roman abramowitsch yacht

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roman abramowitsch yacht
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Neues vom guten Leben
Überzeichnet Das Dresdner Hygiene-Museum widmet sich dem Thema
Reichtum. Ist die Satire dafür das richtige Format?
Foto: Theo Thiesmeier
Der goldene Löwe der Biennale von Venedig ging in diesem Jahr an
Angola. Die größte Aufmerksamkeit aber zog ein anderer
Länderpavillon auf sich: Bei den Briten zeigt der Künstler Jeremy
Deller das Wandgemälde We Sit Starving Amidst Our Gold: Der
Sozialreformer William Morris, überlebensgroß dem Grab entstiegen,
schleudert die Yacht des Multimilliardärs Roman Abramowitsch ins
Meer. Mit eben dieser Yacht von 115 Metern Länge hatte Abramowitsch
zwei Jahre zuvor in Venedig geankert, direkt vor dem Giardini, dem
Hauptausstellungsort der Biennale. Che Sacrilegio! Aber natürlich geht
es in Venedig nicht nur um die hehre Kunst, sondern auch um viel Geld.
Und womöglich kam es gerade deshalb so schlecht an, dass der
russische Oligarch seine 180-Millionen-Dollar-Yacht demonstrativ in
bester Lage parkte. Dellers Werk jedenfalls ist mehr als ein amüsanter
Seitenhieb auf einen Neureichen: Wir alle, suggeriert der Titel des
Wandbildes, sind Teil des Spektakels.
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Im Dresdner Hygiene-Museum eröffnet nun eine Ausstellung, die sich
explizit mit dem Thema Reichtum befasst, und auch hier ist ein
Luxusschiff das zentrale Motiv. Keine Privatyacht, sondern ein
Kreuzfahrtschiff, dessen goldgetäfelte Flure denen der Titanic
nachempfunden sind. Auf 600 Quadratmetern wurde im Museum ein
Ausschnitt aus einer solchen schwimmenden Stadt nachgebaut:
Luxuskabine, Galasaal, Maschinenraum und Kommandobrücke, eine
Shopping-Mall, die Kombüse, das Sonnendeck, sogar eine Kapelle. Die
Ausstellung beginnt, wenn der Besucher durch die Luke im weißen Bug
an Bord der MS Reichtum tritt.
MS Reichtum, sagt Kurator Daniel Tyradellis, sei eigentlich ein anderes
Wort für Deutschland.
Über Geld sprechen
Anders als die Armut ist der Reichtum in Deutschland wenig erforscht.
Es gibt ein paar Zahlen, die in der Debatte regelmäßig auftauchen:
Rund 860.000 Millionäre gibt es in Deutschland; die reichsten zehn
Prozent der Deutschen verfügen über 53 Prozent des
Gesamtvermögens; ab einem Netto-Einkommen von rund 3.400 Euro
im Monat gilt man als reich. Wie weit Definition und Wahrnehmung
hier auseinanderklaffen, ist nicht zuletzt dem aktuellen Armuts- und
Reichtumsbericht der Bundesregierung zu entnehmen: Die meisten
Deutschen gehen davon aus, dass die Grenze bei 9.100 Euro netto liegt.
Reich, legen diese Zahlen nahe, das sind die anderen.
Es gibt eine Handvoll Standardwerke zum Thema Reichtum, die
meisten stammen von dem Vermögensforscher Thomas Druyen.
Druyen hat einen kleinen Gastauftritt in der Dresdner Ausstellung: In
einem fiktionalen Video, das an Bord der MS Reichtum eingespielt
wird, berät er einen Erben, der nicht weiß, wohin mit seinem Geld. Im
echten Leben hat Thomas Druyen den Begriff der Vermögenskultur
geprägt. Er ist der Ansicht, dass wir mit den Reichen nur mehr
kommunizieren müssen, damit sie ihr Geld mit einem Mehrwert für die
Gesellschaft einsetzen. So fragwürdig dieser Ansatz ist, in einem hat
Druyen sicher recht: Die Haltung „Über Geld spricht man nicht“
können wir uns nicht leisten.
