Tipps für die Medienpraxis Erprobtes aus der Medienküche I
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Tipps für die Medienpraxis Erprobtes aus der Medienküche I
Tipps für die Medienpraxis 8 Niedersächsisches Landesinstitut für Fortbildung und Weiterbildung im Schulwesen und Medienpädagogik (NLI) Ingrid Lenz Burkhard Imeyer Reinhard Jonczyk Arbeitsgruppe Mediengestützter Sprachunterricht (AG-MGSU) Erprobtes aus der Medienküche I MEDIENPRAXIS UND SPRACHUNTERRICHT - Erprobte Rezepte aus der Medienküche I Einleitung Sprache lebt, doch ist der heutige Sprachunterricht auch lebendig? Welche Forderungen sind an einen modernen Sprachunterricht zu stellen, damit Schülerinnen und Schüler im Sinne der vielzitierten kommunikativen Kompetenz aktiv werden können? Die nachfolgenden Ausführungen verstehen sich als Plädoyer für einen realitätsbezogenen mutterund fremdsprachlichen Unterricht unter Einbeziehung arbeitspädagogischer und mediendidaktischer Gesichtspunkte. Die Inhalte neuerer Lehrwerke berücksichtigen in weitem Umfang die zunehmend heterogene Zusammensetzung von Lerngruppen und bieten viele methodische Möglichkeiten der Individualisierung beim Erwerb sprachlich kommunikativer Fähigkeiten. Allerdings muß in diesem Zusammenhang festgestellt werden, daß ein großer Teil der Sprachlehrerinnen und -lehrer sich nicht in der Lage sieht, diese Angebote in die tägliche Unterrichtspraxis umzusetzen. Die Gründe hierfür sind vielfältiger Art: Einerseits werden nicht genügend Angebote in der Aus- und Fortbildung gemacht, andererseits werden diese Möglichkeiten nicht immer von Lehrerinnen und Lehrern in ausreichendem Maße angenommen. Außerdem stehen der von den Rahmenrichtlinien und Schulbuchverlagen intendierten neueren Didaktik des Spracherwerbs weitere Faktoren entgegen: Angebliche Stoffülle (die Vielfalt der Inhalte wird als unüberschaubar empfunden), zu wenige Wochenunterrichtsstunden, Ungeduld in Bezug auf schnelle Einlösung von Unterrichtszielen, fehlender Mut zu didaktischer Reduktion etc. Die o.g. Faktoren tragen zum großen Teil dazu bei, daß Lernfortschritt in Form von "erledigten Buchseiten" gemessen wird1, ohne sich Rechenschaft zu geben, ob tatsächlich ein Zuwachs sprachlicher Kompetenz erreicht wurde. Selbständiges Lernen in offenen, handlungsorientierten Unterrichtsformen ist vor diesem Hintergrund kaum möglich, so daß der damit verbundene Einsatz von Medien in einem ohnehin als überfrachtet empfundenen Sprachunterricht als unökonomisch angesehen wird. Dabei haben die Erfahrungen der letzten Jahre gezeigt, daß der Motivationsgrad beim Spracherwerb dann steigt, wenn Schülerinnen und Schüler Gelegenheit erhalten, ihre Person in offenen Übungsformen einzubringen2. Dies ist unter Einbeziehung verschiedener Medien um so wirkungsvoller, wenn die sprachliche Ausgestaltung eines Situationsrahmens fixiert und in einem fortlaufenden Arbeitsprozess überarbeitet werden kann. Das Endprodukt ist sogar für eine spätere Verwendung in anderen Lernsituationen nach Bedarf abrufbar. Seit geraumer Zeit hat die Verfügbarkeit technischer Medien im häuslichen Bereich stark zugenommen. Bereits im Sekundarbereich I sind Mädchen und Jungen mit hochwertiger Unterhaltungselektronik ausgerüstet, und nicht selten verfügen 12jährige über einen Computer. Das Fehlen medienerzieherischer Konzepte hat dazu geführt, daß die Freizeit von Kindern und Jugendlichen vielfach von einem "hemmungslosen", weil unreflektierten Konsum von Medien aller Art gekennzeichnet ist. Daraus resultieren soziologisch negative Auswirkungen, wie Vereinsamung, Identitätsverlust und Kommunikationsstörungen. In dieser Situation ist der Erziehungs- und Bildungsbereich aufgerufen, adäquat zu reagieren. Erste medienpädagogische Ansätze finden sich in neuen Lehrwerken, die den Umgang mit AV-Medien in überschaubaren Miniprojekten initiieren. Dieser handlungsorientierte Unterricht will Schülerinnen und Schüler an einen aktiven Umgang mit Medien heranführen und sollte daher die Nutzung der vertrauten häuslichen Medien nicht außer acht lassen. Ein handlungsorientierter und mediengestützter Sprachunterricht führt durch erheblich erhöhte Sprechanteile von Schülerinnen und Schülern und Nutzung aller Lernkanäle zu einem intensiveren Umgang 1 NLI x Dezernat 4 - Medienpädagogik: Tips für die Medienpraxis Nr. 8 mit "Sprache" und leistet zudem wesentliche medienpraktische und medienpädagogische Beiträge: − Übung der technischen Handhabung − gezielter Einsatz von Medien bei altersgemäßen Produktionen − kritische Reflexion über Intentionen des Medienmarktes und über Inhalte kommerzieller Produkte Neben rezeptiver Medienkompetenz durch den gezielten Einsatz von Schulfunk, Schulfernsehen, verfilmter Literatur und lehrwerkbegleitendem AV-Material läßt sich, zumindest bei einem Teil der Schülerinnen und Schüler, auch ein gewisser Grad an aktiver Medienkompetenz erreichen. Dies geschieht in offenen Übungsformen, die zudem geeignet sind, die Motivation der Lernenden zu steigern. Hierzu zählen die Erstellung von Minispielfilmen, Videobriefen, Ton-Dia-Shows, Schulradiosendungen, Interviews, Features, Werbespots u.v.a.m. Die Wertschätzung dieser Arbeit durch Mitschülerinnen, Mitschüler und Eltern, sofern sie in einem entsprechenden Rahmen vorgestellt wird, führt zu einer positiven Verstärkung der Persönlichkeitsentwicklung vieler Jugendlicher. Sprachunterricht in einem derart gestalteten Fachraum gewinnt über seine sprachdidaktischen Vorzüge hinaus auch eine allgemeine pädagogische Bedeutung. Seine sozial- und arbeitspädagogischen Qualitäten tragen dazu bei, das Selbstbewußtsein der Schülerinnen und Schüler zu stärken. Bei dieser Unterrichtsform steht nicht mehr das Medium im Mittelpunkt des Unterrichtsgeschehens wie in den Anfängen der Sprachlaborarbeit; der geeignete didaktische Ort des Medieneinsatzes wird vielmehr von den Lernzielen bestimmt: Sie sind es, die den rezeptiven oder aktiven Umgang mit dem jeweiligen Medium bestimmen, d.h., wann trainiert oder auf der Stufe des Transfers produziert wird. Für die "Arbeitsgruppe Mediengestützter Sprachunterricht": Reinhard Jonczyk, Hannover 2 Autoren: Burkhard Imeyer Studienrat am Greselius-Gymnasium Bramsche, pädagogischer Mitarbeiter am Medienzentrum Osnabrück Reinhard Jonczyk Realschullehrer an der Werner-vonSiemens-Schule, pädagogischer Mitarbeiter an der Stadtbildstelle Hannover Ingrid Lenz Realschullehrerin an der Realschule Wedemark 1 2 vgl. Düwell, H.: Motivieren im Fremdsprachenunterricht, S. 187 ff, in: Gert Solmecke (Hrsg.), Motivation und Motivieren im Fremdsprachenunterricht, (Schöningh, Paderborn, 1983) vgl. Beile, W.: Typologie und Übungen im Sprachlabor (Zur Entmythologisierung eines umstrittenen Sachfeldes), S. 124 ff, Diesterweg, 1979 vgl. Hermes, U.: Unterrichtsfreiräume und Kreativität, in: Praxis des Neusprachlichen Unterrichts, 1/91, S. 37 ff MEDIENPRAXIS UND SPRACHUNTERRICHT - Erprobte Rezepte aus der Medienküche I Robin Hood Modelle für den Medieneinsatz im Englischunterricht Burkhard Imeyer + + Produktion eines Hörspiels, ausgehend von einem Lesetext Lesetext "Robin Hood", Orange Line 2, KLETT Ausgangssituation: • Nicht jeder Lesetext ist als Hörtext auf der Begleitkassette zum Lehrwerk vorhanden. • Bei den Hörtexten handelt es sich um situativ aufbereitete Texte mit authentischem Charakter, d.h. mit Geräuschen, adäquatem Sprechtempo und mit einer auf die Rolle abgestimmten Intonation (z. T. überzeichnet), gesprochen von „native speakers“. Vielfach nehmen sie vorweg, was im Rahmen einer sinnvollen Medienarbeit von den Schülerinnen und Schülern selbst geleistet werden könnte. • Die Verlagskassette darf nicht für Übungszwecke kopiert und an Schüler verteilt werden. I. Vorübungen Der Einsatz der Kassetten als Hörverstehensübung ist unbedingt sinnvoll, gleichwohl sollen weitere Übungsformen unter anderer didaktischer Zielsetzung in Verbindung mit dem Lesetext berücksichtigt werden. Dazu empfiehlt es sich, die Lesetexte des Lehrwerks von einem Lehrerteam (Einsatz von assistant-teachers ist ideal) auf Band sprechen zu lassen, um jedem Schüler eine Hörvorlage für die häusliche Übung an die Hand zu geben. Hierbei ist auch an die Verwendung der Hörvorlage als Diktatband gedacht. Unter der Verwendung der Tasten Play-Stop/Pause kann die Schülerin oder der Schüler eine Nachsprechübung simulieren. Beispiel: PLAY <Lehrerstimme vom Tonband> "One day Little John came to Robin." PAUSE/STOP <Schüler spricht nach> usw. Dieses Verfahren entlastet erheblich die Übungszeiten während des Unterrichts im Hinblick auf weitere Verwendungen des Lesestücks. Anstatt das Stück im Unterricht langwierig zu erlesen und damit die Wirkung des Textes in erheblichem Maße zu beeinträchtigen, wird die Schülerin oder der Schüler bei diesem Verfahren in dem Gefühl bestärkt, im Unterricht bereits vorzulesen, bzw. vortragen zu können. Ähnliche Vorteile gelten bei der Verwendung der Hörvorlage für häusliche Übungsdiktate. Statt den Text vom Lehrbuch abzuschreiben, läßt sich der Schüler den Text vom Band diktieren. Er kann nach dem ihm eigenen Schreibtempo arbeiten, er lernt, längere Satzsequenzen im Gedächtnis zu behalten, er steigert letztlich seine Schreibgeschwindigkeit und Rechtschreibsicherheit. II. Umwandlung eines Lesetextes in ein Hörspiel Erst die so erworbenen Fertigkeiten und Textkenntnisse ermöglichen die Verwendung des Textes in weiteren Zusammenhängen: Es soll aus dem Lektionstext ein Hörspiel entstehen, an dem möglichst die ganze Klasse beteiligt wird. In dieser Phase geht es vorerst um das Nachspielen von vorgegebenen Lesebuchszenen, später werden die vom Lehrbuch angebotenen Theatersketche auf die im folgenden beschriebene Weise bearbeitet, bis schließlich die Schülerinnen und Schüler genügend Fertigkeiten entwickelt haben, um selbst Texte für solche Hörspielszenen zu schreiben. 3 NLI x Dezernat 4 - Medienpädagogik: Tips für die Medienpraxis Nr. 8 Textsprecher/innen L Dialogsprecher/innen u.Lehrer/in Geräuschemacher/innen 1. Zunächst werden aus dem Lesetext alle Begleitsätze der wörtlichen Rede herausgenommen, wie z. B. ... "he said", ... "Robin Hood answered looking at Little John." Es empfiehlt sich, eine Fotokopie des Textes anzufertigen, damit die Klasse während der Arbeit am Hörspiel nicht versehentlich die Begleitsätze mitliest. Danach erfolgt die Aufteilung der Sprecher in Doppelbesetzung. Desgleichen werden narrative und deskriptive Textstellen auf die Schüler verteilt. Eine dritte Schülergruppe ist für die Geräuschproduktion verantwortlich. Sie untersuchen den Text daraufhin, welche Geräusche sich für die akustische Untermalung des Textes eignen und schlagen geeignete Geräusche für entsprechende Textstellen vor. Sie sind auch für die Umsetzung zuständig. Der Lehrer bewegt sich nun mit dem Diktaphon rückwärts durch beide Reihen und zeichnet auf seinem Tonträger den gesprochenen Text und ihn begleitende Geräusche auf. Die Dialogpartner bewegen sich zusammen mit der Lehrerin oder dem Lehrer bis ans Ende beider Reihen (s. Graphik). Die Lehrkraft hat bei diesem Verfahren ständig Blickkontakt zu denjenigen Schülerinnen und Schülern, die ihren Part schon gesprochen haben, so daß keine Störungen auftreten können. Von denen, die ihren Part noch beizutragen haben, ist keine Störung zu erwarten, da sie hochkonzentriert auf ihren Einsatz warten. 2. Die Personen, die den Text sprechen, stellen sich jetzt in einer Reihe nebeneinander auf. Die Geräuschemacher stellen sich ihnen gegenüber, so daß Textsprecher und jeweiliger Geräuschemacher Blickkontakt haben. Nach dem Durchgang durch die beiden Reihen hat die Lehrkraft das Hörspiel "im Kasten". Gemeinsam erfolgt das Abhören des Bandes zwecks kritischer Analyse von Textdarbietung und Geräuschen sowie Fehlerbesprechung. Beispiel: Textsprecher: "One day Little John came to Robin." Geräuschemacher: Schon vor der Textstelle einsetzend oder gleichzeitig oder mit Teilen der Textstelle überlappend oder unmittelbar anschließend: Fußgetrappel mit gleichzeitigem Keuchen. Die genaue Synchronisation ergibt sich unmittelbar aus der dargestellten Szene. III. Die zweite Schülergruppe (s. Doppelbesetzung) versucht, die kritischen Anmerkungen in ihrer Version zu berücksichtigen und Fehler zu vermeiden. Bei der Aufteilung der Gruppen ist darauf zu achten, daß möglichst viele Schülerinnen und Schüler im rollierenden Verfahren sowohl Textstellen sprechen, als auch Geräusche produzieren. Bei einer mit solchen Verfahren vertrauten Klasse sind drei Durchgänge pro Unterrichtsstunde durchaus möglich. Da die Beiträge auf dieser Altersstufe kaum fünf Minuten überschreiten, erlahmt die Konzentrationsfähigkeit der Klasse erfahrungsgemäß nicht, da alle von allen das fertige Produkt hören wollen. Auf witzige Nebeneffekte und Pannen sind die Schüler beim Abhören des Bandes Jugendliche sind ungewöhnlich erfinderisch bei der Produktion von Geräuschen (die knarrende Tür des Klassenschranks, das Klappern des Kartenständers als Gefängnistür, der laufende Wasserhahn als Regenguß, die Frisbee-Scheibe mit dem auf der Unterseite rollenden Tischtennis- 4 ball als die Landung der Fliegenden Untertasse etc.). Das Nachdenken über die Gestaltung und Bewerkstelligung dieser Geräusche läßt sie auch intensiv über die ihnen zugewiesenen Textstellen nachdenken. Textstellen werden mit Mitspielererinnen und Mitspielern besprochen und ausprobiert, häusliche Mithilfe wird eingefordert und Bastelarbeiten werden übernommen; es laufen Prozesse ab, die eine hohe affektive Involviertheit zur Folge haben. MEDIENPRAXIS UND SPRACHUNTERRICHT - Erprobte Rezepte aus der Medienküche I besonders erpicht. Die Nebenprodukte tragen in ihrer Bindung an die Sprache dazu bei, daß die Sprache selbst sozusagen "nebenbei" internalisiert wird. Sollten sich besonders schwache Mitglieder der Klasse vornehmlich auf Geräuschund äußerst kurze Textbeiträge beschränken, darf nicht unterschätzt werden, daß diese über das Hörverstehen sehr intensiv an der Gesamtproduktion teilnehmen und Text und zugewiesene Rollen in unvergleichlich höherem Maße internalisieren, als es bei konservativen Leseverfahren im Unterricht der Fall ist. Es ist zu beobachten, daß am Ende einer solchen Hörspielproduktion alle Schülerinnen und Schüler den gesamten Text memoriert haben, d. h., Syntax, Lexik und idiomatische Paradigma sich zu eigen gemacht haben. Das hohe Maß des Spracherwerbs ist ausschließlich auf den intensiven affektiven Bezug bei diesem Verfahren zurückzuführen. Aufnahmeprozeß ein Videofilm gedreht. • Archivierung: Alle so erstellten Hörspiele werden auf einer Tonkassette gesammelt und für die gesamte Klasse am Ende des Schuljahres vervielfältigt. Erfahrungsgemäß haben diese Bänder für jeden Einzelnen in der Klasse einen hohen Erinnerungs- und Vergleichswert ("Damals, als ich noch ..."). • Soziale Strukurierung: Jedes Mitglied der Klasse, gleich welcher Leistungsstärke, findet seinen Platz in der Gruppe, indem es sich mit solchen Beiträgen einbringt, die es nach eigener Einschätzung voll bewältigen kann. IV. Werden diese Übungen, also die Umwandlung von narrativen Lesetexten, zur regelmäßigen Praxis, sind die Schüler bald gewöhnt, frei zu sprechen (wenn auch zunächst in enger Bindung an den Lesetext) und sind zu einem späteren Zeitpunkt ohne Schwierigkeiten in der Lage, selbst Texte zu produzieren, die so bearbeitet werden. Zum Schluß sollen die wichtigsten Punkte dieses Verfahrens noch einmal zusammengefaßt werden: • Es geht um hohe zahlenmäßige und affektive Beteiligung. Alle Mitglieder der Klasse tun etwas (quantitativer Aspekt, hoher Übungseffekt). • Durch den Erlebnisgehalt der szenischen Darstellung sind alle Schülerinnen und Schüler emotional beteiligt. • Soziale Fertigkeiten werden geübt: Jeder bringt sich nach seinen Fähigkeiten ein, Rollen werden getauscht, Textsprecher, Geräuschemacher und Dialogsprecher werden ausgesucht, Schüler lernen, Kritik zu ertragen, Anerkennung durch die Lerngruppe). • Vorstellung: Das Hörspiel wird im Forum oder auf einem Elternabend vorgestellt, möglicherweise wird von dem 5 NLI x Dezernat - Medienpädagogik: Tips für die Medienpraxis Nr. 8 The Letter (Picture Story) Produktion einer Hörszene, ausgehend von einer Bildgeschichte Burkhard Imeyer + Die Ausgangssituation: Bildgeschichten sind ein allgemein anerkanntes und in weitem Umfang von der Grundschule bis in die Sek. I benutztes Medium in der Sprach- und Sprecherziehnung und im Aufsatzunterricht. Auch im Fremdsprachenunterricht haben sie eine wichtige Funktion. Kaum eine Lektion eines modernen Fremdsprachenunterrichtswerkes verzichtet auf eine dem entsprechenden Inhalt zugeordnete Bildgeschichte. Sie vermitteln, wie etwa Gerth in seiner Begleitschrift zu "Neue Bildgeschichten" darlegt, eine Fülle sprachlicher Kenntnisse und Fertigkeiten. Die Schülerinnen und Schüler beschreiben, was sie sehen, sie dialogisieren die Bildgeschichte, sie erzählen den Handlungszusammenhang, kommentieren und glossieren, erfinden analoge Geschichten, vergleichen Geschichten miteinander und erarbeiten bzw. erkennen z. B. Stilmittel des Komischen und Satirischen. Darüber hinaus wird die Klasse zu genauer Beobachtung angehalten (Gestik, Mimik, Haltung), sie lernt die Geschichten zu strukturieren (Hinführung, Höhepunkt, Ende), schließlich werden ihr erzähltechnische Mittel (Erzählperspektive, Textsorten) bewußt (vgl. Gerth, Lehrerbegleitheft zu Neue Bildgeschichten, Schroedel 1984, S. 4 ff.). Die unterrichtliche Behandlung erfolgt in der Mehrheit der Fälle über bewährte alternative Unterrichtsschritte: 1. Alle Bilder werden vorgestellt. Die Schülerinnen und Schüler erzählen zunächst die gesamte Geschichte, wobei das Verständnis des Globalzusammenhangs im Vordergrund steht. 2. Der Klasse wird die Geschichte Bild für Bild gezeigt, ein Verfahren, das schon auf dieser Stufe größeren Wert auf die sprachliche Einzelbildgestaltung legt. Hinzu kommt, daß bei diesem Verfah- 6 ren die Geschichte in mehrere Spannungsbögen unterteilt wird. Die Schülerinnen und Schüler möchten wissen, wie die Geschichte weitergeht (nach E. M. Forster - Aspects of the Novel - das ursprünglichste Motiv allen Geschichtenerzählens und -hörens). Sie müssen u. U. im Rückblick das bisher Vorgestellte oder Antizipierte korrigieren, da der Fortgang der Geschichte nicht mit ihren Vorstellungen übereinstimmt (s. auch Wolfgang Iser, Der Lesevorgang, in: Rainer Warning (Hrsg.), Rezeptionsästhetik, München 1975, S. 256 f.). 3. Die Schülerinnen und Schüler erhalten die einzelnen Bilder in verwürfelter Form, so daß sie selbst den Handlungszusammenhang erkennen müssen. Dieses Verfahren bietet viele Sprechanlässe, da die der Geschichte innewohnende Logik diskutiert werden muß. 4. Die Geschichte wird als "open-end" Geschichte dargeboten, das letzte Bild wird weggelassen, um der Klasse eigene Gestaltungsmöglichkeiten zu geben und die von ihnen gefundenen Lösungen mit der Vorlage zu vergleichen. Diese vier Möglichkeiten sind nur Beispiele aus einer Reihe vielfältiger Verfahrensweisen. Problematisch wird in der Mehrzahl der Fälle im methodischen Ablauf die Stufe der Einzelbildgestaltung, die Stufe der Korrektur und Verbesserung der Ergebnisse und schließlich die der endgültigen Vorstellung und Sicherung des Gesamtprodukts. An dieser Stelle wollen die folgenden Ausführungen Hilfe geben. Wie im vorangegangenen Modell (Hörspiel/Lesetext) soll auch hier das Diktaphon zum Einsatz kommen (Das vorliegende Beispiel bezieht sich auf den Englischunterricht in einem 8. Schuljahr). Bewährt hat sich das folgende Verfahren (hier dargestellt anhand der ernat - Medienpädagogik: Tips für die Medienpraxis Nr. 8 Bildgeschichte "Der Brief" in: Gerth, "Neue Bildgeschichten", a. a. O., Nr. 38): 1. Der Lehrer fertigt zunächst eine vergrößerte Tageslichtfolie der Geschichte an und zerschneidet die Geschichte in Einzelbilder, die möglichst groß über den Tageslichtprojektor projeziert werden sollen. Schon auf den Papierabzug, von dem hinterher die Folie erstellt wird, schreibt er entsprechendes Entlastungsvokabular, für das Verständnis der Geschichte unverzichtbare Schlüsselwörter oder auch Satzanfänge bei besonders dramatisch zu gestaltenden Stellen, obwohl man letzteres auch einem weiteren, späteren Unterrichtsabschnitt überlassen kann (s. Abbildung). Die Bilder werden nun der Lerngruppe einzeln gezeigt. Ein Schüler erhält dabei die Aufgabe, die Bilder auf Anweisung des Lehrers der Reihenfolge nach auf den Tageslichtprojektor zu legen. Die Klasse ist aufgefordert, anhand der Bilder die Geschichte zu erzählen. Die Lehrkraft sammelt die spontanen Äußerungen mit dem Diktaphon ein, d. h. sie geht zu den sich meldenden Schülerinnen und Schülern und läßt sie ihre Beiträge auf Band sprechen. Fehler werden auf dieser Stufe noch nicht verbessert, damit der Sprachfluß nicht unterbrochen wird. Man kann davon ausgehen, daß der Schüler, der sich meldet, sein Bestes gibt, deshalb gibt es für ihn kaum etwas Entmutigenderes, als dauernd vom korrigierenden Lehrer unterbrochen zu werden. Der Lehrer hilft weiter, wenn der Sprachfluß stoppt, stellt Fragen, um ihn wieder in Gang zu setzen, hält sich aber auf dieser Stufe im Ganzen stark zurück. Nach Aufforderung durch die Lehrkraft wechselt der "Vorführer" am Tageslichtprojektor zum nächsten Bild. Das Verfahren wiederholt sich bis zum letzten Bild, oder aber man verfährt wie oben unter Nr. 4 erläutert - und läßt die Klasse zunächst Vermutungen über das Ende anstellen. 