1. Einleitung - Stadt Braunschweig

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1. Einleitung - Stadt Braunschweig
Mit Stressabbau gegen den
„schnellen Griff zur Tablette“
Eine repräsentative Untersuchung
über den Konsum von
Medikamenten mit Suchtpotential
1. bei Kindern im Vorschulalter und ihren Müttern
2. bei Jugendlichen
und die Erprobung geeigneter Präventionsmaßnahmen
von Dr. Petra Grebenstein und Rainer Schubert M.S.P.
Gesundheitsamt Braunschweig
Abteilung Gesundheitsförderung
in Zusammenarbeit mit dem Jugendärztlichen Dienst
Braunschweig 2001
INHALTSVERZEICHNIS
1.
EINFÜHRUNG..................................................................................................
4
1.1.
Medikamentenkonsum.....................................................................................
4
1.1.1.
Medikamentenkonsum bei Kindern und Jugendlichen.....................................
5
1.1.2.
Medikamente mit Mißbrauchs- und Abhhängigkeitspotential...........................
6
1.2.
Ziele und Zielgruppen......................................................................................
9
1.3.
Hypothesen.....................................................................................................
11
2.
METHODIK......................................................................................................
12
2.1.
Untersuchung des Konsums von Medikamenten mit Suchtpotential bei
2.2.
Kindern im Vorschulalter und ihren Müttern.....................................................
12
Untersuchung des Konsums von Medikamenten mit Suchtpotential bei
Ju-
gendlichen...................................................................................................
12
3.
ERGEBNISSE.................................................................................................. 13
3.1.
Befragung bei der Einschulungsuntersuchung........................................... 13
3.1.1.
Konsum von Medikamenten mit Suchtpotential bei den Müttern............... 16
3.1.1.1.
Soziodemographische Merkmale und Medikamentenkonsum......................... 25
3.1.1.2.
Selbstmedikation.............................................................................................
28
3.1.1.3.
Gesundheit und Medikamentenkonsum..........................................................
30
3.1.1.4.
Streß und Medikamentenkonsum....................................................................
32
3.1.1.5.
Freizeitverhalten und Medikamentenkonsum..................................................
37
3.1.2.
Medikamenteneinnahme der einzuschulenden Kinder............................... 38
3.1.2.1.
Soziodemographische Merkmale und Medikamentenkonsum......................... 41
3.1.2.2.
Gesundheit und Medikamentenkonsum..........................................................
42
3.1.2.3.
Streß und Medikamentenkonsum....................................................................
43
3.1.2.4.
Freizeitverhalten und Medikamentenkonsum..................................................
46
2
3.2.
Befragung der 9. Klassen..............................................................................
3.2.1.
Konsum von Medikamenten mit Suchtpotential bei Jugendlichen............ 49
3.2.1.1.
Soziodemographische Merkmale und Medikamentenkonsum......................... 59
3.2.1.2.
Selbstmedikation.............................................................................................
62
3.2.1.3.
Gesundheit und Medikamentenkonsum..........................................................
65
3.2.1.4.
Streß und Medikamentenkonsum....................................................................
67
3.2.1.5.
Rauchen, Medikamenteneinnahme und Streß................................................
80
3.2.1.6.
Freizeitverhalten und Medikamentenkonsum..................................................
90
4.
DISKUSSION UND KONSEQUENZEN FÜR DIE PRÄVENTIONSARBEIT.... 94
4.1.
Diskussion der Ergebnisse..........................................................................
4.2.
Konsequenzen für die Präventionsarbeit.................................................... 103
4.2.1.
Stress - was ist das überhaupt?...................................................................... 104
4.2.2.
Entspannungstechniken.................................................................................. 107
5.
ERPROBUNG GEEIGNETER PRÄVENTIONSMASSNAHMEN..................... 112
5.1.
Entspannungstechniken im Schulalltag.......................................................... 112
5.2.
Stressbewältigungskurs „Locker und gelassen“ für Schüler/innen.................. 116
5.3.
Raucherentwöhnungskurs „Gelassen und rauchfrei“ für Schüler/innen.......... 119
6.
ZUSAMMENFASSUNG................................................................................... 123
6.1.
Einschulungsuntersuchung............................................................................. 123
6.2.
Befragung der 9. Klassen................................................................................ 124
6.3.
Präventionsmaßnahmen................................................................................. 125
7.
LITERATUR.................................................................................................... 127
ANHANG
Fragebogen bei der Einschulungsuntersuchung
Fragebogen für Jugendliche
3
47
94
1. EINFÜHRUNG
Die gesundheitliche Situation von Kindern und Jugendlichen spiegelt den gesundheitlichen
Zustand der Gesellschaft wieder. Heranwachsende zeigen in besonderem Maße, wie ihr
Lebensumfeld und ihre Umwelt auf sie wirken, was sie herausfordert und was sie überfordert
(Pharmabrief 1995). Aus verschiedenen Studien der letzten Jahre kann man entnehmen,
daß Kinder und Jugendliche in verstärktem Maße über gesundheitliche Beschwerden insbesondere psychosomatische Erkrankungen- klagen, die auf eine erhöhte psychosoziale
Belastung dieser Altersgruppe hinweisen (Seiffge-Krenke 1994).
„Kinder und Psychopharmaka“ stand vorwiegend in den siebziger und Anfang der achtziger
Jahre im Vordergrund wissenschaftlicher und arzneipolitischer Auseinandersetzungen (Puteanus 1999). Es wurde festgestellt, dass Kinder Psychopharmaka zur Bewältigung des Alltags verabreicht bekamen. Seit Mitte der achtziger Jahre verlor das Thema an Bedeutung.
Statt dessen wird der gesamte Arzneimittelkonsum bei Kindern unter die Lupe genommen
(Buser et al., 1997; Dunkelberg et al. 1998).
1.1. Medikamentenkonsum
Medikamente dienen einem heilsamen Zweck. Oft ist ihre Einnahme notwendig, um Krankheiten zu bekämpfen oder ihnen vorzubeugen. Oft sind sie allerdings überflüssig, und hier
liegen die Gefahren.
Mit Arzneimitteln wird überwiegend die Vorstellung verbunden, daß sie zur Linderung und
Heilung von Krankheiten eingesetzt werden, im allgemeinen unter Aufsicht und Kontrolle
eines Arztes, der für eine richtige Indikation und eine zielgerichtete Arzneibehandlung bürgt.
Dieser Sachverhalt mag ein Grund für die große Akzeptanz von Arzneimitteln in unserer Gesellschaft sein. Sie täuscht jedoch über die Tatsache hinweg, daß mit Arzneimitteln ebenso
Beeinflussungen der psycho - physischen Befindlichkeit und die Erzeugung von Rauschzuständen möglich sind wie mit anderen „Drogen“ auch, und dass es beim Einsatz von Medikamenten durch ärztliche Verordnung ebenso wie durch Selbstmedikation zu mißbräuchlichen Handhabungsmustern und auch zur Abhängigkeit kommen kann (Nordlohne 1992). Zu
häufig wird die Verantwortung für das eigene Befinden dem Arzneimittel übertragen. Die
Selbstmedikation, also der eigenverantwortete, nicht vom Arzt angeordnete Gebrauch von
Arzneimitteln, kann mit großen Gefahren verbunden sein.
Die Verbreitung von Arzneimitteln mit Mißbrauchs- und Abhängigkeitspotential lässt sich
anhand von Verkaufsstatistiken oder Verordnungsstatistiken aus dem Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) darstellen.
Zu den meistverordneten Arzneimitteln in der Bundesrepublik überhaupt gehören immer
noch Benzodiazepin - haltige Tranquilizer und Hypnotika, obwohl sie laut der gesetzlichen
Krankenversicherung eine rückläufige Tendenz zeigen (Jahrbuch Sucht 2000). 1992 wurden
in der gesamten Bundesrepublik noch 690 Mio. Tagesdosierungen im ambulanten Versorgungsbereich verordnet, 1997 insgesamt rund 383 Mio.
Unter allen Arzneimitteln, die über Apotheken verkauft werden, sind Analgetika (Schmerzmittel) die meist verkauften Arzneimittel in der Bundesrepublik. Die Analgetika (ohne Betäubungsmittel und Migränemittel; mit ca. 179 Mio. Packungen) führten 1998 mit knapp 173 Mio.
verkauften Packungen mit weitem Abstand vor den Husten- und Erkältungsmitteln (145 Mio.
Packungen) und den Arzneimitteln zur Behandlung von Magen-Darm-Erkrankungen (129
Mio. Packungen). Insgesamt werden rund 70% aller Schmerzmittelpackungen ohne
4
Rezept in der Apotheke verkauft. Die Anwendung von Schmerzmitteln ist in der Bundesrepublik demnach vor allem eine Therapie innerhalb der Selbstmedikation, Apothekenumsatz
rund 900 Mio. DM. Die Folge ist ein hoher Anteil des Schmerzmittelkonsums ohne ärztliche
Kontrolle. 1998 wurden in der Bundesrepublik insgesamt rund 3,2 Milliarden Dosierungseinheiten, meist Tabletten oder Kapseln, oder etwa 40 pro Einwohner alleine im Bereich der
Selbstmedikation verbraucht, verordnet wurden weitere 12, sodass jeder Einwohner in der
Bundesrepublik, ob Kleinkind oder Greis, knapp über 52 Dosierungseinheiten von Schmerzmitteln pro Jahr verbraucht. Insgesamt reichen die verbrauchten Schmerzmittel aus, um 4-5
Millionen Menschen ein ganzes Jahr lang täglich zu versorgen (Jahrbuch Sucht 2000).
Laut der Deutschen Hauptstelle gegen die Suchtgefahren (DHS) gibt es 1,5 Millionen Medikamentenabhängige in Deutschland (Statistisches Bundesamt 1998). Zwei Drittel aller verordneten Medikamente werden von Frauen eingenommen. Diese erschreckend hohe Zahl
sollte Anlass genug sein, sich mit dieser Problematik gesundheitswissenschaftlich auseinanderzusetzen. Trotzdem ist die Arzneimittelabhängigkeit im Gegensatz zur Abhängigkeit von
illegalen Drogen, von Alkohol oder von Nikotin ein nur untergeordnetes Thema in der Diskussion von Suchterkrankungen in Wissenschaft, Politik und Öffentlichkeit. Noch weniger
Beachtung findet die Frage, welche gesundheitsökonomischen Folgen durch Arzneimittelabhängigkeit entstehen und welche Strategien zur Prävention geeignet sind, um diesen Problemen zu begegnen (v. Reibnitz & Litz 1999).
Auch bei scheinbar harmlosen Medikamenten wie den Schmerzmitteln können Missbrauch
und Abhängigkeit entstehen, vor allem bei solchen mit Koffein- oder Codein - Zusatz und bei
den Kombinationspräparaten. Laut Jahrbuch Sucht 2000 sind bei 10 - 15% der derzeit geschätzten 50.000 dialysepflichtigen Patienten ihre Nierenschädigung auf den Vielgebrauch
von Schmerzmittelkombinationen, vor allem auch solche mit Koffein, zurückzuführen.
1.1.1. Medikamentenkonsum bei Kindern und Jugendlichen
Die Einnahme von Arzneimitteln scheint auf den ersten Blick eine individuelle Angelegenheit
zu sein. Übersehen wird dabei allerdings, daß gesundheitliche Störungen ihren Ursprung
vielfach in den ökologischen, ökonomischen und sozialen Verhältnissen haben können. Das
individuelle Handeln im Rahmen des Gesundheitsverhaltens und im Umgang mit Arzneimitteln steht auch im Spannungsfeld starker gesellschaftlicher Erwartungen nach ständiger
Leistungsbereitschaft (Nordlohne 1992). Leistung und Leistungsfähigkeit sind zu entscheidenden Zielkategorien dieser Gesellschaft geworden und sind in gewisser Hinsicht ein wertvolles „Kapital“, das vor allem während des Jugendalters im Rahmen organisierter Lernprozesse erworben und durch entsprechende Zertifikate nachgewiesen wird (Engel & Hurrelmann 1989).
Wenn es um den Einfluß der Eltern auf gesundheitsbezogenes Verhalten geht, weisen empirische Studien auf den Modellcharakter hin, den Eltern vor allem für Kinder und - wenn auch
eingeschränkt - für Jugendliche besitzen (Nordlohne 1992). Eltern sind auch insofern für die
gesundheitlichen Belange Jugendlicher von Bedeutung, da an der (Sozio-) Genese von gesundheitlichen Beeinträchtigungen und der Entwicklung gesundheitsbezogener Verhaltensweisen wesentlich auch das soziale und emotionale Klima zwischen Eltern und ihren Kindern
beteiligt sein kann (Holler & Hurrelmann 1990; Mc Cubbin, Needle & Wilson, 1985; Smart,
Chibucos & Didier 1990).
Die Prägung für späteres Verhalten, auch für das Gesundheitsverhalten im Umgang mit Arzneimitteln findet zunächst vor allem im Elternhaus statt. Die Eltern, besonders die Mütter
5
sind dabei sowohl in ihrer Vorbildfunktion für den Umgang mit Arzneimitteln von Bedeutung
als auch als „Laienmedizinerinnen“, die ihrem Nachwuchs selbst Arzneimittel verabreichen
und auf das Verschreibungsverhalten von Ärzten Einfluß nehmen können.
Kinder lernen Arzneimittel nicht nur durch die ärztliche Verordnung, sondern auch durch die
Einnahmegewohnheiten und Empfehlungen ihrer Eltern oder anderer Erwachsener kennen.
Die Suchtgefährdung der Kinder beginnt bereits dort, wo kaum jemand sie vermutet: beim
Konsumverhalten der Erwachsenen, bei ihrem sorglosen Umgang mit den gesellschaftlichen
Alltagsdrogen, den Medikamenten, Alkoholika und anderen scheinbar harmlosen Lastern
(Andreas-Siller 1991). Kleine Kinder sind besonders gefährdet, denn sie sind neugierig und
jederzeit bereit, Verhaltensmuster der Erwachsenen zu übernehmen.
In der vorliegenden Untersuchung wurden Mütter mit Kindern im Vorschulalter über sich
selbst und über das Kind befragt. Für diese Datenerhebung wurde die Einschulungsuntersuchung des Jugendärztlichen Dienstes des Gesundheitsamtes gewählt.
Jugendliche werden während des Durchlaufens der Übergangsphase zum Erwachsenenalter
von einem Leistungs- und Erwartungsdruck begleitet, der deutlich zu einer Verschlechterung
des gesundheitlichen Wohlbefindens und somit auch zur Beeinträchtigung der Leistungsfähigkeit beitragen kann (Hurrelmann et al., 1988; Holler & Hurrelmann 1990). Dieser Zeitpunkt
bei Jugendlichen erschien für die vorliegende Befragung geeignet und somit wurde hierfür
die ärztliche Untersuchung der 9. Klassen durch den Jugendärztlichen Dienst des Gesundheitsamtes gewählt.
1.1.2. Medikamente mit Mißbrauchs- und Abhängigkeitspotential
Definitionen von Mißbrauch und Abhängigkeit
Abhängigkeit und Sucht sind unerwünschte Nebenwirkungen von Arzneimitteln, die ebenso
wie andere Nebenwirkungen beachtet und möglichst vermieden werden müssen. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat mit dem Überbegriff Arzneimittelabhängigkeit verschiedene Formen des Arzneimittelmißbrauchs zusammengefaßt. Abhängigkeit ist demnach „ein
Zustand (psychisch und oft auch physisch), der aus der Wechselwirkung eines Pharmakons
mit dem lebenden Organismus entsteht und durch Verhaltens- und andere Reaktionen charakterisiert ist, zu denen immer der Drang gehört, das Pharmakon periodisch oder wiederholt
einzunehmen, um dessen psychische Effekte zu erleben und in manchen Fällen auch die
unangenehmen Effekte seines Fehlens zu vermeiden.“
Zu unterscheiden ist weiterhin zwischen Gewohnheitsbildung und Sucht, wobei hier fließende Übergänge eine strenge Abgrenzung erschweren.
Gewohnheitsbildung
Die Gewohnheitsbildung (drug habituation) ist charakterisiert durch die regelmäßige Einnahme eines bestimmten, meist psychotrop wirkenden Pharmakons, um einen euphorischen
Zustand zu erreichen. Dieses Einnahmeverhalten unterstützt eine psychische Abhängigkeit,
während eine physische Abhängigkeit nicht vorhanden ist. Es treten daher beim Absetzen
auch keine körperlichen Entzugssymptome auf. Der Drang nach Dosissteigerung ist eher
gering.
6
Gewöhnung
Im Unterschied zur Gewohnheitsbildung ist die Gewöhnung oder Toleranzerhöhung mit der
Tendenz verbunden, die Dosis zu erhöhen, um die gleiche Wirkung wie zu Beginn der Verwendung des Mittels zu erreichen. Gewöhnung bzw. Toleranzerhöhung führt in die Sucht.
Sucht
Sucht (addiction) ist nach der WHO definiert als „ein Zustand periodischer oder chronischer
Vergiftung, schädlich für den einzelnen oder/und die Gesellschaft, der durch den wiederholten Genuß eines natürlichen oder synthetischen Arzneimittels, in der Regel mit psychotropen
Wirkungen, hervorgerufen wird.
Zur Sucht gehören
• ein dringendes Verlangen oder ein echtes Bedürfnis (Zwang), die Einnahme des Mittel
fortzusetzen und es dazu unter allen Umständen in die Hand zu bekommen
• die Tendenz, die Dosis zu steigern
• die psychische und meist auch physische Abhängigkeit von der Wirkung des Mittels
Arzneimittelgruppen mit Mißbrauchs- und Abhängigkeitspotential
Nach Angaben der WHO gibt es sieben Gruppen von Arzneimittelgruppen mit Abhängigkeitspotential:
• Alkoholhaltige Arzneimittel - Zubereitungen
• Stark wirksame Analgetika (Schmerzmittel) und Antitussiva (Hustenmittel):
Morphin, Codein, Pethidin, Methadon, Fentanyl
• Schwach bis mittelstark wirksame Analgetika, v.a. Analgetika - Kombinationen
• Hypnotika/Sedativa (Beruhigungs-/Schlafmittel):
Barbiturate, kürzerwirksame Benzodiazepine, Bromharnstoffe, Diphenhydramin
• Tranqillantien (Beruhigungsmittel):
längerwirksame Benzodiazepine, Carbamate
• Psychostimulantien (Anregungsmittel) und Appetitzügler:
Amphetamine und Amphetamine/Ephedrine
• Sonstige Wirkstoffgruppen:
Anitcholinergika (krampflösende Mittel), Laxantien (Abführmittel), Corticoide, Diuretika
(harntreibende Mittel), Betablocker
Viele Medikamente mit Abhängigkeitspotential sind aus der medizinischen Therapie nicht
mehr wegzudenken. Bei psychischen Erkrankungen wie Angst und Depressionen können sie
sehr sinnvoll sein und das Leben wieder erträglicher machen. Vor allem Benzodiazepine
schirmen vom Streß des Alltags ab und vermitteln Stabilität und Gelassenheit.
7
Schmerzmittel
Bei den schwach bis mittelstark wirksamen Schmerzmitteln sind die Kombinationspräparate
von großer Wichtigkeit. Wegen ihres Gehalts an Koffein oder Codein werden sie nicht nur
vorrangig zur Linderung von Schmerzen, insbesondere Kopfschmerzen eingenommen, sondern auch um geringe „Befindlichkeitsstörungen“ zu beseitigen. Bei regelmäßigen Gebrauch
können sie in relativ kurzer Zeit zur Abhängigkeit führen. Dazu gehören: Adolorin, Aspirin
forte, Azur, Azur comp., Combaren, Contraneural forte, Copyrkal N, Dolomo TN, Dolviran N,
Doppel Spalt compact, Duan, Eudorlin, Eu Med neu, Gelonida, Gelonida NA, Gewadal, HATabl. N, Lonarid, Melabon K, Migräne-Kranit, Migränin gegen Kopfschmerzen, Nedolon P,
Neuralgin, Neuranidal, Novo Petrin, Octadon P, Optalidon N, Paracetamol comp. Stada, Pilfor, Prontopyrin Plus, Quadronal Ass comp., Quadronal comp. gegen Kopfschmerzen, Ring
N, Saridon, Spalt, Spalt plus Coffein, Talvosilen, Thomapyrin, Titralgan, Titretta, Togal Kopfschmerzbrause, Treupel comp., Vivimed.
Jahrelanger Gebrauch von Analgetika kann zu erheblichen Nierenschädigungen führen. Ein
hoher Prozentsatz der Dialysepatienten hat jahrelang Schmerzmittel eingenommen. Viele
Patienten wissen nichts über diesen Zusammenhang.
Beruhigungsmittel (Tranqulizer)
Nervosität, Angespanntheit und Angstzustände sind alltägliche Bestandteile des Lebens.
Angst ist oft eine wichtige Sicherheitsvorkehrung. Angespanntheit kann die Leistungsfähigkeit erhöhen.
Am Arbeitsplatz und im privaten Alltag entstehen jedoch oft Stresssituationen, mit denen
man nicht so leicht fertig wird. Mögliches Resultat: Angst und deren Folgen (Durchfall,
Schmerzen, Herzklopfen, Ticks), die nicht mehr als „normal“ empfunden werden und das
eigene Wohlbefinden beeinträchtigen.
In den letzten 30 Jahren ist neben die Droge Alkohol als ältestem Beruhigungsmittel die Therapie mit Tranquilizern getreten. Das Ansteigen von körperlichen und psychischen Stresserscheinungen oder die mangelnde Bereitschaft, mit ihnen fertig zu werden, eröffnete für die
Pharmaindustrie einen großen Markt. Mitte der achtziger Jahre wurden in Deutschland bereits 40 Millionen Packungen solcher Mittel verkauft. Als jedoch zunehmend bekannt wurde,
daß Tranquilizer süchtig machen können, setzte eine Gegenbewegung ein. Die Verkaufszahlen sanken auf 17 Millionen im Jahr 1997 (Bittere Pillen 1999).
Zu den bekanntesten Tranquilizern gehört die Gruppe der Benzodiazepine. Die angstdämpfende Wirkung von Benzodiazepinen ist durch viele Studien belegt. Die Ursachen der
Angst werden jedoch nicht beseitigt - im Gegenteil: Beruhigungsmittel wirken bewußtseinsoder gefühlsmindernd und können so die notwendige aktive Befassung mit den Stressfaktoren sogar verhindern. Alle Mittel wirken angstlösend, dämpfend, bewußtseinstrübend, ermüdend, muskelentspannend und krampflösend; z.B.: Adumbran, Anxiolit, Bromazanil, Bromazepam „Genericon“, Diazepam-ratiopharm, Diazepam Stada, Durazanil 6, Faustan, Frisium,
Gewacalm, Lexotanil 6, Noctazepam, Normoc, Oxa von ct, Oxazepam-ratiopharm, Praxiten,
Psychopax, Rudotel, Sigacalm, Tafil, Tavor, Temesta, Tranquase, Tranxilium, Valium, Xanor.
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Gefahren von Selbstmedikation
Durch Kostenbegrenzungen im Gesundheitsbereich in den letzten Jahren hat die Selbstmedikation an Bedeutung zugenommen. Vorteile der Selbstmedikation: die Gesetzlichen Krankenversicherungen werden finanziell entlastet, die Patienten können bei geringfügigen Gesundheitsstörungen und zur Vorbeugung gegen Erkrankungen zur Selbsthilfe greifen, eigenverantwortliches Handeln trägt zu einem aktiven Gesundheitsverhalten bei. Nachteile der
Selbstmedikation: auch nichtrezeptpflichtige Arzneimittel können unerwünschte Nebenwirkungen verursachen, besonders wenn sie über einen längeren Zeitraum genommen werden.
Medikamentenabhängigkeit
Im Gegensatz zu Alkohol- und Drogenabhängigkeit existiert über Medikamentenabhängigkeit
relativ wenig gesichertes Wissen, nicht zuletzt, weil sie auch nicht in der Öffentlichkeit sichtbar ist. Unter den Arzneimitteln mit Abhängigkeitspotential nehmen Schmerzmittel (Analgetika), Schlaf- und Beruhigungsmittel (Hypnotika/Sedativa) eine führende Stellung ein. Dabei
kommt den Benzodiazepin - Derivaten (BZD) vorrangige Bedeutung zu: Medikamente dieser
Stoffgruppe sind bei ca. 2/3 - ¾ aller Fälle von Medikamentenabhängigkeit beteiligt (Klein et
al. 1991).
Zum Gebrauch von Psychopharmaka gibt es sehr widersprüchliche Erkenntnisse. Vor allem
aus den achtziger Jahren gibt es eine Reihe Untersuchungen, die einen Anstieg vom Geund Mißbrauch von Medikamenten mit Suchtpotential befürchten lassen (Hurrelmann 1988,
Nordlohne & Hurrelmann 1990).
1.2. Ziele und Zielgruppen
Ziele:
1. Mit den in der vorliegenden Studie erhobenen Daten sollen Kenntnisse gewonnen werden
über den Konsum von Medikamenten mit Suchtpotential bei 1. Kindern im Vorschulalter
und ihren Müttern und 2. bei Jugendlichen. Besondere Beachtung soll dabei der Selbstmedikation geschenkt werden.
2. Identifikation von Lebensbedingungen bzw. Faktoren, die Einfluß auf einen „schnellen
Griff zur Tablette“ haben.
