Provenienzfragen im DHM - Deutsches Historisches Museum

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Provenienzfragen im DHM - Deutsches Historisches Museum
Dr. Regine Falkenberg/Stiftung Deutsches Historisches Museum
Wem gehört was und warum?
Provenienzfragen am Deutschen Historischen Museum im Überblick
Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen,
es ist kompliziert, kleinteilig, mühsam und langwierig sich mit den Überlieferungslücken von
Objekten in Museen zu befassen. Meistens geben wir uns mit dem Augenfälligen zufrieden:
Das Objekt ist präsent, es sieht gut aus und wir können aufgrund von Farbe, Form und Beschaffenheit konkrete Aussagen zur Funktion machen. Diese Angaben werden sogleich im
elektronischen Inventarbogen festgehalten, der dem Objekt seinen Platz in der Datenbank
sichert, und vielleicht wird der Gegenstand irgendwann einmal für eine Ausstellung ausgewählt. Was wollen wir mehr? Wir haben als Sammlungskuratorinnen und -kuratoren und als
Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler die Aufgabe, auch nach dem zu fragen, was wir
nicht auf den ersten Blick sehen, was wir nicht hier und jetzt eindeutig einordnen und kategorisieren können. Wir müssen großen Mut aufbringen, uns dieser Verunsicherung, die jedes
Objekt in sich birgt, stets aufs Neue zu stellen. Und klären wir die rechtmäßige Herkunft auf,
müssen wir gegebenenfalls sogar den Verlust des geliebten Gegenstands für die Sammlung in
Kauf zu nehmen.
Die dem Deutschen Historischen Museum 1990 übertragene Nutzung der Sammlung des Museums für Deutsche Geschichte bescherte uns vor allem einen unerwarteten Sammlungszuwachs. Unmittelbar und aus eigener Anschauung erfuhren wir, dass Sammlungen Gedächtnisse von Herrschaft sind. Vielzahl und Auswahl des vorgefundenen Sammlungsgutes imponierte, aber das Weglassen oder Hinzufügen von Objektinformationen und Provenienzen machte
uns ratlos. Diese Vorgehensweise hatte auch der Legitimation des Staates DDR gedient. Und
nun? Nach dem Fall der Mauer 1989 und den gravierenden politischen Veränderungen in Europa war das Thema Restitution über den Arbeitsalltag der Museumswissenschaftlerinnen und
-wissenschaftlern quasi über Nacht – vom 2. zum 3. Oktober 1990 – hereingebrochen. Wir
stellten viele Fragen und bekamen von Kolleginnen und Kollegen des DDR-Museums kaum
Antworten. Wer hatte in den verschiedenen Sammlungen die Einträge ins Inventarbuch vorgenommen? Welche Informationen lagen dem Eintrag zugrunde? Was bedeutete der Herkunftseintrag „Altbestand“ und woher kam „unbekannt“? War das Museum für Deutsche Geschichte nicht 1950 erst gegründet worden? Bezog sich Altbestand vielleicht auf fremde, historische Sammlungsbestände? Was bedeutete der Begriff „Übergabe“? War damit eine
Schenkung oder ein Ankauf gemeint, oder wurde der Gegenstand zum Zweck einer Ausstellung nur mal geliehen? Faktisch ist fast jeder Inventarbucheintrag in Zweifel zu ziehen, da
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keineswegs eine systematische Begrifflichkeit verwendet wurde – nicht einmal innerhalb eines Fachbereichs.
Auch an einem harmlos erscheinenden „Ankauf“ kann sich bei genauer Untersuchung eine
menschliche Tragödie knüpfen. Geschah der Verkauf wirklich freiwillig oder stand der Druck
des Ministeriums für Staatssicherheit dahinter? War vielleicht die Übersiedlung in den Westen geplant? Mussten die Kulturgüter aus diesem Grund in der DDR verbleiben und unter
Zwang verkauft werden? Beispielsweise erwarb das Museum für Deutsche Geschichte in den
1950er Jahren Waffen aus dem Privatbesitz eines Sammlers. Sein Sohn konnte fast 50 Jahre
später nachweisen, dass sein Vater, der 1957 die DDR verlassen hatte, von Polizei und Staatssicherheit gezwungen worden war, seine Sammlung in der DDR zurückzulassen. Fristgerecht
hat der Sohn vermögensrechtliche Ansprüche beim Staatlichen Amt zur Regelung offener
Vermögensfragen in Gera geltend gemacht. Die Angelegenheit konnte 2005 schließlich mit
der Rückgabe der Objekte an die Erben abgeschlossen werden.
