Bericht der Segelzeitschrift YACHT über die Werft
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Bericht der Segelzeitschrift YACHT über die Werft
21 — 2013 werf tp orträt • delphia 71 Gründer Wojciech und Piotr Kot haben Delphia großgemacht. Mit Maxi stoßen sie ins Luxussegment vor Aufbruch ost In Masuren hat sich, kaum beachtet, ein Familienbetrieb in die Top Ten des Serienbootsbaus vorgearbeitet. Und Delphia Yachts will noch mehr. Zu Besuch bei einem Phänomen Imageträger. Die erste Maxi 1300, die nach dem Verkauf der Marke in Polen gebaut wurde f o to s : Wat e r k a m p i o e n / B . Ko lt h o f ( r . o. ) , w e r f t ( l . ) D ie Vorpremiere findet Ende Juni statt, unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Und es gibt keinen besseren Ort dafür als den Werfthafen an der Martwa Misla, der Toten Weichsel, die nur wenige Kabellängen westwärts in die Danziger Bucht mündet. Kein Mensch verirrt sich zufällig in das Brachland, das nur über verschlungene, reifenmordende und achsenbrechende Straßen zu erreichen ist, vorbei an den vorindustriell geprägten Außenbezirken der Stadt. Wie eine Barre liegt ein Kraftwerk mitten im Weg, das ungeschminkt als Schauplatz eines düsteren Öko-Thrillers dienen könnte. Wer sich bis dahin noch einigermaßen auf Kurs wähnte, den beschleichen spätestens hier ernste Zweifel an der Richtigkeit der RoutenEt venibh ex exerill uptat. Ut vel utat. Ut iureet empfehlung seines Navis. augait alit lore tat, volobortis Eben aufcommodolore mehrspurigen Stadtstraßen nummod euipit la feugait wisim Bürokompleunterwegs, dieetvon modernen xen, Jugendstil-Bauten und Elektronik-Outlets gesäumt waren, trifft der Besucher hier auf ein Polen, das noch die Ära lange vor der von Solidarnosc 1989 erzwungenen Wende verkörpert. Ein jäher Wechsel. Von Marktzurück zur Planwirtschaft sind es nur wenige Kilometer. Und doch herrscht auch dort, wo es nach Schweröl und rostigem Eisen riecht, nach brackigem Wasser und feuchtem Holz, derselbe Aufbruchgeist, der Teile des Landes ökonomisch schon stark vorangebracht hat. Ein Schild am Eingang zum Hafen von Delphia Yachts, dem mit Abstand größten Bootsbauer des Landes, kündigt bereits bessere Zeiten an: eine größere Charterstation, Verproviantierungsmöglichkeiten, neue Sanitäranlagen, vielleicht gar ein Restaurant. „Wir investieren hier, um eine moderne In frastruktur zu schaffen“, sagt Maciej Kot, der Marketingleiter und designierte Werftchef. „Es soll unser Stützpunkt an der Ostsee werden, eine Full-Service-Marina.“ Irgendwann, so hofft er, werde sich auch die Umgebung entwickeln. Häuser am Wasser, Ferienapartments, bessere Straßen: „In zwei, drei Jahren kann viel passieren.“ Fast meint man, in seiner Vision ein zweites werf tp orträt • delphia 72 21 — 2013 21 — 2013 werf tp orträt • delphia yachts 73 Wertarbeit Auf Augenhöhe mit den Besten W e rf tAre al CNC-Fräse Mit 1200 Booten pro Jahr arbeitet der Betrieb in Olecko an seiner Kapazitätsgrenze Für den Formenbau setzt Delphia auf modernste Präzisions-Technologie I n s e l f e r t ig u n g Tochterunternehmen Segelyachten entstehen in einer eigenen Halle. Der Ausbau ist bemerkenswert sauber Den Transport erledigt eine Spedition, die ebenfalls von der Familie Kot geführt wird Oha-Effekt. Auch in Sachen Design hat Delphia gewonnen, wie der Salon des Topmodells zeigt A m letzten Freitag im Juni prügelt Maciej Kot, Mastermind der künftigen Firmenstrategie, seinen 7er-BMW an die Mündung der Weichsel. Es ist 10 Uhr morgens, und wie immer hat er es eilig. Der erste Testschlag mit dem neuesten