DROGEN Therapie statt Strafe

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DROGEN Therapie statt Strafe
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DROGEN
Therapie statt Strafe
Der Staat will die Therapie, droht aber auch mit Gefängnis.
Bundesfamilienministerin Antje Huber (SPD) sieht darin einen „gewissen
Motivationsdruck“. Ihre Haupt-Argumente:
Es hat einige Kritik hervorgerufen, dass mit der neuen Regelung Auflagen verbunden
werden müssen, die bestimmten therapeutischen Grundsätzen zu widersprechen
scheinen.
1. Da ist zum einen das Prinzip der Freiwilligkeit jeder Therapie, welche hier
durchbrochen sei. Der vor Gericht stehende Suchtstoffabhängige kann sich nur
bedingt freiwillig für die Therapie entscheiden, tut er es nicht, hat er eine
Freiheitsstrafe zu erwarten, die im Wiederholungsfalle oder auch aus anderen
Gründen dann vom Richter nicht mehr zur Bewährung ausgesetzt werden wird. Das
Prinzip der Freiwilligkeit ist bei genauerer Betrachtung aber auch sonst nicht
gegeben. Wenn heute davon ausgegangen wird, der Leidensdruck müsse erst so
groß werden, dass die Therapie als einziger rettender Ausweg bleibt, dann ist auch
dies keine Freiheit der Entscheidung. Einrichtungen, die anders verfahren, sind
derzeit nicht die Regel.
2. Es wird kritisiert, dass eine unter Strafandrohung erfolgte Entscheidung zur
Therapie den Patienten nicht die offene Einstellung gegenüber den
Therapeuten finden lässt, die dieser für seine Maßnahmen braucht. Diese Kritiker
müssen jedoch berücksichtigen, dass solche Patienten ohne diese Auffangregelung
zur Therapie nur eine einzige Alternative haben, den Freiheitsentzug. Wie viel
Freiheit aber haben Suchtstoffabhängige mehr, trotz der Auflagen der neuen
Regelung.
3. Ein weiterer Kritikpunkt knüpft sich an die unvermeidliche Rückkoppelung der
therapeutischen Einrichtungen zu den Gerichten bei etwaigen Therapieabbrüchen.
Der straffällig gewordene Suchtstoffabhängige, der anstelle einer verwirkten Freiheitsstrafe sich für die Therapie entscheidet, macht natürlich bei einem
Therapieabbruch diese Entscheidung rückgängig. Es kann also eigentlich nicht anders
sein, als dass dann die therapeutische Einrichtung darüber Mitteilung macht, ganz
abgesehen davon, dass dies schon aus Gründen der Pflegekostenberechnung
angezeigt werden müsste. Ein gewisser ,,Motivationsdruck“ hilft sicher auch, die
Therapie durchzustehen.
4. Schließlich wird kritisiert, dass Einrichtungen, die diesen Auflagen entsprechen,
dem sog. „Drogenknast“ (also der Behandlung in geschlossenen Einrichtungen)
immer ähnlicher würden. Dies ist falsch und richtig zugleich: Falsch deshalb, weil
diese Auflagen im Rahmen ohnehin geltender Leitlinien sind (mit Ausnahme der
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Freiheit zum Therapieabbruch). Richtig, weil die als ,,Drogenknast“ abqualifizierten
geschlossenen Einrichtungen in ihrer ganzen Konzeption humaner sind, als dies
allgemein bekannt ist. Sie sind personell und materiell nach den neuesten
Erkenntnissen der Drogentherapie ausgestattet.
Für suchtstoffabhängige Straftäter, die sich nicht für die Therapie entscheiden,
sollten wir Spezialeinrichtungen überdenken, in denen so etwas wie eine
„therapeutische Obhut“ möglich ist. Es sollte nicht als unüberwindbar erscheinen,
länderübergreifend Sonderstrafanstalten für suchtstoffabhängige Personen zu
schaffen, wie es sie als Modelleinrichtungen durch Förderung des Bundes für
drogenabhängige Jugendliche schon gibt.