2. Im zweiten Unterrichtsabschnitt tritt der Vorteil des Einsatzes eines Diktaphons deutlich hervor: Die Schüleräu- ßerungen sind gespeichert worden, es kann an ihnen gearbeitet werden, damit in einem weiteren Durchgang die gemachten Fehler vermieden werden. Die Lehrkraft läßt einen "Vorführer" die Bilder erneut vom Beginn an auflegen. Gleichzeitig läuft die entsprechende Aufnahme vom Band ab. Zunächst geht es nur um eine Fehlerkorrektur. Zwei Verfahren haben sich dabei bewährt: Bei kürzeren Schüleräußerungen läuft der gesamte Beitrag in einem Durchgang ab, und die Schülerinnen und Schüler äußern sich zu möglichen Fehlern. Ökonomischer ist ein zweites Verfahren: Die Lehrerin oder der Lehrer spielt die Aufnahme bis zur ersten Fehlerstelle ab, das Band wird angehalten, die Klasse soll den Fehler nennen und korrigieren. Zwischen Lehrkraft und Lerngruppe besteht eine Übereinkunft: "Whenever I stop the tape, there has been a mistake ...". Neben der Unterrichtsökonomie (der Lehrer bestimmt die entscheidenden Stellen, läßt evtl. "Fehlerkleinkram" durchrutschen) hat dieses Verfahren einen weiteren Vorteil: Die Schülerinnen und Schüler sind gezwungen, die ganze Zeit, während das Band läuft, konzentriert zuzuhören, da sie nicht wissen, wann das Band stoppt und sie den Fehler korrigieren müssen. Grobe Wort-, Aussprache- und Grammatikfehler sollten auf dieser Stufe eliminiert werden. Die Lehrkraft schreibt zu diesem Zweck die korrigierte Fassung der gemachten Fehler in einer anderen Farbe in die Bildfolie hinein. Die andere Farbe ist wichtig, damit die Schüler Fehlerstellen beim nächsten Erzähldurchgang von den oben erläuterten key-words etc. unterscheiden können. Jetzt haben die Schüler vor Augen, welche Wörter und Wendungen sie verwenden sollen und welche Fehler zu vermeiden sind. NLI x Dezernat - Medienpädagogik: Tips für die Medienpraxis Nr. 8 3. Der dritte Unterrichtsabschnitt verfährt nach dem o. a. Verfahren: Die Bilder werden der Reihe nach noch einmal gezeigt, es entsteht eine zweite, möglichst fehlerfreie Version, die ebenfalls auf Band gespeichert wird. Es ist selbstverständlich, daß u. U. mehrere Schülerinnen und Schüler zu einem Bild sprechen können. Die Reihenfolge wird, wenn nötig von einem Schüler schriftlich festgehalten. Während die Lehrkraft beim ersten Durchgang die spontanen Äußerungen noch einsammelt, indem sie sich in der Klasse bewegt und zu einzelnen Schülern hingeht, sollte sie jetzt die Klasse unbedingt auffordern, sich mit Blick auf den Tageslichtprojektor in der Reihenfolge ihrer Beiträge aufzustellen. Auf diese Weise ist ein reibungsloser Ablauf der folgenden Version gewährleistet. 4. Erst jetzt, nachdem der Handlungsablauf steht und die wichtigsten Fehler eliminiert wurden, ist der Zeitpunkt für weitere Arbeit an den Einzelbildern gekommen: Die Lehrkraft fordert die Lerngruppe auf, genauere Einzelheiten der Bildinhalte zu benennen, sie läßt die Lerngruppe durch entsprechende Hinweise und Fragen die Notwendigkeit differenzierterer Wortwahl bzw. anspruchsvolleren Satzbaus erkennen. Die Erfahrung zeigt, daß die Schülerinnen und Schüler aufgrund der Motivation, zusammen eine Geschichte erzählen zu wollen, durchaus bereit sind, neues, jetzt notwendig erscheinendes, Wortmaterial zu verwenden. Im folgenden dritten Durchgang können bei schwächeren Klassen dieselben Schülerinnen und Schüler "ihre" Sätze noch einmal in verbesserter Form vorstellen, bei leistungsstärkeren Klassen werden vom Lehrer die Sätze bewußt von anderen gefordert. 5. Als letzter Unterrichtsabschnitt erfolgt die abschließende Vorstellung des gesamten Produktes. Als Hausaufgabe erhält die Klasse einen Abzug der Bildgeschichte. Sie wird 8 jetzt entweder schriftlich fixiert (aufgrund der Vorarbeiten ist mit verhältnismäßiger Fehlerfreiheit zu rechnen) oder als Erzählung insgesamt geübt, so daß im folgenden die Schülerinnen und Schüler frei zu beliebigen Bildern sprechen können. Zum Schluß noch einige zusammenfassenden Bemerkungen zu den Vorteilen des vorgestellten Verfahrens: a) Der Einsatz des Diktaphons hält mündliche Schüleräußerungen fest, damit sie verbessert und erweitert werden können. b) Das Diktaphon erlaubt das "Einsammeln" der Schüleräußerungen ohne die Fragen und Anregungen der Lehrkraft. Diese werden durch Betätigung der Pausen-/ Stoptaste gar nicht erst aufgenommen. Der Zusammenhang des Vortrags bleibt gewahrt. c) Einzelne Schülerinnen und Schüler leisten zunächst nur kleine, ihrem Leistungsvermögen gemäße, Beiträge, die aber gleichberechtigt neben anspruchsvolleren Beiträgen stehen. Gewöhnlich geht von diesem Nebeneinander ein erheblicher Ansporn aus. d) Die Schülerinnen und Schüler werden im Redefluß nicht unterbrochen. Sie dürfen Fehler machen, die erst in der folgenden Korrekturphase gemeinsam korrigiert werden. e) Korrigierte Fehler werden auf dem Tageslichtprojektor sichtbar und im folgenden Durchgang vermieden (Lernzuwachs). f) Alle Schülerinnen und Schüler der Klasse sollten mit einem Beitrag dabeisein, die Geschichte ist ein Produkt der gesamten Klasse. g) Die schriftliche Fixierung der gesamten Geschichte als Hausaufgabe ist sinnvoll, da sie originär aus dem Unterrichtsgeschehen hervorgeht und erst auf dieser Stufe die Gesamtleistung von allen Schülerinnen und Schüler fordert. Sie entspricht hier besonders deutlich dem Grundsatz des "übenden Lernens" für einen weiteren unterrichtlichen Zweck. MEDIENPRAXIS UND SPRACHUNTERRICHT - Erprobte Rezepte aus der Medienküche I Werden die oben geschilderten Verfahrensweisen zum festen methodischdidaktischen Bestandteil des Unterrichts, sind die Schüler leicht zu motivieren, auch weitere im Unterricht entstandene oder eigene Geschichten zu illustrieren und zu einer Bildergeschichte des erläuterten Typs umzuarbeiten. Geräusche und innerer Monolog Analog zu dem unter "Robin Hood" beschriebenen Verfahren können bei geeigneten Bildgeschichten auch zwei Reihen von Schülern sich gegenüberstehen, von denen eine den Text der Bildgeschichte spricht, während die gegenüberstehende Reihe die dazugehörigen Geräusche produziert. Im Falle der vorliegenden Geschichte "Der Brief" (in: Gerth, a.a.O., S. 38) dürften, im Gegensatz zur dramatischen Geschichte wie "Robin Hood", kaum so viele leicht zu produzierende Geräusche anfallen. Deshalb soll hier auf eine weitere Möglichkeit verwiesen werden. Während die eine Reihe ausschließlich aus Textsprechern besteht, die den im Unterricht erarbeiteten Text sprechen, produziert die gegenüberstehende Reihe Geräusche und den inneren Monolog des Mr. Bunion, spricht also, was er sagt (Selbstgespräch) oder denkt, während er mit dem Brief in den 17 Einzelsituationen umgeht. Es ist leicht zu erkennen, daß sich hier neben der Geräuschproduktion (jedes Bild sollte durch ein Geräusch verdeutlicht werden) ein weites Feld für selbständige Schüleräußerungen auftut, bei dem der Lehrer sicher bei der sprachlichen Formulierung helfen muß, da der Wortschatz Ein Beispiel: 1. Bild: Reihe A Sprecher: One day Mr. Bunion got a letter. Reihe B Geräusch: Klappern des Briefkastendeckels Sprecher: Oh, nothing but bills these days. Why can’t they leave me in peace? Geräusch: Am, hm, oh, oh, tz, tz, räuspern etc. Sprecher: I can’t think of anybody to write me. Can it be Aunt Mary? No, she died some years ago. I think it’s from the revenue office. They all want my money etc. Geräusch: Brillenetui, Papierrascheln Sprecher: Oh dear, I must get new glasses. I can’t read a thing. I’m too excited. Everything is blurred ... 2. Bild Sprecher: He had no idea who might have sent him a letter. 3. Bild Sprecher: Now he put on his glasses to examine the letters more closely. 9 NLI x Dezernat - Medienpädagogik: Tips für die Medienpraxis Nr. 8 u. U. noch nicht ausreicht. Auf jeden Fall aber sind die Schülerinnen und Schüler, wenn ihre Beiträge in eine solche Situation eingebunden werden, durchaus bereit, weitere Wörter hinzuzulernen, da sie unmittelbar angewendet werden können und die Notwendigkeit, neue Wörter zu verwenden evident ist. Text, Geräusch, innerer Monolog und natürlich auch Dialog bei entsprechenden Geschichten stellen in diesem Zusammenhang auch eine handlungsorientierte Hinführung zu verschiedenen Textkategorien dar. Sie werden so dem Lernenden durch sprachliches Handeln bewußt und müssen nicht mühsam aus einem gegebenen Text erschlossen werden (cf. die verschiedenen Erzählperspektiven: z. B. omniscient narrator, Inarrator, I as witness, limited omniscience, interior monologue etc.). Die weiterführende Arbeit Als Beispiel für eine anschließende Arbeit mit dem Diktaphon bzw. Tonbandgerät sei im folgenden eine Unterrichtseinheit geschildert, die anfänglich in der Endform noch gar nicht abzusehen war, sondern während des Unterrichts sich als "Selbstläufer" immer weiter entwickelte und schließlich in den Projektunterricht für die Vorbereitung eines Schulfestes einbezogen wurde. Am Ende der 7. Klasse (Gymnasium) erwies sich eine Wiederholung des Gebrauchs der bisher gelernten Zeiten als dringend notwendig. Zwar waren alle Regeln den Schülerinnen und Schülern bekannt und, mit comicartigen Zeichnungen versehen, ins Regelheft eingetragen worden (present perfect: Jane has just fallen into the puddle, genannt die "Pfützenregel", mit einer konkreten bildhaften Darstellung, die die Lerngruppe erfassen und auf analoge Inhalte übertragen kann), doch fehlte neben den punktuellen Übungen noch die Anwendungspraxis in einem komplexen, zeitlich strukturierten Handlungszusammenhang. Lehrbücher bieten diese Übungsform überwiegend in einem revision-text an, in dem die zeitlich zu determinierenden Verben in Klammern angegeben sind, ein recht abstraktes Verfahren, bei dem immer wieder festgestellt wird, daß die konkret-bildliche Vorstellung der Zeitstruktur von einer Vielzahl der 10 Schülerinnen und Schüler nicht geleistet werden kann. Um hier Abhilfe zu schaffen, entsann sich der Lehrer an eine Geschichte, die in den 70er Jahren (wenn die Erinnerung nicht trügt) vom British Council den englischen "assistant-teachers" an die Hand gegeben wurde. Mr. Bunion, "a tragic-comic stock character" vieler Bildgeschichten des British Council, fährt auf Einladung seines schottischen Freundes auf dessen Schloß in Schottland und übernachtet in einem Turmzimmer. Weil er mitten in der Nacht meint, ein Gespenst am Fußende seines Bettes zu sehen, schießt er sich versehentlich einen großen Zeh ab. Eine Geschichte mit klarem Handlungs- und Spannungsaufbau, Klimax, abruptem Ende und einer typisch englischen Mischung aus Komik und Makaberem (black humour). Der Lehrer zeichnete eine Comicversion der Geschichte, zerlegte sie in einzelne für seinen (grammatischen) Zweck passende Einzelszenen, so daß insgesamt die folgenden Zeiten verwendet werden mußten: simple present, present progressive, simple past, past progressive, present perfect, present perfect progressive, will-future. Wie in der oben erläuterten Bildgeschichte wurden die Einzelszenen mit keywords, Satzteilen und deutlichen Signalwörtern für den Gebrauch der Zeiten versehen (s. Anlage). Der Verlauf des Unterrichts anhand dieser grammatischen Bildgeschichte verlief nach den oben dargestellten Verfahren. Es stellte sich heraus, daß die Schülerinnen und Schüler keinerlei Schwierigkeiten hatten, die Zeitstruktur der Szenen zu erkennen und die Zeiten entsprechend zu gebrauchen. Nachdem die Geschichte von den Schülerinnen und Schüler schriftlich bearbeitet worden war, entstand der Wunsch, die Geschichte mit einer Geräuschkulisse zu versehen. Da die Zeit drängte (Schulfest) und hier sich eine lohnende Möglichkeit bot, einen aus dem Englischunterricht hervorgegangenen Beitrag zu leisten, schrieb der Lehrer selbst eine ausführliche Geschichte zu der Szenenfolge. Er gab also, wie es gewöhnlich über das Lehrbuch geschieht, eine Geschichte in die MEDIENPRAXIS UND SPRACHUNTERRICHT - Erprobte Rezepte aus der Medienküche I Klasse hinein. Der Produktionsschwerpunkt der Klasse lag diesmal also nicht auf der Entwicklung einer Geschichte, sondern auf den damit zusammenhängenden Gestaltungsmöglichkeiten. Zunächst schrieb der Lehrer eine in Bezug auf Lexik und Syntax für ein 7. Schuljahr recht anspruchsvolle Geschichte. Sie wurde sozusagen als Vehikel benutzt, um einen ganzen Katalog von bisher unbekannten Wörtern an die Schüler heranzutragen. Der Schwerpunkt der Schüleraktivität lag nun zunächst auf dem "dramatic reading" ("sinngestaltendes Lesen", cf. Winkler, in: Handbuch des Deutschunterrichts). Schon in diesem ersten Unterrichtsschritt wurden die weiteren Möglichkeiten durch die Lerngruppe selbst angesprochen. Die Klasse wollte eine Ton-DiaShow als Beitrag zum Schulfest gestalten. Dieses Ziel wirkte äußerst motivierend: 1. Alle Schülerinnen und Schüler übten das "dramatic reading" mit verteilten Rollen in verschiedenen Stimmungslagen. 2. Die Klasse beurteilte die einzelnen Leistungen und stimmte darüber ab, welcher Beitrag für die entsprechende Szene der beste sei. 3. Es stellte sich heraus, daß die Lehrerzeichnungen den Schülerinnen und Schülern nicht gut genug, d. h. nicht aussagekräftig, nicht farbig und nicht genügend detailreich waren. Sie wollten neue, ihren Ansprüchen genügende Bilder herstellen. 4. Die nun von der Klasse geplanten Szenen waren wesentlich zahlreicher als die der ursprünglichen Geschichte, sie wurden zudem immer unter dem Gesichtspunkt des Geräuschpotentials gesehen, mit anderen Worten, es wurde von den Schülerinnen und Schülern diskutiert, welche Szene für den dramatischen Ablauf wichtig war und wie sie zeichnerisch gestaltet werden könnte, um sie mit treffenden Geräuschen zu hinterlegen. Die Zeichnungen wurden mit Wachsmalkreiden und Faserstiften (für die Konturen) auf postkartengroße Karten gemalt, die Gestalt des Mr. Bunion wurde einheitlich auf allen Bildern gezeichnet. Sie wurde aus der oben beschriebenen Geschichte "Der Brief" entlehnt. Der Lehrer fertigte von den Zeichnungen schließlich Dias an, das geforderte einheitliche Format der Schülerzeichnungen verkürzte diese Arbeit erheblich. Im Verlauf der Arbeit zeigte sich, daß die technische Ausrüstung für solche Unternehmungen nur minimal zu sein braucht, erhebt man nicht den Anspruch, semiprofessionelle Qualität erreichen zu wollen. Sämtliche Tonaufnahmen können mit einem Diktaphon durchgeführt werden. Gerade die hier nicht gegebene Möglichkeit, den auf Band gesprochenen Text in weiteren Durchgängen nachzuvertonen, erfordert einen enormen Einsatz und stetige Konzentration einer großen Schülergruppe, da Text und Geräuschkulisse gleichzeitig gestaltet werden müssen. Selbstverständlich ist der Einsatz eines externen Mikros vorteilhaft, da manche Diktaphone nicht ausreichend gegen das eigene Motorlaufgeräusch isoliert sind. Zudem kann das Mikrophon mit seinem 2 bis 3 m langen Kabel schnell auf die Sprecher bzw. Geräusche gelenkt werden. Nimmt man evtl. ein leichtes Knackgeräusch bei den Anschlußstellen der einzelnen Szenen in Kauf, ist der Einsatz eines Diktaphons völlig ausreichend. Der Einsatz einer Spiegelreflexkamera und eines Stativs (vorzugsweise ein Reprostativ) für die Herstellung der Dias ist allerding unerläßlich. Wählt man ein verhältnismäßig kleines Format (DIN A5 oder Postkarte), hat das den Vorteil, daß die Schülerinnen und Schüler dieser Altersstufe das gesamte Format besser füllen können, so daß keine großen leeren weißen Flächen entstehen, die Probleme bei der Belichtung (Blaustich) ergeben könnten. Allerdings müßte das Objektiv der Kamera bei diesem Format eine Macrofunktion besitzen. Größere Formate (DIN A4) lassen sich in der Regel mit einem guten Normalobjektiv (50 mm) abbilden. 11 NLI x Dezernat - Medienpädagogik: Tips für die Medienpraxis Nr. 8 Man wird gegen die hier geschilderten Verfahrensweisen u. U. den Vorwurf erheben, die Schüler hätten bei dem erheblichen Zeitaufwand doch nur verhältnismäßig wenig Englisch gelernt, außerdem seien unmittelbar an der Textarbeit, also am Englischen selbst, nur verhältnismäßig wenige Schülerinnen und Schüler beteiligt gewesen. Dem ist entgegenzuhalten, daß es sich hier um ein Beispiel eines prozessorientierten Englischunterrichts handelt, der in seinem zeitlichen Umfang und didaktischen Anspruch weit über das Normalmaß hinausgeht. Deshalb seien zum Schluß noch einmal die wichtigsten Punkte zusammengefaßt: a) Die Einheit ging von einer Wiederholung des Gebrauchs der Zeiten aus, deren erlebnisbetonte Zeichnungen in Kombination mit dem Regelwerk in den Schülerinnen und Schülern einen affektiven Bezug herstellte und damit das Behalten und den Transfer der Regeln erheblich steigerte (lernpsychologischer Aspekt). b) Die Kreativität der Klasse ließ diese selbst vorschlagen, ein Hörspiel bzw. eine Ton-Dia-Show zu erstellen (Motivation). c) Über die Ausgestaltung der Einzelszenen wurde neues Wortmaterial an die Schüler herangebracht (lexikalischer Lernzuwachs). d) Die Lese- und Vortragsübungen förderten das sinngestaltende Lesen mit dem Ziel eines Vortrags vor Publikum (Produktorientiertheit). e) Lese- und Zeichentalente wurden vom Lehrer im Verlauf der Arbeit entdeckt, wie sie bisher noch nicht aufgefallen waren (pädagogisch-sozialer Aspekt). f) Während der Arbeit fanden alle einen ihren Fähigkeiten gemäßen Platz in den Gruppe (Sozialisation). Überhaupt ergab sich in diesem Zusammenhang die Notwendigkeit einer präzisen Arbeitsteilung (Requisiteure, Geräuschemacher, Tontechniker, Texter, Techniker, Mikrophonhalter, Regisseur, Akteure, Protokollanten, Kalligraphen, Zeichner, die Rolle des Produktionsleiters übernahm der Lehrer selbst). 