Das Einnahmeverhalten von Arzneimitteln scheint ein multifaktorielles Geschehen darzustellen, deshalb sollten mit den erhobenen Daten Kenntnisse gewonnen werden über: Familiensituation, Beschäftigungsstatus, Bildung, Zufriedenheit, Alltagsprobleme, Streßanfälligkeit und Stressbewältigung, körperliche und psychische Beschwerden und Einschätzungen zur eigenen Gesundheit.
3. Aus diesen Ergebnissen sollen Erkenntnisse für zielgerichtete Präventionsmaßnahmen
für alternative Methoden zum Wohlfühlen und zur Verringerung des Medikamentenkonsums mit Suchtpotential resultieren.
Schon während der Fertigstellung dieser Studie wurden Präventionsmaßnahmen entwickelt und durchgeführt.
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Über den Verbrauch von Medikamenten gibt es kaum bevölkerungsbezogene Untersuchungen, sondern vorwiegend Verkaufs- und Verordnungsstatistiken.
In der vorliegenden Studie wird der Konsum folgender Arzneimittelgruppen berücksichtigt:
Berücksichtigte Arzneimittel bei den Müttern und den Jugendlichen:
•
•
•
•
•
•
Schmerzmittel
Beruhigungsmittel
Schlafmittel
Appetitzügler
Anregungsmittel
Kreislaufmittel
Kreislaufmittel werden nicht den Arzneimittelgruppen mit Abhängigkeitspotential zugeordnet,
wurden aber trotzdem mit in die Befragung einbezogen, weil Kreislaufprobleme zu stressbedingten Beschwerden zugeordnet werden können.
Berücksichtigte Arzneimittel bei den einzuschulenden Kindern:
•
•
•
•
Fiebermittel
Schmerzmittel
Beruhigungsmittel
Schlafmittel
10
1.3. Hypothesen
Anhand der Literatur und eigener Überlegungen wurden bei der Entwicklung der Fragebögen
(Fragebögen s. Anhang) folgende Thesen aufgestellt:
1. Der Arzneimittelkonsum hängt von der sozialen Stellung ab
2. Es gibt eine geschlechtsspezifische Differenzierung des Arzneimittelverbrauchs
3. Es besteht ein unnötiger Medikamentenverbrauch und eventuell die Gefahr von Mißbrauch und Spätschäden
4. Menschen mit häufigen Stresssymptomen greifen verstärkt zu Medikamenten
5. Es besteht ein Zusammenhang zwischen Fernsehkonsum und Verhaltensauffälligkeiten
6. Der Gebrauch von Schmerzmitteln und Psychopharmaka wird durch äußere Anlässe gefördert
7. Es besteht ein Zusammenhang sowohl zwischen der Meinung der Beeinflußbarkeit der
Gesundheit und der Medikamenteneinnahme als auch und zwischen der Zufriedenheit
des eigenen Gesundheitszustandes und der Medikamenteneinnahme
8. Es besteht ein Zusammenhang zwischen der Zufriedenheit mit der Arbeit / Hauptbeschäftigung (Mütter) bzw. zwischen der Zufriedenheit mit den schulischen Leistungsanforderungen (9. Klassen) und der Medikamenteneinnahme
9. Es besteht ein Zusammenhang zwischen dem Rauchen (nur Jugendliche) und der Medikamenteneinnahme
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2. METHODIK
Im Rahmen einer Querschnittsstudie wurde eine 20%-Stichprobe durchgeführt.
2.1. Untersuchung des Konsums von Medikamenten mit Suchtpotential bei
Kindern im Vorschulalter und ihren Müttern
Die Befragungen wurden bei den Einschulungsuntersuchungen im Zeitraum von Februar bis
Juni 1999 durchgeführt. An 9 Schulen wurden die Begleitpersonen der potentiellen Einschulungskinder während der Wartesituation über sich selbst und über das Kind befragt. Dabei
kam ein standardisierter 6 - seitiger Fragebogen mit 24 vorwiegend geschlossenen Fragen
zum Einsatz.
2.2. Untersuchung des Konsums von Medikamenten mit Suchtpotential bei
Jugendlichen
Die Befragungen der Jugendlichen wurden in den 9. Klassen der verschiedenen Schulformen durchgeführt. Schüler und Schülerinnen von 2 Haupt-, 2 Real- und einer Gesamtschule
wurden im Herbst / Winter 1999 im Rahmen der ärztlichen Untersuchung durch den Jugendärztlichen Dienst des Gesundheitsamtes mittels eines standardisierten Fragebogens befragt.
Da die ärztliche Untersuchung nicht an Gymnasien durchgeführt wird, wurde die Befragung
an 2 Gymnasien direkt in der Klasse durchgeführt.
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3. ERGEBNISSE
3.1. Befragung bei der Einschulungsuntersuchung
Von während der Befragung 549 angesprochenen Begleitpersonen in insgesamt 9 Schulen
füllten 514 Personen den Fragebogen über sich selbst und über das einzuschulende Kind
aus, so daß mit 94% eine zufriedenstellende Rücklaufquote erreicht werden konnte. Das
Ausfüllen des Fragebogens nahm in der Regel 10 bis 20 Minuten in Anspruch. Fragen oder
Unklarheiten von Seiten der Befragten wurden während des Ausfüllens geklärt; ausländischen Mitbürgern mit geringen Deutschkenntnissen wurde beim Ausfüllen des Fragebogens
geholfen.
Tabelle 1 zeigt die Anzahl der befragten Begleitpersonen der einzuschulenden Kinder. Von
den 514 Begleitpersonen waren 82,3% Mütter, 15,8% Väter und 1,9% andere Personen.
Tabelle 1: Begleitpersonen der einzuschulenden Kinder
Begleitperson
Mütter
Väter
andere Person
Gesamt
Anzahl
423
81
10
514
in Prozent
82,3%
15,8%
1,9%
100%
Soziodemographische Daten der Begleitpersonen
Abbildung 1 zeigt die Altersverteilung der befragten Begleitpersonen. Bei den Müttern variierte das Alter zwischen 23 und 50 Jahren, wobei das Hauptalter zwischen 28 und 41 Jahren
lag. Bei den Vätern variierte das Alter zwischen 27 und 67 Jahren, bei den anderen Begleitpersonen zwischen 18 und 59 Jahren.
Abbildung 1: Altersverteilung der Begleitpersonen
45
40
35
Anzahl
30
Mütter
25
Väter
20
andere Person
15
10
5
0
18 23 25 27 29 31 33 35 37 39 41 43 45 47 49 51 56 62
Alter
13
Tabelle 2 zeigt den Familienstand aller Begleitpersonen: 8,8% Ledige, 79,2% Verheiratete
bzw. in einer Lebensgemeinschaft lebend, 10,7% geschieden oder getrennt Lebende und
1,4% Verwitwete.
Tabelle 2: Familienstand der Begleitpersonen
Familienstand
ledig
verheirat./Lebensgem.
geschieden/getrennt
verwitwet
Gesamt
Anzahl
45
407
55
7
514
in Prozent
8,8%
79,2%
10,7%
1,4%
100%
Tabelle 3 zeigt die Verteilung der Staatsangehörigkeit aller Begleitpersonen: 85,0% waren
deutsche, 7,2% türkische und 7,8% einer anderen Staatsangehörigkeit zugehörigen Mitbürger.
Tabelle 3: Verteilung der Staatsangehörigkeit aller Begleitpersonen
Staatsangehörigkeit
Deutsch
Türkisch
Andere
Gesamt
Anzahl
437
37
40
514
in Prozent
85,0%
7,2%
7,8%
100%
Im weiteren Verlauf dieser Studie werden von den Begleitpersonen nur die Mütter in die
Auswertung einbezogen, da zum einen der Anteil der Väter mit 15,8% zu gering ist, um ihn in
die Auswertung miteinzubeziehen, zum anderen liegt das Hauptinteresse dieser Studie bei
den Müttern.
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Tabelle 4 zeigt den Familienstand der befragten Mütter: 9,9% der 423 befragten Mütter gaben an, ledig zu sein, 76,6% verheiratet bzw. in einer Lebensgemeinschaft lebend, 12,3%
geschieden/getrennt lebend und 1,2% waren verwitwet.
Tabelle 4: Familienstand der Mütter
Familienstand
ledig
verheiratet/Lebensgem.
geschieden/getrennt
verwitwet
Gesamt
Anzahl
42
324
52
5
423
in Prozent
9,9%
76,6%
12,3%
1,2%
100%
Tabelle 5 zeigt die Verteilung der Staatsangehörigkeit der Mütter: 88,9% waren deutsche,
5,4% türkische und 5,7% einer anderen Staatsangehörigkeit zugehörigen Mitbürgerinnen.
Tabelle 5: Verteilung der Staatsangehörigkeit der Mütter
Staatsangehörigkeit
Deutsch
Türkisch
Andere
Gesamt
Anzahl
376
23
24
423
15
in Prozent
88,9%
5,4%
5,7%
100%
3.1.1. Konsum von Medikamenten mit Suchtpotential bei den Müttern
Von den 423 befragten Müttern gaben 35% an, in den letzten 4 Wochen mindestens ein Medikament genommen zu haben (s. Abbildung 2). Von allen Müttern haben 30,5% Schmerzmittel, 2,8% Beruhigungsmittel, 1,0% Schlafmittel, 1,4% Appetitzügler, 0,7% Anregungsbzw. Aufputschmittel und 6,2% Kreislaufmittel eingenommen (Abbildung 3).
Abbildung 2: Medikamenteneinnahme der Mütter in den letzten 4 Wochen
Ja
35%
Nein
65%
N = 423
Abbildung 3: Eingenommene Medikamente der Mütter (Mehrfachnennungen)
35%
30,5%
prozentuale Häufigkeit
30%
Schmerzmittel
25%
Beruhigungsmittel
20%
Schlafmittel
Appetitzügler
15%
10%
5%
6,20%
2,8%
1,0%
1,40%
0%
N = 423
16
0,70%
Aufputschmittel
Kreislaufmittel
Tabelle 6 zeigt die prozentuale Verteilung der einzelnen Medikamentengruppen, ob sie vom
Arzt verschrieben wurden oder nicht.
Tabelle 6: Verschreibung oder Selbstmedikation
Medikament
Schmerzmittel
Beruhigungsmittel
Schlafmittel
Appetitzügler
Aufputschmittel
Kreislaufmittel
vom Arzt verordnet
7,8%
1,7%
0,2%
0,3%
0,2%
4,3%
nicht vom Arzt
verordnet
20,3%
1,0%
0,5%
0,9%
0,0%
1,7%
beides
0,5%
0,0%
0,0%
0,0%
0,0%
0,0%
keine
Angaben
1,9%
0,1%
0,3%
0,2%
0,5%
0,2%
Gesamt
30,5%
2,8%
1,0%
1,4%
0,7%
6,2%
Dauer und Intensität der Medikamenteneinnahme
Auf die Frage, ob die Mütter die angegebenen Medikamente schon länger als 4 Wochen
nehmen, antworteten 11,6% mit ja, 85,5% mit nein und 1,9% machten keine Angaben.
Abbildung 4: Einnahme der Medikamente länger als 4 Wochen
keine Angaben
1,9%
N = 423
Nein
85,5%
17
Ja
11,6%
Schmerzmittel
Die Schmerzmittel sind eindeutig die am häufigsten eingenommene Medikamentengruppe.
Nach der Häufigkeit der Einnahme von Schmerzmitteln gefragt (s. Abbildung 5), gaben 21%
an, 1 bis 2 mal in den letzten 4 Wochen ein Schmerzmittel eingenommen zu haben, 4,7% 1
bis 2 mal pro Woche und 2,1% 2 bis 4 mal pro Woche. 1,7% gaben an, täglich ein
Schmerzmittel eingenommen zu haben und 2,1% machten keine Angaben.
Einnahme Schmerzmittel
Abbildung 5: Häufigkeit der Einnahme von Schmerzmitteln in den letzten 4 Wochen
2,1%
keine Angaben
1 - 2 mal in 4 W ochen
21,0%
2 - 4 mal pro W oche
2,1%
1 - 2 mal pro W oche
4,7%
täglich
1,7%
0%
5%
N = 423
10%
15%
20%
25%
prozentuale Häufigkeit
Nach der Dauer der Einnahme gefragt (s. Abbildung 6), gaben von allen 423 Müttern 0,5%
an, Schmerzmittel seit 2 bis 3 Monaten zu nehmen, 0,2% seit 3 bis 6 Monaten, 8,0% gaben
einen Zeitraum länger als 6 Monate an und 2,1% machten keine Angaben.
Abbildung 6: Dauer der Einnahme von Schmerzmitteln
prozentuale Häufigkeit
10%
8,0%
8%
6%
N = 423
4%
2,1%
2%
0,5%
0,2%
2-3
Monate
3-6
Monate
0%
länger
als 6
Monate
18
keine
Angaben
Tabelle 7 zeigt auf einen Blick die Häufigkeit und die Dauer der Einnahme der Schmerzmittel; Anzahl und Angaben in Prozent, bezogen auf die Gesamtzahl der Mütter.
Tabelle 7: Häufigkeit und Dauer der Einnahme von Schmerzmitteln
HÄUFIGKEIT
täglich
1-2 x pro Wo.
2-4 x pro Wo.
1-2 x in 4 Wo.
keine Angab.
Gesamt
DAUER
nur 4
2-3
3-6
länger als
keine AnWochen
Monate
Monate
6 Monate
gaben
Gesamt
Anz.
%
Anz.
%
Anz.
%
Anz.
%
Anz.
%
Anz.
%
2 0,47
0
0
1 0,24
4 0,95
0
0
7
1,65
14 3,31
0
0
0
0
4 0,95
2 0,47
20
4,73
4 0,95
0
0
0
0
5 1,18
0
0
9
2,13
63 14,89
2 0,47
0
0
21 4,96
3 0,71
89 21,04
0
0
0
0
0
0
0
0
4 0,95
4
0,95
83 19,62
2 0,47
1 0,24
34 8,04
9 2,13 129 30,50
19
Tabelle 8 zeigt die eingenommenen Schmerzmittel - Mono - Präparate und Tabelle 9 die
eingenommenen Schmerzmittel - Kombinationspräparate. Es wurden insgesamt 131 Packungen Monopräparate und 27 Packungen Kombinationspräparate angegeben. Es handelt
sich hierbei um Mehrfachnennungen, d.h. einige Mütter nehmen mehrere Präparate.
Von den Müttern, die Monopräparate verwenden, gaben 26 (ohne Abb.) an, diese schon
länger als sechs Monate zu nehmen; bei den Müttern, die Kombinationspräparate verwenden, waren es acht. Zusammengefaßt heißt das, dass von allen Müttern (N = 423) 6,2% Monopräparate und 1,9% Kombinationspräparate länger als sechs Monate einnehmen.
Tabelle 8: Eingenommene Schmerzmittel: Monopräparate
Arzneimittel
Inhaltsstoffe
Aspirin
Paracetamol ratiopharm
Dolormin
ASS ratiopharm
Aspirin plus C
Ben - u - ron
Aktren spezial
Schmerz - Dolgit (Rp)
Imigran (Rp)
Novaminosulfon (Rp)
Resochin (Rp)
Acemetacin Stada - Metex (Rp)
Voltaren Dispers (Rp)
Gesamt
Acetylsalicylsäure
Paracetamol
Ibuprofen
Acetylsalicylsäure
Acetylsalicylsäure, Ascorbinsäure
Paracetamol
Ibuprofen
Ibuprofen
(Migränemittel) Sumatriptan
Metamizol
(Rheumatikum) Resochin
(Rheumatikum) Acemetacin
(Rheumatikum) Diclofenac
Anzahl
52
42
8
7
7
4
3
2
2
1
1
1
1
131
Rp = Rezeptpflichtig
Tabelle 9: Eingenommene Schmerzmittel: Kombinationspräparate
Arzneimittel
Inhaltsstoffe
Thomapyrin
Gelonida (Rp)
Vivimed
Acetylsalicylsäure, Paracetamol, Coffein
Paracetamol, Codein
Propyphenazon, Paracetamol, Coffein,
Thiaminnitrat (Vit. B1)
Paracetamol, Acetylsalicylsäure
Acetylsalicylsäure, Paracetamol, Coffein
Propyphenazon, Paracetamol, Codein
Propyphenazon (Schmerzmittel), Dihydroergotamin(Migränemittel)
Paracetamol, Coffein
Paracetamol, Codein
Acetylsalicylsäure, Paracetamol, Coffein
Acetylsalicylsäure, Coffein
Acetylsalicylsäure, Paracetamol, Coffein
Spalt
HA - Tabletten
Migräne - Kranit (Rp)
Optalidon spezial
Prontopyrin
Paracetamol plus Codein
Neuralgin
Doppelspalt
Dolomo Tagtabl. (Rp)
Gesamt
Rp = Rezeptpflichtig
20
Anzahl
8
3
3
3
2
2
1
1
1
1
1
1
27
Die Wirkstoffe der eingenommenen Schmerzmittel
ACETYLSALICYLSÄURE
Insgesamt 59 mal wurde der Wirkstoff Acetylsalicylsäure angegeben, 52 mal als Aspirin, 7
mal als ASS ratiopharm.
Die Acetylsalicylsäure, als Aspirin berühmt geworden, kurz ASS genannt, wird bereits seit
100 Jahren industriell hergestellt. Jährlicher Verbrauch in Deutschland: 1.100 Tonnen (Bittere Pillen 1999). ASS ist ein wirksames und meistens gut verträgliches Arzneimittel, das
Schmerzen lindert und fiebersenkend wirkt. ASS ist außerdem ein bewährtes Mittel zur Vorbeugung gegen Herzinfarkt. Medikamente, die nur ASS und sonst keine weiteren Wirkstoffe
oder Zusätze enthalten, sind vorzuziehen. Nebenwirkungen wie Übelkeit und Magenschmerzen können relativ häufig auftreten, vergehen jedoch wieder und bleiben folgenlos, wenn das
Medikament nicht weiter eingenommen wird.
ACETYLSALICYLSÄURE PLUS VITAMIN C
ASS in Verbindung mit Vitamin C (Ascorbinsäure) wurde 7 mal angegeben.
Die Beimengung von Vitamin C zum Wirkstoff ASS ist unter Fachleuten umstritten. Es ist
fraglich, ob die Beimengung von Vitamin C die Magenverträglichkeit bessert oder bei Erkältung wirksam ist.
PARACETAMOL
Insgesamt 6 mal wurde der Wirkstoff Paracetamol angegeben, 42 mal als Paracetamol und 4
mal als Ben-u-ron.
Paracetamol wirkt ähnlich gut und schnell gegen Schmerzen wie ASS und auch fiebersenkend. Für Paracetamol gilt dasselbe wie für ASS: Medikamente, die nur einen einzigen Wirkstoff enthalten, sind vorzuziehen. Paracetamol ist magenfreundlicher als ASS.
IBUPROFEN
Ibuprofen wurde 13 mal angegeben, 8 mal als Dolormin, 3 mal als Aktren spezial und 2 mal
als Schmerz-Dolgit, welches rezeptpflichtig ist.
Ibuprofen wurde ursprünglich als Rheumamittel entwickelt und steht in niedriger Dosierung
auch als Schmerzmittel bei Kopfschmerzen und bei leichten und schweren Migräneanfällen
zur Verfügung. Es wirkt ebenfalls entzündungshemmend. Bei empfindlichen Magen ist es
jedoch weniger geeignet.
SUMATRIPTAN
Sumatriptan (Imigran) wurde 2 mal angegeben.
Sumatriptan gehört zu der relativ neuen Substanzgruppe der Triptane, das sind selektive
Serotonin-(5-HT)-Rezeptor-Agonisten, die eine Verengung der kranialen Blutgefäße bewirken und die neurogene Entzündung hemmen (Müller & Müller 1998). Eine Besonderheit der
Triptane ist, dass sie nicht nur zu Beginn, sondern auch innerhalb der Migräne-Attacke, also
prinzipiell zu jedem Zeitpunkt des Migräneanfalls gegeben werden können. Die Fachleute
sind sich einig, daß die Triptane für viele, die von schweren Migräneanfällen betroffen sind,
gesamt einen spürbaren Fortschritt darstellen. Es handelt sich aber keineswegs um ganz
problemlose Medikamente. Zudem sind Triptane sehr teuer (Spanaus 1998).
21
METAMIZOL
Metamizol wurde als Novaminsulfon nur einmal angegeben.
Kaum ein anderes Schmerzmittel ist so umstritten wie Metamizol. Es wurde in zahlreichen
Ländern verboten oder gar nicht erst zugelassen.
Metamizol ist in folgenden Medikamenten enthalten: Analgin, Berlosin, Inalgon Neu, Novalgin, Novaminsulfon.
Metamizol hat eine sehr gute schmerzlindernde und entzündungshemmende Wirkung, löst
jedoch häufiger als alle anderen Schmerzmittel lebensgefährliche Immunstörungen wie
schwere Blutungen, Blutbildschäden oder Schockreaktionen aus (Bittere Pillen 1999).
PROPYPHENAZON
Schmerzmittel-Kombinationspräparate mit dem Wirkstoff Propyphenazon wurden sechsmal
angegeben (Vivimed, Migräne-Kranit, Optalidon spezial).
Propyphenazon ist wegen seiner gefährlichen Nebenwirkungen in vielen Ländern (z.B.
Schweden, Großbritannien, USA) gar nicht zugelassen. In Deutschland und Österreich sind
Mittel mit diesem Wirkstoff sogar rezeptfrei erhältlich und werden vor allem gegen Kopf- und
Zahnschmerzen eingenommen (Bittere Pillen 1999).
Propyphenazon kann lebensbedrohliche, allergische Schockreaktionen verursachen.
DIHYDROERGOTAMIN
Dihydroergotamin (Optalidon spezial) wurde einmal angegeben.
Dihydroergotamin gehört wie Ergotamin zu den Wirkstoffen, die bei stärkeren Migräneanfällen eingesetzt werden. Diese Substanz, die in der Natur im sogenannten Mutterkorn vorkommt, ist allerdings nicht ganz ungefährlich: Bei häufiger Einnahme kann sie zu schweren
Durchblutungsstörungen in Armen und Beinen und im Bereich des Herzens führen. Weitere
Nebenwirkungen sind Übelkeit und Erbrechen, die von den Betroffenen häufig als Verschlechterung der Migräne empfunden werden. Ein weiterer Nachteil dieser Wirkstoffe ist,
dass sie nur zu Beginn eines Migräneanfalls wirksam sind.
COFFEIN
Kombinationsmittel, die Coffein enthalten, wurden insgesamt 18 mal angegeben. (Thomapyrin, Vivimed, HA-Tabletten, Prontopyrin, Neuralgin, Doppelspalt, Dolomo Tagtabletten).
Coffein wirkt euphorisierend. Wer sich einmal an die Einnahme eines solchen Schmerzmittels gewöhnt hat, bekommt leicht das Gefühl, sich ohne Schmerztabletten unwohl, nicht leistungsfähig und deprimiert zu fühlen. Um die gleiche Wirkung zu erhalten, muß die Dosis laufend erhöht werden. Es besteht das Risiko der Gewöhnung. Von Kombinationen mit Coffein
sollte Abstand gehalten werden.
CODEIN
Kombinationsmittel, die Codein enthalten, wurden dreimal angegeben (Gelonida, MigräneKranit, Paracetamol plus Codein).
Das Opioid Codein wird benutzt, um die Wirkung des Schmerzmittels zu verstärken. Präparate, die Codein enthalten, sind meist nur auf Rezept erhältlich. Die zusätzliche schmerzlindernde Wirkung der Kombination des freiverkäuflichen Paracetamol plus Codein ist allerdings gering: Sie beträgt nur etwa 5% (Bittere Pillen 1999).
Codein wirkt wie Coffein euphorisierend und es besteht ebenso das Risiko der Gewöhnung.
VITAMIN B
Schmerzmittel, die Vitamin B enthalten, wurden dreimal (Vivimed) angegeben.
Die Einnahme von B-Vitaminen ist nur zweckmäßig bei Vitamin B-Mangel, der aber nur selten auftritt.
22
Rheumamittel
Die Rheumamittel Resochin, Acemetacin und Diclofenac wurden je einmal angegeben; die
Mütter teilten beim Ausfüllen des Fragebogens von sich aus mit, daß sie Rheumapatientinnen seien.
Beruhigungsmittel
Tabelle 10 zeigt auf einen Blick die Häufigkeit und die Dauer der Einnahme der Beruhigungsmittel; Anzahl und Angaben in Prozent, bezogen auf die Gesamtzahl der Mütter.
Tabelle 10: Häufigkeit und Dauer der Einnahme von Beruhigungsmitteln
HÄUFIGKEIT
täglich
1-2 x pro Wo.
2-4 x pro Wo.
1-2 x in 4 Wo.
keine Angab.
Gesamt
DAUER
nur 4
2-3
3-6
länger als
keine AnWochen
Monate
Monate
6 Monate
gaben
Gesamt
Anz.
%
Anz.
%
Anz.
%
Anz.
%
Anz.
%
Anz.
%
2 0,47
0
0
0
0
0
0
0
0
2
0,47
2 0,47
1 0,24
1 0,24
1 0,24
0
0
5
1,18
0
0
0
0
0
0
1 0,24
0
0
1
0,24
1 0,24
0
0
0
0
0
0
0
0
1
0,24
0
0
0
0
0
0
0
0
3
0
3
0,71
5 1,18
1 0,24
1 0,24
2 0,47
3 0,71
12
2,84
Tabelle 11: Eingenommene Beruhigungsmittel
Beruhigungsmittel
Inhaltsstoff
Normoc (Rp)
Johanniskrautkapseln
keine Angaben
Geamt
Bromazepam
Johanniskrautextrakt
Anzahl
2
4
6
12
Die Wirkstoffe der eingenommenen Beruhigungsmittel
BROMAZEPAM
Bromazepam wurde zweimal angegeben. Bromazepam gehört zur Gruppe der Benzodiazepine.