Modell steht auf dem Programm, dazu eine Fotoproduktion, das Üb liche. Aber nicht heute. Heute ist er selbst dabei. Heute geht es um mehr als ein Boot. Im Hafen herrscht emsiges Treiben, als der Junior von Werftgründer Wojciech Kot seinen schweren Wagen abstellt, Motor und Bremsen knisternd von der rasanten Fahrt. Er kommt zu früh, noch sind kleine Arbeiten zu erledigen. Sein Onkel Piotr Kot ist auch da, der technische Leiter der Werft. Er putzt, poliert, dirigiert. Erst tags zuvor hatte er den Mast gestellt. Auch für ihn ist es ein besonderer Moment. Nicht noch eine weitere Baunummer 1 unter vielen, sondern das Schiff, von dem sie sich internationales Renommee erhoffen. An der tristen Betonpier der DelphiaMarina, die einmal ein Magnet des Yachtsports werden soll, liegt weiß mit blauen und roten Zierstreifen am Wasserpass eine Yacht, die es eigentlich gar nicht mehr geben sollte. Noch so ein Wirklichkeit gewordener Konjunktiv, made in Poland. Niedriger Freibord, flacher Aufbau, hohes Rigg, ein makellos verlegtes Teakdeck. f o to s : Wat e r k a m p i o e n / B . Ko lt h o f ( 2, l . o., l . u. l . ) , w e r f t ( 4 ) Die Stärke von Delphia liegt in der Fertigung. Dank hoher Effizienz, moderner Technik und günstiger Lohnkosten sind die Polen ein harter Wettbewerber – auch in puncto Qualität Palma zu erahnen, ein Dubrovnik des Nordens, mindestens aber blühende Landschaften am Ufer der Toten Weichsel. Darin sind sie gut bei Delphia. Sie sehen, was ist, denken sich aber sofort, was sein könnte. Und es hat den Anschein, als ließen sie sich durch nichts und niemanden von ihren Vorstellungen abbringen. So haben sie den Betrieb, der erst 1990 mit dem Bau eines Angelbötchens begann, in Rekordzeit zu einer der ersten Adressen des internationalen Yachtbaus entwickelt. Von Januar bis Dezember werden fast 1200 Schiffe die Hallen in Olecko verlassen. Damit ist Delphia der einzige Großserien hersteller, der fünf Jahre nach der Finanz krise schon wieder Vollauslastung vermelden kann. Nach Stückzahlen sind die Polen derzeit die fünftgrößte Yachtwerft weltweit. Eine Werft auf dem Sprung. Wer sie verstehen will, muss weit reisen. Nach Masuren, nahe der russischen Grenze, wo ihre Wurzeln liegen. Nach Danzig. Und nach Schweden, wo ein Teil ihrer Zukunft Formen annimmt. Schon auf den ersten Blick hebt sich das Boot von den anderen am Steg ab. Erst recht bei näherem Hinsehen. Auf den versenk baren Klampen ist silbern ein Markenname eingraviert, der Klang hat: Maxi Yachts. Im Ankerbeschlag aus Edelstahl, per Wasserstrahl geschnitten, steht der Modellname: Maxi 1300. Eine Yacht, die Klasse hat. Und Geschich te. Eine Neuheit aber ist sie nicht. Der von Konstrukteur Pelle Petterson gezeichnete Performance-Cruiser kam schon vor acht Jahren auf den Markt, als Maxi noch zur schwedischen Nimbus-Gruppe gehörte. Dann übernahm Najad. Nach deren Insolvenz gingen die Markenrechte und Formen vor zwei Jahren schließlich an Delphia. Für die Polen ist die erste in Olecko gebaute Maxi 1300 dennoch so etwas wie ein Neuanfang. Mit ihr wollen sie zeigen, wie ausgefeilt ihre Produktion ist, welch hohe Qualität sie liefern können, was für ein Finish. Sie wollen beweisen, dass sie auf Augenhöhe sind mit den Besten. So wie Volkswagen Bugatti gekauft hat oder der chinesische Computerbauer Lenovo die Thinkpad-Marke von IBM, leistet sich auch Delphia eine Portfolio-Erweiterung nach oben. Maxi soll das eher biedere Image aufwerten und die bisher auf Fahrtenboote beschränkte Modellreihe um eine sportlichluxuriöse Eigenmarke ergänzen. Es ist der Versuch, ein Profil zu schärfen, das mit dem Wachstum nicht Schritt halten konnte. U nd, wie sieht sie aus?