Maria unser Vorbild

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Maria unser Vorbild
Maria unser Vorbild Texte: Mt 1,18-­‐24; Lk 1,26-­‐38 Maria ist eine junge Frau aus Nazareth. Nazareth liegt in Nordisrael, in Galiläa. Diese Gegend erfreut sich nicht großer Wertschätzung bei den Juden im Großraum Jerusalem. Das ist nicht jüdisches Kernland, ein Großteil der Bewohner wurden einst von den Assyrern verschleppt. Dort leben auch jetzt viele Ausländer, es ist eine durchmischte Bevölkerung, ein sozialer Brennpunkt. „Was kann aus Nazareth schon Gutes kommen?“ war ein Spruch, den man damals so sagte. Nazareth wird im AT gar nicht erwähnt. Allerdings hatten die Leute wohl auch vergessen, dass der Prophet Jesaja schon über 600 Jahre vorher angesagt hatte, dass genau dieses Gebiet das neue Handeln Gottes zuerst erfahren würde (Jes 8,23: „Wurden früher auch das Land Sebulon und das Land Naftali gedemütigt, so wird später das Gebiet der Völker, die Gott nicht kennen, die Straße am Meer jenseits des Jordan, zu Ehren kommen. Denn das Volk, das in der Dunkelheit lebt, sieht ein großes Licht“). Maria ist etwa 14 Jahre alt. Das war damals die angemessene Zeit, um zu heiraten. Sie ist verlobt, das bedeutete damals: Sie hat schon einen festen Ehevertrag, aber wohnt noch nicht bei ihrem zukünftigen Mann. Was noch aussteht, ist die Hochzeit, das Heimholen der Braut in das Haus des Bräutigams. Die Menschen in Israel hofften in dieser Zeit stark auf das Erscheinen des Messias, den die Propheten angekündigt hatten. Deshalb gab es immer wieder mal Aufstände gegen die Römer. Bald würde er geboren werden. Und dann geschieht es. Text lesen: Lk 1,26-­‐38. Maria ist sehr erschrocken, als der Engel sie begrüßt. Es war unüblich, eine Frau einfach so zu grüßen. Und dann noch der Inhalt: Freu dich, du Begnadete, der Herr ist mit dir! Er sagt dann: „Du hast Gnade bei Gott gefunden.“ Gott hat mit ihr eine besondere Absicht. Sie soll die Mutter des Messias, des Retters, werden. Sie soll einen Sohn zur Welt bringen und ihn Jesus nennen. Er wird „der Sohn des Höchsten“ genannt werden, Er wird für immer als legitimer Thronfolger des Königs David über Israel herrschen. Das bedeutet für Maria jetzt zunächst mal: Sie soll schwanger werden. Maria kann sich nicht vorstellen, wie das gehen soll, denn sie hat noch mit keinem Mann geschlafen und hat das gemäß dem Willen Gottes auch nicht vor, bis Josef sie in sein Haus heimholt. Der Engel darauf: „Der Heilige Geist wird über dich kommen, und die Kraft des Höchsten wird dich überschatten. Deshalb wird auch das Kind, das du zur Welt bringst, heilig sein und Gottes Sohn genannt werden. Auch Elisabeth, deine Verwandte, ist schwanger und wird noch in ihrem Alter einen Sohn bekommen. Von ihr hieß es, sie sei unfruchtbar, und jetzt ist sie im sechsten Monat. Denn für Gott ist nichts unmöglich.“ Maria darauf: „Ich bin die Dienerin des Herrn. Was du gesagt hast, soll mir geschehen.“ Maria unser Vorbild: 1. Bereit zur Hingabe 2. Gott greift ein und macht es möglich 1. Bereit zur Hingabe Was steht für Maria auf dem Spiel? Was gibt sie dran, indem sie „Ja“ sagt? Die Botschaft des Engels enthält eine unbeschreibliche Zumutung. Natürlich: Mutterschaft, Nachkommen, das war ein großer Wunsch für jede Frau. Aber Maria soll schwanger werden, ohne verheiratet zu sein. Durch ein Wunder, durch ein besonderes Werk des Heiligen Geistes soll das geschehen. Also ohne Beteiligung eines Mannes. Was würde passieren? Die Schwangerschaft würde bald sichtbar werden, und spätestens dann würde Josef wissen, dass das Kind nicht von ihm