Zur Dauer wurde angegeben, daß es im einen Fall nur in den letzten vier Wochen, im anderen Fall in einem Zeitraum von drei bis sechs Monaten eingenommen wurde.
JOHANNISKRAUT
Johanniskraut wurde viermal angegeben.
Dem Johanniskraut wird eine sehr milde antidepressive Wirkung zugeschrieben. Es erlebte
in den vergangenen Jahren in Deutschland einen Höhenflug als Arzneimittel (Bittere Pillen
1999). Zur Dauer wurde angegeben, daß es nur in den letzten vier Wochen eingenommen
wurde.
23
Keine Angaben zum Namen des Beruhigungsmittel machten sechs Mütter. Hiervon gaben
zur Dauer der Einnahme zwei an, dass sie es nur in den letzten vier Wochen eingenommen
haben; jeweils eine Mutter gab an, dass sie es für eine Dauer von 3 bis 6 Monaten bzw. länger als 6 Monate eingenommen hat. Zwei Mütter machten auch zur Einnahmedauer keine
Angaben.
Schlafmittel
Insgesamt gaben vier Mütter an (1%, Abb. 3), Schlafmittel eingenommen zu haben. Davon
wurde einmal angegeben (ohne Abb.) das Schlafmittel nur in den letzten vier Wochen genommen zu haben, zweimal wurde eine Einnahmedauer von zwei bis drei Monaten gegeben
und einmal wurden keine Angaben gemacht.
Nach dem Namen des Schlafmittels wurde nicht gefragt.
Schlankheitsmittel / Appetitzügler
Insgesamt gaben sechs Mütter an (1,4%, Abb.3), Schlankheitsmittel/Appetitzügler eingenommen zu haben. Zur Einnahmedauer wurde viermal angegeben (ohne Abb.), das Medikament nur in den letzten vier Wochen genommen zu haben, einmal in einem Zeitraum von
zwei bis drei Monaten und eine Mutter machte keine Angaben.
Nach dem Namen des Schlankheitsmittels / Appetitzüglers wurde nicht gefragt.
Anregungs / Aufputschmittel
Insgesamt gaben drei Mütter an (0,7%, Abb.3), Anregungs / Aufputschmittel eingenommen
zu haben. Zur Einnahmedauer wurden keine Angaben gemacht.
Nach dem Namen wurde nicht gefragt.
Kreislaufmittel
26 mal (6,2%, Abb. 3) wurde angegeben, daß ein Kreislaufmittel eingenommen wurde:
Zehnmal nur in den letzten vier Wochen, dreimal für einen Zeitraum von zwei bis drei Monaten, zweimal für einen Zeitraum von drei bis sechs Monaten, achtmal länger als sechs Monate und dreimal wurden keine Angaben gemacht (ohne Abb.).
Nach dem Namen wurde nicht gefragt.
24
3.1.1.1. Soziodemographische Merkmale und Medikamentenkonsum
Es wurde untersucht, ob es eine Beziehung zwischen einerseits dem Familienstand, andererseits der Ausbildung der Mütter und der Medikamenteneinnahme gibt.
Familienstand und Medikamenteneinnahme
Nach dem Familienstand gefragt (s. Abb. 7), ergab sich keine signifikante Korrelation zwischen Müttern, die angegeben haben, Medikamente zu nehmen zu solchen, die angegeben
haben, keine zu nehmen. 40,4% der geschiedenen und getrennt lebenden Mütter, 34,0% der
verheirateten oder in einer Lebensgemeinschaft lebenden Mütter und 38,1% der ledigen
Mütter gaben an, Medikamente genommen zu haben.
Fasst man die geschiedenen und die getrennt lebenden (N= 52) mit den ledigen (N=42) und
den verwitweten (N=5) Müttern zu der Gruppe der Alleinerziehenden zusammen, so erhält
man, dass 38,4% der alleinerziehenden Mütter Medikamente eingenommen haben, im Gegensatz zu den verheirateten oder in einer Lebensgemeinschaft lebenden Mütter (N=324)
mit 34,0%.
Der Anteil der Mütter, die angegeben hatten, Medikamente einzunehmen, ist bei den Alleinerziehenden leicht erhöht gegenüber den verheirateten / in einer Lebensgemeinschaft lebenden Mütter.
Abbildung 7: Familienstand und Medikamenteneinnahme der Mütter
30,5%
gesamt (N=423)
20,0%
verwitw. (N=5)
40,4%
gesch./getr. (N=52)
34,0%
verh./Leben. (N=324)
38,1%
ledig (N=42)
0%
5%
10%
15%
20%
25%
30%
prozentuale Häufigkeit
25
35%
40%
45%
Med.-Einnahme
Ausbildung und Medikamenteneinnahme
Nach der Ausbildung und der Medikamenteneinnahme der Mütter gefragt, ergibt sich folgendes Bild (Abb. 8): Von den Müttern, die nur einen Schulabschluß und sonst keine Ausbildung
haben, gaben 31,6 % an, Medikamente eingenommen zu haben. Mütter, die eine Lehre absolviert haben, gaben mit 35,1%, Mütter mit Berufsfachabschluß mit 30,6% und Mütter mit
Hochschulabschluß gaben mit 35,6% an, Medikamente eingenommen zu haben. Mütter, die
weder einen Schulabschluß noch eine Ausbildung haben, gaben mit 50% an, Medikamente
eingenommen zu haben.
Abbildung 8: Ausbildung und Medikamenteneinnahme der Mütter
35,0%
Gesamt (N=423)
50,0%
gar nichts (N=14)
35,6%
Hochsch. (N=59)
Med.-Einnahme
30,6%
Berufsfach. (N=85)
Lehre (N=208)
35,1%
31,6%
Schule (N=57)
0%
10%
20%
30%
40%
50%
prozentuale Häufigkeit
Fasst man die Mütter mit keinerlei Abschluß und nur Schulabschluß in einer Gruppe zusammen, die Mütter mit einer Lehre bzw. einem Berufsfachschulabschluß in eine zweite Gruppe
und die Mütter mit Hochschulabschluß in eine dritte Gruppe, so ergibt sich folgendes Bild (s.
Tabelle 12): Die Mütter mit niedrigem Bildungsniveau nehmen die meisten Medikamente ein
(39,4%), gefolgt von den Akademikerinnen (35,6%). Das Schlußlicht bilden die Mütter mit
mittlerem Bildungsniveau (33,8%).
Tabelle 12: Bildungsniveau und Medikamenteneinnahme
Bildungsniveau
nichts/nur Schule
Lehre/Berufsfachsch.
Hochschule
Gesamt
Anzahl Mütter
71
293
59
423
Med.-Einnahme
(Anz.)
28
99
21
148
26
Med.-Einnahme (%)
39,4
33,8
35,6
35,0
Nationalität und Medikamenteneinnahme
Von den deutschen Müttern gaben 34,8% eine Medikamenteneinnahme an. Bei den ausländischen Müttern ergab sich folgendes Bild: Türkische Mütter gaben mit 26,1% und die Mütter
mit anderen Nationalitäten gaben mit 45,8% an, in den letzten 4 Wochen Medikamente eingenommen zu haben.
Abbildung 9: Nationalität und Medikamenteneinnahme der Mütter
35,0%
Gesamt (N=423)
45,8%
andere (N=24)
Med.-Einnahme
26,1%
Türkisch (N=23)
34,8%
Deutsch (N=376)
0%
10%
20%
30%
prozentuale Häufigkeit
27
40%
50%
3.1.1.2. Selbstmedikation
Auf die Frage „Kaufen Sie Medikamente auch ohne ärztliche Empfehlung?“ (Abb. 10) antworteten 59% aller Mütter mit ja, 34% mit nein und 7% machten keine Angaben.
Abbildung 10: Kauf von Medikamenten ohne ärztliche Empfehlung
Mütter (N=423)
k. A.
7%
nein
34%
ja
59%
Kaufverhalten in Bezug auf Medikamente
Die Abbildung 11 zeigt, ob die Mütter Medikamente aufgrund einer Beratung in der Apotheke, aufgrund der Werbung in Fernsehen oder Zeitung oder aufgrund eines Rates einer bekannten oder befreundeten Person kaufen.
Abbildung 11: Kaufverhalten in Bezug auf Medikamente
30%
prozentuale Häufigkeit
25%
20%
Beratung
W erbung
15%
Rat
10%
5%
0%
oft
manchmal
selten
nie
Kaufverhalten in Bezug auf M edikamente (M ütter, N=423)
28
k.A.
Meinung über die Nützlichkeit von Medikamenten
Die Abbildung 12 zeigt die Antworten der Mütter auf die Frage, wie nützlich sie die Einnahme
von bestimmten Medikamentengruppen einschätzen: „Sehr nützlich“ gaben bei Schlafschwierigkeiten 4,7%, bei seelischen Problemen 7,6%, bei innerer Unruhe 8,3%, bei Gewichtsproblemen 0,9%, bei Kopfschmerzen 66,0%, bei Magenschmerzen 24,6%, bei
Schnupfen 24,3%, bei Husten 52,7% und bei hohem Fieber 82,3% an.
Abbildung 12: Nützlichkeit von Medikamenten
4,7%
Schlafschw ierigk.
7,6%
seelischen Probl.
8,3%
Nützlichkeit von Medikamenten bei
innerer Unruhe
0,9%
Gew ichtsprobl.
sehr nützlich
w eniger nützlich
66,0%
w eiß nicht
Kopfschmerzen
nicht nützlich
k.A.
24,6%
Magenschmerzen
24,3%
Schnupfen
52,7%
Husten
82,3%
hohem Fieber
0%
20%
40%
60%
80%
prozentuale Häufigkeit (Mütter, N=423)
29
100%
3.1.1.3. Gesundheit und Medikamentenkonsum
Meinung über die Beeinflußbarkeit der Gesundheit
Ob man den eigenen Gesundheitszustand sehr, etwas oder gar nicht beeinflussen kann,
wurde in Beziehung gesetzt zur Medikamenteneinnahme (s. Abb. 13). Der Meinung, dass
man den Gesundheitszustand sehr beeinflussen kann, waren 59,2% der Mütter, die angegeben hatten, keine Medikamente eingenommen zu haben und 55,8% derjenigen, die angegeben hatten, welche genommen zu haben. Dass man den Gesundheitszustand etwas beeinflussen kann, bekräftigten 33,0% der Mütter, die keine Medikamente eingenommen hatten
und 39,5% der „Medikamenteneinnehmerinnen“.
An keinerlei Möglichkeit der Beeinflussung des eigenen Gesundheitszustandes glauben
3,7% der Mütter, die keine Medikamente genommen hatten und 2,3% der „Medikamenteneinnehmerinnen“.
Insgesamt glauben mehr Mütter, dass man den eigenen Gesundheitszustand sehr beeinflussen kann, wobei es hier eher die „Nicht-Medikamenteneinnehmerinnen“ sind. Dahingegen
glauben eher mehr „Medikamenteneinnehmerinnen“, dass man den Gesundheitszustand nur
etwas beeinflussen kann.
Abbildung 13: Kann man den eigenen Gesundheitszustand beeinflussen?
60%
59,2%
55,8%
prozentuale Häufigkeit
50%
39,5%
40%
33,0%
keine Med.
Med.
30%
Gesamt
20%
10%
3,7%
2,3%
4,1%
2,3%
0%
sehr
etwas
gar nicht
Beeinflussung des Gesundheitszustandes ( N=423)
30
k.A.
Zufriedenheit mit der eigenen Gesundheit
Auf die Frage nach der Zufriedenheit mit der eigenen Gesundheit (s. Abb. 14) antworteten
mit „zufrieden“ 68,6% der Mütter, die keine Medikamente und nur 49,2% der Mütter, die Medikamente eingenommen haben. Mit „eher zufrieden“ antworteten bei den „Nichteinnehmerinnen“ 24,9%, aber 33,1% der „Medikamenteneinnehmerinnen“. „Eher unzufrieden“
gaben 3,8% der „Nichteinnehmerinnen“ und 10,8% der „Medikamenteneinnehmerinnen“ an.
„Unzufrieden“ mit der eigenen Gesundheit sind 0,3% der „Nichteinnehmerinnen“ und 3,1%
der „Medikamenteneinnehmerinnen“.
Mütter, die keine Medikamente nehmen, sind demnach zufriedener mit ihrer eigenen Gesundheit als solche, die zu Medikamenten greifen. Da anzunehmen ist, dass deshalb zu Medikamenten gegriffen wird, um den Gesundheitszustand zu bessern, beinhaltet dieses Ergebnis, daß trotz Medikamenteneinnahme der Gesundheitszustand bei „Medikamenteneinnehmerinnen“ negativer beurteilt wird als von Müttern, die nicht zu Medikamenten greifen.
Abbildung 14: Zufriedenheit der Mütter mit ihrer Gesundheit
3,8%
2,4%
Zufriedenheit mit der Gesundheit
k.A.
3,1%
0,3%
unzufrieden
eher unzufrieden
3,8%
Gesamt
Med.
10,8%
keine Med.
eher zufrieden
24,9%
33,1%
49,2%
zufrieden
0%
10%
20%
30%
40%
50%
prozentuale Häufigkeit
31
68,6%
60%
70%
3.1.1.4. Streß und Medikamentenkonsum
Bereits seit der Antike wird über den Beitrag psychologischer Faktoren zur Entstehung körperlicher Erkrankung spekuliert (Krohne 1997). Der Begriff „Streß“ genießt in den Verhaltensund Gesundheitswissenschaften seit etwa vierzig Jahren große Popularität. Der Streßforscher Selye bestimmte Streß als körperlichen Zustand unter Belastung und, bei längeranhaltender oder häufig wiederkehrender Belastung, als körperliche Schädigung. Kräfte, die schädigend auf den Organismus einwirken, werden als „Stressoren“ bezeichnet.
Streßsituationen
Auf die Frage „Gibt es Situationen, in den Sie sich gestreßt und angespannt fühlen?“ (s. Abb.
15) antworteten 90,1% aller Mütter mit ja, 8,7% mit nein und 1,2% machten keine Angaben.
Bei der Beantwortung dieser Frage gibt es keinen Unterschied zwischen Müttern, die angegeben hatten, Medikamente einzunehmen und solchen, die angegeben hatten, keine einzunehmen.
Abbildung 15: Gibt es Situationen, in denen Sie sich gestreßt und angespannt fühlen?
100%
90,1%
prozentuale Häufigkeit
80%
60%
keine Med.-einnahme
Med.-einnahme
Gesamt
40%
20%
8,7%
1,2%
0%
nein
ja
k.A.
Streßbewältigung
Zu Streß gehören Überlastung und Sorgen, die beim Menschen zu typischen Verhaltensänderungen führen können, die ihrerseits auf längere Sicht als krankheitsfördernd zu sehen
sind. Diese zu erkennen und zu versuchen, der Ursache gesundheitsfördernd entgegenzuwirken, liegt am Einzelnen selbst.
Welche Stressbewältigungsmaßnahmen die befragten Mütter einsetzen und ob es einen
Unterschied zwischen „Medikamentenkonsumentinnen“ und „Nicht-Medikamentenkonsumentinnen“ gibt, zeigt die Abbildung 16:
32
Das Gespräch mit einer vertrauten Person steht bei beiden Gruppen mit gleicher Häufigkeitsverteilung an erster Stelle. An zweiter Stelle steht bei beiden Gruppen mit geringem Unterschied in der Häufigkeit „Musik hören“. An dritter Stelle steht bei den „Nichtkonsumentinnen“ der Spaziergang, bei „Konsumentinnen“ das Lesen. Während an vierter Stelle bei den
„Nicht-Konsumentinnen „ das Lesen steht, gehen die „Konsumentinnen“ spazieren bzw. rauchen eine Zigarette. Bei der vorliegenden Befragung wurde bei den Müttern nicht nach dem
Rauchen gefragt, war aber bei den Stressbewältigungsmaßnahmen neben 14 anderen Bewältigungsmaßnahmen zum Ankreuzen aufgeführt worden. Auffallend ist, daß ein relativ
hoher Prozentsatz von Müttern mit Kindern im Einschulungsalter zum Bewältigen von Streß
zur Zigarette greift und zwar 22,5% der „Nicht-Medikamentenkonsumentinnen„ und 29,5%
der „Medikamentenkonsumentinnen“.
Abschließend kann gesagt werden, dass „Medikamenteneinnehmerinnen“ eher als „NichtKonsumentinnen“ passive Bewältigungsmaßnahmen favorisieren.
Abbildung 16: Streßbewältigung der Mütter (Mehrfachnennungen)
Beruh.-mi. nehmen
0,8%
0,0%
4,7%
4,4%
joggen
Wein trinken
10,9%
6,8%
schw immen
10,9%
8,2%
20,9%
sonstiges
12,6%
14,7%
12,6%
etw .Gutes essen
9,3%
14,0%
Entsp.-Ü. machen
Med.
20,9%
16,3%
f ernsehen
keine Med.
23,3%
19,1%
Süßes essen
29,5%
rauchen
22,5%
23,3%
23,8%
Fahrrad f ahren
40,3%
lesen
33,0%
29,5%
spazierengehen
40,8%
55,0%
50,0%
Musik hören
55,8%
55,4%
reden
0%
10%
20%
30%
40%
pr oze ntuale Häufigk e it
33
50%
60%
Streßsymptome
Um Informationen über Streßsymptome zu erhalten, wurden 19 Gesundheitsstörungen, die
als Streßsymptome gewertet werden können, abgefragt. Die Abbildung 17 zeigt die prozentuale Verteilung, wobei es sich hier um Mehrfachnennungen handelt.
40,0% aller Mütter gaben an, öfter unter Kopfschmerzen zu leiden, 31,7% unter Rückenbeschwerden, gefolgt von Nervosität (23,4%) und Muskelverspannungen (20,6%).
Abbildung 17: Streßsymptome der Mütter (Mehrfachnennungen)
Unterforderung
1,7%
Atembeschw .
1,9%
Übelkeit
1,9%
Einsamkeit
3,1%
Albträume
3,3%
Eßstörungen
3,6%
Schw eißausbrü.
4,7%
Verdauungsb.
5,2%
Zähneknirschen
5,4%
6,2%
depr. Verst.
6,9%
Konz.-schw äche
7,3%
Ängste
9,2%
Schlafstörungen
10,2%
Überforderung
14,4%
Schw indel
20,6%
Muskelversp.
23,4%
Nervosität
31,7%
Rückenbeschw .
Kopfschmerzen
0%
5%
10%
15%
20%
25%
prozentuale Häufigkeit
34
30%
35%
40,0%
40%
24,4%, also fast genau ein Viertel der befragten Mütter gaben an, daß sie unter keiner der
vorgegebenen Streßsymptome leiden (s. Abb. 18). 25,1% der Mütter gaben ein Streßsymptom, 21,5% gaben zwei Streßsymptome, 12,5% drei und 16,6% gaben mehr als drei Streßsymptome an. Zusammengefasst heißt das, dass insgesamt 50,6% der befragten Mütter
unter zwei und mehr Streßsymptomen leiden.
Abbildung 18: Normalzustand: Streßsymptome?
N = 423
prozentuale Häufigkeit
30%
25%
24,4%
25,1%
21,5%
20%
16,6%
12,5%
15%
10%
5%
0%
0
1
2
3
mehr als 3
Anzahl der Symptome
Zur Überprüfung der Hypothese, daß Menschen mit häufigen Streßsymptomen verstärkt zu
Medikamenten greifen, wurde die Anzahl der Streßsymptome zur Medikamenteneinnahme in
Beziehung gesetzt. Die Abbildung 19 zeigt eine deutliche Korrelation: Von Müttern, die keine
Streßsymptome angegeben haben, greifen 15,5% zu Medikamenten, von Müttern mit einem
Symptom 35,2% und von Müttern mit mehr als drei Symptomen greifen 58,6% zu Medikamenten.
Abbildung 19: Anzahl der Streßsymptome und Medikamenteneinnahme
N = 423
Anzahl Symptome
mehr als 3 (N = 70)
58,6%
3 (N = 53)
43,4%
2 (N = 91)
35,2%
1 (N = 106)
34,0%
0 (N = 103)
15,5%
0%
10%
20%
30%
40%
Medikamenteneinnahme
35
50%
60%
Zufriedenheit mit der Arbeit / Hauptbeschäftigung
Unzufriedenheit mit dem, was man in seinem Leben tut, kann ein wesentlicher Streßfaktor
sein. Die Abbildung 20 zeigt die Zufriedenheit der befragten Mütter mit ihrer Arbeitssituation.
Dabei fällt auf, daß mehr „Nicht-Medikamentenkonsumentinnen“ (61,6%) als „Konsumentinnen“ (51,9%) mit ihrer Arbeitssituation zufrieden sind. Eher unzufrieden sind 5,4% der
„Nicht-Konsumentinnen“ im Gegensatz zu 12,4% der „Konsumentinnen“.
Zufriedenheit mit der Arbeitssituation
Abbildung 20: Zufriedenheit der Mütter mit ihrer Arbeitssituation
k.A.
7,8%
5,4%
unzufrieden
3,9%
2,7%
Gesamt
eher unzufrieden
5,4%
Med.
12,4%
keine Med.
24,0%
24,8%
eher zufrieden
51,9%
zufrieden
0%
10%
20%
30%
40%
50%
prozentuale Häufigkeit
36
60%
61,6%
70%
3.1.1.5. Freizeitverhalten und Medikamentenkonsum
Auch das Freizeitverhalten zeigt eine leichte Korrelation zum „Griff zur Tablette“ (s. Abb. 21).
Spielen mit den Kindern und Freunde treffen ist sowohl bei „Konsumentinnen“ als auch
„Nicht-Konsumentinnen“ prozentual gleichermaßen vertreten, während eher die „NichtKonsumentinnen“ aktive Freizeitbeschäftigungen wie spazierengehen und Fahrrad fahren
bevorzugen.
Abbildung 21: Freizeitbeschäftigungen der Mütter
7,8%
4,1%
s onstiges
12,4%
10,9%
ins Theater gehen
3,1%
Mus een besuchen
11,6%
22,5%
18,7%
ins Kino gehen
20,9%
20,4%
Sport treiben
25,6%
23,8%
ess en gehen
34,1%
f erns ehen
25,5%
27,9%
31,0%
Hobbies
Med.
31,8%
33,3%
Gartenarbeit
keine Med.
Einkauf sbummel
41,9%
35,7%
f aulenz en
41,9%
37,8%
36,4%
Fahhrad f ahren
46,6%
59,7%
55,1%
les en
44,2%
spaz ieren gehen
56,1%
60,5%
59,2%
Freunde tref f en
61,2%
61,6%
s pielen
0%
10%
20%
30%
40%
50%
pr oz e ntuale Häufigk e it
37
60%
70%
3.1.2. Medikamenteneinnahme der einzuschulenden Kinder
Tabelle 13 zeigt die Verteilung nach Geschlecht der einzuschulenden Kinder der befragten
Personen. Mit 51,9% lag der Anteil der Jungen etwas höher als der Anteil der Mädchen mit
48,1%.
Tabelle 13: Einzuschulende Kinder
einzuschulendes Kind
Mädchen
Jungen
Gesamt
Anzahl
247
267
514
in %
48,1%
51,9%
100%
Bei der Frage, ob das einzuschulende Kind in den letzten 4 Wochen Medikamente bekommen hatte, konnten insgesamt vier Medikamentengruppen angekreuzt werden: fiebersenkende Mittel, Schmerz-, Beruhigungs- und Schlafmittel.
Die Abbildung 22 zeigt die Einnahme der verschiedenenen Medikamentengruppen nach Geschlecht. Fiebermittel haben 14,6% der Mädchen und 12,7% der Jungen bekommen. 1,6%
der Mädchen und 3,8% der Jungen bekamen Schmerzmittel und 0,8% der Mädchen und
0,4% der Jungen Beruhigungsmittel. Schlafmittel hat keines der Kinder bekommen.
Abbildung 22: Medikamenteneinnahme der Kinder in den letzten 4 Wochen
16%
14,6%
prozentuale Häufigkeit
14%
12,7%
12%
Fiebermittel
10%
Schmerzmittel
8%
Beruhigungsm.
Schlafmittel
6%
3,8%
4%
2%
1,6%
0,8%
0,4%
0%
Mädchen
(N = 247)
Jungen
(N = 267)
38
Tabelle 14 zeigt die prozentuale Verteilung der drei eingenommenen Medikamentengruppen,
ob sie vom Arzt verschrieben wurden oder nicht. Insgesamt haben 13,6% der Kinder (Jungen und Mädchen zusammengefasst) Fiebermittel bekommen, davon wurden bei den meisten (bei 11,5% von 13,6%) die Medikamente vom Arzt verordnet. Die Schmerzmittel wurden
ebenfalls vorwiegend (2,3% von 2,7%) und die Beruhigungsmittel wurden alle vom Arzt verordnet.
Tabelle 14: Vom Arzt verordnete und nicht vom Arzt verordnete Medikamente
Medikament
Fiebermittel
Schmerzmittel
Beruhigungsmittel
vom Arzt verordnet
11,5%
2,3%
0,6%
nicht vom Arzt
keine
verordnet
Angaben
1,5%
0,6%
0,2%
0,2%
0%
0%
Gesamt
13,6%
2,7%
0,6%
Dauer und Intensität der Medikamenteneinnahme
Die Kinder haben die Medikamente nur im Akutfall, d.h. nur für die Dauer der Erkrankung
(Erkältungskrankheiten) in den letzten 4 Wochen erhalten.
