MARATHONRAD - Tour Magazin
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MARATHONRAD - Tour Magazin
MARATHONRAD LEICHTATHLET Ein leichtes Rad ist der Traum vieler Rennradler. Die Frage ist nur: Überstehen leichte Tuningteile auch Rennen und Trainingsalltag? TOUR hat’s ausprobiert und ein Sechs-Kilo-Rad für die Transalp aufgebaut TEXT: DIRK ZEDLER A nfang März 2006. Der Winter hat Deutschland noch im Griff, bei mir herrscht Sonnenschein und Vorfreude: Ich habe einen Startplatz für die TOUR-Transalp und kann für TOUR nun meine Wunsch24 TOUR 9/ 2006 Geschichte verwirklichen: Dienstlicher Auftrag ist es fortan, das leichtestmögliche Rennrad aufzubauen, mit dem man möglichst schnell und trotzdem sicher die Alpen überqueren kann. Die Frage ist: Wie renn- und alltagstauglich ist ultraleichtes TuningMaterial? Schließlich locken leichte, edle Teile viele Radsportler, die aber nicht nur wegen der teils exorbitanten Preise vor dem Kauf zurückschrecken, sondern auch wegen der Unsicherheit, ob das sündhaft teure Zeug hält. Die vollmundigen Versprechen vieler Hersteller im Hinterkopf, peile ich beim Gesamtgewicht des Boliden die Schon nach den ersten Telefonaten mit den Herstellern meiner WunschTeile kommt das Projekt ins Stocken: Die dreiwöchige Lieferfrist bis zum Beginn des Trainingslagers ist für viele zu kurz. Andere geben Vollgas: NokonHersteller Carl Stahl fertigt und schickt die nicht vorrätigen schwarzen Nokon-Züge binnen vier Tagen; Isaac lässt sich auf die Sonderlackierung eines Sonic-Rahmens ein, der in weniger als drei Wochen von der Produktion in Fernost auf meinen Montageständer gelangt. Ich gebe zu: Die schicke Schale des Rahmens ist ein Hauptgrund für meine Wahl; geringes Gewicht (Platz drei im TOUR-Leichtrahmen-Test, Heft 2/06) und die reichlich bemessene Steifigkeit für mich als 66-Kilo-Leichtgewicht bestätigen das auch aus technischer Sicht. Ein leichter Zahnkranz mit Alu- oder Titanritzeln lässt sich hingegen nicht beschaffen. Nach dem Hinweis auf den geplanten Einsatz bei der TOUR-Transalp hüllen sich die befragten Hersteller dauerhaft in Schweigen. Isaac-Rahmen dreht sich unten jedoch ein 1-1/4-Zoll-Lager. Einen passenden neuen Lagerkonus fertigt ein befreundeter Dreher an. Zugeständnis bei der Sattelstütze: Weil sich das Carbon gestell des gewählten AXLightness-Sattels nicht mit leichten Joch-Sattelstützen verträgt, kommt Ritcheys 60 Gramm schwerere WCSStütze ans Rad, deren breite Auflage das Sattelgestell bei meiner Sattelposition fast in der Mitte unterstützt. Kurz vor der Reise ins Trainingslager wandert das fertige Rad vom Montageständer an die Waage: 5,9 Kilogramm mit Pedalen, Radcomputer und zwei Flaschenhaltern. Erstes Ziel erreicht. Die ersten Meter unter spanischer Sonne. Das Rad fährt, die Laufräder machen Geräusche wie Scheibenräder, nur leiser. Die Schaltung rappelt etwas, aber das war klar. Im Wiegetritt ist das Gewicht eine Offenbarung: Das Rad lässt sich federleicht bewegen, durch die geringe Masse des Vorderrades fühlt sich das Rad enorm wendig an, ohne bei schneller Fahrt schwammig zu wirken. Die seitensteife Gabel und der steife Rahmen machen zielgenaues Lenken zum Vergnügen. Der erste Griff in die Bremse bringt dann die Ernüchterung. Laut quietschend und ruppig stotternd packen die Beläge