Neue Form der Vorsorge
„Therapeutische Obhut" heißt Bereithaltung von Fachpersonal, mit dem einerseits
vorbereitende Motivationsarbeit in Gruppen geleistet werden kann, ohne Therapie
jedoch selbst zu versuchen oder aufzudrängen. In der Drogenarbeit Erfahrene
wissen, dass nicht selten nach einer längeren Zeit von Drogenfreiheit bedingt
* durch Strafverbüßung,
* durch freiwillige Enthaltsamkeit oder
* durch Mangel an „Stoff“
die Einsicht in den Nutzen der Therapie wächst und damit die Einsicht reift, daß die
Therapie letztendlich der bessere Weg für den Betreffenden selbst ist.
An diese neue Form der Vorsorge aus gesundheitspolitischer Sicht und aus gesellschaftspolitischer Verantwortung heraus wird bislang zu wenig gedacht. Hieran zeigt
sich, dass unsere Vorstellungen von Strafe vielleicht doch noch nicht die humane Einbettung haben, die nötig ist, um auch straffällig gewordene Mitmenschen mitmenschlich zu begegnen.
Antje Huber
Vorschlag: Fassen Sie die Gedanken des Textes zusammen und nehmen
Sie Stellung dazu!
Drogenproblemen soll besser begegnet werden
Alarmierende Zahlen schrecken Stadtrat auf
,,Rauschgift-Alarm“ im Stadtrat: Sozialreferent Hans Stützle legte gestern dem
Jugendwohlfahrtsausschuss (in dem auch die Verbände vertreten sind) einen
alarmierenden Bericht zur Drogenszene in München vor. ,,Die Zahl der Süchtigen, die
gleichzeitig Drogen und Alkohol konsumieren, nimmt wesentlich zu. Die Zahl der
Fixer, die harte Drogen bevorzugen, an erster Stelle Heroin, steigt weiter“, heißt es in
dem Bericht, der bereits Ende vorigen Jahres in anderen Stadtrats-Gremien heftige
Diskussionen ausgelöst hatte.
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Nach den letzten Feststellungen der Drogenberatungsstellen gibt es in München etwa
5000 bis 6000 Drogenabhängige, davon etwa 2000 Fixer, die sich harte Drogen
injizieren.
„Ganz ohne Zweifel liegen die Ursachen für Drogensucht fast immer im Elternhaus
der Drogenabhängigen. Und hier muss der Hebel angesetzt werden. Die Stadt und
auch die Verbände können nicht viel mehr tun, als ihre Hilfe anzubieten.“ Das
unterstrich in der gestrigen Sitzung die CSU-Stadträtin Angelika Geisbauer, die
gemeinsam mit ihrem Fraktionskollegen Sepp Brunner bereits 1978 einen
alljährlichen Bericht des Sozialreferates zur Drogenszene in München gefordert hatte.
Der Jugendwohlfahrtsausschuss nahm den Vorschlag der zuständigen Referenten zur
Kenntnis, es solle geprüft werden, ob in einem städtischen Krankenhaus einige
Betten zur ,,Entgiftung“ Drogensüchtiger bereitgehalten werden können.
Einverstanden waren Stadträte und Verbandsvertreter auch mit dem Vorschlag,
vermehrt Personal bei der Bekämpfung der Drogensucht einzusetzen.
In München sei die Lage besonders ernst zu nehmen, denn das Geschehen in der
Drogenszene konzentriere sich nach wie vor auf die Großstädte, auch wenn es sich
zunehmend auf das Land ausweite, berichtete Stützle. ,,Während in ländlichen
Bereichen etwa zehn Prozent der jungen Leute zwischen 12 und 24 Jahren zu den
sogenannten Probierern zu rechnen sind, die es zunächst einmal mit Haschisch
versuchen, beträgt diese Gruppe in München über 20 Prozent“, so der Sozialreferent.