39
Schmerz- und Fiebermittel
Die Tabelle 15 zeigt die eingenommenen Präparate zur Linderung von Fieber und Schmerzen, wobei Fieber- und Schmerzmittel identisch sind. Insgesamt erhielten 84 Kinder Fieberbzw. Schmerzmittel, davon bekamen 67 Kinder den Wirkstoff Paracetamol und ein Kind Acetylsalicylsäure. 16 mal wurden keine Angaben zum Namen gemacht.
Tabelle 15: Eingenommene Fieber- bzw. Schmerzmittel
Arzneimittel
Paracetamol
Ben-u-ron
ASS
keine Angaben
Gesamt
Inhaltsstoffe
Paracetamol
Paracetamol
Acetylsalicylsäure
Anzahl
24
43
1
16
84
Beruhigungsmittel
Drei Kindern wurde ein Beruhigungsmittel verabreicht. Angaben zu den Namen der Präparate wurden jedoch nicht gemacht.
Medikamenteneinnahme der Mutter und Medikamenteneinnahme des Kindes
Zur Verabreichung von Medikamenten bei den Kindern wurde untersucht, ob ein Zusammenhang zur Medikamenteneinnahme der Mutter besteht. Die Tabelle 16 zeigt, daß 1,1%
der Kinder von „Nicht-Medikamentenkonsumentinnen“, aber 14,9% der Kinder von „Medikamentenkonsumentinnen“ in den letzten 4 Wochen Medikamente bekommen haben.
Tabelle 16: Medikamenteneinnahme der Mutter und Medikamenteneinnahme des Kindes
Medikamenteneinnahme
Mutter
Nein (N = 275)
Ja (N = 148)
Kind
Nein
98,9%
85,1%
Ja
1,1%
14,9%
40
3.1.2.1. Soziodemographische Merkmale und Medikamentenkonsum
Es wurde untersucht, ob ein Zusammenhang besteht zwischen der Medikamenteneinnahme
des Kindes und ob es bei den Eltern oder bei der Mutter aufwächst. Die Abbildung 23 zeigt,
dass 13,6% der Kinder, die bei ihren Eltern aufwachsen und 20,4% der Kinder, die bei ihrer
Mutter aufwachsen, in den letzten 4 Wochen Medikamente bekommen haben.
Abbildung 23: Wo wächst das Kind auf und Medikamenteneinnahme
prozentuale Häufigkeit
100%
92,3%
86,4%
79,6%
80%
60%
keine Med.
Med.
40%
20,4%
13,6%
20%
7,7%
sonstiges
(N = 13)
bei d. Eltern
(N = 398)
bei d. Mutter
(N = 103)
0%
Nationalität und Medikamenteneinnahme
Vorwiegend den türkischen Kindern wurden Medikamente verabreicht: 24,2% der türkischen
Kinder, 14,5% der deutschen und 10,5% der Kinder mit anderen Nationalitäten haben nach
Angaben der Begleitperson in den letzten 4 Wochen Medikamente bekommen.
Abbildung 24: Nationalität und Medikamenteneinnahme der Kinder
100%
89,5%
85,6%
80%
prozentuale Häufigkeit
85,2%
75,8%
60%
keine Med.
Med.
40%
24,2%
20%
14,5%
14,8%
10,5%
0%
Deutsch
Türkisch
andere
41
Gesamt
3.1.2.2. Gesundheit und Medikamentenkonsum
Zufriedenheit mit der Gesundheit des Kindes
Auf die Frage nach der Zufriedenheit mit der Gesundheit des Kindes antwortete die Mehrheit
der Begleitpersonen mit „zufrieden“ (s. Abbildung 25), sowohl bei den Mädchen als auch bei
den Jungen.
Zufriedenheit mit der Gesundheit des Kindes
Abbildung 25: Zufriedenheit mit der Gesundheit des Kindes
1,5%
keine Angaben
unzufrieden
1,6%
0,0%
0,8%
Jungen (N = 267)
1,9%
eher unzufrieden
Mädchen (N = 247)
3,6%
17,6%
eher zufrieden
15,4%
79,0%
zufrieden
78,6%
0%
20%
40%
60%
prozentuale Häufigkeit
42
80%
3.1.2.3. Streß und Medikamentenkonsum
Verhaltensauffälligkeiten als Streßsymptome
Schon Kinder können unter Streß leiden. Abgefragt wurden zehn Verhaltensauffälligkeiten
bzw. Gesundheitsstörungen, die als typische Streßsymptome gewertet werden können. Die
Abbildung 26 zeigt die angegebenen Symptome, wobei es sich um Mehrfachnennungen
handelt: Bei den Mädchen wurde am häufigsten Zappeligkeit (9,3%), Nägelkauen (8,9%),
Bauchschmerzen (8,9%) und Schlafprobleme (5,7%) angegeben. Die Jungen leiden vorwiegend unter Zappeligkeit (11,2%), Zähneknirschen (9,7%), Nägelkauen (9%) und Bettnässen
(6,7%).
Abbildung 26: Verhaltensauffälligkeiten der Kinder
0,8%
0,4%
Erbrec hen
0,8%
1,6%
Ungesc hicklichkeit
6,7%
Bettnäs sen
2,8%
5,2%
Ä ngs tlichkeit
3,6%
3,4%
4,1%
Kopf s chmerzen
Jungen (N = 267)
Mädc hen (N = 247)
9,7%
Zähneknirs c hen
4,5%
0,4%
Schlaf probleme
5,7%
3,0%
Bauc hs chmerzen
8,9%
9,0%
8,9%
Nägelkauen
11,2%
Zappeligkeit
9,3%
0%
2%
4%
6%
8%
pr oze ntuale Häufigk e it
43
10%
12%
64,4% der Mädchen und 61,1% der Jungen haben keine Vehaltensauffälligkeiten (s. Tabelle
17). Bei den Mädchen wurden mit einem Symptom 24,3%, mit zwei Symptomen 8,5%, mit
drei Symptomen 2,0% und mit 4 Symptomen 0,8% angegeben. Bei den Jungen sieht es folgendermaßen aus: 27,0% haben ein Symptom, 9,3% haben zwei und 2,6% haben drei Symptome.
Tabelle 17: Anzahl der Verhaltensauffälligkeiten der Jungen und Mädchen
Anzahl Verhaltensauffälligkeiten
0
1
2
3
4
Mädchen (%)
64,4
24,3
8,5
2,0
0,8
Jungen (%)
61,1
27,0
9,3
2,6
0
Verhaltensauffälligkeiten der Kinder und Streßsymptome der Mütter
Vergleicht man das Auftreten von Verhaltensauffälligkeiten bei den Kindern mit den Streßsymptomen der Mütter, so fällt ein deutlicher Zusammenhang auf (s. Abb. 27): Mütter mit
mehr als einem Streßsymptom haben 43,2% der Kinder ohne eine Verhaltensauffälligkeit,
58,0% der Kinder mit einer Verhaltensauffälligkeit und 74,5% der Kinder mit mehr als einer
Verhaltensauffälligkeit.
Abbildung 27: Verhaltensauffälligkeiten der Kinder und Streßsymptome der Mütter
74,5%
80%
Mütter (in Prozent)
70%
58,0%
60%
50%
kein Symptom
43,2%
1 Symptom
40%
mehr als 1 Symp.
30%
20%
10%
0%
0 (N = 264)
1 (N = 112)
mehr als 1 (N = 47)
Anzahl Verhaltensauffälligkeiten Kind
44
Da Mütter mit mehreren Streßsymptomen eher zu Medikamenten greifen, eher Kinder mit
Verhaltensauffälligkeiten haben und eher ihrem Kind selbst auch Medikamente geben bzw.
durch den Arzt verabreichen lassen, müßte die Medikamenteneinnahme der Kinder mit dem
Auftreten von Verhaltensauffälligkeiten korrelieren, was die Abbildung 28 bestätigt.
Abbildung 28: Verhaltensauffälligkeiten der Kinder und Medikamentengabe in den
ten 4 Wochen
100%
prozentuale Häufigkeit
90%
80%
70%
60%
83,9%
50%
78,3%
88,6%
Med. (N = 80)
40%
30%
20%
10%
keine Med. (N = 434)
16,2%
0%
0
21,7%
11,4%
1
mehr als 1
Anzahl Verhaltensauffälligkeiten der Kinder
45
letz-
3.1.2.4. Freizeitverhalten
Beim Freizeitverhalten wurde nach dem Fernsehkonsum und nach den liebsten Freizeitbeschäftigungen der Kinder gefragt.
Fernsehkonsum
Nach der Fernsehhäufigkeit gefragt, gab die Mehrheit der Begleitpersonen an, dass das Kind
fast täglich fernsieht (Tabelle 18). Nach der Fernsehdauer gefragt, wurde bevorzugt eine
Länge von 30 bis 40 Minuten angegeben (s. Tabelle 19). Eine Korrelation zwischen Fernsehkonsum und Verhaltensauffälligkeit bzw. Medikamentenkonsum konnte nicht festgestellt
werden.
Tabelle 18: Fernsehhäufigkeit der Kinder
Fernsehhäufigkeit
gar nicht
1 - 2 Tage pro Woche
fast täglich
täglich
keine Angaben
Mädchen (%)
1,2
13,8
61,5
21,5
2,0
Jungen (%)
1,5
15,4
53,9
28,1
1,1
Tabelle 19: Fernsehdauer der Kinder
Fernsehdauer
gar nicht
bis 30 Minuten
30 - 45 Minuten
45 - 60 Minuten
länger als 1 Std.
keine Angaben
Mädchen (%)
1,2
20,3
38,6
25,2
12,6
2,0
Jungen (%)
1,5
24,3
32,2
25,1
15,4
1,1
Freizeitbeschäftigungen
Die liebsten Freizeitbeschäftigungen zeigt die Tabelle 20.
Tabelle 20: Freizeitbeschäftigungen der Kinder (Mehrfachnennungen)
Freizeitbeschäftigungen
Bilderbücher ansehen
mit anderen Kindern spielen
Sport treiben
musizieren
Musik hören
Sportverein
Kino
Computer
draußen herumtoben
Mädchen (%)
56,1
89,8
31,7
13,8
54,9
22,0
7,7
14,6
75,2
3.2. Befragung der 9. Klassen
46
Jungen (%)
43,1
91,8
40,8
10,5
37,1
32,6
9,7
28,8
80,5
Von 517 angesprochenen Schülern und Schülerinnen waren 495 bereit, den Fragebogen
auszufüllen. Dies entspricht einer Rücklaufquote von 95,8% (s. Tabelle 21).
Tabelle 21: Anzahl der Schüler und Schülerinnen der 9. Klassen nach Schulform
und Rücklaufquote
Schulform
Hauptschule
Realschule
IGS
Gymnasium
Gesamt
Schüler/innen ausgefüllte Fragebögen
97
92
144
143
79
79
198
181
517
495
Rücklaufquote
94,9%
99,3%
100,0%
91,4%
95,8%
Soziodemographische Daten der Jugendlichen
Die Verteilung nach Geschlecht der befragten Jugendlichen in den einzelnen Schulformen
zeigt die Tabelle 22.
Tabelle 22: Geschlechterverteilung der befragten Schüler und Schülerinnen
Schulform
Hauptschule
Realschule
IGS
Gymnasium
Gesamt
Mädchen
Anzahl
in Prozent
31
33,7%
73
51,1%
41
51,9%
101
55,8%
246
49,7%
47
Anzahl
61
70
38
80
249
Jungen
in Prozent
66,3%
48,9%
48,1%
44,2%
50,3%
Die Abbildung 29 zeigt die Altersverteilung der befragten Mädchen und Jungen der 9. Klassen. Dabei fällt auf, dass die Hauptschüler etwas älter als die Schüler und Schülerinnen der
anderen Schulformen sind: Die befragten Mädchen haben in der Hauptschule ein Durchschnittsalter von 15,4 Jahren, in der Realschule von 14,8, in der IGS von 14,5 und auf dem
Gymnasium von 14,6 Jahren. Das Durchschnittsalter der Jungen beträgt in der Hauptschule
15,3 Jahre, in der Realschule 14,9, in der IGS 14,7 und auf dem Gymnasium 14,7 Jahre.
Abbildung 29: Altersverteilung der befragten Mädchen und Jungen
60%
prozentuale Häufigkeit
50%
40%
HS
RS
30%
IGS
Gym
20%
10%
18 Jahre
17 Jahre
16 Jahre
15 Jahre
14 Jahre
13 Jahre
12 Jahre
Jungen
18 Jahre
17 Jahre
16 Jahre
15 Jahre
14 Jahre
13 Jahre
12 Jahre
Mädchen
0%
Alter
Die Verteilung nach der Staatsangehörigkeit zeigt die Tabelle 23. Dabei ist die Zahl der befragten ausländischen Jugendlichen geringer als die tatsächliche Zahl des jugendlichen Ausländeranteils, da einige ausländische Jugendliche aufgrund ihrer Sprachprobleme nicht an
der Befragung teilnehmen wollten.
Tabelle 23: Staatsangehörigkeit der befragten Schüler und Schülerinnen
Staatsangehörigkeit
Deutsch
Türkisch
andere
Gesamt
Mädchen
Anzahl
in Prozent
231
93,9%
10
4,1%
5
2,0%
246
100%
Jungen
Anzahl in Prozent
237
95,2%
2
0,8%
10
4,0%
249
100%
48
Gesamt
Anzahl in Prozent
468
94,6%
12
2,4%
15
3,0%
495
100%
3.2.1. Konsum von Medikamenten mit Suchtpotential bei Jugendlichen
Von den 495 befragten Jugendlichen gaben 34,3% an, in den letzten 4 Wochen mindestens
eins von den abgefragten Medikamenten eingenommen zu haben (s. Abb. 30). Dabei waren
48,0% Mädchen und 20,9% Jungen (s. Abb. 31).
Abbildung 30: Medikamenteneinnahme der Jugendlichen in den letzten 4 Wochen
Ja
34,3%
Nein
65,7%
N = 495
Abbildung 31: Medikamenteneinnahme der Jugendlichen nach Geschlecht
100%
Medikamenteneinnahme
90%
80%
70%
52,0%
79,1%
60%
50%
40%
30%
20%
N ein
Ja
48,0%
20,9%
10%
0%
M ädc hen
(N = 246)
J ungen
(N = 249)
49
Medikamenteneinnahme nach Geschlecht und Schulform
Die Abbildung 32 zeigt die Verteilung der Medikamenteneinnahme nach Geschlecht und
Schulform: Am häufigsten wurden Medikamente von den Gymnasiasten eingenommen
(43,1%); an zweiter Stelle stehen die Schüler und Schülerinnen der Gesamtschule (35,4%),
an dritter Stelle die Realschüler/innen (32,9%) und das Schlußlicht bilden die Hauptschüler/innen (19,6%).
In Realschule, Gesamtschule und Gymnasium haben mehr als doppelt so viel Mädchen wie
Jungen in den letzten vier Wochen zur Tablette gegriffen, in der Hauptschule war der Anteil
von beiden Geschlechtern gleich groß.
Abbildung 32: Medikamenteneinnahme nach Geschlecht und Schulform
Mädchen
Jungen
Gesamt
Medikamenteneinnahme
60%
50%
55,5%
51,2%
48,0%
43,1%
40%
35,4%
32,9%
27,5%
30%
20%
19,7%
19,4%
19,6%
17,1%
18,4%
HS (N = 92)
RS (N = 143)
IGS (N = 79)
10%
0%
Schulform
50
Gym. (N = 181)
Die eingenommenen Medikamentengruppen
Von den Mädchen gaben 45,5% an, in den letzten vier Wochen Schmerzmittel eingenommen zu haben (s. Abb. 33). Bei den Beruhigungsmitteln waren es 2,9%, bei den Schlafmitteln 1,6%, bei den Aufputschmitteln 0,8% und bei den Kreislaufmitteln 5,3%. Appetitzügler
hat keine der Schülerinnen angegeben.
Von den Jungen gaben 18,1% (s. Abb. 33) an, in den letzten vier Wochen Schmerzmittel
genommen zu haben. Bei den Aufputschmitteln waren es 2,0% und bei den Kreislaufmitteln
3,2%. Beruhigungs-, Schlafmittel und Appetitzügler wurden von den Jungen nicht genommen.
Abbildung 33: Eingenommene Medikamente der Jugendlichen in den letzten 4 Wochen
(Mehrfachnennungen)
50%
45,5%
45%
prozentuale Häufigkeit
40%
35%
30%
Schmerzmittel
25%
Beruhigungsmi.
18,1%
20%
Schlafmittel
15%
Appetitzügler
Aufputschmittel
10%
5%
2,9%
5,3%
1,6%
0%
3,2%
Kreislaufmittel
2,0%
0,8%
Mädchen
(N = 246)
Jungen
(N = 249)
Vergleicht man bei der Einnahme der einzelnen Medikamentengruppen die verschiedenen
Schulformen untereinander, so fällt auf (s. Tabelle 24), daß die Hauptschüler/innen nur
Schmerzmittel eingenommen haben; die Realschüler/innen auch Beruhigungs-, Anregungsund Kreislaufmittel, die Gesamtschülerinnen und Gymnasiastinnen zusätzlich Schlafmittel.
Tabelle 24: Einnahme der einzelnen Medikamentengruppen nach Geschlecht und
Schulform in Prozent
Schulform
Hauptschule
Geschlecht
M
J
Ges.
Schmerzmi.
19,4
19,7
19,6
Beruhig.-mi.
0,0
0,0
0,0
Schlafmi.
0,0
0,0
0,0
Appetitzüg.
0,0
0,0
0,0
Anreg.-mi.
0,0
0,0
0,0
Kreislaufmi.
0,0
0,0
0,0
M = Mädchen, J = Jungen, Ges. = Gesamt
Realschule
M
J
Ges.
41,1
14,3
28,0
2,7
0,0
1,4
0,0
0,0
0,0
0,0
0,0
0,0
0,0
4,3
2,1
6,9
2,9
4,8
51
Gesamtschule
M
J
Ges.
53,7
15,8
35,4
2,4
0,0
1,3
2,4
0,0
1,3
0,0
0,0
0,0
0,0
2,6
1,3
4,9
0,0
2,5
Gymnasium
M
J
Ges.
53,5
21,3
39,2
4,0
0,0
2,2
3,0
0,0
1,7
0,0
0,0
0,0
2,0
1,3
1,7
5,9
7,5
6,6
Vom Arzt verordnet oder nicht vom Arzt verordnet
Die Tabelle 25 zeigt die prozentuale Verteilung der einzelnen Medikamentengruppen nach
Geschlecht, ob sie vom Arzt verschrieben wurden oder nicht. Erkennbar dabei ist, dass bis
auf die Gruppe der Kreislaufmittel die Präparate der einzelnen Medikamentengruppen im
wesentlichen nicht vom Arzt verordnet wurden. 35,7 % der Mädchen und 12,9 % der Jungen
haben in den letzten 4 Wochen Schmerzmittel ohne Verordnung eines Arztes eingenommen.
9,4 % der Mädchen und 5,2 % der Jungen nahmen ein Schmerzmittel aufgrund einer Verordnung des Arztes ein.
Tabelle 25: Die einzelnen Medikamentengruppen „vom Arzt verordnet“ oder „nicht vom Arzt
verordnet“ nach Geschlecht in Prozent
Einnahme
vom Arzt verordnet
Geschlecht
M (%)
J (%)
Schmerzmittel
9,4
5,2
Beruhigungsmittel
0,5
0,0
Schlafmittel
0,0
0,0
Appetitzügler
0,0
0,0
Aufputschmittel
0,0
0,8
Kreislaufmittel
3,7
1,6
M = Mädchen, J = Jungen
nicht vom Arzt
verordnet
M (%)
J (%)
35,7
12,9
2,4
0,0
1,6
0,0
0,0
0,0
0,8
1,2
1,6
1,2
beides
M (%)
0,4
0,0
0,0
0,0
0,0
0,0
J (%)
0,0
0,0
0,0
0,0
0,0
0,4
keine Angaben
M (%)
0,0
0,0
0,0
0,0
0,0
0,0
J (%)
0,0
0,0
0,0
0,0
0,0
0,0
Gesamt
M (%)
45,5
2,9
1,6
0,0
0,8
5,3
J (%)
18,1
0,0
0,0
0,0
2,0
3,2
Dauer und Intensität der Medikamenteneinnahme
Auf die Frage, ob die Jugendlichen die angegebenen Medikamente schon länger als 4 Wochen nehmen, antworteten mit ja 26,0% der Mädchen und 10,8% der Jungen, mit nein
73,6% der Mädchen und 88,8% der Jungen. 0,4% sowohl der Mädchen als auch der Jungen
machten keine Angaben.
Abbildung 34: Medikamenteneinnahme der Jugendlichen länger als 4 Wochen
100%
prozentuale Häufigkeit
88,8%
73,6%
80%
60%
Mädchen (N = 246)
Jungen (N = 249)
40%
26,0%
20%
10,8%
0,4%
0,4%
0%
Ja
Nein
keine Angaben
Medikamenteneinnahme länger als 4 Wochen
52
Schmerzmittel
Die Schmerzmittel sind auch bei den Jugendlichen die am häufigsten eingenommene Medikamentengruppe. Nach der Häufigkeit ihrer Einnahme gefragt (s. Abb. 35) gaben 30,1% der
Mädchen und 14,5% der Jungen an, 1 bis 2 mal in den letzten vier Wochen ein Schmerzmittel eingenommen zu haben, 2,9% der Mädchen und 1,6% der Jungen 2 bis 4 mal pro Woche
und 9,8% der Mädchen und 0,0% der Jungen 1 bis 2 mal pro Woche.
Eine tägliche Einnahme von Schmerzmitteln gaben 1,6% der Mädchen und 1,2% der Jungen
an.
1,2% der Mädchen und 0,8% der Jungen machten keine Angaben zur Einnahmehäufigkeit.
Abbildung 35: Häufigkeit der Einnahme von Schmerzmitteln der Jugendlichen in den letzten
4 Wochen
0,8%
keine Angaben
1,2%
Einnahme Schmerzmittel
14,5%
1 - 2 mal in 4 Wochen
30,1%
Jungen (N = 249)
1,6%
2 - 4 mal pro Woche
1 - 2 mal pro Woche
Mädchen (N = 246)
2,9%
0,0%
9,8%
1,2%
täglich
1,6%
0%
5%
10%
15%
20%
25%
prozentuale Häufigkeit
53
30%
35%
Einnahmedauer von Schmerzmitteln
Nach der Dauer der Einnahme gefragt (s. Abb. 36) gaben 4,5% der Mädchen und 0,4% der
Jungen an, Schmerzmittel seit 2 bis 3 Monaten zu nehmen, 4,9% der Mädchen und 0,4% der
Jungen seit 3 bis 6 Monaten, 15,0% der Mädchen und 8,0% der Jungen gaben einen Zeitraum länger als 6 Monate an. 0,4% der Mädchen und 0,8% der Jungen machten keine Angaben.
Abbildung 36: Dauer der Einnahme von Schmerzmitteln der Jugendlichen
15,0%
prozentuale Häufigkeit
16%
12%
8,0%
8%
Mädchen (N = 246)
Jungen (N = 249)
4,9%
4,5%
4%
0,4%
0,4%
2 - 3 Monate
3 - 6 Monate
0,4% 0,8%
0%
länger als 6
Monate
keine Angaben
Schmerzmitteleinnahme
Die Tabelle 26 zeigt auf einen Blick die Häufigkeit und die Dauer der Einnahme der
Schmerzmittel; Anzahl und Angaben in Prozent, bezogen auf die Gesamtzahl aller weiblichen und männlichen Schüler zusammen.
Tabelle 26: Häufigkeit und Dauer der Einnahme von Schmerzmitteln bei den
chen
HÄUFIGKEIT
täglich
1-2 mal pro Wo.
2-4 mal pro Wo.
1-2 mal in 4 Wo.
keine Angab.
Gesamt
Jugendli-
DAUER
nur 4 Wo2-3
3-6
länger als
keine
chen
Monate
Monate
6 Monate
Angaben
Gesamt
Anz.
%
Anz.
%
Anz.
%
Anz.
%
Anz.
%
Anz.
%
4
0,8
1
0,2
0
0,0
2
0,4
0
0,0
7
1,4
12
2,5
4
0,8
1
0,2
7
1,4
0
0,0
24
4,9
5
1,0
1
0,2
1
0,2
4
0,8
0
0,0
11
2,2
51 10,3
5
1,0
11
2,2
43
8,7
0
0,0 110 22,2
0
0,0
1
0,2
0
0,0
1
0,2
3
0,6
5
1,0
72 14,6
12
2,4
13
2,6
57 11,5
3
0,6 157 31,7
54
Die eingenommenen Schmerzmittel
Die Tabelle 27 zeigt die eingenommenen Schmerzmittel - Monopräparate und die Tabelle 28
die eingenommenen Schmerzmittel - Kombinationspräparate. Es wurden insgesamt 124
Schmerzmittel - Monopräparate und 8 Schmerzmittel - Kombinationspräparate angegeben.
Die Mädchen konnten 27 mal keine Angaben über den Namen des eingenommenen
Schmerzmittels machen, bei den Jungen waren es 10.