zu. Ich hoffe, dass sich das nach kurzer Zeit gibt, schließlich stammen Bremsbeläge und Laufräder vom selben Hersteller. Der Sattel ist erstaunlich bequem, nur die Lenkerform harmoniert nicht mit Campas ErgopowerGriffen, die ich gewählt habe, weil sie leicher als Shimanos Dura-Ace-Hebel sind. Um die Bremshebel mit meinen kleinen Händen auch „5“ vor dem Komma an. Die RennradBranche zieht bei meinem Plan mit, Geld spielt also zum Glück keine Rolle. Eher die Optik und 25 Jahre Rennraderfahrung: Bahnreifen ohne Pannenschutz, ausgehöhlte Schaltbremsgriffe, antiquierte Unterrohrschalthebel oder eine Kriteriums über setzung von 11 auf 21 Zähne scheiden aus. Außerdem will ich meine knappe Trainingszeit so effizient wie möglich gestalten, weshalb ein SRM-Powermeter unbedingt ans Rad soll, trotz des Mehrgewichts von knapp 150 Gramm gegenüber einer serienmäßigen Dura-Ace-Kurbel oder von 253 Gramm gegenüber einer THM „Clavicula“. Die Montage der Bauteile erweist sich als zeitintensive Herausforderung, obwohl es sich fast ausschließlich um käufliches Serienmaterial handelt. Der Ersatz vieler Stahl- durch Aluschrauben und die Kombination von Teilen verschiedener Hersteller erfordert Umsicht. Um Klemmkräfte gering zu halten, schmiert Dynamic-Montagepaste die Passungen. Besonders widerspenstig: das gesamte Schaltsystem. Als Umwerfer fungiert Campas RecordModell mit Carbonführ ung, das Schaltwerk ist ein 127 Gramm leichter Prototyp von Lightweight – ohne jede Verstellmöglichkeit. Von Anfang an hakt es im Getriebe. Versuche mit verschiedenen Kettenlängen bringen kaum Besserung, die Führungs rolle kommt nicht auf die nötige Distanz zu den Ritzeln – es lassen sich nur neun von zehn Gängen schalten, das 13erRitzel bleibt vorerst unbenutzt. Der Grund: Das Schaltauge des Rahmens liegt nicht innerhalb der Geometrievorgaben des Schaltungsherstellers. Nächste Hürde: Die Montage der leichtesten mir bekannten Seriengabel von THM statt der rund 400 Gramm schweren Seriengabel. Die „Scapula SP“ ist auf 1-1/8-Zoll ausgelegt, im SIMON (2) DECKBAR ERST QUIETSCHT’S... Leicht aber nicht locker: Ritcheys Sattelstütze WCS Carbon mit Tune-Klemmschelle (oben). Filigran und fest: der Flaschenhalter von Tune TOUR 9/ 2006 25 MARATHONRAD Am fünften Fahrtag beginnt ab der Hälfte der geplanten 140-KilometerRunde die Kette zu springen. Diagnose: drei steife Kettenglieder. Ich muss rund 70 Kilometer über Berg und Tal mit 53/21 fahren, weil nur in diesem Gang die schwachen Schaltungsfedern die Kette einigermaßen im Zaum halten. Genervt tausche ich Schaltwerk und Kette aus. ... DANN KRACHT’S DECKBAR im Unterlenker gut greifen zu können, habe ich sie tief im Bogen angebracht. Dadurch muss ich den Lenker verhältnismäßig hoch drehen, um akzeptabel auf den Griffhöckern fahren zu können. Ich hoffe auf Gewöhnung. Die nächsten Tage bringen viele Kilometer – und Schraubarbeit. Der Umwerfer sträubt sich gegen die Wippermann-Leichtkette. Das titangetunte Gliederband klettert unwillig aufs große Blatt und fällt beim Runterschalten gelegentlich nach innen aufs Tretlager, von wo es sich mit dem Umwerfer nicht mehr hoch holen lässt. Nachdem ich mehrmals absteigen und die Kette von Hand auflegen muss, stelle ich den Umwerfer so ein, dass die Kette im ersten Gang schleift – das geringere