12 g) Alle wußten über alle Produktionsprozesse Bescheid, alle verfolgten kritisch alle Beiträge, alle beherrschten sprachlich den gesamten Text, konnten ihn sogar seitenlang sinngestaltend hersagen (Lernzuwachs, Memoriereffekt, funktionales Lernen). h) Der große Erfolg der Vorführung während des Schulfestes machte das Projekt auch während der folgenden Jahre immer wieder zum Anreiz ähnlicher Unternehmungen (Erfolgserlebnisse). Der Brief, in: Klaus Gerth (Herausgeber), Neue Bildgeschichten, Schroedel, 1984, Nr. 38 NLI x Dezernat - Medienpädagogik: Tips für die Medienpraxis Nr. 8 ZAP! CRASH! POW! SIGH! (Klett, Red Line 6, p. 9) Von der Wahrnehmungsschulung zur aktiven Medienarbeit Eine Unterrichtseinheit zum Thema Comics im EU des 10. Schuljahres einer Realschule Ingrid Lenz, Realschullehrerin Erste Englischstunde nach den Sommerferien: die Schülerinnen und Schüler meiner 10. Klasse staunen nicht schlecht, als ich ihnen eine Auswahl verschiedener Comics präsentiere. Mickey Mouse, Hägar the Horrible, Peanuts, Werner, Garfield, Tom und Jerry, Lucky Luke ... Comics im (Englisch-) Unterricht, was soll das? Comics und Cartoons sind heute integraler Bestandteil vieler Massenmedien und gleichzeitig selbst Massenmedium. Nahezu alle Altersgruppen konsumieren Comics. Sie dienen der leichten Unterhaltung bis hin zur Auseinandersetzung mit komplexen Inhalten, sind oft satirisch-kommentierend. Ihr Bildungswert wird jedoch immer noch in Frage gestellt, sie werden als literarisches Fast Food betrachtet, das schnell zu konsumieren ist, dessen Genuß folgenlos für den Konsumenten bleibt, und dessen Zubereitung und Geschmack keinerlei Bereicherung für ihn darstellt. Allerdings gibt es mittlerweile auch eine Vielzahl von Stimmen, die der Behandlung von Comics und Cartoons im Unterricht einen nicht geringen Stellenwert beimessen. "Comics werden nicht mehr als jugendgefährdende Literatur aus dem Unterricht ausgespart, sondern als eine besondere Form von Texten so selbstverständlich im Deutschunterricht behandelt wie Werbe-, Zeitungs-, Sach- und Trivialtexte. (...) Die Erarbeitung dieses Themas im Unterricht bleibt allerdings vielfach in der kognitiven Dimension befangen. Comics werden untersucht und kritisch befragt, für den kreativen Umgang mit ihnen verbleibt in der Regel zu wenig Zeit." (W. Menzel in: Praxis Deutsch, Dez. 77, S. 12) 16 + + / + Kreativer Umgang mit Comics, das war für mich das Stichwort, in meinem Unterricht zu diesem Thema auch Medien mit einzubeziehen, ja schließlich auch Medienerziehung zu leisten. Medienerziehung, also Erziehung zum sinnvollen Umgang mit und zur richtigen Nutzung von Medien, soll u.a. • "Einsichten in grundlegende Mechanismen und Abläufe der Wahrnehmung und Kommunikation vermitteln. • die Fähigkeit vermitteln, mediale Zeichen und ihre jeweilige Bedeutung zu erkennen und zu benennen. • die Kenntnisse zur Entschlüsselung und zum Verständnis von Medieninhalten vermitteln. • durch aktiven Umgang mit Medien die Phantasie, Kreativität und Ausdrucksfähigkeit fördern und dazu befähigen, sich anderen über audio-visuelle Medien mitzuteilen oder mit Hilfe von Medien zu reflektieren." ("Medien zur Medienerziehung", Überarbeitete Neuauflage 1989, Niedersächsisches Landesverwaltungsamt, Landesmedienstelle, S. 8 f.) Medienerziehung findet selbstverständlich auch im Fremdsprachenunterricht statt, wenn Hören und Sprechen geschult werden, wenn Sprache dokumentiert und inszeniert werden soll. Wenn Medien "Mittler von Tönen, Bildern, Inhalten und Gefühlen..."(Bernd Schorb in: "Unterrichtsmedien", Friedrich Jahresheft XI, 1993, S. 95) sind, sollten wir sie im Fremdsprachenunterricht nutzen, um Schüler zu aktiver, systematischer, kreativer Arbeit in der Fremdsprache anzuleiten. Comics, in welcher Form auch immer, bieten visuelle Vorgaben, Situationen, die zunächst entschlüsselt werden müssen. MEDIENPRAXIS UND SPRACHUNTERRICHT - Erprobte Rezepte aus der Medienküche I Über die Umsetzung der Bildinformation in die Fremdsprache sollen die Schüler zur Textproduktion motiviert werden. Die Arbeit mit Comics im Unterricht beinhaltet m. E. immer folgende Schritte: − Erkennen und Benennen der Darstellungselemente (Sprech- und Denkblasen, Geräuschwörter, Mimik etc.) − Geordnete Erzählung der Handlungsabläufe − Erläutern der Bildintention durch Eigengestaltung, z.B. Dialogisieren − Kritische Reflexion der in Comics dargestellten Stereotype und Klischees − Bewußtmachen des Zusammenhangs zwischen der Verbreitung von Comics und kommerziellen Interessen. Das Lehrbuch "Red Line 6“, mit dem ich in der 10. Klasse arbeite, bietet eine Unterrichtseinheit "The Media" an, deren erster Teil sich mit Comics beschäftigt. Ich möchte im folgenden kurz skizzieren, wie ich mit einer 10. Realschulklasse dieses Thema bearbeitet habe. Die Klasse besteht aus 10 Mädchen und 10 Jungen und hat seit 5 Jahren vier Stunden Englischunterricht in der Woche. Die Leistungen, vor allem im grammatischen Bereich, sind eher schwach, die Bereitschaft und Lust, in der Fremdsprache zu agieren, sind jedoch stets vorhanden. 1. Nachdem die Neugier auf das Thema Comics durch das Mitbringen und Ansehen der Comic-Hefte geweckt ist, wird zunächst einmal die Ausgangssituation und der Bekanntheitsgrad populärer Comicfiguren festgestellt. Dazu dient die Vorlage für ein "Questionnaire" im Lehrbuch (p.9/5), für das die Schüler zunächst die Fragen entwickeln und sich dann gegenseitig befragen (partner-interviews). Die Ergebnisse dieser Befragung werden auf Folie festgehalten und zu Hause von einem interessierten Schüler per Computer für alle verfügbar gemacht (Material 1). Zu Beginn der nächsten Stunde wird das Arbeitsblatt mit der graphischen Darstellung der Befragungsergebnisse von der Klasse interpretiert (Wiederholungsphase). Die sich anschließende Lektüre des Newsweek-Artikels (Lehrbuch p. 9) ermöglicht es den Schülerinnen und Schülern, sich über die Verbreitung von Comics und deren internationales "Ansehen" zu informieren. Fragen zum Text und eine kurze Diskussion über die im Artikel geäußerten Argumente runden die Stunde ab. 2. In der darauffolgenden Stunde geht es darum, Vorwissen über verschiedene Comicfiguren zu erfragen, einzelne dieser Figuren zu charakterisieren, begründet Zuneigung oder Abneigung zu formulieren. Dazu bietet das Lehrbuch (p.8) Hilfen vor allem im Wortschatzbereich an. Im Unterrichtsgespräch werden die Ergebnisse an der Tafel gesammelt und von den Schülerinnen und Schülern notiert. Dabei stellen sich die "Peanuts" und "Hägar the Horrible" als die bekanntesten und beliebtesten Comicfiguren heraus. 3. Die nächste Stunde dient der schwerpunktmäßigen Erarbeitung konventionalisierter zeichnerischer Techniken und Symbole. Dazu benutzen wir ein Arbeitsblatt (Material 2) mit aus Comics entnommenen Einzelbildern, deren Botschaft entschlüsselt wird. Dabei wird Wortschatz zur Beschreibung von Bildelementen erarbeitet (deskriptive Textformen). Example: In the top picture on the lefthand side there is a boy who... We can tell this from his ... or: This is shown by ... 4. Nachdem in den vorhergehenden Stunden einzelne Gestaltungselemente von Comics (typische Charaktere, zeichnerische Elemente) thematisiert wurden, soll nun eine vollständige Comicstory im Mittelpunkt stehen. Zunächst einmal bekommen die Schülerinnen und Schüler eine Comicstory ohne Text (Material 3), deren Handlungsablauf sie durch Interpretation der Bildelemente herausfinden sollen. Die Ergebnisse werden schriftlich festgehalten (narrative Textformen). Dabei 17 NLI x Dezernat - Medienpädagogik: Tips für die Medienpraxis Nr. 8 stellt die Klasse fest, daß der "point of the story" oft nur implizit ausgedrückt wird; erwartungsgemäß treten Schwierigkeiten im Bereich der Vorstellungskraft und des Abstraktionsvermögens auf, doch sollte im Hinblick auf medienerzieherische Ziele die "message" analysiert und diskutiert werden. Die "Andy Capp"-Geschichte wird in zwei Gruppen aus zwei verschiedenen Sichtweisen (point of view) erzählt. Das letzte Bild wird dabei zunächst nicht gezeigt, um die Schüler zu einer eigenen Interpretation kommen zu lassen. Die "message" der Geschichte ergibt sich aus dem Vergleich der beiden "stories". 5. Die "Peanuts"-Bildergeschichte "The Argument" (Lehrbuch p.12) verbindet Bild- und Textelemente. Sie wird von den Schülerinnen und Schülern schriftlich zu Hause in Erzählform vorbereitet. Im Mittelpunkt der sprachlichen Arbeit steht hier der Gebrauch der indirekten Rede. Nach der Korrektur durch die Lehrkraft sprechen die Schülerinnen und Schüler ihre Version im Sprachlabor auf Band. Einige Beiträge werden über Raumlautsprecher vorgestellt (dramatic reading), die Bilder dazu werden auf einer Folie nacheinander auf dem OHP aufgedeckt. 6. Die umgekehrte Vorgehensweise ist Inhalt der nächsten Stunde: Reduktion einer erzählten Geschichte (Lehrbuch p.10/7) auf die einfachen Strukturen der Comicsprache. Dabei muß indirekte Rede in direkte Rede umgeformt werden. Nach der stark gesteuerten Lehrbuchübung erfolgt eine ähnliche Arbeitsphase, in der die Lerngruppe jedoch selbst kreativ, zeichnerisch tätig werden soll. Drei Gruppen wählen sich aus ihrem privaten Fundus eine Comicstory aus, die sie versprachlichen (Hausaufgabe). Nach der Einigung auf eine endgültige sprachliche Version wird diese im Unterricht auf Diktaphon gesprochen und die Kassette an eine der beiden anderen Gruppen weitergereicht. Diese muß durch Abhören der Kassette den Inhalt der Geschichte erfassen und sie 18 als Comic darstellen. Das Ergebnis (Material 4), drei nach dem Original erzählte Comicstories und deren zeichnerische Interpretation durch eine Kontrollgruppe, zeigt die Schwierigkeiten, die sowohl bei der sprachlichen Umsetzung der Bilder als auch bei dem umgekehrten Vorgang auftreten. Gleichwohl zeigen die Schülerarbeiten, daß die Gestaltungsmittel eines Comic bewußt angewendet werden und damit ein elementares medienerzieherisches Ziel erreicht wurde. 7. Der Wunsch, auch verfilmte Comicgeschichten im Unterricht zu behandeln, kommt vielfach von Schülerseite. Die Trickserien von Cartoon Network, Pro 7 und RTL 2 z. B. sind offensichtlich auch noch bei Schülerinnen und Schülern dieser Altersgruppe beliebt. Die Schüler entscheiden sich für einen Film der "Peanuts" und wählen eine Episode aus, die im Unterricht behandelt werden soll. Die Geschichte "Blanket" ist ein kleines Eifersuchtsdrama zwischen Judora und Sally, bei dem Linus der Leidtragende ist, weil er seine Schmusedecke leichtfertig verleiht. Selbst seine Freunde Charlie Brown und Snoopy können ihm nicht aus der schwierigen Lage helfen. Nach einigem Hin und Her bekommt Linus seine Decke schließlich von Woodstock zurück. Aus Zeitgründen bearbeiten die Schülerinnen und Schüler nur den ersten Teil der Geschichte, das Ende bleibt offen. Ablauf: • Die Klasse sieht die Comicepisode mehrfach ohne Ton. Dabei macht sie Notizen und faßt anschließend den Verlauf der Handlung schriftlich zusammen. • Nach erneutem Ansehen des Films werden die einzelnen Handlungsschritte herausgearbeitet. • Für diese sieben Einzelsituationen werden in GA Dialoge erstellt. Jede Gruppe erarbeitet dabei zunächst alle Szenen. • In mehreren Durchgängen versuchen die Schülerinnen und Schüler nun, zum MEDIENPRAXIS UND SPRACHUNTERRICHT - Erprobte Rezepte aus der Medienküche I laufenden Film (ohne Ton) ihre Minidialoge synchron zu sprechen. Nach jeder Einzelszene wird der am besten passende Text von jeweils sieben möglichen gemeinsam ausgewählt. • Schließlich "steht" das Dialogdrehbuch für alle sieben Szenen, und die Tonaufnahme kann beginnen. • Aus technischen Gründen nehmen wir die Sprache auf Kassette/Diktaphon auf und überspielen sie erst später auf die Videotonspur. • Nach Abschluß der Arbeit (Zusammenschnitt Bild/Ton geschieht am Nachmittag zusammen mit einem am Schnittcomputer versierten Schüler) haben die Schülerinnen und Schüler ein eigenes Miniprodukt erstellt, einen Trickfilm mit ihrem englischen Text (Material 5). Dabei müssen u. a. folgende Kommunikationssituationen bewältigt werden: • Talking about another person • Asking for something • Complaining • Telephoning • Threatening somebody • Asking for help (Vgl. RRL für die Realschule, Englisch, S. 11f.) Durch den aktiven Umgang mit dem Medium Comicfilm wird die Phantasie und Kreativität der Lernenden freigesetzt, ihre Ausdrucksfähigkeit geschult; das handlungsorientierte Arbeiten führt zu einer deutlich gesteigerten Motivation, die Medienkompetenz wird erweitert. Die oben genannten sieben Schritte spiegeln einen medienerzieherischen Prozeß wieder. Sie führen von der rezeptiven Aufnahme des Comics in mehreren Stufen zur Produktion, bei der eine Synthese von Bildsequenzen und Filmdialog hergestellt wird. • Listening Comprehension "ALF drops in" (Lehrbuch p.11) • Vertonung einer kurzen Szene aus einem Fernsehmitschnitt der ALF-Serie (freiwillige häusliche Arbeit zweier Schüler) • Comics - for and against (Lehrbuch p.10), Listening Comprehension und weiterführend die • Gestaltung einer Fernsehdiskussion/ Talk Show zu diesem Thema. Die hier kurz skizzierte Einheit über Comics zeigt, daß Schülerinnen und Schüler, wenn es um Themen geht, die ihren Alltag betreffen, bereit sind, sich - auch sprachlich - zu engagieren und vor allem dann aktiv werden und Eigeninitiative entwickeln, wenn auch Medien mit einbezogen werden. Oft haben sie hier sogar den Unterrichtenden etwas voraus, können Kenntnisse einbringen, die gewöhnlich im Unterricht nicht zum Tragen kommen. Auch in der Fremdsprache schwache Schüler haben bei den aufgezeigten Arbeitsformen die Möglichkeit, ihren Beitrag zum Gesamterfolg beizusteuern und erfahren dadurch Bestätigung (allgemeinpädagogischer Aspekt). Im Gegensatz zu dem Horrorszenario des in einer elektronischen Scheinwelt versunkenen Jugendlichen werden hier - ausgehend vom Lehrbuch - junge Menschen aktiv. Das Wahrnehmen und Verstehen visueller Stimuli wird gefördert (medienanalytische Fähigkeiten), der angemessene Gebrauch der Fremdsprache trainiert, Lernbereitschaft durch individuellen, kreativen Umgang mit Medien gestärkt. Follow-up activities: • Vorspielen des Films mit Originalton (dt.) und Vergleich mit dem eigenen Produkt • Vermutungen über das Ende des Comicfilms, Finden einer Lösung für die "Schmusedeckenaffaire", szenische Ausgestaltung 19 MEDIENPRAXIS UND SPRACHUNTERRICHT - Erprobte Rezepte aus der Medienküche I Werbespot "Levis 501" Cannes Rolle 1992/93 - Tele 5 (urheberrechtlich freigegeben für die Verwendung in Schulen) + + + Burkhard Imeyer Eine Unterrichtseinheit im Englischunterricht zur Wahrnehmungsschärfung, zur kritischen Analyse und zum handelnden Umgang mit Medien. Inhalt des Werbespots: Ein junges Paar ist auf dem Highway in der Wüste mit einer Autopanne liegengeblieben. Der Begleiter des Mädchens, offenbar ein Geschäftsmann, erweist sich als völlig hilflos. Nach kurzer Zeit hält ein Lastwagen, dem ein junger, gutaussehender Mann entsteigt. Dieser weiß sofort, wie zu helfen ist. Er zieht seine Jeans aus und benutzt sie als Abschleppseil. Um den abgeschleppten Wagen zu entlasten, steigt das junge Mädchen bei ihm ein. Der hilfreiche junge Mann beschleunigt seinen Wagen plötzlich, so daß die Stoßstange seines Wagens abreißt. Während der Begleiter des Mädchens hilflos gestikulierend zurückbleibt, fahren die beiden in den Sonnenuntergang. Annotation 1) Die Story, die der Werbespot erzählt, ist für Schüler der Sekundarstufen I und II ausgesprochen attraktiv, da sie Elemente aus den Bereichen Abenteuer, Erotik, Märchen und Initiationsritus miteinander kombiniert. 2) Sie enthält deutliche Strukturelemente der Short Story wie Spannung, Klimax und Denouement (Happy-End), die den Ablauf der Geschichte ordnen und sofort verständlich machen. 3) Das Schockpotential (der junge Mann zieht seine Hose vor den Augen des Mädchens aus) entspricht dem Provokationsbedürfnis Jugendlicher. 4) Die ganze Geschichte ist um typisch (klischeehafte) männliche Rolleneigenschaften wie technisches Verständnis, Einfallsreichtum und Bewährung in einer Notsitsuation angelegt. Auch die weibliche Rolle entspricht den üblichen Klischees. 5) Kennzeichen des Werbespots werden mit für Jugendliche besonders identifikationsstiftenden Mitteln dargestellt: erfolgreicher Geschäftsmann als Versager, gutaussehender junger (armer ?) Mann als "winner". 6) Das Produkt, um das es in diesem Werbespot geht, wird instrumentalisiert bzw. zweckentfremdet und tritt damit in seiner banalen Funktion als Kleidungsstück völlig in den Hintergrund. 7) Der Werbespot läuft auf eine prägnante Message hinaus. "Levis 501 separates the men from the boys." 8) Auf dem Hintergrund dieses Slogans findet die Umcodierung statt: Der junge Mann erweist sich als der eigentliche "Mann", der etablierte Geschäftsmann als hilfloses Kind bzw. als Versager. Einsatz im Unterricht Die Allgegenwart von Werbespots und deren Faszination auf Kinder und Jugendliche ist ein alltägliches Phänomen, an dem Lehrer in etwa ermessen können, in welchem Maße das Fernsehen die Wahrnehmung ihrer Schüler durchsetzt und beschäftigt. Es sind wohl zum großen Teil die kurzen, pointierten und alle Altersstufen ansprechenden Geschichten dieser Werbespots, die sie so unwiderstehlich machen. Die meisten sind nach kurzzeitiger Nutzung verbraucht, andere bleiben Monate im Programm und wirken trotz ihrer inhaltlichen Öde durch ihre kontinuierliche Suggestion. Andere aber entwickeln sich zu Klassikern, da sie filmtechnisch, erzählerisch und rezeptionspsychologisch höchsten Ansprüchen gerecht werden. Solche Werbespots eignen sich im außergewöhnlichem Maße als Ansatzpunkte für eine sinnvolle Medienerziehung, die dazu beiträgt, durch einen prozeßorientierten 25 NLI x Dezernat - Medienpädagogik: Tips für die Medienpraxis Nr. 8 Umgang mit den Medien das kritik- und hilflose Ausgeliefertsein an die Medien einzudämmen und abzubauen. Ihre unterrichtliche Behandlung fördert die Fähigkeit, mit der Medienflut kritisch und selektiv umzugehen. Die vorliegende Unterrichtseinheit setzt mehrere Schwerpunkte: Die intensive Durchdringung der inhaltlichen Elemente, so wie der Film sie darbietet, soll sowohl eine rezeptive Sensibilisierung erreichen als auch die analytischen Fähigkeiten ausbilden. Die Klasse soll sehen lernen und auf die Fülle von Einzelheiten achten, die beim flüchtigen Fernsehkonsum verloren gehen. Die Umsetzung der wahrgenommenen Sachverhalte in die Fremdsprache hilft durch den daraus entstehenden "Sprachdruck" (Seidemann), die Erscheinungen länger zu betrachten und sprachlich fassen zu wollen. Analytische Elemente wie Charakterisierung, Rollenverhalten und Erzähltechniken stellen die Grundlage für die Produktionsformen dar, die weit über die unmittelbare Vorlage des Werbespots hinausgehen. Der vorliegende Werbespot kann, beginnend vom 9. Schuljahr, an allen Schulformen (HS, RS, Gymn., GS, BBS) eingesetzt werden. Inhalt und Form des Films ermöglichen ein sinnvolles Arbeiten in differenzierten Schwierigkeitsgraden inhaltlicher und sprachlicher Art. Der Lehrer ist aufgefordert, die folgenden Vorschläge auf seine spezielle Unterrichtssituation abzustimmen. Während die Möglichkeiten der Hauptschule sich im wesentlichen auf die Erzählung der story und Umsetzung in einen Dialog beschränken, dürfte der Schüler des Gymnasiums in die Bereiche Charakter- und Strukturanalyse, Interpretation, Diskussion des thematischen Umfelds, Textproduktion und persönliche Stellungnahme vordringen (cf. die jeweiligen Rahmenrichtlinien der Länder). Geeignete inhaltliche Anschlußpunkte sind etwa: • telling and writing a story • the short story • the American dream • advertising • role stereotypes • text types. 26 MEDIENPRAXIS UND SPRACHUNTERRICHT - Erprobte Rezepte aus der Medienküche I Vorschläge zum Unterrichtsverlauf 1. Unterrichtsabschnitt: Telling the Story Ziel: Übertragen von Bildinhalten in sprachliche Äußerungen 1) Die erste Präsentation des Films erfolgt absichtlich ohne Vokabelvorentlastung, denn im Film wird nicht gesprochen, das Hörverständnis ist nicht gefordert. Möglicherweise, je nach Verständnis und Reaktion der Klasse, wird der Film ein zweites Mal gezeigt. 2) Spontane Äußerungen, gezielte Lehrerfragen: Die Schülerinnen und Schüler bemerken jetzt, daß sie bestimmte Wörter nicht wissen, um den Inhalt sprachlich deutlich darstellen zu können. 3) Sie erhalten eine Vokabelliste, Bedeutung und Aussprache werden geklärt. 4) Erneutes Zeigen des Films. An dieser Stelle kann eine Fülle von Verfahren eingesetzt werden, um den Inhalt zu erschließen: true/false, gapped text, multiple choice, get the words right, scrambled text, questions and answers, join halves. 5) Note-taking zum Inhalt mit Hilfe der neuen Wörter (siehe 3). 