ist, denn sie hatten sich an Gottes Weisung gehalten, dass Sex in die Ehe gehört. Er würde denken müssen, dass sie sich mit einem anderen Mann eingelassen hätte, und das, obwohl sie doch schon Josef fest versprochen ist, ja, schon den Ehevertrag mit ihm hat. Wie würde ihr guter Josef darauf reagieren? Würde er ihr die Geschichte dann glauben mit dem Engel und mit der Schwangerschaft durch ein Wunder des Heiligen Geistes? Oder müsste sie nicht vielmehr damit rechnen, dass Josef das nicht annehmen kann, dass er sie verlässt, dass er tiefer verletzt ist, als ihre Beziehung ertragen kann? Und dass er sie, indem er sie verlässt, der öffentlichen Schande preisgibt? Im AT stand Steinigung darauf, wenn eine Verlobte sich mit einem anderen Mann einließ. Man würde wahrscheinlich kein Todesurteil vollziehen (Israel war besetztes Land, hatte keine eigene Gerichtsbarkeit für todeswürdige Verbrechen, Todesstrafe vollziehen durften nur die Römer), aber sie wäre der öffentlichen Anprangerung ausgesetzt, im Dorf geächtet, und ohne Josef, und ohne Hoffnung, einen anderen Mann zu heiraten, mit dem Kind nachher allein. Geht das? Ist das der Weg, wie Gott seinen Sohn in die Welt schicken will? Es wäre menschlich sehr verständlich gewesen, wenn Maria auf die Botschaft des Engels gesagt hätte: Nein danke, das ist mir zu viel Stress. Kann das nicht jemand anderes machen? Einige Männer, die große Glaubenshelden wurden, haben so reagiert. Mose hat zu Gott vier Mal etwas in der Art gesagt, als Gott ihm den Auftrag geben wollte, die Israeliten aus Ägypten zu führen. Kann das nicht jemand anderes machen? Das Überraschende ist, dass Maria sich ganz Gott in die Arme gibt. Sie gibt sich selbst dran. Sie weiß jetzt, dass Gott sie für etwas ganz Großes gebrauchen will, und sie gibt sich Gott hin. Sie hat großes Vertrauen zu dem Gott, den sie aus dem AT gut kennt. Wenn dieser Gott wieder einmal ein großes Ding tun will, eine große Rettungsaktion, dann will sie daran beteiligt sein. Kann ich Gott vertrauen? Wie äußert sich mein Vertrauen? Vertrauen wird sich immer in ganz praktischen Entscheidungen im Alltag äußern. Wenn ich Gott vertraue, werde ich einfach das tun, was er gern hat. Wenn ich Gott vertraue, und er sagt, dass er mich versorgt, dann werde ich mich nicht zersorgen. Wenn ich Gott vertraue, und er sagt, dass bei ihm erfülltes Leben ist, dann werde ich das nicht an anderen Orten suchen. Wenn ich Gott vertraue, und die Bibel mir klar macht, dass die Gemeinde sein kostbarstes Stück auf der Welt ist, dann werde ich mich auch mit einer konkreten Gemeinde identifizieren. Was macht unser Vertrauen Gott gegenüber klein, oder bringt es zum Verschwinden? Wo ist die Wurzel des Misstrauens in unserem Leben? Ist es nicht der Wunsch, die Dinge selber im Griff zu haben? Denn schließlich weiß ich ja nur selbst, was gut für mich ist. Und wenn es darum geht, dass mein Leben den maximalen Genuss und die Erfüllung bekommt, nun, da muss ich mich ja schließlich selbst drum kümmern. Deshalb werde ich die Kontrolle nicht abgeben, und schon gar nicht an Gott. Der plant sonst solche stressigen Sachen in mein Leben rein, so wie hier mit Maria. Aber ist das wirklich so? 2. Gott greift ein und macht es möglich Maria macht was sehr Vernünftiges, nachdem sie Ja gesagt hat zu diesem Wahnsinns-­‐ Plan. Sie nimmt sich eine Auszeit und besucht ihre Cousine Elisabeth (Lk 1,39-­‐45). Sie braucht jetzt mal Austausch mit jemandem, der etwas Ähnliches erlebt hat. Elisabeth hatte bis jetzt keine eigenen Kinder, und ist als Frau in vorgerücktem Alter noch schwanger geworden, durch ein anderes Wunder Gottes. Elisabeth hat sie dann ermutigt: „Glücklich bist du zu preisen, weil du geglaubt hast; denn was der Herr dir sagen ließ, wird sich erfüllen.