Auch die seit 1986 getätigten Ankäufe des in Berlin (West) gegründeten Deutschen Historischen Museums befinden sich keineswegs auf der Seite gesicherter Provenienzen. Das Kunstund Kulturgut wurde zwar „rechtmäßig“ und im guten Glauben auf Auktionen erworben,
könnte aber auch aus dubiosen Quellen stammen – wie wir inzwischen aus rechtswissenschaftlichen Arbeiten wissen. Der Rechtsanwalt Dr. Ulf Bischof dokumentierte in seiner 2003
veröffentlichten Dissertation „Die Kunst und Antiquitäten GmbH im Bereich Kommerzielle
Koordinierung“, dass Auktionshäuser wie beispielsweise Bolland & Marotz in Bremen Ende
der 1980er Jahre Gemälde von der Kunst und Antiquitäten GmbH in der DDR gekauft hatten.
Die Kunstwerke waren Teil so genannter Schlossbergungsbestände, die Museen in der DDR
übernommen hatten. Die Übergabe solcher Bestände an Museen ging auf den Befehl Nr. 177
des Jahres 1946 der Sowjetischen Militäradministration zurück. Die Objekte waren in der
DDR in Volkseigentum stehende Vermögensgegenstände und fielen unter den Schutz des
Staatlichen Museumsfonds.1 Im konkreten Fall ging es um die stattliche Zahl von 372 Bildern, die die Staatlichen Kunstsammlungen Dresden aus Schlossbergungsbeständen aussonderten und im Sommer 1989 gegen Valutamark über die Grenze in den Westen schickten.
Den Export ermöglichte das Ministerium für Kultur der DDR durch Freigabe der Kunstwerke.
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Ulf Bischof: Die Kunst und Antiquitäten GmbH im Bereich Kommerzielle Koordinierung. Berlin 2003, S.
375f.
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Es ist nicht auszuschließen, dass Gemälde auf Umwegen aus dem Handel in das DHM gekommen sind.
Bleiben wir noch in einen Moment in der Zeit der Vermögensverluste durch Bodenreform und
Beschlagnahmung zwischen 1945 und 1949.
So genannte Schlossbergungsbestände fanden sich auch im Museum für Deutsche Geschichte.
Rund 160 Objekte, Porzellane, Gemälde und Möbel stammten aus Schloss Schlobitten, dem
Sitz der prominenten ostpreußischen Adelsfamilie Dohna. Über 400 Jahre war das Schloss
Eigentum der Familie. Alexander Fürst zu Dohna konnte im Herbst 1944 einige Gemälde,
Fayencen, Möbel und Porzellane nach Bernburg an der Saale auslagern. Schloss Schlobitten
brannte im Januar 1945 fast völlig nieder. Als Fürst zu Dohna im April 1947 seine Kunstgegenstände in Bernburg abholen wollte, wurden sie von der Polizei beschlagnahmt und in das
dortige Museum gebracht. Im Museum für Deutsche Geschichte ist die Sammlung Dohna
aktenkundig durch ein „Übergabe-Übernahme-Protokoll“ vom 14. Juni 1955, als Mitarbeiter
des Museums die Objekte in Bernburg abholten. Sie sind in diesem Protokoll eindeutig als
„Vermögenswerte d. Fürsten Dohna-Schlobitten“ ausgewiesen und als „vormals Besitz des
Fürsten zu Dohna-Schlobitten“ in die Inventarbücher des Museums für Deutsche Geschichte
eingetragen worden.
Alexander Fürst zu Dohna lebte seit 1948 in der Schweiz und erhielt dort gleich die Schweizerische Staatsbürgerschaft, da die Familie seit 1657 das erbliche Bürgerrecht in Bern besaß.
