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ÜTIMAR HOLDENRIEDER, Zur Situation der Forstpathologie in Europa
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Kontaktanschrift: Prof D1: Alovs Hiittermann, Abt. Technische /vfvkologie, Institut .fli,: Forstbotanik der Universität Göttingen, Biisgeniveg 2,
D-37077 Göttingen
Nachrichtenbl. Deut. Pflanzenschutzd„ 52 (6), S. 135-139, 2000, lSSN 0027-7479.
© Eugen Ulmer GmbH & Co„ Stuttgart
Eidgenössische Technische Hochschule Zürich, Dept. Forstwissenschaften, Professur für Forstschutz und Dendrologie
Zur Situation der Forstpathologie in Europa 1 )
Status of Forest Pathology in Europe
Von Ottmar Holdenrieder
Zusammenfassung
Anlässlich des SO-jährigen Bestehens des Instituts für Pflanzenschutz im Forst der Biologischen Bundesanstalt in Braunschweig, Deutschland, werden
die Charakteristika des Faches
Forstpathologie, die aktuelle Situation der forstpathologischen
Forschung in Europa und
zukünftige Herausforderungen
für dieses Fachgebiet dargestellt.
Nachrichtenbl. Deut. Pflanzenschutzd. 52. 2000
Stichwörter: Forstpathologie, Europa, Forschung
Abstract
On the occasion of the 50th anniversary of the Institute for Plant
Protection in Forests at the Federal Biological Research Centre
for Agriculture and Forestry, Braunschweig, Gennany the characteristics offorest pathology, the current status offorest pathology research in Europe and future challenges for this subject are
presented.
1
) Überarbeiteter Text eines Vortrages anläss lich des 50-jährigen Bestehens
des Instituts für Pflanzenschutz im Forst der Biologischen Bundesanstalt in
Braunsch weig, gehalten am 30. 9. 1999
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O nMAR H OLDENRIEDER ,
Zur Situation der Forstpathologie in Europa
Key words: Forest pathology, Europe, research, general aspects
Einführung
An einem Ort, wo man seit 50 Jahren mi t großem Erfolg forstpathologische Forschung mac ht, möchte ich gerne ein paar Gedanken zu diesem Fach und zu r Situation der Forstpathologie in
Europa beitragen. Folgende Fragen standen dabei für mich im
Vordergrund : Was ist Forstpathologie überhaupt? Wo gibt es dieses Fach in E uropa? Was sind die Forschungsschwerp unkte? Wie
sind die Z ukunftschancen? Brauchen wir beute noch Forstpathologie als staatliche Forschungseinrichtung in einer Welt, die stark
von der Industrieforschung und vom gesellschaftlichen Anspruch an mehr „Naturnähe" im Forst gekennzeichnet ist? Ic h
kann Ihnen zu diesen Fragen nur eine persönliche Sicht präsentieren, sozusagen aus der Froschperspektive. Der Teich, in dem
der Frosch sitzt, heißt in meinem Fall Hochschule, genauer gesagt Eidgenössische Technische Hochschule Zürich.
Das Thema Forstpathologie in Europa klingt einfach, ist es
aber nicht. Schon die Dimension des Begriffes Europa ist gar
nicht so einfach zu erfassen. Europa ist größer als die EU. Es
reicht von Island bis nach Malta, von Portugal bis nach Russland.
Insgesamt sind 44 Länder sehr unterschi edlicher Größe, Kultur
und Sprache beteiligt. Auch die Diversität der Naturräume und
damit der Waldgesellschaften in Europa ist groß. Fast alle Wälder sind sehr stark vo m Menschen beein fl usst. Europa ist nicht
Nordamerika. In Europa gibt es derzeit etwa 214 Millionen ha
Wald, das ist etwa ein Drittel dessen, was ursprünglich vorhanden war. Da von kann man aber nur etwas weniger als l % als echten Urwald bezeichnen (BROOKS, 1993).
Immer wenn der Mensch Ansprüche an den Wald hat, dies
kann der Rohstoff Holz sein, aber auch Erholung, Schutz vor Naturgefah re n oder Erhaltung der Biodi versität, dann gi bt es Konflikte. Der Mensch möchte den Wald oft anders haben, als er derzeit ist oder er sich von Natur aus entwickeln würde. Es gibt aus
der Sicht der Menschen also unerwünschte oder krankhafte Zustände. Diese will man verbessern oder - noch besser - vermeiden. Genau da setzt unser Fachgebiet ein.