“, will Maciej Kot wissen. Er klingt regelrecht nervös bei der Frage, von der so viel für die Werft abhängt. Dabei ist die Anspannung unbegründet. Die Maxi 1300 wirkt durch und durch wie das Original aus Schweden. Nur leichte Modifi- »Wir wollen wachsen. Aber NICHT AUF KOSTEN DER SOLIDITÄT« kationen sind eingeflossen. Substanziell entspricht sie bis auf wenige Abweichungen dem hohen Standard des skandinavischen Bootsbaus. Liebevoll bis in die hintersten Winkel verkleidete Stauräume, gut zugängliche Kielbolzen, Bodenbretter aus Teak mit feinen Ahorn-Einlagen, massive Umleimer, mit Echtholz furnierte Kanten. Der ganze Ausbau warm, gediegen, geradezu klassisch, wie im Stil eines vornehmen Yachtclubs. Die Werktreue, mit der die Polen an die Arbeit gehen, hat fast etwas Rührendes. Ist diese komplizierte, detailverliebte Art, Yachten zu fertigen, nicht längst von der Groß serien-Effizienz bedroht? Finden sich heute noch genügend Liebhaber, die auch bereit sind, den Preis für solche Manufaktur-Produkte zu bezahlen? Günstig ist die Maxi 1300 schließlich nicht. Sie kostet 330 000 Euro ab Werft, ungefähr so viel wie vor acht Jahren, bei etwas besserer Ausstattung. Das mag überraschen, weil Delphia eigentlich von unten kommt. Aber die Wahrung des einstigen Preisniveaus zeigt das erstarkte Selbstbewusstsein der Werft – und ernsthafte Interessen. „Maxi ist für uns mehr als ein Marketing-Tool“, betont Maciej Kot. „Es ist ein Geschäftsmodell.“ Damit das 74 werf tp orträt • delphia yachts 21 — 2013 21 — 2013 werf tp orträt • delphia 75 weiterentwicklung Stilvorlage. Die Delphia 31 zeigt, wo die Werft mit ihrer Fahrtenboot-Linie hinwill werke integriert, ferner Entwicklung, Buchhaltung, Vertrieb. Nur ein Teil des Marketings und das Chartergeschäft werden von Warschau aus gesteuert. Das sichert kurze Wege und schnelle Entscheidungen. Neben der Auftragsfertigung will das Unternehmen vor allem das Geschäft mit Eigenmarken ausbauen. Was für Delphia und Maxi in Planung ist D isc he rM eer bu sen Niemand würde hier einen der führenden europäischen Produktionsbetriebe für Hochseeyachten vermuten – so fernab vom Wasser, so weit weg von der nächsten Autobahn, von einem internationalen Flughafen. Andererseits bietet die Insellage auch VorUmea FINNLAND teile. „Die meisten in der Belegschaft sind Vaasa seit vielen Jahren dabei“, sagt Wojciech Kot, Härnosand „entsprechend erfahren sind die Arbeiter.“ Saimaa Weil es wenig Alternativen gibt und folglich Vyborg Rauma kaum Fluktuation, ist auch das Lohnniveau gering geblieben. Ein einfacher Bootsbauer verdient 800 bis 1000 Euro, Schichtleiter Narva rund 1200 Euro. „Das kompensiert die langHanko Utö Stockholm Tallinn wierigen und teuren Überland-Transporte Haapsalu ESTLAND und hält uns konkurrenzfähig“, erklärt der Nördl. Ostsee 63-Jährige. Kihnu Doch es sind nicht die Personalkosten alVisby LETTLAND lein, die Delphia in die erste Reihe der WerfVentspils Riga Gotland ten gebracht haben. Es ist auch das moderne, bisweilen eigenwillige, vor allem hochN Klaipeda Ostsee flexible Produktionssystem der Polen. LITAUEN 100 sm Im Industriegebiet am Stadtrand, mit Kaliningrad RUSSLAND reichlich Erweiterungsflächen auf der grüOlecko nen Wiese nebenan, steht die Zentrale, überDanzig Kolberg ragt von einem hohen Schornstein. In den POLEN vier großen Hallen ist das Fotografieren strikt verboten. Bis auf Teile des Möbelbaus Warschau Berlin und der Edelstahlfertigung sind hier alle