Landschaftsarchitektur und Planung - ETH E-Collection
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Landschaftsarchitektur und Planung - ETH E-Collection
DISP 138 2 1999 M i c h a e l K o c h , M a r t i n a K o l l - S c h r e t z e n m a y r, U d o W e i l a c h e r Landschaftsarchitektur und Planung: Reflexionen über ein ungeklärtes Verhältnis Dieter Kienast gewidmet Im Gedenken an Dieter Kienast wendet sich diese Ausgabe der DISP einer zentralen, mit seinem Schaffen eng verbundenen Fragestellung zu: dem Verhältnis von Landschaftsarchitektur und Landschafts-/Stadt- und Raumplanung. Es war Dieter Kienasts Wunsch, als er 1997 dem Ruf an die ETH Zürich folgte, mit seiner neuen Professur für Landschaftsarchitektur in das ORL-Institut integriert zu werden. Und es war der Wunsch des ORL-Institutes, diese Professur als integralen Bestandteil gleichberechtigt einzubeziehen. Alle Partner wollten damit ein Zeichen für einen nicht nur gewünschten, sondern für dringend notwendig erachteten Dialog setzen: Disziplinen, deren gemeinsamer Fokus die Beeinflussung der räumlichen Entwicklung ist, sollten sich über Gestaltungsund Planungsfragen verständigen und erhofften sich davon wichtige Synergien. Damit war eine längst ausstehende Debatte angezettelt, die im Ausland bereits seit Jahrzehnten geführt wird und sich an der ETH Zürich durch die schwere Erkrankung von Dieter Kienast und seinen tragischen Tod Ende 1998 nur in ersten Ansätzen entwickeln konnte. Diese DISP-Ausgabe soll Vermächtnis und Hommage sein und widmet sich den aufgeworfenen Fragen nach dem Verhältnis zwischen Gestaltung und Planung, Ästhetik und Ökologie, Natur und Kultur im interdisziplinären Diskurs. Dieter Kienasts 10 Thesen enthalten einige wichtige Positionen dazu. Einige seiner Weggefährten und Kollegen sowie eine Reihe weiterer Fachleute folgten gerne unserer Einladung, hierzu Stellung zu beziehen. So schwer, wie sich schon Architektur und Planung, Landschaftsarchitektur und Architektur miteinander tun, so gespannt ist auch das Verhältnis von Landschaftsarchitektur und Planung. Notwendig wird die Verständigung über die Ansprüche des eigenen Metiers und über mögliche Synergien schon allein deshalb, weil sich diese Ansprüche ständig verändern und damit die Professionen einem kontinuierlichen Wandel unterworfen sind, heute mehr und schneller denn je: die Grenzen sind fliessend geworden. Architektur, Städtebau, Stadtplanung, Landschaftsarchitektur, Landschaftsplanung, Raumpla- nung ... allen geht es im weitesten Sinne um den menschlichen Lebensraum, um dessen «Gestaltung». Dieser Lebensraum ist zunehmend ein städtischer geworden. So wie der Begriff «Stadt» aber heute verschwommen ist, so umstritten sind auch die Begriffe «Landschaft» und «Natur». Wo nichts mehr so richtig verbindlich zu sein scheint, entstehen Grenzkonflikte, die je nach Gesprächsbereitschaft blockierend oder horizonterweiternd enden können. Die Debatte wird dadurch zwar keinesfalls einfacher, gewinnt jedoch andererseits, sofern sie offen geführt wird, an lebendiger Spannung. Landschaftsarchitektur liefert anderen gestaltenden Disziplinen nicht einfach nur ein paar weitere schöne, grüne Bilder, mit denen raumwirksame Konzepte besser «verpackt» und anschliessend «verkauft» werden können. Landschaftsarchitektur hat eine lange eigenständige Geschichte, die eng mit dem sich wandelnden Verhältnis des Menschen zur Natur verbunden ist. Wann und wie auch immer der Mensch in seine Umwelt eingriff, er bezog sich dabei stets auf Bilder im Kopf und beurteilte das sichtbare Ergebnis seines Handelns nach diesen, häufig ästhetisch geprägten Idealvorstellungen. Die Geschichte der Landschaftsarchitektur als Gartenkunst begann bereits mit der Anlage des ersten Gartens, des Paradiesgartens, und ist bei der Mitgestaltung der modernen Stadt-Landschaft noch längst nicht am Ende. Mit zunehmender Komplexität der Gesellschaft und den gestiegenen Anforderungen an die Umweltqualitäten geriet die Landschaftsarchitektur auf der Suche nach zeitgemässen Strategien in den letzten Jahren selbst in Grenzbereiche und entwickelte beispielsweise Affinitäten zur bildenden Kunst, um nur einen neuen – eigentlich eher wiederentdeckten – Diskussionspartner zu nennen. Wenn man Umweltgestaltung als die visuell wahrnehmbare Veränderung der Umwelt durch den Menschen nach funktionalen, ökologischen, soziologischen und ästhetischen Gesichtspunkten versteht, wo und bei wem beginnt dann die Gestaltung im engeren Sinne? Wie gleichgültig sind Gestaltfragen der sich gestaltneutral gebenden Planung tatsächlich? Es heisst, Gestaltfragen seien Kul- turfragen. Kommt die Planungskultur wirklich ohne sie aus? Gerade dem Laien, häufig Planungsbeteiligter und -betroffener, kann die Planung ihre Zielvorstellungen einer lebenswerten Umwelt oft nur mittels lesbarer Bilder nahebringen. Und was viel wichtiger ist: die überlebensnotwendige, alltägliche Identifikation des Menschen mit seiner Umwelt ist nicht nur eine Frage der wissenschaftlichen Nachweisbarkeit, sondern vielmehr auch eine Frage der sinnlichen Wahrnehmbarkeit von Umweltqualitäten. Die eigentliche Ursache der globalen ökologischen Krise, das erkannte der Club of Rome bereits 1990, ist eine Wahrnehmungskrise, ein zunehmender Verlust menschlicher Sensibilität für die Qualitäten der Umwelt. Ausgehend von den Thesen Dieter Kienasts und kurzen Statements von einigen seiner Kollegen zum Verhältnis von Landschaftsarchitektur und Planung wird mit den Beiträgen im vorliegenden Heft der Blick auf die Diskussion in verschiedenen Ländern getan. Dabei wird deutlich, wie Landschaftsarchitektur und Landschaftsplanung im urbanen Raum, verbunden mit Städtebau und Raumplanung, etwa im Rahmen der IBA Emscher Park oder des Grüngürtels Frankfurt, heute zukunftsweisende Arbeitsfelder darstellen. Wo sich engagierte Partner aufgeschlossen den komplexen Problemen der Planung stellen und ihre Kernkompetenzen verantwortungsvoll einbringen, da werden Fragen der Grenzziehung zwischen den einzelnen Disziplinen offenbar zweitrangig. DISP 138 3 1999 M i c h a e l K o c h , M a r t i n a K o l l - S c h r e t z e n m a y r, U d o W e i l a c h e r Landscape architecture and planning: Reflections on a tenuous relationship Dedicated to Dieter Kienast In memory of Dieter Kienast, this issue of DISP focuses on a theme central to his work: clarifying the relationship between landscape architecture and the larger realm of landscape, city, regional and urban planning. As Dieter Kienast established the first Chair for Landscape Architecture at the ETH Zurich in 1997, he voiced his wish to integrate the department with the ORLInstitute, a wish shared by the Institute which wanted to establish a muchneeded dialog between the disciplines. The goal was to create a forum oriented towards shaping the built environment where all people focused on developing the urban realm could inform and productively collaborate with each other on design and planning issues. As a result, the ORL Institute finally entered a debate that already had a long-standing history in other countries, a debate which was only just able to begin when at the end of 1998, Dieter Kienast fell victim to a serious illness and died. This issue of DISP pays homage to Dieter Kienast and the questions he raised with respect to the interdisciplinary discourse between design and planning, aesthetics and ecology, nature and culture. Ten principles representative of his work are presented next to the opinions of several collaborators, as well as other professionals in the field. Describing the tenuous relationship between landscape architecture and planning is just as difficult as defining the boundaries between landscape architecture and architecture, and architecture and planning. As the different professions evolve, it seems that the boundaries are beginning to flow together, today more than ever. Architecture, city planning, landscape architecture, landscape and urban planning all involve the inhabited environment and its ‘design’. However this environment has become increasingly urban; the term ‘city’ has become more ambiguous just as the terms ‘landscape’ and ‘nature’ have become more vague. Roles which are not clearly defined sometimes lead to conflicts which, depending on the willingness to engage in discussion, may end in impasse or breakthrough. As a result, the debate is not becoming easier, but rather more interesting. Man forms his environment according to the images in his mind and judges his work against these aesthetic ideals. Landscape architecture does not simply give the other design disciplines a few beautiful green gestures to better „wrap“ and „sell“ reasonable planning concepts. Rather landscape architecture has an own long-standing tradition bound with the ever-changing relationship between man and nature. The history of landscape architecture began with the Garden of Eden, went on to help shape the modern landscape, and its story is far from being over. In the search for new strategies to deal with the increasing complexity of society and higher expectations on the quality of the environment, landscape architects have increased contact with related fields such as the fine arts, calling on a new or rather rediscovered discussion partner. If environmental design is the perceptible change of the environment through functional, ecological, sociological and aesthetic viewpoints, where does the real design begin? How relevant are design problems in the realm of Planning? It is said that design problems are cultural problems, but can planning exist without them? Planners are only able to communicate their ideas to people involved or affected by the planning process through clear and visually legible design. If you want people to identify with their environment, you cannot only rely on statistics and scientific data, you must also be able to speak to their senses. How people identify themselves with their environment is a question of how people identify themselves with their world. As the Club of Rome already pointed out in 1990, our global ecological crisis is due to the fact that our worldview suffers from a diminishing sensitivity and appreciation towards environmental qualities. With the statements from Dieter Kienast and his colleagues on the relationship of architecture and planning, we can take a brief look to where this discussion is heading around the world. This discussion will clarify how landscape architecture and planning alongside city planning and urban design can form the urban design laboratories of the future, for example the IBA Emscher Park or the green belt around greater Frankfurt. Those who consciensciously call on their expertise to engage the complex problems at hand will discover how drawing boundaries between the disciplines quickly diminishes in significance. DISP 138 4 1999 Dieter Kienast Zehn Thesen zur Landschaftsarchitektur Als kleines theoretisches Fundament seiner Arbeit führte Dieter Kienast zehn Thesen [1] an, die er für die Ausstellung in der Architekturgalerie Luzern 1992 formulierte und die für ihn weiterhin Gültigkeit hatten. 1. Unsere Arbeit ist die Suche nach einer Natur der Stadt, deren Farbe nicht nur Grün, sondern auch Grau ist. Natur der Stadt heisst Baum, Hecke, Rasen, aber auch wasserdurchlässiger Belag, weiter Platz, strenger Kanal, hohe Mauer, offen gehaltene Frischluft- oder Sichtachse, das Zentrum und der Rand. 2. Unser Interesse gilt der Stadt und ihren Bewohnern. Die Stadt ist kein monolithisches Gebilde mehr, sondern tausendfach zergliedert und fraktioniert. Die Stadtbewohner sind ein kaleidoskopartiges Gemisch von Jung und Alt, Gastarbeitern und Alteingesessenen, Geistlichen und Junkies, Managern und Ölfreaks. Diese Heterogenität verlangt nach einer zeitgemässen Aktion und Reaktion im Aussenraum, was sich einer einheitlichen Durchgrünung der Stadt verweigert. 3. Das alte Gegensatzpaar Stadt und Land hat sich aufgelöst, die Grenzen sind verwischt. Wir gehen davon aus, dass weder der Rückbau der Stadt noch derjenige der Landschaft möglich ist. Die Lesbarkeit, die Erlebbarkeit der Welt beruht aber auf dem Prinzip der Ungleichheit. Zukünftige Aufgabe in dieser Gleichzeitigkeit von Stadt und Land ist deshalb, das weitere Verschleifen der inneren Grenzen und Brüche zu verhindern. Sie müssen wieder sinnlich erfahrbar werden. 4. Die Stadt mit ihren Aussenräumen ist als Ganzes nicht planbar. Wir vertrauen auf die mosaikartigen Eingriffe in der Hoffnung, dass daraus Bedeutung und Erlebbarkeit für den speziellen Ort, aber auch für das Ganze entstehen wird. 5. Unsere besondere Aufmerksamkeit gilt den zahllosen Unorten, die durch Ressortplanung und -gestaltung entstanden sind. Städtebauliche – und damit auch landschaftsarchitektonische – Interventionen erscheinen uns gerade an der Peripherie, den ungeliebten Restflächen der Metropole, von wesentlicher Bedeutung. 6. Wir verstehen Gartenarchitektur als Ausdruck des Zeitgeistes. Ihre Grundlagen sind die aktuellen sozialen, kulturellen und ökologischen Ereignisse, die wiederum nur in ihrem geschichtlichen Kontext verstanden werden können. Dies bedeutet für uns die Auseinandersetzung mit den wichtigsten Themen der Gartenkunst oder besser der Gartenkultur, die neben den grossen Werken des Feudalismus auch die kleinen Gärten der einfachen Leute beinhaltet. Die Zusammenarbeit mit unseren Schwesterdisziplinen Architektur, Ingenieurwesen und bildender Kunst ist uns weniger Notwendigkeit denn Selbstverständlichkeit. Aus der gemeinsamen Arbeit wächst beiderseitige Innovation. Die Auseinandersetzung mit den aktuellen Zeitereignissen erfordert den Einbezug des weiteren kulturellen Umfeldes, die Beschäftigung mit Film und Video, Philosophie und Literatur, Musik und Werbung. Wir hören Bach und Schönberg, Laurie Anderson ebenso wie Phil Glass. Wir vertiefen uns in Sol Lewitt und Walter de Maria, Christo und Carl André. Wir finden nicht nur in Goethes «Wahlverwandtschaften» oder Stifters «Nachsommer» Natur- und Gartenthemen aufgearbeitet, sondern auch bei Blochs «Verfremdungen», in Handkes «Lehre der Saint Victoires» oder Sennets «Civitas». Jacques Tati führt uns in «Mon Oncle» von seinem liebevoll gepflegten Dachgarten über Stadtbrachen in den merkwürdigen Garten seines Schwagers, während Greenaway in seinem «Draughtmans contract» eine Lektion über Gartenkunst und deren gesellschaftliche Bedingtheit vermittelt. 7. Eine weitere Grundlage unserer Landschaftsarchitektur ist die Bezugnahme zum Ort. Dieser reichlich strapazierte Begriff ist für unsere Arbeit unverzichtbar, weil dadurch die Beliebigkeit und Austauschbarkeit von Lösungen verhindert und mehr das Besondere und das Allgemeine möglich wird. Aus der Lektüre und Analyse des Ortes, seines kulturellen, ökologischen und sozialen Zustandes entwickeln wir ein Konzept, das den Bestand auf seine Tragfähigkeit überprüft, ihn vorbehaltlos übernimmt, umformt, neu interpretiert oder auch vernachlässigt. Entscheidend bleibt dabei die Authentizität des Ortes, die sich über die Gestalt, das Material und den Gebrauch definiert. Dies widerspricht einer ängstlich konservierenden Haltung, die mehr die Vergangenheit anstrebt und wenig dazu beiträgt, dass auch die Zukunft wieder einmal Vergangenheit werden kann. Gärten, Parkanlagen und Plätze sollen von ihrer Geschichte erzählen, sie sollen aber auch neue Geschichten erzählen. Sie sind poetische Orte unserer Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. 8. Mit der Umwandlung von Barockgärten in englische Landschaftsgärten im 18. Jahrhundert ist eine Gartenformation entstanden, in der die Wesensmerkmale der beiden gegenteiligen Konzeptionen vereint sind. Früher verächtlich als minderwertiges Stilgemisch bezeichnet, hat man gerade in jüngster Zeit die Qualität und Aktualität dieser Gärten erkannt. In ihren Untersuchungen der kubistischen Malerei und Architektur definieren Rowe & Slutzky die Transparenz als Überlagerung, Vielschichtigkeit, Durchdringung unterschiedlicher Strukturen und Systeme, die Gleichzeitigkeit und Ambivalenz der Lesart ermöglicht. Das Prinzip der Transparenz erscheint uns hervorragend geeignet, städtische Aussenräume zu entwickeln. Sie bejaht die Verschiedenheit, die Heterogenität der Stadt und ihrer Bewohner, kann Altes und Neues aufnehmen, provoziert Bildhaftigkeit – dialektische Orte, in denen sich die Gesellschaft, aber auch der Einzelne wiederfinden kann. 9. Natur ist in Stadt und Land selten geworden. Natürlichkeit ist zum höchsten Prädikat avanciert. Das Naturangebot der Stadt ist wie einst das Kulturangebot zum wesentlichen Standortfaktor geworden. Wir meinen, dass es bei einer noch nie dagewesenen gesellschaftlichen Akzeptanz dringend geboten ist, Konzeptionen für städtische Natur zu entwickeln. Es gilt, die Pflanze als städtisches Element wiederzuentdecken und nicht nur als ökologischen oder dendrologischen Faktor, als architektonisches Raumelement zu betrachten. Wir sollten lernen, dass es differente Grüntöne gibt, dass Pflanzen unterschiedlich im Wind rauschen, dass nicht DISP 138 nur die Blüte, sondern auch das zu Boden gefallene Laub duftet. Wir sollten den Schatten einbeziehen, die Wirkung des kahlen Geästes im Winter berücksichtigen, die pflanzliche Symbolhaftigkeit aufdecken und ihre Sinnlichkeit erspüren. 10. Es gehört zum guten Ton, sich zum Beweis seiner Fortschrittlichkeit für die naturgewachsene, einheimische Vegetation einzusetzen. In Verordnungen und Satzungen lesen wir, dass das Pflanzen nichteinheimischer Bäume und Sträucher untersagt ist. Mit dem Hinweis auf den ökologischen Notstand werden Platane, Sommerflieder und Falscher Jasmin zu Feinden des Gartens erklärt und dafür die Brennessel, der Wegerich und Beifuss unter Schutz gestellt. Es ist ein Verdienst der Ökologiebewegung, dass sie die Unsinnigkeit wöchentlicher Giftspritzerei und die Anpflanzung bodendeckender Monokulturen angeprangert hat. Die strikte Ablehnung von Zucht, Auslese und Veredelung ist aber gleichermassen unverantwortlich, weil sie Jahrhunderte altes Handwerk und damit Gartenkultur selber negiert. Wohl niemand wird den Vorzug des «Berner Rosenapfels» gegenüber dem Wildapfel in Frage stellen, und gelegentlich essen wir ganz gern Kartoffeln. «Gebt den Fremdlingen eine Chance», hat Jürgen Dahl in einem «Zeit»-Artikel gefordert und dabei sowohl Pflanzen als auch Tiere und Menschen gemeint. Dieser Forderung schliessen wir uns vorbehaltlos an. Städtische Vegetation lebt mit und von ihrer Gegensätzlichkeit, sie ist zugeschnitten und wildwachsend, vielfarbig und einheitlich grün, üppig und karg, einheimisch und fremd. Pflanzen sind nützlich. Sie verbessern das Klima und sind Habitat für Tiere und Menschen. Pflanzen stehen aber auch für das Naturversprechen der Stadt, das von besonderer Bedeutung für unseren Lebensalltag ist. Bertold Brecht hat das so formuliert: «Befragt über sein Verhältnis zur Natur sagt Herr K.: ‹Ich würde gerne mitunter aus dem Hause tretend ein paar Bäume sehen. Besonders, da sie durch ihr Tages- und Jahreszeit entsprechendes Andersaussehen einen so besonderen Grad von Realität erreichen. Auch verwirrt es uns in den Städ- 5 1999 ten mit der Zeit, immer nur Gebrauchsgegenstände zu sehen. Häuser und Bahnen, die unbewohnt leer, unbenutzt sinnlos wären. Unsere eigentümliche Gesellschaftsordnung lässt uns ja auch die Menschen zu solchen Gebrauchsgegenständen zählen, und da haben Bäume wenigstens für mich, der ich kein Schreiner bin, etwas beruhigend Selbständiges, von mir Absehendes, und ich hoffe sogar, sie haben selbst für den Schreiner einiges an sich, was nicht verwertet werden kann. Warum fahren Sie, wenn Sie Bäume sehen wollen, nicht einfach manchmal ins Freie?