Schutz der Hornsittiche und Neukaledonien
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Schutz der Hornsittiche und Neukaledonien
ARTENSCHUTZ Neukaledonien-Ziegensittich (Cyanoramphus saisseti) Schutz der Hornsittiche und Neukaledonien-Ziegensittiche Dr. David Waugh, Loro Parque Fundación, Teneriffa Der Hornsittich (Eunymphicus cornutus) und der Neukaledonien-Ziegensittich (Cyanoramphus saisseti) sind endemische Papageien der Hauptinsel Neukaledoniens. Gemäß den Richtlinien der IUCN gelten sie als gefährdet („endangered“) beziehungsweise anfällig („nearthreatened“). Die Hauptursachen für den Bestandsrückgang sind der Habitatverlust und eingeschleppte oder eingeführte Tiere, insbesondere Säugetiere wie Ratten oder Katzen. Die Loro Parque Fundación, der Fonds für bedrohte Papageien und andere Sponsoren unterstützen schon seit Jahren die Schutzmaßnahmen von Dr. Jörn Theuerkauf vom Polnischen Museum und Institut für Zoologie in Warschau und Sophie Rouys von Conservation Research New Caledonia bei ihrem Forschungs- und Erhaltungsprojekt, dessen Hauptziel es ist, möglichst viele Daten über die beiPAPAGEIEN 6/2009 210 den Spezies zu sammeln, um die Schutzmaßnahmen in ihrem natürlichen Lebensraum möglichst effizient gestalten zu können. Mittlerweile liegen Daten aus sieben Jahren vor. Die Sittiche brüten vor allem in den feuchten Jahren – den sogenannten „La-Niña“-Jahren – deutlich seltener, während sie in den trockenen Jahren – den „El-Niño-Jahren“ – oft zwei- ARTENSCHUTZ mal brüteten. Theuerkauf und Rouys ermittelten die lokalen Populationsdichten der Sittiche und Säugetiere an 34 Stellen im Regenwald von Neukaledonien. Im Laufe der Zeit wurde klar, dass ab einer bestimmten Besiedlungsdichte von Hausratten (Rattus rattus) die Sittiche immer seltener werden oder ganz verschwinden. Auf den vielen tausend Stunden Videoaufnahmen an und in den Bruthöhlen waren auch die Nesträuber zu sehen. Die Ratten dringen in die Nester ein und fressen sowohl die Eier als auch die Jungvögel. Darüber hinaus war die Überlebensrate der ausgeflogenen Jungvögel sehr niedrig. Bisher wurden 87 Futterpflanzenarten für den Neukaledonien-Ziegensittich und 88 für den Hornsittich identifiziert. Die Forscher haben dabei festgestellt, dass sich die Diät der beiden Arten kaum überschneidet. Noch sind nicht alle Geheimnisse bei der Ernährung der neukaledonischen Papageien gelüftet. Junge Hornsittiche wurden jüngst mit Sendern ausgestattet und führten die Forscher zu Nahrungspflanzen, die bisher noch nicht auf der Liste standen. Das Forschungsprojekt beschäftigt sich auch mit genetischen Studien, denn Neukaledonien-Ziegensittiche zeigen kooperatives Brutverhalten, d. h. Paare werden bei ihren Brutversuchen von Neukaledonien-Ziegensittich an der Bruthöhle anderen Individuen unterstützt. Beim Hornsittiche teilen sich Paare die Nester (Theuerkauf et al. 2009). Kooperatives Brutverhalten ist bisher nur bei etwa fünf Prozent der Papageien bekannt. Beim Ouvéa-Hornsittich (Eunymphicus uvaeensis), der ebenfalls endemisch in Neukaledonien auf der zu den Loyalitätsinseln gehörenden Insel Ouvéa lebt, ist Blick auf das Habitat der beiden Sittich-Arten in Neukaledonien PAPAGEIEN 6/2009 211 dieses Brutpflegesystem nicht beobachtet worden. Das Brutverhalten des NeukaledonienAllfarbloris (Trichoglossus haematodus deplanchii) wurde bisher nicht explizit untersucht, man darf jedoch davon ausgehen, dass diese Unterart monogam ist wie ihre nächsten Verwandten von Vanuatu und Australien. Bei der Fortpflanzungsstrategie gibt es deutliche Unterschiede zwischen dem Hornsittich und dem Neukaledonien-Ziegensittich. Die Forscher entdeckten drei Nester des Neukaledonien-Ziegensittichs in Baumhöhlen, beim Hornsittich waren es insgesamt elf Nester, fünf in Baumhöhlen und sechs in Felshöhlen am Boden. Infrarotkameras und Mikrophone mit Verstärkern wurden in jeweils zwei Nestern pro Art installiert. Die Aufzeichnungen von Lauten und Bildern erfolgte automatisch. Um abzuschätzen, wie groß der Anteil der verschiedenen Männchen an der Versorgung mit Futter war, bestimmte man die Zahl der Fütterungen der Weibchen oder Jungen durch die Männchen. Beim Neukaledonien-Ziegensittich lassen sich die Geschlechter leicht anhand der Größe und am Verhalten unterscheiden (v. a. Kopulationsversuche und Lautäußerungen). Darüber hinaus hatte jeder Vogel seine ganz eigene Art und Weise, zur Brutkammer hinabzuklettern und konnte so ARTENSCHUTZ Ein junger Hornsittich (Eunymphicus cornutus) beim Fressen an einer Papaya-Frucht in den meisten Fällen individuell wiedererkannt werden. Diese Identifizierung konnte während der Mauser bestätigt werden, wenn die Vögel individuell verschiedene Muster von federlosen Bereichen am Körper