Ge- »Maxi ist für uns mehr als ein MarketingTool« f o to : Ya c h t / m . a m m e ; z e i c h n u n g : w e r f t, k a rt e : Ya c h t D rei Mal schon haben sich die beiden Gründer Wojciech und Piotr Kot – Landwirt der eine, Tischler der andere – neu aufgestellt. Erst mit Sportlake, dem Betrieb für Angelboote und Kleinkreuzer. Dann mit Sportina, jener Marke, die den Übergang vom Handwerksbetrieb zur rationalisierten Serienproduk tion brachte. Und zuletzt mit Delphia, die, flankiert von Maxi, international für modernen Yachtbau stehen soll. Die Stahlbeton-Baracke, in der die Werft vor 23 Jahren entstand, gehört heute noch zum Firmeninventar. Aber während früher Kiel ganze Boote hier laminiert und ausgebaut wurden, findet sich inzwischen nur noch ein Teil der Tischlerei darin. Das schmucklose Gebäude liegt mitten in Olecko, einer Klein- stadt fünf Autostunden östlich von Danzig. Es ist eine einfache, unverdorbene, landHaparanda Lulea schaftlich ungemein schöne Gegend, geHailuoto prägt von Agrarwirtschaft und dem TourisSkelleftea mus der masurischen Seenplatte. Kaum Industrie. Bo ttn funktioniert, lässt er von Pelle Petterson bereits eine weitere, kleinere Maxi zeichnen, die zur boot 2015 auf den Markt kommen wird: die 1150. Bis zu vier Modelle sollen es langfristig insgesamt werden. Die braucht es auch, um ein Händlernetz aufzubauen und Eigner langfristig an die Marke binden zu können. Ein Kraftakt. Aber darin haben sie ja Erfahrung. elphia beherrscht so ein relativ komplexes Produktionsprogramm. Neben 16 eigenen Modellen bauen die Arbeiter in Olecko noch mehr als ein halbes Dutzend verschiedener Yachten im Fremdauftrag für Werften wie J Boats oder Brunswick. Die einen klein, kompakt und simpel wie die J 70, andere groß, variantenreich und detailliert wie die Delphia 46 cc oder die Maxi 1300. Verblüffend ist die hohe Fertigungstiefe der Polen. Es beginnt mit dem Formenbau, dessen Positiv-Kerne aus der eigenen Fünfachsfräse kommen. Bug- und Heckkörbe, Spezialbeschläge und Sonderanfertigungen wie Tauchflaschenhalterungen liefert die Delphia-Schlosserei in feinster Edelstahlausführung. Auch Kabelbäume werden vor Ort gezogen und vorkonfektioniert. Ebenso die Zierstreifen, die ein Team selbst ausplottet. Nicht einmal Kleinstserienwerften leisten sich heute so umfassende Prozessabläufe. Für die Kunden aber bietet es einen hohen Grad an Individualisierbarkeit. „Weil es neben den Optionen noch Raum für Sonderwünsche gibt, gleicht keine Delphia der anderen“, sagt Eva Jurewicz. Die Vertriebsleiterin mit dem Energievorrat einer Solarzelle unter Wüstensonne saß einmal in einem Verwaltungsgebäude in Olecko, abgeschnitten vom Herz der Firma. Jetzt hat sie ihr Büro direkt in der Produktion, getrennt nur durch eine Tür von den Yachten. „Wenn Eigner anrufen, kann ich sofort zum Boot gehen und Details klären.“ Bei den Segelschiffen hilft auch das Fertigungsprinzip. Anders als bei den kleinen Motorbooten, die am Band produziert werden, erfolgt ihr Ausbau in sogenannten Inseln. Der Rumpf bleibt so lange an Ort und Stelle, bis das Deck aufgesetzt und anlaminiert ist. Erst dann geht er ins Tauchbecken zur abschließenden Prüfung. Das erlaubt zeitliche Puffer im Gegensatz zu einer festen Taktung. Es erfordert aber fähige Bootsbauer, die statt weniger Handgriffe eine Vielzahl von Aufgaben beherrschen. Und eben günstige Lohnkosten, ohne die ein solches System zu teuer wäre. So kommt es, dass sich der Familien betrieb trotz seiner Größe etwas sehr Bo- Zwei Marken, Drei Standbeine D e l p h ia Das derzeitige Modellangebot