› fragte man ihn. Herr K. antwortete erstaunt: Ich habe gesagt, ich möchte sie sehen aus dem Hause tretend.» «Ich habe kein Leitbild. Es ist nun mal eine Tatsache, dass unsere aktuelle gesellschaftliche, politische und religiöse Situation in der Schwebe ist, und dagegen können wir sehr wenig tun. Je länger dieser Schwebezustand anhält, desto mehr neigen wir dazu, uns an bestimmte Prinzipien oder Leitbilder zu klammern. Ich finde diesen Schwebezustand aber besonders spannend, weil er die Möglichkeit bietet, sich unbeschwert zu bewegen und Dinge auszuprobieren. Das interessiert mich immer wieder. Gerade bei kleinen Arbeiten probieren wir oft neue Konzeptionen, Materialien und Formen aus, die wir später vielleicht nie wieder verwenden. Wenn es also eine charakteristische Herangehensweise gibt, dann ist es das ständige Ausprobieren. Das klingt so, als ob es für Sie den definitiven Standpunkt in der eigenen Arbeit nicht gäbe. Andererseits formulieren Sie in Publikationen und Vorträgen immer wieder eine umfangreiche, praxisbezogene Sammlung von Grundsätzen, nach denen sich der Umgang mit Freiräumen richtet. Das deutet auf eine dezidierte Vorstellung hin, was Landschaftsarchitektur zu leisten hat. DISP 138 6 Wissen Sie, die Postmoderne wurde beispielsweise oft missverstanden als ein Programm, das einem alles erlaubt. Es geht natürlich alles, aber nur in einem beschränkten Bereich. Es war Henry Ford, glaube ich, dem jede Farbe für ein Auto recht war, Hauptsache, sie war schwarz. Ich glaube, dass wir durchaus klare konzeptionelle Vorstellungen über unsere Arbeit haben, aber die Anwendung dieser Konzeptionen und Grundsätze wechselt ständig und führt zu unterschiedlichen Ergebnissen, die sich nicht nur formal unterscheiden. Erstaunlicherweise werden die meisten unserer Grundsätze allgemein befürwortet, weil sie alles andere als ungewöhnlich sind. Beispielsweise wird sich jeder um die Besonderheit des Ortes bemühen. Es ist ein Problem, dass die erwähnte Grundsatzsammlung Statements enthält, die ich heute nicht mehr schreiben würde, weil einige davon so allgemeingültig sind, dass jeder bedenkenlos zustimmen würde. Trotz dieser Übereinstimmung würden aber am Ende völlig unterschiedliche Projekte entstehen. Wenn Sie mich also nach unserem Standpunkt fragen, dann gehört die Erkenntnis dazu, dass die eigene Position ihre Eindeutigkeit verloren hat. An deren Stelle ist die Ambivalenz, die Gleichzeitigkeit oder die Vieldeutigkeit getreten. […] Die Vieldeutigkeit, sowohl in der Konzeption unserer Werke als auch in der späteren Wahrnehmbarkeit, ist uns wichtig. Wir glauben, dass die Welt in ihren komplexen Abhängigkeiten so schwer als Ganzes zu begreifen ist, dass wir es uns nicht mehr leisten können, nur in eine Richtung zu denken, wenn wir den Anspruch erfüllen wollen, für viele etwas zu tun. Ich habe von Bernard Lassus gelernt, dass sehr verschiedene Ebenen existieren, die man lesen muss. Das ist vielleicht der Teil unserer Grundsätze, den nicht mehr alle so einfach unterschreiben können.» Ausschnitt eines Interviews mit Dieter Kienast, zitiert aus: Udo Weilacher: Zwischen Landschaftsarchitektur und Land Art. Basel/Berlin/Boston 1996, 2. Auflage 1999; S. 146–148 Anmerkung [1] Letzte Überarbeitung im November 1998 Videostills © 1999 by Marc Schwarz 1999 DISP 138 7 1999 Das Verhältnis zwischen Landschaftsarchitektur und Landschafts-, Stadt- und Raumplanung Eine Umfrage Um auch unter den Kollegen von Dieter Kienast am ORL-Institut und an der Architekturabteilung der ETH das Verhältnis zwischen Landschaftsarchitektur und Landschafts-, Stadt- und Raumplanung zu erkunden, haben wir diesen die folgenden Fragen gestellt: • Wie «halten» Sie es mit der Landschaftsarchitektur? • Gibt es Synergien mit Ihrem planerischen Handlungsfeld? … und nachstehende Antworten erhalten. Landschaftsarchitektur – Neue Herausforderungen oder drei Wünsche eines Städtebauers in memoriam Dieter Kienast Anvisiert ist die Kulturlandschaft, die sich von Jurasüdfuss zu nördlichem Alpenvorland, von Bodensee zu Lémanbecken ausdehnt. Aus diesem Gebiet wurde in den vergangenen 50 Jahren (in nur zwei Generationen) die unvollendete moderne Stadt Schweiz gemacht. Jetzt stellt sich uns die Frage: Für welche zukünftigen Qualitäten wollen wir sie in den nächsten 50 Jahren umbauen und transformieren? – Ich habe drei Wünsche: In der Landschaft draussen und in direkter Verbindung zu den Häusern der Stadt möchte ich, erstens, die gegensätzlichen Gestaltungskräfte im Schauspiel der Natur erleben; die Artenvielfalt der Lebensrhythmen spüren; die Zyklen von Zeugen, Gebären, Altern, Sterben erfahren; die örtlichen Geister der Wasser und Erden, Wälder und Lüfte vernehmen. Ich möchte die Spuren der Biographien von Menschen, Tieren, Pflanzen lesen; die Quellen und Fundgruben der Stadtressourcen begehen und – nicht zuletzt – möchte ich durch künstlerische Formen für die Abfallkultur an die unauflösbare symbiotische Beziehung zwischen Landschaft und Stadt erinnert, gemahnt und vergnügt werden. Zweitens möge ein durchgehendes und differenziertes Netz der Freiräume, welches für jedermann und jederzeit zugänglich die Häuser der ganzen Stadt Schweiz verbindet, das Bauprogramm und Umbauziel für die nächsten zwei Generationen ausmachen. Dieses Freiraumnetz würde als dritte Infrastruktur die Bauwerke der zwei voraus- gegangenen Infrastrukturen ergänzen – das erste Netz ist gebaut für Verkehrsund Versorgungslinien (Eisenbahn, Auto, Wasser, Strom), das zweite für die gemeinschaftlichen Anlagen (Schulen aller Stufen, Sport, Gesundheit, Jugendund Altenpflege) – und es würde den sanfteren und ruhigeren Formen der Mobilität dienen, aber auch den Kreisläufen im Stoff- und Güterwechsel. Die Infrastruktur des Freiraumnetzes würde die urbane Besiedlung begrenzen, einschliessen, verbinden und – folgerichtig – ein noch fehlendes, gestalterisches Hauptmerkmal der seit Beginn des 20. Jh. im Entstehen begriffenen Netzstadt sinnlich erlebbar darstellen. Schliesslich möchte ich drittens die zyklische Dynamik der natürlichen und urbanen Lebensformen im Netz der Freiräume ungebrochen erfahren und mich daran orientieren können. Die äussere Gestalt des Freiraumnetzes stelle ich mir plastisch als Ausdrucksform eines Fristenplans vor, der die unterschiedlichen Tempi der örtlichen Veränderungen in der Landschaft vorgibt und abstimmt. So würde die Architektur der Landschaft die Transformationsprozesse inszenieren und ein Verstehen dafür vermitteln, dass in der Lebenszeit eines Menschen die urbanen Territorien sich in zwar unterschiedlichen Rhythmen in Wald, in Acker, in Wassermatte, in Reservat, in Parkierungsfläche, in Baumund Gartenschule, in Brache, in Kiesland, in Strassenband, in Geleiseanlage, in Gemüsehochhaus, in Warteland, in Fahrnisbauten, in Reisbeet, in Obstgarten, in Wildnis, in Umbauplatz verwandeln, ressourcenwirksam und inspirierend gestalten lassen. – Ist Landschaftsarchitektur nicht wie das Filmemachen eine Kunst, die Ereignisse und Geschehen und Gesichtsbilder sinngebend in Beziehung setzt und dies verkörpert ? Landschaftsarchitektur hat einen wesentlichen Anteil im Umbauprogramm für die Stadt der Zukunft. Sie hat besonders zwei Hauptaufgaben zu erfüllen, die Plätze für urbanes Leben zu formen und Nähe sowie Zugänglichkeit der Landschaft zu gestalten. Prof. Franz Oswald, ETH Zürich Landschaftsarchitektur und Landschaftsplanung/Umweltplanung Naturlandschaften sind in der Schweiz gerade noch im Hochgebirge anzutreffen, und auch diese sind, insbesondere über den Treibhauseffekt und die Luftverschmutzung anthropogen beeinflusst. Im übrigen sind die Landschaften ein Produkt jahrhundertealter Nutzung. Oft wird als anzustrebende «intakte» Landschaft die traditionelle Kulturlandschaft bezeichnet, wie sie am Anfang dieses Jahrhunderts noch bestand. Allerdings wird die Landschaft als vom Menschen gestaltete visuelle Ressource wenig wahrgenommen. Von der visuellen Seite her beschränkt man sich vorwiegend auf den Schutz von Landschaften von einmaliger Schönheit. Doch sind gerade in dicht besiedelten Gebieten, in den Agglomerationen, Landschaften zu rekonstrukturieren und ihnen neue gestalterische Qualität zu verschaffen. Die visuelle Ressource der Landschaften ist aktiv zu erhalten und dies kann nicht nur Schutz bedeuten. In dieser Aufgabe der Rekonstruktion und Sanierung von Landschaften und insbesondere deren Gestaltung sehe ich die enge Zusammenarbeit der Landschafts- und Umweltplanung mit der Landschaftsarchitektur. Wir sollten uns alle darauf einlassen, Landschaft auch als visuelle Ressource, die zu erhalten und zu gestalten ist, zu verstehen. Prof. Dr. Willy A. Schmid ETH Zürich DISP 138 Scape© Im Zeichen des Siedlungswachstums der letzten 50 Jahre sind anstelle der Dichotomie von Stadt und Land sukzessive neue raumübergreifende Strukturen entstanden. Um planerisch mit einer solchen hybriden Besiedlungsstruktur umgehen zu können, müssen neue Vorstellungen und Methoden entwickelt werden. Die Agglomeration ist weder mit Kategorien der traditionellen Stadt zu therapieren, noch mit guter Architektur zu kurieren. Die herkömmlichen Terminologien Stadt / Landschaft / Infrastruktur / Architektur müssen in ihrer gegensätzlichen Zuordnung hinterfragt werden. Während die traditionelle Stadt sich als klare Figur gegenüber dem Grund der umliegenden Landschaft abgrenzte, ist bei der Stadtlandschaft diese FigurGrundrelation aufgehoben. Landschaft und gebaute Strukturen greifen in zunehmender Weise ineinander über. Weder Figur noch Grund bestimmen die Struktur des urbanen Territoriums. Die Stadtlandschaft konstituiert einen dynamischen Prozess von geschlossenen zu offenen Strukturen, welche die Autorität der Form als repräsentatives Element zunehmend in Frage stellen. Die Grenzen zwischen Architektur und Landschaft werden aufgelöst und dezentrieren das Konzept des Objektes als abgeschlossene Einheit. Die Formen ergeben sich stattdessen aus ihrer Beziehung zur umliegenden Landschaft und sind nicht mehr als Absolutum, sondern nur noch in ihrer Beziehung zu anderen Strukturen wahrnehmbar. Weniger von einem vorgefertigten Erscheinungsbild beherrscht, ent- 8 1999 stehen diese Architekturen als sich ständig ändernde Prozesse, offen für immer neue Interpretationen. Sie stellen sich den Kräften ihres Umfeldes und sind formal unbestimmt. In diesem Sinne manifestiert sich die Stadt als offene Feldstruktur. Dies bedingt ein Verständnis der Stadt als offenes Territorium und folglich eine neue Form des Städtebaus, welcher sich nicht länger auf Prinzipien der Beständigkeit gründet, sondern den operativen Umgang mit fluktuierenden Bedingungen und programmatischen Instabilitäten fördert, von welchen die Stadt heute gekennzeichnet ist. lagen und Landschaftsentwürfen behandelt. Ich nehme an, in der Lehre Ihrer Disziplin verhält es sich nicht anders. Soll ich etwa die Entwicklung der Stadt Versailles ohne jene des dazugehörigen Gartens erklären, oder Sie jene des Gartens ohne die Stadt? Unsere Disziplinen, Architektur, Städtebau und Landschaftsarchitektur, sind eng miteinander verknüpft, ja noch mehr: Sie sind im Grunde nur eine Disziplin, die wir aus unterschiedlichen Blickwinkeln betrachten. Das nimmt ihnen nichts, im Gegenteil: Es macht sie nur noch reicher und schöner, als sie ohnehin sind. Prof. Dr. Marc Angélil ETH Zürich Prof. Dr. Vittorio Magnago Lampugnani ETH Zürich Ihre Gretchenfrage, wie ich es mit der Landschaftsarchitektur hielte, kann ich leichter beantworten als seinerzeit Herr Faust. Denn es gibt kaum ein Projekt, das wir in unserem Büro bearbeiten, das ohne Freiraumplanung auskommt. Diese hängt immer eng mit dem eigentlichen Entwurf zusammen und stellt deren notwendige Ergänzung dar. Oder, wenn Sie wollen: Das architektonische Projekt stellt die notwendige Ergänzung der Freiraumplanung dar. Dementsprechend verhält es sich in meiner Lehre der Geschichte des Städtebaus. Man kann, denke ich, die Entwicklung der Stadt in der Zeit nicht begreifen, wenn man nicht zugleich jene der grossen historischen Gartenan- Wie halten Sie es mit der Landschaftsarchitektur? Gibt es Synergien in Ihrem planerischen Handlungsfeld? Muss man sich für die «Landschafts»Architektur entscheiden oder darf man sich zum alten Begriff der «Garten»Architektur bekennen? Ich gestehe, dass mich die Erfahrung der überschaubaren «künstlichen» Anlagen seit jeher mehr fasziniert hat als die Beschäftigung mit den immer komplexer werdenden Problemen des grossen Landschaftszusammenhanges. Als Kind nahm ich die Düfte und die Nischen der Gärten als selbstverständlich, rebellierte erst, als ich am Jäten und Giessen beteiligt wurde und wurde desinteressiert. DISP 138 Mein erster Architekturlehrer, Bernhard Hoesli, der sich selbst als verkappten Gärtner sah, eröffnete mit einer einzigen Bemerkung eine neue Sicht und etablierte eine unerwartete Hierarchie: Meine Zeit sei besser investiert mit dem Organisieren der Bepflanzung der Aussenräume als mit dem ausschliesslichen Perfektionieren des Gebäudeinnern. Kurz darauf entdeckte ich für mich die aufregenden Gartendarstellungen des Renaissancearchitekten Jacques Androuet Du Cerceau und lernte noch in den sechziger Jahren beim Architekten Ernst Studer und beim Landschaftsgestalter Fred Eicher das Arbeiten mit geschnittenen, gezähmten, künstlich in geometrische Form gebrachtem Pflanzenmaterial. Mit Bernhard Hoesli und mit Arnold Amsler entstanden dann in den Siebzigern einigermassen beachtete Vorschläge für grossmassstäbliche Anlagen: für zwei Sektoren der «Grün 80», für den Park der Uni Irchel, für das Seeufer in Biel. Der Garten wurde jetzt zum faszinierenden Kompositionsproblem, bei dem (auf dem Papier) geometrische und «organische» Form konfrontiert und wo etwa nach der zeitgemässen Formulierung einer «Achse» gefragt werden konnte: der Garten war ein Experimentierfeld intellektueller und formaler Spekulation geworden. Erst durch Dieter Kienast durfte ich dann jene wunderbare Synthese von Sinnenfreude und formaler Konzeption kennenlernen, welche seine Arbeit auszeichnete. Sie ist für den Amateur nicht erreichbar, höchstens nachzuvollziehen. Diesem fehlt die Kenntnis des Pflanzenmaterials, der Pflanzensoziologie, der praktischen Belange und der Raffinessen des Gartenbaus. Neben dem wenigen, was in letzter Zeit in Zusammenarbeit mit Dieter Kienast, Günther Vogt oder Guido Hager gezeichnet oder realisiert werden konnte, bleibt mir in dieser Phase der Erkenntnis das Schreiben über zeitgenössische Gartenkunst. Wenn ich dies richtig sehe, weisen die entsprechenden Artikel zusammen mit jenen über Konstruktion, Farbe und Möblierung des modernen Innenraums auf ein spezifisches Interesse hin: auf die Kultur der Gestaltung unserer unmittelbaren Lebensumwelt. Eigentlich aber wären in diesem Zeitpunkt der Annäherung der Standpunkte von Gartengestalter und Architekt gemeinsam Konzepte zu erarbeiten, die ihren Niederschlag – mindestens exemplarisch – nicht nur im Einzelobjekt, sondern auch in den Mustern der Stadt finden müssten. Prof. Arthur Rüegg ETH Zürich Videostills © 1999 by Marc Schwarz 9 1999 DISP 138 10 1999 Christophe Girot Zwischen Raum und Ort Landscape does not belong solely to the visible world; it belongs also to all of the interwoven histories that make up a particular place. This article draws an important distinction between the notion of space and of place, which is central to all landscape practice. Four examples of landscape projects in France and in Germany help illustrate this point of view. These projects share common ground with Dieter Kienast's own work and philosophy. They underline the importance of site-specific considerations, of time and of history, while remaining resolutely open to innovation for the future. Respect for the landscape does not exclude strong design; it is more a matter of how one goes about juggling the significant historical elements unique to any given place. In Dieter Kienast's case one can say that he dealt with the question of defining place like a master of martial arts, using the incredible weight of history to dramatically leap ahead. Le paysage ne relève pas que du domaine du visible, ses racines se trouvent le plus souvent enfouies sous un canevas d’innombrables événements et d’histoires que l’on ne perçoit pas en surface au premier abord. Dans la langue allemande, le paysage se dit Landschaft et sans vouloir trop jouer sur les mots, on y trouve deux idées complémentaires. La première partie du mot Land est à peu prés comparable dans sa teneur à notre mot «pays»; il évoque une charge identitaire forte et un véritable enracinement culturel, en un lieu précis de la terre. Dans la deuxième partie du mot, le suffixe Schaft évoque un espace, une étendue mesurable et compréhensible. Il ne s’agit pas là de l’espace interstellaire, il s’agit au contraire de l'espace de la vie quotidienne, et c’est naturellement cette idée plus précise d’un pays et de ses confins qui nous intéresse au premier chef. D’ailleurs, lorsqu’on s’amuse à intervertir les deux syllabes du mot Landschaft, on se retrouve avec le terme Schaft-Land. Ce jeu d'inversion trans- forme complètement le sens du suffixe Schaft, qui devient le verbe schaffen et qui signifie «capable de faire». Par ce jeu de mots le verbe schaffen sousentend lui aussi l’idée de limites, mais non pas tant celle de limites spatiales que celles de limites humaines. Dire d’un paysagiste qu’il est capable de porter le poids du mot Land: «Er schafft Land», est un peu présomptueux mais a résume bien la primauté de l’anthropique sur le naturel lorsqu'on parle de paysage. Ceci me permet de boucler mon propos introductif, en affirmant que le travail du paysagiste dépasse nettement les seuls domaines du perceptif et du naturel. Que ce soit dans un projet porté sur le passé ou dans un travail qui s’inscrit dans l’avenir, il doit tirer son sens de l'esprit d’un lieu. En pensant au paysagiste Dieter Kienast et à son travail sur le paysage, il est difficile de ne pas évoquer le sens profondément humain de l'héritage intellectuel qu'il nous lègue. Pourquoi avoir choisi le titre «Zwischen Raum und Ort», alors que ma communication évoque le souvenir d'un paysagiste suisse de renom? C’est en fait pour signifier que le paysage n’appartient pas seulement à l'individu qui agit dessus; qu'il repose aussi sur le support vivant d'une époque; un palimpseste tel que l'évoque si justement André Corboz. Le paysage actuel résulte bien des grandes transformations industrielles, urbaines et agricoles de notre temps mais il se nourrit aussi de toutes les petites histoires humaines qui donnent un sens bien particulier à tout lieu. Dans le jargon des urbanistes, le mot Zwischenraum signifie ce morceau de délaissé urbain sans nom ni qualité propre, qui réside dans les plis de la ville. Ce sont tous ces terrains vagues dont François Béguin revendique clairement l'identité et l'usage propres. L’action du paysagiste se situe souvent sur ce type de terrain; et j'ai d'ailleurs rencontré Dieter Kienast sur de tels sites, où la mémoire enfouie dans les débris du sol était à peine perceptible, où l'absence même de traces du passé, et en l'occurrence le vide, devenait l’essence même du projet. C’est par un jeu de mots dans le titre que je choisis de modifier le sens habi- tuel attribué au terme Zwischenraum. En séparant la préposition zwischen du mot Raum «zwischen Raum und Ort», il se crée une juxtaposition entre le mot Raum et le mot Ort. Et c'est bien dans cette distinction que toute la subtilité du métier de paysagiste se manifeste. Le choix des deux termes n'est pas innocent; car dans ce contexte, Raum décrit un espace abstrait sans appartenance spécifique, alors que le mot Ort désigne un lieu précis avec toute son histoire. C'est d'ailleurs sur cette idée d'ancrage que je souhaite m'attarder, car j'estime qu'elle est vraiment centrale à tout le travail de Dieter Kienast. Je vais prendre quatre exemples de travail et de recherche personnels sur les dix dernières années. Les deux premiers exemples se situent en Allemagne, les deux derniers se trouvent en France. Il s'agit des immenses mines de lignite à ciel ouvert situées au sud de Leipzig, du site d'une ancienne caserne de Vopos au Parc des Invalides à Berlin, du parc des Six Arpents à Pierrelaye dans le Val d'Oise et de la Fontaine des Innocents dans le quartier des Halles de Paris. Chacun de ces quatre lieux évoque à sa manière l'importance primordiale de ce qui ne se voit pas au premier abord. Le Workshop Südraum Leipzig de 1994 fût un moment important de réflexion sur le paysage, tant par l'envergure du problème posé que par la variété des réponses données. Ce vaste territoire d’extraction de lignite, composé de canyons artificiels, immenses et stériles atteignant 200 mètres de profondeur, posait une question de fond sur la place de la mémoire et de l'identité du lieu. Depuis plus d'un demi-siècle, tous les éléments vivants, hydrauliques, géologiques et urbains du paysage au sud de la ville de Leipzig furent purement et simplement anéantis, déplacés, réduits à l'état de monticules de poudre grise sur des centaines de kilomètres carrés. Avec un temps de réparation qui se compte en décennies, sinon en siécles, il était difficile pour l'ensemble des équipes participant à ce workshop d'imaginer une réponse simple face à l’ampleur de cette catastrophe environnementale. Ce n'est donc pas étonnant que certains s'adonnassent à des réponses bien étranges. DISP 138 11 1999 Auen, Südraum Leipzig Invalidenpark, Berlin La Fontaine des Innocents L'interprétation onirique du site de Südraum Leipzig par l'architecte Hans Kollhoff, avec son parachutage d'hommes mi-anges et mi-martiens parmi une série d'objets solitaires high-tech posés dans le paysage lunaire des canyons d’extraction, donna une note surréaliste à l'exercice. Nous n'étions plus dans le lieu Ort, mais bien dans l'espace intergalactique Raum de la fiction architecturale. Dieter Kienast choisit au contraire une approche posée dans la réalité du lieu tout en restant très poétique. Son plan ressemblait étrangement au dessin stylisé d'un grand papillon, dont le corps allongé serait une ville linéaire nouvelle située entre Leipzig et Borna. Les ailes flanquant cette nouvelle ville linéaire devenaient tantôt des lacs dotés d'activités nautiques, tantôt des dunes abritant le lent processus d'une reconquête écologique sérielle, tantôt des forêts jouant le rôle de parc urbain et de corridor vert entre les deux villes. Son projet visait avant tout à réconcilier la population locale avec cet environnement complètement bouleversé et à lui offrir à travers des processus naturels très simples tels la remontée des nappes phréatiques et la plantation forestière la possibilité de croire en un avenir pour cette étendue minière. C'est donc bien cette confiance dans les qualités intrinsèques d'un lieu qui permit à Dieter Kienast d'aboutir à un projet de paysage identitaire fort pour Südraum Leipzig. Le travail d'Adrian Geuze et le groupe West 8 proposa une structure urbaine annulaire autour de six grands lacs filiformes reliant Leipzig à Borna. Ce remarquable projet de reconstitution d'un vaste territoire hydrique traduisait bien la tradition néerlandaise d'aménagement du territoire. Contrairement au projet de Dieter Kienast, qui préservait l'essentiel de la topographie du site industriel existant, le projet de West 8 proposait un important remodelage du terrain et des rives des lacs. La mémoire industrielle du lieu était donc considérablement modifiée, parfois même effacée, afin d'accueillir ce grand projet balnéaire. Mon propre travail avec l'atelier Phusis proposa un projet visant à la restitution de l'équilibre des nappes phréatiques dans le paysage existant sur les 50 prochaines années. En reprenant la typologie des prés humides Auen, qui furent anéantis durant l'exploitation des mines, on arrivait à sculpter des paliers de paysages en enfilade sur des terrains particulièrement instables. Cette solution en terrasse avait l'immense avantage de contenir l'érosion et de permettre de restituer lentement un certain équilibre naturel et hydrique. C'était un projet qui se nourrissait clairement d’une référence du paysage du passé, pour forger une identité radicalement nouvelle sur le territoire. Je ne vais pas énoncer les projets de toutes les équipes participant à ce workshop, mais il est clair que certains choisirent d'échapper dans la fiction d'un espace architectural pur, alors que d'autres cherchèrent à agir concrètement sur le paysage des lieux existants. Pour un concours d'idées, ces deux types de démarches étaient parfaitement acceptables, mais elles se démarquaient nettement l'une de l'autre par une attitude tranchée sur la signification du lieu et l’importance des marques de l’histoire. Berlin est la ville mythique du vingtième siècle, et tout projet de paysage qui s'y érige peut difficilement se passer d'une allusion à l'histoire récente. Maintenant que la Staatsbibliothek de l'architecte Hans Scharoun, solitaire resplendissant des années 1960 érigé face au vide du mur, se trouve à présent complètement engloutie dans l’immense masse bâtie de la nouvelle Potsdamer Platz; il me paraît important de souligner l'importance de ces grands vides d’après-guerre berlinois qui semblent désormais bien menacés. Car si le paysagiste n'œuvre pas pour qu'une partie de ces vides demeurent, qui donc le fera? Je préfère parler du site de l'ancienne caserne des Vopos lorsque