aufweisen. War die Installation von Kameras nicht möglich, beobachteten die Forscher die Höhlen mit Ferngläsern, und die Nester wurden einmal pro Woche kontrolliert. Insgesamt wurden beim NeukaledonienZiegensittich elf Brutversuche in drei Nestern dokumentiert und 17 Brutversuche in elf Nestern beim Hornsittich. Beim Neukaledonien-Ziegensittich wurden zehn Brutversuche mit Videoaufzeichnungen überwacht. Zwei Nester des Hornsittichs waren mit Kameras ausgestattet, vier weitere wurden mit Ferngläsern beobachtet. Die Nestlinge wurden kurz vor dem Ausfliegen mit sehr leichten Radiosendern (3 % der Körpermasse) versehen, um ihren Verbleib nachvollziehen zu können. Da die besenderten Jungen leicht geortet werden konnten, ließ sich dann auch das Verhalten der Altvögel registrieren. Die Forscher sammelten Federn von elf Neukaledonien-Ziegensittichen für DNA-Untersuchungen. So sollte ein genetischer Stammbaum erstellt werden. Die durchschnittliche Gelegegröße betrug beim Neukaledonien-Ziegensittich 3,6 Eier, aus denen 2,5 Nestlinge schlüpften (Schlupfrate 69,4 Prozent). Es flogen im Mittel 2,1 Jungvögel aus (Ausflugrate 58,3 Prozent). Bei Hornsittich lagen die gemittelten Werte bei 3,4 Eiern, 2,8 Nestlingen (Schlupfrate 82,4 Prozent) und 1,9 Jungvögeln (Ausflugrate 55,9 Prozent). Im ersten Nest des Neukaledonien-Ziegensittichs waren stets die drei selben Altvögel anwesend: ein Weibchen, das sich um den Nestbau PAPAGEIEN 6/2009 212 kümmerte, die Eier legte und bebrütete, und zwei Männchen (ein großes und ein kleines), die zu gleichen Anteilen das Weibchen und die Jungen fütterten. In der zweiten Höhle befand sich neben dem Paar ein dritter, mittelgroßer Vogel, der regelmäßig das Nest aufsuchte und sich an der Fütterung beteiligte. Genetische Analysen zeigten, dass es sich in beiden Fällen um ein Weibchen und zwei Männchen handelte. Bei der Verfolgung der besenderten Jungvögel konnte beobachtet werden, dass jeweils alle drei Altvögel die ausgeflogenen Jungvögel mit Futter versorgten. Bemerkenswert war eine Entdeckung in einem Nest des Neukaledonien-Ziegensittichs. Dort bewachte das größere Männchen das Weibchen – das Männchen schlief auch meistens im Nest – und verhinderte Kopulationen des kleineren Männchens mit dem Weibchen. ARTENSCHUTZ Zur Überwachung der Nistaktivitäten werden Kameras eingesetzt (links); eine Ratte (Rattus rattus) beim nächtlichen Besuch eines Nestes (rechts) Das größere Männchen beendete seine Bewachung erst nach dem Ausfliegen des letzten Jungvogels der ersten Brut und der Ablage des dritten von später fünf Eiern des Folgegeleges (das Weibchen hatte bereits mit der erneuten Eiablage begonnen, als die vier Jungen der ersten Brut noch im Nest saßen). Das kleinere Männchen war immer anwesend. Die Jungen, die in der „Bewachungsphase“ schlüpften, und die der zweiten Brut hatten verschiedene genetische Väter. Da der Genotyp der beiden Männchen nicht bekannt war, konnte nicht gesagt werden, welches Tier der Vater der Jungen war. Die Daten des Nestmonitorings beim Hornsittich und die Verfolgung der mit Sendern versehenen Jungvögel dieser Art ergaben keine Hinweise auf Helfervögel beim Füttern. Die Forscher entdeckten aber fünf Eier in einer Bruthöhle, die von zwei Paaren regelmäßig aufgesucht wurde. Bei einer Gelegenheit vor der Eiablage teilten sich zwei Weibchen gleichzeitig die Höhle. Die höchste Gelegegröße bei den übrigen Brutversuchen der Hornsittiche lag bei vier Eiern, daher ist es unwahrscheinlich, dass die fünf Eier von nur einem Weibchen gelegt worden waren. Während Brut und Jungenaufzucht saß stets nur ein Weib- chen im Nest. Leider war es nicht möglich zu unterscheiden, ob es sich nur um ein einziges Weibchen handelte, das sich um den Nachwuchs kümmerte, oder ob sich die beiden Weibchen abwechselten. Bei den Beobachtungen ließen sich Unterschiede im Verhalten der Vögel feststellen, so dass die Forscher glauben, dass beide Paare sich um das Nest bemühten, aber niemals zur selben Zeit. Die vorliegenden Ergebnisse haben nicht nur maßgeblichen Einfluss auf die Schutzmaßnahmen für die beiden Arten, sondern dürften auch für die Zucht in Menschenobhut eine wichtige Rolle spielen. Literatur Theuerkauf, J., S. Rouys, J. M. Mériot, R. Gula & R. Kuehn (2009): Cooperative breeding, mate guarding, and nest sharing in two parrot species of New Caledonia. J. Ornithol. Online First. Anschrift des Autors: Loro Parque Fundación Dr. David Waugh Avenida Loro Parque 38400 Puerto de la Cruz Teneriffa, Spanien Fotos: J. Theuerkauf Auf unserer Internetseite www.papageien.de/filmindex.htm Neben Ratten stellen vor allem streunende Katzen eine Gefahr für die Sittiche dar PAPAGEIEN 6/2009 213 können Sie die kurze Videosequenz eines Hornsittichs im Nest sehen.