6) Versuch, den Inhalt des Films mündlich wiederzugeben, Verwendung der neuen Wörter anhand der Liste (siehe 5). Die Lehrkraft protokolliert an der Tafel oder auf dem Tageslichtprojektor (OHP) entweder bewußt ungeordnet, wie die Lerngruppe das Material anbietet, um in einem weiteren Schritt eine inhaltliche Ordnung vorzunehmen, oder sie ordnet das Material sofort an der Tafel, so daß eine Gliederung für die weitere Arbeit entsteht. Folgende Gliederung (stepping-stones) könnte an der Tafel oder auf dem Tageslichtprojektor erscheinen: In the middle of ... - break-down pick-up - cool guy - sun-glasses - engine - no water - burns his fingers - messes up his trousers - jeans - embarrassed - hides/stands in her way - curious waves to her - towing-rope - speeds up - tear off the bumper - disappear don´t care/bother - sunset - happily ever after 7) Die Schülerinnen und Schüler erzählen die im Werbespot dargestellte Geschichte anhand der o.g. Liste (siehe 6) nach. Um möglichst viele von ihnen zu beteiligen, bleiben die jeweiligen Schüleräußerungen auf jeweils ein bis zwei Sätze beschränkt. Die Schüleräußerungen werden von der Lehrkraft mit einem Diktaphon aufgenommen. Anfänglich werden bei dieser Methode zunächst Fragen gestellt, die sich auf den Tafel- bzw. OHP-Anschrieb beziehen. Der Lehrer oder die Lehrerin geht in der Klasse herum und sammelt per Diktaphon die Schülerantworten ein. Die Schülerinnen und Schüler werden auf keinen Fall unterbrochen, um Fehler zu verbessern (fluency goes before accuracy). Die Lehrkraft hilft, wenn sie ins Stocken geraten. Da nur die Schülerantworten aufgenommen wurden, entsteht beim Abspielen des Bandes eine geschlossene Geschichte. 8) Eliminierung der Fehler: Die Schüleräußerungen werden über Diktaphon und Zusatzlautsprecher (Aktivbox) vorgestellt. Die Lehrkraft trifft mit ihren Schülerinnen und Schülern eine Vereinbarung: "Whenever I stop the tape, there´s been a mistake ...". Die Lerngruppe verbessert die Fehler. (Die Review-Taste ermöglicht wiederholtes, gezieltes Vorspielen. Die Meinung, daß sich Fehler bei nochmaligem Vorspielen einprägen, ist lernpsychologisch nicht mehr zu halten.) Die verbesserten Fehlerstellen werden von der Lehrkraft in die Liste an der Tafel bzw. auf dem OHP eingetragen (Bei Erstellung der Liste auf genügend Zwischenraum achten.). Wichtig: Für die Verbesserungen ist eine andere Farbe zu verwenden; nur allgemein interessierende Fehler sind aufzuschreiben, "Kleinkram" sollte nur mitgeteilt werden. 9) Alle Schülerinnen und Schüler kommen zur Tafel, versammeln sich um den OHP oder stellen sich in Reihenfolge auf mit Blick zur Tafel/OHP. Erneutes Erzählen auf Band (Diktaphon): Jeder aus der Lerngruppe leistet einen Beitrag zum jetzt "fehlerfreien" Gesamtwerk. 27 NLI x Dezernat - Medienpädagogik: Tips für die Medienpraxis Nr. 8 10) Vorstellung über Lautsprecher (Aktivbox) oder Radiorecorder, kritische Bestandsaufnahme. Die Aufmerksamkeit der Klasse ist (wie bei 8) besonders intensiv, jeder will sich selbst bzw. den anderen hören. Wenn der Lehrer die Reihenfolge der Schülerinnen und Schüler beim Aufnehmen verwürfelt hat, ist die Aufmerksamkeit umso größer, da keiner genau weiß, wann er an der Reihe ist. 11) Um die Übungsbreite zu erhöhen, ist an dieser Stelle der Einsatz des Sprachlabors äußerst sinnvoll. Da die Schülerbeiträge sich bisher auf Einzelbeiträge beschränkt haben, lassen sich nun alle Schülerinnen und Schüler mobilisieren, indem sie "ihre" Geschichten auf Band sprechen. (...) Dabei soll die Geschichte im Rahmen der jeweiligen persönlichen Möglichkeit verändert bzw. ergänzt werden. In diesem Zusammenhang bietet sich auch die Partnerarbeit an: Zwei Schülerinnen bzw. Schüler arbeiten an einem Gerät. Als Personen-Übungsform empfiehlt sich "questions and answers": Beide Schülerinnen bzw. Schüler erstellen einen Fragenkatalog über die Geschichte (die Lehrkraft korrigiert diesen Katalog, da erfahrungsgemäß Schwierigkeiten bei der Fragebildung auftreten), sie befragen sich gegenseitig und wechseln die Rollen. Um dem Frage- und Antwortspiel mehr Authentizität zu verleihen, sollten die Schülerinnen und Schüler die Übung als Radiosendung (z.B. real-life-stories) mit entsprechender Einführung gestalten ("This is the BBC World Service..."). Die Lehrkraft kann auch zur Einführung einen Teil des Titelsongs auf die Programmspur überspielen, der zum Teil von den Schülern "übersprochen" wird. 12) Ö Hausaufgabe: Write the story! Practise reading it aloud! Give it a dramatic touch! 28 MEDIENPRAXIS UND SPRACHUNTERRICHT - Erprobte Rezepte aus der Medienküche I 2. Unterrichtsabschnitt: Synchrones Sprechen zum Videoband Ziele: Synchrones Sprechen zum laufenden Film, freies Sprechen ohne Vorlage Ö Vorbemerkungen zur Technik: Fernseher/ Videorecorder und Diktaphon/ Zusatzlautsprecher werden kombiniert eingesetzt. Ziel ist es, den Hausaufgabentext, während der Film läuft, auf Band zu sprechen, um ihn dann, sozusagen als neue Tonspur, über einen Lautsprecher, der vorzugsweise direkt am Fernseher plaziert ist, wieder abspielen zu lassen. Die Lautstärke des Originaltons (Song: "Be my Baby...") wird stark zurückgenommen, muß aber hörbar bleiben, um das atmosphärische Element zu erhalten. Die Lehrkraft achtet beim Aufnehmen auf einen möglichst exakt synchronen Start von Audio- und Videoband. Tip: Man läßt das Vorlaufband der Toncassette durchlaufen, bis der Beginn des tatsächlichen Bandes im Fenster erscheint. Von diesem Punkt an beginnt die Aufnahme. Sie wird synchron mit dem Beginn des Films gestartet. Das gleiche Verfahren gilt für die Wiedergabe der Aufnahme. Ö Ergebnis: Video-Band und Audiocassette laufen synchron. Es entsteht der Eindruck einer neuen Tonspur. Im Gegensatz zum tatsächlichen Nachvertonungsverfahren ist dieses Verfahren technisch nicht aufwendig und zu jeder Zeit unter Beteiligung vieler/aller Schülerinnen und Schüler im Klassenraum durchzuführen. Vorbereitung: 1) Der Film wird erneut gezeigt. Die Schülerinnen und Schüler lesen (abschnittweise) ihre Hausaufgaben vor (dramatic reading). 2) Die Schülerprodukte werden kritisch besprochen. Stimmigkeit, Situation, Verlauf, Höhepunkt, Schluß Syntax, Lexik Intonation, Verzögerung, Wechsel der Lautstärke 3) Zwei Verfahrensweisen bieten sich für den weiteren Unterrichtsverlauf an: Erfahrungsgemäß können die Schülerinnen und Schüler nur bei einiger Übung dieses Unterrichtsverfahrens sofort synchron zum Film sprechen. Sie stellen fest, daß sie zu viel Stoff haben, der in der Kürze der Zeit nicht unterzubringen ist, ohne das Gesamtprodukt völlig zu überfrachten und damit qualitativ erheblich zu beeinträchtigen. a) Deshalb stellt die Lehrkraft eine Kopie des Videobandes her und versieht sie über die Pausentaste des abgebenden Recorders mit Standbildern. Die meisten neueren Videorecorder haben heute qualitativ hinreichende Standbilder, so daß ein beliebig langer Film mit Standbildern entsteht, die den Schülerinnen und Schülern Zeit geben, angemessen lange zum Bild zu sprechen. Eine gleiche Zeitlänge aller Standbilder ermöglicht ihnen zu kalkulieren, wann der Film weiterläuft. Bei der Wiedergabe ist darauf zu achten, daß der Originalton des Films ganz zurückgenommen wird, damit die Begleitmusik nicht intermittierend mitläuft. b) Die Schülerinnen und Schüler sollen den vorher bewußt in epischer Breite dargestellten Text jetzt auf die unverzichtbar notwendigen Bestandteile reduzieren, so daß sie zum Video in Orginallänge sprechen können. Die Tonspur braucht jetzt nicht zurückgenommen zu werden. Textsorten: Zu 3a bietet sich die Textsorte Nacherzählung im Präteritum an ("It was right in the middle of the Nevada Desert....."). Zu 3b ist der running commentary oder auch die summary die passende Textsorte. Beide Verfahren stellen erhebliche sprachliche Anforderungen an die Schülerinnen und Schüler, zumal die Texte beim Abspielen nur wirklich natürlich wirken, wenn sie frei gesprochen werden. Die Lerngruppe macht die Erfahrung, daß sie für längere Pausen sprachlich genügend "munitioniert" sein muß, anderer- 29 NLI x Dezernat - Medienpädagogik: Tips für die Medienpraxis Nr. 8 seits aber die Sprachfülle so weit zu reduzieren ist, daß nur mit bruchstückartigen Sätzen (wie sie sie aus den Sportreportagen des Fernsehens kennt) gearbeitet wird. Es ist von Vorteil, daß einzelne Schülerinnen und Schüler zunächst nicht die ganze Leistung zu erbringen vermögen, da die Konzentrationsanforderung anfangs sehr hoch ist. Deshalb besprechen immer Gruppen das Band (pro Schüler/Schülerin nur 1-2 Sätze/ Szenen). Insbesondere beim Verfahren 3a läßt sich in einem Durchgang ein Großteil der Klasse beteiligen. Schülern und Schülerinnen, die sich zu Hause noch einmal an der Aufgabe versuchen möchten, wird ein Band zur Verfügung gestellt. Ö Transfer: Die Schülerinnen und Schüler versuchen sich zu Hause an weiteren Beispielen und stellen sie im Unterricht vor. Im Laufe der Zeit entwickeln sie genügend Kompetenz und Medienerfahrung, um auch in anderen Fächern hervorragende mediengestützte Referate zu erarbeiten (Video, PC etc.) Tip: Der Lehrer sollte sich zunächst die Textentwürfe zeigen lassen und sie korrigieren, damit in der Präsentation keine bzw. wenig Fehler auftauchen. Zur Technik: Es kann davon ausgegangen werden, daß alle Schülerinnen und Schüler das technische Verfahren sofort verstehen und auch privat technisch entsprechend ausgerüstet sind (Fernseher, Videorecorder, Cassettenrecorder). Manche Schüler produzieren Titeltrailer auf dem Computer über entsprechende Programme. Alternative zum 2. Unterrichtsabschnitt: Bildergeschichte mit der Videokamera Die Verfahrensweisen, wie sie unter 3a und 3b beschrieben wurden, stellen u. U. recht hohe Anforderungen an die Schülerinnen und Schüler hinsichtlich Konzentration und Sprechfertigkeit. 30 Die Verfahrensweise 3a entlastet die Schülerinnen und Schüler in gewisser Weise, da sie Standbilder von kalkulierbarer Dauer verwendet, während 3b "unerbitt-lich" in der Originallänge des Werbespots fortschreitet. Deshalb kann es sich als sinnvoll erweisen, in der Vorbereitung auf diese Verfahren zunächst einen Schritt vorzuschalten, wie ihn die Ton-Dia Serie darstellt, eine Methode, die hier allerdings per Videokamera realisiert wird. Die Klasse stellt eine sinnvolle Anzahl von Fotos aus dem Werbespot her. Sie diskutieren, welche Bilder zum Verständnis der Geschichte unerläßlich sind (diese Diskussion sollte, wenn möglich, in der Fremdsprache unter Leitung des Lehrers geführt werden). Tips zur Technik: Der Raum, in dem die Fotos angefertigt werden, sollte wenigstens halb abgedunkelt sein. Die Verwendung eines Stativs ist unbedingt notwendig. Die Standbilder werden mit der Pausentaste auf dem Videorecorder erzeugt. Der Fotoapparat wird über Zeitvorwahl auf1/30 sec eingestellt. Die Belichtungszeit darf länger, jedoch nicht kürzer sein, da sonst schwarze Balken auf dem Bild erscheinen. Die fertigen Fotos (Format 7 x 10 ist ausreichend, Beispiele siehe Anlage 3) werden unter die Videokamera gelegt (Stativ benutzen), die Kamera ist mit dem Fernseher verbunden (Monitorfunktion), ein externes Mikrofon wird z.B. am Kartenständer des Klassenraums installiert. Das eingebaute Mikrofon ist mitunter ausreichend, überträgt aber auch die Laufgeräusche des Kameramotors. Die Schülerinnen und Schüler sprechen nun nach Vorbereitungen, wie sie auch für 3a und 3b gelten, zu den einzelnen Fotos bei laufender Kamera. Es entsteht ein Videoprodukt: je nach Intention eine Erzählung, ein "dramatic sketch", ein Vortrag o.ä. Da die Bilder nacheinander auf dem Bildschirm erscheinen, sprechen die Schülerinnen und Schüler einzeln oder in Gruppen zu dem von ihnen vorbereiteten Bild. Das fertige Produkt ist leicht über Audio-Dub mit der passenden Musik zu hinterlegen. MEDIENPRAXIS UND SPRACHUNTERRICHT - Erprobte Rezepte aus der Medienküche I Bei diesem Verfahren stehen die Schülerinnen und Schüler nicht unter Zeitdruck, sondern bestimmen Länge und Tempo der einzelnen Phasen selbst. Weitere Vorteile gegenüber der Ton-Dia-Serie liegen auf der Hand: keine Verdunkelung, keine Trennung von Bild und Ton auf verschiedenen Medien, die Lerngruppe wird in jeder Hinsicht selbst aktiv, die Fotos werden von ihr selbst hergestellt, auch die Bedienung der Fernsehkamera ist für dieses Verfahren leicht zu erlernen. Der entstandene Film ist ohne technischen Geräteaufwand jederzeit verfügbar. 3. Unterrichtsabschnitt: panel-discussion Ziele: 1. Phantasievolle Ausgestaltung bzw. Ergänzung der Geschichte in bezug auf Verlauf, Vorgeschichte und Fortführung 2. Sachbezogene Notizen machen, um einen Standpunkt vertreten zu können 3. Stellung beziehen und Meinungen vertreten im Rahmen eines Rollenspiels 4. Sachadäquaten Funktionswortschatz in der Diskussion benutzen Vorbereitung: Die Schülerinnen und Schüler schreiben eine "blow-up"-Version der Geschichte, d.h. sie erfinden Ereignisse, die vor dem Beginn und nach dem Ende der Geschichte passiert sein könnten. Diese Ausweitung der Geschichte (Phantasie!) nach beiden Seiten dient dazu, Hintergründe, Ursachen und Wirkungszusammenhänge, psychologische Motivationen und äußere Gegebenheiten zu klären und auf den Erzählkern (den Werbespot) anzuwenden. Verschiedene Textsorten können gewählt werden, z.B.: • newspaper report ("Marooned in the Desert", Schüler gestalten eine Zeitungsseite mit einem PC) • eye-witness report ("Good Samaritan...", Radio- bzw. Fernsehinterview, Zeitungsseite, Diktaphon, Videokamera, PC) • telephone call ("Calling for Help", Videokamera, Diktaphon, Sprachlabor) • the girl´s story ("A Letter to her Mother", Videokamera, Diktaphon) • the he-man´s story ("Putting it on with a Trowel", Diktaphon, Videokamera, PC) • the jilted man´s story ("Notifying the Police", Diktaphon, Videokamera, PC) • a rags-to-riches story (Melodram, Diktaphon, Videokamera, PC) Durch diese Übung wird die stoffliche Grundlage erheblich erweitert, sie motiviert die Schülerinnen und Schüler außerdem, Vokabeln und Redewendungen zu suchen, bzw. zu erfragen, die sie im jeweiligen Zusammenhang benötigen. Es empfiehlt sich, die Arbeiten partnerschaftlich bzw. in Gruppenarbeit anfertigen zu lassen. Die Aufgaben sollten erst nach sorgfältiger Prüfung der sprachlichen Gestaltungsmöglichkeiten übernommen werden, da auch diese Aufgaben mit Medien gestaltet werden sollen. Ö Tip: Der Lehrer sollte alle Arbeiten korrigieren, damit im weiteren Verlauf bei der Fixierung durch Medien möglichst wenige Fehler vorkommen. Medieneinsatz: Diktaphon/Cassettenrecorder, Videokamera, Sprachlabor: Alle 3 Medien bieten hervorragende Möglichkeiten, in diesem Rahmen zu arbeiten. Diktaphon/Cassettenrecorder: Alle Beiträge werden auf Band gesprochen und der Klasse vorgestellt. Mehrere Sprecher, die sich abwechseln, sind ratsam. Die Aufnahmen können auch außerhalb des Klassenraumes oder auf eigenen Recordern zu Hause gemacht werden. Sprachlabor: Die Bänder werden "freigelöscht", d.h. bisherige Programme auf der Lehrerspur werden gelöscht. Bis zu vier Schülerinnen und Schüler setzen sich an einem Gerät zusammen, je zwei gegenüber. Sie sind zu viert an das Gerät angeschlossen (eine einfache Adaptersteckverbindung ermöglicht den Anschluß von bis zu vier Kopfhörern pro Gerät). Vorteil: Die Schülergrup- 31 NLI x Dezernat - Medienpädagogik: Tips für die Medienpraxis Nr. 8 pen sind akustisch gegeneinander abgeschirmt. Alles, was die Gruppe spricht, wird aufgenommen. Das Produkt der Gruppenarbeit wird von der Lehrkraft über die Schaltung "Abhören" über die Zentrallautsprecher vorgestellt. Da die Gruppe abgeschirmt und unabhängig arbeitet, die Ergebnisse zu jeder Zeit verbessern kann, entfällt das Lampenfieber, die Angst vor der Blamage. Erst das von der Gruppe sanktionierte Endprodukt wird vorgestellt. Videokamera: Diktaphon/Cassettenrecorder und Sprachlabor können auch zunächst als Übungsmedien eingesetzt werden, die den Schülerinnen und Schülern die notwendige Sicherheit geben, um anschließend frei sprechend vor die Videokamera treten zu können. Ö Tip: Kleine Requisiten, um die Szene anzudeuten, sind wichtig: Telefonhörer, ein leerer Fernsehrahmen, durch den eine Nachrichtenmeldung gesprochen wird, eine Sonnenbrille für den "heman", ein Mikrofon für den Reporter. Panel-Discussion Durch die oben angeführten Vorübungen sind die Schülerinnen und Schüler in vollem Maße mit dem Stoff und seinen Möglichkeiten vertraut, um den nächsten Schritt vorzunehmen. Im Rahmen einer "panel-discussion" sollten verschiedene Standpunkte vetreten werden. Als Standpunkte bieten sich zum Beispiel an: • Mitglied des "Arnold Schwarzenegger Fanclub" (he-man) • Mitglied von "Women´s Lib" (the girl´s position) • Mitglied des "Country Club" (conservative view) • ein Soziologe (social climbing, social ranks, etc.) • die Mutter des Mädchens (rags-to-riches story) • oder nach einigen Jahren: die Personen selbst. 32 Die einzelnen Standpunkte können von mehreren Schülerinnen und Schülern vertreten werden. Wichtig ist ein sprachgewandter Moderator, eine Rolle, die auch die Lehrkraft übernehmen kann. Bevor eine solche Diskussion durchgeführt werden kann, sollten ca. 10 - 15 Sätze aus dem Funktionswortschatz für Diskussionen allen Schülerinnen und Schülern geläufig sein. Die Diskussion wird mit der Videokamera aufgenommen (evtl. Lehrer). Ein externes Mikro wird in der Mitte plaziert. Die Kameraführung muß die einzelnen Beiträge "vorausahnen", so daß abrupte Schwenks möglichst vermieden werden. Zum Schluß einige Beiträge (Anlage 1) aus einer brainstorming-list, die von Schülerinnen und Schülern des GreseliusGymnasiums in Bramsche erstellt wurde. MEDIENPRAXIS UND SPRACHUNTERRICHT - Erprobte Rezepte aus der Medienküche I Anlage 1 Brainstorming-List, Grundkurs Klasse 12, Greselius-Gymnasium Bramsche, 12.10.1994 Korrigierte Fassung Perspektive: Arnold Schwarzenegger FanClub Theory of Evolution There is no getting around the fact that life is a struggle. The main object of life is the preservation of the species. − survival of the fittest − May the best one win. − the right of the stronger man − life is a competition In the desert you are thrown back on the essentials of life. It´s a matter of life and death. She is the Guilty One − She does the actual seducing. − She had the choice and she chose the stronger man. − No man can resist her innocent glance. − Isn´t it the same in nature? − Don´t the prettiest flowers get most bees? − She is a very knowing girl. − A woman needs adventure. − She asked for it. He isn´t poofy − downright ridiculous − This man is the embodiness of manliness. − He would be disgusted by homosexuality. − If he was gay he wouldn´t have smiled at her but at her boy-friend. What famous men would have said Freud: Human beings are principally led by their sex urge. Kant: Women are as strong as men. He distinguished between the forces of the two sexes. Shaw: Females are not only weak and innocent. They use their sexual attraction to lure men into the preservation of the species. The realization of the lifeforce Shakespeare: Frailty, thy name is woman. The City-Slicker − What is a good Harvard-education actually worth in this situation? − No real life experience − This is a situation where man is thrown back on his abilities. − To be or not to be. Cave-Man Behaviour? − We are all for the average man who is able to repair a car. − We are not uncivilized people. − If it were right that the two men behave like cave-men the whole theory of evolution would be turned upsidedown. Perspektive: Women´s Lib The Girl − real victim without knowing it − touch of innocence − small-town girl − no experience of life − flattered when the rich-man courted her − millionaire´s son − lured into a trap of riches − wouldn´t feel at home in the glittering world − only treasure is her beauty − parents urged her to marry him − poor but happy and honest − worked all day, father had an accident, paralysed − expensive operation − girl has responsibility for father´s recovery − sacrifices herself − dilemma − hero comes into her life, dream-lover − succumbs to his manly beauty − love at first sight 33 NLI x Dezernat - Medienpädagogik: Tips für die Medienpraxis Nr. 8 The He-Man − muscular body but brainless − no qualifications − real motive is adventure − can´t provide for a family − primitive level of a cave-man − could he handle business on a stockexchange? − predatory animal on the lookout for his prey − puberal nincompoop Perspektive: Banker´s Country Club Banker − successful business-man − well-educated − responsible, can provide for a family − deeply in love − career at a bank − has been to a university − normally he has his car repaired − away from his usual surroundings − he made his way up − his biography is a rags-to-riches story − a man any girl would do well to marry − gives the poor girl a chance − social benefactor − can offer her a life of wealth and security − deep understanding for underprivileged classes − reliable man is turned into a stooge − pillar of society 34 MEDIENPRAXIS UND SPRACHUNTERRICHT - Erprobte Rezepte aus der Medienküche I Anlage 2 Klausur, Grundkurs Klasse 12, Englisch, 09.11.1994 Task You are an advertising expert. You have launched an extremely successful commercial. It is about a particular brand of ... 