Übel. Das Bremsverhalten wird nicht besser, dafür muss das Lenkungslager aufgrund des ständigen Bremsruckelns alle zwei Tage justiert werden. Härtetest für Fahrer und Technik: Dirk Zedler und sein Leichtbaurad auf der TOUR-Transalp Am sechsten Tag das nächste Tief der jungen Liebe. Ich bin kurz unaufmerksam, muss hart bremsen – die Vorderradbremse tut erst gar nichts und beißt sich dann so fest, dass ich über den Lenker auf den Asphalt stürze. Die Folgen für das Fahrrad sind zum Glück überschaubar. Lenkerband und hinterer Schnellspanner sind angekratzt, die Flaschen aus den Haltern gepurzelt – übrigens der einzige Fahrtenbuch des TOUR-Marathonrads KMSTAND EREIGNIS 65 Umwerfer schaltet schlecht hoch 166 Bremse stottert und quietscht, Lenkkopflager wird lose 374 Schaltung arbeitet mäßig und laut Umwerfer schaltet schlecht hoch; Kette fällt nach innen Lenkkopflager lose 454 Kette springt 532 532 542 730 915 915 1.780 2.218 2.614 2.669 2.715 3.505 4.179 4.578 4.700 4.818 4.932 5.048 26 URSACHE Bremsverhalten Lightweight-Räder und -Beläge Leitrolle steht schief Bremsverhalten drei steife Kettenglieder; Schaltwerk baut zu wenig Spannung auf Umwerfer wohl zu breit für Kette fällt nach innen Dura-Ace-Kurbel Bremsverhalten Lenkkopflager lose abrupter Vorderrad-Stillstand, Sturz über den Lenker bei etwa 15 km/h, Lenkerband leicht aufgerieben, inakzeptables Ansprechverhalten der Bremse Umwerfer und Sattel leicht zerkratzt Bremsfläche passt nicht zu Belag Bremsverhalten Durchschlag hinten mit Seitenwand- empfindliche Seitenwand? schaden durch relativ kleinen Stein Reibung in den Perlen und Hülsen Nokon-Züge knarren, wenn der Lenker bewegt wird keine Schraubensicherung Kurbel wird lose – wohlgemerkt, vorgesehen bevor Teile verloren gingen Reibung in den Perlen und Hülsen Nokon-Züge knarren, wenn der Lenker bewegt wird Wettkampfkontrolle Sattel extrem rutschig im Regen Krämpfe und Schmerzen im Gesäß steifes Verschlussglied, SchaltKette springt werk baut zu wenig Spannung auf Züge knarren wieder Furcht vor Transalp-Pässen Lightweight-Räder und -Beläge Bremsbeläge hinten rubbeln Verschleiß Beläge vorne abgefahren Dauerregen keine Bremsprobleme zu erwarten Sonne Schaltung rappelt Demontage TOUR 9/ 2006 MASSNAHME verdreht und neu eingestellt Lager nachgestellt Schaltauge feinjustiert; Schaltwerk in sich verdreht nachjustiert nachgestellt Neue Kette (Wippermann 10S1) und Campa-RecordSchaltwerk mit mittellangem Käfig montiert Endanschlag eingedreht; Kette fällt nicht mehr herunter, streift dafür im ersten Gang nachgestellt auf Shimano Dura-Ace-Carbonvorderrad plus Bremsbeläge gewechselt vorne Campagnolo-Beläge für Carbonfelgen montiert Reifen unterwegs getauscht, anschließend neuen Conti Competition geklebt mit Sprühöl behandelt neu eingestellt und gemäß Bedienungsanleitung angezogen mit Kettenspray behandelt (einziehen lassen, Überschuss abgewischt) Inspektion, alle Schrauben kontrolliert etc., Kette geflutet unterwegs keine, danach auf Selle Italia SLR TT gewechselt unterwegs keine; Schaltauge mit besserer Geometrie und neue Kette (Campagnolo ultra narrrow) montiert schmieren 38er Specialites TA-Kettenblatt montiert auf Campa-Beläge gewechselt, Kurbelschrauben kontrolliert auf Campa-Beläge gewechselt auf Tune-Vorderrad (DT Alu-Felge), Campa-Beläge gewechselt zurück auf Lightweight-Räder gewechselt nachjustiert FRAGEN AN DIE HERSTELLER Warum ging das nicht? „Warum verzögern die Lightweight-Bremsbeläge so ruppig auf LightweightLaufrädern?