Bäume und Wälder sind besonders schwierige Objekte. Die
für den Zustand des Waldes relevanten Prozesse laufen auf recht
unterschiedlichen räumlichen und zeitlichen Maßs tabsebenen
ab, vom Molekül bis zum Ökosystem, vom Sekundenbereich
(z. B. Photosynthese) bi s zu Jahrhunderten (z.B. Bodenversauerung). Viele dieser Prozesse und deren Teilnehmer liegen außerhalb der menschlichen Wahrnehmung, und wir bra uchen deshalb
spezielle Methoden, um sie bzw. ihre Wirkungen zu erkennen.
Man kann vor lauter Bäumen den Wald nicht sehen und vor lauter Krankheiten das Waldsterben vergessen. Auch umgekehrt
geht das. Die Forstpathologie musste schon immer mi t diesen unterschiedlichen Di mensionen zurechtkom men. Das ist eine besondere Herausford erun g - in technischer wie in intellektueller
Hinsicht. Man macht sich das allerdings nur selten bewusst. Ich
möchte Ihnen des halb ein Beispiel zeigen, das von dem amerikanischen Forstpathologen ALEX SHJGO stammt (SHIGO, 1979):
Di e Abbildung 1 zeigt ein Bakterium auf die Größe eines Menschen vergrößert. M it modernen techni schen Mitteln liegt dies
im Bereich des M öglichen. Vergrößert man nun einen Baum, der
ja auch Gegenstand unseres Faches ist und den wir gleichermaßen im Auge haben sollten wie den Krankheitserreger, im
gleichen Maßstab, dann würde dieser weit in den Weltraum hinausragen (Abb. 2). Hier die Übersicht zu behalten, ist schon eine
spannende Herau sforderung.
Traditionell wird das Fach Forstpathologie häufi g auf Infektionskrankheiten eingegrenzt. Das ist eigentlich nicht sinnvoll,
denn von wenigen Ausnahmen abgesehen sind biotische Krank-
Was ist Forstpathologie?
Im Wort stecken die Begriffe Pathos und Logos, Krankheit und
Wissen. Forstpathologie ist eine Wissenschaft, das heißt, sie beruht auf nachvollziehbaren Methoden. Man will vers tehen, wie
Krankl1eiten an Bäumen und Wäldern zustande kommen. Man
will aber auch aufgrund dieser Kenntnisse Strategien entwickeln,
um Schäden, die sich aus sol chen Kran k11eiten ergeben, zu vermeiden. Verständnis alleine genügt nicht. Deshalb möchte ich
hier eigentlich lieber von forstlicher Phytomedizin sprechen.
Strategisch handeln heißt mit Überlegung handeln. Gesichertes Wissen ist dazu eine unabdingbare Voraussetzu ng (vgl.
PERRY, 1998). Krankheiten und Schäden im Wald können viele
Ursachen haben, vo n Virus- bis zu Mistelbefall , von Boden verdichtung bis zur Luftverschmutzung, vom Waldbrand bis zu m
Borkenkäfer. Meist sind es ganz natürliche Bestandteile des Systems, die mit den Ansprüchen des Menschen um die forstliche
Biomasse konkurrieren. Auch das Wild gehört dazu. Jede der
Faktorengruppen ist die Basis für eine respektable eigenständige
Wissenschaft, wie z. B. Virologie, Mykologie, Forstentomologie
usw. Das interdisziplinäre Gebiet ,Forstpathologie' kann man
sich vorstellen als Stück aus einer Torte, die aus sehr verschiedenen Einzeldiszi plinen (Schichten) besteht. Wir können als
Forstpathologen und Forstpathologinnen nur versuchen, möglichst das ga nze Stück zu verdauen - mit Eifolg selbst tätig sein
können wir jeweils nur in einem oder wenigen Spezialgebieten.
Abb. 1. Schematische Darstellung eines Bakteriums (Länge 3 µm) ,
das auf die Größe eines Menschen vergrößert wurde (SHIGO, 1979).
Nachrichtenbl. Deut. Pllanzenschutzd. 52. 2000
ÜTTMAR HoLDENRIEDER, Zur Situation der Forstpathologie in Europa
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Ich kann Ihnen deshalb keine vollständige Liste der „forstpathologischen" Institutionen präsentieren, die es in Europa gibt.