1 This fact, however, hardly matters at all. With this exquisite commercial you could sell almost anything. A group of experts would like to know about your smash hit. So you have been invited to deliver a speech. You start like this. "Ladies and gentlemen, it is a great honour for me to have been invited by the advertising elite of this country to describe to you what we did to achieve this fabulous hit. The story itself is very simple: .................................................................. And now let´s turn to the literary and psychological side of the story: ................................................................" 1 Inhaltsangabe des Werbespots (Bier), der im Rahmen der Klausur bearbeitet wurde. Ein junger Mann klingelt an der Wohnungstür eines Hochhausappartements. Unter einem fadenscheinigen Vorwand versucht er, ein Mädchen kennenzulernen. Während sie in der Küche den Tee zubereitet, spielt der junge Mann mit ihrem Hund. Der Ball, den er durch das Zimmer wirft, springt aus dem geöffneten Fenster. Der Hund springt ihm nach. Letzte Einstellung: Mann und Hund sitzen zusammen in einer Kneipe. 35 NLI x Dezernat - Medienpädagogik: Tips für die Medienpraxis Nr. 8 LANDESKUNDE USA - 10. Jahrgang Ein medienaktiver Einstieg mit prozessualem Charakter + Reinhard Jonczyk In ihrem 6. Band messen die gängigen Lehrwerke Red Line und Englisch G der amerikanischen Landeskunde nur eine untergeordnete Bedeutung zu, vermutlich deshalb, weil bereits im 8. Jahrgang ausführlich auf die Entstehung der USA eingegangen und auch ein Schlaglicht auf das heutige Amerika geworfen wird. In Englisch G geht es um Medien und Politik (Insgesamt 21 Seiten), und Red Line beschäftigt sich mit dem politischen System der USA, der Einwanderungsproblematik, Umwelt und Verkehr sowie Jugendrebellion und Erforschung des Weltraums (Insgesamt 27 Seiten). 1995 entschlossen sich 10.000 Schüler und Schülerinnen im Alter von 17 bis 18 Jahren, für einen gewissen Zeitraum in den USA zu leben. Augenscheinlich ist dieser Entschluß in den beiden Jahren von Klasse 8 bis 10 gereift. Es muß also von einer umfassenderen landeskundlichen Information ausgegangen werden, als sie im 8. Jahrgang seitens der Schule vermittelt worden war. Dieses vermutlich durch Fernsehberichte und Spielfilme geprägte Amerikabild sollte in Abständen kritisch hinterfragt werden, um Lücken zu schließen und andere Sichtweisen kennenzulernen. Vor diesem Hintergrund ist es m.E. angebracht, dem Thema im Englischunterricht eines 10. Jahrgangs durch einen schülerzentrierten Einstieg mehr Raum zu geben, als es von den Lehrwerken vorgesehen ist. Der Einstieg in diese Unterrichtseinheit kann auf vielfältige Weise erfolgen, jedoch dienen alle Verfahren letztlich dem Zweck, den Schülerinnen und Schülern Gelegenheit zu geben, ihr Vorwissen zu sammeln und für weiterführende Schritte zu strukturieren sowie zu ergänzende Lücken zu entdecken. − brainstorming: Strukturierung: pyramiding, clustering oder mind-mapping als schriftliche Arbeitsformen ohne Vorgaben; stummer Dialog als schriftliche Arbeitsform mit visuellem Stimulus, 38 + z.B. Titelseiten von NEWS WEEK oder großformatige Abbildungen) − facts and dates (geographischhistorischer Abriß) − Reisebericht − Werbespot: (z.B. Levis 501: The Jeans that built America) − song: This land is your land (Woody Guthrie), Born in the USA (Bruce Springsteen), America (Simon & Garfunkel), National Anthem u.v.a.m. Kriterium bei der Auswahl der Lieder ist eine möglichst knappe, aber facettenreiche Aussage des Textes. Lieder, wie z.B. In the Ghetto (Elvis Presley), Allen Town (Billy Joel), Americanos (Holly Johnson), The Free Electric Band (Albert Hammond) u.v.a.m. sind bestimmten Themenschwerpunkten zuzuordnen und bleiben deshalb unberücksichtigt. Die hier aufgelisteten Beispiele sind hinlänglich bekannt und die entsprechenden methodischen Schritte auch aus anderem Fachunterricht vertraut. Sie haben überwiegend rezeptorischen Charakter. Eine alternative Möglichkeit, das Schreiben in der Einstiegsphase zu umgehen und stattdessen handlungsorientierten Elementen den Vorzug zu geben, ist die Erstellung einer Collage mit dem PC und der Software COREL DRAW1. COREL DRAW ist ein Grafikprogramm, das als COREL TEACH in der Klassenraumversion 3.0 (15 Plätze) für ca. 800,- DM angeboten wird (Stand 95-I). Die vorläufig letzte Version 5.0 mit Desktop-Publisher VENTURA kostet ebenfalls als Klassenraumversion zur Zeit 1 398,- DM. 1 COREL DRAW Die Preisangaben sind dem Sommerkatalog ‘95 der Firma COTEC entnommen MEDIENPRAXIS UND SPRACHUNTERRICHT - Erprobte Rezepte aus der Medienküche I Neben Bildbearbeitungsinstrumenten stehen 30.000 Cliparts aus allen Lebensbereichen zur Verfügung, die in einem Katalog abgebildet sind. Die Schülerinnen und Schüler sollen ihre Vorstellung von Amerika durch die Auswahl entsprechender Cliparts dokumentieren, wobei ihnen der Katalog als Grundlage dient. Erfahrungsgemäß arbeiten 2 - 3 Personen an einem PC und müssen sich als redaktionelles Team auf die endgültige Gestaltung der Collage einigen. Somit werden je nach Vorwissen und Schwerpunktsetzung unterschiedliche Collagen entstehen. STEP 1: USA: check the clipart catalogue and note down suitable cliparts you would like to use for illustrating your view of the USA STEP 2: Make a collage of about 20 cliparts (+/- 2) to introduce what you associate with the USA. Da die Grafiken in ihrer Größe veränderbar sind, sollten sie aus Gründen der Übersichtlichkeit auf ein sinnvolles Maß gebracht werden. Es geht nicht um Quantität, sondern vielmehr um den Symbolcharakter einer Grafik. Eine Beschränkung der Auswahl auf 20 Darstellungen belebt zudem die Diskussion in der Arbeitsgruppe in der Phase der Auswahl. Die Schülerinnen und Schüler sollten vor der Arbeit darauf hingewiesen werden, daß sie die Funktion der Verkleinerung, bzw. Vergrößerung als Mittel zur Aufmerksamkeitslenkung verwenden können. Der Vorteil dieses Verfahrens liegt in der Möglichkeit der permanenten Umgestaltungsmöglichkeit, der nachträglichen Zuordnung von Textelementen und der Weiterverwertung einzelner Grafiken zur Illustration ausführlicher Berichte zu Einzelthemen. STEP 3: Present your USA-poster to the class and comment on your choice Die Gruppenergebnisse werden im DIN A4 Format ausgedruckt und ggf. auf DIN A3 vergrößert, so daß die Collage in der folgenden Stunde als Poster im Klassenraum/ Spracharbeitsraum vorgestellt und mündlich kommentiert werden kann. STEP 4: Video production "A Glimpse on America" Die niedergeschriebenen Gruppenkommentare werden von der Lehrkraft korrigiert. Die Lerngruppe trifft die Auswahl, wer welches Einzelbild kommentieren möchte. Dabei können zusätzliche Detailinformationen angefügt werden. Bedingung ist, daß der zeitliche Rahmen von maximal einer Minute nicht überschritten wird, damit der Spotlightcharakter der Videoproduktion nicht durch unnötige Längen verliert. Während die Schülerinnen und Schüler sprechen, erfaßt die Videokamera die einzelnen Bilder der Collage und zeichnet den gesprochenen Beitrag auf. Somit bleibt die 2. Phase des Einstiegs als vorzeigbares Produkt erhalten. Hierin liegt aber vor allem eine Wertschätzung der eingebrachten Leistungen, insbesondere wenn keine Note erteilt wird. Zudem läßt sich in medienproduktiven Phasen erfahrungsgemäß eine deutlich höhere Arbeitsdisziplin und Konzentration feststellen, denn niemand möchte in der Qualität seines Beitrags zurückstehen. STEP 5: Videoclip: King & Queen of America2 Build 2 groups; take notes of the video sequences (group A) and what is said about the USA in the song (group B) Der Videoclip greift gesellschaftliche Probleme auf, wie z. B. Fernsehprediger, Armut, Starrummel, Sensationsdarsteller, Sport und sein Umfeld, Umweltverschmutzung, die Rolle der Frau etc. Das Bildmaterial ist plakativ und provokant. Man kann davon ausgehen, daß sich die Aussage des Videoclips wesentlich von den Aspekten unterscheidet, die die Lerngruppe in ihrer Collage präsentiert. Der Vergleich beider Szenarien soll nicht zu einem objektiven Amerikabild führen, falls es das über2 The Eurythmics’ Greatest Hits, BMG Video 791012, erhältlich im Fachhandel und in Kaufhäusern 39 NLI x Dezernat - Medienpädagogik: Tips für die Medienpraxis Nr. 8 haupt gibt, auch wenn einzelne Schülerinnen und Schüler dazu neigen, zu einem "abschließenden Ergebnis" zu kommen. Vielmehr soll die Analyse der Erweiterung des Themenspektrums dienen und zu weiterführenden Nachforschungen anregen. Dem Arbeitsauftrag liegt ein arbeitsteiliges Verfahren zugrunde, das sich die Bild-TonSchere zunutze macht. Während eine Gruppe den Videoclip sieht (Viewing Comprehension), hört die zweite Gruppe das Lied (Listening Comprehension). Organisatorisch gibt es keine Probleme, wenn die Schule über einen Spracharbeitsraum mit Videoeinheit verfügt. Andernfalls müßten zwei Räume genutzt werden. Die Zusammenführung der visuellen und auditiven Information geschieht im Gespräch zwischen den beiden Arbeitsgruppen. Eine Zusammenfassung des Clips erfolgt schriftlich auf der Grundlage des Video/Ton-Scripts: 1. Which view of the USA is presented in the videoclip "King & Queen of America"? 2. In which points does it differ from the collage you made? 40 MEDIENPRAXIS UND SPRACHUNTERRICHT - Erprobte Rezepte aus der Medienküche I THE EURYTHMICS: KING & QUEEN OF AMERICA Video Sequences Words Mickey & Minnie, blowing curtains, band playing, rock duet, actors, Las Vegas, film stars in front of a big limousine, couple with push-cart filled with goods, Las Vegas, film stars as above, actress singing, Las Vegas, film stars as above, actress singing, game show, 05 cheerleader and football player, rodeo , country singers, gun shooting an Indian dead, US president and first lady, pressing the red button, missile, film stars, homeless man begging for money, game show, couple with push-cart, marching soldiers, Elvis & Marilyn, Evil Knievel crashing into a sheet of glass, game show, Hugh Hefner with bunny, marching soldiers, Elvis & Marilyn, war cemetary, country singers, game show,couple with push-cart, cheerleader, Minnie hits Mickey, Hugh Hefner & bunny, Elvis & Marilyn, president & first lady, collapsing building, Mickey beats Minnie, game show, soldiers in a tank, body builder, US president & first lady, H. Hefner & bunny, game show, couple with push-cart, man having a heart attack, US president & first lady, clearing of wood, Marilyn, man breaking down clinging to the push-cart, woman looking surprised, ship in heaps of foam, actors, cannonball , cheerleader & football star, cannonball hits sensational performer, chimney-stacks emenating yellow smoke, woman crying - man dying, rock duet, astronauts walking on the moon, evangelist, zoo: woman with leopard fur coat watching a leopard; evangelist, rock duet, evangelist, Minnie & Mickey, evangelist healing people, Mickey hits Minnie, country singers, game show master, actors, rock duet, evangelist, repetition of various sequences as seen before, except evangelist asking for cheques, closing his cheque-book, pleased with himself 10 15 20 25 30 Well c’mon darlin’ The stars are burning bright C’mon now darling Our luck is good tonight ‘Cause we’re the all time winners In the all time loser’s game Yeah we’re the all time winners And here we go again The King and Queen of America, The King and Queen of America, The King and Queen of America, The King and Queen of America, Yeah it’s the King of nothing And the Queen of rage With a pile of confusion Upon a glittering stage You know we never did anything To make ourselves feel proud You know we never did anything So let’s play it loud Let’s hear it for the.. King and Queen of America , King and Queen of America , King and Queen of America , King and Queen of America , King and Queen of America , 35 So c’mon darling 40 45 50 There’s a big moon in the sky We’re gonna build A little satellite We’re gonna make it fly We’re gonna send it up to heaven All the way up to the stars And all of them aliens Are gonna find out Who we are We’re talking ‘bout the King and Queen of America Talking ‘bout the... King and Queen of America... 41 NLI x Dezernat - Medienpädagogik: Tips für die Medienpraxis Nr. 8 Zusammenfassung Materialien Ein Einstieg in dieser Form scheitert in seinen wesentlichen Phasen nicht zwangsläufig am Fehlen der Software COREL DRAW, da die zu Beginn aufgeführten traditionellen Wege ebenfalls als Vorentlastung des Videoclips dienen können, so daß der "Fernsehbeitrag" ggf. auf der Grundlage einer Collage mit Abbildungen aus Reiseprospekten, Zeitungsberichten oder Darstellungen in Lehrbüchern erstellt werden kann. 1. Zu ausgewählten landeskundlichen Grafiken aus Corel Draw (vgl. Mat. 2 auf S. 44) schrieben Schüler/innen nachfolgende (unkorrigierte) Beiträge: Andererseits ist der Einsatz des PC begründet durch seinen hohen Motivationsgrad: − Collagieren unter Nutzung der technischen Hilfsmittel ist für Schülerinnen und Schüler ein zumeist unbekanntes Verfahren − es gibt kein aufwendiges Stöbern in Bergen von Zeitschriften − die Software gestattet eine Einflußnahme auf Formelemente der Abbildung (Ausschnitt, Größe, Farbe) − die Darstellung läßt sich verfremden (Spiegelung, Verzerrung) − professionelles Layout − kreatives Arbeiten im Team. Die dargestellten Arbeitsformen aktivieren alle Sinne und fordern alle Fertigkeiten in einem handlungsorientierten Fremdsprachenunterricht. Sie bieten dabei mehrfach die Möglichkeit zu selbständigem individuellem und gemeinschaftlichem Lernen. Durch die Zwischenprodukte dokumentiert sich gleichermaßen der in der neueren Sprachendidaktik geforderte Ansatz des prozessualen Lernens - hier gestützt durch den Einsatz von unterschiedlichen Medien. In einem 10. Jahrgang verfügen Schülerinnen und Schüler immer häufiger über Erfahrung im Umgang mit technischen Medien. Sie sollten Gelegenheit erhalten, diese einzubringen und damit die Lehrkraft zugunsten ihrer Beratungsfunktion zu entlasten. Somit zielt diese Form des Einstiegs mit medienaktiven und rezeptiven Phasen nicht zuletzt auf die Erweiterung der Medienkompetenz. 42 Stealth-Bomber The B2 was built in 1987. It is the most modern military airplane in the world and can cover extremely long distances. The Americans say that the B2 is the best airplane in this century and are really proud of it. Bill Cosby Bill Cosby is a popular black TV and movie star. He is very rich and successful. His famous TV-show is " The Bill Cosby Show". Twenty years ago there was still discrimination against black people, for example that black pupils were not allowed to go on the same bus as their white classmates. But ten years later black leaders proclaimed "Black is beautiful!" Nowadays the situation has improved as we have got black people in leading positions like the Mayor of New York . Illinois Illinois is one of 51 states in the USA. It lies on Lake Michigan between Iowa and Indiana in the North-West of the United States. The capital is Springfield. About 11 Mio. people are living in Illinois. The USA is a typical immigration country. You find towns with the names Hannover and Marseille. The Hamburger Due to important changes in the American society for example full time jobs for women the structure of the family changed. Beside this there are more singles than ever, and as time is money fast food became very successful. Fast food means cheep and quick meals for everyone. Especially McDonald’s with it’s Drive-Ins makes it easy to have a meal without having to go shopping and to cook. MEDIENPRAXIS UND SPRACHUNTERRICHT - Erprobte Rezepte aus der Medienküche I Rock ‘n’ Roll musician The first great representative of Rock ‘n’ Roll was Bill Haley. His hit "Rock around the clock" went round the world. A few years later came the superstar Elvis Presley. His nickname was "Elvis the King". Jailhouse Rock by Chuck Berry was a milestone in Rock ’n‘ Roll history. Today, Hard Rock and Heavy Metal Rock have developed from the original Rock ‘n’ Roll. Hollywood When people think of America, they often think of Hollywood firstly. The Walk Of Fame is a famous mile with hand-prints of famous films stars like Marilyn Monroe, Carry Grant, Arnold Schwarzenegger etc. Every year "Oscars" and Gramies are given to actresses, actors and editors of successful films. This reward is very important for a star’s career. The dolphin The dolphin is a mammal. It is a symbol of the Seaworld in Florida.The dolphin has become very popular when the TV-series "Flipper" introduced a dolphin as a humanlike friend helping in a dangerous situations. Dolphins are an endangered species, because there are still nations killing them to be sold to exclusive restaurants. Organisations like Green Peace, World Wildlife Fund and other organisations want their protection world-wide, otherwise dolphins might die out. Corvette The car shown here is a Corvette. Nothing has influenced the American way of life more than the car. Henry Ford was the first car engineer who produced cars on assembly belts : This was an industrial revolution because it was the first mass-production in the world. Detroit is only one of the centres of the American car industry. Americans are much more mobile than the Europeans. Well, they have to because distances are much longer than in Germany ,for example. The US are often called a nation on wheels. The pumpkin The pumpkin stands for Helloween. On Helloween people disguise as ghosts, or monsters and try to scare other people. Stars and Stripes This symbol stands for peace, unity, and equality in the USA. It means that everybody can go there, to live a new life. Policeman This policeman is wearing a uniform that is typical for the USA. He’s got a star which is part of his uniform, and he has got a sign of the local police department on his hat. 43 NLI x Dezernat - Medienpädagogik: Tips für die Medienpraxis Nr. 8 Auswahl von COREL Grafiken zum Thema USA (Materialien 2): 44 MEDIENPRAXIS UND SPRACHUNTERRICHT - Erprobte Rezepte aus der Medienküche I TRAILER - Appetitanreger selbstgemacht + + / Reinhard Jonczyk Zapping, Hopping, Switching - die Fernsehgewohnheiten haben sich verändert. Beim Surfen durch das laufende Programm bleibt es nicht aus, daß man irgendwann auf einen der kurzweiligen visuellen Appetizer, genannt "Trailer", stößt. Ziel dieser auf einen speziellen Programmbeitrag zugeschnittenen Vorschau ist es, Zuschauer zu "ködern". Immer werden Titel, Tag und Uhrzeit des Beitrags sowohl eingeblendet als auch genannt, manchmal sogar mehrfach, damit auf jeden Fall etwas in der Erinnerung haften bleibt. Ist es dabei auch noch gelungen, das "Das-will-ich-sehen-Gefühl" zu wecken, so hat der Trailer die intendierte Erinnerungsspur gelegt, war also im Sinne der Macher erfolgreich. Die Zuschauer als Kunden haben ein Recht darauf, die Ware "Fernsehen" zu prüfen. Im bevorstehenden Zeitalter des Pay-TV gewinnt diese Möglichkeit an Bedeutung, denn wer zahlt schon gern für einen Beitrag, der nicht hält, was die Ankündigung (Programmzeitschrift, Videotext oder Trailer) verspricht. Ein guter Trailer muß folglich über Inhalt, Zielgruppe und Hintergründe zur Entstehung des Beitrages informieren, ohne dabei zuviel vorwegzunehmen. Sobald Zuschauer das Gefühl bekommen, daß sie durch schlechte Trailer systematisch "verschaukelt" werden, wird die Einschaltquote bei dem entsprechenden Anbieter sinken. Ist es angesichts der Komplexität des skizzierten Hintergrundes überhaupt sinnvoll, daß Schülerinnen und Schüler selbständig Trailer herstellen ? Mehrere Gründe sprechen dafür: − (hinreichende) Fernseherfahrung; subjektive Medienkompetenz − Vertrautheit mit technischen Geräten − Konsumentenhaltung kann durch aktive Medienarbeit abgebaut werden − handlungs- und produktorientierte Arbeitsweisen sprechen Schülerinnen und Schüler an Auf den ersten Blick stellen die o.g. Gründe instrumentale und mediendidaktische Fertigkeiten in den Mittelpunkt. Dies heißt nicht, daß die kognitive Komponente der Spielfilmanalyse entfällt - sie ist vielmehr Teil eines umfassenderen Arbeitsprozesses. Der Vergleich eines Spielfilms mit seiner literarischen Vorlage und damit verbundenen Aufgabenstellungen hat folglich nebengeordneten Charakter. Medienkundliche Vorentlastung 1. Filmkategorien Im Englischunterricht einer 9. Realschulklasse haben die Schülerinnen und Schüler hierzu folgende Liste zusammengestellt (in alphabetischer Reihenfolge): Film Categories: action, adventure, cartoon, catastrophe, comedy, detective, documentary, drama, erotic, fantasy, horror, love story, monumental/historical, music, musical, psychothriller, satire, science fiction, sex & crime, thriller, tragedy, western ... 