je parle du Parc des Invalides de Berlin, car lors du concours lancé en 1992 cela faisait presque 50 ans que ce lieu ne figurait plus comme parc, mais comme zone de sécurité, sur les cartes de Berlin Est. L'Histoire voudrait maintenir que c'est Peter Joseph Lenné qui créa ce parc militaro-romantique au cours du 19ème siècle, sur les traces d'un ancien champ de manœuvres. Mais ce que je ressentis en réalité dans ce lieu de désolation durant l'hiver de 1992 n'avait qu'un rapport très éloigné avec cette version officielle de l'histoire. Je vis un rectangle grillagé de deux hectares, qui correspondait à environ 1⁄3 de la surface du parc d'origine; le reste ayant été urbanisé et construit depuis la guerre. L'espace concerné enfermait les restes de baraques militaires, un bout de chaussée marquée et barrée appartenant à l'ancien check point de l'Invalidenstafle, quelques bouquets d'arbres vieillissants poussant dans un terrain vague, le tout entouré d'immeubles anciens encore balafrés par les rafales de mitrailleuses et impacts d'obus et d'immeubles nouveaux en béton préfabriqué de modèle soviétique d'un triste gris. Comment agir positivement sur un terrain aussi ingrat, chargé de tant de sens, alors que la demande était de créer le premier parc public, emblème de la réconciliation entre les deux Berlins? En tant que Français, il m'était difficile d'imaginer la restitution du parc des Invalides à l'image de celui de l'époque du Kaiser, comme une réponse plausible à la question posée. Je choisis de réfléchir sur le vécu du lieu, recherchant une réponse résolument tournée vers l'avenir. N'est-ce pas ce mur, et seulement ce mur, qui conditionna toute la vie de ce quartier de Berlin Mitte durant les quatre dernières décennies? Sans pour autant préserver le site dans son état de désolation; était-il pensable de faire fi d'un pan entier du vingtième siècle et de repartir en toute innocence vers une image du passé? Le projet que je proposais ne garda du 19ème siècle que les quelques arbres survivants ainsi qu'un fragment des fondations de la GnadenKirche, une église militaire détruite par le Blitz de 1945. L'idée de poser un voile en granit de Silésie sombrant au milieu DISP 138 Parc des Six Arpents, Pierrelaye d'un grand bassin me vint à l'esprit, car elle incarnait de façon emblématique toute la joie, mais aussi tout le malaise résultant de la disparition subite du mur de Berlin. C'était le moyen aussi de préserver un morceau de ce vide d'aprèsguerre Berlinois, en offrant une place minérale dégagée au lieu d'un parc densément planté d'arbres telle que l'aurait voulu la tradition écologiste allemande de l'époque. Orienté Nord-Sud, cet objet exprimait toute sa relativité, selon que l'on arrivait de l'Est ou de l'Ouest et selon que l'on avait vécu derrière ou devant le vrai mur de Berlin. Sans vouloir m'attarder sur une explication exhaustive du lieu, c'est probablement au temps et aux gens de dire si le choix caricatural de cet l'emblème fût le bon. Ce projet illustre bien pour moi le poids incontournable de l'histoire dans le paysage berlinois, et toute la difficulté qui en découle dans la matérialisation d'un projet. C'est ironique, mais je me rappelle que le projet de promenade publique du Moabiter Werder de Dieter Kienast situé sur les rives de la Spree dans le quartier Moabit de Berlin, fût arrêté indirectement par ce même cours de l'histoire. Le projet démarré peu de temps après la chute du mur de Berlin ne fût jamais achevé. D'abord victime d'un client difficile, le Moabiter Werder eut surtout le malheur de se situer en plein dans l'axe du projet de nouveau quartier gouvernemental de l'architecte Axel Schultes, qui prévoyait d'y placer la résidence du Chancelier de la République Fédérale d'Allemagne. L'histoire n'appartient pas seulement aux monuments et aux sites célèbres, elle appartient aussi aux lieux ordinaires du vécu quotidien. Le parc des Six Arpents à Pierrelaye dans le Val d'Oise illustre bien ce point de vue. Situé en plein centre d'un petit bourg de la grande ceinture parisienne, le parc s'appuie sur quelques traces de l'histoire ancienne et récente. Il sert à présent de charnière entre un vieux village bâti le long d'une ancienne voie romaine et un quartier de logements sociaux datant des années 1960. Le projet de parc résulte de la simple mise en valeur de quelques éléments existants. Un vieux mur maraîcher en pierre blanche à moitié écroulé s'oriente parallèlement à l'ancienne Chaussée Jules César et au Ru de Liesse qui coule en fond de vallon. La structure du projet est donc déjà donnée. Un simple chemin en dalles de béton borde l'ensemble du périmètre dessinant un grand carré vert. Le cadre crée quatre faces distinctes donnant sur le pré intérieur. Deux faces accompagnent des constructions nouvelles, les deux autres bordent l’ancien bourg et le quartier de logements sociaux. Selon les usages et l'heure de la journée, le pré sert au jeu, au repos ou à la promenade. Ce terrain vide aurait pu devenir un terrain à bâtir comme tant d'autres. Un travail de concertation, avec les architectes et le commanditaire, permit de préserver l'essentiel de l'espace libre. C'est donc en tenant un cadre très simple que j’ai affirmé que le lieu avait déjà son identité propre. C'est ce regard révélateur, capable d'identifier les qualités intrinsèques d'un lieu donné comme point de départ d'un projet, qui fait toute la force et toute l'humilité du paysagiste. Nous ne sommes pas nécessairement des marchands de nouveauté, il nous arrive aussi de nous intéresser tout simplement à l'orchestration d’un paysage qui est déjà là. Chaque lieu, même le plus démuni, garde des qualités propres et une histoire. Sans vouloir ériger cette remarque en dogme, il me paraît important d'affirmer cette spécificité. Je pense notamment au travail récent de Dieter Kienast sur le petit cimetière de Fuerstenwald à Coire en Suisse où le projet épuré et discret tire toute sa force de sa juxtaposition avec le paysage pastoral existant. Les vaches viennent paître à deux pas des tombes, et ce n'est pas le fruit du hasard, car depuis le début c'était précisément ce que le paysagiste voulait et attendait. Pour conclure je vais me tourner vers un des lieux les plus anciens de Paris, celui de la fontaine des Innocents, sur lequel je viens d'achever un article. Cet endroit représente un cas d’école en matière de paysage urbain, où le déracinement perdure malgré tous les efforts 12 1999 prodigués pour maquiller l’irréparable disparition du sol originaire. La particularité du site de la fontaine des Innocents, c’est que le sol sédimentaire de l’ancien cimetière s’est subtilisé, cédant la place au mille-feuilles en béton du centre commercial et de la station RER des Halles. Qui se souvient voici 25 ans de cette pauvre fontaine emballée dans une grande boîte, posée sur d’immenses échasses en acier au milieu du cratère des Halles? C’est la fontaine en tant qu’objet solitaire, et non le sol ambiant du square, qui a établi le point de référence pour la nouvelle place. Le square a changé de nom et s’appelle désormais la place Joachim Du Bellay. Car il n’y a plus de raison de parler du cimetière des Innocents dont une bonne partie des gravats furent transférés avec le reste des excavations du Forum des Halles à Roissy-en-France pour servir de remblais aux pistes du nouvel aéroport Charles De Gaulle. On se rend compte à travers l’histoire invraisemblable de cette fontaine et de son cimetière que c’est le paysage qu’on ne voit pas qui importe le plus. Ce lieu historique a perdu toute sa substance, ses eaux, ses habitants, son sol ancestral jusqu’à ses moindres repères. Nous nous trouvons dans un endroit annihilé, où, pour reprendre les mots de Louis Chevalier, les pierres et le paysage demeurent tous «douteux». La violence sociale qui sévit maintenant en ce lieu résulte du déracinement total, car les gens, quels qu’ils soient, ont senti instinctivement que l’histoire antérieure était creuse, qu’il n’y avait plus de respect des morts, que tout n’était que fiction, ou au mieux fabrication. Je reste d’ailleurs perplexe sur le destin de ce bout de ville, car une société qui disperse ses vivants et bafoue ses morts n’attache plus tant d’importance à l’homme. L’espace désacralisé de l’ancien cimetière déteint tristement sur la qualité de l’espace public environnant. La fontaine des Innocents incarne à elle seule l’effondrement soudain, de toute une époque du monde parisien; qui était fondée sur la mémoire collective d’un lieu et de ses gens. Le paysage n'est pas vraiment une science exacte, et je n’en connais d’ail- DISP 138 leurs pas une capable de modéliser utilement toute la complexité d'un lieu. En évoquant Dieter Kienast, j'estime qu'il faut faire confiance à la capacité de l'homme de s'adapter aux temps et aux environnements les plus contraignants. Qu’aurait-il pensé de cet ancien site mortuaire parisien profané pour le règne du commerce et de la nécessité? Je ne le sais pas, mais sa réponse aurait certainement évité l’écueil d’une histoire fabriquée. Je ne pense pas trahir sa pensée en disant qu’il était bien conscient de la prégnance de la mémoire d’un lieu. Pourtant, il ne s’est jamais laissé piéger par une quelconque nostalgie. Son geste, tel celui d’un maître en art martial, s’inscrivait dans le présent et tendait toujours vers l’avenir, se servant du poids incommensurable de l’histoire pour effectuer le bond en avant. 13 1999 DISP 138 14 1999 Peter Latz Eine einfache Frage, keine einfache Antwort Landscape architecture is part of the architectural culture, together with architecture and the sciences of engineering and town planning, that form the spaces of our populated world. Landscape architecture is also part of horticulture. As a symbol of nature, it summarises the cultural work of centuries. Horticulture is world culture – gardens are laid out everywhere, with similar methods and tasks. But it is a mature culture, widespread in proportion to its economic value. From these results an image of ‘’the landscape architect’’, who is creative, who presents outstanding achievements, who lives a contemplative professional life, but who has also lost the ability to think in terms of major dimensions and relationships. However the culture of public building, and the revitalisation of polluted and derelict urban spaces cannot be solved with historic images of landscape. These spaces require the invention of new landscapes. If landscape is the semantic expression of our understanding of nature, landscape architecture will have to develop the syntax for this landscape. To make it available, new thinking must be mobilised and brought together in spatial conceptions with technical engineering drafts. Consequently, conceptions for the new urban and suburban sciences must be created where living space and working space, traffic and transport consolidate into a cultural identity. Thus the profession of landscape architecture, through its teaching and research at the Universities, must be or must become part of the architectural culture. Was ist Landschaftsarchitektur? Jeder, der sich damit befasst oder Landschaftsarchitekt ist, glaubt es zu wissen. So wage ich denn nicht, für die Landschaftsarchitekten zu sprechen, sondern ausschliesslich für mich oder eine kleine Gruppe. Vielleicht sollte ich mich auch entschuldigen für eine Argumentation, die beeinflusst ist von einem Gutachten der ETH – uns, die Landschaftsarchitekten, in einem Life Science und Food Center zu verorten. Die professionelle Landschaftsarchitektur – ich komme gleich darauf, warum professionell – ist Teil der Baukultur und muss bei der Entwicklung des Neuen oder der Umwandlung des alten Teils der Baukultur sein, die zusammen mit Ingenieurwissenschaften, mit Architektur und Städtebau die Räume unserer besiedelten und genutzten Welt formt. Doch das wäre zu eindeutig, denn Landschaftsarchitektur ist auch Teil der Gartenkultur: einer Gartenkultur, die von der Produktion in Gärten bis hin zum Sinnbild von Natur kulturelle Leistungen von Jahrhunderten zusammenfasst. Einerseits führt dies zu den Quellen des bautechnischen Wissens, zum Wissen um die Stadt und den Städtebau und zur sozialen Verantwortung, andererseits erklärt es den Spass am Samentausch, am Kennen von Rosen- und Clematisarten oder der Vielfalt der Spezies und Subspezies von Efeu. Doch diese Zuordnungen sind noch keine Antwort. Vielleicht muss man auch bedenken, dass die Gartenkultur eher Laienkultur ist – dies aber international. Weltweit werden Gärten mit ähnlichen Mitteln und ähnlichen Zielen angelegt – Übereinstimmung ohne Sprache, ja ohne Kontakt und ohne Wissen voneinander. Der Austausch von Blüten- und Grünpflanzen war seit Jahrhunderten zunächst das Privileg des Adels und der reichen Bürger, dann immer mehr breiterer Schichten. Als Laienbewegung ist diese Kultur im Verhältnis zu ihrem ökonomischen Wert weiter verbreitet als etwa der Selbstbau in der Baukultur. Vielleicht liegt es daran, dass sie den kreativen Eingriff in die Umwelt weit mehr als alle anderen Systeme erlaubt, unabhängig davon, dass es sich ohnehin um ein System handelt, das Dauerzuwendung benötigt (wir nennen es auch Gartenpflege). Vom Klein- bis zum Villengarten, vom naiven Biotop bis zur höchsten Kunstform unterliegt alles dem gleichen Prinzip. Demnach entstünde das Bild des «Landschaftsarchitekten», der kreativ wird, hierzu die Erfindungen macht und Spitzenleistungen der Gartenkultur vollbringt und in genügsamer Einschränkung ein kontemplatives Berufsleben führt. Dieses Bild, das uns die Gesellschaft immer noch zuteilt, ist von Landschaftsarchitekten selbst geschaffen worden und zwar dann, wenn sich das Berufsfeld von seinem Engagement im grossen Raum der Stadt und in der Öffentlichkeit verabschiedete, sei es aus Scham nach dem tausendjährigen Reich in Deutschland, sei es aus dem Unvermögen, sich aus den gewachsenen Nischen herauszubewegen und neue Aufgaben anzupacken. Immer dann beschränkt sich Landschaftsarchitektur auf Gärten, wenn der öffentliche Raum zum Gegenstand rein technischer Anforderung deformiert oder wenn man sich über Jahrzehnte von gesellschaftlichen und technischen Innovationen verabschiedet, die Befähigung nicht mehr hat, in grösseren Dimensionen und Zusammenhängen zu denken und zu entwickeln – und dies bedeutet nicht grössere Flächen wie in der Landschaftsplanung. Stellen wir also wieder die Frage nach der öffentlichen Baukultur, nach den öffentlichen Freiräumen auf der einen Seite und den neuen Aufgabenfeldern auf der anderen Seite – der Behandlung von Wasser, der Entwicklung von Kleinklima, der Wiederaufbereitung von verbrauchten und belasteten Flächen der Stadt. Die Konversion der Flächennutzung riesiger militärischer Anlagen, die Behandlung der ungeheuer grossen Räume nach der Ausbeutung von Bodenschätzen sind nicht mit den alten Vorstellungen von Landschaft zu lösen, sondern machen die Erfindung neuer Landschaften notwendig. Es sind Aufgaben, die einerseits enorme Grössenordnungen erreichen und andererseits nicht teilbar sind. Nicht neue Stile, sondern generell neue Landschaftskonzepte werden nötig; sie verändern das Naturverständnis und erzwingen eine neue Diskussion um Natur in der Stadt. Wenn Landschaft der semantische Ausdruck unseres Naturverständnisses ist, dann ist Landschaftsarchitektur die DISP 138 Syntax – bzw. hat Landschaftsarchitektur die Syntax für diese «Landschaft» zu entwickeln. Dann ist Landschaftsarchitektur auch verantwortlich für die Pragmatik – verstanden als die Entwicklung des Benutzens und die Entwicklung des Erstellens. Die Zukunft liegt dabei offensichtlich nicht in der Varianz des Bekannten, sondern in Visionen – nicht Utopien, Visionen, aus denen Realität werden kann. So entstehen grössere Aufgabenfelder und vor allem solche, die ohne tradierte Erfahrungs- und Lösungsmuster auskommen müssen. Für diese Aufgaben reicht auch das in den Siebzigerjahren noch einmal aufgelegte Modell der Landschaftsplanung als Landnutzungsplanung (entwickelt zur Vorbereitung und Stärkung der land- und forstwirtschaftlichen Produktion) nicht aus. Auf diesem Gebiet muss nun neues Wissen mobilisiert und in ingenieurtechnischen und räumlichen Konzepten zusammengeführt werden. Neue Gemeinsamkeiten zwischen Bauingenieur, Städtebauer und Landschaftsarchitekt entwickeln sich und haben sich bereits in diesem Feld entwickelt; Gemeinsamkeiten, die nicht vom Landschaftsarchitekten erobert wurden, sondern die ihm auferlegt, die von ihm abgefragt werden und wo Antworten in der Dimension der Aufgaben erwartet werden. So wie sich die Agronomie zur Life Science und Food Science entwickelt und sich des praktischen Landwirtschaftsberaters entledigt (und dazu gehörte im Prinzip die Landschaftsplanung), so muss sich die Landschaftsarchitektur mit den oben genannten Konzepten zur neuen Stadt- oder Siedlungswissenschaft entwickeln, in der sich Lebens- und Arbeitsraum, Verkehr und Transport zur kulturellen Identität verdichten und zu neuen Raumprojekten geführt werden. Dies wird in der Internationalen Bauausstellung Emscher Park mit dem Klimahaus in Herne, mit dem Wissenschaftszentrum in Gelsenkirchen und den Industriebrachen als neuem Lebensraum bereits vorgeführt. Die Strasse als öffentlicher Raum wird wiederentdeckt und wiedererobert, zu einem neuen Gleichgewicht entwickelt, wie es die Ausstellung im Centre de Cultura Contemporània de Barcelona «La reconquista de Europa – espacio público urbano 1980–1999» und in internationaler Übereinkunft die Projekte im Deutschen Pavillon der Biennale Venedig 1996 zeigen. Weltweit werden dieselben Themen diskutiert, auf Kongressen in Tokio, Sydney, Boston, Barcelona, Glasgow, Rotterdam, Mailand und München. Zu genau denselben Themen werden Beiträge in Forschung und Entwicklung und in der Lehre von den Universitäten gefordert und unterstützt. Teile des Berufsfeldes können sicherlich weiter in der Nische der Gartenkultur verharren. Es gibt hierzu ausreichend Ausbildungsstätten, fast die Mehrzahl der unendlich vielen Fachhochschulen in Deutschland zum Beispiel, die diese Tradition weiterführen wollen. Für entwicklungsorientierte Universitäten bleibt, wenn sie nicht degradiert werden wollen, nur die Möglichkeit, die neuen Themen und Aufgaben tatsächlich aufzugreifen, sich auf Experimente einzulassen und Vorschläge und Lösungen in diesem Aufgabenspektrum zu entwickeln. 15 1999 DISP 138 16 1999 Elmar Zorn «Art in Nature»: Der Faktor Kunst in Landschaftsplanung und Raumordnung Recently, attempts have been made to integrate artists from the outset into projects relating to landscape planning and landscape architecture, such as the competition for BUGA 2001 (National Garden Show) in Potsdam. 15 years ago attempts by the artists to create new paradigms in the relationship with nature and the countryside were ridiculed. Pioneers of a new role pattern for the artist include Robert Smithson who, as an artist, 30 years ago recognised new landscapes in disused industrial sites, as well as the husband and wife team, the Harrisons, who were both professors in landscape architecture. The example of two art exhibitions by the Harrisons, one on the establishment of a bio-diversity protective ring around the “green heart of Holland“ and the other on the “endangered meadows of Europe“, serves to explain to what extend artists like these can be artistically creative in the future if they join forces with all landscape experts in a new team understanding of collaboration. These are therefore primarily the artists who make us aware of the changing perception of nature and landscape, taking on the role of engineer or generalist in the process – action models which will hopefully be reflected by EXPO 2000 in Hanover. Als Dieter Kienast vor zwei Jahren im Vortragssaal des Sprengel Museums Hannover sein Konzept für die landschaftsarchitektonische Gestaltung des EXPO-Geländes in Hannover vortrug, fragte ich ihn hinterher zusammen mit dem anwesenden Thomas Sprengel nach der Rolle, die er der Kunst in seinen Vorstellungen einräumen wollte. Er schien über die Frage überrascht zu sein und sagte scherzhaft: «Na ja, die Kunstwerke stellen wir dann auf die Wiese. Es gibt ja genügend davon in Hannover.» Dann wurde er ernst und meinte: «Lassen Sie uns genauer darüber reden. Besuchen Sie mich in Zürich.» Es konnte zu diesem Gespräch nicht mehr kommen, doch die Schnitt- stelle war deutlich geworden: Es geht um Landschaftsarchitektur, die Kunst appliziert, und solche, die sie integriert. Bereits ein Jahr später wurde von der Bundesgartenschau in Potsdam für das Jahr 2001 (Buga 2001) ein ungewöhnlicher Wettbewerb zur Neugestaltung eines weitläufigen Gebietes im Norden der Stadt, der einst von Lenné in Sichtachsen geordneten Bornimer Feldflur neben dem eigentlichen Veranstaltungsgelände, ausgeschrieben. Ungewöhnlich war, dass zum ersten Mal bei einer Gartenschau in Deutschland eine gemeinsame und gleichberechtigte Erarbeitung des Konzeptes durch Landschaftsarchitekten, Künstler und Landwirte als Voraussetzung für die Zulassung zum Wettbewerb festgelegt wurde. Seitdem beginnt allerorten das Pflänzchen der Kooperation zu wachsen, wobei es mir scheint, dass weder die Raumplaner noch die Landschaftsarchitekten Probleme mit der Zulassung von künstlerischen Ideen vom Anbeginn eines Planungsprozesses haben, wohl aber die Kunstwelt, wenn es um die Mitarbeit der Künstler bei Landschaftsgestaltungen geht, da sie den bisherigen Bereich der autonomen Kunst verlassen – um in einem Feld zu experimentieren, das zwar nicht «angewandte Kunst», doch auch noch nicht kategorisiert ist. Wenn ein Künstler vor 15 Jahren mit dem Anspruch aufgetreten war, dass seine von Behutsamkeit und Respekt für die geschundene Natur getragene skulpturale Intervention ein Kunstwerk sei, welches im Gegensatz zu den Kunstwerken in den Museen und Galerien sich dem Rhythmus der Natur, dem Wachsen, Blühen und Verwittern, aussetzte, musste er damit rechnen, von Kunstkritikern, Museumskuratoren und Galeristen als Spinner belächelt zu werden. Allenfalls die titanischen Zeugnisse der amerikanischen Land Art konnten ihnen imponieren und tun das auch heute noch. Da galt es der Erde das Kunstwerk abzutrotzen, mit gigantischem Aufwand an Erdbewegungen und zugegebenermassen faszinierenden ästhetischen Ergebnissen. Parallel zur Land Art gab es Künstler, die den Dialog mit Landschaftsarchitekten, Landschaftsplanern, mit Wasser- wirtschaftlern, Ökologen, Soziologen und schliesslich auch mit der ansässigen Bevölkerung suchten, wenn sie Problemzonen auswählten, um