
Reifenluftdruck).
nen 17,88 Watt eingespart werden, wenn auf dem
Untergrund „Wiese“ der Reifenluftdruck von 4,0
bar auf 1,5 bar abgesenkt wird.
Die Hauptbegründung hierfür liegt in der (rauen)
Beschaffenheit des Untergrundes. Nach WHITT &
WILSON (1997, 128-130) wird an jeder Bodenunebenheit ein Teil der in Fahrtrichtung wirkenden
Antriebsleistung benötigt, um das Gesamtsystem
anzuheben. Dies ist vergleichbar mit dem Befahren einer kleinen Steigung, die entsprechende
Hubarbeit verlangt. Wenn ein Reifen folglich mit
weniger Reifenluftdruck auf rauem Untergrund gefahren wird, kann er sich besser den Unebenheiten anpassen und das Gesamtsystem muss nicht
so stark und oft angehoben werden. Dieser Effekt
ist bereits bei einem feinkörnigen Schotterweg,
wie die Tests beweisen, zu verzeichnen. Weiterhin
verliert der Reifen nicht so schnell den Kontakt
zum Boden, was einen verminderten Schlupf und
somit verbesserte Traktion zur Folge hat, und
obendrein werden die Dämpfungseigenschaften
erheblich verbessert. Der Einfluss der Reifenbreite
macht sich durch eine Abnahme des Rollwiderstandes mit zunehmender Breite bemerkbar. Bei
Abb. 6:
Reifenaufstandsfläche von Fahrradreifen (modifiziert nach
GRESSMANN 2002).
Unter Berücksichtigung dieser Erkenntnisse kann
eine beachtliche Differenz von über 50 Watt zwischen einem breiten Reifen mit 1,5 bar Reifenluftdruck und einem schmalen mit 4,0 bar befüllten
Reifen entstehen (s. Abb. 5). Die Untersuchungen
belegen außerdem, dass die Messungen auf dem
Rollenprüfstand des Testlabors nicht ausreichen,
die Eigenschaften eines Mountainbikereifens hinsichtlich des Rollwiderstandes im Gelände zu
beurteilen. Alle drei untersuchten Einflussfaktoren
(Reifenluftdruck, Reifenprofil, Reifenbreite) zeigen
im Gelände eine andere Wirkung.
Empfehlungen für die Praxis
Auf festem, ebenem Untergrund, wie z.B. auf
„Straße“, spricht ein hoher Reifenluftdruck für
die Reduzierung des Rollwiderstandes. Allerdings
weist GRESSMANN (2002, 49) darauf hin, dass sich
ab einem gewissen Reifenluftdruck der Rollwiderstand nicht mehr verringert, jedoch im Gegenzug der Komfort drastisch nachlässt. Das zu empfehlende Reifenprofil sollte einen hohen Positivanteil des Profils auf der Lauffläche besitzen. Dieses Merkmal ist durch einen geringen Stollenabstand oder im Idealfall einen durchgehenden Mittelsteg gekennzeichnet. Die Reifenbreite hat auf
festem Untergrund aus konstruktionsbedingten
Gründen keinen nachweisbaren Einfluss. Da in
der Praxis neben der Minimierung der Rollwiderstandsleistung auch der Komfort eine wichtige
Komponente ist, sollte deshalb den breiteren Modellen der Vorzug gegeben werden (vgl. SPANGENBERG 2002, 60).
Fazit: Die optimale Reifen-/Reifenluftdruckempfehlung für feste, ebene Böden ist demnach ein
breiter Reifen mit hohem Positivanteil des Profils
und hohem Reifenluftdruck.
Mountainbiken
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Dopinganalytik Talentförderung
35
Zur Minimierung des Rollwiderstandes im Gelände
sollte der Reifenluftdruck abgesenkt werden.
Selbst auf Schotter, mit nur geringen Bodenunebenheiten, bewirkt eine Absenkung des Reifenluftdrucks bis zu einer Untergrenze von 2,0 bar
deutlich messbare Vorteile. Mit zunehmender Rauheit des Untergrundes, wie z.B. auf „Wiese“, wird
dieser Effekt noch verstärkt. Der zusätzliche Nebeneffekt eines geringen Reifenluftdrucks äußert
sich durch verbesserte Traktion und eine Erhöhung des Komforts. Das für raue Untergründe ideale Reifenprofil sollte in erster Linie eine flexible
Karkasse besitzen, wie sie in der Regel Semislicks
aufweisen. Die Empfehlung zur Reifenbreite im Gelände geht eindeutig in Richtung der breiten Reifen, die weiterhin aufgrund ihres vergrößerten Volumens eine höhere Pannensicherheit gegen
Durchschläge besitzen.