1.1 Exemplarische Anwendung auf ausgewählte Filmsequenzen. In den folgenden Stunden habe ich aus mehreren Trailern Filmsequenzen vorgestellt, pro Filmbeispiel eine Szene. Dieser Zusammenschnitt war ohne Ton; zur optischen Gliederung wurden die einzelnen Sequenzen lediglich durch Schwarzbilder voneinander getrennt. Im Unterrichtsgespräch wurden die Ausschnitte den Kategorien zugeordnet und die Auswahl begründet. Es ist mühsam, auf entsprechendes Material kurz vor den Nachrichtensendungen (ARD und ZDF) oder am Schluß von Werbeblöcken (Private) zu warten, doch gibt es Programme, die ausschließlich Trailer präsentieren. Für den EU bietet sich 45 MEDIENPRAXIS UND SPRACHUNTERRICHT - Erprobte Rezepte aus der Medi 1.2 "Cinematic" (MTV) an, sofern man verkabelt ist. Schulung analytisch-antizipierenden Sehens anhand von Szenenfotos (Screenshots) In allen Programmzeitschriften finden sich Szenenfotos zum Spielfilmangebot, aber auch zu Dokumentarberichten, die, je nachdem unter welchem Gesichtspunkt sie ausgewählt wurden, Rückschlüsse auf die Filmkategorie, in manchen Fällen sogar auf den Filmtitel zulassen. Meiner Tageszeitung liegt ein Fernseh- und Rundfunkprogramm bei, das Schwarzweißfotos enthält. Die für Unterrichtszwecke verwertbaren Screenshots schneide ich aus und arrangiere sie zu einem Arbeitsblatt, das antizipierendes Sehen trainiert. Filmtitel sind in ungeordneter Folge aufgelistet und müssen dem entsprechenden Foto zugewiesen werden (Material 2). Anschließend folgt die Kategorisierung. Die Auswertung des Arbeitsblattes beinhaltet die Begründung für die getroffene Zuweisung. Diese Vorübung hat für die Erstellung eigener Trailer Basisfunktion. Schließlich werden bildsprachliche Elemente analysiert, bestimmten Situationen zugeordnet, versprachlicht und kategorisiert. Durch die Diskussion über Grenzfälle erweitert sich die eigene Medienkompetenz. 2. Vorbereitung des Trailers Plotoutline als Bildfolge mit Untertiteln. Nachdem sich zu dem von mir vorgelegten und durch Schülerinnen und Schüler ergänzten Filmangebot an englischsprachigen Filmen Arbeitsgruppen gebildet haben, erfolgt die Sichtung des Films. Dies geschieht sinnvollerweise während eines Arbeitstreffens der Gruppe am Nachmittag zu Haus. Ziel ist die Erstellung eines Plotoutlines, vereinfacht gesagt, einer schriftlichen Inhaltsangabe. Hierbei werden Bildfolgen, sprich Handlungsabläufe versprachlicht und stehen somit für die spätere Nachvertonung der Bildspur des Trailers zur Verfügung. Oftmals müssen diese Inhaltsangaben noch stärker verdichtet werden, um die Zeitvorgabe, z.B. 3 - 4 Minuten, nicht zu überschreiten (s. Materialien "Schülerarbeiten zu Stay Tuned"). Beim zweiten Ansehen wird ein Zeitprotokoll derjenigen Szenen angelegt, die für die Verwendung in dem geplanten Trailer in Frage kommen. Auch hierbei ist die Auswahl schwierig, weil zu viele Szenen zwingend erforderlich zu sein scheinen. Die Diskussion darüber, welche davon letztlich dem Zeitdiktat zum Opfer fallen, liegt in der Entscheidung der Gruppe und führt zwangsläufig zu fruchtbaren Auseinandersetzungen. Ein weiterer vorbereitender Schritt ist die Erstellung einer Fotofolge, sozusagen der "Bildroman" zum Film. Hierzu müssen Schlüsselszenen ausgewählt, vom Fernsehmonitor abfotografiert und mit Bildunterschriften versehen werden. Auch die Gestaltung eines Kinoplakats wäre hier denkbar. 3. Von der Filmanalyse zum Trailer Die Auswahl bestimmter Szenen setzt voraus, daß der Film mindestens zweimal angeschaut wird. Nach der ersten Sichtung wird die Haupthandlung anhand von Notizen erfaßt. Dieses Skelett kann unmittelbar beim zweiten Ansehen überarbeitet werden. Sinnvoll ist ein Zeitprotokoll derjenigen Szenen, die für die Verwendung in einem Trailer in Frage kommen. Da neuere Videorecorder über Echtzeitzählwerke verfügen, bekommt der Redakteur zu einem frühen Zeitpunkt einen Überblick über die optimale Länge des Trailers. Diese ist abzustimmen mit der zur Verfügung stehenden "Sendezeit". So müssen ggf. geeignete Szenen entfallen und durch Off-Kommentare überbrückt werden. Auch die Einleitung könnte durch eine Moderation erfolgen. Hierbei ist es möglich, vor der Kamera zu sprechen oder im Off zu den laufenden Bildern (Audiodubbing). Beide Verfahren müssen vorher trainiert werden. Trailer werden z.Z. von meinem Wahlpflichtkurs Englisch, Klasse 10, in Partnerbzw. Gruppenarbeit erstellt, wobei ein großer Teil der Arbeit außerhalb des Unterrichts geleistet werden muß. In der MEDIENPRAXIS UND SPRACHUNTERRICHT - Erprobte Rezepte aus der Medienküche I Unterrichtszeit werden lediglich exemplarisch Teilprodukte vorgestellt. Insbesondere die videopraktische Arbeit, vornehmlich das Zusammenschneiden der Szenen sowie Kamerainserts (Logo und Sendezeit) und die Tonproduktion zur Nachvertonung einzelner Szenen müssen von Schülern einer Video-AG technisch begleitet werden. Vielfach hilft aber auch Ihre zuständige Bildstelle weiter! Trailen - aber wie ? Nachfolgend möchte ich die einzelnen Schritte nochmals in Kurzform auflisten: Planung: ♦ Umfeldanalyse: − Zielgruppe − Filmkategorie − Profil/Image des Senders ♦ − − − Äußere Form: Beschränkung auf Schrifttafeln Moderation durch Mitwirkende Filmausschnitte ohne/mit Kommentar ♦ Wirkungsweise: − Interesse Aktualität; Exklusivität; Bedeutung für ... − Spannung rasche Bildfolge, Situation wird angerissen; Ende bleibt offen − Identifikation Aufforderung zur Rollenübernahme − Emotionalisierung durch entsprechende Filmsequenzen und Kommentare − Unterhaltungswert belegen Vielseitigkeit der Ausschnitte, Hinweis auf Prädikate Herstellung: ♦ Filmanalyse − Genre − Inhalt − Zielgruppe b) Moderation vor der Kamera oder im Off − Logo des Senders − An- und Absage des Programms ♦ Endfassung: − Schnittarbeiten − Nachvertonung (Sprecher, Musik/Jingle) Der didaktische Aspekt Aus der Sicht des FU verlangt die Moderation zu einem Trailer eine hohe sprachliche Kompetenz: Wortschatz, Strukturen und Sprechgeschwindigkeit müssen auf das Medium Fernsehen abgestimmt sein, d.h. viele Informationen sollen in kurzer Zeit in geeigneter Weise transportiert werden. Das Produkt, der Trailer, basiert last not least auf rezeptiven mündlichen Fertigkeiten im Rahmen der inhaltlichen Erschließung der Vorlage (Hör-Seh-Verstehen) und verlangt die schriftliche Fertigkeit des Note-taking bei der Erstellung der Szenenprotokolle. Die medienpädagogische Dimension ist nicht minder komplex. Neben der Kenntnis von Bildsprache, der Wirkung von Musik und Geräuschen, kommen medienpraktische Fertigkeiten hinzu, wie die Tonaufnahme, Tonmischung, der Videoschnitt und dessen Nachvertonung und ggf. die Bedienung der Videokamera. Der für mich wichtigste Aspekt aber ist, daß die Schülerinnen und Schüler nicht auf der Stufe der Medienrezeption: "Was macht das Medium mit uns ?" stehenbleiben, sondern herausgefordert werden, die weitergehende Frage in praxi zu beantworten: "Was mache ich mit dem Medium ?" − MAZ ab! - ♦ Produktion: − Auswahl der Szenen (Sichtungsprotokoll) − Rohschnitt − Kommentare a) Inserts (Schrifttafeln) formulieren 47 NLI x Dezernat Medienpädagogik: Tips für die Medienpraxis Nr. 8 Materialien 1 und 2 1. Schülerarbeiten eines 10. Jahrgangs: Plotoutlines zu "Stay Tuned" Beispiel 1 The film deals with the Knables family, especially with Mr Knable's TV addiction. Helen Knable is successful in her job but her husband isn't. He's spending all his free time in front of the TV. One evening a representive of Hell Vision drops in and offers him a Super TV with a sattelite dish. When his wife comes back from work, she gets very annoyed when seeing the Super TV which looks really monstrous. When she goes into the garden, she sees the huge satellite dish and she starts an argument with her husband. During the argument the satellite dish beams them into another world, the TV World. There they must survive various adventures. If they survive 24 hours, they will be free. Beispiel 2 Plot Outline "Stay Tuned" A typical family. A father, a mother, a boy and a girl. They are living in a house in Seattle. The father is watching TV after work, he goes from house to house and tries to sell something. The mother is a successful manager in a company producing vitamin-pills. The boy is a computer freak. His sister likes parties, boys but no school, I think. One day the boy and the girl are staying with their friends overnight. Mrs Knable wants to go anywhere, but her husband prefers watching TV. His wife gets angry and says that she going to leave him. A few minutes later a man rings at the front door and wants to sell him a big TV set with a huge satellite dish. Mr Knable can't resist and buys it. The stranger goes home, but he doesn't live in a flat or in a house like normal people, he lives under the surface, he's the representative of the devil. That night Mr Knable checks the dish in the garden and his wife tells him that she will leave him. Suddenly the satellite dish swallows both. In the next second they are in a gameshow on TV. If they fail giving the correct answer to a question, they will be killed. They are lucky but the following task is even harder: they must win a mixed wrestling- 48 fight. And then they are sent to Canada, where (they are attacked by) a pack of wolves. As in the situations before they must find a kind of door to get to the next level. This time it is a cartoon. They are some mice chased by a robo cat. And then they are in the twenties of this century. Mrs Knable is kidnapped and her husband must save her. But will Mr Knable be able to escape from the guillotine? Beispiel 3 Stay tuned This film is about a family, the Knables. Mr and Mrs Knable are sent to another world. Its the world of game shows and films and belongs to the devil who runs the TV station Hell TV. Mrs Helen Knable works for an advertising agency, Mr Roy Knable presents plumber equipments. Their two children go to school. Roy Knable likes watching TV. One day Mr Spike comes to him and shows him a new TV set with a satellite dish. Roy is surprised and cannot reject the offer. The satellite dish is very big and so it is set up in the garden. Mr Knable wants to tune the satellite dish but suddenly it swallows him and his wife. The two reappear in a game show called "Nobody wins" but the Knables do. The Knables have to survive 24 hours in this exciting world and then they would be allowed to return home. The next task is to fight against a couple of wolves in the woods of Alaska. In the middle of a frozen lake is a wooden hut where they can escape and defend themselves against the pack of wolves. After that the two find themselves in a boxing-ring. They have to box another couple. Again they manage to win. Then the Knables are switched to a cartoon. The Knables' son is watching this programme and recognizes his parents by the way they talk. He runs to his sister and tells her what he has seen. Roy Knable is then seen in a show called "Wayne's Underworld". MEDIENPRAXIS UND SPRACHUNTERRICHT - Erprobte Rezepte aus der Medienküche I After that he is in a black-and-white film. He is a detective and his wife is kidnapped by their former neighbour Mr. Seidenbaum. After a thrilling gunfight Mr Knable and Helen can escape from this unpleasant channel but things don't become easier when they appear in a film about the "French Revolution". At the same time the children activate their selfmade TV station to rescue their parents.The boy says something and this is heard by the people in the film. They think God is talking to them. Roy Knable has survived for 24 hours and may return home. But Helen Knable has to stay there because she hasn't got a contract with Mr Spike's TV station. Helen is switched into a western scene. She is tied to the rails and a train is coming. If Roy wants to have her back he must travel back to Hell TV. Before Roy can help her he must kill Spike in a classical showdown. Finally he saves Helen's life by switching the TV off so that they have left the programme before the train can reach them. They return home happily and from then on Mr Knable watches TV more responsibly. Beispiel 4 A man sits in his armchair, watching TV and does not take any notice of his wife. Later he sells his soul to the devil for a big TV-set with a big satellite dish. On TV there are only programmes with and about the devil. Once the TV does not work and the man tries to tune the satellite dish. Suddenly the dish beams him and his wife into the TV programme of Hell Vision. They must survive twenty-four hours, then they will be released. First they must win a Gameshow, then they must fight against two Wrestlers of the hell, and after that they must escape from some wolves in Alaska. At this moment the boy is watching TV and recognizes his mother and father. He tries to explain his sister that their parents are trapped in the TV, but his sister thinks he lies. The next task for Mr and Mrs Knable is to survive as cartoon-mice. This time their daugther hears her parents addressing each other with their names. Now she believes her brother. Again they manage to reach another channel and find themselves in a gangster movie. During the final show-down their former neighbour is shot. This time they meet their neighbour as a boss of a restaurant, but suddenly a gangster comes in and shoots with two machine-guns. Mr Knable takes a pistol and shoots the gangster down. His neighbour is seriously wounded. Before he dies he gives his remote control to the Knables. Now they can change the channel. Hopping to another channel they take part in the French revolution. Mr Knable is taken prisoner but before he is executed his son is able to rescue him and gets him back to earth. His wife must stay on TV, because she is not part of the agreements, her husband has made with the devil. Mr K. goes back and tries to rescue her. Beispiel 5 Plot outline of: "Stay tuned" This film tells a story about a family, getting into trouble with people from hell. The Knables are a typical American family. Mr Knable watches tv day and night. Mrs Knable does the housework; her daughter gives parties in her bedroom and in the garden, and their son is a little, technical genius, who gets on his sister's nerves, with his home-made tv-equipment. One day the father gets a sattelite tv-set, which in fact is a sort of connection to the inferno, called Hell-TV. It doesn't take a long time until the father is sucked in by the sattelite dish and sent to the other side. Hell-TV ! His wife is kidnapped a second later. They get into this situation , when trying to correct the position of the dish. There they have got to survive for 24 hours in the Hell-Vision programmes. It's a world of tv-games, tv-series and tv-shows. There they get a lot of difficulties, like the guillotine for example in the film about Louis the 14th, where Mr Knable is supposed to be executed. Fortunately the son discovers the secret of the mysterious tv channel, while watching it. He sees his parents on tv, but doesn't know which programme it is. At last, he and his sister can save their parents. It has got a happy end, as we usually expect in comedies and adventures. 49 MEDIENPRAXIS UND SPRACHUNTERRICHT - Erprobte Rezepte aus der Medienküche I 51 NLI x Dezernat - Medienpädagogik: Tips für die Medienpraxis Nr. 8 Werbespot "The Missing Link" (Pepsi) Burkhard Imeyer + Der vorliegende Werbespot zeichnet sich in inhaltlicher und formal-gestalterischer Hinsicht durch ungewöhnliche Vielschichtigkeit aus und erlaubt deshalb einen unterrichtlichen Einsatz sowohl auf der Sek. I als auch auf der Sek II. Hier zunächst der Inhalt: Eine Studentin an einem anthropologischen Institut bringt am Ende des Tages einen Schimpansen zurück in den Käfig zu seinen Artgenossen. Resigniert setzt sie sich an ihren Computer und tippt ihren Bericht, in dem sie feststellt, daß mangelnder Intelligenzgrad und Mangel an Fähigkeiten nicht auf die Existenz des "missing link" zwischen Mensch und Tier hinweisen und daß damit das Forschungsprojekt als gescheitert angesehen werden muß. Während sie diesen Bericht schreibt, haben die Schimpansen beobachtet, daß ihre Pepsi-Dose leer ist. Unter Einsatz erheblicher, von der Forscherin nicht realisierten Fähigkeiten, holen sie in Gemeinschaftsarbeit eine neue Dose aus dem Automaten. Die Forscherin erkennt an dieser Handlung das "missing link" "that has unlocked the barrier between us". Annotation: Der Werbespot enthält alle klassischen Merkmale der (amerikanischen) Kurzgeschichte. Einige Punkte seien hier mit Hilfe von Egon Wehrlich, Wörterbuch der Textproduktion (Dortmund 1976, S. 126, f) aufgelistet. 1. "The short story concentrates on a limited number of characters." Forscherin und Schimpanse sind die Protagonisten, zwei weitere Schimpansen spielen untergeordnete Rollen. 2. "It organizises character and action into a simple plot." Zwei einfache Handlungsstränge (Forscherin schreibt Bericht, Schimpansen holen PepsiDose) laufen zunächst parallel, ermöglichen in der Zusammenschau dann die plötzliche Erkenntnis. 52 / + + 3. "It reveals aspects of characters at some single moment of crisis". Die resignierte Forscherin will aufgeben, die Schimpansen übernehmen die Initiative. 4. "It focuses on the significant incident/a single turning point/surprising reversal from which the action develops in an unforeseen direction." Die Schimpansen zeigen im Moment der Krise (Abbruch der Versuchsreihe) plötzlich alle Fähigkeiten, die die Forscherin in Abrede stellt. Die Verbindung, "the missing link", ist damit schlagartig nachgewiesen (epiphany). 5. "The story evokes dramatic expectation." Nach der Negierung der Fähigkeiten der Schimpansen wird Spannung von dem Moment an evoziert, wo die Affen sich abzusprechen scheinen und die erste für die Zuschauer erkennbar intelligente Handlung vornehmen (Entwendung des Schlüssels), eine Spannung, die kontinuierlich durch die Geschichte von Handlung zu Handlung gesteigert wird, bis das Ziel (Pepsi-Dose) erreicht ist und schließlich die Forscherin die entscheidene Erkenntnis hat. 6. "The meaning of the short story may be enhanced by the repetition of key words and phrases/leitmotifs." "Missing link" wird im Bericht der Forscherin als Schlüsselbegriff ausdrücklich genannt und ist thematisch im ganzen Handlungsablauf inherent. 