Noch vor der Vereinigung der beiden deutschen Staaten forderte Fürst zu Dohna die Inventarstücke aus Schloss Schlobitten zurück – und er bekam sie. Im September 1990 hatte Herbert Schirmer, Minister für Kultur in der DDR, die Begründung gegeben: Fürst zu Dohna war
Ausländer und bekam sofort die Ausfuhrgenehmigung nach dem Kulturgutschutzgesetz der
DDR.
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Bereits 1992 hatte meine Kollegin vom Fachbereich Kunstgewerbe vergeblich versucht, über
eine Objektgruppe mit dem Vorbesitzervermerk Schloss Langenstein, TuberkuloseEinrichtungen des Kreises Halberstadt Abt. Rehabilitationsheilstätte Langenstein einen möglichen Eigentümer in Erfahrung zu bringen. Die Gemälde, Möbel, Spiegel, Vasen, Wandblaker und Lampen kamen am 9. November1961 ins Museum für Deutsche Geschichte. Über die
Zugangsart wurde entweder geschwiegen oder sie ist als „Übergabe“ (Was ist das?) deklariert.
Durch eine Vase kam der Stein ins Rollen. Sie trägt die Widmung: „Dem belehrendsten Führer / und freundlichsten Wirthe, Herrn Rittergutsbesitzer, / Ober=Amtmanne Rimpau / zur
Erinnerung / an den 1.ten September 1858“. Recherchen im Internet führten meine Kollegin
auf die Spur der Familie Rimpau, der seit dem 19. Jahrhundert das am Ostrand des Harzes
liegende Schloss gehört hatte. Bereits seit Jahren hatten die Erben beim Landesamt für offene
Vermögensfragen in Halle einen Antrag auf Rückübertragung von Vermögenswerten und auf
Rückgabe beweglicher Sachen nach § 5 AusglLeistG2 gestellt. Das Schloss haben die Rimpaus, die 1946 enteignet wurden, nicht zurückbekommen, dafür erhielten sie aber 2009 aus
dem DHM unerwartete Familienschätze zurück. „Wir jedenfalls hatten beim Auspacken so
eine Art weihnachtliche Bescherung. Nun kommt die Restaurierung. Die Bilder sind bereits
beim Restaurator.“3. Da die Erben an der Rekonstruktion der bedeutenden Langensteinschen
Gemäldegalerie des 18. Jahrhunderts arbeiten, waren sie über die Bilder besonders erfreut.
Auf eine Schreibmaschine und drei Lampen erhoben die Rimpaus keinen Anspruch. Wie sich
herausstellte, gehörten sie nicht zum Schlossinventar, sondern zur Ausstattung der Heilstätte.
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„Anträge auf Rückgabe beweglicher Sachen aus Privatvermögen, die im Zusammenhang mit der Enteignung
der Land- und Forstwirtschaften im Zuge der Bodenreform und der Industrieenteignungen im Zeitraum von 1945
– 1949 in den Schlössern, Guts- und Herrenhäusern des Landes Sachsen-Anhalt konfisziert und in Museen, Bibliotheken und Archive verbracht worden sind.“ (Vgl. z. B. Homepage www.sachsen-anhalt.de).
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Mail der Familie Rimpau an das DHM vom 30. November 2009.
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Im Folgenden möchte ich das Schicksal vier historischer Sammlungsbestände vorstellen, die
1958/1959 von der Sowjetunion an die DDR zurückgegeben wurden.
Der mit mehr als 420 Objekten zahlenmäßig umfänglichste Fremdbestand im DHM stammt
aus dem Hohenzollern-Museum. Es handelt sich um 270 Uniformen und Fahnen, 112 zivile
Textilien, 22 Waffen und neun kunstgewerbliche Gegenstände. In der Zahl sind nachgewiesene Objekte enthalten und solche, die sehr wahrscheinlich zum Hohenzollern-Museum gehört
haben. Unsicherheiten hinsichtlich der Provenienz tauchen vor allem dann auf, wenn alte Hohenzollern-Museums-Inventarbücher verbrannt sind, geklebte Inventarnummern vom Objekt
abgefallen sind oder mutwillig abgenommen worden waren.