Fazit: Im Gelände sollte ein Reifen so breit wie
möglich sein (Kompatibilität mit Rahmen und Gabel beachten) und eine möglichst flexible Karkasse besitzen (hier Semislick), der nur mit so viel
Reifenluftdruck wie nötig (Durchschlagschutz)
gefahren wird.
Im Hinblick auf den Renneinsatz bei Cross Country
Wettkämpfen und Marathons mit einem nur geringen Anteil des Untergrundes Straße empfiehlt sich
unbedingt ein geringer Reifenluftdruck in Verbindung mit einem breiten Reifen. Der oft kritisierte
Aspekt des Mehrgewichts breiterer Reifen wird
dabei allgemein am stärksten überschätzt, wie
Tests zum Beschleunigungswiderstand (DEGER
1999) bestätigen. Bei der Beschleunigung eines
Reifenpaares von 0 auf 25 km/h veranschlagte ein
500 g schwereres Reifenpaar nur 4,20 W an zusätzlicher Leistung. Dem gegenüber steht eine Einsparung von beispielsweise 15,41 W auf dem Untergrund „Wiese“, die ein breiter Reifen gegenüber einem schmalen Pendant ermöglicht. Zudem
macht sich die Einsparung des Rollwiderstandes
ständig und die des leichteren Gewichts nur bei
einer Geschwindigkeitsänderung bemerkbar.
Bei längeren Fahrten mit einem hohem Asphaltanteil kann es sinnvoll sein, den Reifenluftdruck unterwegs den entsprechenden Bedingungen anzupassen. Jedoch ist der Mehraufwand des Rollwiderstandes, den man beim Fahren mit einem geringen Reifenluftdruck auf dem Untergrund Straße in
Kauf nimmt, deutlich geringer als der beim Fahren
mit einem hohen Luftdruck im Gelände.
Die tatsächlich im Gelände noch fahrbare Untergrenze des Reifenluftdrucks ist schwer zu bestimmen, da sie von vielerlei Faktoren beeinflusst wird.
So spielen Fahrergewicht, Beschaffenheit des Untergrundes/Hindernisse, Felgenbreite, Reifenbreite
und auch der Fahrstil eine große Rolle und müssen
beim individuellen Setup eines Mountainbikes
stets berücksichtigt werden. Um einen konkreten
Wert zu beziffern, kann ein 60/62 mm breiter Reifen
bei 70 kg Fahrergewicht im Gelände problemlos
mit 1,7 bis 1,8 bar Reifenluftdruck betrieben wer-
den. Die Empfehlung für einen 57 mm breiten Reifen liegt bei 2,1 bis 2,3 bar.
Abb. 7:
Leistungskurven zweier
Reifen auf „Wiese”.
Tab. 1:
Optimale Reifen-/
Reifenluftdruckkombination zur Minimierung des Rollwiderstandes.
Ausblick
Für künftige Untersuchungen zum Thema Rollwiderstand im Bereich Mountainbike gilt es zu klären, wie sich neue Systeme, so z.B. Tubeless-Bereifungen oder auch Latexschläuche, auf die Rolleigenschaften auswirken. Des weiteren könnte
der gleiche Testaufbau auch auf den Straßenradsport übertragen werden, da es hier ebenfalls Klärungsbedarf aufgrund verschiedener Asphaltbeschaffenheiten, Reifenbreiten und Reifenluftdrücken gibt, und eine ausführliche Untersuchung
in dieser Hinsicht noch nicht stattgefunden hat.
Literatur bei den Autoren.
Peter NILGES, geb. 1978,
ist seit 13 Jahren aktiver
Radrennfahrer und nimmt
an Mountainbikerennen
(MTB A-Lizenz) teil. Er arbeitet als Fahrtechniktrainer in Deutschlands größter Mountainbikeschule
„bikeride” und realisierte
das Projekt „Rollwiderstand beim Mountainbiken“ als Diplomarbeit.