“ Mit anderen Worten: Wie gut, dass du drauf eingegangen bist, was Gott von dir wollte! Das kommt gut heraus, Gott macht keine Dummheiten. Es wird so werden, wie Gott gesagt hat. Maria kann daraufhin Gott loben mit einem Lied (V.46ff -­‐ lesen). Interessant: Die problematische Lage ist nach wie vor da. Irgendwann muss sie ja von Elisabeth wieder nach Hause, und dann wird die Schwangerschaft wohl schon sichtbar sein. Dann wird es drauf ankommen. Maria schaut nicht auf das. Sie lobt Gott für das, was er an ihr tun will. Das ist für sie schon sicher. Ein bedingungsloses Vertrauen. Sie nimmt die Worte Gottes, die ihr der Engel gebracht hat, und verlässt sich mit ihrer ganzen Existenz darauf. Sie kann die Zeit bei Elisabeth sogar genießen. Gelassenheit, Dankbarkeit, Lobpreis. Wir staunen. Sie hat sich ja Gott ganz in die Arme gegeben mit ihrem Ja. Jetzt ist Gott dafür verantwortlich, was daraus wird. Das ist Vertrauen. Würde ich loben in einer solchen Situation, oder eher meiner Angst und meinen Bedenken Ausdruck geben? Ich weiß, was mir näher liegt J und doch hat Gott auch schon an mir gearbeitet. Als Maria nach drei Monaten von Elisabeth zurückkommt, erfährt sie, dass Gott inzwischen gehandelt hat. Josef hat gewusst, was Sache ist, wahrscheinlich hat sie es ihm vor ihrem Weggang zu Elisabeth noch gesagt. Und er plant, Maria heimlich zu verlassen. Was wird in ihm vorgegangen sein? Wir können uns den inneren Kampf zwischen Verletztsein und Liebe zu Maria vorstellen. Meine Maria. Das tut mir so weh. Ich habe mich extra zurückgehalten vor der Ehe. Und sie lässt sich mit einem anderen ein. Ich kann es kaum glauben. Ist das denn wirklich wahr? Das sieht ihr so gar nicht ähnlich. Und dann noch diese komische Ausrede, diese Nummer mit dem Engel und dem Heiligen Geist. Wie kann sie sich nur sowas ausdenken? Wo sie doch Priesterstochter ist? Ich kann nicht mehr weiter. Ich werde sie verlassen. Soll sie doch sehen, wie das ist, ohne Mann schwanger zu sein! Oder nein. Ich hab sie ja immer noch so lieb! Ich werde es ihr so leicht wie möglich machen. Ich werde die Verlobung rechtmäßig auflösen, dann kann sie schnell den heiraten, mit dem sie sich da eingelassen hat. Dann wird für sie das Schlimmste verhindert. Ja, das mache ich. Mit meinem Schmerz muss ich selber klar kommen. Ich will nicht, dass sie leiden muss. Topanständig von Josef, wie er sich das gedacht hat. Aber Gott hatte es noch anders gedacht. Das lesen wir in Mt 1,19-­‐24. Im Traum redet Gott durch einen Engel zu ihm. Und sagt mit anderen Worten Folgendes: „Josef, hör zu. Da ist kein anderer Mann! Das musst du jetzt mal glauben. Da ist keiner. Du musst deine Maria jetzt zur Frau nehmen, sonst ist sie ganz allein mit dem Kind. Das Kind ist tatsächlich vom Heiligen Geist. Gott will wieder ganz neu handeln mit seinem Volk. Maria wird einen Sohn zur Welt bringen, den sollst du Jesus (Jahwe rettet, Gott der Herr rettet) nennen, denn er wird sein Volk von seinen Sünden retten.