So beurteilte er die stationäre Versorgung zur Entgiftung, dem körperlichen Entzug:
„Für therapiewillige Drogenabhängige oder auch in Notfallsituationen steht im Raum
München ein ausreichendes Versorgungsangebot zur Verfügung. Schwierig dagegen
ist die Unterbringung von Patienten, die zwar zum körperlichen Entzug bereit sind,
nicht aber zu einer anschließenden Entwöhnungskur. Denn die Allgemeinkliniken sind
personell nicht entsprechend ausgestattet.“
Stützle bedauerte es in dem Bericht, dass vergleichbare Angaben über
Heilungserfolge, die einzelne Institutionen bei Drogenabhängigen erzielt haben, nicht
vorliegen. ,,Die Heilungsquoten werden auf 20 bis 50 Prozent geschätzt.“
Erwin Stocker
Vorschlag: Nehmen Sie Stellung zu der Behauptung „Ganz ohne Zweifel
liegen die Ursachen für Drogensucht fast immer im Elternhaus
der Drogenabhängigen“!
Stimmen zum Thema
... Ohne Zweifel hat der Drogenkonsum erst in jenem Stadium den Charakter einer
Epidemie angenommen, als Tageszeitungen, Illustrierte und die anderen Massenmedien sich des Themas annahmen und es - in oft ausgesprochen verlogener Form
weidlich ausschlachteten. Noch ausgeprägter als bei der ebenso künstlich
angeheizten Sexwelle hat man dabei eine Entwicklung in Gang gebracht, die für die
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Betroffenen kaum jemals persönlichkeitsfördernd ist, sondern im Gegenteil höchst
schädlich sein kann oder es bereits geworden ist.
Ein Musterbeispiel dieser zweifelhaften Publizität lieferte das Nachrichtenmagazin
,,Der Spiegel“. Am 10. November 1969 wurde ,,Die Hasch-Welle“ noch genüsslichintellektuell verharmlost; das poppige Titelbild zeigte einen wirrhaarigen Hippie, der
mit tiefgründigen Augen kräftig an einem Joint zieht. Das Fazit des Berichts
vereinigte alle ,,Weltprobleme“ gekonnt auf einen Nenner: ,,Das Jahr 1969 brachte
einen Sieg Apollos: Das amerikanische Raumschiff, das nach ihm benannt war, trug
zwei Männer auf den Mond. Aber noch im gleichen Jahr, so scheint es, ist Dionysos
zum Gegenangriff angetreten ...“
Sensationsmaterial für Massenmedien
Die Illustrierte ,,Der Stern“ alarmierte im Herbst 1969 ihre Leser mit der (zumindest
damals völlig unsinnigen) Behauptung, jeder zweite Oberschüler über 15 habe schon
Haschisch probiert und jeder dritte rauche es regelmäßig einmal im Monat. Etwa ein
halbes Jahr später kolportierte in derselben Illustrierten die Kolumnistin ,,Sybille“ die
(Falsch-)Meldung, Herbert von Karajan wolle sein nächstes Konzert unter Einfluss
von Haschisch oder LSD einstudieren. Der (höchst unsachlichen) Abschreckung folgte
also die (ebenso unsachliche) Verharmlosung in Form von High-Society-Klatsch.
Dieses ,,Wechselbad“ ist typisch für die Art, in der über ein wirklich beunruhigendes
Problem, das immerhin einen recht hohen Prozentsatz der jungen Generation betrifft,
völlig unreflektiert diskutiert und pseudoinformiert wird ...