Aber durch Anzapfen verschiedener Quellen kam doch eine Liste mit 108 Institutionen zustande (eine Kopie der Liste ist beim
Verfasser erhältlich). In 31 von 44 Ländern konnte die Existenz
von Forstpathologen (leider viel zu selten auch von Forstpathologinnen) nachgewiesen werden. Diese Fülle hat mich selbst erstaunt.
Andererseits war es etwas befremdlich für mich, dass die
Forstpathologie nur in 16 von 29 forstwissenschaftlichen Curricula von verschiedenen europäischen Universitäten genannt ist
(SCHMIDT et al., 1998). Ich bin aber überzeugt davon, dass hier
das Fach in den meisten Fällen nur hinter anderen Bezeichnungen verborgen ist und dass kein forstwissenschaftlicher Studiengang ohne diese Inhalte auskommt.
Zur Forschung
Abb. 2. Ein großer Baum (Sequoia sempervirens), im gleichen Maßstab vergrößert wie das Bakterium in Abbildung 1 (SHtGo, 1979).
heitserreger meist nicht alleine für den Zustand der Bäume verantwortlich. Ich will mich trotzdem hier auf die so genannten Infektionskrankheiten beschränken. Braunschweig ist ein guter Ort
dafür, immerhin wurde hier ROBERT HARTIG geboren und HEINZ
EUTIN hat lange dieses schöne Institut geleitet. Außerdem
stecken hier weitere Klassiker in den Startlöchern.
Doch lassen Sie mich auf die eingangs gestellte Frage zurückkommen: Wie viel Forstpathologie gibt es in Europa? Die Antwort darauf ist nicht einfach, und zwar aus folgenden Gründen:
Nicht alles, was Forstpathologie ist, heißt auch so. Forstpathologische Forschungsgruppen finden sich gut versteckt in botanischen, mykologischen, ökologischen und vor allem auch forstwissenschaftlichen Instituten. Der Begriff Forstschutz ist dabei
noch ein einfacher Deckname für die Forstpathologie, der zumindest das Ziel der Bemühungen zutreffend umschreibt. Bei
Bezeichnungen wie Phytopathologie oder Phytomedizin wird es
schon schwieriger, denn solche Institute befassen sich vorwiegend mit Kulturpflanzen. Das ist ein wichtiger Unterschied, denn
Waldbäume sind, von wenigen Ausnahmen abgesehen, im Gegensatz zu den meisten Kulturpflanzen genetisch sehr verschieden. Gänzlich schwierig wird es bei physiologischen und genetischen Forschungsinstituten oder Einrichtungen, die das Management von Waldökosystemen auf ihre Fahnen geschrieben haben
und die sich unter anderem auch mit forstpathologischen Fragen
befassen.
Nachrichtenbl. Deut. Pflanzenschutzd. 52. 2000
Was machen die Forstpathologen und Forstpathologinnen? Sie
arbeiten über eine sehr große Zahl von Themen. In Europa sind
im Bereich Pilzkrankheiten mindestens 30 Forschungsthemen
erkennbar, die aber oft von regionaler Bedeutung sind und deren
Aufzählung ich Ihnen ersparen will. Am häufigsten genannt wird
der Kernfäuleerreger Heterobasidion annosum s. 1., gefolgt von
Eichensterben, Kastanienkrebs (Cryphonectria parasitica), Hallimasch (Armillaria spp.), Phytophthora, Ophiostomatales und
endophytischen Pilzen. Ein besonders schönes Beispiel für Zusammenarbeit in Europa aus der letzten Zeit ist das Handbuch
über Heterobasidion annosum, unserem wichtigsten Fäuleerreger im Wald (WooowARD et al., 1998).
Einzelne Gruppen oder Personen möchte ich hier aber nicht
hervorheben. Wir leben in einer Zeit der Inflation von gegenseitigen Beurteilungen, und das ist nicht gut. Wir sollten uns weniger gegenseitig beurteilen, sondern uns mehr gegenseitig überzeugen von dem, was wir als - vorläufig - wahr erkannt haben.
Eine ökologische Studie mit einfachen Mitteln oder eine saubere
histologische Untersuchung mit dem Lichtmikroskop kann
ebenso wertvoll sein wie eine molekularbiologische Materialschlacht.