langfristige Prozesse wie Renaturierung von Industriebrachen und Flussreinigungen in Gang zu setzen. An erster Stelle wirkte hier seit den 60er Jahren das kalifornische Künstlerehepaar Harrison. Auf diese beiden Künstler gehen modellhafte Kooperationen mit Landschafts- und Wasserwirtschaftsexperten zurück und daher möchte ich im folgenden auf mehrere ihrer Werke eingehen. In Europa war ihr erstes Projekt der von der Weltbank finanzierte Versuch, den Fluss Save im ehemaligen Jugoslawien zu reinigen und damit auch die Wasserreinheit der Donau entscheidend zu verbessern – ein Vorhaben, welches durch den Konflikt und schliesslich den Krieg in diesem Gebiet gestoppt wurde. Allgemein begann aufgrund der Umweltkrise Anfang der 80er Jahre ein erst jetzt registrierbarer, folgenreicher Paradigmenwechsel im Weltbild der Künstler, der zu einem neuen Rollenverständnis geführt hat. Als ein die Künstler auf diesen Weg begleitender Coach kann «Art in Nature» gelten. Mit der so bezeichneten Kunstbewegung verfolgen seit der Mitte der 80er Jahre Künstler aus verschiedenen Ländern, die miteinander in Verbindung stehen, das Konzept den Aussenraum als eine Form von Skulptur zu gestalten. Das Material dieser Skulptur sind die Pflanzen und räumlichen Gefüge, in welche sie gesetzt werden: in die urbane Architektur, in die ländliche Natur oder in den Garten. Die dabei entstehenden Arbeiten sind nicht stationär, somit nicht verfügbar und transportabel, sondern abhängig von Ort, Boden, Licht, räumlicher Situation – also den Bausteinen der Kreisläufe. Die Idee der (autonomen) Gestaltung tritt zurück auf das Mass, beiläufig wie ein «Stück Natur» da zu sein. Die Vorgabe für diese Art der künstlerischen Praxis ist der Kontext. Das Material entzieht sich der Kategorie des fertigen, beendeten Kunstwerks und das Kunstwerk der Berechenbarkeit, Kontrolle. Die Wachstumsprozesse des Werks laufen in der ihnen eigenen Zeit ab. Diese DISP 138 «Pflanzenzeit» des Kunstwerks ist fern der bisherigen Kunstzeitkategorien, so wie Smithsons «Spiral Jetty» im Salzwasser ein- und wieder auftaucht. Durch solche Prozesse und Kreisläufe errichtet Kunst zwischen Natur als Gestaltungsmaterial und einer anthropozentrischen Gesellschaft als Reflektor ein neues Zwischengebilde, einen neuen Kontext. Schwerpunkt einer solch ökologisch orientierten Kunst ist nicht mehr die Kreativität bei der postmodernen Wahl der vielen Gestaltungsmöglichkeiten, sondern die Entwicklung von Wahrnehmungsperspektiven, in denen die Natur nicht nur menschenbezogen, hinsichtlich ihrer ideellen wie materiellen Verwertbarkeit auftritt. Das neue Rollenverständnis des ökologisch orientierten Künstlers Künstlerische Erneuerungsprozesse waren in der Geschichte der Weltkulturen verbunden mit der teilweisen oder völligen Adaptierung bzw. der völligen oder teilweisen Zerstörung vergangener Kulturen und ihrer künstlerischen Formen. Heute sehen wir eine Tendenz, in der der ökologisch orientierte Künstler nicht mehr vor allem als origineller und individueller Schöpfer sich geriert, sondern als Bewahrer des verbliebenen Restes der Natur auf der Erde, als Kustode eines neu entstehenden Wahrnehmungsraumes, als Hirte der Artenvielfalt von Kultur und Natur, als Ombudsman einer neuen Allianz zwischen Mensch und Natur. Im Team mit Forst- und Wasserwirtschaftlern, Soziologen, Geobotanikern, Landschaftsarchitekten wird er als ein sich selbst bestimmender Generalist zum Initiator und Moderator für die unermesslich grossen und fast unlösbaren ökologischen Aufgaben der Menschheit. Der Wandel im Rollenbild des Künstlers könnte radikaler nicht sein: angesichts der Sinnkrise der Moderne will er weder im Elfenbeinturm produzieren noch sich in Agit-Prop-Haltungen üben, er will nicht wieder in die Rolle des Propheten und Sehers schlüpfen, auch nicht Kunst verflachend anwenden als Design der Alltagskultur, nicht mehr Arzt oder Schamane einer maroden Natur sein, sondern als Ingenieur und Baumeister wirken. Nachdem die Schattenseite der mit der technologischen und ökonomischen Expansion fortschreitenden Naturbeherrschung in der Naturzerstörung evident geworden ist, suchen immer mehr Künstler ihre Identität nicht mehr im anthropozentrischen Geniebegriff (die Kunst als Steigerung und Vollendung der Natur), sondern in der respektgetragenen Begegnung mit einer Natur, die als das Fremde und Unverfügbare belassen wird. Als Pionier eines solchen neuen Rollenbildes kann Robert Smithson gelten, der vor 30 Jahren forderte, den Anthropomorphismus in der Kunst zu überwinden und vom Standpunkt der Erde aus in geologischen Zeiträumen zu denken: «Ich will eine Kunst, die die von Tag zu Tag existierende Naturgewalt in Betracht zieht.» In industriellen Brachflächen wie aufgegebenen Tagebauwerken sah er neue Landschaften, die durch künstlerische Eingriffe erfahrbar gemacht werden sollten in ihrer formauflösenden, entropischen Kraft. Eine vergleichbare Forderung hat die französische Landschaftsphilosophie jüngst erhoben. Für Alain Roger geht es in der Landschaftserfahrung nicht um die Rekonstruktion eines anachronistischen Arkadiens und auch nicht um Rückgriffe auf die Utopien der totalen Parklandschaft im 18. Jahrhundert wie bei der Land Art des 20. Jahrhunderts, sondern um die Entwicklung eines neuen Wahrnehmungsmodells für unsere zeitgenössischen Industrielandschaften. Die Revolution der Wahrnehmung, die mit epochalen Erkenntnissen der Hirnforschung und der Genbiologie einhergeht bzw. diese konditioniert, ändert mit einer neuen Raum-Zeit-Auffassung auch das Selbstverständnis des Künstlers und seines Metiers, seiner Mittel. Auf «Gegenwartsinseln» wird er Zeit und Raum zukünftig wie eine Plastik bearbeiten. Der Bildhauer wird zum «Zeithauer» und der Maler zum Energiestrom-Fokussierer. Nach dem Zusammenbruch der endgültig ausgebeuteten Mutter Natur wird es der Künstler sein, der neue Welten, neue Ressourcen einer weiteren Natur entdeckt: vielleicht in der Gentechnik als neuem Ambiente, in einer 17 1999 ökologischen Soziologie als einem neuen Feld der Potentiale. Wie auch immer – und hier unterscheidet er sich von den Verabsolutierungsbestrebungen artifizieller Ästhetik in der neuen Cyber-HighTech-Welt – bringt er seine Rolle als Künstler ein, als lebendiges, weil sterbliches Wesen. Wenn also in einem zukünftigen Kunstgeschehen die Gestaltung der Welternährung konzeptuelles Kunstwerk, die Biogenetik Materie für Landschaftsmalerei wird (wie Lennés Friedhöfe zu den grünen Lungen der Grossstadt Berlin wurden), wenn Geographie und Topographie neue Leitfäden der Kulturgeschichte werden, so ist es nur folgerichtig, dass die Harrison aus Kalifornien gerade dabei sind, für die Weltausstellung 2000 in Hannover ein Buch über die politische Ökonomie der Ökologie und die erforderliche wissenschaftliche Ausbildung des zukünftigen Künstlers zu schreiben – und sie tun dies sehr bewusst in ihrer Rolle als Künstler –, und ebenso, dass der Avantgardist heutiger Landschaftskünstler, der New Yorker Alan Sonfist, sein Lebenswerk mit einem Magnum Opus, dem Netz von «Time-Landscape-Parks» als historischen bzw. als vorhistorischen Raum-Zeit-Pflanzungen über das gesamte Stadtgebiet von New York City gestreut, vollendet sehen möchte. Die von ihm dabei kunstvoll rekonstruierenden Parklandschaften und Gärten weisen sich eben nicht zuallererst als Kunstwerke aus, sondern fallen primär wieder der Natur zu. Beispiele und Modelle einer neuen Produktions- und Kooperationsform: die Kunst der Harrisons Als ein schlagendes Beispiel für die neue Rolle, die Künstler im Zusammenhang von Landschaftsgestaltung und Landschaftsplanung mehr und mehr einnehmen, kann das Konzept der Harrisons für eine grossräumige, halb Holland umfassende landschaftliche Neuordnung gelten. Unter dem Titel «Green Heart Vision» stellten sie 1995 auf zahlreichen, gestaffelten und von ihnen bearbeiteten, riesigen Landkarten vor, wie der drohenden Zersiedelung durch die von Rotterdam und Den Haag DISP 138 auswuchernden Vorstädte («Los-Angelesierung») mit einem Artenvielfalt-Schutzring begegnet werden kann. Sie involvierten ein Heer von Experten, mobilisierten nahezu die gesamte Bevölkerung und erreichten dramatische Änderungen in der Besiedelungspolitik der Niederlande mit direkten und indirekten Folgen, die Milliarden von Kronen in andere, ökologisch wie ökonomisch wirksamere Bahnen lenkte. Tatsächlich hatten sie «nur» eine Ausstellung mit Landkarten und Schrifttafeln hergestellt und im holländischen Gouda gezeigt. Und erst die Tatsache, dass sie zwei Jahre später vom Direktor des Kunstmuseums Bonn und «Art in Nature»Kurators Dieter Ronte eingeladen wurden, diese Ausstellung auch in seinem Museum zu präsentieren, machte allen klar, dass es sich eben nicht nur um die öffentliche Vorstellung und Anhörung in einem Raumordnungsverfahren handelte, sondern um Kunst. Ebenfalls in Bonn und direkt gegenüber dem Kunstmuseum, nämlich in der Kunstund Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland, hatten die Harrisons eine noch grössere Provokation gewagt: Auf dem Dach dieser Bundeskunsthalle wurden 1996 abgeschälte Wiesenstücke unterschiedlicher Artenvielfalt aus diversen europäischen Regionen als Installation unter dem Titel «Die gefährdeten Wiesen Europas» ausgestellt. Die notorische Frage «But is it art?» (wie sie ein in den USA erschienener Sammelband über umweltorientierte Kunst mit rhetorischer Inbrunst stellt), die bei solch öffentlichen Auftritten von grenzüberschreitenden Künstlern aufkommt, von Marcel Duchamp bis Joseph Beuys, war allerdings die Spitze genommen, da die Harrisons durch ihr bisheriges Schaffen beglaubigt sind, also ihr Kunstanspruch ernst genommen wird. Ausserdem war durch den Rahmen einer Kunsthalle eine Aura geschaffen, auf die bei der anschliessenden Plazierung der artenreichen Wiesenstücke in einer artenarmen Wiese am Rheinufer («Mutterwiese»), also von arrangierter Natur in die freie Natur, verzichtet werden musste. Zur Besichtigung der Wiese auf dem Dach kamen Hunderttausende von Besuchern während der Laufzeit der Ausstellung, zur Mutterwiese nur ein paar Hundert. Das ökologische Anliegen der Harrisons wurde sehr wohl verstanden und gutgeheissen, auch auf akademischer Ebene. Immerhin hatten sie beide jahrzehntelang gelehrt – doch dies mit Lehrstühlen für Landschaftsarchitektur versehen, nicht für Kunst! Insofern war es wichtig darzulegen, was denn an diesem Projekt die spezifisch künstlerische Dimension sein konnte, gerade um die Künstler in die Lage zu versetzen, mit den Kolleginnen und Kollegen der anderen Disziplinen gleichrangig umzugehen – also als Künstler und nicht als entlaufene Landschaftsplaner den Dialog zu führen und hinfort solchen zu erleichtern. Ich schrieb daher im Bonner Ausstellungskatalog folgende programmatisch gemeinten Zeilen, die auch über Harrisons Wiesen-Projekt hinaus Verständnis und Verständigung untereinander erleichtern sollten: «Es könnte dramatischer nicht sein und zugleich unspektakulärer: zum ersten Mal in der Geschichte seiner Spezies sehen wir den Abendlandmenschen keine Denkmäler mehr bauen für sein Überleben in einer fernen Zukunft. Erschrocken von der Beobachtung, dass die Natur dabei ist, die Erde zu verlassen – wie dies Michael Ende titulierte –, will er eher tun, was die Naturvölker immer schon zelebrierten: die Zeichen der Natur zu deuten. Doch diesmal nicht, um die Kräfte der Natur einzuspannen in seine künstlich nachgeschaffene Natur, die Technik ist, sondern um der Natur notfalls beizuspringen, ihren von ihm gestörten Kreislauf zu erfüllen. Und der Notfall ist längst eingetreten. Inmitten der Apokalypse, in der wir uns befinden, vernehmen wir wieder mit einer Schlichtheit, wie in der Erzählung der Grossmutter vom Mond und der Erde in Büchners Woyzeck und in den Geschichten von John Steinbeck, ungestört vom Mediensog unablässiger Bilder und Geräusche, eine grosse Legende, auf der Insel des Bonner Kunsthallen-Dachgartens als einer Arche Noah. Die sie erzählen, Helen Mayer Harrison und Newton Harrison, erkannten Ende der 60er Jahre, dass wir dabei sind, uns selber und die Natur aufzuessen, ja dass sogar die Kunst die Ökologie verschlingt, und haben gehandelt – mit die ersten überhaupt. 18 1999 Doch sie intervenierten nicht, wie fast alle ökologisch motivierten Künstler, mit Bildern und Objekten im Naturraum, sondern im sozialen und politischen Raum, mit dem künstlerischen Instrumentarium des sprachlichen Diskurses im Mittelpunkt. Adressat dieses sprachlichen, sehr oft poetischen Diskurses ist die ‹community›, also die betroffene Bevölkerung mit ihren politischen Gremien und ihren hochspezialisierten Experten. Sie werden mit dem Zauber, der grossen Erzählern eigen ist und von dem sich noch alle Zuhörer der Menschheitsgeschichte in Bann schlagen liessen – in den Höhlen der Steinzeitmenschen und von Scheherezades in 1001 Nächten erzählten Märchen –, in eine ökologische ‹Erzählung› hineingezogen, von den Wäldern zu den Wiesen und wieder zu den Wäldern. Der Atem jahrtausendealter Geschichten über Natur und Kultur weht da, doch ohne Pomp. Mit Leichtigkeit, mit Ironie und kritischer Grazie entfalten die Harrisons ihr rhetorisches Spiel der Worte und vorgeführten Schauobjekte. Im Komplex von 23 ausgesuchten Bildern von den Wiesen dieses Kontinents erfahren wir, warum die Beweidung und die Schnitthöhe der Mahd für die Evolution der Kulturlandschaften genauso entscheidend waren wie alle Erkenntnisse der Naturwissenschaften in der übrigen Kulturlandschaft, von Kopernikus über Einstein bis Hawkins.» [1] Das gigantische Potential einer neuen Naturwahrnehmung für die Kreativität interdisziplinär Denkender und Handelnder ist bisher nur von wenigen wirklich erkannt und genutzt worden. Zwar boomt das Thema Kunst/Natur nun endgültig, doch ausgerechnet die Zeitschrift «Kunstforum», die sich wiederholte Male über die Jahre, als das Thema noch nicht modisch geworden war, des Phänomens angenommen hatte, verfehlt in ihrem aufwendig recherchierten Doppelband über «Künstler als Gärtner/Das Gartenarchiv» (Nr. 145/146) die visionäre, zukunftsweisende Dimension einer Fusion von Kunst und Natur. Bei solch enzyklopädisch anspruchsvoller Ansammlung von einschlägigen Materialien scheint mir die Dynamik, mit der sich gerade DISP 138 unglaubliche Umwälzungen in der aktuellen Kunstproduktion vollziehen, angesichts einer neuen Wahrnehmung des Mikro- und Makrokosmos, der Geobotanik, der Biogenetik, der Quantenmechanik, nicht richtig gewichtet zu sein. Die ganzseitigen Anzeigen zu der New Yorker, danach der Mailänder Ausstellung «Licht» von Helmut Schober in den zwei «Kunstforum»-Bänden geben eher eine Vorstellung, wohin die gemeinsame Reise von Kunst und Natur gehen könnte und wie sich aus der Naturanschauung gewonnene künstlerische Energie in Zukunft umsetzen könnte (vgl. auch die Ausstellungskataloge «Helmut Schober, Licht», erschienen bei Electa, Mailand 1998, und «perpetuus transitus – Bilder von Helmut Schober», erschienen bei Prestel, München/New York 1997). Ich stimme der über den beiden Bänden des «Kunstforums» schwebenden These einer Entwicklungslinie «Land Art der 60er Jahre – Naturkunst der 70er und 80er Jahre – Plant Art der 90er Jahre» nicht zu, ohne den wichtigen Stellenwert von Plant Art bezweifeln zu wollen, wenn es um das Gesamtthema Natur/Landschaft/Gärten geht. Die für Oktober 1999 angekündigte Buchausgabe «trans PLANT – Lebende Vegetation in der zeitgenössischen Kunst» in der Herausgeberschaft von Barbara Nemitz beim Hatje Cantz Verlag ist dann ja auch der vielleicht besser geeignete Rahmen, mit vermutlich ähnlichem Material wie die von ihr betreuten Teile der «Kunstforum»-Bände «Das Gartenarchiv» und «Künstler als Gärtner». Die neuen Impulse in der Naturkunst kommen jedoch aus einem Bereich, der bei weitem noch nicht ausgeschöpft ist, sondern erst an seinen Anfängen steht, wie oben ausgeführt: aus dem Zusammenwirken zwischen Künstlern, Ingenieuren, Landschaftsarchitekten, Wissenschaftlern, kurz: Künstlern und Experten. Der Künstler der Zukunft wird ein «Experte der Zukunft» sein, nämlich einer, dessen Intuition nur wirksam wird, wenn er sie den Experten der Gegenwart (die ihr empirisches Handeln ja aus den Erkenntnissen der Vergangenheit beziehen) zur Verfügung stellt. Nur in solchem Zusammenspiel ist es denkbar, die schier unlösbaren Heraus- forderungen auf dieser Erde einzulösen, wie die Rettung der Natur durch weitläufigen Rückbau ausgebeuteter Landschaften und die neue millionenfache Gestaltung und Nutzung von ökologisch wie ästhetisch nützlichen Gärten in den Ländern der ersten, zweiten und dritten Welt. Hoffen wir, dass die kommende Weltausstellung EXPO 2000 Hannover die Chance ihres Themas zu nutzen weiss und für die neu zu schmiedende Allianz «Mensch–Natur–Technik» Modelle aufzeigt, die das gemeinsame und gleichzeitige Handeln aller mit der Natur befassten Experten in tägliche Praxis übersetzen kann. Mein Dank an die beiden Berliner Künstler Kai Vöckler und Karsten Wittke. Im Verlauf der Zusammenarbeit mit ihnen entstanden Ideen und Formulierungen, von denen einige in diesem Text referiert sind. Anmerkung [1] Helen Mayer Harrison und Newton Harrison und Harrison Studio, Future Garden, Teil 1: Die gefährdeten Wiesen Europas. Publikation zur Ausstellung der Kunst- und Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland, Eröffnung: 5.6.1996, Seite 8 und 9. 19 1999 DISP 138 20 1999 Andreas Kipar Unterwegs zwischen Stadt und Land auf der Suche nach den neuen Orten Movement and flexibility are characteristics of the modern (modern?) communication society. Open spaces are the medium of societies’ manifold activites. In the city, the synonym of everlasting movement, perception of space and communication is more fragmentary and selective. The best quality of life will more and more be concentrated in the historical centres. At the same time, the urban fringes are evolving into localities of ‘’planned informality’’. Urban experts, including architects, theorise about this system of ‘’informality’’ using the catch phrase ‘’Zwischenstadt’’ – neither land nor city – as products of the modern/post-modern urban expansion. Landscape architects are fond of talking about city landscapes. The industrial area of the northern outskirts of Milan has such special places, only Abb. 1: Centro storico und die geordnete Natur known by a few. To create new central localities, the re-invention and revitalisation of the city’s everyday life has to be promoted. Grand well-known companies like Falck, Pirelli, Breda etc. have found in North Milan their ideal location. Since the mid1930’s, creation of a large scale industrial area to the north of the city has evolved into the strategically important Milan-Monza access. With their extensive infrastructure, these industrial areas are today the places which may create the structural change in which the search for innovative quality establishes the potential environment of the overall urban structure. The North Milan Park represents a good example of a statutorily preserved landscape. Bewegung, Mobilität und Flexibilität sind Merkmale der modernen Kommunikationsgesellschaft. Der Raum, gleich ob umbaut oder frei, ist das Medium unserer vielfältigen Aktivitäten. Die Sequenz der Räume, die proportional zur Geschwindigkeit des gewähl- ten Beförderungsmittels wahrgenommen werden, bestimmen Erinnerungen, Handlungen und Abläufe des alltäglichen Lebens. Die Zugfahrt im Rheintal, das Autofahren auf dem Lande, die Fahrradtour in der Landschaft, das Wandern in den Wäldern, das Laufen im Park, das Wandeln in den Gärten. Jede Räumliche Einheit, will sie wahrgenommen werden, verlangt ihre eigenen Kommunikationspfade. In der Stadt, Synonym der immerwährenden Bewegung, erfolgt die Wahrnehmung der Räume und Kommunikation eher fragmentarisch und notgedrungen selektiv. Aufenthaltsqualität wird zunehmend in der historischen Mitte formuliert. In Mailand ist es der Domplatz, die Galleria und die Scala. Charakterisierende Stadtplätze, Einkaufsgalerien, Flanieralleen, herausragende Architekturen, Parks und Gärten stehen stellvertretend für das Gesamtbild einer Stadt. Unterdessen verfallen die Peripherien zu Orten des planerischen Zufalls. Die Verfügbarkeit und Aneignung der sogenannten Nicht-Orte infrastuktureller Restflächen, Industriebrachen, Baulücken etc.) kommt nur schleppend in Gang und benötigt oftmals besondere Pro- gramme und Anstrengungen (siehe IBAEmscherpark), die einzelne Städte kaum aufzubringen vermögen. Stadtplaner und Architekten theoretisieren dieses System der Zufälligkeit unter dem Oberbegriff der Zwischenstadt – weder Land noch Stadt, ein Produkt der modernen und postmodernen Expansion. Landschaftsarchitekten reden hingegen gerne über Stadtlandschaften, ein legitimer Versuch, sich dem Phänomen der Stadt, ihren Rhythmen, Eigenarten und Gesetzen über das eher vertraute Medium Landschaft anzunähern. Nicht, dass Landschaftsarchitekten stadtfeindlich wären, im Gegenteil, ist es doch die Stadt mit ihren immerwährenden Aktivitäten, die den Berufsstand nährt und erhält. In Lehre und Ausbildung ist die Stadt und die ihr zugeordneten Architekturensemble – wenn überhaupt – nur ein zweitrangiges Thema. Dieter Kienast hat in seiner Lehre und in seinen Werken ganz bewusst den Umgang mit urbaner Natur im Spannungsfeld der landschaftsarchitektonischen Gestaltung städtischer und ländlicher Räume aufgezeigt. Im Rahmen einer seiner Italienreisen trafen wir vor ein paar Jahren in Mailand zusammen. DISP 138 Abb. 2: Mailand – Metropolenentwicklung (1888–1990) Abb. 3: Stadt und Umland Im Anschluss an die Projektbegehungen, vorwiegend im Mailänder Norden, ging es um die Diskussion um den Wandel und die Wahrnehmung von Stadtlandschaften. Das Entstehen von Landschaften hat etwas mit der zeitlichen Dimension zu tun, mit der Poesie des Ortes und der Phantasie des Beobachters, der sie formt, entdeckt, beschreibt und in seinen Erzählungen an andere weitergibt. Die «Gastgeber-Aktion» im Ruhrgebiet ist z. B. eine gelungene Idee, den oftmals Jahrzehnte währenden Prozess des Kennenlernens zu beschleunigen und Industrielandschaft im Schnelldurchgang ein verändertes Selbstverständnis zu vermitteln, welches Interesse im In- und Ausland weckt. Die Region kommt ins Gespräch und wird zu einer Attraktion für Reisende. Das Entdecken besonderer Orte im eigenen Stadtalltag ist dabei um so schwieriger. Die «Orte der Erinnerung» aus der eigenen Kindheit sind oftmals überbaut oder entformt, die Suche nach dem verlorenen Raum mit Barrieren und Hindernissen verstellt, neue Räume nur für Insider oder Eingeweihte erreichbar. Dabei ist es die Summe vieler kleiner Räume, geprägt durch ihre ortsspezifischen Eigenarten und Sonderbarkeiten, die die Qualität einer Stadt nicht nur in der Peripherie mitbestimmt. Die Mailänder Peripherie im industriell geprägten Norden verfügt über viele dieser besonderen Orte, die nur wenige kennen; das Entstehen neuer zentraler Orte fördert ihre Wiederentdeckung und Aufwertung im städtischen Alltag. Seit Mitte der 30er Jahre zeichnete sich auf der strategisch wichtigen Entwicklungsachse Mailand–Monza die Entstehung eines industriellen Ballungsraumes im Norden der Stadt ab. Dabei spielte das Zusammenwachsen mit den benachbarten Mittelstädten Sesto San Giovanni, Cinisello Balsamo und Cologno Monzese eine wichtige Rolle. Bedeutende lombardische Industrieunternehmen wie Falck, Pirelli, Breda fanden hier ihren idealen Standort. Mit ihren flächenintensiven Fabrikanlagen produzierten sie Industrielandschaften, auf denen sich heute der Strukturwandel vollzieht und die Suche nach innovativen Qualitäten einer Stadtlandschaft 21 1999 DISP 138 22 1999 Abb. 4: Masterplanung Parco Nord in Milano. Entwurfsverfasser: Arch. Francesco Borella mit Andreas Kipar, Landschaftsarchitekt das Entwicklungspotential des Gesamtraums bestimmt. Ansätze dazu bietet in einer sehr anschaulichen Form der «Parco Nord di Milano», eine landesgesetzlich gesicherte Restlandschaft, die gegen Ende der 60er Jahre dem drohenden Zugriff der masslosen Bodenspekulationen entzogen wurde. Die sich auf 600 ha Fläche entwickelnde städtische Parklandschaft ist in den Blickpunkt der Stadt Mailand und weiterer fünf Randgemeinden gerückt. Stadtränder und Verkehrsbänder, Industrie- und Landwirtschaftsbrachen, Schule, Friedhof, Kläranlage, monumentale Villenkomplexe vergangener Zeiten und ein Sportflughafen bilden die eigentliche Kulisse der Freirauminsel inmitten des bebauten Stadtraums. Die Idee des Mailänder Nordparkes geht bis auf das Jahr 1967 zurück. Im Entwurf eines ersten Freiflächenplans des Mailänder Kommunalverbandes wird auf die dringende Notwendigkeit einer «grünen Lunge» im stark zersiedelten Norden hingewiesen. Drei Jahre später organisiert sich ein kommunaler Parkverband, dem neben der Stadt Mailand und dem Regierungsbezirk die Städte Bresso, Cinisello Balsamo, Cormano, Cusano Milanino und Sesto San Giovanni angehören. 