“ „Bei den ersten Felgen-Exemplaren war zu viel Versiegelungsharz aufgebracht, das sich beim Bremsen verschieben konnte. Der Reibwert von Harz und Härter unterscheidet sich, dadurch entsteht das Rubbeln. Inzwischen werden die Bremsflanken geschliffen. VentouxLaufräder, die das Problem aufweisen, bessern wir kostenlos nach. Zu Bremsbelägen gibt es verschiedene Erfahrungen. Wir arbeiten an einem vollständig neuen Produkt, bis dahin hilft Erhard Wissler, nur Ausprobieren, ob Beläge von Lightweight, Carbonsports Campa oder Shimano die bessere Wahl sind.“ „Warum arbeitet die Campa-Schaltung am Isaac-Rahmen nur eingeschränkt?“ „Das lag an der Position des Schaltauges. Inzwischen wurde die Geometrie der auswechselbaren Schaltaugen geändert, damit auch Campa-Schaltungen mit großen Ritzeln sauber funktionieren. Seit einiger Zeit ist das überarbeitete Schaltauge in die Serie eingeflossen. Roger Milenk, Isaac-Fahrern, die mit Isaac der Schaltfunktion Probleme haben, bieten wir das neue Schaltauge zum kostenlosen Tausch an.“ „Kann man was dagegen tun, dass der leichte und sehr bequeme AX-Lightness-Sattel bei Regen so rutschig wird?“ „Viele unserer Kunden kleben einfach einen Streifen raues Gewebeband auf. Bei einem bekannten deutschen Profi hat man das schön öfter gesehen, das kann ja sogar ganz hübsch aussehen.“ P R I VAT ( 4 ) ; Z E D L E R ( 4 ) Axel Schnura, AX-Lightness „Warum bekamen zwei Wippermann-Ketten steife Glieder und sprangen als Folge davon über die Ritzel?“ „Die Rollen der beiden Ketten erreichten aufgrund von Abweichungen in der Materialzusammensetzung nicht die geforderte Härte. Wippermann hat in ein spezielles Mikroskop investiert, um künftig das Rohmaterial in der Serienproduktion genauer untersuchen zu können und nur noch hundertprozentiges Material zur Weiterverarbeitung im Hause freizuReinhard geben.“ Bludom, Wippermann MARATHONRAD Das Leichtrad im Detail Die Tabelle dokumentiert die Zusammenstellung bei der TOUR-Transalp. Der Gesamtpreis ist nur ein Anhaltspunkt: Er addiert alle Preise der Einzelteile, von denen einige doppelt bestellt wurden, andere waren Einzelanfertigungen, ausgetauschte Teile wurden nicht gegengerechnet. Beispiel: Das Rahmen-Set wird nicht in dieser Lackierung, aber mit Gabel geliefert. Die Gewichtsangaben für Rahmen und Gabel im Leistungsfeld nennen die auf Rahmengröße 58 normierten Werte, in der Tabelle links unten stehen die tatsächlich gewogenen Gewichte. Kraftübertragung (93 Nm/°) 12 2 12 Komfort Fahrstabilität (87 Nm/°) 11 SIMON Gewicht Rahmen/Gabel (995 g/286 g) 12 Seitensteifigkeit Gabel (48 N/mm) L/F/BA/G: 5/4/2/2* BAUTEIL HERSTELLER, TYP Rahmen 1) SattelstützenKlemmschelle Steuersatz Gabelkonus Ahead-Kappe Schraube Gabel Gabelkappe Spacer Vorbau 2) Vorbauschrauben Lenker Lenkerband Lenkerstopfen Schaltbremshebel Schaltzüge Bremszüge Bremskörper Innenlager 3) Kurbel 4) Kleines Kettenblatt Großes Kettenblatt Pedale 5) Umwerfer Schaltwerk Kette Kassette Laufradsatz Schnellspanner Reifen Sattelstütze Sattel Flaschenhalterschrauben Flaschenhalter Radcomputer (Kabel, Halter, Displ.) 