E-Mail: [email protected]
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Talentförderung Dopinganalytik
Natursport
Höhentraining
CHILT-Projekt
Mountainbiken
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CHILT-Projekt
Höhentraining
Natursport
Dopinganalytik Talentförderung
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Schlussbericht
4.-6. Juli … ispo summer 2004
Trends geben der Branche neue Impulse
■ Nordic Fitness u. Running im Mittelpunkt der ispo summer 04
■ ispovision erhält gutes Feedback von Industrie und Handel
■ Rund 25.000 Fachbesucher nutzen die Chance
zur frühzeitigen Information und Marktorientierung
■ Weiterer Anstieg der Fachbesucher-Zahl aus dem Ausland
■ Steigende Besucherzahlen aus neuen EU-Mitgliedsländern
■ Vielfältiges Rahmenprogramm sehr positiv bewertet
und gut besucht
Von Sonntag bis Dienstag, 4. bis 6. Juli 2004, informierten 1.211 Aussteller aus 40 Ländern (2003: 1.143 aus 42 Ländern) auf dem Gelände der
Neuen Messe München im Vorfeld nationaler und internationaler Vorlagetermine über die Produktneuheiten und Weiterentwicklungen der internationalen Sportartikel- und Sportmodebranche.
Manfred Wutzlhofer, Vorsitzender der Geschäftsführung der Messe München GmbH: „Trotz schwieriger Wirtschaftslage, die wegen der Kaufzurückhaltung der Endverbraucher auch zu einer vorsichtigen Disposition
des Fachhandels führt, waren die Stimmung auf der ispo und die Einschätzung der zu erwartenden Umsätze überraschend positiv. Allerdings
ist die Entwicklung in den einzelnen Segmenten sehr unterschiedlich.
Den gegenwärtigen Schwierigkeiten im Racket-Bereich stehen die Trendsportarten im Nordic Fitness-Segment mit hohen Erwartungen an erhebliche Zuwachsraten gegenüber. Das war im Messeverlauf deutlich spürbar
und gibt der Branche wichtige Impulse.”
Die ispo summer ging erstmals im Zeichen der erweiterten Europäischen
Union an den Start und verzeichnete auf Besucherseite einen Zuwachs
aus den neuen EU-Mitgliedsländern. Rund 25.000 Fachbesucher (2003:
25.980) aus ca. 100 Ländern registrierten sich während der drei Messetage auf dem Gelände der Neuen Messe München, fast 60% (2003:
53%) kamen aus dem Ausland. Zu der Internationalität und auch Qualität der Fachbesucher trugen nicht zuletzt die Key Account-Programme
der ispo bei, die bereits seit mehreren Jahren mit Partnern aus Industrie
und Handel realisiert werden. Das Spezialmessen-Konzept der ispo wurde auch in diesem Jahr weiter ausgebaut. Branchensegmente wie die
board_ispo, running_ispo, inline_ispo, teamsport_ispo, outdoor_ispo und
sportswear_ispo wurden von den Veranstaltern individuell herausgestellt
und authentisch konzipiert. Im Mittelpunkt der ispo summer 04 standen
die Themen Nordic Fitness und Running. Insbesondere Nordic Walking
eröffnet dem Fachhandel neue Zielgruppen und neues Umsatzpotenzial,
das von Ausstellern und Besuchern u.a. im Rahmen des Nordic Fitness
Summits umfangreich diskutiert wurde. Insgesamt wurde das vielfältige
Rahmenprogramm, wie das „European Enlargement Forum”, der „ispovision Sportstyle Summit” und das „China Forum” mit über 100 Teilnehmern sowie die Fashion Shows, gut besucht und sehr positiv bewertet.
Die ispovision, Fachmesse für sportsinspired fashion, ist nach der Premiere im Februar auf Grundlage umfangreichen Feedbacks von Industrie und
Handel mit neuer Hallenkonzeption und Markenzusammenstellung optimiert worden. Präsentiert wurden in München die Segmente Premium
Sportstyle, Sportstyle Sneakers, Sportstyle Future, Yachting Style und das
neu hinzu gekommene Segment Golf Style. Marc Lohausen von Frontline
aus Hannover bestätigt: „Die ispovision summer 04 wirkt wesentlich
4.-6. Juli … ispo summer 2004
geordneter, übersichtlicher und insgesamt inspirierender als bei der Premiere im Februar, was
Kollektionen und Zusammenstellung der Marken anbelangt. Sie hat einen großer Schritt nach vorne
gemacht.” „Das Konzept der isopovision gefällt mir sehr gut, und ich finde es auch wichtig, dass
Sportstyle eine Plattform erhält. Auch das Styling der Halle ist sehr gelungen”, so auch Klaudia
Burger von Slips aus München. Und Michael Prues von Frauenschuh aus Kitzbühel hebt hervor:
„Die ispovision vermittelt insgesamt einen sehr frischen Eindruck. Das Hallendesign empfinde ich
als ansprechend, unaufdringlich und sehr gelungen. Hier wurde eine gute Atmosphäre geschaffen.”