“ Das macht Josef dann auch, und so ist für Gottes Heilsplan die erste Hürde genommen: Der Retter, der Sohn Gottes, kann im Schutz einer Familie auf die Welt kommen. Wir sehen hier, wie Gott uns Menschen voll mit hineinnimmt, wenn er etwas tut. Er ist es, der das Entscheidende vollbringt. Aber Menschen sind voll beteiligt und müssen Ja sagen und mitmachen. Gott trägt durch und belastet uns nicht über unser Vermögen. Die Frage ist: Bin ich bereit, auf sein Wort hin es ganz mit ihm zu wagen? Wie hätten wir wohl an Josefs und Marias Stelle gehandelt? Das Vorbild ist enorm groß. Vielleicht ist Maria das stärkste Glaubensvorbild im NT überhaupt (vielleicht ist die syrophönizische Frau, die um Heilung ihrer Tochter bittet und zu der Jesus 3x nein sagt, ein ebenso starkes Vorbild). Das ist eine Nummer zu groß für mich? Ich und du, wir können lernen. Obwohl wir hier im Allgemeinen sehr abgesichert leben, führt uns Gott in Situationen, in denen wir Vertrauen lernen müssen. Ich bin auch gerade dabei. Gott stellt uns in eine Situation und sagt dann: Bitte, ein Glaubensschritt! Und wenn wir den ersten gelernt haben, geht es weiter. Auch bei Maria und Joseph geht es so weiter. Wir kennen wahrscheinlich die Geschichte mit der Suche nach einer Unterkunft in Bethlehem, dann die Geburt in völliger Erschöpfung nach der mühsamen Reise ohne glatte Autobahn. Gott schenkt wieder einige Bestätigungen, dass er hier wirklich handelt und Jesus der Versprochene ist: die Hirten, die Magier aus dem Osten, Simeon und Hanna im Tempel (die in dem Kind den Messias erkennen). Und dann geht es wieder weiter: Jesus ist noch kein Jahr alt, da wollen Mächtige ihn schon umbringen, und Joseph und Maria müssen nach Ägypten fliehen. Das ganze Leben ist eine Vorbereitung für Maria auf die große Prüfung: Jesus wird an einem römischen Kreuz sterben, für uns sein Leben geben. Und sie wird dabei sein. Maria hat Glauben gehalten. Wir finden sie zuletzt in der ersten Gemeinde in Jerusalem, zusammen mit ihren anderen Söhnen und Töchtern (Apg 1,14), wie sie auf das Kommen des Heiligen Geistes warten. Marias Bereitschaft zur Hingabe wird veranschaulicht durch das Beispiel von dem Zündholz und der Kerze: Es kam der Tag, da sagte das Zündholz zur Kerze: Ich habe den Auftrag, dich anzuzünden. Oh nein, erschrak die Kerze. Nur das nicht. Wenn ich brenne, sind meine Tage gezählt. Niemand mehr wird meine Schönheit bewundern. Deine Tage sind sowieso gezählt, antwortete das Zündholz. Auch wenn du kalt bleibst und hart, bist du vergänglich. Du stirbst dann allerdings, ohne zuvor gelebt zu haben. Aber brennen tut doch weh und zehrt an meinen Kräften, flüsterte die Kerze unsicher und voller Angst. Nacheiner Weile des Schweigens sagte das Zündholz: Es ist wahr. Aber das ist das Geheimnis unserer Berufung zum Leben. Wenn ich dich anzünde, ist dies für mich ein kurzer Schmerz, dann ist es vorbei. Was ich beitragen kann, ist wenig, aber entscheidend: Ich gebe dir mein Licht weiter. Zünde ich dich aber nicht an, so verpasse ich den Sinn meines Lebens. Ich bin dafür da, Feuer zu entfachen. Du bist eine Kerze. Du sollst für andere leuchten und Wärme schenken und das Licht bewahren, bis deine Kräfte verzehrt sind. Aber du wirst glücklich sein, weil du kein totes Ausstellungsstück mehr bist, sondern das lebst, wozu du berufen bist. Alles was du an Schmerz, Leid und Kraft hingibst, verwandelt sich in Licht. Du gehst nicht verloren, wenn du dich weiter verzehrst. Andere werden dein Feuer weitertragen. Nur wenn du dich versagst, wirst du sterben. Da spitzte die Kerze ihren Docht und sagte voller Erwartung: Ich bitte dich, zünde mich an! OK, zünde an! So hatte auch Maria gesagt. Wenn wir uns auf Gottes Willen einlassen, wird Gott mit uns seine Geschichte machen. Wir werden dann nach der Bestimmung leben, die er für uns hat, und wirklich zur Erfüllung kommen. Dann können wir mit Maria sprechen: „Er, der Mächtige, hat Großes an mir getan. Sein Name ist heilig, und von Generation zu Generation gilt sein Erbarmen denen, die sich ihm unterstellen.“