7. "Every detail of a short story is subordinate to the single effect" (cf. E. A. Poe´s "preconceived effect"). Sämtliche Einzelhandlungen der Affen dienen in ihrer stringenten Folgerichtigkeit dazu, die "epiphany" (in anderen Fällen auch dénouement) der Forscherin dramatisch vorzubereiten. MEDIENPRAXIS UND SPRACHUNTERRICHT - Erprobte Rezepte aus der Medienküche I 8. "It is given the appearance of an immediate realistic report/realistic description". Die Geschichte legt einen wissenschaftlichen Bericht zugrunde. 9. "A short story is often confined to one setting/it covers in detail only a short period of time." Die gesamte Handlung findet in einem Laborraum statt, zwischen Beginn des Berichtes und Erkenntnis liegen nur wenige Minuten (die Erzählzeit ist allerdings kürzer als die erzählte Zeit). 10. "It is told in language highly charged with meaning/implication/suggestion." Gesprochene bzw. geschriebene Sprache (Bericht) bauen zunächst eine ausweglose Situation auf, die Handlungen der Affen (Bildersprache) konterkarieren Punkt für Punkt die im Bericht geäußerten Statements. Dieses geschieht exakt simultan, die jeweils geäußerte sprachliche Negation wird zeitgleich durch Bildsprache aufgehoben (dramatic irony). Einsatz im Unterricht Die Lehrkraft muß von vornherein entscheiden, ob sie den Werbespot auf der Sek I in den Klassenstufen 5 - 8 einsetzen will, wo der Film zwar ohne weiteres inhaltlich verstanden wird, die Vielschichtigkeit in den Aussagen und den daraus resultierenden Arbeitsformen aber nur eingeschränkt zum Tragen kommen kann und der Film insgesamt in seinen differenzierten Möglichkeiten nicht ausgeschöpft wird, oder aber ob der Film etwa von Klasse 9/10 an eingesetzt werden soll. Die folgenden Vorschläge beziehen sich auf das 9. bis 13. Schuljahr, wobei die Lehrkraft sich die Unterrichtsformen, die für ihre Klasse und Lernsituationen möglich und sinnvoll erscheinen, heraussuchen sollte (im übrigen vergl. auch hierzu die entsprechenden Anmerkungen zu "Levis 501"). Soll der Film im Oberstufenunterricht zur Erläuterung von Gestalt und Methode der short story eingesetzt werden, so empfiehlt es sich, zu Beginn eines solchen Kurses (GK oder LK) aus der Reihe "The American Short Story" den Film "The Lady or the Tiger? " von Frank Stockton zu behandeln (42 00133, Verleih durch die Bildstellen), ein Film, der in eindrucksvoller Weise die "short story" im Sinne der "formula story" (O. Henry) basierend auf dem "preconceived effect" (E. A. Poe) darstellt. Anhand dieses Films kann der 10-Punkte-Katalog, der in den Annotationen vorangestellt wurde, sozusagen als Kriterienkatalog erarbeitet werden und auf den vorliegenden Werbespot mit den o. g. Kriterien übertragen werden. Für weitere Kurzgeschichten, auch anderer Genres (ein weiteres, leicht zugängliches Beispiel dieses Typus ist Mac Kinley Kantor, "A Man who had no Eyes", erschienen bei Lensing, in: Aspects of Persuasion, Herausgeber Michael Bludau u. Werner Kracht, Best. Nr. 23221) kann der Katalog dann weitere Anwendung finden, so daß die Klasse ein handwerklich zuverlässiges Gerüst für die Erschließung einer "short story" an der Hand hat. Ein weiterer, höchst differenzierter Katalog dieser Art befindet sich in einem Aufsatz von Peter Freese: Die Short Story im EU der Sek II: Entwurf eines Interpretationsverfahrens, in: Der fremdsprachliche Unterricht, Heft 37, Febr. 1976. Unterrichtsverlauf A - Erster Ansatz: 1. Diktat: Despite being wonderful companions over the past semester, I am sorry to report that my subject group was scored below average in all responses. They showed poor communication skills, no understanding of tools and their uses, a complete lack of organisation and no decision-making abilities. In conclusion, if I can’t find some extraordinary missing link that will unlock the barrier between us, this project will be canceled. Der Lehrer überspielt die Tonspur des Werbespots, d. h. den Text, den die Forscherin schreibt (er erscheint auch auf dem Bildschirm) auf Kassette, entweder durch direkte Kabelverbindung oder aber in einfacher Form durch Aufnahme über das eingebaute Mikro des Diktaphons. 53 NLI x Dezernat - Medienpädagogik: Tips für die Medienpraxis Nr. 8 Die Schüler sollen den Text als Diktat schreiben. Drei Möglichkeiten sind einfach zu realisieren: a) Der Lehrer spielt die Kassette vor. Mit der Review-Taste lassen sich schwierige Stellen beliebig oft wiederholen. 3. Da der Text eine eminente Schlüsselrolle für ein tiefergehendes Verständnis des Films spielt, sollte an dieser Stelle eine in Ton und Diktion (Sprachregister) adäquate Übersetzung versucht werden. 4. b) Er vervielfältigt die Kassetten und läßt das Diktat als Hausaufgabe vom eigenen Kassettenrecorder als Diktat schreiben (die Bildstellen haben vielfach Schnellkopierer, allerdings kann die Vervielfältigung bei der Kürze des Textes auch auf dem eigenen DoubleDeck-Kassettenrekorder vorgenommen werden). c) Er überspielt den Text in die Einzelplätze des Sprachlabors. In diesem Falle hätten die Schülerinnen und Schüler die Möglichkeit, nach individuellem Diktattempo zu arbeiten, sich bestimmte verständnisschwierige Stellen immer wieder vorzuspielen, sich sozusagen in den Text zu "verbeißen", um gesprochenes, nicht vorentlastetes Englisch ausschließlich mit Hilfe des Wörterbuches zu Papier zu bringen. Es soll/kann auf eine Vokabelvorentlastung in jedem Falle bewußt verzichtet werden, da von Schülerinnen und Schülern etwa vom 10. Schuljahr an erwartet werden können muß, Wörter ausschließlich anhand der Klanggestalt (Phonetik) zu identifizieren und im Lexikon nachzuschlagen. Gerade das intensive Bemühen um den Text mit der Möglichkeit des Scheiterns und dem unerwarteten Erfolgserlebnis ("Das habe ich herausgekriegt!") läßt die Schülerinnen und Schüler einen engen affektiven Bezug zum Text aufbauen, der lernpsychologisch für die Realisierung der Ausgangssituation des Films (Resignation der Forscherin) wichtig ist. 2. Die Lösung, d. h. die richtige Version des Textes, führt der Lehrer auf Tageslichtfolie vor. Unbekannte Wörter werden geklärt. 54 Der korrigierte Text wird sinnfassend erlesen. Folgende analytische Fragen schließen sich an: I.1. What sort of text is it? (Scientific report) 2. Collect all the words or formulas that indicate scientific diction (subject group below average, responses, communication skills, understanding of tools, lack of organisation, decision-making abilities, missing link, project). 3. Are there any instances which do not fit in with the scientific language/ register? (wonderful companions /I’m sorry/ if I can’t find between us) 4. Give the meaning of the formulas you found in your own words. 5. Transcribe the text using only your own words/definitions. II.1. Who wrote the text? Try to imagine the girls/woman’s situation. 2. Who is the report addressed to? 3. What is its purpose/aim? 4. What is its general tone? 5. Explain its structure. 6. Look up: What is a "missing link"? Webster’s Third International und Encyclopaedia Britannica geben ausgezeichnete Erläuterungen. 7. Who do you think are the companions? 8. On the basis of the information you found try to conclude what experiment the student has been engaged on. B - Zweiter Ansatz Der schriftlich fixierte Text wird der Klasse gegeben. Der o. g. Ansatz (Diktat) entfällt. Die Schülerinnen und Schüler versuchen, ausschließlich textimmanent auf den Verfasser zu schließen. Bei diesem Verfahren ergeben sich noch weitere methodisch interessante Ansätze. MEDIENPRAXIS UND SPRACHUNTERRICHT - Erprobte Rezepte aus der Medienküche I Totally unexpected, the chimps behave like intelligent human beings and refute by their actions precisely the report’s negative statements. 1. Der Text wird sinngestaltend erlesen und zwar abwechselnd von einem Schüler und einer Schülerin, ohne daß der Lehrer auf diese Reihenfolge hinweist. 2. Frage: Taking into account the usual role-ascriptions (clichés) who do you think wrote this text, man or woman? Give reasons. Die Schüler sollen den Bruch im Sprachregister (scientific report/ personal account with emotional touches) herausfinden. Sie stellen eine Tabelle auf, wie oben unter I.2 und I.3 erläutert. Im übrigen wird der Text wie unter A aufgeführt analysiert. C - Dritter Ansatz Um die wissenschaftliche Problematik zu verdeutlichen, sollte fächerübergreifend zusätzliches Material aus dem Biologieunterricht hinzugezogen werden, oder aber der Lehrer gibt weiteres Material etwa aus der BBC World Service Serie "Science in Action" in den Unterricht hinein. Das geschieht vorzugsweise anhand der OriginalTonaufzeichnungen, kann aber auch als Tapescript bearbeitet werden. Die Vorführung der Schlußszene aus dem Filmklassiker "King Kong" würde im Hinblick auf die Rolle der Schimpansen im vorliegenden Werbespot den Gegensatz besonders scharf akzentuieren. Klärung der literarischen Strategie "dramatic irony": Informationsvorenthaltung in bezug auf eine Figur in einer Szene, während die übrigen Figuren und der Leser/Zuschauer einen Informationsvorsprung haben. Besonders prägnant wird der Effekt durch die genaue Synchronisation von negierender Aussage durch den Bericht und gleichzeitiger/paralleler Widerlegung durch die Schimpansen. 4. Änderung des Berichtes: Auf dem Hintergrund des bisherigen Berichtes schreibt die Lerngruppe eine neue Version, die dem "neuen" Wissensstand entspricht. Sie schreibt also einen Erfolgsbericht. 5. Analog zu dem synchron zu den Handlungen der Affen laufenden Bericht der Forscherin sprechen die Schüler nach der in "Levis 501" erläuterten Methode auf Band (Diktaphon). Eine neue Tonspur läuft nun parallel zu den Handlungen der Affen. (Zur Erläuterung der Verfahrensweise siehe Unterrichtsmodell "Levis 501"). Ideal ist hier der Einsatz eines Sprachlabors, da alle Schüler diesen Bericht parallel zum laufenden Film zu sprechen versuchen können, worauf möglicherweise eine Gruppenarbeit zu viert erfolgt (Schüler mit parallel geschalteten Kopfhörern auf je ein Band; siehe auch hier zur Methode "Levis 501"). D - Vorführung des Werbespots 1. Nach der Vorführung äußert sich die Klasse spontan zu "What happens?" 2. 3. Vergleich von Realität der eingänglichen Filmsituation (enttäuschte Forscherin, Bericht an Komitee, fast aussichtsloses Unterfangen, bevorstehender Abbruch) mit den aufgestellten Vermutungen, wie sie sich aus der Textanalyse ergeben (siehe Fragen zur Textanalyse unter A I und II). What is it that makes the film so funny, so touching? Zur literarischen Strategie: Die Schülerantworten sollten in etwa den folgenden Inhalt treffen: 6. Illustration des Berichtes a) am PC (COREL DRAW) oder b) sie decken eine dünne weiße Folie (Müllsack) über das Fernsehbild, der Fernseher wird bei einer entscheidenden Stelle auf Standbild geschaltet, die Schüler pausen mit einem dicken Faserstift das Bild in Umrissen durch. Auf dem Fotokopierer werden 55 NLI x Dezernat - Medienpädagogik: Tips für die Medienpraxis Nr. 8 die so entstandenen Bilder verkleinert und in den Bericht der Schüler als Illustration aufgenommen. Dieses Verfahren hat sich als äußerst wirkungsvoll und unterrichtsökonomisch erwiesen. Die Anfertigung eigener Zeichnungen würde zuviel Zeit in Anspruch nehmen, dieses Verfahren hat zudem den Vorteil, daß es sich genau auf eine bestimmte Stelle des Filmes beziehen kann. (Das Verfahren wurde von Reinhard Jonczyk, Mitglied der AG MGSU entwickelt). 56 7. Änderung der Textsorte Erneutes Sprechen parallel zum Werbespot (auch dieses Verfahren wird bei "Levis 501" erläutert, siehe Erstellen einer neuen PseudoTonspur). Running commentary: Now look at the chimp. He’s whispering to his mate. I wonder what he is up to. He’s trying to get the keys. He’s got them now and is pulling them through the bars. etc. 8. Rollenspiel You are the chimps (2 - 3 Dialogpartner, paralleles Sprechen zum laufenden Videoband wie s.o.): I think she is writing her report on us. We don’t seem to have been good at the things she wanted us to do. Look, her Pepsi-can is empty, let’s go and get her a new one. 9. Abschluß und Rückblick Schriftliche Ausarbeitung nach mündlicher Vorbereitung. Alle Punkte des Short Story-Kriterienkataloges (s. S. 52f) werden an Inhalt und Form des Werbespots überprüft und kritisch beurteilt. Diese Arbeit kann auch in Gruppenarbeit erledigt werden. Die Lehrkraft korrigiert unbedingt sämtliche Arbeiten und macht alle Arbeiten allen Schülerinnen und Schülern zugänglich. NLI x Dezernat - Medienpädagogik: Tips für die Medienpraxis Nr. 8 Werbespot "The Missing Link" (Pepsi) Burkhard Imeyer + Der vorliegende Werbespot zeichnet sich in inhaltlicher und formal-gestalterischer Hinsicht durch ungewöhnliche Vielschichtigkeit aus und erlaubt deshalb einen unterrichtlichen Einsatz sowohl auf der Sek. I als auch auf der Sek II. Hier zunächst der Inhalt: Eine Studentin an einem anthropologischen Institut bringt am Ende des Tages einen Schimpansen zurück in den Käfig zu seinen Artgenossen. Resigniert setzt sie sich an ihren Computer und tippt ihren Bericht, in dem sie feststellt, daß mangelnder Intelligenzgrad und Mangel an Fähigkeiten nicht auf die Existenz des "missing link" zwischen Mensch und Tier hinweisen und daß damit das Forschungsprojekt als gescheitert angesehen werden muß. Während sie diesen Bericht schreibt, haben die Schimpansen beobachtet, daß ihre Pepsi-Dose leer ist. Unter Einsatz erheblicher, von der Forscherin nicht realisierten Fähigkeiten, holen sie in Gemeinschaftsarbeit eine neue Dose aus dem Automaten. Die Forscherin erkennt an dieser Handlung das "missing link" "that has unlocked the barrier between us". Annotation: Der Werbespot enthält alle klassischen Merkmale der (amerikanischen) Kurzgeschichte. Einige Punkte seien hier mit Hilfe von Egon Wehrlich, Wörterbuch der Textproduktion (Dortmund 1976, S. 126, f) aufgelistet. 1. "The short story concentrates on a limited number of characters." Forscherin und Schimpanse sind die Protagonisten, zwei weitere Schimpansen spielen untergeordnete Rollen. 2. "It organizises character and action into a simple plot." Zwei einfache Handlungsstränge (Forscherin schreibt Bericht, Schimpansen holen PepsiDose) laufen zunächst parallel, ermöglichen in der Zusammenschau dann die plötzliche Erkenntnis. 52 / + + 3. "It reveals aspects of characters at some single moment of crisis". Die resignierte Forscherin will aufgeben, die Schimpansen übernehmen die Initiative. 4. "It focuses on the significant incident/a single turning point/surprising reversal from which the action develops in an unforeseen direction." Die Schimpansen zeigen im Moment der Krise (Abbruch der Versuchsreihe) plötzlich alle Fähigkeiten, die die Forscherin in Abrede stellt. Die Verbindung, "the missing link", ist damit schlagartig nachgewiesen (epiphany). 5. "The story evokes dramatic expectation." Nach der Negierung der Fähigkeiten der Schimpansen wird Spannung von dem Moment an evoziert, wo die Affen sich abzusprechen scheinen und die erste für die Zuschauer erkennbar intelligente Handlung vornehmen (Entwendung des Schlüssels), eine Spannung, die kontinuierlich durch die Geschichte von Handlung zu Handlung gesteigert wird, bis das Ziel (Pepsi-Dose) erreicht ist und schließlich die Forscherin die entscheidene Erkenntnis hat. 6. "The meaning of the short story may be enhanced by the repetition of key words and phrases/leitmotifs." "Missing link" wird im Bericht der Forscherin als Schlüsselbegriff ausdrücklich genannt und ist thematisch im ganzen Handlungsablauf inherent. 7. "Every detail of a short story is subordinate to the single effect" (cf. E. A. Poe´s "preconceived effect"). Sämtliche Einzelhandlungen der Affen dienen in ihrer stringenten Folgerichtigkeit dazu, die "epiphany" (in anderen Fällen auch dénouement) der Forscherin dramatisch vorzubereiten. MEDIENPRAXIS UND SPRACHUNTERRICHT - Erprobte Rezepte aus der Medienküche I 8. "It is given the appearance of an immediate realistic report/realistic description". Die Geschichte legt einen wissenschaftlichen Bericht zugrunde. 9. "A short story is often confined to one setting/it covers in detail only a short period of time." Die gesamte Handlung findet in einem Laborraum statt, zwischen Beginn des Berichtes und Erkenntnis liegen nur wenige Minuten (die Erzählzeit ist allerdings kürzer als die erzählte Zeit). 10. "It is told in language highly charged with meaning/implication/suggestion." Gesprochene bzw. geschriebene Sprache (Bericht) bauen zunächst eine ausweglose Situation auf, die Handlungen der Affen (Bildersprache) konterkarieren Punkt für Punkt die im Bericht geäußerten Statements. Dieses geschieht exakt simultan, die jeweils geäußerte sprachliche Negation wird zeitgleich durch Bildsprache aufgehoben (dramatic irony). Einsatz im Unterricht Die Lehrkraft muß von vornherein entscheiden, ob sie den Werbespot auf der Sek I in den Klassenstufen 5 - 8 einsetzen will, wo der Film zwar ohne weiteres inhaltlich verstanden wird, die Vielschichtigkeit in den Aussagen und den daraus resultierenden Arbeitsformen aber nur eingeschränkt zum Tragen kommen kann und der Film insgesamt in seinen differenzierten Möglichkeiten nicht ausgeschöpft wird, oder aber ob der Film etwa von Klasse 9/10 an eingesetzt werden soll. Die folgenden Vorschläge beziehen sich auf das 9. bis 13. Schuljahr, wobei die Lehrkraft sich die Unterrichtsformen, die für ihre Klasse und Lernsituationen möglich und sinnvoll erscheinen, heraussuchen sollte (im übrigen vergl. auch hierzu die entsprechenden Anmerkungen zu "Levis 501"). Soll der Film im Oberstufenunterricht zur Erläuterung von Gestalt und Methode der short story eingesetzt werden, so empfiehlt es sich, zu Beginn eines solchen Kurses (GK oder LK) aus der Reihe "The American Short Story" den Film "The Lady or the Tiger? " von Frank Stockton zu behandeln (42 00133, Verleih durch die Bildstellen), ein Film, der in eindrucksvoller Weise die "short story" im Sinne der "formula story" (O. Henry) basierend auf dem "preconceived effect" (E. A. Poe) darstellt. Anhand dieses Films kann der 10-Punkte-Katalog, der in den Annotationen vorangestellt wurde, sozusagen als Kriterienkatalog erarbeitet werden und auf den vorliegenden Werbespot mit den o. g. Kriterien übertragen werden. Für weitere Kurzgeschichten, auch anderer Genres (ein weiteres, leicht zugängliches Beispiel dieses Typus ist Mac Kinley Kantor, "A Man who had no Eyes", erschienen bei Lensing, in: Aspects of Persuasion, Herausgeber Michael Bludau u. Werner Kracht, Best. Nr. 23221) kann der Katalog dann weitere Anwendung finden, so daß die Klasse ein handwerklich zuverlässiges Gerüst für die Erschließung einer "short story" an der Hand hat. Ein weiterer, höchst differenzierter Katalog dieser Art befindet sich in einem Aufsatz von Peter Freese: Die Short Story im EU der Sek II: Entwurf eines Interpretationsverfahrens, in: Der fremdsprachliche Unterricht, Heft 37, Febr. 1976. Unterrichtsverlauf A - Erster Ansatz: 1. Diktat: Despite being wonderful companions over the past semester, I am sorry to report that my subject group was scored below average in all responses. They showed poor communication skills, no understanding of tools and their uses, a complete lack of organisation and no decision-making abilities. In conclusion, if I can’t find some extraordinary missing link that will unlock the barrier between us, this project will be canceled. Der Lehrer überspielt die Tonspur des Werbespots, d. h. den Text, den die Forscherin schreibt (er erscheint auch auf dem Bildschirm) auf Kassette, entweder durch direkte Kabelverbindung oder aber in einfacher Form durch Aufnahme über das eingebaute Mikro des Diktaphons. 53 NLI x Dezernat - Medienpädagogik: Tips für die Medienpraxis Nr. 8 Die Schüler sollen den Text als Diktat schreiben. Drei Möglichkeiten sind einfach zu realisieren: a) Der Lehrer spielt die Kassette vor. Mit der Review-Taste lassen sich schwierige Stellen beliebig oft wiederholen. 