6) SUMME 28 TOUR 9/ 2006 Isaac Sonic Tune Würger FSA integriert Eigenbau Carbon Ti Schmolke Carbon THM Scapula SP, Schaftlänge 230 mm, inkl. Gegenhalter THM Spina Scapulae Carbon (20mm) Syntace F99 Syntace Ti Schmolke Carbon SL Kork Schmolke Carbon (2 Stk.) Campagnolo Record Nokon Nokon Campagnolo Record Acros Ceramik SRM/Shimano Dura-Ace Specialites TA, 38 Z Carbon Ti Speedplay Zero Titan Campagnolo Record Campagnolo Record MC Campagnolo Ultra Narrow Campagnolo Record 13-29 Lightweigt Ventoux Tune AC 14 Continental Competition Tubular (2 Stk.) Ritchey WCS Carbon Selle Italia SLR Schmolke Carbon (4 Stk.) Tune Wasserträger Uni (2 Stk.) SRM PREIS GEWICHT 2.499 75 920 9 0 17 9,5 678 60 11 4 1 273 70 6 108 21 369 11 28 304 67,75 42,89 246 99 3.248 29 199 275 102 259 49 234 3.690 87 119,90 4 8 86 11 157 35 4 329 97 104 311 92 673 33 77 166 71 187 245 233 998 54 515 189 109 32 98 162 145 2 28 115 13.371,04 6.220 Kontrollverlust des ebenso filigranen wie überzeugenden Tune-Modells für alle gängigen Radflaschen. Der Tune-Halter für Tacx-Flaschen ist zwar noch leichter, gibt die Flasche aber nach einigen Stunden Fahrt kaum mehr frei, weswegen er für Gruppentouren oder Rennen nicht taugt. Ach ja: Ich trage beim Sturz leider einen schmerzhaften Rippenbruch davon. Wegen der anhaltend schwachen Bremsleistung montiere ich zum Test Shimanos Dura-Ace-Carbonvorderrad samt passender Beläge. Es folgt ein echtes Aha-Erlebnis und die traurige Erkenntnis: Der Rippenbruch wäre nicht nötig gewesen. Ich pro bie re eine weitere Kombination und montiere das LightweightVorderrad mit Campas Bremsbelägen für Carbonfelgen. Auch diese Variante bremst deutlich besser als das Lightweight-Ensemble, wenn auch nicht so gut wie die Dura-Ace-Kombination. Das Lenkungslager muss ich bis Ende des Trainingslagers nicht mehr nachstellen. ... UND IRGENDWANN PASST’S Nachdem die Rippen verheilt sind, taucht im Trainingsplan der Gerolsteiner-Marathon als Wettkampf auf dem Weg zur TOUR-Transalp auf. Das Rad begnügt sich bis dahin mit regelmäßigem Schmieren der Kette und der ohne Fett nervtötend knarrenden Nokon-Züge. Trotz Regen kurble ich zügig, ich will die 210-Kilometer-Runde fahren. Doch nach eineinhalb Stunden plagen mich Krämpfe an einer Stelle, wo ich sie noch nie in meiner Rennradkarriere hatte. Der nasse Sattel scheint mit Schmierseife überzogen, die Gesäßmuskeln suchen im Wortsinn krampfhaft Halt. Ich fahre mehr als eine Stunde im Stehen, massiere, dehne, dann geht’s – bis zum nächsten Malheur: Die Kette springt wieder. Als nach 99 Kilometern die erste Runde zu Ende geht, biege ich genervt und enttäuscht ab zum Duschen. Ich beschließe, bei der Transalp keine Experimente mehr zu machen und schraube meinen gewohnten und 1) Sonderlackierung, Gewicht mit Zugstellschrauben, Kabelführung und Umwerferhalter; 2) Gewicht ohne Schrauben; 3) Gewicht ohne Schmutzhülse; 4) Gewicht ohne Blätter mit Schrauben; 5) Gewicht ohne Platten; 6) im Preis des SRM-Powermeter enthalten; * Lackqualität/Finish/Bedienungsanleitung/Garantie bewährten Selle Italia SLR TT ans Rad. Kurz vor dem Start trifft auch noch das geänderte Schaltauge von Isaac ein, mit dem die Schalteigenschaften endlich wieder einem modernen Rennrad entsprechen. Die Transalp selbst wird zu einem unvergesslichen Erlebnis, aus dem sich