Das 1877 gegründete Hohenzollern-Museum war im Schloss Monbijou – 1958 gesprengt,
heute Grünfläche und Schwimmbad – untergebracht. Es umfasste Bestände der Kunstkammer
der brandenburgisch-preußischen Herrscher, Spezialsammlungen von Tabatieren, Vivat- oder
Siegesbändern, Petschaften, Orden, Miniaturen und Nachlässe der Hohenzollern aus verschiedenen Residenzen.
Das Museum wurde nach dem Ersten Weltkrieg geschlossen. Der letzte Kaiser aus dem Haus
Hohenzollern ging ins niederländische Exil und die Vermögensauseinandersetzungen zwischen dem Preußischen Staat und dem vormals regierenden preußischen Königshaus zogen
sich bis 1926 hin. Dann gab es eine Lösung: Die Verwaltung des Hohenzollern-Museums
wurde dem Staat übertragen. Auflage war, dieses Museum in seiner Eigenart zu erhalten. Dafür beließen die Hohenzollern die ihnen gehörigen Sammlungsgegenstände dort.
Das Museum im Schloss Monbijou schloss 1940. Wie ergänzende Einträge in das ab 1919
geführte Sammlungs-Inventarbuch bezeugen, begann dann die kriegsbedingte Verlagerung
von den Objekten in Kisten, die auch im Berliner Schloss untergebracht wurden.
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Diese Kisten müssen während der Kriegshandlungen erbeutet beziehungsweise nach der Besetzung Berlins durch die Rote Armee am 2. Mai 1945 beschlagnahmt worden sein. Als so
genanntes Beute- oder besser Raubgut wurden die Museumsobjekte in die Sowjetunion verbracht. Wie alle Siegermächte beanspruchte auch die Sowjetunion Reparationsleistungen, die
vor allem in Wirtschaftsgütern sowie in Kunst- und Kulturgütern bestanden. Sie befinden sich
heute noch zu großen Teilen in den Kellern russischer Museen. Im Rahmen des „Aufbaus
einer sozialistischen Gesellschaft“ in der DDR gab die Sowjetunion seit 1956 abtransportierte
Trophäenkunst zurück. Auf diesem Wege erhielt 1958/1959 das Museum für Deutsche Geschichte, das noch nicht über eine große Sammlung verfügte, Objekte aus dem HohenzollernMuseum. Das Ministerium für Kultur der DDR hatte im Vorfeld des Kulturguttransfers dem
Museum für Deutsche Geschichte auf Anfrage bestätigt, „daß die Aufgabe und Bedeutung des
Museums (...) eine mögliche Überführung herrenlosen Kunstgutes aus den Beständen des
Schlosses Monbijou“4 rechtfertige. Daher wurden dem Museum für Deutsche Geschichte im
Laufe des Jahres 1959 noch weitere Hohenzollern-Museumsobjekte vom Kunstgewerbemuseum Köpenick und vom Historischen Museum Dresden übergeben.
Seit 1991 gibt es Verhandlungen mit dem vormals regierenden preußischen Königshaus. Wenigstens haben sich inzwischen die drei vom Rechtsstreit betroffenen Institutionen Stiftung
Preußischer Kulturbesitz, Stiftung Preußische Schlösser und Gärten und Stiftung DHM zu
gemeinsamem Handeln entschlossen. Und es wird weiterhin gesichtet, geforscht, geschrieben
und enthusiastisch diskutiert:
• Ist das Gesetz über die Vermögensauseinandersetzung zwischen dem Preußischen Staate
und den Mitgliedern des vormals regierenden Preußischen Königshauses vom 29. Oktober
1926 gültig? Mit dem Errichtungsgesetz von 1957 wurden der Stiftung Preußischer Kulturbesitz die preußischen Sammlungen überantwortet. In der DDR oblag aber die Verwaltung der
Hohenzollern-Museums-Objekte auch der 1927 gegründeten Schlösserverwaltung. Gilt das
Errichtungsgesetz nun rückwirkend auch für die Sammlungen in der DDR?
• Gehören auch die nach 1918 erworbenen Objekte des Hohenzollern-Museums dem Königshaus? Diese Frage wird vom Haus Hohenzollern bislang verneint, so dass uns beispielsweise
das silberne Modellschiff Imperator von 1912 – zu sehen in der Ständigen Ausstellung –
erstmal verbleibt, weil es sich um Sammlungs-Zugang nach 1918 handelt.