(Wolfgang Schmidbauer/Jürgen vom Scheidt im ,,Handbuch der Rauschdrogen")
Gefährliche „Entkriminalisierung"
... Selbst eingeschworene Rauschgiftermittler erheben mittlerweile im Kampf gegen
das Rauschgift die Forderung, in erster Linie Prävention durch Aufklärung zu betreiben und den Geschäftemachern den Markt zu entziehen, indem man die Nachfrage
vermindert. Einer Aufklärung durch eine breit angelegte und andauernde Öffentlichkeitsarbeit, an der sich die Polizei zwar beteiligen, die sie aber nicht alleine führen
kann ... Aufgerufen zu dieser Öffentlichkeitsarbeit sind in erster Linie die politisch
Verantwortlichen, beginnend mit der Verpflichtung, sich aller unqualifizierten Äußerungen in der Öffentlichkeit über die angebliche Ungefährlichkeit mancher Drogen
wie Haschisch zu enthalten. Stimmenfang durch die ,,Entkriminalisierung“ angeblich
,,weicher“ Drogen ist unverantwortlicher Umgang mit der Meinungsfreiheit und zeigt
eine entsetzliche Unkenntnis von der Sozialschädlichkeit und Wirkung dieser Drogen.
Wir können uns in unserer auf Warenproduktion ausgelegten Gemeinschaft keine im
Haschischrauch träumenden Arbeiter leisten, auch keinen vor sich hindämmernden
Kraftfahrer ...
,,Entkriminalisierung“ ist - wie Beispiele zeigen - nicht nur ein scheußliches Wort,
sondern die Umschreibung der (selbst verschuldeten) Tatsache, dass man einer Entwicklung nicht mehr Herr ist. Meist ist dann der Begriff ,,mündiger Bürger“ nicht
mehr weit, den man nicht überstrapazieren sollte ...
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Die Einsatzkonzeption der (bayerischen) Polizei zielt derzeit darauf ab, das Rauschgift
soweit wie möglich aus der ,,Griffnähe“ des Konsumenten oder potentiellen Käufers
zu bringen. Durch immer neue Maßnahmen gegen Transporteure, Händler und
Käufer des Rauschgiftes will man möglichst große Mengen vom Markt ziehen,
möglichst viele illegale Händler hinter Gitter bringen und durch eine mehr oder
minder offen gezeigte Präsenz der Polizei an den Handelsplätzen (aber auch durch
die eigenen Erfolge) den Drogenkäufer verunsichern und den Neugierigen
abschrecken ...
Unterstützung erhofft man sich vom Gesetzgeber und einer verschärften Bestrafung
der Rauschgifthändler. Gefordert wird auch eine dem freiwilligen Rücktritt und der
tätigen Reue ähnliche Vorschrift im Betäubungsmittelrecht in der Hoffnung, doch
noch durch „Umschwenker“ mehr Internas des Drogenhandels und der Drogenszene
zu erfahren, quasi Information aus erster Hand zu erhalten ...
Viel wäre schon gewonnen, wenn man die bei einem Rauschgifthändler
vorgefundenen Geldbeträge ersatzlos zugunsten des Staates einziehen könnte, als
kleine Entschädigung für die finanziellen Belastungen, die er dem Staat für den
Unterhalt von Drogenkliniken und -abhängigen auferlegt. Und ein Treffer ins
Schwarze wäre eine Bestimmung, die es erlaubte, einem gefassten Rauschgifthändler
oder -hintermann neben der Freiheitsstrafe eine hohe (sehr hohe) Geldstrafe
aufzugeben, die einschließlich der Verfahrens- und Unterbringungskosten auf Heller
und Pfennig zu bezahlen ist. Vorher kommt er nicht frei, auch wenn die zeitliche Freiheitsstrafe schon an sich verbüßt wäre. Ungewöhnlich! Bei uns vielleicht. Aber in anderen Ländern wird dieses Verfahren bereits mit größtem Erfolg praktiziert ...
(Oberkriminalrat Erwin Ludwig in ,,Die Neue Polizei", Nr. 2/1980)
Schock-Therapie
Schonungslos, ,,richtig brutal“ muss die Aufklärung über die diversen Rauschgifte
und ihre verheerende Wirkung auf Körper und Seele sein, wenn sie einen jungen
Menschen vor der Abhängigkeit bewahren soll. Nach dieser Devise hält Günter
Speckmann - Zolloberamtsrat - Rauschgiftseminare für Schulklassen in Hamburg ab
...