Die ersten „Global Sportstyle Awards” wurden an adidas, Asics - Onitsuka Tiger, Converse, Dunlop,
Napapijri und den Designer Michael Michalsky vergeben.
Das ispo BrandNew Village in der Halle A4 erfuhr erneut großen Zuspruch von den Messeteilnehmern. Der Jungunternehmer-Wettbewerb, der im Rahmen der ispo summer 04 sein 10. Jubiläum feierte, präsentierte wieder viele interessante Produkt-Neuheiten. Neben den BrandNew-Gewinnern
wurden auch im Outdoor- und Running-Bereich Produkt-Innovationen ausgezeichnet. Die ispo
Outdoor Awards summer 04 gingen an Leki, Meindl und Suunto, die ersten Runner´s World ispo
Awards wurden an adidas, Concurve, Polar und Hammer vergeben. Im Rahmen der Verleihung des
Sportpreises des Bayerischen Ministerpräsidenten, Dr. Edmund Stoiber, wurden im ICM u.a. Dr.
Irene Epple-Waigel und Ricco Groß für ihre sportlichen Leistungen und als Persönlichkeiten ausgezeichnet.
Traditionell veranstaltet der Weltverband der Sportartikelindustrie, WFSGI, im Rahmen der ispo seine Generalversammlung. In diesem Jahr wechselte die Präsidentschaft des Verbandes von Asien
nach Europa: Als Nachfolger von Masato Mizuno wurde adidas-Vorstandsmitglied Michel Perraudin
zum neuen Präsidenten gewählt. Auf dem Tagungsprogramm des Verbandes standen u.a. der Abschluss einer neuen Marketingvereinbarung mit dem IOC und die weitere Vertiefung der Zusammenarbeit mit der Volksrepublik China und Russland. Der russische Industrieverband wurde deshalb als Vollmitglied in die WFSGI integriert.
Das ispo Trainee-Projekt ging erneut mit rund 150 Teilnehmern an den Start. Die Auszubildenden
des deutschen Sportfachhandels kamen aus 16 Städten per Bus-Shuttle zur ispo und erhielten von
Partnern aus Industrie und Handel einen wichtigen Einblick in die internationale Sportartikel- und
Sportmodebranche. Die große Fußball-Party aus Anlass des Endspiels um die Fußball-Europameisterschaft fand bei schönstem Wetter im vollbesetzten Atrium der Neuen Messe München statt. Über
3.000 Messeteilnehmer feierten in der Atmosphäre einer ausgelassenen Party der ispo community.
Weitere Stimmen von der ispo summer 04:
Werner Haizmann, Präsident des VDS, Verband Deutscher Sportfachhandel, und der FEDAS, Europäische Vereinigung der Sporthändlerverbände: „Die ispo ist eine Messe für die Einkaufswünsche
der jugendlichen Verbraucher geworden. Das zeigten besonders die ausgeprägten Board- und Inline-Präsentationen. Gleichzeitig fanden wir als Händler hier das komplette Nordic Walking-Angebot ausgezeichnet vertreten. Wichtig für unsere Umsätze war auch das Angebot an hochwertigen
Laufschuhen. Insgesamt sind wir mit dem Messeangebot für Wellness und für High Tech im Sport
sehr zufrieden gewesen.”
Oliver Brüggen, Leiter PR Area Central, adidas-Salomon AG: „Die Atmosphäre auf der ispo summer
04 wurde von der aktuellen Situation im Handel geprägt. Die Messe bot auch in diesem Jahr eine
ausgezeichnete Plattform für intensive Kundengespräche.”
Dieter Bauer, Geschäftsführer Asics Deutschland GmbH: „Die Atmosphäre auf der ispo summer 04
war sehr positiv. Unsere Gespräche fanden in entspannter, positiver Atmosphäre statt, und wir erfahren große Resonanz. Diejenigen, die sich mit dem Markt auseinandersetzen und ein klares Profil
bewahren, machen gute Geschäfte.”
Dietmar Damith, Geschäftsleitung Marketing, Lizenzen & Markenrecht, Windsurfing Chiemsee:
„Die Atmosphäre in dieser Halle und an unserem Stand war sehr gut. Wir sind im wesentlichen zufrieden und hatten qualitativ gute Kontakte. Die Kunden suggerieren uns, das wir ein positives Konzept haben und erkennen unsere Konstanz an. Das Konzept der special communities geht in der
board_ispo voll auf.”
Die ispo winter 05 findet von Sonntag bis Mittwoch, 6. bis 9.
Februar 2005, auf dem Gelände der Neuen Messe München statt.
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