Tabelle 27: Eingenommene Schmerzmittel: Monopräparate
Arzneimittel
Aspirin
Paracetamol ratiopharm
Ben - u - ron
ASS ratiopharm
Ibuprofen (Rp)
Buscopan (Rp)
Dolormin
Dismenol
Naproxen (Rp)
Gesamt
Inhaltsstoffe
Acetylsalicylsäure
Paracetamol
Paracetamol
Acetylsalicysäure
Ibuprofen
Butylscopolaminium
Ibuprofen
Ibuprofen
Ibuprofen
Anzahl
Mädchen
31
33
5
3
4
4
3
1
1
85
Anzahl
Jungen
24
12
1
2
0
0
0
0
0
39
Anzahl
Gesamt
55
45
6
5
4
4
3
1
1
124
Rp = Rezeptpflichtig
Tabelle 28: Eingenommene Schmerzmittel: Kombinationspräparate
Arzneimittel
Inhaltsstoffe
Thomapyrin
Acetylsalicylsäure, Paracetamol, Coffein
Paracetamol, Acetylsalicylsäure
Butylscopolaminium, Paracetamol
Spalt
Buscopan plus
Gesamt
55
Anzahl
Mädchen
Anzahl
Jungen
Anzahl
Gesamt
6
0
6
1
0
1
1
8
0
0
1
8
Einnahme von Schmerzmitteln länger als 6 Monate
Die Tabelle 29 zeigt die Anzahl der Schmerzmittel - Mono - und Kombinationspräparate, die
von den Mädchen und Jungen schon länger als sechs Monate eingenommen wurden. Insgesamt 43 Mädchen gaben an, Schmerzmittel regelmäßig länger als sechs Monate anzuwenden; dabei handelt sich 33 mal um Monopräparate und 4 mal um Kombinationspräparate.
Bei den Jungen waren es 21. Hier wurden ausschließlich Monopräparate eingenommen.
Insgesamt nehmen von allen Mädchen (N = 246) 13,4% Monopräparate und 1,9% Kombinationspräparate länger als sechs Monate. Von allen Jungen (N = 249) nehmen 8,3% Monopräparate und 0,0% Kombinationspräparate länger als sechs Monate.
Tabelle 29: Schmerzmitteleinnahme länger als 6 Monate
Schmerzmittel
Monopräparate
Kombinationspräparate
keine Angaben
Einnahme länger als 6 Monate
Mädchen (Anzahl)
Jungen (Anzahl)
33
20
4
0
6
1
56
Beruhigungsmittel
Sieben Mädchen, d.h. 2,9%, haben angegeben, Beruhigungsmittel einzunehmen. Dabei
handelt sich in sechs Fällen um pflanzliche Mittel wie Johanniskraut und Baldrian. In einem
Fall wurden keine Angaben zum Namen des Beruhigungsmittel gemacht.
Schlafmittel
Vier Mädchen, d.h. 1,6%, haben angegeben, Schlafmittel einzunehmen. Hier handelt es sich
in zwei Fällen um pflanzliche Präparate, in weiteren zwei Fällen wurden keine Angaben zum
Namen des Schlafmittels gemacht.
Appetitzügler
Appetitzügler bzw. Schlankheitsmittel wurden nicht eingenommen.
Aufputschmittel
Zwei Mädchen (0,8%) und fünf Jungen (2,0%) haben angegeben, Aufputschmittel einzunehmen. Zum Namen wurden keine Angaben gemacht.
Kreislaufmittel
Dreizehn Mädchen (5,3%) haben angegeben, Kreislaufmittel einzunehmen. Dabei handelt es
sich je einmal um die Präparate Dihydergot und Effortil, in elf Fällen konnten keine Angaben
zum Namen des Kreislaufmittels gemacht werden.
Bei den Jungen waren es acht (3,2%), die angegeben haben, Kreislaufmittel einzunehmen.
Hier wurde je einmal Korodin - Herz - Kreislauf - Tropfen, Effortil und ein homöopathisches
Mittel angegeben. In fünf Fällen konnten keine Angaben zum Namen des Kreislaufmittels
gemacht werden.
57
Die Wirkstoffe der eingenommenen Medikamente
Die Wirkstoffe der eingenommenen Schmerzmittel:
Zur Beschreibung der Wirkstoffe ACETYLSALICYLSÄURE, PARACETAMOL und IBUPROFEN siehe Kapitel 3.1.1.
BUTYLSCOPOLAMINIUM
Butylscopolaminium ist ein Spasmolytikum (krampflösendes Mittel) und in Dragee- oder Tablettenform beinahe wirkungslos (Bittere Pillen, 1999), weil nur etwa fünf Prozent des Wirkstoffs vom Körper aufgenommen werden. Als Zäpfchen ist der Wirkungsgrad sogar noch
geringer. Trotzdem sind Buscopan - Dragees und -Tabletten im Handel - sogar in Kombination mit anderen Wirkstoffen, z. B. Buscopan plus - Filmtabletten mit dem Schmerzmittel Paracetamol.
Die Wirkstoffe der eingenommenen Beruhigungsmittel
BALDRIAN
Baldrian ist ein pflanzliches „Hausmittel“, dessen Extrakte sich in industriell erzeugten Arzneimitteln finden. Die Wirksamkeit der pflanzlichen Beruhigungsmittel ist streng wissenschaftlich nicht bewiesen. Wenn man allerdings eine positive Wirkung verspürt, haben sie
gewisse Vorteile: Sie können nicht süchtig machen und haben auch keine schwerwiegenden
Nebenwirkungen. Ihre Verwendung bei psychisch bedingten Störungen kann daher sinnvoll
sein.
JOHANNISKRAUT
Beschreibung siehe Kapitel 3.1.1.
Die Wirkstoffe der eingenommenen Kreislaufmittel
ETILEFRIN
Etilefrin ist der Wirkstoff von Effortil und gehört zu den Hypotonika (Mittel gegen niedrigen
Blutdruck) und bewirkt eine Verengung der Blutgefäße in Armen und Beinen. Etilefrin ist nur
zweckmäßig zur kurzzeitigen Behandlung.
DIHYDROERGOTAMIN
Dihydroergotamin ist der Wirkstoff von Dihydergot, einem Kreislaufmittel, das auch bei
schweren Migräneanfällen eingesetzt wird. Wegen der unsicheren Aufnahme von Dihydroergotamin in den Körper und wegen des geringen Abstands zwischen wirksamer und giftiger
Dosis ist die Behandlung mit diesem Wirkstoff nicht ganz ungefährlich (Bittere Pillen, 1999).
Es kann zum Herzinfarkt und zu dramatischen Gefäßkrämpfen kommen. Bei einem sogenannten „Ergotismus“, einer Vergiftung mit Ergotamin, kann es zu Durchblutungsstörungen
in Händen und Füßen kommen, die bis zum Absterben von Fingern und Zehen führen können.
58
3.2.1.1. Soziodemographische Merkmale und Medikamentenkonsum
Untersucht wurde, ob Beziehungen bestehen zwischen einerseits dem Ort des Aufwachsens, der Geschwisteranzahl, der Nationalität, der Ausbildung der Eltern und andererseits
der Medikamenteneinnahme der Jugendlichen.
Ort des Aufwachsens und Medikamenteneinnahme
Es wurde gefragt, wo die Jugendlichen vorwiegend aufgewachsen sind: bei den Eltern, bei
der Mutter, beim Vater, bei Pflegeeltern/Adoptiveltern oder bei den Großeltern. Die drei zuletzt genannten wurden zur Gruppe „sonstiges“ zusammengefasst. Die Abbildung 37 zeigt,
dass Mädchen wie Jungen eher zu Medikamenten greifen, wenn sie zum überwiegenden
Teil nur bei der Mutter aufgewachsen sind.
Abbildung 37: Ort des Aufwachsens und Medikamenteneinnahme der Jugendlichen
Mädchen
Medikamenteneinnahme
46,7%
43,9%
40%
33,3%
30%
20%
Gesamt
58,1%
60%
50%
Jungen
26,9%
33,3%
25,0%
20,2%
20,0%
10%
0%
Eltern (N = 430)
Mutter (N = 57)
Ort des Aufwachsens
59
sonstiges (N = 8)
Anzahl der Geschwister und Medikamenteneinnahme
Gefragt wurde nach der Anzahl der Geschwister, die noch mit zu Hause leben. Die Abbildung 38 zeigt, daß es einen reziproken Zusammenhang gibt: Je mehr Geschwister die Jugendlichen haben, um so seltener greifen sie zu Medikamenten. Einzelkinder - Mädchen wie
Jungen - stehen an der Spitze der „Medikamenteneinnehmer“.
Abbildung 38: Geschwisteranzahl und Medikamenteneinnahme der Jugendlichen
Jungen
Mädchen
Medikamenteneinnahme
60%
53,3%
50,8%
50%
30%
44,7%
39,0%
40%
Gesamt
35,2%
33,0%
25,4%
19,0%
20%
21,4%
21,1%
20,0%
19,2%
2 (N = 91)
mehr als 2 (N = 45)
10%
0%
0 (N = 123)
1 (N = 236)
Geschwisteranzahl
60
Nationalität der Jugendlichen und Medikamenteneinnahme
Von den deutschen Jugendlichen gaben 48,5% der Mädchen und 21,1% der Jungen (s. Abb.
39) an, in den letzten 4 Wochen Medikamente eingenommen zu haben. Die Jugendlichen
mit einer anderen Staatsangehörigkeit wurden zur Gruppe „andere“ zusammengefasst. Hier
gaben 40,0% der Mädchen und 16,7% der Jungen an, Medikamente eingenommen zu haben.
Abbildung 39: Nationalität der Jugendlichen und Medikamenteneinnahme
Mädchen
Medikamenteneinnahme
50%
Jungen
Gesamt
48,5%
40,0%
40%
34,6%
29,6%
30%
21,1%
16,7%
20%
10%
0%
Deutsch (N = 468)
andere (N = 27)
Nationalität
Ausbildung der Eltern
Es wurde nach dem Ausbildungsabschluß und nach der derzeitigen Berufstätigkeit beider
Elternteile gefragt. Schon beim Ausfüllen des Fragebogens wurde deutlich, daß hier die Jugendlichen überfordert waren. Fast die Hälfte, genau 48,9% der befragten Jugendlichen
konnten dazu keine Auskunft geben. Aus diesem Grund wurde eine Untersuchung bezüglich
einer Beziehung zwischen Bildungsstand bzw. Berufstätigkeit der Eltern und Medikamenteneinnahme der Jugendlichen unterlassen.
61
3.2.1.2. Selbstmedikation
Selbständiger Kauf von Medikamenten
Auf die Frage „Kaufst Du Medikamente ohne ärztliche Empfehlung“ (Abb. 40) antworteten
19,6% der Hauptschüler/innen, 39,2% der Realschüler/innen, 25,3% der Gesamtschüler/innen und 45,9% der Gymnasiasten mit ja.
Abbildung 40: Selbständiger Kauf von Medikamenten
Mädchen
Jungen
Gesamt
Kauf von Medikamenten
60%
54,5%
46,6%
50%
40%
30%
20%
45,9%
39,2%
31,7%
31,4%
22,6%
18,0%
19,6%
18,4%
35,0%
25,3%
10%
0%
HS (N = 92)
RS (N = 143)
IGS (N = 79)
Schulform
62
Gym. (N = 181)
Kaufverhalten in Bezug auf Medikamente
Die Abbildung 41 zeigt, ob die Schüler/innen Medikamente aufgrund einer Beratung in der
Apotheke, aufgrund der Werbung in Fernsehen oder Zeitung, aufgrund eines Rates von
Freunden oder aufgrund eines Rates der Eltern kaufen. „Oft“ kaufen die Jugendlichen Medikamente zu 11,7% aufgrund eines Rates der Eltern, zu 2,4% aufgrund eines Rates von
Freunden, zu 0,6% aufgrund von Werbung und zu 5,5% aufgrund einer Beratung in der Apotheke.
Abbildung 41: Kaufverhalten in Bezug auf Medikamente
prozentuale Häufigkeit
25%
20%
Beratung
13,5%
15%
W erbung
11,7%
Rat-Freunde
10%
Rat-Eltern
5%
0%
oft
manchmal
selten
Kaufverhalten in Bezug auf Medikamente (N=495)
63
nie
Meinung über die Nützlichkeit von Medikamenten
Die Abbildung 42 zeigt die Antworten der Schüler/innen auf die Frage, wie nützlich sie die
Einnahme von bestimmten Medikamentengruppen einschätzen: „Sehr nützlich“ gaben bei
Schulschwierigkeiten 3,8%, bei Konzentrationsstörungen 6,5%, bei Schlafschwierigkeiten
17,0%, bei seelischen Problemen 6,1%, bei innerer Unruhe 5,3%, bei Gewichtsproblemen
3,0%, bei Kopfschmerzen 57,6%, bei Magenschmerzen 39,2% und bei Erkältung 41,4% an.
Abbildung 42: Nützlichkeit von Medikamenten
3,8%
Schulschw ierigkeit.
6,5%
Konzentrationsstör.
17,0%
Nützlichkeit von Medikamenten bei
Schlafschw ierigkeit
.
6,1%
seelischen Probl.
sehr nützlich
5,3%
w eniger nützlich
innerer Unruhe
w eiß nicht
nicht nützlich
3,0%
Gew ichtsprobl.
57,6%
Kopfschmerzen
39,2%
Magenschmerzen
41,4%
Erkältung
0%
10%
20%
30%
40%
50%
prozentuale Häufigkeit (N = 495)
64
60%
3.2.1.3. Gesundheit und Medikamentenkonsum
Meinung über die Beeinflußbarkeit der Gesundheit
Die Frage war, ob man den eigenen Gesundheitszustand sehr, etwas oder gar nicht beeinflussen kann. Überwiegend wurde geantwortet, daß dies nur in geringem Ausmaß möglich
sei (Abb. 43 u. 44). Auffallend hierbei ist, daß bei den Mädchen eher die „Medikamenteneinnehmerinnen“ und bei den Jungen eher die „Nichteinnehmer“ der Meinung sind, dass man
den Gesundheitszustand sehr beeinflussen kann.
Abbildung 43: Die Meinung der Mädchen über die Beeinflussung des
standes
70%
64,1%
54,2%
prozentuale Häufigkeit
60%
50%
Gesundheitszu-
44,1%
keine Med.
40%
Med.
33,6%
Gesamt
30%
20%
10%
1,6%
0,9%
0%
sehr
etwas
gar nicht
0,9%
0,8%
k.A.
Beeinflussung des Gesundheitszustandes (Mädchen, N = 246)
Abbildung 44: Die Meinung der Jungen über die Beeinflussung des
standes
59,6%
prozentuale Häufigkeit
60%
50%
40%
Gesundheitszu-
49,2%
46,7%
36,5%
keine Med.
Med.
30%
Gesamt
20%
10%
2,5%
3,9%
1,5% 0,0%
0%
sehr
etwas
gar nicht
k.A.
Beeinflussung des Gesundheitszustandes (Jungen, N = 249)
65
Zufriedenheit mit der eigenen Gesundheit
Bei der Frage nach der Zufriedenheit mit der eigenen Gesundheit (Abb. 45 u. 46) ist erkennbar, daß die Jungen zufriedener als die Mädchen sind. Sowohl bei den Mädchen als auch
bei den Jungen sind es die „Nicht - Medikamenteneinnehmer“, die zufriedener sind.
Zufriedenheit der Mädchen mit ihrer
Gesundheit
Abbildung 45: Zufriedenheit der Mädchen mit ihrer Gesundheit
k. A.
0,9%
0,8%
unzufrieden
4,2%
0,8%
eher unzufrieden
Gesamt
Med.
12,7%
7,8%
keine Med.
eher zufrieden
40,6%
32,2%
zufrieden
0%
10%
20%
30%
40%
50,0%
50,0%
50%
60%
70%
prozentuale Häufigkeit
Zufriedenheit der Jungen mit ihrer
Gesundheit
Abbildung 46: Zufriedenheit der Jungen mit ihrer Gesundheit
k. A.
1,9%
2,0%
unzufrieden
1,9%
1,0%
eher unzufrieden
Gesamt
Med.
3,9%
6,1%
keine Med.
eher zufrieden
30,0%
46,2%
46,2%
zufrieden
0%
10%
20%
30%
40%
prozentuale Häufigkeit
66
50%
60,9%
60%
70%
3.2.1.4. Streß und Medikamentenkonsum
Fragen zum Streßempfinden
Streß ist von der kognitiven Bewertung der Bedeutung eines Reizes abhängig, d.h.: Nicht
das Eintreten eines bestimmten Ereignisses hat Streßerleben zur Folge, sondern vielmehr
die subjektive Bewertung eines Ereignisses durch die betroffene Person. Die Bewertung,
dass eine Situation belastend erscheint, ist eine Voraussetzung dafür, dass es zu einer Streßempfindung kommen kann. Erst wenn eine Belastungssituation wahrgenommen wird, ohne
dass dafür Bewältigungsmöglichkeiten zur Verfügung stehen, kommt es zum Stressempfinden und zu Stressreaktionen.
Andersherum gesagt ist eine Stärkung der Persönlichkeit gleichbedeutend mit einer Reduktion des Streßempfindens.
Aus diesem Hintergrund heraus wurden den Jugendlichen bezüglich des Stressempfindens
folgende Fragen gestellt:
• Gibt es Situationen, in denen Du Dich gestreßt und genervt fühlst?
• Was tust Du, um den Streß abzubauen?
• Hast Du körperliche oder psychische Beschwerden?
• Wie zufrieden bist Du mit Dir selbst, so wie Du bist?
• Wie zufrieden bist Du mit Deinen Schulleistungen?
• Sind Deine Schulleistungen besser, schlechter oder genauso wie es Dein Vater oder Deine Mutter von Dir erwarten?
• Hast Du mit Deinen Eltern Konflikte wegen Deiner Schulleistungen?
• Empfindest Du die schulischen Leistungsanforderungen als Belastung?
• Bedrücken Dich besondere persönliche Probleme, Sorgen oder Ängste?
• Wenn Dich Sorgen, Probleme oder Ängste plagen, hast Du dann jemanden, mit dem Du
darüber reden kannst?
Die Antworten dieser Fragen wurden mit einer Medikamenten - Einnahme bzw. einer - Nicht
- Einnahme in Beziehung gesetzt.
67
Streßsituationen
Auf die Frage „Gibt es Situationen, in denen Du Dich gestreßt und genervt fühlst?“, antworteten insgesamt 95,1% der Mädchen (Abb. 47) und 88,4% der Jungen (Abb. 48) mit ja. Erkennbar ist, dass bei beiden Geschlechtern eher die „Medikamenten - Konsumenten“ Streßsituationen kennen.
Abbildung 47: Gibt es Situationen, in denen Du Dich gestreßt und genervt fühlst?“
(Mädchen)
99,2%
prozentuale Häufigkeit
100%
91,4%
95,1%
80%
keine Med.
60%
Med.
Gesamt
40%
20%
8,6%
0,9%
4,9%
0%
nein
ja
Kennst Du Streßsituationen? (Mädchen)
Abbildung 48: Gibt es Situationen, in denen Du Dich gestreßt und genervt fühlst?“
gen)
96,2%
prozentuale Häufigkeit
100%
86,3%
88,4%
80%
keine Med.
60%
Med.
Gesamt
40%
20%
11,7%
13,7%
3,9%
0%
nein
ja
Kennst Du Streßsituationen? (Jungen)
68
(Jun-
Streßbewältigung
Was die Jugendlichen tun, um Streß entgegenzuwirken, zeigen die Abbildungen 49 und 50:
Bei den Mädchen (Abb. 49) fällt auf den ersten Blick auf, daß alle Streßbewältigungsmaßnahmen bevorzugt von den „Medikamenten - Konsumentinnen“ angekreuzt wurden. An erster Stelle stehen bei beiden Gruppen - den „Medikamenten - Konsumentinnen“ und den
„Nicht - Medikamenten - Konsumentinnen“ „Musik hören“, gefolgt von „mit einer vertrauten
Person reden“. An dritter Stelle stehen bei beiden Gruppen „fernsehen“ und an vierter Stelle
„Süßes essen“.
Rauchen als Maßnahme zur Streßbewältigung steht an sechster Stelle. Hier ist ein krasser
Unterschied zwischen „Medikamenten - Konsumentinnen“ und „Nichtkonsumentinnen“ sichtbar: 18,0% der „Nicht - Konsumentinnen“, aber 33,9% der „Konsumentinnen“ greifen zur
Zigarette, um dem Streß entgegenzuwirken.
Abbildung 49: Streßbewältigung der Mädchen (Mehrfachnennungen)
8,5%
6,3%
Entsp.-Ü. mac hen
14,4%
9,4%
joggen
37,3%
32,8%
lesen
13,6%
12,5%
Fahrrad f ahren
12,7%
10,2%
schw immen
A lkohol
11,0%
3,9%
3,4%
0,0%
Beruh.-mi. nehmen
Med.
Süßes ess en
28,9%
keine Med.
41,5%
48,3%
41,4%
f ernsehen
23,7%
21,9%
spaz ierengehen
etw . Gutes es sen
17,8%
15,6%
rauc hen
18,0%
33,9%
reden
51,6%
Musik hören
61,9%
75,8%
0%
20%
40%
60%
80%
pr oze ntuale Häufigk e it (M ädche n)
69
92,3%
100%
Die Jungen (Abb. 50) bevorzugen zur Streßbewältigung ebenso wie die Mädchen „Musik
hören“. An zweiter Stelle steht „fernsehen“, an dritter Stelle „rauchen“, an vierter „mit einer
vertrauten Person reden“ und an fünfter Stelle „Fahrrad fahren“. Auch hier sind es eher die
„Medikamenten - Konsumenten“, die die entsprechenden Maßnahmen ergreifen, besonders
„Musik hören“ und „fernsehen“.
Rauchen zur Streßbewältigung ist bei den Jungen genauso beliebt wie bei den Mädchen,
wobei der gleiche krasse Unterschied zwischen „Medikamenten - Konsumenten“ und „Nicht Konsumenten“ besteht: 17,3% der „Nicht - Medikamenten - Konsumenten“ und 36,5% der
„Medikamenten - Konsumenten“ rauchen, um ihren Streß zu bewältigen.
Abbildung 50: Streßbewältigung der Jungen (Mehrfachnennungen)
5,8%
2,5%
Ents p.-Ü. mac hen
5,8%
9,1%
joggen
9,6%
12,2%
les en
23,1%
20,8%
Fahrrad f ahren
11,5%
9,1%
s c hw immen
A lkohol
15,4%
8,6%
1,9%
0,0%
Beruh.-mi. nehmen
Med.
keine Med.
13,5%
15,7%
Süßes es s en
f erns ehen
40,1%
55,8%
9,6%
9,1%
s paz ierengehen
17,3%
18,8%
etw . Gutes es s en
rauc hen
17,3%
36,5%
28,9%
22,8%
reden
Mus ik hören
67,0%
0%
20%
40%
60%
80%
p r oz e ntuale Häufigk e it (Junge n)
70
78,9%
100%
Streßsymptome der Mädchen
Bei den Jugendlichen wurden -wie bei den Müttern bei der Einschulungsuntersuchung- 19
Gesundheitsstörungen, die als Streßsymptome gewertet werden können, abgefragt (Abb. 51
und 52). Die einzelnen Symptome sind nach Rangfolge aufgelistet und es handelt sich um
Mehrfachnennungen.
38,2% aller Mädchen (Abb. 51) gaben an, öfter unter Schwindel zu leiden, 37,0% unter
Kopfschmerzen, gefolgt von Rückenbeschwerden (29,3%) und Nervosität (28,5%).
Abbildung 51: Streßsymptome der Mädchen (Mehrfachnennungen)
Zähneknirschen
4,9%
Verdauungsb.
6,5%
7,3%
Schw eißausbrü.
11,0%
Einsamkeit
Streßsymptome der Mädchen
Atembeschw .
11,8%
Albträume
12,6%
Übelkeit
12,6%
13,4%
depr. Verst.
Eßstörungen
14,2%
Ängste
15,5%
15,9%
Schlafstörungen
Unterf orderung
16,6%
Überf orderung
18,7%
Muskelversp.
18,7%
21,1%
Konz.-schw äche
Nervosität
28,5%
Rückenbeschw .
29,3%
Kopf schmerzen
37,0%
38,2%
Schw indel
0%
5%
10%
15%
20%
25%
prozentuale Häufigk eit
71
30%
35%
40%
Streßsymptome der Jungen
Bei den Jungen (Abb. 52) fällt auf den ersten Blick auf, dass sie wesentlicher weniger als
Mädchen unter Streßsymptomen leiden. An erster Stelle stehen Kopfschmerzen (20,5%),
gefolgt von Rückenbeschwerden (15,7%). An dritter Stelle steht Nervosität (15,3%) und an
vierter Stelle Muskelverspannungen (14,9%).
Abbildung 52: Streßsymptome der Jungen (Mehrfachnennungen)
Zähneknirschen
1,2%
Streßsymptome der Jungen
Albträume
1,6%
Ängste
2,4%
Übelkeit
2,4%
Eßstörungen
2,8%
Verdauungsb.
3,2%
Schw eißausbrü.
3,2%
Atembeschw .
3,6%
depr. Verst.
3,6%
Unterf orderung
4,0%
Einsamkeit
4,4%
4,8%
Schlafstörungen
7,6%
Überf orderung
Konz.-schw äche
13,3%
13,7%
Schw indel
14,9%
Muskelversp.