,,Nur mit der nötigen Brutalität können wir abschrecken vor dem ersten
verhängnisvollen Schritt. Wir müssen ihnen einen Schlag versetzen. Sie müssen aber
auch die Tricks der Dealer kennen, um sich vor ihnen zu schützen.“
Zu diesen Tricks gehört die winzige Pille Heroin, die heimlich in halb ausgetrunkene
Gläser in Diskotheken gestreut wird. „Die Jugendlichen merken nichts, nur dass es
ihnen an diesem Abend besonders gut gefallen hat. Daher streben sie am nächsten
Tag wieder in die Diskothek, um erneut in den Genuss des Gefühls der Unbeschwertheit und des Glücks zu kommen. Der Trick vom Abend vorher wird wiederholt, vielleicht noch ein- oder zweimal. Anschließend lassen sie die Kinder zappeln:
keine Pille, keine Stimmung. Die ersten Entzugserscheinungen stellen sich ein. Heroin
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kann bereits nach dreimaligem Genuss zu psychischer Abhängigkeit führen. Wenn die
Dealer ihren Opfern dann Drogen anbieten, greifen viele zu ...
In den Seminaren beschönigt Speckmann nichts. Die meisten, so sagt er, kommen
mutig und mit überlegenem Lächeln in seine Seminare, gehen dann jedoch still und
nachdenklich nach Hause. Da er als einer der wenigen die Erlaubnis besitzt, zu zeigen, was es gibt, tut er das auch. Auf einem langen Tisch vorne im Raum stehen sie
aufgereiht: in Folien und Leinenbeuteln die Haschsorten wie Grüner Türke, Roter Libanese, Schwarzer Afghane und Schimmel-Afghane; die Opiate: das Opium in
schwarzen Blöcken, meist mit Warenzeichen in Form eines Drachens oder Tigers, in
Plastik oder Cellophan gewickelt, aber auch als Würfel, Kapsel, Lösung und Ampulle
zu haben; Heroin in Plastiktüten, Ballons usw. Als Pulver oder körnig, die
synthetischen Drogen, wie LSD ...
„Und wenn ich ihnen dann auch noch sage, wie ihre Lunge oder die Leber nach
Rauschgiftgenuss aussehen wird“ - Speckmann schwenkt einen entsprechend präparierten Glasballon - „,dann ist der anfängliche Mut und die zur Schau gestellte Überlegenheit dahin.“
Als Höhepunkt führt er einen Film vor. Eine
grauenhaften körperlichen Qualen junger
aufgelesen und ins Krankenhaus gebracht
Schauspieler, sondern Drogenkranke, deren
halbe Stunde sehen die Jugendlichen die
Menschen, die man in letzter Minute
hat. Der Film ist ,,echt“. Es sind keine
Schicksal da plastisch vor Augen tritt.