Einen Einblick in die forstpathologische Forschung ermöglicht das European Journal of Forest Pathology. Seit 1990 wurden in dieser Zeitschrift 435 Beiträge publiziert. Hinter jeder dieser Publikationen steckt viel Arbeit, häufig ist das eine Doktorarbeit. Die Erstautoren kommen bei 42 Arbeiten (9,6 % ) aus
Deutschland. Spitzenreiter in Europa sind allerdings mit 57 von
435 Publikationen (13 %) die Finnen. Aber auch diverse andere
europäische Länder sind recht produktiv. Das gilt zumindest für
Italien (9,8 %), England (7 %), Frankreich (6,8 % ), Schweden
(5,5 % ) und die Schweiz (3,8 %). Im Vergleich dazu stammen
11 % der Beiträge aus den USA und 6,8 % aus Kanada. Insgesamt
wurden etwa die Hälfte der Aufsätze im Eur. J. For. Path. im betrachteten Zeitraum von europäischen Arbeitsgruppen verfasst.
Diese Zahlen spiegeln nur einen Teil der Realität, denn forstpathologische Arbeiten werden häufig auch in anderen mykologischen, botanischen und forstwissenschaftlichen Zeitschriften publiziert. Die Forschungsbilanz der Forstpathologie in Europa ist
also nicht schlecht. Trotzdem möchte ich einige kritische Bemerkungen zur Forschung machen:
Problem 1 - die Publikationen: Wenn man die wissenschaftliche Literatur in unserem Fach global betrachtet, dann fällt Folgendes auf: Die europäische - präziser, die nicht-nordeuropäische - Forschung in der Forstpathologie ist in der wissenschaftlichen Literatur im Vergleich zu Nordamerika eher wenig präsent. Dies ist zumindest dann der Fall, wenn man Präsenz ausschließlich als Publikationen in so genannten peer-reviewten
138
OnMAR HoLDENRtEDER ,
Zur Situation der Forstpathologie in Europa
Fachzeitschriften betrachtet. Peer review bedeutet Begutachtung
durch Fachkollegen. Das erfolgt anonym und führt oft zur Ablehnung der Arbeit. Wir sind schließlich alle bessere Kritiker als
Eigenproduzenten - das ist ganz normal. Trotzdem sollte sich die
Forstpathologie vermehrt diesem Verfahren stellen. Wir haben
nämlich kein besseres. Die so genannte „graue Literatur" ist notwendig, um die Praxis zu erreichen, aber sie reicht nicht aus für
die wissenschaftliche Kommunikation über die Länder- und
Sprachgrenzen hinweg. Ein meiner Meinung nach zu großer Teil
der Kollegen wird in ihrer Tätigkeit viel zu wenig wahrgenommen, weil sie ihre Ergebni sse nicht in Englisch in internationalen
Fachzeitschriften publizi eren. Das wird dann bei Pensionierun gen gern zum Anlass genommen, die Stelle einzusparen. Das
müssen wir verhindern, unser Fach braucht den Nachwuchs!
Problem 2 - die Strukturen: Soweit ich die Strukturen in der
Forschungslandschaft übersehe, gibt es oft das Problem der kriti schen Masse. Meist sitzt im Institut nur ein einzelner Pathologie-Profi, der dann die Kurse macht, die Praxis berät und der nebenbei auch noch forschen soll. Dies schließt nicht aus, dass der
Mensch produktiv ist, aber es ist nicht gut, wenn der Mensch
ganz alJeine ist. Gemeinsame Interessen können zu fru chtbaren
Interaktionen führen . Dass Gruppenarbeit erfolgreich sein kan n,
zeigen z. B. die in den letzten Jahren häufiger werdenden mutualistischen Symbiosen zwischen Forstpathologen, die mit traditionellen Methoden arbeiten und so genannten „Molekularbiologen". In der Forstpathologie haben wir nämlich die richtigen
Fragen für die Anwendung der modernen Methoden!
Ein anderes Strukturproblem ist, dass sich Studierende der
Forstwissenschaften leider nur selten für Forschungsarbeiten im
Fach Forstpathologie begeistern können. Man meint oft, Krankheitserreger wären zu klein für echte Ökosystemmanager. Dabei
gehört zumindest der Hallimasc h zu den größten Lebewesen der
Erde (SrvnTH et al., 1992 ) und auch ein kleiner Pilz wie Ophiostoma novo-ulmi kann mehrere Baumarten ausrotten. Wir müssen versuchen, hier mehr Herzen zu gewinnen!