Nervosität
15,3%
Rückenbeschw .
15,7%
20,5%
Kopf schmerzen
0%
5%
10%
15%
20%
25%
prozentuale Häufigk eit
72
30%
35%
40%
Anzahl der Streßsymptome
Ein Fünftel, genau 19,9% der befragten Mädchen gaben an, unter keinem Streßsymptom zu
leiden (Abb. 53). 20,3% gaben ein Streßsymptom, 12,5% gaben zwei Streßsymptome,
11,8% drei und 35,4% gaben mehr als drei Streßsymptome an. An zwei oder mehr Streßsymptomen leiden also insgesamt 59,8% der Mädchen.
Von den Jungen (Abb. 54) gaben 47,4% an, unter keinem Streßsymptom zu leiden. Ein
Streßsymptom gaben 19,3%, zwei Streßsymptome 13,3%, drei Streßsymptome 6,8% und
mehr als drei Streßsymptome gaben 24,2% der Jungen an. An zwei oder mehr Streßsymptomen leiden insgesamt 33,3% der Jungen.
Abbildung 53: Normalzustand: Streßsymptome?
Mädchen (N = 246)
prozentuale Häufigkeit
50%
Jungen (N = 249)
47,4%
40%
35,4%
30%
19,9%
20,3%
20%
24,2%
19,3%
12,6% 13,3%
11,8%
6,8%
10%
0%
0
1
2
Anzahl der Symptome
73
3
mehr als 3
Anzahl der Streßsymptome und Medikamenteneinnahme
Auch bei den Jugendlichen wurde die Hypothese überprüft, ob Menschen mit häufigen
Streßsymptomen verstärkt zu Medikamenten greifen: Die Abbildung 54 zeigt eine deutliche
Korrelation zwischen einer Medikamenteneinnahme und der Anzahl der Streßsymptome,
sowohl bei den Mädchen als auch bei den Jungen.
Abbildung 54: Anzahl der Streßsymptome und Medikamenteneinnahme
42,4%
Anzahl der Symptome
mehr als 3
66,7%
35,3%
3
Jungen (N = 249)
18,2%
2
13,6%
0
0%
10%
Mädchen (N = 246)
38,7%
20,8%
1
69,0%
30,0%
26,5%
20%
30%
40%
50%
Medikamenteneinnahme
74
60%
70%
Zufriedenheit
Die Abbildung 55 zeigt die Antworten der Jugendlichen auf die Frage: „Wie zufrieden bist Du
mit Dir selbst, so wie Du bist?“. Jungen und Mädchen sind zusammengefasst. Geantwortet
werden konnte mit „zufrieden“, „eher zufrieden“, „eher unzufrieden“ und „unzufrieden“. Die
Schüler/innen, die angegeben hatten, keine Medikamente eingenommen zu haben, sind mit
sich selbst zufriedener als die „Medikamenten - Konsumenten“.
Abbildung 55: Zufriedenheit mit sich selbst und Medikamenteneinnahme
Med.
prozentuale Häufigkeit
50%
40%
45,2%
44,1%
Gesamt
keine Med.
43,1%
35,9%
30%
20%
15,3%
8,9%
10%
4,1%
2,5%
0%
zufrieden
eher
zufrieden
eher
unzufrieden
unzufrieden
0,6%
0,3%
keine
Angaben
Zufriedenheit mit sich selbst
Eine ähnlich gewichtete Korrelation findet man bei der Beantwortung der Frage „Wie zufrieden bist Du mit Deinen Schulleistungen?“. Die Abbildung 56 zeigt, dass die „Nicht - Medikamentenkonsumenten“ zufriedener sind als die „Medikamenten - Konsumenten“.
Abbildung 56: Zufriedenheit mit den Schulleistungen und Medikamenteneinnahme
Med.
46,5%
prozentuale Häufigkeit
50%
37,5%
40%
30%
20%
Gesamt
keine Med.
32,9%
25,5%
30,2%
15,9%
10%
4,7%
6,5%
0,0% 0,3%
0%
zufrieden
eher
zufrieden
eher
unzufrieden
unzufrieden
Zufriedenheit mit den Schulleistungen
75
keine
Angaben
Schulleistungen
Auf die Frage, ob ihre Schulleistungen den Erwartungen ihrer Eltern entsprechen (Abb. 57),
antworteten 16,6% der „Nicht - Konsumenten“ damit , daß ihre Leistungen in der Schule
besser sind, als die Eltern erwarten, bei den „Konsumenten“ sind es 12,4%. Schlechter als
die Eltern es erwarten sind die Schulleistungen bei 31,1% der „Nicht - Konsumenten“ und bei
40,0% der „Konsumenten“. Mädchen und Jungen sind zusammengefasst.
Abbildung 57: Sind Deine Schulleistungen besser, schlechter oder genauso wie es
Mutter oder Dein Vater von Dir erwarten?
prozentuale Häufigkeit
100%
80%
60%
40%
Deine
15,2%
25,8%
32,4%
26,5%
weiß nicht
genauso
schlechter
31,1%
40,0%
16,6%
12,4%
nein
ja
besser
20%
0%
Medikamenteneinnahme
Konflikte mit den Eltern wegen Schulleistungen (Abb. 58), die nicht den Erwartungen der
Eltern entsprechen, haben „häufig“ 2,2% der „Nicht - Medikamentenkonsumenten“ und 9,4%
der „Medikamentenkonsumenten“. „Nie“, „selten“ und „manchmal“ wurde häufiger von den
„Nicht - Konsumenten“ angegeben.
Abbildung 58: Hast Du mit Deinen Eltern Konflikte wegen Deiner Schulleistungen?
prozentuale Häufigkeit
100%
80%
2,2%
9,4%
28,9%
25,9%
40,6%
41,2%
40%
20%
häufig
manchmal
60%
28,3%
23,5%
nein
ja
0%
Medikamenteneinnahme
76
selten
nie
Empfinden der schulischen Leistungsanforderungen als Belastung
Ob die schulischen Leistungsanforderungen eine Belastung für die Schüler/innen darstellen,
zeigt die Abbildung 59: „Keine Belastung“ gaben mehr als doppelt soviel der „Nicht - Medikamentenkonsumenten“ gegenüber den „Medikamentenkonsumenten“ an. Auch bei Angabe
einer „geringen Belastung“ überwiegen die „Nicht - Konsumenten“. Eine „mittlere“, eine „starke“ und eine „sehr starke Belastung“ wird vorwiegend von den Jugendlichen empfunden, die
zur Tablette greifen.
Schulische Leistungsanforderungen =
Belastung
Abbildung 59: Empfindest Du die schulischen Leistungsanforderungen als Belastung?
0,6%
1,2%
k. A.
sehr starke
4,7%
1,9%
starke
4,6%
9,4%
mittlere
35,9%
geringe
15,9%
19,1%
sehr geringe
18,8%
18,8%
7,7%
keine
0%
5%
10%
42,9%
18,5%
15%
20%
25%
30%
prozentuale Häufigkeit
77
35%
40%
45%
Med.
keine Med.
Persönliche Probleme
Besondere persönliche Probleme bedrücken sowohl bei den Mädchen (Abb. 60) als auch bei
den Jungen (Abb. 61) jeweils fast doppelt soviel der „Medikamenten - Konsumenten“ wie der
„Nicht - Konsumenten“.
Abbildung 60: Bedrücken Dich besondere persönliche Probleme? (Mädchen)
prozentuale Häufigkeit
100%
80%
34,4%
65,3%
60%
40%
Probleme
keine Probleme
65,6%
20%
34,8%
0%
nein
ja
Medikamenteneinnahme der Mädchen
Abbildung 61: Bedrücken Dich besondere persönliche Probleme? (Jungen)
prozentuale Häufigkeit
100%
80%
25,9%
50,0%
60%
40%
Probleme
keine Probleme
74,1%
50,0%
20%
0%
nein
ja
Medikamenteneinnahme der Jungen
Es entsteht leicht der Eindruck, als ob der Versuch unternommen wird, Probleme mit Medikamenten „wegzuschlucken“.
Was das für Probleme sind, die die Jugendlichen bedrücken, zeigt die Abbildung 62. Dabei
handelt es sich um Mehrfachnennungen. Die Mädchen nennen Probleme vorwiegend „im
Freundeskreis“ (25,6%), „mit den Eltern“ (24,8%), „in der Partnerschaft“ (23,2%) und „in der
Schule“ (23,3%). Bei den Jungen stehen an erster Stelle Probleme „in der Schule“ (14,9%),
gefolgt von „mit den Eltern“ (12,5%). Danach werden „finanzielle Probleme“ (10,0%) und
„Probleme in der Partnerschaft“ (6,8%) genannt.
78
Abbildung 62: Probleme der Jugendlichen (Mehrfachnennungen)
0,4%
mit Drogen
3,7%
0,8%
1,2%
Probleme der Jugendlichen
mit Alkohol
12,5%
mit den Eltern
24,8%
Jungen (N = 249)
6,8%
in der Partnerschaft
Mädchen (N = 246)
23,2%
10,0%
8,9%
finanzielle
6,0%
im Freundeskreis
25,6%
14,9%
in der Schule
23,2%
0%
10%
20%
30%
prozentuale Häufigkeit
Eine vertraute Person, mit der man über die eigenen Sorgen, Probleme und Ängste reden
kann, haben vorzugsweise die Mädchen (Abb. 63). Ein Zusammenhang mit einer Medikamenteneinnahme konnte hier nicht festgestellt werden.
Hast Du bei Problemen jemanden zum Reden?
Abbildung 63: Wenn dich Sorgen, Probleme oder Ängste plagen, hast Du dann jemanden,
mit dem Du darüber reden kannst?
3,2%
3,2%
k. A.
6,4%
nie
0,8%
5,6%
3,7%
selten
Jungen (N = 249)
Mädchen (N = 246)
21,3%
ab und zu
10,2%
22,9%
meistens
29,7%
40,6%
immer
52,4%
0%
10%
20%
30%
40%
prozentuale Häufigkeit
79
50%
60%
3.2.1.5. Rauchen, Medikamenteneinnahme und Streß
Zu Beginn der Studie war geplant, die Frage nach dem Rauchen lediglich als eine Abbildung
unter dem Kapitel „Gesundheit und Medikamentenkonsum“ aufzuführen. Beim Erstellen der
vorliegenden Studie wurde allerdings deutlich, dass ein relativ hoher Anteil der Jugendlichen
raucht. Weiterhin hat Kapitel 3.2.1.4. gezeigt, dass das Rauchen von einem nicht unerheblichen Anteil der Jugendlichen zur Streßbewältigung genutzt wird. Da außerdem einerseits
Zusammenhänge zwischen Gesundheit / Streß und Medikamenteneinnahme und andererseits - wie man weiter unten sehen wird - Zusammenhänge zwischen Medikamenteneinnahme und Rauchen bestehen, wurden verschiedene Parameter bezüglich Gesundheit und
Stress mit dem Rauchen korreliert.
Aus diesem Grund ist ein eigenständiges Kapitel über das Rauchen entstanden.
Rauchen nach Geschlecht
Bei der Frage, ob die Schüler/innen rauchen, konnten sie „gar nicht“, „gelegentlich“ oder „regelmäßig“ ankreuzen. Die Tabelle 30 zeigt die Verteilung nach Geschlecht: 25,6% der Mädchen und 21,7% der Jungen gaben an, gelegentlich und 22,0% der Mädchen und 19,7% der
Jungen regelmäßig zu rauchen. Fasst man die gelegentlichen und regelmäßigen Raucher
zur Gruppe der Raucher zusammen, so ergibt sich, daß 47,6% der Mädchen und 41,4% der
Jungen rauchen.
Tabelle 30: Rauchst Du?
Geschlecht
gar nicht
gelegentlich
regelmäßig
Mädchen
52,4%
25,6%
22,0%
Jungen
58,6%
21,7%
19,7%
Gesamt
55,6%
23,6%
20,8%
80
Rauchen und Medikamenteneinnahme
Einen Zusammenhang zwischen dem Rauchen und einer Medikamenteneinnahme zeigen
die Abbildungen 64 und 65. Erkennbar ist, daß dieser Zusammenhang bei den Mädchen
(Abb. 64) deutlicher ausgeprägt ist als bei den Jungen (Abb. 65): Von den Nichtraucherinnen
haben 36,4%, von den gelegentlichen Raucherinnen 55,6% und von den regelmäßigen Raucherinnen haben 66,7% in den letzten vier Wochen Medikamente eingenommen. Bei den
Nichtrauchern sind es 17,6%, bei den gelegentlichen Rauchern 24,1% und bei den regelmäßigen Rauchern sind es 26,5%, die zur Tablette gegriffen haben.
Rauchst Du? (Mädchen)
Abbildung 64: Rauchen und Medikamenteneinnahme bei den Mädchen
66,7%
regelmäßig (N = 54)
33,3%
Med.
55,6%
gelegentlich (N = 63)
keine Med.
44,4%
36,4%
gar nicht (N = 129)
63,6%
0%
20%
40%
60%
80%
100%
prozentuale Häufigkeit
Abbildung 65: Rauchen und Medikamenteneinnahme bei den Jungen
26,5%
Rauchst Du? (Jungen)
regelmäßig (N = 49)
73,5%
Med.
24,1%
gelegentlich (N = 58)
keine Med.
75,9%
17,6%
gar nicht (N = 142)
82,4%
0%
20%
40%
60%
prozentuale Häufigkeit
81
80%
100%
Rauchen und der „Griff zur Schmerztablette“
Da vorwiegend Schmerzmittel eingenommen wurden, wurde in der Tabelle 31 nochmal die
Schmerzmitteleinnahme in Abhängigkeit vom Raucherstatus dargestellt: 36% der Mädchen
und 16% der Jungen, die angegeben haben, Nichtraucher zu sein, haben in den letzten vier
Wochen mindestens einmal ein Schmerzmittel eingenommen; bei den Gelegenheitsrauchern
waren es bereits 49% der Mädchen und 24% der Jungen und bei den regelmäßigen Rauchern sogar 65% der Mädchen und 18% der Jungen.
Tabelle 31: Einnahme von Schmerzmitteln in den letzten 4 Wochen in Abhängigkeit
vom Raucherstatus
Raucherstatus
Mädchen
Jungen
Gesamt
Nichtraucher
36%
16%
25%
Gelegenheitsraucher
49%
24%
38%
regelmäßiger Raucher
65%
18%
43%
82
Meinung über die Beeinflussbarkeit der Gesundheit und Rauchen
Die Tabelle 32 zeigt den Zusammenhang zwischen der Beeinflussbarkeit des eigenen Gesundheitszustandes und dem Rauchen. Mädchen und Jungen sind zusammengefasst. Betrachtet man nur die Nichtraucher und die regelmäßigen Raucher, so stellt man fest, dass
42% der Nichtraucher und 39% der regelmäßigen Raucher glauben, dass man den eigenen
Gesundheitszustand „sehr“ beeinflussen kann. Dagegen glauben 54% der Nichtraucher und
61% der regelmäßigen Raucher, dass man den eigenen Gesundheitszustand nur „etwas“
beeinflussen kann. D. h. die Nichtraucher nehmen eher als die Raucher an, dass man selbst
einen Einfluss auf die eigene Gesundheit hat.
Tabelle 32: Meinung über die Beeinflussung des Gesundheitszustandes und Raucherstatus
Beeinflussung
Nichtraucher
Gelegenheitsraucher
regelmäßige R.
sehr
42%
43%
39%
etwas
54%
53%
61%
gar nicht
2%
3%
0%
Zufriedenheit mit der eigenen Gesundheit und Rauchen
Da in Kapitel 3.2.1.3. zu sehen war, dass „Medikamenten - Konsumenten“ weniger mit ihrem
eigenen Gesundheitszustand zufrieden sind als „Nicht - Medikamenten - Konsumenten“, ist
zu erwarten, dass auch Raucher unzufriedener als Nichtraucher mit ihrem Gesundheitszustand sind.
Die Tabelle 33 zeigt diesen Zusammenhang: „Zufrieden“ mit der Gesundheit sind 56% der
Nichtraucher, 50% der Gelegenheitsraucher und nur 32% der regelmäßigen Raucher. „Eher
zufrieden“, also nicht ganz so zufrieden, sind 36% der Nichtraucher, 38% der Gelegenheitsraucher und 50% der regelmäßigen Raucher. „Eher unzufrieden“ sind 5% der Nichtraucher,
9% der Gelegenheitsraucher und 13% der regelmäßigen Raucher. „Unzufrieden“ mit der
eigenen Gesundheit zu sein, gaben 1% der Nichtraucher, 2% der Gelegenheitsraucher und
3% der regelmäßigen Raucher an.
Tabelle 33: Zufriedenheit mit der eigenen Gesundheit und Raucherstatus
Zufriedenheit
Nichtraucher
Gelegenheitsraucher
regelmäßige R.
zufrieden
56%
50%
32%
eher zufrieden
36%
38%
50%
eher unzufrieden
5%
9%
13%
unzufrieden
1%
2%
3%
83
Stress und Rauchen
Auf die Frage „Gibt es Situationen, in den Du Dich gestreßt und genervt fühlst?“, antworteten
91% der Nichtraucher, 96% der Gelegenheitsraucher und 90% der regelmäßigen Raucher
(Tabelle 34) mit ja, d. h. die Gelegenheitsraucher empfinden sich selbst gestresster als die
Nichtraucher und die regelmäßigen Raucher.
Tabelle 34: Gibt es Situationen, in denen Du Dich gestresst und genervt fühlst?
Stress?
Nichtraucher
Gelegenheitsraucher
regelmäßige R.
Ja
91%
96%
90%
Stressbewältigung
Ob es einen Unterschied zwischen Rauchern und Nichtrauchern bezüglich von Maßnahmen
zur Stressbewältigung gibt, zeigt die Tabelle 35 (Mädchen und Jungen zusammengefasst).
Wie auch schon in Kapitel 3.2.1.4. beschrieben, sind die beliebtesten Maßnahmen zur
Stressbewältigung „Musik hören“ und „mit jemandem reden“. Hier fällt auf, dass diese Maßnahmen von den Rauchern favorisiert werden.
Sprichwörtlich ins Auge springt das Ergebnis, dass 80% der regelmäßigen Raucher in Streßsituationen rauchen, um sich wohler zu fühlen. Die Gelegenheitsraucher rauchen in Streßsituationen seltener (27%). Weiterhin auffallend ist, dass eher die Raucher zu anderen „legalen Drogen“ greifen: 6% der regelmäßigen Raucher, aber nur 0,4% der Nichtraucher nehmen
in Streßsituationen Beruhigungsmittel und 21% der regelmäßigen Raucher, aber nur 3% der
Nichtraucher greifen in Streßsituationen zum Alkohol.
Tabelle 35: Streßbewältigung und Raucherstatus (Mädchen und Jungen zusammengefasst)
Stressbewältigung
Musik hören
mit jmd. reden
eine Zigarette rauchen
etw. Gutes essen
spazierengehen
fernsehen
Süßes essen
Beruhigungsmittel
Alkohol
schwimmen
Fahrrad fahren
lesen
joggen
Entspannungsübungen
Nichtraucher
Gelegenheitsraucher
regelmäßige R.
73%
35%
0%
18%
17%
43%
22%
0,4%
3%
10%
18%
26%
10%
6%
81%
46%
27%
20%
21%
52%
28%
2%
11%
14%
21%
26%
11%
7%
76%
47%
80%
15%
8%
39%
30%
6%
21%
7%
10%
13%
10%
3%
84
Streßsymptome und Raucherstatus
Die bisherigen Ergebnisse haben gezeigt, dass die jugendlichen Raucher das Rauchen als
Streßbewältigungsmaßnahme einsetzen, aber gleichzeitig unzufriedener mit ihrem Gesundheitszustand sind als die jugendlichen Nichtraucher. Da außerdem eher die Raucher zu
Schmerz- und Beruhigungsmitteln greifen, wäre zu vermuten, dass auch eher die Raucher
unter den abgefragten Streßsymptomen bzw. gesundheitlichen Beschwerden leiden.
Diesen vermuteten Zusammenhang zeigt ganz deutlich die Tabelle 36 (Mädchen und Jungen zusammengefasst): Bei den fünf am häufigsten bei den befragten Jugendlichen vorkommenden Gesundheitsbeschwerden, die als Streßsymptome gewertet werden können,
fällt auf, dass sie bevorzugt von den Rauchern angekreuzt wurden. Von den regelmäßigen
Rauchern gaben 36% an, öfter unter Kopfschmerzen/Migräne zu leiden, 35% unter Schwindelgefühlen, 27% unter Rückenbeschwerden, 24% unter Unruhe/Nervosität und 19% unter
Muskelverspannungen (hierbei handelt es sich um Mehrfachnennungen). Bei den Nichtrauchern hingegen leiden „nur“ 23% an Kopfschmerzen/Migräne, 19% an Schwindelgefühlen,
18% an Rückenbeschwerden, 17% an Unruhe/Nervosität und 15% an Muskelverspannungen.
Tabelle 36: Häufigste Streßsymptome und Raucherstatus (Mädchen und Jungen)
Streßsymptom
Nichtraucher
Gelegenheitsraucher
regelmäßige R.
Kopfschmerzen/Migräne
23%
38%
36%
Schwindelgefühle
19%
34%
35%
Rückenbeschwerden
18%
28%
27%
Unruhe/Nervosität
17%
32%
24%
Muskelverspannungen
15%
19%
19%
Anzahl der Streßsymptome und Raucherstatus
Aus dem Kapitel 3.2.1.4. geht hervor, dass eine Korrelation zwischen der Anzahl der Streßsymptome und der Medikamenteneinnahme besteht. Aus den bisherigen Ergebnissen dieses
Kapitels wird deutlich, dass es demnach auch eine Korrelation zwischen der Anzahl der
Streßsymptome und dem Rauchen geben muß. Die Tabelle 37 zeigt, dass eher die Nichtraucher kein oder ein Streßsymptom und eher die Raucher zwei und mehr Streßsymptome
haben. 39% der befragten nichtrauchenden Jugendlichen gaben an, unter keinem der abgefragten Gesundheitsbeschwerden zu leiden, bei den regelmäßigen Rauchern waren es nur
23%. Drei und mehr Symptome gaben bei den Nichtrauchern 26%, bei den regelmäßigen
Rauchern dagegen 44% an.
Tabelle 37: Anzahl der Streßsymptome und Raucherstatus
Stresssymptom
0
1
2
3 und mehr
Nichtraucher
39%
23%
11%
26%
Gelegenheitsraucher
28%
15%
14%
44%
85
regelmäßige R.
23%
17%
17%
44%
Schmerzmittel gegen Kopfschmerzen und Rauchen zur Stressbewältigung?
Aus den bisherigen Ergebnissen ist ersichtlich geworden, dass bei den Schülern und Schülerinnen ein relativ hoher Schmerzmittelkonsum herrscht, gleichzeitig Kopfschmerzen / Migräne das am weitesten verbreitete Streßsymptom und Rauchen eine beliebte Streßbewältigungsmaßnahme ist.
Die Abbildung 66 zeigt jeweils den Anteil der rauchenden, der schmerzmitteleinnehmenden
und der kopfschmerzgeplagten Schüler/innen aufgeteilt nach Schulform. Die Schmerzmitteleinnahme ist am höchsten bei den Gymnasiasten und am niedrigsten bei den Hauptschülern. Rauchen ist am weitesten verbreitet bei den Gesamtschülern, am wenigsten bei den
Gymnasiasten und Kopfschmerzen treten am häufigsten ebenfalls bei den Gesamtschülern
und am seltensten bei den Hauptschülern auf.
Abbildung 66: Rauchen, Schmerzmittelkonsum und Kopfschmerzen nach Schulform
Rauchen
Schmerzmittel
Kopfschmerzen
60%
54,4%
50,3%
prozentuale Häufigkeit
50%
42,4%
39,2%
38,0%
40%
35,4%
30%
19,6%
23,9%
36,5%
29,8%
28,0%
25,2%
20%
10%
0%
HS (N = 92)
RS (N = 143)
IGS (N = 79)
Gym. (N = 181)
Kopfschmerzen ist bei den befragten Jugendlichen ein weit verbreitetes Streßsymptom (s.a.
Abb. 51/52), was häufig zur Einnahme von Schmerzmitteln führt. Jugendliche, die mehrere
Streßsymptome haben, greifen häufiger zu Medikamenten (s. Abb. 54). Zur Bewältigung von
Streß greifen einige Jugendliche zur Zigarette, und zwar vorwiegend die, die Medikamente
einnehmen (s. Abb. 49/50).
86
Prävalenz von Kopfschmerzen / Migräne und Raucherstatus
Die Tabelle 38 zeigt den Anteil der kopfschmerz- bzw. migränegeplagten Jugendlichen nach
Geschlecht in Abhängigkeit vom Raucherstatus. Ein signifikanter Zusammenhang ist besonders bei den Mädchen zu erkennen: Während 28% der nichtrauchenden Mädchen öfter über
Kopfschmerzen/Migräne klagen, sind es bei den gelegentlich rauchenden Mädchen bereits
43% und bei den regelmäßig rauchenden Mädchen sogar 52%. Bei den Jungen leiden vorwiegend die Gelegenheitsraucher mit 31% an Kopfschmerzen/Migräne. Nichtraucher und
regelmäßige Raucher sind gleichrangig mit 18% vertreten.