3. Da der Text eine eminente Schlüsselrolle für ein tiefergehendes Verständnis des Films spielt, sollte an dieser Stelle eine in Ton und Diktion (Sprachregister) adäquate Übersetzung versucht werden. 4. b) Er vervielfältigt die Kassetten und läßt das Diktat als Hausaufgabe vom eigenen Kassettenrecorder als Diktat schreiben (die Bildstellen haben vielfach Schnellkopierer, allerdings kann die Vervielfältigung bei der Kürze des Textes auch auf dem eigenen DoubleDeck-Kassettenrekorder vorgenommen werden). c) Er überspielt den Text in die Einzelplätze des Sprachlabors. In diesem Falle hätten die Schülerinnen und Schüler die Möglichkeit, nach individuellem Diktattempo zu arbeiten, sich bestimmte verständnisschwierige Stellen immer wieder vorzuspielen, sich sozusagen in den Text zu "verbeißen", um gesprochenes, nicht vorentlastetes Englisch ausschließlich mit Hilfe des Wörterbuches zu Papier zu bringen. Es soll/kann auf eine Vokabelvorentlastung in jedem Falle bewußt verzichtet werden, da von Schülerinnen und Schülern etwa vom 10. Schuljahr an erwartet werden können muß, Wörter ausschließlich anhand der Klanggestalt (Phonetik) zu identifizieren und im Lexikon nachzuschlagen. Gerade das intensive Bemühen um den Text mit der Möglichkeit des Scheiterns und dem unerwarteten Erfolgserlebnis ("Das habe ich herausgekriegt!") läßt die Schülerinnen und Schüler einen engen affektiven Bezug zum Text aufbauen, der lernpsychologisch für die Realisierung der Ausgangssituation des Films (Resignation der Forscherin) wichtig ist. 2. Die Lösung, d. h. die richtige Version des Textes, führt der Lehrer auf Tageslichtfolie vor. Unbekannte Wörter werden geklärt. 54 Der korrigierte Text wird sinnfassend erlesen. Folgende analytische Fragen schließen sich an: I.1. What sort of text is it? (Scientific report) 2. Collect all the words or formulas that indicate scientific diction (subject group below average, responses, communication skills, understanding of tools, lack of organisation, decision-making abilities, missing link, project). 3. Are there any instances which do not fit in with the scientific language/ register? (wonderful companions /I’m sorry/ if I can’t find between us) 4. Give the meaning of the formulas you found in your own words. 5. Transcribe the text using only your own words/definitions. II.1. Who wrote the text? Try to imagine the girls/woman’s situation. 2. Who is the report addressed to? 3. What is its purpose/aim? 4. What is its general tone? 5. Explain its structure. 6. Look up: What is a "missing link"? Webster’s Third International und Encyclopaedia Britannica geben ausgezeichnete Erläuterungen. 7. Who do you think are the companions? 8. On the basis of the information you found try to conclude what experiment the student has been engaged on. B - Zweiter Ansatz Der schriftlich fixierte Text wird der Klasse gegeben. Der o. g. Ansatz (Diktat) entfällt. Die Schülerinnen und Schüler versuchen, ausschließlich textimmanent auf den Verfasser zu schließen. Bei diesem Verfahren ergeben sich noch weitere methodisch interessante Ansätze. MEDIENPRAXIS UND SPRACHUNTERRICHT - Erprobte Rezepte aus der Medienküche I Totally unexpected, the chimps behave like intelligent human beings and refute by their actions precisely the report’s negative statements. 1. Der Text wird sinngestaltend erlesen und zwar abwechselnd von einem Schüler und einer Schülerin, ohne daß der Lehrer auf diese Reihenfolge hinweist. 2. Frage: Taking into account the usual role-ascriptions (clichés) who do you think wrote this text, man or woman? Give reasons. Die Schüler sollen den Bruch im Sprachregister (scientific report/ personal account with emotional touches) herausfinden. Sie stellen eine Tabelle auf, wie oben unter I.2 und I.3 erläutert. Im übrigen wird der Text wie unter A aufgeführt analysiert. C - Dritter Ansatz Um die wissenschaftliche Problematik zu verdeutlichen, sollte fächerübergreifend zusätzliches Material aus dem Biologieunterricht hinzugezogen werden, oder aber der Lehrer gibt weiteres Material etwa aus der BBC World Service Serie "Science in Action" in den Unterricht hinein. Das geschieht vorzugsweise anhand der OriginalTonaufzeichnungen, kann aber auch als Tapescript bearbeitet werden. Die Vorführung der Schlußszene aus dem Filmklassiker "King Kong" würde im Hinblick auf die Rolle der Schimpansen im vorliegenden Werbespot den Gegensatz besonders scharf akzentuieren. Klärung der literarischen Strategie "dramatic irony": Informationsvorenthaltung in bezug auf eine Figur in einer Szene, während die übrigen Figuren und der Leser/Zuschauer einen Informationsvorsprung haben. Besonders prägnant wird der Effekt durch die genaue Synchronisation von negierender Aussage durch den Bericht und gleichzeitiger/paralleler Widerlegung durch die Schimpansen. 4. Änderung des Berichtes: Auf dem Hintergrund des bisherigen Berichtes schreibt die Lerngruppe eine neue Version, die dem "neuen" Wissensstand entspricht. Sie schreibt also einen Erfolgsbericht. 5. Analog zu dem synchron zu den Handlungen der Affen laufenden Bericht der Forscherin sprechen die Schüler nach der in "Levis 501" erläuterten Methode auf Band (Diktaphon). Eine neue Tonspur läuft nun parallel zu den Handlungen der Affen. (Zur Erläuterung der Verfahrensweise siehe Unterrichtsmodell "Levis 501"). Ideal ist hier der Einsatz eines Sprachlabors, da alle Schüler diesen Bericht parallel zum laufenden Film zu sprechen versuchen können, worauf möglicherweise eine Gruppenarbeit zu viert erfolgt (Schüler mit parallel geschalteten Kopfhörern auf je ein Band; siehe auch hier zur Methode "Levis 501"). D - Vorführung des Werbespots 1. Nach der Vorführung äußert sich die Klasse spontan zu "What happens?" 2. 3. Vergleich von Realität der eingänglichen Filmsituation (enttäuschte Forscherin, Bericht an Komitee, fast aussichtsloses Unterfangen, bevorstehender Abbruch) mit den aufgestellten Vermutungen, wie sie sich aus der Textanalyse ergeben (siehe Fragen zur Textanalyse unter A I und II). What is it that makes the film so funny, so touching? Zur literarischen Strategie: Die Schülerantworten sollten in etwa den folgenden Inhalt treffen: 6. Illustration des Berichtes a) am PC (COREL DRAW) oder b) sie decken eine dünne weiße Folie (Müllsack) über das Fernsehbild, der Fernseher wird bei einer entscheidenden Stelle auf Standbild geschaltet, die Schüler pausen mit einem dicken Faserstift das Bild in Umrissen durch. Auf dem Fotokopierer werden 55 NLI x Dezernat - Medienpädagogik: Tips für die Medienpraxis Nr. 8 die so entstandenen Bilder verkleinert und in den Bericht der Schüler als Illustration aufgenommen. Dieses Verfahren hat sich als äußerst wirkungsvoll und unterrichtsökonomisch erwiesen. Die Anfertigung eigener Zeichnungen würde zuviel Zeit in Anspruch nehmen, dieses Verfahren hat zudem den Vorteil, daß es sich genau auf eine bestimmte Stelle des Filmes beziehen kann. (Das Verfahren wurde von Reinhard Jonczyk, Mitglied der AG MGSU entwickelt). 56 7. Änderung der Textsorte Erneutes Sprechen parallel zum Werbespot (auch dieses Verfahren wird bei "Levis 501" erläutert, siehe Erstellen einer neuen PseudoTonspur). Running commentary: Now look at the chimp. He’s whispering to his mate. I wonder what he is up to. He’s trying to get the keys. He’s got them now and is pulling them through the bars. etc. 8. Rollenspiel You are the chimps (2 - 3 Dialogpartner, paralleles Sprechen zum laufenden Videoband wie s.o.): I think she is writing her report on us. We don’t seem to have been good at the things she wanted us to do. Look, her Pepsi-can is empty, let’s go and get her a new one. 9. Abschluß und Rückblick Schriftliche Ausarbeitung nach mündlicher Vorbereitung. Alle Punkte des Short Story-Kriterienkataloges (s. S. 52f) werden an Inhalt und Form des Werbespots überprüft und kritisch beurteilt. Diese Arbeit kann auch in Gruppenarbeit erledigt werden. Die Lehrkraft korrigiert unbedingt sämtliche Arbeiten und macht alle Arbeiten allen Schülerinnen und Schülern zugänglich. MEDIENPRAXIS UND SPRACHUNTERRICHT - Erprobte Rezepte aus der Medienküche I Jugendliche zwischen Gameboy und Fernsehprogramm T.V. NEWS + Reinhard Jonczyk Eine Unterrichtseinheit zur Erweiterung der Medienkompetenz im Englischunterricht eines 12. Fachoberschuljahrgangs am Beispiel von Nachrichtensendungen. Übersicht 1. Stunde - Einführung: − Abgrenzung der Programmsparte "Nachrichten" gegen artverwandte Programme, wie politische Wochenmagazine, Auslandsmagazine, Kulturmagazine, Sondersendungen zu aktuellem Geschehen etc. + 5. - 6. Stunde - Hör-Seh-Verstehen − Erfahrungen sammeln mit der BildTon-Schere − Nachvertonung: eigene Kommentierung eines Nachrichtenbeitrags 7. - 10. Stunde - Simulation − Erstellen der Vorderseite einer Tageszeitung ("Front Page") − Produktion einer Schulradiosendung "Schoolnews" − Differenzierung der Nachrichtensendungen, z.B. Börsen-, Sport- und Musiknachrichten der Spartenkanäle und lokale, regionale sowie internationale Nachrichten 2 - 3. Stunde - Analyse*: − Gegenüberstellung von Rundfunk- und Fernsehnachrichten − Entwicklung eines Kriterienkatalogs: inhaltlich (Informationsgrad, Themenwahl ); formal (Sprecher/in, Studio, Binnenstruktur); wahrnehmungspsychologisch (Kartenmaterial, Auswahl der Bilddokumente, OffKommentare, Sprache etc.) − Sammlung von Fachtermini und -phrasen (zu ausgewählten Themenschwerpunkten, z. B. Wetter) 4. Stunde - Sehverstehen − Beschreibung einer Unfallsituation (z.B. KLETT Foliensatz) "Everyday Situations" Folie oder Filmausschnitt, z. B. aus "Der 7. Sinn" (ARD), "Verkehrsgericht" (ZDF) etc. * diese Arbeitstechniken sind später im Rahmen einer Simulation und einer schriftlichen Hausarbeit , z.B. dem Vergleich von Tagesnachrichten in Zeitung, Radio und Fernsehen, anzuwenden. − Wahrnehmung ist subjektiv: Objektive Berichterstattung 57 NLI x Dezernat - Medienpädagogik: Tips für die Medienpraxis Nr. 8 Newsreader: Hurricanes swept again over Europe and again Britain was badly hit. West England and Wales reeled under the force of savage winds which swept in off the Atlantic battering the coast with huge seas. "Off" commentary: In the west country the winds are getting up again tonight after a day of what passes nowadays as relative calm. Ilfracombe here battered yet again by huge waves threatening and damaging sea defences. sea defences at Ilfracombe; huge waves battering against the wall ( 0:12 ) Woman: This is the worst I’ve ever seen. I think it’s the worst that most people who have lived here all their lives have ever seen. interview with a woman standing on the promenade ( 0:07 ) ‘’Off‘’ commentary: Police assessed the likely damage as high tide approached while worthy but so far futile attempts were made to protect ornamental brickwork recently laid to beautify the town. It’s the same story all along the North Devon coast and the Bristol Channel, too. High tide, high winds. Sea defences breached , widespread flooding. helper putting sandbags on the promenade ( 0:11 ) reporter on a sea wall ( 0:09 ) At Lynmouth the scene of a disasterous river flood; in the fifties waves gouched a 30-foot hole in the sea wall. Such damage was widespread. The power of the sea - almost unbelievable! Lynmouth promenade ( 0:11 ) At Clevedon in Avon great chunks of the wall were washed away. At low tide the full extent of the damage was revealed. The local authority has asked the government for a million £ in aid. Clevedon sea wall ( 0:13 ) Flooding was widespread at Watchet in Somerset, well, you had to watch it walking along the proms. Not that many people were. At Pill near Bristol at least the dogs were happy though now it’s raining cats as well. 58 Newsreader ( 0:12 ) flooded residential area ( 0:12 ) dogs running about on flooded river banks at Pill ( 0:05 ) MEDIENPRAXIS UND SPRACHUNTERRICHT - Erprobte Rezepte aus der Medienküche I Nachrichtensendungen haben im Fremdsprachenunterricht seit langem einen hohen Stellenwert, insbesondere durch • • • • • landeskundlichen Informationsgehalt Aktualität klaren Aufbau Authentizität Vermittlung sozio-kultureller Information als Anregung zur Meinungsbildung. Hinzu kommt die aktive Auseinandersetzung mit dem vermittelnden Medium "Fernsehen". Dazu zählen Kenntnisse von Programmschemata, z. B. Sendezeiten und Kanäle, aber auch die klare Struktur einer Nachrichtensendung, die es dem Zuschauer erleichtert, selektiv Informationen zu entnehmen. Im Zeitalter interaktiver Medienansätze ist der zukünftige "Zuschauer" eher "Medienkunde", der sowohl auf Gestaltung als auch Themenangebot Einfluß nehmen wird. Darauf gilt es die heutige Schülergeneration vorzubereiten. Diese Fertigkeiten nicht zu erlernen, kommt einem medialen Analphabetismus gleich. Die Ausstattung der Schulen läßt die Umsetzung dieser Ziele z. Z. nur in beschränktem Maße zu. Dennoch schließt die Unterrichtseinheit mit medienaktivem Projektunterricht ab, bei dem Schülerinnen und Schüler mit dem Computer fiktive Nachrichten aufbereiten mit dem Ziel, die Titelseite einer Tageszeitung zu gestalten (s. Materialien zu Neue Technologien im Englischunterricht, Handreichungen des Niedersächsischen Kultusministers 1992). Eine andere Form der eigenverantwortlichen Gestaltung im Bereich auditiver Medien ist die Produktion von Schulradiosendungen (vgl. KLETT Red Line, Band 6, S. 10 ). Der Inhalt solcher Produktionen wird normalerweise auch Nachrichten aus der Schule (u.a. zu Schulpartnerschaften, Austauschprogrammen, Mailboxkontakten etc.) enthalten, die sich als eigener Block durch typische Features dieser Textsorte abheben sollten. Hieraus läßt sich ein hoher Motivationsgrad zur eigenen Produktion schöpfen, diesmal aber als Bebilderung einer Tonvorlage, siehe Beispiel "Here is the News". Dabei handelt es sich um Transferleistungen auf der mediengestalterischen Ebene, nämlich − Anwendung der Bild-Ton-Schere bei der redaktionellen Planung, d.h. gezielte Zuordnung von Bildsequenzen aus Nachrichtensendungen zu entsprechenden Textzeilen sowie auf der medienpraktischen Ebene, − Bedienung des Videorecorders zum Zweck von Aufzeichnung, Bildschnitt und Nachvertonung (Hinweise hierzu und ggf. technische Hilfestellung erhalten Sie bei Ihrer zuständigen Kreis- oder Stadtbildstelle) Unterrichtsschritte : Hör-Seh-Verstehen (5. und 6. Stunde der Verlaufsplanung) Einstieg: Wettersymbol Das Wettersymbol für Wind in Sturmstärke ist einigen Schülerinnen und Schülern bekannt und führt in die Thematik des Fernsehberichts über schwere Sturmschäden in Westengland ein. Die Lerngruppe nennt: heavy storm, hurricane und ordnet dieses Symbol als Bestandteil von Wetterkarten und auf Nachrichtensendungen bezogen als Bestandteil des Wetterberichts ein. Erarbeitung: Der Nachrichtenbeitrag wird zweimal ohne Ton präsentiert, wobei während des zweiten Durchgangs Notizen zu den Bildinhalten gemacht werden. Die Sequentierung der Bildabschnitte ist auf einer Folie sichtbar (vgl. Videoscript ‘’Visual Contents’’). Im folgenden Schritt assoziieren die Schülerinnen und Schüler hierzu Kommentare, die sie zu den Bildern erwarten (expected comments). Fast alle Jugendlichen haben eine Vorliebe für die sogenannten Musikkanäle MTV und VIVA, die überwiegend Videoclips als Werbung für Neuerscheinungen senden. 59 NLI x Dezernat - Medienpädagogik: Tips für die Medienpraxis Nr. 8 Students’ Notes VISUAL CONTENTS 1. coastal town, seawalls comments on places 2. woman personal consequences for inhabitants 3. damaged seawalls costs of damages 4. sandbags piled up helpers engaged 5. - 8. flooded areas number of evacuations, trawlers destroyed ? insufficient technical equipment of rescue troops ? Anwendung Während der dritten Präsentation des Beitrages, diesmal mit Ton, wird der Wortlaut vom Videorecorder auf die Schülergeräte übertragen. Anschließend hören jeweils zwei Schülerinnen oder Schüler den von ihnen ausgewählten Abschnitt und fassen ihn zusammen. Hierin liegt eine hohe Anforderung im Bereich des Hörverstehens, da der Hörtext aus der authentischen Geräuschkulisse herausgefiltert und transkribiert werden muß. Die oben abgebildete Tabelle wird um eine weitere Spalte ergänzt: ACTUAL COMMENTS. − presumptions: ozone layer, greenhouse effect, air pollution Transfer: Abschließend findet eine kritische Analyse des Beitrages unter folgenden Aspekten statt: Fazit Die Arbeit mit Fernsehnachrichten ist deshalb medienerzieherisch wirksam, weil Nachrichtensendungen eine inhaltliche und formale Grundstruktur aufweisen, die Lernende auf Grund ihrer Medienerfahrung erfassen und unter Anleitung analysieren können. Einsichten über die Auswirkungen von unreflektiertem Medienkonsum sind schon nach relativ kurzer Zeit vorhanden. Bewußtes Sehen und Hören ist der grundlegende Schritt zum Erwerb von Medienkompetenz. Hierzu will diese Unterrichtseinheit vorentlastend beitragen. Es ist schon viel erreicht, wenn die junge Fernsehgeneration beim Channel-Zapping die Logos der Nachrichtenkanäle wiedererkennt und sich nicht durch längere Point out the differences between your expected comment and the actual one − roughly 50% of the expected information was given Why is the topic put on the News ? − spectacular pictures in order to increase the number of viewers ‘’bad news is good news’’ Does the report give any hints on the causes of the rising numbers of natural catastrophes like floods, droughts etc ? − not a single hint 60 EXPECTED COMMENTS In der nachträglichen Analyse der Stunde fiel auf, daß zu den Bildern der hereinbrechenden Wellen von der Klasse auch Kommentare über Seenotfälle erwartet wurden: ‘’trawlers destroyed?’’ Hieran zeigt sich, daß die Seherfahrung der Schülerinnen und Schüler in Bezug auf die Textsorte ‘’News’’ auch zu einer Gewöhnung an die Bild-Ton-Schere geführt hat. Wenn kein geeignetes Bildmaterial zur Verfügung steht, nutzen die Jugendlichen diese Möglichkeit, um Informationen "unterzubringen". MEDIENPRAXIS UND SPRACHUNTERRICHT - Erprobte Rezepte aus der Medienküche I Wortbeiträge abschrecken läßt, sondern durch die Vertrautheit mit der medialen Aufbereitung und der Nachrichtensprache zum Verweilen oder sogar zum gezielten Anwählen dieser Kanäle angeregt wird. Entertainment / The Kinks, T.V. Talking Song / Bob Dylan Aus Erfahrung mit Lerngruppen, die sich in den achtziger Jahren mit BBC News beschäftigt haben, leiten wir ab, daß das Unterrichtsgeschehen in den Freizeitbereich hineinwirkt. So haben in der Vergangenheit Schülerinnen und Schüler der Fachoberschule ohne Lehrerauftrag englischsprachige Nachrichten in ihrer Freizeit niedergeschrieben, um die erlangte Kompetenz im Hörverstehen sich selbst und dem Fachlehrer gegenüber zu beweisen. Dieser freiwillige Arbeitsaufwand wurde unterstützt durch Anerkennung und Korrektur - Motivation für Schüler und Lehrer! Darüber hinaus läßt sich eine grundlegende Verhaltensänderung im Umgang mit dem Medium Fernsehen sicherlich nur langfristig und im Rahmen eines medienerzieherischen Gesamtkonzepts einer Schule verwirklichen. Hierzu können Sprachunterricht generell und die gesellschaftswissenschaftlichen Fächer explizit beitragen. Ausblick Wesentliche Impulse zur breiten Umsetzung dieser Ziele in der täglichen Unterrichtsarbeit gehen von Verlagen aus. Sie helfen der Mehrheit der nicht so experimentierfreudigen Fremdsprachenlehrer durch ein adäquates Videoangebot (in naher Zukunft Video CD) und didaktischmethodisch aufbereitetes Begleitmaterial einschließlich der wünschenswerten Kopiervorlagen, den Schritt vom Lehrbuchunterricht hin zum mediengestützten Fremdsprachenunterricht zu tun. Kontextmedien: Spielfilm: Lieder: NETWORK Here is the News / Electric Light Orchestra, Good News Week / Hedgehoppers Anonymous, 61 Impressum ¾ Herausgeber: Niedersächsisches Landesinstitut für Fortbildung und Weiterbildung im Schulwesen und Medienpädagogik (NLI) Redaktion: Dieter Prokisch Layout: Angela Amtsfeld NLI x Dezernat 4 - Medienpädagogik Stiftstraße 13 - 15 30159 Hannover Telefon: (05 11) 9 25-95 46 Telefax: (05 11) 9 25-95 40/31 Druck: Nds. Landesverwaltungsamt, Abt. A © Januar 1997