Problem 3 - die Klassiker sterben aus. Die so genannten Klassiker sind Kollegen, die im Laufe einer langen und intensiven
Tätigkeit sehr viele Krankheitsbilder und -erreger gesehen haben
und die ein großes Gespür für forstpa thologische Probleme entwickelt haben. Echter Nachwuchs ist da schwer zu züchten.
Heute muss man sich nämlich stark spezialisieren, wenn man
wissenschaftlich erfolgreich sein will. Das geht zwangsläufig auf
Kosten der Breite. Wir brauchen aber auch eine Nachhaltigkeit
in der Pflege des Wissens. Was man nicht kennt, das sieht man
nicht. Auch kann man Neues nur vor dem Hintergrund des Bekannten adäquat bewerten. Ich kann deshalb nur hoffen, dass
möglichst viel „klassisches" Wissen doch weiterlebt - und sei
das in Expertensystemen im Internet- und dass man ausgewählten Leuten wirklich die Freiheit gibt, dass sie sich zu Klassikern
entwickeln können.
Problem 4 - das Geld: Alle reden davon, aber es ist doch immer noch etwas da. Die Umwelt muss uns mindestens ebensoviel
wert sein wie die Bio- oder die Informationstechnologie. Die
Forstpathologie sollte vielleicht bei der Mitteleinwerbung mehr
mit der Zukunft argumentieren als mit aktuellen Problemen. Die
globale Veränderung des chemischen und physikalischen Klimas, der absehbare Ressourcenmangel und neue Technologien
sind Herausforderungen auch für unser Fachgebiet. Die Fors tpathologie hat wichtige Beiträge für den nachhaltigen Umgang mit
unserer Umwelt zu liefern.
Wie sieht die Zukunft aus?
Dieser Beitrag soll nicht als Klagelied enden. Die Forstpathologie hat durchaus gute Zukunftschancen.
Umweltprobleme sind für die Forstpathologie eine Ressource:
Des einen Leid, des andern Freud. Das Waldsterben hat - allerdings etwas verborgen hinter einer oft nicht fair geführten politischen Diskussion doch zahlreiche schöne Forschungsergebnisse ermöglicht. Wir sind heute deutlich schlauer als vor 10 Jahren (vgl. z.B. Umweltbundesamt, 1997). Die Forstpathologie hat
damals aber meiner Meinung nach durchaus sinnvoll reagiert und
ein vorausschauendes Risikomanagement veranlasst. Wir können nicht beweisen, ob die Maßnahmen zur Luftreinhaltung wirklich dafür verantwortlich sind , dass das Waldsterben - vorläufig
- gestorben ist. Aber das ist zumindest genauso wahrschein lich
wie das Gegenteil. Mit solchen Unsicherheiten muss man leben ,
wenn man mit großräumigen Effekten in komplexen Systemen
umgeht. Die Menschheit führt derzeit ein - leider schlecht geplantes - Experiment aus zur Erprobung der Belastbarkeit von
Ökosystemen. Hier wegzuschauen wäre das Dümmste, was wir
machen können - wir haben nämlich keine zweite Erde im Kofferra um. Neue Probleme werden sicher kommen, seien das neueingeschleppte Pathogene, erhöhte UV-S trahlung, globale Erwärmung oder Nebenwirh.llngen von gentechnologisch veränderten Organismen. Alle Umweltveränderungen werden durch
opportunistische Krankheitserreger modifiziert. Effekte könnten
schneller auftreten als die heutigen Modelle vorhersagen. Ein
Beispiel wäre die mögliche Ausbreitung von Phytophthora ci1111amomi bei Erwärmung (BRASIER und Scon, 1994).
Allerdings müssen wir gute methodische Standards setzen und
diese auch befolgen (dazu gehören nicht nur die Koch'schen Postu late oder Anforderungen an die Präsentation von Ergebnissen,
sondern auch Regeln z.B . für den Umgang mit Komplexkrankheiten, das Sampling Design bei populationsbiologischen Studien, ökologische Statistik oder Modellierung). Hier gibt es auch
noch erheblichen Forschungsbedarf.
Pathogene und andere Mikroorganismen sind auch selbst eine
Ressource: Pilze und andere Mikroorganismen im Wald sind
nicht nur schädlich, sie sind auch eine interessante Ressource für
die Biotechnologie. Die gilt z. B. für die biologische Bekämpfung von Pflanzenkrankheiten (HOLDENRIEDER und GREIG, 1998)
oder auch für die Entwicklung von Mykoherbiziden (DORWORTH
et al., 1996; DE JoNG et al., 1998).