• Die Stiftung Preußischer Kulturbesitz hat auch im Einigungsvertrag von 1990 die vorläufige
Verwaltung der Gegenstände übernommen. Widerspricht diese Funktion dem §3 der Rahmenvereinbarung von 1990 über Verwaltung und Nutzung der Liegenschaften und Sammlungsbestände des Museums für Deutsche Geschichte durch das DHM? Darf das DHM damit
die Rechte an den vom Museum für Deutsche Geschichte ererbten Hohenzollern-MuseumsObjekten überhaupt selbst wahrnehmen oder muss das DHM die Rechte und damit die Objekte an die Stiftung Preußischer Kulturbesitz abtreten?
Der Katalog komplizierter Fragen ließe sich leicht fortsetzen und Juristen werden weitere
Monate, wenn nicht Jahre, mit den Hohenzollern beschäftigt sein. Nießbrauch besteht für das
DHM bis 2014, und so lange werden wir die Objekte weiterhin gut umsorgen, beforschen und
ausstellen.
Kurz gehe ich noch auf drei Sammlungsbeispiele ein, die ebenfalls 1958/1959 über die sowjetische Rückführung ins Haus gekommen waren.
Rund 400 Objekte im Museum für Deutsche Geschichte gehörten zur Sammlung Budzinski.
William Budzinski war zwischen 1912 und 1935 als Kostümbildner in Berlin tätig. Er entwarf
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Weisung von Prof. Hans Pischner (Stellvertreter des Ministers für Kultur) an Prof. Alfred Meusel (Direktor des
MfDG), datiert 15. Oktober 1958. Stiftung DHM, Hausarchiv, MfDG-Bestand: Direktion.
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und fertigte in seinem eigenen Atelier Kostüme für Theater, Revue, Varieté sowie individuelle Tanz- und Festkleider. Über Jahre legte er eine umfassende Kostümsammlung mit Stücken
vom 18. Jahrhundert bis in die 1930er Jahre an aus Leidenschaft und als Anregung für seine
Arbeit. Sein wirtschaftlicher Ruin zwang ihn 1935 und 1938 zum Verkauf von insgesamt rund
3000 Kostümen und Accessoires an das Berliner Kunstgewerbemuseum. Nur ein Bruchteil
der Objekte landete 1958 direkt im Museum für Deutsche Geschichte. Ein weiteres ObjektHopping gab es in den 1970er Jahren, als das Kunstgewerbemuseum in Schloss Köpenick
aufgrund von Gebäudeschäden weitere Accessoires der Sammlung Budzinski dem Museum
für Deutsche Geschichte übergab. Diese überlieferten Objekte aus der Sammlung des Kostümbildners gab das DHM dann 1996 an das Kunstgewerbemuseum zurück, zumal ein konkretes Interesse von Seiten des DHM bestand. Es bekam dafür aus dem Zeughausbestand Orden und Auszeichnungen zurück, so weit sie beim Verwahrer, dem Kunstgewerbemuseum, in
den 1960er Jahren nicht gestohlen worden waren.
Einem großen Zufall verdankten wir 2001 die Aufklärung der Provenienz 120 textiler Objekte, die dem Kunstgewerbemuseum der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden gehören und
sich bis dahin in unserer Sammlung befunden hatten. Eine Kollegin des Bamberger Diözesanmuseums erklärte sich zur Begutachtung unserer wenigen liturgischen Gewänder bereit.
Eines dieser Messgewänder ordnete sie regional als sächsisch ein. Mit Hilfe des Evangelischlutherischen Kunstdienstes der Landeskirche Sachsen ließ sich diese Kasel genau bestimmen,
da dort die kirchlichen Kunstschätze Sachsens mit allen greifbaren historischen Fotos dokumentiert worden waren. Aus der Dresdener Fotothek lag eine Aufnahme genau dieser Kasel
aus dem Jahr 1940 vor. Auf der Rückseite war vermerkt: „Dresden, Kunstgewerbemuseum
(...) seit 1945 verschollen.“
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Im Jahr 2002 fand dann in Berlin die vom DHM initiierte Übergabe von Wandbehängen,
Stoffen, Kirchengewändern, Kleidung und Trachtenteilen an das Kunstgewerbemuseum in
Dresden statt. Der Fund wurde in Schloss Pillnitz sogleich ausgestellt, und die Einnahmen aus
den Eintrittsgeldern kamen dem durch das Elbhochwasser geschädigten Kunstgewerbemuseum zugute.