reicht von 24 bis 47 Fuß; daneben gibt es auch Motorboote aus Olecko. Die Marke Delphia steht für sichere, solide, einfach zu bedienende und günstige Fahrtenschiffe. Entwicklungspotenzial sieht die Werft bei Design und Komfort. Der nächste Modellwechsel ist im Bereich um 8,50 Meter Rumpflänge geplant, den andere Groß serienhersteller fast völlig vernachlässigen. Die neue Delphia 28 soll auf der boot in Düsseldorf Premiere feiern und in den Linien der Delphia 31 folgen, die 2012 für die Wahl zu Europas Yacht des Jahres nominiert war. Insgesamt fertigt Delphia in diesem Jahr etwa 150 Boote unter eigener Marke. Damit belegen die Polen nach Stückzahlen derzeit Rang sieben. Rechnet man die im Fremdauftrag produzierten Boote hinzu, sind sie die fünftgrößte Werft weltweit. Ma x i Die traditionsreiche, einst schwedische Marke kam nach langem Hin und Her im Zuge der ersten NajadInsolvenz 2012 zu Delphia. Jetzt gilt es, das Vertrauen potenzieller Eigner wieder herzustellen. Außerdem muss die Modelllinie erweitert werden. Derzeit gibt es nur die Maxi 1300, ein Entwurf von 2007, auch er für Europas Yacht des Jahres nominiert. Die von Delphia vor kurzem fertiggestellte Baunummer 1 aus Olecko beweist, dass die Werft den hohen Markenanspruch erfüllen kann. Anfang 2015 kommt ein weiteres Modell: die Maxi 1150 (s. Illustra tion), die breitere Käuferschichten erschließen soll. Wie schon die 1300 wird die Neue ein komfortabler, unter Deck sehr wohnlicher Performance-Cruiser werden. S o n s t ig e Außer diesen beiden Markenfamilien entstehen bei Delphia pro Jahr mehr als 1000 Yachten für andere namhafte Werften. So bauen die Polen unter anderem für J Boats Europe die Sport boote J 70 und J 80, für die Schweizer Saphire AG die Saphire 27 und für den USKonzern Brunswick eine Reihe kleinerer Motoryachten für das Europageschäft. denständiges bewahrt hat – eine Mischung aus Handwerk und Hightech. Es fehlt ihm jegliche Geltungssucht, alles gewollt Repräsentative, das im Bootsbau ohnehin nicht weit verbreitet ist. Im Büro des Alten wellt sich der Teppich. Licht fällt nur durch ein einziges Fenster in den Raum. Die Wände wirken wie aus Pressspanplatten. Wenn die große Laufkatze in der Fertigung einen Rumpf anhebt und durch die Halle schweben lässt, rumpelt es spürbar. Ein Chef am Puls der Produktion. W ojciech Kots Tag ist eng ge taktet. Schon im Auto hat er sich von Anruf zu Anruf gehangelt: ruhig, fokussiert. Er hat stets zwei iPhones bei sich, eins fürs Tagesgeschäft, eins für Privates – oder besonders Dringliches. Manchmal bedient er beide zugleich, ohne den Faden zu verlieren. Vom Interview wechselt er nahtlos in Verhandlungen über die Verlängerung eines Großauftrags. Man muss ihn sich als zufriedenen Mann vorstellen, als einen, der nach bald zwei Jahr zehnten des Wachstums die erste schwere Krise erlebt und diese besser überstanden hat als die meisten anderen Bootsbauer. Gewitzt, mutig, leidenschaftlich. Jedes Jahr geht er mindestens vier Wochen segeln: Polen, Schweden, Kroatien, Karibik. Er hat den höchsten Sportschifferschein. Im September war er in San Francisco, um sich mit seiner Frau den America’s Cup live anzusehen. Ein Macher, der auch genießen kann, der wirklich für das lebt, was er tut. Von der Art gibt es nicht genug in der Branche. Und wenn er von seinem Sohn Maciej spricht, vom bevorstehenden Genera tionswechsel, davon, nach und nach immer mehr Verantwortung abzugeben, wirkt er nicht, als fiele er demnächst in ein Loch. „He is coming!