Tabelle 38: Prävalenz Kopfschmerzen/Migräne und Raucherstatus
Kopfschmerzen/Migräne
Mädchen
Jungen
Gesamt
Nichtraucher
28%
18%
23%
Gelegenheitsraucher
43%
31%
38%
regelmäßige Raucher
52%
18%
36%
Gesamt
37%
20%
28%
Schulleistungen und Raucherstatus
Auf die Frage, ob ihre Schulleistungen den Erwartungen der Eltern entsprechen (Abb. 67),
antworteten 18,8% der Nichtraucher damit, dass ihre Leistungen besser sind, als die Eltern
erwarten, bei den Gelegenheitsrauchern sind es nur 11,1% und bei den regelmäßigen Rauchern sogar nur 9,7%. Schlechter als die Eltern es erwarten sind die Schulleistungen bei
25,8% der Nichtraucher, aber bei 46,2% der Gelegenheitsraucher und bei 43,7% der regelmäßigen Raucher. Jungen und Mädchen sind zusammengefasst.
Abbildung 67: Sind Deine Schulleistungen besser, schlechter oder genauso wie es Deine
Mutter oder Dein Vater von Dir erwarten?
100%
prozentuale Häufigkeit
24,0%
13,7%
26,2%
80%
29,1%
60%
19,4%
31,4%
weiß nicht
genauso
schlechter
besser
40%
25,8%
46,2%
43,7%
11,1%
9,7%
Gelegenheitsr.
regelmäßiger R.
20%
18,8%
0%
Nichtraucher
Raucherstatus
87
Empfinden der schulischen Leistungsanforderungen als Belastung und Raucherstatus
Ob die schulischen Leistungsanforderungen eine Belastung für die Schüler/innen darstellen,
zeigt die Tabelle 39 in Abhängikeit zum Raucherstatus. Gelegenheitsraucher und regelmäßige Raucher sind zur Gruppe „Raucher“ zusammengefasst.
Tabelle 39: Empfindest Du die schulischen Leistungsanforderungen als Belastung?
Belastung
Nichtraucher
Raucher
keine
19%
10%
sehr geringe
20%
17%
geringe
19%
17%
mittlere
35%
42%
starke
4%
9%
sehr starke
2%
5%
keine Angaben
1%
1%
Einen besseren Überblick verschafft die Tabelle 40: Hier sind die Belastungsempfindungen
„keine“, „sehr geringe“ und „geringe“ Belastung zur Gruppe „keine bis geringe Belastung“
und die Belastungsempfindungen „mittlere“, „starke“ und „sehr starke“ Belastung zur Gruppe
„mittlere bis sehr starke Belastung“ zusammengefasst.
„Keine bis geringe“ Belastung wird von 58% der Nichtraucher, aber nur von 44% der Raucher empfunden. Dagegen wird eine „mittlere bis sehr starke“ Belastung von 42% der Nichtraucher, aber von 56% der Raucher empfunden.
Tabelle 40: Empfinden der schulischen Leistungsanforderungen als Belastung (zusammengefasst)
Belastung
Nichtraucher
Raucher
keine bis geringe
58%
44%
mittlere bis sehr starke
42%
56%
88
Persönliche Probleme und Raucherstatus
Noch etwas deutlicher als bei „Medikamentenkonsumenten“ und „Nicht - Medikamenten Konsumenten“ ist der Unterschied bei Rauchern und Nichtrauchern hinsichtlich persönlichen
Problemen: Bei den Mädchen (Abb. 68) gaben 32,6% der Nichtraucherinnen, aber 66,7%
der Gelegenheitsraucherinnen und 68,5% der regelmäßigen Raucherinnen an, dass sie persönliche Probleme bedrücken. Bei den Jungen (Abb. 69) gaben 23,2% der Nichtraucher,
aber 42,6% der Gelegenheitsraucher und 40,8% der regelmäßigen Raucher an, unter persönlichen Problemen zu leiden. (Welches die persönlichen Probleme der Jungen und Mädchen sind, siehe Abbildung 62).
Abbildung 68: Bedrücken dich besondere persönliche Probleme? (Mädchen)
prozentuale Häufigkeit
100%
80%
32,6%
66,7%
60%
40%
68,5%
Probleme
keine Probleme
67,4%
20%
33,3%
31,5%
Gelegenheitsr.
regelmäßiger R.
0%
Nichtraucher
Raucherstatus der M ädchen
Abbildung 69: Bedrücken dich besondere persönliche Probleme? (Jungen)
prozentuale Häufigkeit
100%
23,2%
80%
40,8%
42,6%
60%
40%
Probleme
keine Probleme
76,8%
57,4%
59,2%
Gelegenheitsr.
regelmäßiger R.
20%
0%
Nichtraucher
Raucherstatus der Jungen
89
3.2.1.6. Freizeitverhalten und Medikamentenkonsum
Beim Freizeitverhalten wurde nach den Freizeitbeschäftigungen, nach dem Fernsehkonsum
und nach der Beschäftigung mit dem Computer gefragt.
Freizeitbeschäftigungen
Im Gegensatz zu den Müttern bei der Einschulungsuntersuchung ist bei den Jugendlichen
kein ersichtlicher Zusammenhang zwischen Freizeitbeschäftigungen und Medikamentenkonsum zu erkennen. Trotzdem sind die Freizeitbeschäftigungen jeweils der Mädchen (Abb. 70)
und der Jungen (Abb. 71) in Abhängigkeit vom Medikamentenkonsum bzw. Nicht - Konsum
aufgeführt.
Abbildung 70: Freizeitbeschäftigungen der Mädchen (Mehrfachnennungen)
Computerspiele
19,5%
12,5%
Fahrrad fahren
15,3%
18,7%
41,5%
48,4%
Hobbies
93,2%
84,4%
Freunde treffen
44,1%
45,3%
Sport treiben
Med.
keine Med.
55,9%
53,9%
fernsehen
14,4%
17,2%
musizieren
44,9%
43,8%
lesen
80,5%
81,3%
Musik hören
40,7%
43,8%
ins Kino gehen
0%
20%
40%
60%
prozentuale Häufigkeit
90
80%
100%
Abbildung 71: Freizeitbeschäftigungen der Jungen (Mehrfachnennungen)
65,4%
61,4%
Computerspiele
30,8%
31,5%
Fahrrad fahren
Hobbies
49,2%
63,5%
75,0%
68,0%
Freunde treffen
69,2%
62,4%
Sport treiben
Med.
keine Med.
59,6%
53,8%
fernsehen
5,8%
6,6%
musizieren
21,2%
22,3%
lesen
67,3%
70,6%
Musik hören
21,2%
23,9%
ins Kino gehen
0%
20%
40%
60%
prozentuale Häufigkeit
91
80%
100%
Fernsehkonsum
Ein Zusammenhang zwischen dem Fernsehkonsum und einer Medikamenteneinnahme
konnte nicht festgestellt werden. Um einen Einblick in den Fernsehkonsum der Jugendlichen
zu gewinnen, zeigt die Tabelle 41 die Fernsehhäufigkeit und die Tabelle 42 die Fernsehdauer der Mädchen und Jungen.
Tabelle 41: Fernsehhäufigkeit der Jugendlichen
Fernsehhäufigkeit
gar nicht
1 - 2 Tage pro Woche
fast täglich
täglich
keine Angaben
Mädchen (%)
0,8
10,9
40,2
47,6
0,4
Jungen (%)
1,2
11,2
42,6
45,0
0,0
Tabelle 42: Fernsehdauer der Jugendlichen
Fernsehdauer
gar nicht
bis 1 Stunde
bis 2 Stunden
bis 3 Stunden
länger als 3 Stunden
keine Angaben
Mädchen (%)
0,8
16,3
39,4
23,2
19,9
0,4
92
Jungen (%)
1,2
16,9
32,5
24,5
24,9
0,0
Beschäftigung mit dem Computer
Ein Zusammenhang zwischen Häufigkeit und Dauer der Beschäftigung mit dem Computer
und einer Medikamenteneinnahme bzw. Streßsymptomen konnte nicht festgestellt werden.
Einen Überblick über die Zeiten, die Jugendliche am Computer verbringen, zeigen die Tabellen 43 und 44.
Tabelle 43: Wie oft sitzt Du zu Hause am Computer?
Häufigkeit
gar nicht
1 - 2 Tage pro Woche
fast täglich
täglich
keine Angaben
Mädchen (%)
40,6
45,5
10,2
3,3
0,4
Jungen (%)
10,9
32,9
33,3
22,9
0,0
Tabelle 44: Wie lange pro Tag sitzt Du am Computer?
Dauer
gar nicht
bis 1 Stunde
bis 2 Stunden
bis 3 Stunden
länger als 3 Stunden
keine Angaben
Mädchen (%)
40,2
43,1
12,2
3,7
0,4
0,4
93
Jungen (%)
10,8
22,9
32,9
16,9
16,5
0,0
4. DISKUSSION UND KONSEQUENZEN FÜR DIE PRÄVENTIONSARBEIT
4.1. Diskussion der Ergebnisse
Medikamenteneinnahme der befragten Gruppen
In letzten 4 Wochen haben mindestens eins der abgefragten Medikamente eingenommen:
35% der Mütter, 17% der einzuschulenden Mädchen und 16,9% der einzuschulenden Jungen und in den 9. Klassen 48,0% der Mädchen und 20,9% der Jungen. Bei den Müttern und
den Jugendlichen handelt sich vorwiegend um Selbstmedikation.
Als Befragungszeitraum wurden vier Wochen gewählt, da längere Zeiträume (laut Literatur)
ungünstig wegen des Erinnerungsvermögens sind.
Bei allen befragten Gruppen waren die am häufigsten genannten Medikamente die
Schmerzmittel, die bei den Einschulungskindern vorwiegend als Fiebermittel zum Einsatz
kamen. Der Anteil der eingenommenen Medikamente kann in dieser Altersgruppe durch die
große Häufigkeit von Infekten erklärt werden. Zum Einsatz kamen hier fast ausschließlich
Paracetamol - Präparate, in einem einzigen Fall wurde Acetylsalicylsäure (ASS) gegeben.
Dieses Ergebnis ist als sehr positiv zu betrachten, weil acetylsalicylsäure - haltige Präparate
potentielle Auslöser des Reye - Syndroms sind.
Als Vergleich zur Einnahme von Medikamenten bei Kindern im Vorschulalter können zwei
Arbeiten der letzten Jahre genannt werden (Buser et al. 1997, Dunkelberg 1998). Hier handelt es sich ebenfalls um schriftliche Befragungen von Begleitpersonen von Kindern bei der
Einschulungsuntersuchung. Dabei verweisen die Autoren auf die Dringlichkeit einer vermehrten Aufklärung über die Nebenwirkungen von ASS bei Kindern, da in einem Drittel der Fälle
die Eltern ASS anstelle des nebenwirkungsärmeren Paracetamols verwenden.
Das positive Ergebnis der vorliegenden Arbeit ist wahrscheinlich darauf zurückzuführen,
dass die Medikamente vorwiegend vom Arzt verordnet wurden.
Zu Hypothese 1:
Der Arzneimittelkonsum hängt von der sozialen Stellung ab
Bei den in der vorliegenden Studie befragten Müttern besteht ein Zusammenhang zwischen
soziodemographischen Merkmalen und der Medikamenteneinnahme: Der Medikamentenkonsum ist bei alleinerziehenden Müttern höher als bei verheirateten oder in einer Lebensgemeinschaft lebenden Müttern (Abb. 7). Betrachtet man das Bildungsniveau, so greifen
eher die Mütter mit niedrigem Bildungsniveau zur Tablette, gefolgt von den Akademikerinnen. Das Schlußlicht bilden die Mütter mit mittlerem Bildungsniveau (Abb. 8 / Tab. 9).
Wichtig ist die Einstellung zu Arzneimitteln und deren Funktion bei der Bewältigung von Alltagsproblemen. Der sozioökonomische Status von Familien steht in enger Beziehung zum
Gebrauch von Psychopharmaka und Schmerzmitteln (Meyer 1994). Sozioökonomisch
schlechter gestellte Frauen nehmen häufiger Schmerzmittel und Psychopharmaka als besser
gestellte Frauen. Hier ist die Ausbildung und die berufliche Stellung und nicht das Einkommen ausschlaggebend; denn für die Einnahme von Medikamenten ist weniger die ökonomische Lage von Bedeutung als Einstellungen und Verhaltensweisen.
94
Bei den Ergebnissen der Jugendlichen war der Versuch, sie bzw. ihre Eltern in die verschiedenen „sozialen Schichten“ einzuordnen, daran gescheitert, dass fast 50 Prozent der Jugendlichen keine Kenntnisse über die Ausbildung und über die jetzige beruflichen Situation
ihrer Eltern hatten. Bei den Jugendlichen ist aber eine Tendenz in Richtung der Schulform
festzustellen: Am Gymnasium wird am ehesten zur Tablette gegriffen, gefolgt von der Gesamtschule und der Realschule. Auffallend bei diesen drei Schulformen ist, dass mindestens
doppelt so viel Mädchen wie Jungen Medikamente eingenommen haben. Das Schlußlicht bei
der Medikamenteneinnahme bildet die Hauptschule, wobei hier Mädchen und Jungen gleichviel (oder gleichwenig) zur Tablette gegriffen haben. Bei dieser Abhängigkeit zur Schulform
ist zu vermuten, dass besonders die Gymnasiasten unter hohen Leistungsanforderungen
und Stress im Gegensatz zu den Hauptschülern stehen (s. auch weiter unten).
Zu Hypothese 2:
Es gibt eine geschlechtsspezifische Differenzierung des Arzneimittelverbrauchs
Bei den Jugendlichen kann der höhere Schmerzmittelkonsum der Mädchen einerseits mit
den auftretenden Regelschmerzen, andererseits mit dem geschlechtspezifischen Auftreten
von Kopfschmerzen erklärt werden. Die vorliegenden Ergebnisse zeigen, dass 37 Prozent
der Mädchen und 20 Prozent der Jungen aus der 9. Jahrgangsstufe öfter unter Kopfschmerzen / Migräne leiden. Diese Ergebnisse stimmen mit verschiedenen Studien der letzten Jahre (z.B. Göbel 1997, Glaeske 1999) überein, die besagen, dass der Anteil von Mädchen mit
häufigen Kopfschmerzen vom 5. bis 9. Jahrgang kontinuierlich ansteigt (von ca. 20 auf 40
Prozent), wobei in den höheren Jahrgängen eine abnehmende Tendenz zu beobachten ist;
bei den Jungen zeigt sich dagegen ein relativ gleichmäßiges Niveau von etwa 15 bis 20 Prozent.
Beruhigungsmittel wurden von 2,9 Prozent der Mädchen der 9. Klassen und von 2,8 Prozent
der Mütter angegeben. Die Jungen der 9. Klassen haben angegeben, keine Beruhigungsmittel eingenommen zu haben. Auch Schlafmittel wurden nur von den weiblichen Jugendlichen
(1,6 Prozent) und den Müttern (1,0 Prozent) eingenommen. Beruhigungs- und Schlafmittel
standen 1997 und 1998 mit 54,6 Millionen Verordnungen an 2. Stelle der verordnungsstärksten Indikationsgruppen (Schwabe & Paffrath 1999). Nach Industriestatistiken wurden 1998
insgesamt 79,1 Millionen Packungen an Psychopharmaka, Beruhigungs- und Schlafmitteln
verkauft - je Einwohner in der Bundesrepublik eine Packung (Glaeske 2000). Aus der Literatur ist bekannt, dass vorwiegend Frauen Schmerz-, Schlaf- und Beruhigungsmittel einnehmen. Dies wird z.B. damit erklärt, dass Frauen und Männer unterschiedliche Krankheiten und
Beschwerden haben. Frauen „funktionieren“ gerade mit Hilfe von Schmerz-, Schlaf und Beruhigungsmitteln. So werden über Jahre hinweg Belastungen „bewältigt“ und Anforderungen
kompensiert, bis es zum Zusammenbruch kommt (z.B. Stadt Köln 1992, Gesundheitsamt
Münster 1999).
Außerdem steigen bei beiden Geschlechtern die Prävalenzraten mit dem Alter kontinuierlich
an und Frauen als häufigere Arzneimittelanwender weisen etwa doppelt so häufig die Anwendung von Arzneimitteln aus mehreren Arzneimittelgruppen auf (Knopf & Melchert 1999).
Die Frauen sind das „schluckende“ Geschlecht (Füller et al. 1990). Die Botschaft der pharmazeutischen Industrie lautet: Für jedes Problem gibt es eine Pille.
• für die angeblich zu Dicken gibt es Appetitzügler und Abführmittel
95
• für die Kopfschmerzgeplagten steht ein riesiger Markt freiverkäuflicher Arzneimittel zur
Verfügung und
• für die unruhigen, nervösen, gestreßten Haus- und berufstätigen Frauen gibt es die Psychopillen, d.h. dämpfende, ruhigstellende und schlaffördernde Medikamente
Zu Hypothese 3:
Es besteht ein unnötiger Medikamentenverbrauch und eventuell die Gefahr von Mißbrauch und Spätschäden
17 Prozent der Mütter, die angegeben hatten, Schmerzmittel eingenommen zu haben, hat
Kombinationspräparate verwendet, bei den Jugendlichen (nur Mädchen) sind es sechs Prozent. Schmerzmittelkombinationen von Acetylsalicylsäure und Paracetamol können schwere
Nierenschäden auslösen. Eine Rezeptpflicht zum Schutz der Patienten wurde Anfang 1998
vom zuständigen Ausschuß abgelehnt (Pharma-Brief 5/1998). Es wird geschätzt, dass 6000
bis 9000 Menschen in Deutschland aufgrund dieser Schmerzmittelkombinationen an Nierenversagen leiden. Ihr Risiko, an Krebs in den ableitenden Harnwegen zu erkranken, liegt bei
10% (Arznei-Telegramm 2/98). Thomapyrin, das meistverkaufte Präparat dieser umstrittenen
Medikamente, liegt auch an erster Stelle bei der vorliegenden Studie, sowohl bei den Müttern
(Tabelle 9) als auch bei den Mädchen der 9. Klassen (Tabelle 28).
Bei den eingenommenen Medikamenten handelt es sich sowohl bei den Müttern wie auch
bei den Jugendlichen vorwiegend um Selbstmedikation. Die Selbstmedikation kann als einfaches Instrument eingesetzt werden, um geringfügige, vorübergehende Gesundheitsstörungen zu lindern. Die kurzfristige Anwendung verursacht in der Regel auch keine nennenswerten Probleme. Die langfristige Einnahme von „selbstverordneten“ Medikamenten bringt jedoch erhebliche Risiken mit sich. Dazu gehören einerseits unerwünschte Nebenwirkungen,
die nicht immer zuverlässig vorauszusehen sind. Zudem trägt die chronische Selbstmedikation zu einer unsinnigen Medikalisation bei (Gysling 1998). Eine wesentlich Gefahr der
Selbstmedikation ist , dass eine Symptombehandlung möglicherweise davon abhält, schädliche Verhaltensweisen zu ändern.
Gerade regelmäßiger Gebrauch von Schmerzmitteln kann leicht in den Mißbrauch führen; es
müssen nach einiger Zeit immer mehr Tabletten eingenommen werden, damit die Schmerzen überhaupt verschwinden. Oft werden Tabletten schon vor dem Auftreten der Kopfschmerzen eingenommen. Daraus können bei langjährigem, regelmäßigen Gebrauch, vor
allem bei Schmerzmitteln mit mehreren Inhaltsstoffen, chronische Nierenerkrankungen entstehen. Der hohe Anteil weiblicher Dialysepatienten ist ein eindrückliches Zeichen (Kolip
1994). Die regelmäßige und langjährige Einnahme von Schmerzmitteln, die Coffein enthalten, kann zu Gewöhnung und Abhängigkeit führen.
Aber auch die Mono-Schmerzmittelpräparate mit den Substanzen Acetylsalicylsäure (z.B.
Aspirin) oder Paracetamol (z.B. Benuron) sind „nicht ohne“. Auch sie machen die Betroffenen immer empfänglicher für Kopfschmerzen und Verspannungszustände. Schmerzmittel,
die gegen Kopfschmerzen eingenommen werden, haben nämlich die unangenehme Eigenschaft, selbst Kopfschmerzen auszulösen, wenn sie zu häufig konsumiert werden. Die Betroffenen entwickeln einen „Kopfschmerzmittel - Kopfschmerz“ den sie mit immer höheren
Dosen an Kopfschmerzmitteln zu bekämpfen versuchen. Sie geraten in einen regelrechten
Teufelskreis (Göbel 1997). Es wird geschätzt, dass etwa fünf Prozent der Patienten von
Schmerzambulanzen wegen eines schmerzmittelinduzierten Kopfschmerzes kommen, der
durch freiverkäufliche Präparate verursacht wird ( Schweiger 1999).
Der Einsatz von Arzneimitteln gerade bei Kopfschmerzen/Migräne ist häufig als die wirksamste, kostengünstigste und einfachste Art, die Beschwerden zu beseitigen. Laut Literatur
96
(z.B. Schweiger 1999) finden viele den Einstieg über die Werbung, die den Kopfschmerz
nicht als das alleinige Problem zeigt, sondern Müdigkeit und Abgeschlagenheit in den Vordergrund stellt. Die Werbung suggeriert, dass die Tablette nicht nur den Schmerz löst, sondern fit , munter und leistungsfähig macht. Dadurch kann sich die Vorstellung „Kopfschmerzmittel sind Fitmacher“ bilden. Die diversen „Beimischungen“ wie Coffein (z.B. Thomapyrin) oder Vitamin C (z.B. Aspirin plus C) tragen noch zusätzlich zu dieser Vorstellung
bei. Zu guter Letzt bilden die Patienten eine Assoziation zwischen Schmerz und Leistungsfähigkeit und greifen schon zur Tablette, wenn sie sich abgeschlagen fühlen.
Neuere Forschungsergebnisse aus der Schmerzforschung belegen, dass sich Schmerzen
verselbständigen können - wenn sie längere Zeit andauern oder nicht oder falsch behandelt
werden. Heute weiß man, dass sich Schmerzen in Form von Schmerzbahnen im Rückenmark und in der Großhirnrinde einprägen und bestehen bleiben. Wenn später wieder ein
ähnlicher Schmerzreiz auftritt, erinnert sich das Nervensystem und löst ähnliche Schmerzempfindungen aus wie beim ersten Mal - auch wenn der wiederholt auftretende Schmerzreiz
wesentlich schwächer ist als beim ersten Mal. Die Reizschwelle kann sogar soweit absinken,
dass sich die Schmerzempfindung verselbständigt und damit chronisch wird.
Zu Hypothese 4:
Menschen mit häufigen Stresssymptomen greifen verstärkt zu Medikamenten
In der vorliegenden Studie wurden insgesamt 19 verschiedene Gesundheitsstörungen (bei
den Müttern und den Jugendlichen) abgefragt, die als Stresssymptome gedeutet werden
können.
Bei den Jugendlichen und bei den Müttern sind Kopfschmerzen die am häufigsten auftretenden Gesundheitsstörungen. Bei den jugendlichen Mädchen werden die Kopfschmerzen noch
vom Schwindel (38,2 Prozent) übertroffen. Bei den Mädchen (9. Klasse) gaben 37,0 Prozent,
bei den Jungen (9. Klasse) 20,5 Prozent und bei den Müttern 40,0 Prozent an, öfter unter
Kopfschmerzen / Migräne zu leiden. Bei der Frage nach den Gesundheitsstörungen wurde
nicht zwischen Kopfschmerzen und Migräne unterschieden, weil davon ausgegangen worden ist, dass viele Menschen, v.a. Jugendliche, den Unterschied nicht kennen. Die Kopfschmerzen sind die Volkskrankheit Nr. 1. In Deutschland geben 54 Mio. Menschen Kopfschmerzen als gravierende Gesundheitsstörung an (Göbel 1997). Eine wesentliche Grundlage zur Ausbildung von hartnäckigen und chronifizierten Kopfschmerzerkrankungen wird bereits in der Kindheit und Jugend gebildet. Auch verschiedene Untersuchungen der letzten
Jahre zeigen, daß Kopfschmerzen heutzutage bereits zu den Hauptgesundheitsproblemen
von Kindern im Schulalter gehören.
In vielen Ländern beobachten Spezialisten, dass die Zahl kopfschmerzgeplagter Kinder
steigt. Wer Kinder, die unter Kopfschmerzen/Migräne leiden, ermuntert, unkritisch zu
Schmerzmitteln zu greifen, kann Suchtverhalten und späteren Drogenmissbrauch fördern.
Der Schmerzmittelkonsum, aber auch der -mißbrauch gehört in der Bundesrepublik zu den
Auffälligkeiten des Arzneimittelmarktes. Pro Jahr werden in Deutschland mit ansteigender
Tendenz 3,75 Milliarden Einzeldosierungen von Schmerzmitteln eingenommen. 85% des
Schmerzmittelgebrauchs erfolgt wegen Kopfschmerzen. Kopfschmerzerkrankungen sind so
häufig, dass sie trivial und banal erscheinen, aber als weitverbreitetes Gesundheitsproblem
sollten sie ernst genommen werden, nicht trotzdem, sondern gerade weil sie alltäglich sind
(Göbel 1997). Psychische Probleme und Beschwerden wie Kopfschmerzen, Migräne und
Schlafstörungen gelten als Risikomerkmale für Medikamentenabhängigkeit, die zur Verordnung bzw. Einnahme von Medikamenten mit Mißbrauchs- und Abhängigkeitspotential führen
(Stadt Köln 1992). Aus der Schmerzforschung ist bekannt, dass durch die permanente Unterdrückung des Symptoms Schmerz die Ursachen, die eigentlich hinter den Störungen liegen, verschleiert werden (Hüper 1994).