1973 wird ein kommunaler Parkverband als autonome Verwaltung tätig, und weitere 10 Jahre vergehen, bevor eine, wenn auch nur symbolische, Baumpflanzung starten kann. 1983 werden die entscheidenden Weichen zur Realisierung des Parkes gestellt. Einzelne Baulose werden jedes Jahr für kleinere, verfügbare Parzellen verabschiedet. Einfache Aufforstungen werden durch Baumreihen, -gruppen und Einzelbäume ergänzt. Nach Jahren der Erwartung wird das Machbare eingeleitet und in ein grossmassstäbliches Planwerk eingebaut. Der Entwurf versteht sich als offener Prozess, ein «Work in progress», mit einem städtebaulichen und landschaftsarchitektonischen Ansatz. Als Metropolenpark ist er ein wichtiges Teilstück des übergeordneten Grüngürtelsystems des Grossraums Mailand. Die unerwartet weit ausdehnende grosse Freifläche, umgeben von der Dichte der verbauten Peripherie, sind bereits als Eigenwert zu verzeichnen. Grosszügige Grünverbindungen in Form von Alleen, Feldwegen oder einfacher Abfolge neuer Freiräume ersetzen Strassen und Plätze und verbinden in alternativer Form das Stadtgefüge. Kilometerlange Rad- und Wegenetze werden bereits heute als beliebte Alternative zum überlasteten Strassennetz genutzt. Die Linienführung des Entwurfs setzt sich ganz bewusst mit der umgebenden Stadtlandschaft auseinander. Weitläufige Achsen strukturieren den Park und versuchen sich als Ordnungselemente im städtebaulichen Verständnis. Sie gliedern, gestalten Hierarchien und regeln die Beziehung zwischen innen und aussen. Ein offener Rand steht im Kontrast zur städtischen Kante, der Übergang in die Parkwelt erfolgt graduell. Modell für diese andere Welt stand die lombardische Agrarlandschaft. Sie ist charakterisiert durch eine kleinteilige Parzellierung, die in einen grossmassstäblichen Bezug eingebettet ist. Eine Vielzahl unterschiedlicher Räume stehen den Bedürfnissen der Nutzer flexibel zur Verfügung. Wiesen, Felder, Lichtungen und Wälder stellen das Freizeitangebot dar und sind heute Bestandteil der umgebenden Stadt. Die grüne städtebauliche Oase wird zunehmend auch von den Anliegern wahrgenommen und in die eigenen Konzepte der Folgenutzung eingebaut. Die in der Realisation weit vorangeschrittene Technocity Bicocca, die Umnutzungen des ehemaligen Reifenwerks von Pirelli, wird sich direkt mit einem Brückenbauwerk an den Nordpark anbinden. Auf dem Pirelli-Gelände hat sich bereits die dritte Mailänder Universität etabliert. Hauptverwaltungen grosser europäischer Dienstleister folgen und die ersten privaten Wohnungen konnten an die neuen Eigentümer übergeben werden. Die kleine Stahlstadt Sesto San Giovanni hingegen wagt mehr als einen kompromisierenden Brückenschlag. In DISP 138 Abb. 5: Peripherie, Synonym der Nicht-Orte Abb. 6: Eroberung einer neuen Natur Abb. 7: Wege durch die neue Natur Abb. 8: Ort der neuen Natur Abb. 9: Parklandschaft in der Mailänder Peripherie ihren Strukturplänen greift sie direkt den Parkgedanken in den unterschiedlichsten Varianten auf. Die Nachnutzung der zentralen Stahlbrache Falck, im Herzen der Stadt gelegen, wurde vor kurzem mittels eines internationalen Ideenwettbewerbs entschieden. Aufgabenstellung war die Vision, ein grünes Herz in Form eines zentralen Parks zu realisieren. Vor der eigentlichen Nachnutzung, die eine Mixtur von Wohnen, Produktion, Dienstleistung und Freizeit darstellen soll, soll der Park entwickelt werden. In der Bandbreite der Ergebnisse besticht der Preisträger (Gruppe Paola Viganò) durch einen besonderen Ansatz. Das Projekt zeichnet sich durch eine ungewöhnliche Interpretation des Umgangs mit der Fläche und der Entwicklung aus: nicht ein abschliessendes Bild, sondern der Prozess ist hier der Entwurf. Insbesondere wurde die Jury davon überzeugt, dass die Prinzipien des zuvor erstellten Grünordnungsplans weitgehend beachtet wurden und so die Gültigkeit dieses Planwerks bestätigt werden konnte. In Paola Viganòs Entwurf werden die Entwicklungsstufen des Parks sichtbar. Trotz der Offenheit des Vorschlags legte die Gruppe Wert auf klare Formen und deutliche Anknüpfungspunkte. Der Entwurf beruht auf der Herausarbeitung eines grünen Rückgrats entlang ehemaliger Werkgleise. Dieses Rückgrat ist Bindeglied zwischen Orten und Dingen, welche voneinander entfernt und somit getrennt sind. Die vorgeschlagenen Nutzungen sollen lediglich Zeichen setzen und kollektiv sein, Raum für Alltägliches bieten und nicht nur isolierten Ereignissen Platz bieten. Insgesamt hat der Park zunächst eine minimale Ausstrahlung mit Ruhepunkten: die alltägliche Erlebbarkeit findet in wiedergenutzten Gebäuden statt und die durch Anpflanzungen aufgewertet werden. Der Entwurf zeigt weiterhin eine neue Parzellierung des gesamten Raumes, so dass Parkbausteine für hochwertiges Wohnen, Arbeiten und für Freiräume sichtbar werden, welche eine Schritt-für-Schritt-Entwicklung möglich machen. Das Projekt des Erstplazierten versteht sich somit als Rahmen für die Entwicklung des Parks nach zeitlichen Bedürfnissen und finanziellen Ressourcen 23 1999 und vernachlässigt keineswegs die Anforderung, Verknüpfungen herzustellen, so dass ein flexibles Gerüst entsteht. Das Verhältnis zwischen Landschaftsarchitektur und Stadtplanung wird hier neu definiert. Nicht auf getrennten Wegen, sondern mit geeinten Kräften entstehen authentische Orte, in denen Ästhetik, Sinnlichkeit und Poesie den Alltag und die Lebensumwelt mitbestimmen. Das Lebenswerk Dieter Kienasts bleibt uns dabei als gutes Beispiel. DISP 138 24 1999 Maria Auböck, János Kárász Thermenpark Blumau – Versuch über die Transformation eines Ortes A small rural settlement in Styria, Austria, with little economic development so far has been chosen as a location for a new spa. It attracts visitors from all over Austria, even Europe and overseas. In consequence there was need to create a new landscape to connect the spa with the village: A new kind of park-concept became a key element for the development of this small commune. The planning work contains very different scales: based on a landscape plan there was developed a detailed park design and an unusual type of building development plan. Vorbemerkungen Zur Lage der Landschaftsplanung in Österreich muss man feststellen, dass hier die grossen thematischen Spannungsfelder Tourismus und Landwirtschaft gravierenden Änderungen unterliegen. Dies liefert der Landschaftsplanung neue, unerwartete Aufgabengebiete. Wir meinen, dass hier die Handschrift des Landschaftsarchitekten Chancen bietet, unter Berücksichtigung regionaler Bezüge zur Entstehung neuer, markanter Orte beizutragen. mähliche, langsame, aber durchaus dauerhafte ökonomische und soziale Veränderungen im Landschaftsbild oft nur zeitverschoben abzulesen sind. Die agrarischen Operationen waren hierorts nicht so tiefgreifend wie in wohlhabenderen Gegenden: Die Geometrie der Nachkriegsingenieurlogik hat die Geographie der Landschaft von Blumau, wie sie sich in den 50er Jahren dargestellt haben mag, bloss zur Kenntlichkeit verändert. Über Nacht kam der grosse Investor. Einer der wenigen, auch im Tourismus international agierenden Bauunternehmer Österreichs entschied sich für Blumau als Standort für einen neuen Thermenhotelkomplex. Dieser bildet das jüngste Glied einer Kette von ähnlichen thermalen Einrichtungen in der Region. Die Erlebnistherme, deren Grundstücke für ein Spottgeld von den örtlichen Grundbesitzern erworben wurden, ist von dem Künstler Friedensreich Hundertwasser geplant worden. Das wiederum steigert ihren Wert über den eigentlichen Zweck hinaus: Denn das für diesen Maler charakteristische Erscheinungsbild der teilweise in den Hang eingebauten Objekte bietet eine Projektionsfläche für Sehnsüchte und unerfüllte Hoffnungen von Besuchern aus dem Inund Ausland (und zwar quer durch verschiedene soziale Schichten und Milieus), wie sie eine zeitgenössische Unerwartete Beschleunigung Es war ein verschlafener Ort in der Oststeiermark: 350 Einwohner, kaum Arbeitsplätze, landwirtschaftlich bestelltes Gebiet, überwiegend Nebenerwerbsbauern. Unauffällige Selbstverständlichkeit kennzeichnete das kleine Dorf: zwischen einem in jüngerer Zeit regulierten schmalen Fluss, dem Safenbach, und dem ansteigenden Gelände zum Wald hin gelegen. Die Fluren im breiten Talboden am anderen Ufer sind noch weitgehend unbebaut. Deren zum Dorf hin gerichtete Ränder indes verfügen bereits über Flächenwidmungen (Erholungsgebiet), die Veränderungen auch baulicher Art ermöglichen. Eine vorläufig noch «intakte Landschaft», könnte man – gängigen Vorurteilen folgend – meinen: eine Vorstellung, die sich bloss einstellt, weil all- Abb. 1: Ortsbild Blumau Architektur in der Regel nicht zu vermitteln vermag. So wurde Blumau gleichsam über Nacht zu einem «Global Player», zum Beispiel erfolgte die weltweit erstmalige Präsentation eines neuen Automodells von General Motors 1998 in der im Jahr zuvor eröffneten Blumauer Hundertwassertherme. 600 Hotelbetten, 180 000 Nächtigungen, 150 000 Tagesbesucher, 300 Arbeitsplätze sind die bemerkenswerten Kennzahlen der explosionsartigen Entwicklung. Erwartungen an eine Landschaft Die Therme, eingeschlagen wie ein Komet, liegt etwa 500 m vom Dorfrand Blumaus entfernt. Die Gemeinde war von Anfang an bemüht, möglichst viele der Thermengäste auch ins Dorf zu bringen. Derartige Einrichtungen funktionieren international als nach aussen hin geschlossene (nur mit relativ hohen Eintrittspreisen zu betretende) Areale, die dem Besucher ein möglichst umfassendes Erlebnisprogramm bereitstellen. Seitens der Gemeinde war man hingegen bestrebt, eine wirkungsvolle Verknüpfung zwischen Therme und Dorf herzustellen. Dafür bot sich – aus der Sicht der Gemeinde – das klassische Format des Thermenparks an, wofür DISP 138 bald entsprechende Vorkehrungen in Form erforderlicher Flächenwidmungen und des Erwerbs der in Frage kommenden Flächen getroffen wurden. Das Vorhandensein eines Thermenparks bildet (in der Steiermark) eine Voraussetzung für die Einhebung einer Kurtaxe und somit für die Lukrierung von zusätzlichen Einnahmen für das Gemeinwesen. Dieser Park soll die Gäste gleichsam ins Dorf hineinziehen, ihnen einen reizvollen Aufenthaltsort auch ausserhalb der Therme eröffnen. Dahinter steht auch die Erwartung, dieses Stück Landschaft würde seinerseits wirtschaftliche Impulse für bereits vorhandene und künftig neu entstehende gastgewerbliche und andere touristische Dienstleistungsbetriebe schaffen oder begünstigen. Im Oszillieren der Massstäbe Eine Planungs- und Gestaltungsaufgabe in einer derartig aussergewöhnlichen Situation, aufgeladen mit derart hochgeschraubten Erwartungen, stellt eine nicht eben leichte Herausforderung dar. Die Gemeinde Blumau (zu einem Drittel) und das Bundesland Steiermark (zu zwei Dritteln) treten als Auftraggeber auf: die Gemeinde mit den dargestellten Erwartungshaltungen, das Land mit stärker ordnungspolitischen Vorstellungen. Letztere beziehen sich einerseits auf neue Strategien für das Baugeschehen innerhalb der Widmungsfläche Erholungsgebiet; andererseits auf Aspekte übergeordneter Landschaftsplanung zwischen Blumau und den benachbarten Dörfern innerhalb der Grossgemeinde. Stehen für die Gemeinde eine möglichst bald sichtbare und (im geschilderten Sinne) wirksame Landschaftsgestaltung im Vordergrund des Interesses, so ist dem Land Steiermark (Abteilung örtliche Raumplanung) eher an der Schaffung und Sicherung eines längerfristig tragfähigen Landschaftsgerüsts sowie der Entwicklung (und experimentellen Erprobung) eines variablen Reaktionsrepertoires angesichts der gewaltigen Veränderungen vor Ort gelegen. Mögen Umstände und Dimension der Transformation Blumaus einmalig sein, ihre strukturelle Charakteristik ist es kei- 25 1999 Grundgerüst Abb. 2: Neu angelegter Grundwasserteich Der Safenbach – die östliche Grenze der bisherigen Bebauung in der Ortschaft Blumau – bildet das eigentliche Rückgrat des benachbarten, an der westlichen Flussseite gelegenen Thermenparks. Entlang des Flusses führt der Hauptgehweg des Parks; östlich der Safen wurde durch sieben Baumriegel eine räumliche Grunddisposition entwickelt. Diese versetzt gepflanzten, gleichsam «tanzenden Baumstreifen» aus standortgerechten Gehölzen folgen im wesentlichen der Flurteilung bzw. Abb. 3: Bucht entlang der Safen, vor der Pflanzung neswegs. Das Hereinbrechen der Erlebnis- und Ereigniskultur in einen bis dahin völlig konträren sozialen und wirtschaftlichen Kontext des ländlichen Raumes trägt durchaus verallgemeinerbare Züge: Vor Ort neue Formen und Ausmasse der kommerziellen Verwertbarkeit von Land und damit Landschaft schaffen zwangsläufig neue Perspektiven der Entwicklung, stellen neue Fragen an Planung und Gestaltung. Unser Aufgabenbereich umfasst planerische und gestalterische Interventionen wie die vorausgehende Planung der Landschaft des sogenannten Thermenparks (13 ha), sodann eine Bebauungsplanung für Teilbereiche desselben (Erholungsgebiet), des weiteren Bebauungsstudien für bestimmte Nutzungen in Randzonen innerhalb und ausserhalb des Thermenparks (Radhotel, Reitzentrum) und reicht bis zu der Pflanzplanung der Parkflächen und dem Entwurf von zwei Brücken über die Safe und dem Design von Sitz- und Liegemöbeln. Die diesen so unterschiedlichen Aufgaben zugrunde liegende gemeinsame Fragestellung betrifft die «Suche nach dem Unprätentiösen» angesichts der riesigen Umwälzungen vor Ort: Wie soll, wie kann das Selbstverständliche in Blumau künftig aussehen, welche Möglichkeiten und Erfordernisse ergeben sich daraus für Landschaftsgestaltung und Architektur? Inwieweit stellen die vorhandenen Planungsinstrumente (z. B. die Bebauungsplanung) brauchbare Anleitungen bereit oder bedürfen einer experimentellen Weiterentwicklung. Abb. 4: Nördliche Brücke über die Safe Abb. 5: Südliche Brücke über die Safe Abb. 6: Kollektion Parkliegen DISP 138 wickelt, das verschiedene Wirkungen von Tiefe und Weite in der Parkanlage entstehen lässt. Das zweite prägende Element des Grundgerüsts bilden Obsthaine (Mostäpfel, Mostbirnen), welche das Weichbild des Thermenparks insbesondere in den für eine zurückhaltende bauliche Nutzung (E+1) vorgesehenen Randbereichen akzentuieren. Sie markieren selbstverständliche Übergänge nach aussen wie nach innen. Die als Folge der Therme notwendig gewordene neue Ortszufahrt mit Brücke über der Safen (angebunden an die eigens errichtete Umfahrungsstrasse) durchschneidet das Areal. Der Umgang mit diesem Tatbestand fügt sich in die Parkgrammatik. Dieses Trennungselement wird nicht kaschiert, sondern in das Gesamtkonzept integriert. Die viel zu steile Böschung des zur Brücke führenden Strassenbauwerks (eine typische verkehrsingenieurtechnische Massnahme ohne zwingende Begründung) wird deutlich entschärft, der Thermenpark gleichsam über die Strasse gezogen: Auf der einen Seite wird die Brückenanfahrt von einem der Baumriegel begleitet, auf der anderen Seite ziehen sich die Obstbäume den ansteigenden Hang bis zur Strasse hinauf. Einlagerungen Plan: Lageplan Parkentwurf brechen diese mitunter bewusst. Sie schaffen eine durchlässige Kammerung des Areals, die nicht zu streng angelegt ist und reizvolle Blickbezüge offenlässt. Dadurch, dass diese Baumstreifen mal näher, mal entfernter von der Safen ansetzen, wird ein Raumgefüge ent- Wir waren um eine Haltung bestrebt, welche den Park aus der Überlagerung mehrerer (teils widersprüchlicher) Layer entstehen lässt, also um eine Vorgangsweise, die für die aktuelle Transformation Blumaus charakteristisch ist: Keineswegs sollte und konnte ein Thermenpark im traditionellen Sinne (mit Rosarium und Kieswegen) entstehen. Das zunächst geschilderte Grundgerüst bildet den vertrauten, sich auf die Geschichte und Tradition der Region beziehenden Layer des unaufgeregt Normalen, eben in einer variierten, für die Aufgabenstellung weiterentwickelten Ausformung. Den zweiten Layer bilden die Einlagerungen aus dem Assoziationspotential Park: ein grosser Grundwasserteich mit reichhaltig bepflanzten Flachwasserzonen, eine durch Steinsetzungen markante Bucht am Safenbach sowie Solitärpflanzungen exotischer 26 1999 Gehölze. Zum dritten Layer gehören jene Interventionen, die aus der Landwirtschaft vertraute Pflanzungen (Obst, diverse Feldfrüchte) in verfremdeter Form aufnehmen: etwa die an gespaltenen Akazienstämmen hochgezogenen Weinspaliere, die als Raumteiler, Paravents gleich, im Park eingesetzt werden; oder wie Wildstaudenflächen eingesetzte Ansaaten von Raps, Sonnenblumen, Phacelia und Lythrum. Bauinseln Im südlichen Teil des Thermenparks galt es für ein Gebiet mit der Flächenwidmung «Erholungsgebiet» einen Bebauungsplan zu entwickeln. Die seltene Chance für eine innovative Vorgangsweise ergab sich aus dem Umstand, dass hier der Landschaftsentwurf der angedachten Bebauungsweise voranging (und nicht umgekehrt). Auf Basis des (oben erläuterten) Gundgerüstes des Thermenparks wurde – in Abstimmung mit den fünf Grundeigentümern – im südlichen Teil des Parks ein 35 m tiefer Streifen entlang der Safen festgelegt, der nicht bebaut werden darf und ein allgemein zugänglicher Teil bleiben muss. Östlich davon wurden für die einzelnen Parzellen 2–3 sogenannte Bauinseln mit einer Fläche von jeweils 32x24 m definiert. Diese können nach bestimmten Spielregeln höchstens zur Hälfte überbaut werden, wobei diese Widmungsform bloss touristische Nutzungen (Pensionen, Buschenschanken, eventuell in Kombination mit integrierten Einfamilienhauswohnformen) zulässt. Die Bautiefe kann maximal 10 m, bevorzugt 8 m betragen. Die höchstzulässige Gebäudehöhe wurde (anders als in Österreich üblich) nicht mit dem Traufenpunkt, sondern dem Firstpunkt festgelegt (6,7 m); im Geltungsbereich sind keine Zäune gestattet. Die mögliche Bebauungsdichte liegt weit unter der im Flächenwidmungsplan ursprünglich vorgesehenen Kennzahl. Diese Festlegung wurde auf dem Hintergrund eines allseits akzeptierten Landschaftsentwurfes unter Berücksichtigung der tatsächlich angestrebten Ausbauvorstellungen der Parzelleneigentümer entwickelt. DISP 138 27 1999 Steen A. B. Hoyer Architectonical Planning – or how to make space and landscape into architecture – and reverse This article is dedicated especially to Dieter Kienast. The idea of the article is a theoretical chapter – as a charter –, an integrated architectonic landscape and town-planning model with focus upon Denmark. A model seen as a tool, or process, more like a design. The two examples are made to illustrate some of the general ideas. Project 21 The Project’s Starting Point In planning, in the development of housing and in construction, the architectural images reflect the organisation of society. Therefore, the architectural images change in time with the changes of society. Any change in images is a result of rational changes in production, combined with theories and ideas describing the overall reasons and characteristics of the development. The development of the cultural landscape, the landscape of the town, the spatial plan of the town and the architecture of buildings are results of these changes in conditions. The transformation of the townscape and the aesthetical norms are found only in the artistic praxis interpreting the changes in technology, science and organizational structures. The Image of the Project Cause and effect In the 20th century the belief in science was unlimited and the emblem became a dynamic, horizontal pattern – globally and homogeneously. Culture was in contrast to and in conflict with the concept of nature. Today science is experienced in relation to – among other things – random process and nature. Universal knowledge is substituted by specific knowledge. The emblem is delimited vertically and composed at random. The concepts of culture and nature are interlaced. Space technology is contributing decisively to this development, and – in fact – viewed from space, the earth is a fragile embryo. In the light of local and global measurings, environmental conscious- ness becomes society's common objective. The floating space of landscape and its temporary elements becomes the emblem of the concepts of culture and nature. The ecological issue and the consumption of resources become dominant factors. The metabolism of society is minimized at the same time as energy and waste depositing are becoming active urban