“, sagt er, und es ist schwer zu sagen, ob seine Augen aus Vaterstolz leuchten oder aus Vorfreude auf seinen Unruhestand. Vermutlich beides. Wojciech ist der Kopf und Kaufmann von Delphia, sein Bruder Piotr der Handwerker und Techniker. Der eine bringt Richtung und Dynamik ins Unternehmen, der andere Struktur. Eine perfekte Synergie. Aber auch ein schweres Erbe für den erst 29 Jahre alten Nachrücker, der im Eilverfahren sein Juraexamen absolviert hat und sich seit zwei Jahren im Betrieb warmläuft. werf tp orträt • delphia wachwechsel Maciej Kot hat Marketing und Strategie überarbeitet. Bald soll er bei Delphia das Ruder ganz Übernehmen Die Firmenchronik ist wechselvoll, das Wachstumstempo war stets hoch. Personell herrscht bei Delphia aber von Beginn an Kontinuität – typisch für ein Familienunternehmen, von dem es nicht mehr viele gibt in der Bootsbaubranche. Mit Maciej Kot steht der nächste Werftchef bereits fest. Der 29-jährige Sohn von Co-Gründer Wojciech Kot kam 2012 als Marketingchef an Bord. Der Jurist gilt als Motor der Maxi-Über nahme und als Architekt der künftigen Neuausrichtung – ein kluger Kopf und ein akribischer Stratege. In seiner Freizeit segelt er Regatten auf einer Delphia 24 One Design oder überführt neue Modelle – wie die Maxi 1300 Ende August auf dem Weg von Danzig ins westschwedische Orust (Foto). Gründerzeit. Mit Angelbooten und Kleinkreuzern fing 1990 alles an w w w. d e . d e l p h i a y a c h t s . e u w w w. m a x i y a c h t s . c o m 21 — 2013 Im August hat Maciej Kot bei einem Händlertreffen die neue Ausrichtung vorgestellt, seine Pläne für Delphia und Maxi. Eine Art Feuertaufe. Monatelang hat er zuvor den Markt sorgfältig analysiert. Die Excel-Datei mit den gesammelten Daten umfasst mehrere Gigabyte. Der Juniorchef will das Geschäft mit den Eigenmarken ausbauen. Er will, basierend auf dem hohen Fertigungs-Knowhow, die Yachten mit dem geschwungenen D im Großsegel „komfortabler, bedienungs freundlicher und schicker machen“. Sie sollen ehrlich bleiben, aber zugleich begehr licher werden. Ein Stück weit hat der Marke dabei in den vergangenen Jahren bereits die Zusammenarbeit mit der Hamburger Stylistin Birgit Schnaase geholfen, die schon für Hanse yachts gearbeitet hatte und das Design unter Deck spürbar ansprechender gestaltete. Mit der Rolle des braven Biedermanns jedenfalls wird sich Delphia nicht länger abgeben. So wie sich die Firma für ihren Webauftritt eine Europa-Domain gesichert hat (de.delphiayachts.eu), wird sie sich auch ansonsten internationaler und zeitgemäßer präsentieren. „Wir vergleichen uns sehr genau mit unseren Wettbewerbern“, sagt Maciej Kot selbstbewusst. „Wir wissen, was wir können – und wo wir Nachholbedarf haben.“ E nde August war er auf der Bootsmesse in Orust. Er ist selbst hin gesegelt, mit der Maxi 1300 natürlich, dem ganzen Stolz der Werft. 450 Seemeilen von Danzig bis in die westschwedischen Schären, mit nur zwei Stopps und viel Wind zwischendurch. „Böen bis 9 Beaufort.“ Ja, räumt er ein, er sei „unsicher gewesen, richtig nervös“. Mit einer in Polen gebauten Yacht Messepremiere zu feiern in dem Land, aus dem sie eigentlich stammt, machte ihm mehr zu schaffen als der Sturm auf der Überführung. Aber Pelle Petterson, der Konstrukteur, hatte ihm Mut gemacht. „Ihr müsst kommen“, hatte er immer wieder betont. „Die Segler werden sehen, wie gut es geworden ist.“ So kam es dann auch. Während Najads Zukunft fraglich scheint und andere Werften kämpfen, verbreitete ausgerechnet eine Schwedin aus Polen Zuversicht. jochen rieker f o to s : Wat e r k a m p i o e n / B . Ko lt h o f ( u. ) , w e r f t ( l . ) 76