Ein letztes Beispiel aus der sowjetischen Rückführung soll zeigen, dass Objekte auch mal
bleiben dürfen. 34 Kostümteile in unserer Sammlung stammen aus der Hochschule für die
Bildenden Künste zu Berlin. Dabei handelt es sich sowohl um Kleidung als auch um Theaterkostüme. Alle Objekte tragen innen den Stempel HfDBK.
Die 1875 gegründete Hochschule hatte seit etwa 1880 eine eigene große Kostümkammer, die
auch jährlich durch großzügige Schenkungen von Berliner Bürgern oder Theatern erweitert
wurde. Denn die Kunststudenten mussten nach ihrem Lehrplan sich zum Beispiel im „Gewandzeichnen“ üben oder „Kostümstudien“ erstellen und beides „nach dem lebenden Modell“. Der Fundus diente somit als „Verkleidung“. Die Sammlung von rund 4500 Kostümierungsteilen ist im Zweiten Weltkrieg weitgehend verbrannt, lediglich die wenig aufschlussreich formulierten Einträge in die Kostüminventare befinden sich noch im Archiv der heutigen Universität der Künste. Der Archivleiter unterstützte uns bei der Identifizierung unserer
Stücke. Er ist zufrieden, dass nach zwei Diktaturen, die es mit Mein und Dein nicht so genau
nahmen, die interessanten Belegstücke unter konservatorisch idealen Bedingungen nun in der
Sammlung des DHM bewahrt werden.
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Wer noch denkt, ein Museum und seine Sammlungen seien statisch, der irrt. Sicherlich sind
die Bewegungen bezogen auf den Sammlungsbestand des 1952 gegründeten Museums für
Deutsche Geschichte und des 1987 gegründeten Deutschen Historischen Museums klein. Im
Ganzen haben wir in den letzten 20 Jahren bei einem Gesamtbestand von etwa 800 000 Objekten rund 1000 Gegenstände an Eigentümer zurückgegeben. Bei ihnen sind Kunst und Kulturobjekte – sofern sie nicht leichtfertig veräußert wurden – gut aufgehoben. Familiengeschichte, Regionalgeschichte, Schlossgeschichte oder eben Diktaturgeschichte ist auch unsere
Geschichte. Gerade deshalb müssen wir konsequent mit der Entzauberung der Provenienzen
fortfahren, eine Aufgabe, die uns die Generation unserer Eltern und Großeltern aufgetragen
hat und die noch Jahre in Anspruch nehmen wird.
Das Deutsche Historische Museum wird weiterhin ein sorgfältiger Wächter der gekauften und
geschenkten Objekte sein. Es bedient sich dazu eines Mediums, das, wie die Kulturwissenschaftlerin Aleida Assmann formuliert, „das Gedächtnis aus dem Menschen auslagert und es
unabhängig von lebendigen Trägern befestigt“5. Die GOS-Datenbank ist – neben Inventarbüchern, Rechnungen und weiteren Dokumenten aus dem wohl geordneten Hausarchiv – der
wichtigste Speicher, den das DHM besitzt. Er hält alle Objekte mit ihren Provenienzen fest,
auch wenn sie die Sammlung vielleicht einmal endgültig verlassen sollten. Diese Gedächtnisfähigkeit macht unsere Datenbank zu einem wertvollen Zeugnis der hauseigenen Sammlungsgeschichte.
Vielen Dank!
Das Ende der Geschichte von Donald und dem goldenen Helm möchte ich Ihnen nicht vorenthalten: Dank des Einfallsreichtums seiner Neffen, die die Streitenden im Boot durch das
Bewerfen mit Fischen ins Straucheln brachten, hatte sich die Frage nach dem rechtmäßigen
Eigentümer schnell erledigt ...
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Aleida Assmann: Erinnerungsräume. 4., durchgesehene Aufl., München 2009, S. 344.
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