elements. Solar cell panels and solar collectors together can cover 33% of the electricity/heating consumption. Biomass from energy forests and energy crops will cover 75% of the heating consumption. Off-shore windmill aggregations cover about 50% of the electricity consumption (Energy Plan 21 from the Ministry for the Environment). The plan's time frame is 30 to 50 years. Society will change from a purely mechanical technology into an IT-based technology. Physically speaking, the localization becomes independent, because the transport of raw materials becomes something secondary as environmental, everyday aspects become the essential things. Summary The most important social changes is the change in attitude to issues of environment and resources and the development of information technology, seen in continuation of the welfare model of modernism. Wind and sunlight will cover the electricity consumption, biomass, geothermal heat and sunlight together will be able to cover the demand for heating. Therefore the structure of energy and resources, settlement and work becomes the main key to the development of the architectural images at all levels – when focussing on integration and decentralization. And so the architectural strategy of planning changes from being directly controlled by its physical contents to being defined indirectly by its space and the resistance offered by the space of landscape. Those dimensions are not absolute, but have to be defined politically and architecturally. The IT-product is new knowledge, not goods – its na- ture and expression do not create images and forms like the mechanical technology did. In Denmark knowledge and soil are the most plentiful resources. Knowledge ought to be the main article. The Project in Practice • The country as a whole is looked upon as an urbanized landscape. The legislation for urban and rural areas is modified. The localization of production is decided upon considering a minimization of environmental impact, locally and as to transport. • All projects contain a plan for energy, transformation and dismantling, based upon an energy supply containing 20% renewable energy. • Functional zoning is not needed and production, habitation, recreation service and depositing are fused. Fusion and contrast of scale become the key concepts. • The effect of the integration of functions and the elusive flows of energy of the IT technology is that the architectural control has to be indirect, as the borders are defined by the outside world, by landscape wedges, corridors, plates and walls, and cannot be controlled directly by constructions void of images. Defining the space becomes the key in all scales, and the precision and resistance of the space become decisively important. • Locally, areas open to the public must constitute 75% of open space in the plan – areas for transport use not included. This ensures an individual understanding of society and a spatial and recreational local quality. • The environmental impact from the transportation net will decide the utilization prospects of the plan. The noise and pollution factor is defined, and projects may be developed or closed down according to EIA principles. • The built-up areas will be more anonymous, simple and flexible, and will be identified by changing logos. This situation will have as a result that the space of landscape will create the characterization, a role formerly played by the object being a 'landmark'. Focus will be on traffical junctions. The building mate- DISP 138 28 1999 Fig. 1.1, Industrial and service area, Copenhagen Fig. 1.2, Homogeneous surface and woods, work in progress Fig. 1.3, Woods and open areas, work in progress Fig. 1.4, Woods and forest in progress rials must be manufactured locally. The costs of running and maintaining the building must not amount to more than 10% of the costs of the building. The Project’s Consequences The culture landscape will change in the direction of a more collage-like, urban landscape in which biomass and other methods of energy production will be dominant spatial elements in a mainly ecological agricultural landscape. The expanse of the surface and the precise borders/walls will still be dominant on account of the spatial architectural control and the built-in contrast of scal, – but – due to the new principles of urbanization and the reorganisation of agriculture – in a far more flexible and complex space. The temporary and flowing space will result in layers/plates – crevices/settlements – wedges and anchors becoming architectural key concepts for reading the spatial expression, because they clarify the conditions of organisation in the global dynamic. The urbanization will have various expressions. 1) Town extension, 2) town dilution, 3) town condensation, 4) town innovation and 5) town transformation will occur simultaneously. 1) Extension seen in relation to the country as a whole, 2) dilution seen in relation to older urban areas, 3) condensation seen in relation to the suburb, 4) innovation seen in relation to one-sided, heavily strained areas and 5) transformation seen in relation to the reorganisation of functions. Example 1 Industrial Area in Glostrup, Copenhagen The homogeneous surface with boxes is the point of departure – and the idea of a doubleness in relation to the organic and the inorganic space. This thought must be understood in relation to society's idea of knowledge and the fact that culture may be regarded as part of the concept of nature. Spatially inter- preted this may be expressed through vertical elements of complex organic and inorganic nature in different mutual relationships. Example 2 Deposit Landscapes in Reclaimed Areas Lolland, Denmark ”The Play” 1. Here this line of thought is applied to a process immediately calling for supplementary vegetation on a number of building containers in their own plan logic. 2. As the firms move out, the buildings are taken over gradually by the forest and their plan pattern is used in a system of plantations. At some time, the whole area will have been converted – even though from the time the plan is coming into force, we consider the whole industrial area a forestlike park. The plantations may consist of almost all sorts, from larch, birch and European aspen to lime, chestnut, thuja, spruce and cherry – but only one sort in each plantation area. The strategy is about creating an entity from industry, park and forest, seen at any given time – and to create a development which is not one-dimensional linear, but contains a process and a balance continually forming new changing entities – again and again. The sky, the soft light and the mist are strong impressions in this open horizontal landscape. The question to answer was how to handle X-million cubic meters of earth in a time span of X years, so the project was always finished – as a process and not a design. The motives became: A) the historical creation of the landscape with the relative levels of surfaces, and B) the floating of time and material, the slow process. From drawings on the motives, a special language is created for the project. All the elements of earth have the same horizontal level, with its own collage of lake and water landscapes. One new landscape surface, among other artificial or natural landscape levels. One new landscape surface of the past, the future or the present. With woods of energy, solar cells, lakes and waterlilies. The motives of water landscapes on the elevated surfaces are an experience and a contrast made possible by use of DISP 138 29 Image 2.1, Area of resources and deposits, Lolland, Denmark Image 2.2, Floating design motives Image 2.3, Examples Image 2.4, Section. Layers of landscape levels and horizons the local bentonite, the source of the whole project. The water, the light and the floating and relative landscape used as motives in a new artificial landscape surface of contrast, collage and energy. 1999 DISP 138 30 1999 Han Lörzing Landscape Architecture and Landscape Planning: Friends or Foes? If you like caricatures, consider these two: one is the landscape architect as a heavenly inspired artist; the other is the regional planner as the single-minded technician. There seem to be people who believe there is some truth in both. Personally, I don't think so. In my career I met all kinds of designers and planners and none of them lived up to these caricatures. Designers turned out to be practical thinkers with an open eye for the feasible, while planners had at least a reasonable understanding of spatial quality. Still, the biases remain: for many people, planning and design are extremes that will never meet. Or, in extreme cases, the two are seen as enemies rather than allies. From my own experience, I will try to answer the question: are landscape architects and landscape planners friends or foes? After working many years in a transition zone between planning and design, I believe that the two can not be separated properly. Rural planning is a field of integration that should incorporate design matters as a necessary tool for improving spatial quality. The recent emphasis on high quality design as a selling point for new developments housing and commercial clearly show that design is not just a matter of random decoration. Increasingly, planning and design of green areas as a pseudonatural setting for these new developments happens to be one of the most important factors in creating the desired image to sell a project. Landscape architects have discovered this new chance to become one of the key players in the planning process instead of just being the mere decorator of somebody else's ideas. A lot has changed in Dutch landscape design and planning in the last 30 years, and I was lucky to be there when all this was happening. In the early seventies I started working as a junior designer in the design studio of the city of Amsterdam. In those days, the design of urban open spaces was still very much a public matter: nearly all parks, squares and playgrounds were not only commissioned by public bodies but also designed by municipal (and sometimes provincial) in-house design studios. For a young landscape architect, the park department of the city was the place to be, much more than the average private design studio. And among these cities, Amsterdam stood out as the shining example of up-to-date park design. This was not only because the city of Amsterdam commissioned a number of parks and other public open spaces that few cities were able to rival, but also because the design studio of the department of parks had developed a genuine style of its own that was immediately recognizable as the 'Amsterdam postwar park design school'. What was so special about this Amsterdam-style park architecture? In my view, they had managed to reconcile the old and established romantic park design (itself the aftermath of the English Landscape Movement) and the functional needs of the modern Volkspark (a strongly socialist-inspired movement that originated in Germany and Scandinavia). The parks built in postwar Amsterdam rationalized the clumps and serpentines of the romantic park to a certain extent so that Volkspark features like playgrounds, soccer fields and mass-recreation lawns could blend in. But they never went so far as to create a fully functionalist park. When I started, this 'rationalized romantic approach' was still very much alive. You could feel the Amsterdam design spirit in the air when you entered the simple, one-storey wooden buildings in which the design studio was accommodated. Chief designers like Egbert Mos and Jan-Willem van der Meeren went from drawing board to drawing board, keeping the principles alive (and of course making sure they were being observed). There was a strong feeling of togetherness, an 'esprit de corps', that made a uniform design approach the most logical thing on earth. I felt proud to be part of this collective. Under close supervision, I designed a couple of public courts in the Bijlmer- meer, a new housing area that took the principles of the functionalist Congrès International d'Architecture Moderne to the extreme. Housing, business, traffic and recreation were strictly separated and the overall design looked like the worst Corbusian nightmare come true: giant ten storey hexagonal blocks, some of them 600 meters long, set in a continuous open space. Oddly enough, we designed the public courts between these rational superblocks as romantic parks, with quickly-growing shelterbelts to soften the effects (both physically and visually) of the buildings, enhanced by meandering footpaths and meandering waterways. Nobody, including myself, believed it was a strange idea to add romantic park features to this futuristic urban environment. Looking back after many years, the way in which the city of Amsterdam designed its parks seems a thing from another planet. The park department has been thoroughly decentralized since then. Like the city itself, the department was divided up, establishing several boroughs, each with its own park department. In this situation, it is virtually unthinkable that there can be a city-wide design style. Even the memories of the old centralized design studio have gone. Recently, when doing research for a book on park design, I found out that the studio's archives had disappeared and that only some drawings were recoveced because elder designers had taken them home with them! An even more radical change had taken place in the commissioning of park designs. The city of Amsterdam (or rather its new boroughs) still creates many new parks and other public open spaces. But nowaday practically none of these is being designed by a municipal service, as was very much the custom in the early seventies. Today parks are being designed by private designers, hired by a municipal body. For a young designer, the park department is hardly the place to be anymore. In my years as a junior designer for the city of Amsterdam, I worked primarily as a one-dimensional landscape designer. In later years, I became aware that our profession should deal with DISP 138 more than creating artificial environments. The change came when I was working for the Province of South Holland. Let me explain: South Holland is one of the twelve provinces of the Netherlands and with over 3 million inhabitants (of a total of 15.5 million for the entire country) by far the most populous. With the second (Rotterdam) and third (The Hague) city of the country within its boundaries and with few publicly accessible areas for outdoor recreation, South Holland started as soon as in the early fifties with an ambitious program to create large park and forest areas in the polders around the big cities. And just like Amsterdam developed a style of its own for urban parks, South Holland became the national example for park design on a regional scale. To give an idea of the size of the operation: of the five largest projects to be undertaken, the Oude Maas Park Project south of Rotterdam was designed to cover an area of 750 hectares while the Rottemeren (Lake Rotte) Park Project north of Rotterdam should become, after completion, the largest of all with 900 hectares. For a park designer, this was close to heaven. Most of these huge park areas were to be designed within a short period of time. Even the most modest detail of any of the projects was in itself larger than the average urban park. And, like in Amsterdam, all projects were designed by an in-house design studio that was part of the regional government. There were disadvantages too. The most serious was the fact that designing park areas on such a vast scale became inevitably a matter of routine. Like the rationalized romantic style of the Amsterdam city parks, the South Holland regional parks of the second half of the seventies had a distinct style of their own: a sober, straightforward approach that tried to introduce elements of the sacred romantic style in a way that they looked almost naturally in their country-side environment. In spite of their low-key appearance, they suffered from a severe misunderstanding. The countryside of the western part of The Netherlands (where the province of South Holland is situated) is a completely man- made, rational and artificial polder landscape. In this landscape, the most natural thing is the straight line drawn by the early settlers and the nineteenth-century engineers. The regional park areas with their serpentines contrasted sharply with the straight and parallel parceling of the polders. When I became head of the South Holland design studio, I began to understand that time had come for a change. In professional magazines and official reports, landscape architects, environmentalists and leisure sociologists were complaining about the stereotypal and artificial appearance of newly-created recreation areas in the Netherlands. They demanded a way of designing with more understanding of the specific landscape and ecology of the site. Discussing the matter with my design staff, I realized that the Province of South Holland was in a unique position: because of the sheer size of our outdoor recreation areas, we had a greater opportunity than any other official or private landscape design studio to make a difference. After making experimental drawings, we came up with the idea to make the existing landscape and ecological conditions the primary driving force behind the design of regional park areas without losing the attractive side of park design. Our first 'landscape approach park' was the 150 hectare Reeuwijk Forest Park north of the city of Gouda, directly accessible from the Hague–Utrecht freeway. Here, maintaining most of the north-south pattern of narrow strips of meadowland separated by ditches became the main feature of the design. Within this idea, we operated as freely as we saw fit. Some of the ditches were filled, others were widened to make ponds, canals or wetlands. By introducing clumps and groves on formerly treeless strips of meadowland, we created space for recreation within the framework of the existing landscape. In our design for the Loet Forest Park (east of Rotterdam, situated in a similar polder landscape) we took the idea even further. Unlike the Reeuwijk Forest, a recreational environment adapted to the landscape but obviously man-made, 31 1999 the Loet Forest was to become nothing less but a subtle accentuation of the surrounding landscape. Visitor facilities should be as modest as possible. Simple nature trails, narrow wooden bridges and native species were to create an environment that seduced the visitor to explore a genuine Dutch wilderness laid out in the straight pattern of a manmade polder landscape. A couple of years afterwards, working for the regional government of Rijnmond (the Greater Rotterdam Area) within the province of South Holland on the 350 hectare Bernisse Recreation and Nature Conservation Area, we introduced ecology on a large scale as part of our park designs. We respected an existing geese migration route by leaving a central part of the area open, as ecologists told us that the birds would never come back if they found trees in their way. We designed willow groves in the shallow banks of the main waterway, thus providing shelter and nesting facilities for various birds and other species. As a design, the Bernisse Project was an example of ultimate integration: not only did we bring landscape features and ecological principles into the park design, but we also tried to make Land Art (a new art form of the seventies) part of the overall plan by employing two landscape artists as members of the design team. It is ironical that their success lies in the fact that their contribution in the design process is hardly visible as 'autonomous art' because during the process they almost became park designers themselves working side by side with landscape architects and ecologists. In the early eighties, I was no longer an aesthetically-inspired landscape architect designing parks. Together with a growing number of my fellow professionals in the Netherlands, I had developed into the field of integral environmental design. The late eighties saw a further development of integrated rural planning. A now famous example is the proliferation of 'new nature' projects throughout the country. In retrospect, the crucial moment was the awarding of the first prize in a design competition: the year DISP 138 Fig. 1: Park design follows the existing landscape pattern in the Loet Forest (design Ludo Leestmans, supervision Han Lörzing, 1976) Fig. 2: An early example of “new nature” in the Bernisse Area (design Hugo Nooteboom and others, supervision Han Lörzing, ca. 1980) Fig. 3: Urban designers and landscape architects involved in a planning exhibition (part of the “conscientious scenario design” for Redesigning The Netherlands, in Beurs van Berlage Amsterdam 1986 and Bouwcentrum Rotterdam 1987, by Jan Heeling, Henco Bekkering and Han Lörzing) was 1986, the designers were a team around urban and landscape planner Dirk Sijmons, and the idea was to create new nature reserves in the river marshes of the Rhine by partially removing the lower embankments that restricted the river to a narrow bed most of the year. When, in a first experiment near the university town of Wageningen, the river was set free to inundate much of its winter bed, planners and visitors were surprised to see how quickly the appearance of a prehistoric river marsh landscape returned to the once tamed river Rhine. Since then, creating new nature has become almost routine in the Netherlands. Not only on the banks of our great rivers but also around more modest streams, in urban parks, on wastelands and on roadsides, natural qualities sprang up like they had been waiting to be kissed awake by the planners. The Dutch-American journalist Tracy Metz described the 'new nature' phenomenon in her recent book, in which she expressed both admiration and astonishment for the eagerness with which her new country embraced the idea that nature, first and for all, is a planning matter. After working for a couple of years as a designer of landscape and nature-oriented regional parks, I was offered a chance to change and in a way to broaden my view to become project manager of the regional development plan for the eastern part of the province in South Holland. This meant that I quit hands-on design work to become an integral planner, albeit for a predominantly rural area: the South Holland part of the wellknown 'Green Heart' of the Randstad Holland. The main problems of Eastern South Holland were diverse. The most important was the controversy between the national planning policy towards the Green Heart (which is aimed at preserving the Green Heart as an open, unspoiled meadow landscape between the largest urban areas of the country) and the aspirations of local politicians to make their towns and cities grow, if possible even faster than the national average. But the Green Heart also saw a seemingly never-ending animosity be- 32 1999 tween farmers and environmentalists over the preservation of ecological values in everyday farming practice. Eastern South Holland was a region undergoing many changes in those days. In dealing with the problems, I had to work more or less closely with local politicians, officials of national agencies, developers, representatives of farmers organizations, environmentalists and, perhaps typical for the circumstances in those days, groups of locals visiting 'participation meetings' where they were encouraged to have their say in the planning process. Of course, landscape designers have to explain their ideas before official and sometimes unofficial audiences. But here, in the process of preparing the new planning document for the future development of Eastern South Holland, I began to sense that participation was the real name of the game. After years as a designer, now I had to act more like a moderator, a diplomat, a reconciler. Looking back, you might wonder if my work as a designer and my work as a regional planner were in any way related. From the outside, they appear to be set in different worlds. But personally, I never experienced a sharp turn in my career. When park design and rural planning are described separately, there seem to be many differences: in the scale of the work, in the work environment, in the level of abstraction, in the broadness of vision. Still, the way I see it, rural planning is very much something like a continuation of landscape design using other means. The scales are different, but a landscape design for a large area begins to grow towards a regional plan. The work environments differ, but large designs require multidisciplinary teams that begin to resemble the complex structure that is needed for regional planning. The levels of abstraction differ, but only gradually. The broadness of vision differs, but the larger a design, the more various interests have to be reconciled. In retrospect I believe there is a blurred area somewhere in the middle where design changes into planning and vice versa. It is still a matter of discussion if large-scale rural planning can be called 'design' in any way, but I DISP 138 am certain that, while working as a planner, I still felt and thought as a designer. Definitely, there is a 'design component' in planning. For me, there is no real contrast or even a great deal of difference between landscape design and rural planning. In the second half of the eighties, I explored deeper and deeper into the field of regional planning. After having written some articles and a critical booklet on the subject of modern landscape planning (and especially its low appraisal) I was invited to take part in one of the most exciting planning experiments of that period in the Netherlands. Nederland Nu Als Ontwerp (a title that can best be translated as 'Redesigning The Netherlands') became a publicity-generating chain of events, culminating in two widely-advertised exhibitions. It was not only an exercise in (ultra) large-scale design, but also an attempt to make the public aware that planning was an important tool to get a grip on a common future (the project ran well into the 21st century with 2050 as its horizon) and that large-scale plans can be seductive in their presentation. When I had completed my regional development plan until its adoption by the provincial council in 1987, the province wanted me to head a small but highly qualified planning team. We studied new urban developments throughout the province in a time when ambitions were sky-high. After more than a decade of relative quiet, cities all over the country were planning their expansion, as trust in the economy brought large numbers of prospective buyers on the housing and office markets. Also, as a counterpart of the national Fourth Report on Physical Planning, we drew up a provincial outlook into the coming century called 'South Holland beyond the year 2000'. It may sound strange to some, but nobody seemed to be surprised that a landscape architect by profession was actually working as an urban and regional future planner. Obviously, by that time landscape architects had overcome the stigma that they were college-educated gardeners, spending their days visiting tree nurseries and designing flower 33 1999 Fig. 4: Regional planning by landscape architects and urban designers: development scheme for Southeast Utrecht Province by Lörzing & Keijsers Planning and Design, 1992/93 borders. Instead, we were taken seriously in the field of large-scale planning, partly because our professional education left enough room to study rural and urban problems, partly because of the important role landscape architects had played for years in the Dutch planning system. Soon, it became acceptable for a landscape architect to design urban environments (as is demonstrated by the marvelous work done by the former Bakker & Bleeker design office for cities like The Hague and others) or even, as shown by the work of Adriaan Geuze in the Amsterdam docklands, new residential areas. The relative ease with which landscape architects have entered the domain of urban designers remains surprising, even more when one realizes that border-crossings in the opposite direction (town planners designing parks, for instance) are rare or even non-existent. By 1990, I was so deeply involved in large-scale planning that I began to wonder if I still had any design skills left at all. Although the work for the province was rewarding in itself, I wanted to spend more time on actual park and landscape design. Together with my good friend and colleague Wim Keijsers, an urban planner from the province of South Holland, I started a private office in the city of Utrecht. We called ourselves 'regional planners and designers', as to emphasize that we considered ourselves capable in both fields. In the beginning, the majority of our cli- ents were regional, provincial and municipal authorities. Structure plans were our most wanted products, which shows that in spite of our name, we were seen primarily as planners. We took part in an interesting development in the early nineties, when urban areas and rural regions were discovering their potential to attract people, capital and businesses. Most of the structure plans that we drew up were commissioned to promote the region externally and to reinforce a feeling of self-confidence internally. Actually, some of them were published in the form of glossy brochures, aimed at investors and European subsidy officials. Later, we were also asked to do more down-to-earth design work like residential areas, roadside scenery and ecological corridors. Working together with the British office of Moss Associates, we also did a couple of park designs of a regional scale in the North of France. As those French park areas were designed for recreation as well as for nature development, I could use my old experience of the South Holland regional parks like the Bernisse Project and the Loet Forest Park. In fact, we felt very much at home in this part of France, especially because some of the river landscapes of the North were almost identical of the wetlands in the Western Netherlands! In 1996 I left the office. Since then, I divide my time between regional planning (at the office of Eindhoven Region- DISP 138 al Authority) and lecturing landscape architecture (at Eindhoven University of Technology). From time to time, I still do some landscape and park design work for my old office or for Moss Associates. Therefore, I combine the skills of a regional planner (in my work for the regional government), an urban and landscape planner (at the university, where the main subject of my teaching is 'green urbanism', or designing urban developments with the help of existing or designed landscape features) and a landscape designer (when working on commissions for parks and other green spaces). Now which of these three is my real self? All three of course, otherwise I would be absolutely schizophrenic. The skills of working on different scales and abstraction levels seem to go together well. In fact, I believe that there is no solid separation between these fields; beyond a certain point, regional planning transcends seamlessly into rural planning, from rural planning to landscape planning is only a small step and, finally, landscape planning and landscape architecture differ only in their ends, not in their means. Because I see only gradual differences between planning and design, I firmly believe that a good professional education should encompass both. Especially the higher levels of abstraction (as used by the planners) deserve attention: experience shows that those who have been trained in large-scale plans and designs can switch relatively easily into the field of small-scale designs, while for those only trained in park and garden design, the step upward in scale is much more difficult to make. Coming back to the original question if landscape architecture an landscape planning are friends or foes, I hope I made clear that, at least in my country in the present times, they are close relatives. 34 1999 DISP 138 35 1999 Jörg Dettmar Zwischen Verstand und Gefühl? Das Dilemma der Disziplin Landespflege/Landschaftsplanung/Landschaftsarchitektur Too much specialisation in studies of landscape architecture can create a wrong development. This is going to happen at German Universities. The discipline is strictly separate into ecological environmental planning or landscape planning and the design sector. It seems sometimes that there is not much understanding and communication between them. The field of work for the landscape architect becomes more and more complicated. There are other disciplines which try to conquer the market. It is absolutely necesary to be sufficiently flexible to encompass a wide range of tasks. A single specification does not help very much. The combination of ecological know how and design creativity is the key to a future in this discipline. The experience resulting from the work within the International Building Exhibition Emscher Park (IBA) proves this. The central issue of this work is the development of a new type of landscape in the Ruhr district based on the industrial past of this area. Es gab ein langes Hin und Her an den Fachhochschulen und Universitäten in Deutschland um die Bezeichnung der Disziplin Landespflege/Landschaftsplanung/Landschaftsarchitektur. Dies hatte natürlich einen Hintergrund. Plakativ ausgedrückt ging es um die Vorherrschaft. Soll die Gestaltung vorne liegen oder die «Umweltleitplanung»? Diese Trennung verschärft sich immer weiter und dies ist aus meiner Sicht ein gravierender Fehler. Die Spezialisierung reduziert die heute dringend notwendige Flexibilität der Absolventen im Arbeitsmarkt. Die Kombination aus fundiertem ökologischem Verständnis und gestalterischer Kreativität ist der Schlüssel für die Zukunft der Disziplin. Das ist mein diesbezügliches Resümee aus der Arbeit in der Internationalen Bauausstellung (IBA) Emscher Park in den letzten zehn Jahren. Wenn man sich Prototypen der Spezialisten anschaut, fragt man sich, ob eine Kombination eigentlich überhaupt möglich ist: • Die «Ökologen» unter den Landschaftsplanern orientierten sich an den «harten seriösen» naturwissenschaftlichen Disziplinen wie Biologie, Geologie oder Ökologie. Der Naturhaushalt oder die biotischen und abiotischen Faktoren waren der Massstab. Gestaltung wurde nur toleriert, solange sie die «objektiven» Vorgaben zur Sicherung des Naturhaushaltes nicht beeinträchtigte. • Die «Gestalter» oder Objektplaner orientierten sich vor allem an der Architektur und der Kunst. Der Mensch als schaffendes und gestaltendes Wesen war der Massstab und die Orientierung. Wissenschaftliche Grundlagenerhebungen oder ökologische Ausrichtungen der Gestaltung wurden oft genug als lästige Einengung empfunden. Zugegeben ist dies Schwarz-WeissMalerei. Leider bildet sich dies aber in den Ausbildungsstätten der Disziplin in Deutschland, den Fachhochschulen und Universitäten ab. Die meisten Studienordnungen schreiben vor, dass sich die Studenten entscheiden müssen, welche Richtung sie im Hauptstudium vertiefen wollen. Offensichtlich haben die beiden Menschentypen, die dahinter stehen, auch Probleme, miteinander umzugehen. Wie sonst lässt sich die bis zum Grabenkrieg führende Aufspaltung der Landespflegeausbildung z. B. in Berlin und München erklären? Die Primadonnen der Hochschullehrer, die Protagonisten dieses Theaters, verfolgen dabei vor allem ihre persönlichen Leidenschaften. Ich möchte wenige Teilaspekte zur Verdeutlichung herausgreifen: Das Herz der Landschaftsplanung ist der «traditionelle» Landschaftsplan. Über die Effektivität dieses Instrumentes lässt sich trefflich streiten, hart ausgedrückt ist er aktuell in Deutschland wohl am Rand völliger Bedeutungslosigkeit angekommen. Die Gründe sind bekannt, die Klagen der Planer auch. Viele Landschaftspläne haben bei mir immer eine Krise ausgelöst. Neben den Aussagen zum Schutz des Naturhaushaltes waren sie bei ihren Entwicklungsvorschlägen oft nur Ausdruck von Hilflosigkeit. Es waren die ewig gleichen Möblierungen oder «ökologischen» Aufwertungen mit den Intarsien der jeweiligen Kulturlandschaft. Und es war trotz aller Diskussion über die Zukunft unserer bislang landwirtschaftlich geprägten Kulturlandschaften ein schon fast zwanghaftes Festhalten an der Vergangenheit. Der Traum in der Landschaftsarchitektur ist die Gestaltung eines neuen Parks. Hier gibt es in den letzten Jahren auf den ersten Blick eine grosse Vielfalt an Entwürfen, Gestaltungsansätzen und planerischen Ideen. Auf den zweiten Blick entpuppt sich vieles als aufgemotztes Design für den Verkauf. Dafür bestand kein Mangel an Kreativität in den letzten Jahren. Eine wirkliche Weiterentwicklung der Gartenkunst jenseits der Variation von Inhalten des englischen Landschaftsparks war jedoch nur selten auszumachen. Interessanterweise sind einige der neuen als wegweisend bezeichneten «Parks» in Europa vor allem wieder aus Stein, Beton, Stahl und Holz gebaut. Kann das auch damit zusammenhängen, dass die Kenntnisse über Böden, Pflanzen, Pflege und Unterhaltung bei den Landschaftsarchitekten ständig abnimmt? Dies korrespondiert oft auf tragische Weise mit den aktuellen Kenntnissen im Garten- und Landschaftsbau. Was sind die Erfahrungen mit Landschaftsplanung und Landschaftsarchitektur im Rahmen der IBA Emscher Park ? Der «Emscher Landschaftspark» ist das Herzstück der IBA Emscher Park und ein sehr wichtiger Impuls zum Strukturwandel im Ruhrgebiet. Deshalb kommt der Landschaftsgestaltung eine grosse Bedeutung zu. Die Quintessenz des Emscher Landschaftsparks ist die Verbesserung der weichen Standortfaktoren mit dem Aufbau landschaftlicher Qualität in einer ausgebeuteten und verbauten Industrielandschaft. Es geht um 320 km2, sieben regionale Grünzüge, hunderte von kleineren Einzelprojekten und über 30 neue Parkanlagen von 5 bis zu 350 ha Grösse mit einer Gesamt- DISP 138 investitionsumme von bislang mehr als einer Milliarde Mark. Einen Gesamtplan des Emscher Landschaftsparks im Sinne eines Landschaftsplanes oder Landschaftsrahmenplanes hat es nie gegeben. Der neue Regionalpark ist ein Patchwork aus Einzelflächen, die parallel zueinander entwickelt wurden. Die Auswahl dieser Flächen war überwiegend zufällig und richtete sich schlicht nach der Verfügbarkeit. Der Leitsatz hiess auch hier «Projekte statt Planung». Es gibt zwar Rahmenpläne für die regionalen Grünzüge, die parallel zu den Einzelprojekten entwickelt wurden, ihr Kern ist aber eher eine Sicherungsund Entwicklungsstrategie für den Raum. Existierende oder in Aufstellung befindliche Landschaftspläne spielten dabei so gut wie keine Rolle. Dies hängt auch mit der Sondersituation der Landschaftspläne in Nordrhein-Westfalen zusammen, da sie nur für den Aussenbereich der Städte aufgestellt werden. Im Ballungsraum Ruhrgebiet führt das zu grotesken «Pizzarandplänen», die die wichtigen Flächen zur Vernetzung von frei besiedelter Fläche aussen vor lassen. Die Strategie war, möglichst schnell Beispiele überzeugender qualitätvoller und nutzbarer Landschaftsgestaltung in der Industrielandschaft zu schaffen. Je mehr solche Beispiele konkret erlebbar sind, um so grösser wird die Akzeptanz in der Region für den neuen Regionalpark. In jedem Grünzug wurden schnell umsetzbare Schwerpunktprojekte mit besonderer Bedeutung festgelegt. Es handelt sich dabei vor allem um neue «lokale Parks» oder umgestaltete Halden. Erst als der grösste Teil bereits fertig oder im Bau war, wurde es möglich, die Vielfalt der Ansätze grob zu typisieren: Industriell geprägter Landschaftspark Es geht um grossflächige Parkanlagen (> 50 ha) auf Industriebrachen, die in ihrer Gestaltung die industrielle Vergangenheit aufgreifen und thematisieren. Hierzu zählt z. B. der 240 ha grosse Landschaftspark Duisburg-Nord (siehe Abb. 1). 36 1999 Wilder Industriewald Auf Restflächen der Industrielandschaft wird die natürliche Waldentwicklung im Verlauf der Sukzession gefördert. Dieser neue Wald auf Industriebrachen bedeutet ein Stück «Wildnis in der Stadt». Das Hinterland des Denkmalensembles Zollverein in Essen ist ein Beispiel für diesen Typ (siehe Abb. 2). Abb. 1: Der Landschaftspark Duisburg-Nord mit dem stillgelegten Hüttenwerk im Zentrum Abb. 2: Das wilde Hinterland der Zeche Zollverein in Essen Abb. 3: Die Halde Schurenbach in Essen mit der Stahlbramme von Richard Serra Halden/Deponien/Landmarken Fertiggeschüttete Berghalden oder rekultivierte Deponien, die für die Freiraumnutzung hergerichtet und teilweise mit künstlerischer Bearbeitung zu Landmarken umgestaltet werden. Dazu zählt z. B. die Serra-Skulptur auf dem speziell gestalteten Haldenplateau der Schurenbachhalde in Essen (siehe Abb. 3). Stadtpark in der Industrielandschaft Dies sind kleinere Parkanlagen (< 25 ha), die im Zusammenhang mit bestehenden Siedlungen, neuen Wohnquartieren oder Gewerbeparks im Rahmen der IBA gebaut werden. Sie umfassen Teilbereiche von Industriebrachen oder industriell geprägten Restflächen und liegen meist im städtischen Bereich. Ein Beispiel ist der Park in dem neu gestalteten Quartier Prosper auf der ehemaligen Zeche und Kokerei Prosper in Bottrop (siehe Abb. 4). Park der vorindustriellen Kulturlandschaft Hier werden Reste der land- und forstwirtschaftlich geprägten Kulturlandschaft umgestaltet. Die land- oder forstwirtschaftliche Nutzung wird in veränderter Form in der neuen Parkanlage fortgeführt. Hierzu zählt der Gehölzgarten Ripshorst in Oberhausen (siehe Abb. 5). Den meisten der rund dreissig neuen Parkanlagen liegen Gestaltungswerkstätten oder Wettbewerbsverfahren zugrunde. Die Palette der Gestaltungsansätze ist sehr breit. Sie reicht von sehr traditionellen Ansätzen bis hin zu neuen experimentierenden Formen der Gartenkunst. Ein bisschen war es durchaus das «try and error»-Prinzip. Am Anfang des DISP 138 37 1999 Abb. 4: Das neue Quartier Prosper in Bottrop mit dem zentralen Park Abb. 5: Der Gehölzgarten Ripshorst in Oberhausen Abb. 6: Industriekultur und Industrienatur im Landschaftspark Duisburg-Nord Emscher Landschaftsparks war die Identität und das Gesicht der nachindustriellen Kulturlandschaft durchaus noch völlig offen. Im Laufe der ersten fünf Jahre kristallisierte sich aber immer mehr heraus, dass besonders jene Ansätze, die auf die Besonderheiten der industriellen Vergangenheit und die Gegebenheiten der Brachen eingehen – ohne sie völlig umzuformen –, zum ideellen und gestalterischen Kern des Emscher Landschaftsparks wurden. Die beiden Elemente Industriekultur und Industrienatur stehen dabei im Vordergrund. In herausragender Weise ist dies im Landschaftspark Duisburg-Nord gelungen (siehe Abb. 6). Deshalb ist er auch zum Symbol für den gesamten Emscher Landschaftspark geworden. Das richtige Mass zu finden zwischen aktiver eingreifender Gestaltung und Ruhe, Verfall und naturbestimmter Entwicklung, bleibt schwierig. Den örtlichen Naturschützern, die z. B. im Landschaftspark Duisburg-Nord die seltenen Pflanzen- und Tierarten schützen wollten, gingen die Eingriffe zur Gestaltung viel zu weit. Dass ungestaltete «wilde» Industriebrachen aber viele Menschen abschrecken und damit die Akzeptanz für solche Flächen niedrig bleibt, wird vielfach nicht gesehen. Mit einer gezielten gestalterischen Inwertsetzung von Teilen einer riesigen Industriebrache wie dem Landschaftspark Duisburg-Nord wird versucht, den Zugang zu erleichtern. Die gartenkünstlerische Aufwertung von einzelnen Punkten schafft Akzeptanz für die «Wildnis» daneben. Diese Strategie ist in Duisburg auf einem erfolgreichen Weg. Die Diskussionen und das Ringen mit den Naturschützern bleiben spannend. Ein wichtiges generelles Anliegen der Internationalen Bauausstellung Emscher Park war es, möglichst zu vermeiden, dass gestalterische und ökologische Ziele gegeneinander ausgespielt wurden. Gefragt war eine überzeugende Kombination. Dahinter stehen vor allem strategische Aspekte. Ein anderes Beispiel zur Verdeutlichung: Die vernutzte Industrielandschaft an der Emscher hatte in den Köpfen der Menschen keinen anderen Wert als Standort für eine bauliche Nutzung DISP 138 Abb. 7: Der Tetraeder auf der Halde Beckstrasse in Bottrop zu sein. Die nachhaltige Entwicklung landschaftlicher Strukturen setzt eine Akzeptanz und vor allem auch Liebe bei der Bevölkerung voraus. Dies kann aber nur entwickelt werden, wenn die Menschen überhaupt in der Lage sind, die Landschaft und ihre Naturausstattung zu erleben. Gefördert wird die Akzeptanz durch einzigartige positive emotionale Erlebnisse mit dieser Landschaft. Dazu braucht man eine herausragende Gestaltung identitätsstiftender Unikate mit hoher Erlebnisqualität wie z. B. einen 60 m hohen Stahltetraeder auf einer Bergehalde als neuen Aussichtsturm (siehe Abb. 7). Der Aufstieg ist ein spektakuläres Erlebnis, die Aussicht auf die Industrielandschaft kann atemberaubend schön sein. Dieser strategische Ansatz, «Liebe zur Landschaft» zu