Diesem Defizit will das Hygiene-Museum mit der Ausstellung Reichtum
– mehr als genug etwas entgegensetzen. Keine Großschau, die den
historischen Bedingungen von Reichtum und seinen globalen
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Ausprägungen nachgeht, sondern etwas „Schnelles, Wendiges“, wie
Kurator Daniel Tyradellis es nennt: eine Satire. An Bord der MS
Reichtum wird der Besucher mit allen Klischees konfrontiert, die es
vom guten Leben ohne finanzielle Nöte so gibt.
Shufflepool mit Merkel
Woher diese Bilder kommen, ist im Galasaal zu besichtigen, wo
Galasaal-Szenen aus 28 Spielfilmen über die Wand walzern. Mehr als
80 hat Tyradellis gefunden, alle zu zeigen hätte das Budget gesprengt.
Titanic war für die MS Reichtum zu teuer. Rund geht es aber auch
andernorts: Auf dem Pooldeck spielt Angela Merkel gegen Michael
Schumacher Shufflepool, und man erfährt, welche Kategorien dazu
führen, dass ein Mann, der im Kreis fährt, mehr verdient als die Frau,
die unser Land regiert. Statistiken werden in Form von Kofferstapeln,
Krawattenlängen und digitalen Fischen im Pool präsentiert. In den
Fluren sind Monitore eingebaut mit Filmen, in denen der Schauspieler
Martin Wuttke sechs unterschiedliche Typen an Bord verkörpert,
darunter einen Popstar, der auf dicke Hose macht.
So gut Wuttke in dieser Rolle ist: Spätestens jetzt stellt sich die Frage,
ob die Satire das richtige Format für eine Ausstellung zu einem Thema
ist, das uns auch im Alltag fast nur in Form der Realsatire begegnet.
Man muss dafür nicht montags um 20.15 Uhr auf RTL II Die Geissens.
Eine schrecklich glamouröse Familie einschalten. Die Soap um den
Neu-Russen Gérard Depardieu zum Beispiel lässt sich auch in den
Nachrichtenmagazinen von ARD und ZDF verfolgen. Und wer es
abwegiger mag, der sollte auf vice.com das Interview mit dem 17jährigen Internet-Star Lavish lesen, dem eine viertel Million Menschen
auf Instagram folgen, weil sie sich gerne Fotos ansehen, auf denen er
zwei Designerjeans übereinander trägt, die Toilette mit San Pellegrino
spült oder Dollarbündel an Heliumballons steigen lässt, weil er halt
auch nicht weiß, wohin mit dem Zeug.
Daniel Tyradellis glaubt nicht, dass es einen wahren Reichtum gibt, der
durch solche Bilder nur verzerrt wird. „Der Reichtum“, sagt er, „ist von
Anfang an ein Phantasma.“ Um diesem Phänomen auf die Spur zu
kommen, ist er sich sicher, bedarf es der klischeeüberladenen Bilder:
„Ich habe versucht, Oberflächen zu erzeugen, die so plakativ sind, dass
sie unweigerlich zu der Frage führen: Was bleibt, wenn wir dieses Bild
wegnehmen?“ Er ist überzeugt: „Es gibt keinen Kern. Es bleiben nur ein
paar Zahlen mit vielen Nullen.“ Man muss an dieser Stelle erwähnen,
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dass Tyradellis nicht nur Kurator, sondern auch Philosoph ist. Sein
Interesse gilt dem Reichtum als Figur kollektiver Sinnstiftung – und
der Frage, wie stark uns diese versklavt.
Aber ist diese Erkenntnis nicht Common Sense? Am Ende werden wir
doch über die Zahlen und die Nullen sprechen müssen, man kann das
dann auch Politik nennen. Die Kunst hat dazu wenig zu sagen. Sie lässt
Goldmünzen regnen, wie gegenwärtig im russischen Pavillon in
Venedig, oder wertlose Hunderter schreddern, wie seinerzeit bei der
Expo.02 in Biel. Doch wenn sie den überzeichneten Bildern der Medien
nichts anderes entgegenzusetzen hat als noch überzeichnetere Bilder,
wird ihr die Realität immer einen Schritt voraus sein: Am Ende der
Dresdner Ausstellung hängt ein Foto des realen Schiffs The World, das
schon bald durch das Schwesterschiff Utopia verstärkt werden soll:
schwimmende Altersheime für Superreiche, in denen die globalisierte
Geldelite jahrein, jahraus die Welt umkreist.
Original URL:
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