(dpa vom 6. 3. 1980)
Bittere Drogenerfahrung
... Der aktuelle Anlass, über den tatsächlichen Wert des Rauscherlebnisses nachzudenken, war ein Versuch der Gruppe, ihr Gemeinschaftserleben auf einem Tonband
festzuhalten. Das wurde an einem Abend getan, an dem alle interessierenden
Themen besprochen wurden und sich wiederum ein gegenseitiges Verstehen zeigte,
das in eine glückliche Gefühlsstimmung versetzte. Das Abhören des Bandes an einem
der darauffolgenden Abende in nüchternem Zustand ließ aber schlagartig erkennen,
dass man völlig aneinander vorbeigeredet hatte und eine wirkliche Beziehung
zueinander nicht erkennbar war. Als Folge wurden die bei vielen aufgetretenen
Begleiterscheinungen wie schwindendes Interesse für Hobbys, Gleichgültigkeit
gegenüber Fragen, die vormals von Bedeutung waren, Müdigkeit, Schlafstörungen
usw., offen diskutiert. Man führte sie auf den Haschischkonsum zurück. Gleichzeitig
wurde darüber gesprochen, was außer den angeblichen Rauscherlebnissen wirklich
erfahren wurde. Das Ergebnis fiel negativ aus, und man kam zu der Ansicht, dass der
Gewinn an Rauscherfahrung in keinem rechten Verhältnis zu der wohl tatsächlich
vorhandenen gesundheitlichen Gefährdung und der Einbuße an vitalen
Lebensinteressen stand. Nachdem zwei Teilnehmer unabhängig voneinander bei
anderen Gelegenheiten ,,Trips geworfen“ hatten und ausgesprochen unschöne Erlebnisse bekamen, fasste er für sich den Entschluss, keine Drogen mehr zu nehmen. Die
anderen fassten fast alle denselben Entschluss. In der Folgezeit fühlte er sich gesundheitlich besser und wurde „jetzt eigentlich wieder der alte“. Heute glaubt er, daß
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die Rauscherlebnisse ihm keine Erfahrungen gebracht haben, die für sein Leben von
irgendwelcher Bedeutung sind.
(Gruppenbericht über einen 20jährigen Zeichner in ,,Informationen zum DrogenProblem“, herausgegeben vom Bundesminister für Jugend, Familie und Gesundheit)
Wer ist verantwortlich!
... Süchtige sind Kranke. Man kann sie für ihre Krankheit nicht zur Verantwortung
ziehen wie etwa einen Grippekranken, der sich nicht warm genug angezogen hat. Ist
es nun wieder die Gesellschaft, die schuld ist? Nein, denn es gibt zu viele, die dieses
Argument eindeutig widerlegen: Sie kommen mit der Gesellschaft aus und scheitern
nicht. Alkohol- und Drogenkranke sind oft zu schwach, um sich selbst aus einer Krise
zu helfen; sie rutschen immer mehr in die Abhängigkeit hinein, ohne es selbst zu
bemerken. Sie sind also nicht allein schuld, denn oft wird ihnen nicht oder zu spät
geholfen. Niemanden trifft die alleinige Schuld, verantwortlich ist die Kombination
des Charakters und der Gesellschaft, in der sich der Alkohol- und Drogengefährdete
bewegt.
Jeder Süchtige trägt - so gern er sich mit allen möglichen und unmöglichen Ausreden
beruhigen mag - seinen Teil der Schuld: Am Anfang Prahlerei und Verharmlosung,
später Willensschwäche und Verdrängung, kurz vor dem Zusammenbruch dann
Selbstmitleid und Apathie. Dabei ist es bekannt, dass Alkohol und Rauschgift unberechenbar sind, dass sie auf die Dauer die Gesundheit zerstören; dabei gibt es Selbsthilfegruppen für Alkoholiker und Rauschgiftsüchtige, mit denen der Abhängige auch
im Spätstadium noch umkehren kann. Diese Schuld gegen sich selbst wird dadurch
nicht leichter, dass auch jeder Hersteller oder Händler, der legal oder illegal an der
Vergiftung anderer verdient, einen anderen Teil der Schuld trägt. Oder dadurch, daß
die öffentliche Aufklärung zu dürftig ist und die Bekämpfung des Rauschgifthandels
nicht effektiv genug. Auch Hersteller, Händler, Staat und Gesellschaft sind schuldig das ändert nichts an der Verantwortung, die jeder Abhängige letztlich für sich selbst
trägt.
(Philipp Hoelzmann, 18 Jahre, und Karl-Friedrich Lenz, 20 Jahre, in Antworten zu
„Zeitlupe 20“)
Vorschlag: Nehmen Sie Stellung zur der Behauptung „Niemanden trifft die
alleinige Schuld, verantwortlich ist die Kombination des
Charakters und der Gesellschaft, in der sich der Alkohol- und
Drogengefährdete bewegt“!
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