begründen, rechtfertigt dann auch eine Finanzierung aus dem speziellen Fördertopf «Ökologieprogramm Emscher Lippe». Ich weiss nicht wie viele Diskussionen ich über die institutionalisierte Vorgabe, einheimische standortgerechte Gehölze auch bei der Umgestaltung von Industriebrachen zu verwenden, geführt habe. Diese erfordern aber auf den Industriebrachen in der Regel gewaltige Bodenaufbereitungen, und die Gehölze gehen dann ohne permanente gärtnerische Pflege oft genug ein. Ganz abgesehen davon, dass rund ein Drittel aller «natürlich» spontan vorkommenden Arten auf diesen Flächen Exoten sind. Was ist die potentiell natürliche Vegetation auf Böden aus Stahlwerksschlacke und Kokereiaschen? Wie oft musste ich andererseits Landschaftsarchitekten beobachten, die völlig unpassende Ziergehölze in diese schwierigen Böden pflanzten. Oft genug fehlte hier die Bereitschaft, sich mit den Standortbedingungen intensiver auseinander zu setzen und erst einmal zu lernen, was auf den Böden z. B. spontan wächst. Es gab mit den für Altlasten zuständigen Ordnungsbehörden über die Frage, welche spontan aufgewachsenen Pflanzenbestände denn bleiben können, wenn die Altlasten einer Industriebrache gesichert werden sollen, oft harte Auseinandersetzungen. War es mit viel Mühe gelungen, diese Reste zu verteidigen, mussten sie dann auch noch oft genug gegen die Gestaltungsvorstellungen der Landschaftsarchitekten geschützt werden. Dabei sind diese vorhandenen Strukturen oft die einzigen, die ohne gewaltigen Aufwand hier wachsen. Auf der anderen Seite war es uns gelungen, mehrere Brachen dauerhaft für eine naturbestimmte Entwicklung zu sichern. Auf einer ehemaligen Zechenfläche in Gelsenkirchen war bereits ein stattlicher Birkenwald herangewachsen. Die naturschutzbezogenen Entwicklungsvorstellungen der Naturschutzfachleute in den Behörden und Vereinen sahen aber anderes vor. Da zu Beginn der Sukzession vor 15 Jahren hier seltenere Pflanzen und Tiere vorkamen, war das Ziel ein «Biotopmanagement» zur Wiederherstellung offener gehölzfreier Vegetationsstrukturen. Konkret bedeutete dies, den Wald wieder zu entfernen. So fiel der Birkenwald aus Naturschutzgründen. Immer gibt es gute Argumente für Handlungen dieser Art, immer sind es ernsthafte Bemühungen der Akteure. Nur leider ist es allzu oft sektorales Denken und das hat auch mit der Art der Ausbildung zu tun. Wohin sollte der Weg gehen? Die Quintessenz heisst wohl «Sehen lernen», offen zu sein für das, was man nicht kennt, um etwas machen zu können, was man nicht schon immer gemacht hat. Damit die Fähigkeit sehen zu lernen bei den Studenten der Landschaftsarchitektur/-planung erhalten bleibt, sollten sie sich nicht für «Gestaltung» oder «Landschaftsplanung» spezialisieren müssen. Kann das funktionieren, wo doch oft auch die Studierenden ihren Neigungen und Begabungen folgen und sich spezialisieren? Ich halte eine gleichgewichtige Schulung des ästhetischen Gefühls als Basis 38 1999 der Gestaltung und des Verstandes als Voraussetzung zur Erfassung naturwissenschaftlicher Zusammenhänge für möglich. Und aus meiner Sicht kann dies der Schlüssel zur Belebung der Disziplin sein. Besonders die Landschaftsplanung steckt in Deutschland derzeit in einer massiven Krise. Im Zuge der Deregulierungen wird sie faktisch immer weiter abgeschafft. Inzwischen ist es soweit, dass selbst ihr Begriff aus dem letzten Versuch einer Novelle des Bundesnaturschutzgesetzes verbannt wird. Dies ist sicher auch eine Konsequenz wirtschaftlicher Krisenzeiten. Aber ein Teil dieses Problems ist hausgemacht. Der Landschaftsplanung ist es in den letzten 10 Jahren nicht gelungen, einer breiteren Basis deutlich zu machen, warum man sie eigentlich braucht. Viel Energie wurde in unglaublich viele Pläne gesteckt und viele davon verstauben in Schubladen. Kaum jemand identifiziert sich mit den abstrakten und eher «unsinnlichen» Zielen der Landschaftspläne. Die sinnvolle ökologische Landschaftsanalyse und die Bewertung anstehender Nutzungen blieben abstrakt. Die Entwicklungskonzepte gingen oft über blosse Reparatur oder Aufmöblierung nicht hinaus. Das ist nichts, womit man die Bevölkerung wirklich anspricht. Insbesondere nicht, wenn der Eindruck sich verfestigt, dies würde einer wirtschaftlich gewünschten Entwicklung eher im Wege stehen. Das zunehmende Desinteresse in Deutschland an Naturschutzthemen und Landschaftsschutz hat sicher viele Ursachen. Die vielfältig publizierten Horrorszenarien vom sauren Regen, über das Waldsterben bis zur Klimakatastrophe werden von den Menschen nicht real nachempfunden. Natur wird mehr und mehr zu einem eher theoretisch abstrakten Konzept mit eher religiösen Elementen. Praktischer Kontakt findet für unsere urbane Gesellschaft vielfach nur noch in leicht konsumierbaren und bezahlten Einheiten statt. Naturschutz und Landschaftsplanung haben sich schlecht verkauft und es versäumt, ihre Ziele emotional bei der Bevölkerung zu verankern. Das englische Naturschutzmotto «enjoy nature» hat eben kein deutsches Pendant. DISP 138 Verwissenschaftlichung und Rationalisierung in Naturschutz und Landschaftsplanung haben zum Verlust der sinnlichen Komponenten von Natur und Landschaft geführt. Eingriffsregelung, Potentialbewertung und Landschaftsbildanalyse sind Kinder eines mechanistischen Weltbildes. In gewisser Weise ist die viel beklagte Abwägung der Belange von Natur und Landschaft vielleicht eine Konsequenz von immer segmentierterer Betrachtung und komplexer Bewertung. Betrachtet man die in den nächsten Jahrzehnten sicher anstehenden Aufgaben für die Landschaftsplaner/-architekten in Europa, ist die Zusammenführung von «Ökologie» und «Gestaltung» gefragt, nur zwei Beispiele zeigen dies: Wie gehen wir um mit den aus der Nutzung fallenden Landwirtschaftsflächen? In einigen Regionen wird sich das Gesicht der Landschaft fundamental ändern. Wie findet man die richtige Balance zwischen naturbestimmter Entwicklung und gestalterischem Eingriff, um neue ökologisch stabile, finanzierbare, aber auch attraktive und anziehende neue Kulturlandschaften zu entwickeln? Wie gelingt es, die endlosen urbanisierten Wüsten, die Zwischenstädte der Agglomerationen nachhaltiger zu entwickeln und gestalterische Qualitäten aufzubauen? Ich denke, dies sind Aufgaben genug, Aufgaben, die man nicht sektoral denkenden Spezialisten überlassen kann. Literatur Dettmar, J. & Ganser, K. (Hrsg.) (1999): IndustrieNatur – Ökologie und Gestaltung im Emscher Park. Verlag Eugen Ulmer Stuttgart. TOPOS European Landscape Magazine 26, March 1999 – Internationale Bauausstellung Emscher Park, IBA – a renewal concept for a region. (Diverse Autoren + Katalogteil ausgewählter Projekte.) 39 1999 DISP 138 40 1999 Gunter Bartholmai Zwischen den Disziplinen – Planungswerkstätten The field of work and the curriculum for landscape architecture is a mixture between urban planning and architecture, technology and art, botany and surface areas, natural and social sciences, etc. Such ambitious training and the high demands in the field of work requires a high degree of creativity, inquisitiveness and a desire for experimenting. Workshops for planning are perfect “laboratories“ for students to develop new concepts. The deadlines demanded to come up with new concepts and the concentration on just one task as well as the communicative atmosphere are ideal for generating new solutions and strategies in landscape architecture. Workshops for designs give transparency aber auch Stadtplaner und Architekten bedrängen die angestammten bzw. erarbeiteten Aufgaben von Landschaftsarchitekten. Die Mehrdeutigkeit des Berufsfelds ist dabei Chance und Fluch gleichzeitig. Nach meiner Einschätzung überwiegen die Chancen dann, wenn die Arbeitsfelder weiterentwickelt und mit hoher Kompetenz aufgefüllt werden. Das alte Lamento von Landschaftsarchitekten, zu spät am Planungsprozess beteiligt worden zu sein, gilt dann nicht mehr, wenn sich Landschaftsarchitekten offensiv in Verfahren und Planungsprozesse einbringen, wenn sie verstehen, dass in jeder Veränderung auch ein positiver Impuls enthalten ist, und sie die angestammte Position des Konservierens überdenken. Landschaftsarchitekten sollen «Anwälte des Grüns» sein, aber den gestellten urbanen und sozia- to working methods in the class room as well as in practice and at the same time promote direct and informal communication. The methods used in workshop procedures demand the communication of ideas and results in solving planning problems. In addition, a very important aspect is team work and the liaising of anthorities and the public at large. Establishing competing groups gives a greater spectrum of solutions, provokes thought and new ideas. In einer frühen Studienordnung der Gesamthochschule Kassel war als Ziel der akademischen Ausbildung von Landschaftsplanern der «kooperationsfähige Spezialist» formuliert – ein Ziel, das für das heutige Berufsfeld der Landschaftsarchitekten in gleichem Masse gilt. Dieses Ausbildungsziel musste auch Ausbildungsprogramm sein, denn «Kooperationsfähigkeit» setzt voraus, dass verschiedene Beteiligte an einem gemeinsamen Werk arbeiten, für das jeder Mitarbeiter eine besondere Kompetenz einzubringen hat. Diese spezielle Kompetenz gilt es nach wie vor und verstärkt zu entwickeln, nur hat sich der Arbeitsmarkt verändert – Geographen, Biologen, Abb. 1: Workshop Burbacher Hütte 1990. len Aufgaben ist nicht nur mit Grün zu begegnen. Der Kern der Profession bleibt unverändert, nur gilt es diesen Kern inhaltlich weiterzuentwickeln und mit neuen Aufgaben aufzufüllen, ihn an die veränderten Bedingungen anzupassen, z. B. qualifizierter Umgang mit Vegetation und Pflanzen, stadtökologische Kompetenz, technische Infrastruktur, alternative Technologie u. ä. «Die Zusammenarbeit mit unseren Schwesterdisziplinen Architektur, Ingenieurwesen und bildende Kunst ist uns weniger Notwendigkeit denn Selbstverständlichkeit. Aus der gemeinsamen Arbeit wächst beiderseitig Innovation.» [1] Die Position des Landschaftsarchitekten zwischen den Disziplinen Architektur und Bauingenieurwesen, zwischen Städtebau und bildender Kunst ist dynamisch und den jeweiligen Aufgaben und DISP 138 Leistungen entsprechend einmal dominant, andermal nebengeordnet. Wissenschaftliche Theorie und Methodik, Handwerk und Sozialisation müssen so entwickelt werden, dass für einen inhaltlich definierten Bereich Verantwortung übernommen werden kann und damit der gemeinsam getragene Planungsprozess positiv beeinflusst werden kann. Es gilt die Arbeitsfelder der eigenen Disziplin dadurch zu entwickeln, dass in den Kernthemen eine akzeptierte und nachhaltig wirksame Kompetenz angeboten wird. Einer dieser wichtigen Themenbereiche ist die Beschäftigung mit Pflanzen, Landschaft und Natur. «Natur ist in Stadt und Land selten geworden. Natürlichkeit ist zum höchsten Prädikat avanciert. Das Naturangebot der Stadt ist wie einst das Kulturangebot zum wesentlichen Standortfaktor geworden. Wir meinen, dass es bei einer noch nie dagewesenen gesellschaftlichen Akzeptanz dringend geboten ist, Konzeptionen für die städtische Natur (anzubieten). Es gilt die Pflanze als städtisches Element wiederzuentdecken und nicht nur als ökologischen oder dendrologischen Faktor, als architektonisches Raumelement zu betrachten.» [2] Die Vielschichtigkeit der Betrachtungsmöglichkeiten, die unterschiedlichen Konnotationen eines Elementes, eines Objekts, auch eines Gartens oder Parks sollten bereits Teil der Konzeption sein. Pflanzen zum Beispiel sind eben nicht nur Teile einer botanischen Systematik und alphabetisierte Teile eines Katalogs, sondern auch individuell farbig, duftend und werden mit subjektiven Erfahrungen wahrgenommen. Das Studium sollte auf die formulierten Anforderungen des Berufsfeldes dadurch reagieren, dass es neben den allgemeinen und speziellen Ausbildungszielen entwerferischen Spass, konzeptionelle Neugier und Experimentierfreude vermittelt und provoziert. Die (alte) Projektarbeit, ein an praxisrelevanten, komplexen Aufgaben und aktuellen Fragestellungen orientiertes Studium, erscheint nach wie vor die richtige Form für die Lehre. Projektarbeit ist a priori interdisziplinär. Sie hat unterschiedlichste Disziplinen und Methoden zu integrieren, Theorien und Ideologien Abb. 2: «Lucy» ist eine neue Bodenreinigungsmaschine, die den Standort für neue Entwicklungsmassnahmen säubert. zu diskutieren und ihre Relevanz für das Lösungsspektrum zu erarbeiten. Diskursfähigkeit, analytisches Denken und Denken in Varianten, graphischer Ausdruck sind Fähigkeiten, die durch diese Art des Studiums gefördert werden sollen. Unter professionellen Bedingungen spiegeln Ideenwettbewerbe die aktuellen entwerferischen Trends und Tendenzen. Planungswerkstätten/Workshops unter Beteiligung von Hochschulen und Universitäten leisten Ähnliches. 41 1999 Planungswerkstätten und Entwurfsworkshops (zu denen wir eingeladen waren) waren auf der städtebaulichen Ebene angesiedelt. Die frühen Arbeiten beschäftigten sich mit der Nachnutzung industrieller Standorte mit allen Problemen der Kontamination und Zerstörung des Bodens, der baulichen Enklaven, der sozialen Folgelasten u.ä. Der Planungsworkshop zur Projektentwicklung der Burbacher Hütte, Saarbrücken, fand 1989 statt. «Für mannigfaltige ökologische Herausforderungen sind vertretbare Lösungen zu finden und sehr unterschiedliche, aber zugleich hohe Erwartungen der zukünftigen Nutzer verlangen nach einem städtebaulich anspruchsvollen, sich verändernden Bedingungen anpassungsfähigen Gesamtkonzept, in dem qualitativ hochwertige Architektur ihren Platz im Dialog mit der besonderen historischen Stätte finden kann.» [3] Acht Lehrstühle deutscher Hochschulen – überwiegend waren Architekturfakultäten eingeladen – erarbeiteten 22 Vorschläge zur Revitalisierung des Hüttengeländes und zur stadtökologischen Intervention. Die Bearbeitung war in den Semesterablauf integriert und wurde von Veranstaltungen und Vorstellungen in Saarbrücken begleitet. Campus Freising Planungswerkstatt Mit Planungsworkshops oder Planungswerkstätten lassen sich einige akademische Ansprüche an die Ausbildung überprüfen und Vergleiche mit anderen Ausbildungsgängen und -formen ziehen. Planungswerkstätten sind Experimente, sind Labors für planerische Argumentation. Sie fordern konzentriertes Arbeiten – analysieren, entwerfen und kommunizieren – und handwerkliches Können. Durch die breite Streuung von Fachleuten können neue Lösungsstrategien durch neue, so noch nicht bekannte Kombinationen entstehen. Insbesondere dann, wenn Ziele und Probleme nicht eindeutig definierbar sind, die Aufgaben neu und wenig erprobt oder besonders komplex erscheinen, helfen studentische Entwurfsworkshops bei der Suche nach Strategien und Entscheidungen. Im Sommer 1996 wurde das 40jährige Bestehen des Studiengangs Landschaftsarchitektur an der Technischen Universität München mit einem internationalen Workshop gefeiert. Zu den europäischen Hochschulen, zu denen im Rahmen des ERASMUS-Programms Kontakte beste- Abb. 3: Vorstellung und Diskussion des Arbeitsansatzes der Schweizer Arbeitsgruppe aus Rapperswil. DISP 138 42 1999 den zur Verfügung. Die Entwurfsarbeit wurde von Fachvorträgen begleitet, die – öffentlich veranstaltet – auch von den Bürgern der Stadt besucht wurden. Die Leistungen der Arbeitsgruppen wurden von einer international besetzten Jury in einem öffentlichen Verfahren bewertet. Die Ergebnisse wurden den Bürgern und der Verwaltung der Stadt vorgestellt. Abb. 4: Der Steg der AG TU München überquert auch die Hafenbecken und bietet Rastplätze und Aussichtspunkte auf den Hafenbetrieb. «Grüngürtel» Frankfurt am Main Abb. 5: Aus der Stadtstruktur heraus entwickeln Kienast und Team eine Verknüpfung durch das Industriegebiet Osthafen. hen (Manchester Metropolitan University, Architectural Association London, Universitat de Evora, Politecnico Milano, Univerza Ljubljana, Royal Veterinary and Agricultural University Frederiksberg, Universität Wageningen), waren eine Arbeitsgruppe des Interkantonalen Technikums Rapperswil, der Clemson University, USA, und Architekturstudenten der RWTH Aachen eingeladen. Auf der Grundlage eines Rahmenplans, der die Stadt Freising, den Campus der Hochschulen und die südlichen Stadtteile stärker als bisher miteinander verknüpft, sollten Konzepte zum Campus, zum Verbindungspark Lerchenfeld und zum Domberg entwickelt werden. Die Hochschuleinrichtungen, -institute, Gärten, Brauerei sind ein wichtiger städtebaulicher Faktor und von überregionalem Interesse. «Der Workshop brachte das Ergebnis, dass es (zur Verbesserung der Situation) ... in erster Linie einer besseren Infrastruktur bedarf. Die Darstellung von Studien- und Forschungsinhalten im Aussenraum ist ein wichtiges und heiss diskutiertes Thema.» [4] Die Arbeitsplätze der studentischen Teams waren in räumlicher Nähe zueinander angeordnet, so dass Kommunikation direkt möglich war. Werkstätten für Modellbau, Reproduktionsmöglichkeiten und graphische Bearbeitung stan- Während einer «Sommerakademie» im September 1990 bearbeiteten sieben Landschaftsarchitekturbüros und elf Teams von Studenten und Hochschullehrern aus dem In- und Ausland Teilgebiete des «neuen Grüngürtels» Frankfurt am Main. «Die Entwürfe ... sollten sich ... auf die Gestalt der Landschaft in der Stadt beziehen: auf die Brüche der Räume und Nutzungen, auf die fehlenden Zusammenhänge und Verbindungen sowie auf den Übergang von Siedlungsund Freiraum, also auf die Konflikte zwischen Bebauung und Landschaft und die Aneignungsfähigkeit der Räume für Erholung.» [5] Das Neue dieser Arbeitsform war die konkurrierende Bearbeitung gleicher Entwurfsgebiete durch freie Planungsbüros und studentische Arbeitsgruppen. Neben dem Büro D. Kienast mit S. Kuhn und G. Vogt bearbeiteten unsere Arbeitsgruppe der TU München (Bartholmai, Hellecke, Meinecke, Nau) und Gruppen von Architekturstudenten und -studentinnen aus Barcelona und Los Angeles das Entwurfsgebiet Ost mit dem Osthafen, dem Grossmarkt, den Speditionen und Recyclingbetrieben und ähnlichen Nutzungen. Die planerischen Interventionen des Büros Kienast und der Gruppe der TU München sind ähnlich, wenn auch in Ausformung und Verdinglichung vollkommen unterschiedlich: die heterogenen, funktionalen, ost-west-gerichteten Nutzungsbänder werden mit einer gegenläufigen linearen Struktur überlagert oder aufgerissen und so sichtbar, erfahrbar und vielleicht auch begreifbar. Sie werden dadurch auch mit der vorhandenen städtebaulichen und Freiraum-Struktur verflochten. DISP 138 «Wir folgern daraus, dass der Osthafen einerseits wichtiger Arbeitsplatz ist. Andererseits ideales Biotop für den Stadtneurotiker. Das Konzept ... baut auf die Dualität von Betriebshektik und Verlassenheit auf und meint: einerseits Erhaltung der bisherigen Gewerbe- und Industrienutzung ..., andererseits die Verweigerung nützlichkeitsorientierter Freizeiteinrichtungen.» [6] Die AG der TU München schlägt als wichtigste Intervention einen Stahlsteg vor, der die gefahrlose Querung der Bahnlinien, Ausfallstrassen und Hafenbecken gewährleisten und gleichzeitig den Betriebsablauf von Gewerbe, Industrie und Hafen nicht einschränken soll. «Es sind punktuelle Massnahmen, die im Zusammenhang mit den linearen Verbindungen ein System von ‹Trittsteinen› für unterschiedliche Nutzungsformen ergeben. Damit werden interne Verbesserungen für Leben und Arbeiten im Hafenquartier erzielt, aber auch interessante und spannende Nutzungsangebote für andere Gruppen und zu anderen Zeiten gemacht. Der Hafen wird so zu einem besonderen Punkt im Stadtgefüge, bekommt Bedeutung im Bewusstsein der Stadtbewohner.» [7] Die Suche nach konzeptionellen Antworten mit den jeweiligen büro- oder hochschulspezifischen Methoden sind bei Workshops oder Planungswerkstätten transparent und gut sichtbar. Problematisierung, Argumentation und konzeptionelle Reaktion können bei der Bearbeitung hinterfragt werden. Der Austausch mit anderen Teams ist erwünscht und wird gesucht. Er erfolgt informell und direkt. Offene Türen und «das Spiel mit offenen Karten» sind dabei erfolgsfördernder als anonyme Arbeitsformen. Gerade die konkurrierende Bearbeitung mit etablierten Büros wie bei der Sommerakademie in Frankfurt am Main war für die studentischen Arbeitsgruppen stark motivierend. Denn trotz Wettbewerb und Konkurrenz erfolgte die Bearbeitung immer in einer ausserordentlich kollegialen und angenehmen Atmosphäre. Die Kürze der Zeit erfordert ergebnisorientiertes, effizientes Arbeiten, sowohl bei der Erfassung der planerischen Probleme wie auch beim Entwurf und bei der Dar- 43 1999 stellung und Vermittlung der Lösungsvorschläge. Teamarbeit und Diskussionsfähigkeit werden ebenso geübt wie die Kommunikationsfähigkeit mit Auftraggebern, Bürgern und Kollegen. Die bisherigen Erfahrungen mit Workshops/Planungswerkstätten als besondere Arbeitsformen für die Lehre und das Studium sind durchweg positiv. Die Konzentration auf eine Entwurfsaufgabe und das konkurrierende Verfahren setzen Kreativität und Energie frei, die zu interessanten Konzepten führen. Der kontinuierliche Austausch mit anderen Arbeitsgruppen erweitert das Lösungsspektrum und provoziert neue Gedanken. «Jene alten Meister in den Werkstätten, jene alten Fechtlehrer, jene alten Lehrer Gottes, jene alten Philosophen waren neugierige, sehr neugierige Leute, was das Leben betrifft; sie beschränkten sich beim Unterrichten nicht aufs Sprechen, sondern gingen spazieren, diskutierten, hatten Geduld, berührten alles, kosteten alles, bestellten den Gemüsegarten mit eigenen Händen, kochten Suppe und brieten verschiedene Tiere, die sie dann auftischten, zeichneten und betrachteten den Himmel, zählten die Sterne, lauschten den Winden, litten an Abstinenz oder verzehrten sich nach Frauen, waren neugierig, investierten in das Leben, waren nicht mit wenig zufrieden, wollten nicht irgendetwas, sondern wollten alles oder suchten zumindest alles: Sie suchten das ganze Leben.» [8] Abb. 6–8: Offene Arbeitsform während eines studentischen Workshops in Bremerhaven, 1991. Anmerkungen [1] Dieter Kienast, Manuskript 10 Thesen, ETH Zürich, November 1998. [2] ebd. [3] aus: Landeshauptstadt Saarbrücken (Hrsg.): Projektentwicklung Burbacher Hütte Saarbrücken, Saarbrücken 1990. [4] dieses und die folgenden Zitate aus: Bartholmai, G./Gauger, M.: Vom Campus in die Stadt, Garten+Landschaft 12/1996, S. 27 ff. [5] aus Koenigs,Tom (Hrsg.):Visionen offener Grünräume, Campus Verlag, Frankfurt/New York, 1991. [6] aus Koenigs,T.: siehe oben. [7] AG TU München in Koenigs, T.: siehe oben. [8] Sottsass, E., jr. In: Burckhardt, L., Design = unsichtbar, CantzVerlag, Ostfildern 1995.