Nicht zuletzt sind Krankheitserreger ein integraler Bestandteil
des Ökosystems Wald. Ohne Krankheiten gäbe es viel weniger
Biodiversität, wahrscheinlich hätte sich nicht einmal die Sexualität entwickelt, wenn die Krankheitserreger ihre Wirte nicht zur
genetischen Flexibilität zwingen würden. Baumkrankheiten sorgen für die strukturelle Vielfalt in Raum und Zeit und erhöhen die
Artenvielfalt im Wald. Wir sollten den Parasiten dafür dankbar
sein und auch die positiven Aspekte von Infektionen erforsc hen.
Wir wissen noch viel zu wenig über Krankheiten in naturnahen
Ökosystemen. Auch Schadschwellen sind selbst für die häufigsten Baumkrankheiten nur ansatzweise verfügbar. Sie sind nur
mit großem Aufwand zu definieren, so gibt es z. B. Hinweise,
dass der Kernfäuleerreger Heterobasidion annosum s. 1. zusätzlich zur Holzentwertung durch Fäule erhebliche Zuwachsverluste verursacht (BENDZ-HELLGREN, 1997), während andere Schädigungen ein kompensatorisches Wachstum verursachen, das
den so genannten Schaden sogar mehr als ausgleicht (vgl. ScHoWALTER et al., 1997). Die verstärkte Zusammenarbeit mit der
Ökologie und auch mit der Ökonomie ist eine echte Chance für
die Forstpathologie!
Aus diesen Gründen bin ich überzeugt davon, dass die Forstpathologie in Europa und anderswo eine gute Zukunft im Rahmen eines nachhaltigen Ressourcenmanagements haben wird. Es
gibt viel zu tun packen wir's an! Ich wünsche dem lnstitut für
Pflanzenschutz im Forst auch für die nächsten 50 Jahre viel Erfolg dabei!
Nachrichtenbl. Deut. Pflanzenschutzd. 52. 2000
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Nachrichtenbl. Deut. Pflanzenschutzd„ 52 (6), S. 139-144, 2000, ISSN 0027-7479.
© Eugen Ulmer GmbH & Co., Stuttgart
Forstliche Versuchs- und Forschungsanstalt Baden-Württemberg, Freiburg im Breisgau
Neue Erkenntnisse zur Bekämpfung des Waldmaikäfers
(Melolontha hippocastani F.)
New findings to cockchafer (Me/olontha hippocastani F.) control
Von Hansjochen Schröter
Zusammenfassung
Seit Mitte der 70er Jahre steigen
die Populationen des Waldmaikäfers (Melolontha hippocastani
F.) in der nordbadischen und
südpfälzischen Rheinebene an.
Vielerorts wurde gleichzeitig
eine beträchtliche Zunahme der
Engerlingschäden an den Waldverjüngungen registriert. Es werden die seit dieser Zeit durchgeführten Bekämpfungsversuche
kurz beschrieben und bewertet.
Von 1996 an wurde von der
Forstlichen Versuchs- und Forschungsanstalt (FVA) BadenWürttemberg eine neue integrierte Strategie entwickelt, der das
Verhalten der adulten Käfer zugrunde liegt, sich auf besonders
attraktiven Waldflächen, vor allem auf jüngeren Roteichen- und
Eichenbeständen, zum Reifefraß zu aggregieren. Diese Flächen,
Nachrichtenbl. Deut. Pflanzenschutzd. 52. 2000
die meist nicht mehr als ca. 10 % des jeweiligen Befallsgebiets
umfassen, können mit einem Insektizid mit Kontakt- bzw.
Fraßwirkung behandelt werden. Praxisversuche im Raum Mannheim in den Jahren 1997 und 1998 zeigten bereits ermutigende
Befunde bezüglich der Wirksamkeit der Strategie. Diese müssen
aber noch durch weitere Versuche gestützt werden. Dabei sind
die geeigneten Rahmenbedingungen für eine erfolgreiche Anwendung der Strategie möglichst genau zu analysieren und zu
definieren.
Stichwörter: Waldmaikäfer (Melolontha hippocastani F.),
Oberrheinebene, Engerlingschäden, Waldverjüngung, Reifefraßflächen, Insektizidbehandlung, integrierte Bekämpfungsstrategie
Abstract
Since the mid-l 970s the population of the cockchafer (Melolontha hippocastani F.) in the upper Rhine valley has increased
significantly. In line with this development, considerable damage