das Rad weitgehend ausblendet – mit einer wesentlichen Ausnahme. Als es bei leichtem Regen den 16 Prozent steilen Passo Giao runtergeht, mache ich mir vor Angst fast in die Hosen, weil das Bremsverhalten der Carbonfelgen praktisch völlig erstirbt. Am nächsten Morgen, mit der Aussicht auf weitere vier Passfahrten in strömendem Regen, beschließe ich, auf das sicherheitshalber mitgenommene Tune-Vorderrad mit AluFelge und passenden Bremsbelägen zu wechseln. Meine Meinung: Bei einer Alpenüberquerung mit dem Rennrad sind Carbonlaufräder die Teile, die man definitiv zu Hause lassen sollte – im Regen ist das zu gefährlich! Übrigens beneiden mich an diesem Regentag Hunderte von TransalpMitstreitern um das SKS-Steckschutzblech am Hinterrad. WAS BLEIBT VOM TRAUMRAD? Mein Fazit nach knapp 5.000 Trainings- und Wettkampfkilometern: Aktuell leidet die Schönheit des Boliden unter dem auf beiden Lenkerseiten etwas verrutschten Lenkerband und den ramponiert aussehenden gelben Pedalen. Deren Funktion freilich ist genau so tip-top wie die der bewährten Klassiker. Tune-Schnellspanner und Campas Serien material wie das Record-Schaltwerk zeigen sich erwartungsgemäß unbeeindruckt, problemlos auch die Carbon-Alu-Kettenblätter, deren Großes gegenüber dem Dura-Ace-Pendant immerhin 29 Gramm Gewicht spart. Die Nokon-Züge korrodieren sichtbar unter der abblätternden Beschichtung der goldenen Hülsen; am Keramik-Innenlager von Acros dreht sich das linke Lager etwas schwerer als das rechte, aber auch nicht wirklich rau. Der hintere Reifen schwindet nach mehr als 4.000 Kilometern rapide, da ist Ersatz gefragt. Rahmen, Gabel und Laufrädern konnte der Regen in den Alpen nichts anhaben, nirgends hat sich Wasser angesammelt. Das Gesamtgewicht nach der Transalp beträgt inklusive aller Umbauten aktuell 6,22 Kilogramm. So wie es ist, könnte man mit dem Rad gleich die nächsten Kilometer abspulen. Wäre es meines, würde ich einen Lenker montieren, der besser zu Campas Ergopower-Hebeln passt und das zwangsläufige Mehrgewicht durch die erneute Montage des AX-Lightness-Sattels wieder ausgleichen. Denn für Fahrten im Regen ist so ein Rad eigentlich ohnehin zu schade. ■ BEZUGSQUELLEN/HERSTELLERNACHWEISE • Acros (Innenlager) Telefon 0 71 59/16 95 65; www.acros.de • ACS (Speedplay), Telefon 05 31/8 76 09-0; www.acs-vertrieb.de • Campagnolo Telefon 02 14/20 69 53-0; www.campagnolo.de • Carbonsports (Leightweight) Telefon 0 75 41/38 89-23; www.carbonsports.de • Carbon Ti (großes Kettenblatt) Telefon 0 76 31/ 70 41 68; www.carbon-ti.com • Continental Telefon 0 56 31/58-0; www.conti-online.de •Cosmic Sports (Ritchey-Sattelstütze); Telefon 09 11/ 3 10 75 50; www.ritcheylogic.com • Hanrahan (Specialités TA), Telefon 08 21/ 52 25 71, www.hanrahan.de • Isaacc Telefon 05 31/8 76 09-30; www. isaac-carbon.com • Paul Lange (Selle Italia), Telefon 07 11/ 25 88-0, www.paul-lange.de • Nokon Carl Stahl, Telefon 0 71 62/40 07-0; www. nokon.de •Schmolke Carbon Telefon 0 75 31/69 36 29; www.schmolkecarbon.de • SRM Telefon 0 24 61/69 12 30; www.srm.de • Stier (Carbonspacer) Telefon 07 11/61 88 01; www.stier-radsport.de • Syntace, Telefon 0 86 34/6 66 66; www.syntace.de • THM (Gabel) Telefon 0 43 38/9 99 41 23; www.thm-carbones.com • Tune Telefon 0 76 31/7 48 07 30, www.tune.de TOUR 9/ 2006 29