97
Am zweithäufigsten sind die Rückenbeschwerden vertreten: Bei den Mädchen (9. Klasse)
gaben 29,3 Prozent, bei den Jungen (9. Klasse) 15,7 Prozent und bei den Müttern 31,7 Prozent an, öfter unter Rückenschmerzen zu leiden. Diese Ergebnisse entsprechen der Literatur, bei der auch darauf hingewiesen wird, dass ca. 80 Prozent der diagnostizierten Rückenbeschwerden keinen organischen Befund aufweisen. Bei den befragten Jugendlichen steht
die erhebliche geschlechtsspezifische Differenz im Einnahmeverhalten (in Übereinstimmung
mit anderen Studien) vermutlich im Zusammenhang mit unterschiedlichen Belastungsempfindungen (Stressempfinden) und Verarbeitungen. Die vorliegenden Ergebnisse zeigen, daß
Mädchen und Jungen sich zwar ungefähr genauso häufig Situationen ausgesetzt fühlen, in
denen sie sich gestreßt und genervt fühlen (s. Abb. 49/50), aber insgesamt reagieren Mädchen viel stärker mit psycho - physiologischen Streßsymptomen (s. Abb. 53) als Jungen (s.
Abb. 54). Die Ergebnisse belegen weiterhin einen Zusammenhang zwischen der Anzahl der
Streßsymptome und der Medikamenteneinnahme bei beiden Geschlechtern (s. Abb. 56).
Die Einnahme besonders von Analgetika und Psychopharmaka steht nicht unbedingt für ein
definiertes somatisches Problem und dessen Bewältigung, sondern für unterschiedlichste
Arten von Problemen und deren individueller Bewältigung. Die angegebenen körperlichen
Beschwerden wie z.B. Unruhe, Schlaflosigkeit, Muskelverspannungen sind oft die Folge von
Streß und können bei länger anhaltendem Auftreten Ausdruck einer Störung des körperlichen/psychischen Wohlbefindens sein. Mit zunehmender Belastung durch solche Beschwerden kann ein erhöhter Gebrauch von Medikamenten erwartet werden.
Wie neuere epidemiologische Studie zeigen, leiden ca. 15 Prozent der Jugendlichen zwischen 10 und 19 Jahren unter ernsthaften und behandlungsbedürftigen psychischen und
psychosomatischen Störungen (Buddeberg-Fischer et al. 2000).
Ein typisches Symptom des sogenannten „Frauensyndroms“ ist ein niedriger Blutdruck
(Kreislaufmittel), Kopfschmerzen und der große Bereich der psychischen Befindlichkeitsstörungen. Die Ergebnisse der vorliegenden Studie zeigen, dass bereits bei Mädchen aus 9.
Klassen der Beginn dieses Frauensyndroms festgestellt werden kann: Kreislaufmittel und
Schmerzmittel werden deutlich häufiger von Mädchen als von Jungen eingenommen, außerdem Beruhigungs- und Schlafmittel nur von den Mädchen; dabei besteht die Gefahr dass in
späteren Jahren Tranquilizer und Antidepressiva dazukommen (verschiedene Studien). Unterschiedliche Rollenanforderungen können bei Mädchen oft zu Gefühlen von Hilflosigkeit,
Abhängigkeit und Machtlosigkeit bis zu Depressionen führen.
Die bei den Einschulungskindern abgefragten Verhaltensstörungen wie Bauchschmerzen,
Kopfschmerzen, Bettnässen, Nägelkauen usw. (Abb. 26) können als Spannungszustände
bezeichnet werden. Kinder leiden genau wie Erwachsene unter zunehmender Reizüberflutung, Leistungsdenken und Stress. Besteht hierbei nicht die Möglichkeit, daß alle Eindrücke
und Erfahrungen richtig verarbeitet werden, so können sich Störungen im seelischgeistigen
Bereich entwickeln. Werden diese Alarmsignale nicht rechtzeitig beachtet, manifestiert sich
diese Anspannung auch im körperlichen Bereich und kann zu chronischen Beschwerden
führen.
Die Befragung bei der Einschulungsuntersuchung zeigt, dass Kinder mit Verhaltensauffälligkeiten eher mehr Medikamente als Kinder ohne Verhaltensauffälligkeiten bekommen (Abb.
28), was mit Ergebnissen anderer Studien übereinstimmt (z.B. Voß et al. 1988). Bei Verhaltensauffälligkeiten bei Kindern handelt es sich meist um ein vielgestaltetes, interaktives Problem, das sich in einer Auffälligkeit des Kindes zeigen kann und somit zum Problem des Kindes definiert wird und letztlich mit einer Behandlung des Kindes (z.B. mit Medikamenten)
endet. Viele Kinder dürften also schon früh Medikamente als Mittel zur Problemlösung kennenlernen. Dabei ist anzunehmen, dass diese Strategie im Laufe der Entwicklung in das eigene Handlungsspektrum übernommen wird (Lohaus & Klein-Heßling 1999).
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Zu Hypothese 5:
Es besteht ein Zusammenhang zwischen Fernsehkonsum und Verhaltensauffälligkeiten
Dass ein Zusammenhang zwischen der Dauer des Fernsehkonsums bzw. der Auswahl der
Fernsehsendungen und der Häufigkeit von auffallendem Verhalten (Zentrum für Bildung und
Gesundheit 1988) besteht, konnte in der vorliegenden Studie weder bei den Einschulungskindern noch bei den Jugendlichen bestätigt werden.
Zu Hypothese 6:
Der Gebrauch von Schmerzmitteln und Psychopharmaka wird durch äußere Anlässe
gefördert
Nach dem Kaufverhalten von Medikamenten in der vorliegenden Studie gefragt, antworteten
die Jugendlichen vorwiegend, dass sie Medikamente aufgrund eines Rates der Eltern kaufen
(Abb. 41). Bei den Müttern waren die Antworten nicht so eindeutig, da sie auf diese Frage
vorwiegend keine Angaben machten (Abb. 11). 12 Prozent gaben an, dass sie „oft“ Medikamente aufgrund einer Beratung in der Apotheke kaufen im Gegensatz zu Null Prozent beim
Kauf aufgrund von Werbung. Hier könnte man vermuten, dass, da die anderen Fragen im
Fragebogen korrekt beantwortet wurden, evtl. aus einem Schamgefühl heraus „ich kaufe
Medikamente aufgrund von Werbung“ nicht angekreuzt wurde.
Die Art und Weise, wie andere Familienmitglieder mit Schmerzen umgehen, beeinflußt die
eigene Wahrnehmung von Schmerz und die Fähigkeit, mit Schmerzen und Krankheit im späteren Leben zurechtzukommen (Kösters 1999).
Während die rezeptpflichtigen Arzneimittel von Ärztinnen und Ärzten ausgewählt und dosiert
werden, ergibt sich aus der Autonomie der Selbstmedikation, dass in diesem Bereich alle,
jung und alt, selbst für die Auswahl und den sinnvollen Gebrauch der Arzneimittel verantwortlich sind. Welch schwierige Aufgabe! Außerdem ist zu berücksichtigen, dass die Werbung (v.a. im Fernsehen) in erster Linie die positiven Aspekte eines Produktes in den Vordergrund rückt und damit behauptet, dass es mittels Selbstmedikations-Produkten möglich
ist, die Gesundheit wieder zu „kaufen“.
Das häusliche Klima hat eine große Bedeutung für das Auftreten von (negativen) emotionalen Reaktionen. Es gibt wichtige Anhaltspunkte dafür, dass emotionale Stressreaktionen mit
nicht eingelösten schulischen Erwartungshaltungen der Eltern sowie mit einem häuslichen
Klima in Verbindung stehen, das durch häufige Konflikte gekennzeichnet ist (Nordlohne
1992). Außerdem steht das Stresserleben von Kindern und Jugendlichen mit schul- und leistungsbezogenen Problemen in Beziehung (Lohaus et al. 1996, Ziegler 1996).
Beides konnte mit den hier vorliegenden Ergebnissen bei der Befragung in den 9. Klassen
bestätigt werden: „Medikamenteneinnehmer/innen“ haben eher Schulleistungen, die schlechter sind, als die Eltern erwarten (Abb. 57) und haben auch häufiger deswegen mit ihren Eltern Konflikte (Abb. 58); außerdem empfinden sie die schulischen Leistungsanforderungen
eher als Belastung (Abb. 59) und haben mehr persönliche Probleme als Jugendliche, die
nicht zu Medikamenten greifen (Abb. 60/61).
99
Zu Hypothese 7:
Es besteht ein Zusammenhang sowohl zwischen der Meinung der Beeinflußbarkeit der
Gesundheit und der Medikamenteneinnahme als auch zwischen der Zufriedenheit des
eigenen Gesundheitszustandes und der Medikamenteneinnahme
Im Sinne der präventiven Medizin wäre zu vermuten gewesen, dass die Beachtung der eigenen Gesundheit eine gesunde Lebensführung beinhaltet, so dass Erkrankungen und ihre
medikamentöse Behandlung vermieden werden können. Die Einnahme von Medikamenten
spiegelt bestimmte Meinungen wider:
Die Mädchen der 9. Klassen, die zu Medikamenten greifen, scheinen einerseits ihre Gesundheit stark zu beachten (Abb. 43), andererseits wird der eigene Gesundheitszustand als
eher schlechter beurteilt als bei den „Nicht-Medikamenteneinnehmerinnen“ (Abb. 45). Demnach ist der Gebrauch von Arzneimitteln bei den Mädchen der 9. Klassen als Maßnahme der
Gesunderhaltung zu betrachten. Bei den Jungen der 9. Klassen (Abb. 44) und bei den Müttern (Abb. 13) ist zu vermuten, dass eher auch Alternativen wie gesunde Lebensführung angewendet werden, da hier im Gegensatz zu den Mädchen der 9. Klassen ein negativer Zusammenhang zwischen der Beeinflußbarkeit der Gesundheit und der Medikamenteneinnahme besteht. Bei den Mädchen bedeutet demnach der festgestellte positive Zusammenhang
zwischen der Beeinflußbarkeit der Gesundheit und der Medikamenteneinnahme, dass die
Unzufriedenheit mit der Gesundheit mit Hilfe von Medikamenten behoben werden soll, was
als nicht sinnvoll und effektiv anzusehen ist, da gleichzeitig die jugendlichen „Medikamenteneinnehmerinnen“ eher unzufrieden mit ihrer Gesundheit sind.
Zu Hypothese 8:
Es besteht ein Zusammenhang zwischen der Zufriedenheit mit der Arbeit / Hauptbeschäftigung (Mütter) bzw. zwischen der Zufriedenheit mit den schulischen Leistungsanforderungen (9. Klassen) und der Medikamenteneinnahme
Mütter, die zu Medikamenten greifen, sind mit ihrer beruflichen Situation unzufriedener als
die „Nicht-Medikamenteneinnehmerinnen“. Aus den bisherigen Ergebnissen der vorliegenden Studie wird deutlich, dass dies in Zusammenhang mit dem resultierenden Stressempfinden und den gesundheitlichen Beschwerden steht.
Auch schon bei den Jugendlichen ist diese Tendenz zu erkennen: Die „Medikamenteneinnehmerinnen“ sind mit ihren Schulleistungen unzufriedener, haben eher Schulleistungen, die
schlechter sind als die Eltern erwarten und haben auch deswegen häufiger Konflikte mit ihren Eltern; außerdem empfinden sie die schulischen Leistungsanforderungen eher als Belastung und haben mehr persönliche Probleme als Jugendliche, die nicht zu Medikamenten
greifen. Diese Ergebnisse stimmen mit der Literatur überein (z.B. Engel & Hurrelmann 1994)
Zu Hypothese 9:
Es besteht ein Zusammenhang zwischen dem Rauchen (nur Jugendliche) und der Medikamenteneinnahme
Bei den in der vorliegenden Studie befragten Jugendlichen (besonders bei den Mädchen)
scheint der Eindruck geweckt zu sein, dass sie mit Nikotin subjektiv erlebtes Wohlbefinden
steigern oder wieder herstellen könnten: 27 Prozent der gelegentlichen und 80 Prozent der
regelmäßigen Raucher/innen dient der Glimmstengel zur Stressbewältigung (Tab. 35).
100
Die gelegentlichen und die regelmäßigen Raucher haben mehr Stresssymptome als die
Nichtraucher (Tab. 36/37) und greifen eher zu Medikamenten (Abb. 64/65). Gleichzeitig sind
sie unzufriedener mit ihrem Gesundheitszustand (Tab. 33). Außerdem haben sie mehr Probleme als die Nichtraucher/innen (Abb. 68/69), empfinden die schulischen Leistungsanforderungen eher als Belastung (Tab. 39/40) und haben eher schlechtere Schulleistungen, als die
Eltern erwarten (Abb. 67).
Fazit:
Die Ergebnisse der vorliegenden Studie zeigen, dass die Gefahr, in einen übermäßigen
und/oder langfristigen Tablettenkonsum hineinzuschlittern, groß ist: Mütter mit mehreren
Stresssymptomen greifen eher zu Medikamenten. Medikamente, v.a. Schmerzmittel werden
von Ärzten verordnet und von Apothekern verkauft, denen die meisten Patienten Vertrauen
und Respekt entgegenbringen. Arzneimittel einzunehmen ist „normal“. Jugendliche orientieren sich an ihren Eltern.
Die Information der Verbraucher/innen wird immer wichtiger, weil die Selbstmedikation eine
immer größere Rolle spielt und nichtrezeptpflichtige Arzneimittel zunehmend außerhalb von
Apotheken vertrieben werden (Supermarkt, Internet).
Doch die Selbstmedikation birgt Gefahren (Andreas-Siller 1991):
• Kinder lernen in frühen Jahren ein Modell der Konflikt- und Krankheitsbewältigung, das im
Erwachsenenalter aufrechterhalten wird.
• Heranwachsende sind den Gefahren einer „erlernten Sucht“ ausgesetzt.
• Der „schnelle Griff zur Tablette“ installiert bei Kindern und Jugendlichen ein Verständnis
von Gesundheit und Krankheit, das einem ganzheitlichen Menschenbild widerspricht. Diese mechanistische Haltung dem eigenen Körper gegenüber kann dazu führen, dass die
Wahrnehmung von „gesunden Körpersignalen“ auf krankmachende Umweltreize gestört
wird und das Ausprobieren von Alternativen verhindert wird.
Es ist deutlich geworden, dass sowohl die Mütter von Einschulungskindern als auch die Jugendlichen, v.a. die Mädchen, den Versuch unternehmen, ihre somatischen Stressreaktionen mit der Einnahme von Medikamenten zu beeinflussen. Der Vorteil, der mit dem Medikamentenkonsum verbunden ist, besteht darin, dass vielfach bereits nach kurzer Zeit eine Linderung der Symptomatik eintritt. Hinzu kommt, dass es sich um eine relativ einfache Lösung
handelt, die keine aufwendigen Verhaltensänderungen erfordert. Das Problem dabei ist,
dass durch Medikamente die stressauslösenden Faktoren nicht beeinflusst, sondern lediglich
die Symptome bekämpft werden. Es handelt sich also zwar um kurzfristig wirksame, aber
dennoch kurzsichtige Lösungen, bei denen die auslösenden Faktoren bestehen bleiben. Dabei ist auch zu bedenken, dass eine Gewöhnung an den Konsum von Medikamenten zur
Problemlösung eintreten kann.
Es kann Situationen geben, wo es sinnvoll ist, mit Hilfe von Medikamenten zunächst eine
Entlastung zu schaffen, um andere Zugangswege überhaupt wieder zu öffnen, so dann,
wenn bereits eine schwere Stresssymptomatik vorliegt. Hier können Medikamente dazu beitragen, einen somatischen oder psychischen Zustand wiederherzustellen, der einen konstruktiven Umgang mit einer Belastungssituation überhaupt erst wieder ermöglicht. Dies ist
jedoch eher eine Ausnahme, während in der Regel andere Zugänge erprobt werden sollten,
um mit Stressreaktionen umzugehen.
101
Hinzu kommt, dass mit dem Medikamentenkonsum gelernt wird, Arzneimittel als taugliches
Mittel zur Problemlösung zu sehen. Es ist wichtig, Kindern früh zu vermitteln, dass es sinnvoll ist, sich mit belastenden Situationen auseinanderzusetzen und nicht versuchen, ihnen zu
entfliehen. Fluchtgedanken stehen nicht selten auch hinter Nikotin-, Alkohol- und Drogenkonsum, wenn sie zur Problembewältigung eingesetzt werden. Es kommt also darauf an,
schon früh zu vermitteln, dass stresserzeugende Probleme von den Ursachen angegangen
werden sollten (Lohaus & Klein-Heßling 1999).
Gesundheitsstörung Nr. 1 sowohl bei den Müttern als auch bei den Jugendlichen sind Kopfschmerzen / Migräne. Die ärztliche Versorgung von Kopfschmerzpatienten ist in der Regel
gesprächsintensiv, so daß für den niedergelassenen Arzt kaum eine wirtschaftliche Motivation besteht, sich mit dem Thema Kopfschmerz zu befassen. Ein Großteil der Patienten mit
Kopfschmerzen sucht primär nicht ärztliche Hilfe auf, sondern läßt sich in der Apotheke beraten. Unzureichende ärztliche Fortbildung v.a. auch bei Kopfschmerzerkrankungen im Kindesalter in Kombination mit mangelndem wissenschaftlichen Interesse behindern sowohl die
Etablierung effektiver Therapiemaßnahmen als auch die frühzeitige Entwicklung geeigneter
Präventionsstrategien für das Kindes- und Jugendalter (Überall 2000). Kopfschmerzen sind
im Kindesalter ein häufiges Begleitsymptom verschiedenster Infektionskrankheiten mit oder
ohne Fieber, können Folge systemischer Erkrankungen, Teilaspekte einer akuten oder chronischen Störung des zentralen Nervensystems, psychisch bedingt, sekundäre Unfallfolge
oder z.B. im Fall der Migräne bzw. der Kopfschmerzen vom Spannungstyp - Ausdruck einer
eigenständigen Erkrankung sein.
Den meisten Kopfschmerzpatienten ist nicht bekannt, dass spezifische Verhaltensmaßnahmen zur Kopfschmerztherapie eingeleitet werden können. Ein Großteil der betroffenen Patienten nimmt die Schmerzen passiv hin oder konsumiert initial Analgetika, ohne die spezifischen Möglichkeiten der Kopfschmerztherapie und -prävention zu kennen. Kopfschmerzen
und Migräne sind kein unausweichliches Schicksal, sondern Zeichen für gewisse Faktoren,
die beeinflussbar sind. Besonders wichtig sollten präventive Maßnahmen in der Kindheit und
Jugend sein, die über alternative Methoden und über Selbstmedikation und deren Gefahren
aufklären. Knapp 15% aller Kopfschmerzpatienten entwickeln im Laufe ihres Lebens einen
Schmerzmittelmissbrauch, der zu täglichem, dauerförmigem Kopfschmerz führt und der nur
durch stationäre Maßnahmen verbessert werden kann (Göbel 1997).
Die Suchtgefährdung der Kinder beginnt beim Konsumverhalten der Erwachsenen, im Fall
der vorliegenden Studie beim Umgang mit den gesellschaftlichen Alltagsdrogen Medikamente und Zigaretten. Da man unsere Gesellschaft nicht grundlegend ändern kann und will, muß
man akzeptieren, dass Nikotin und Arzneimittel zur Steigerung des Wohlbefindens bzw. zur
Beseitigung von Befindlichkeitsstörungen angewandt werden. Mit der pauschalen „Verteufelung“ dieser Verhaltensweisen würde sich die Prävention unglaubwürdig machen. Aufgabe
der Prävention ist es, realisierbare Alternativen zum Wohlfühlen anzubieten.
102
4.2. Konsequenzen für die Präventionsarbeit
Aus den Ergebnissen der vorliegenden Studie geht hervor, was für die Suchtprävention wichtig sein sollte:
• Der alltägliche Umgang mit Medikamenten v.a. bei Kopfschmerzen und Migräne
Der angemessene und sparsame Gebrauch von Arzneimitteln bei Jugendlichen und vor
allem in Familien mit Vorschulkindern ist zu fördern. Bei der Entwicklung von Sucht spielt
u.a. der unkritische Umgang mit Medikamenten im Kindes- und Jugendalter eine entscheidende Rolle.
• Eine erfolgreiche Stressbewältigung
Der Zusammenhang von Problem- bzw. Stressbewältigung und Medikamentenkonsum
und auch Rauchen bleibt den Betroffenen offenbar weitgehend unbewußt. Wichtige Inhalte für die Prävention gegen die Arzneimittelabhängigkeit bzw. einen erhöhten Medikamentenverbrauch und gegen das Rauchen sollten Maßnahmen sein mit Information über die
Entstehung von Arzneimittelabhängigkeit, das Aufzeigen von Zusammenhängen einerseits zwischen Stress und Schmerzen und andererseits zwischen Stress und Rauchen.
Wichtige Ansatzpunkte, an die man bei der Förderung der Stressbewältigung im Kindesalter anknüpfen kann, sind (nach Lohaus & Klein-Heßling 1999):
• die Verbesserung der Fähigkeit, Stressreaktionen als solche bei sich und anderen zu
erkennen
• die Stärkung der Fähigkeit zur Wahrnehmung und Bewertung von stresserzeugenden
Situationen
• die Steigerung der Kompetenz zur Analyse stressauslösender Faktoren und zur Suche
nach situationalen Veränderungsmöglichkeiten
• die Erweiterung des Spektrums der verfügbaren Stressbewältigungsstrategien und die
Verbesserung der Fähigkeit zu einem situationsgerechten Einsatz
• die Erhöhung der bei sich selbst wahrgenommenen Kompetenzen zur Problembewältigung und die Verbesserung des eigenen Selbstwertgefühls
Besonders bedeutsam könnte das Angebot des Erlernens von alternativen Stressbewältigungsmaßnahmen wie Entspannungstechniken sein. Ziel dabei sollte sein, die individuellen Ressourcen für die Bewältigung von Problemen zu stärken: Was Kinder brauchen, ist
ein Körpergefühl, das sie widerstandsfähiger macht gegen die sogenannten Alltagsdrogen. Denn wer gelernt hat, mit Stress umzugehen, sich zu entspannen und mit seinen Gefühlen umgehen kann, der ist für Suchtmittel weniger anfällig. Für Erwachsene gibt es als
Hilfe zur Bewältigung von Stress ein vielfältiges Angebot zum Entspannen, für Kinder
nicht. Auch sollte eventuell an geschlechtsspezifische Präventionsmaßnahmen gedacht
werden (besonders in der Pubertät).
103
4.2.1. Stress - was ist das überhaupt?
Die Stressforschung läßt sich in einige wichtige Etappen gliedern (Hüther 1999):
Der eigentlich erste Stressforscher moderner wissenschaftlicher Prägung war Charles Darwin (1809-1882). Obwohl er den Begriff „Stress“ selbst noch nicht verwandte, sah er in der
Umwelt eine ständige Herausforderung und Bedrohung für Lebewesen jeglicher Art. Seiner
Auffassung zufolge erzeugt dieser „Stress“ einen Selektionsdruck, der nur die stärksten und
angepassten Individuen einer Art überleben lässt. Darwins Überzeugung, dass diese
„Selbstoptimierung“ einer Art auf genetischer Ebene stattfindet, eben durch Bevorzugung
von Individuen mit „besserer“ genetischer Anlage, die diese durch Fortpflanzung weitergeben können, findet so eine späte Bestätigung durch die Stressforschung. Darwin sah die
Reaktion eines Individuums auf den Stress des Selektionsdruckes als die des ganzen Organismus an, bei der Physiologie und Verhalten eine Einheit bilden - eine Auffassung, die erst
nach gut einem Jahrhundert von der Stressforschung wieder aufgegriffen wurde und heute
fester Bestandteil moderner Stresstheorien ist.
Nur wenige Jahre nach Darwin entwarf der französische Physiologe Claude Bernard eine
mechanistische Theorie. 1865 beschrieb er den Organismus als eine lebende Maschine, die
in dauernder Verbindung mit der Außenwelt steht. Kommt es durch äußere Einflüsse zu einer Störung des „inneren Milieus“, so wird dieses durch „Schutzfunktionen“ wieder hergestellt; versagen diese Schutzfunktionen, so resultiert Krankheit und Tod.
Der amerikanische Physiologe Walter B. Cannon hielt 1914 an Bernards Vorstellungen von
der Aufrechterhaltung eines inneren Milieus fest. Er prägte hierfür den Begriff „Homöostase“
und führte für die störenden Einflüsse erstmals den Begriff „Stress“ ein. Er erkannte als erster die Bedeutung der Katecholamine für die Reaktion des Organismus als eine Stressbelastung. Ihre vermehrte Ausschüttung befähigt den Organismus zu Kampf oder Flucht (Cannon
1914).
Geprägt wurde die Stressforschung von dem kanadischen Arzt für experimentelle Medizin
Hans Selye (1936). Er beschrieb erstmals die pathogene Wirkung von Stressbelastungen.
1946 entwarf er das Modell des „Allgemeinen Adaptationssyndroms“, das eine stereotype
und unspezifische Reaktion auf verschiedene Stressoren darstellt. Einer „Alarmphase“ allgemeiner Aktivierung folgt eine „Phase des Widerstandes“, die bei weiterbestehendem
Stressor in die „Phase der Erschöpfung“ mit Organveränderungen mündet und zum Tod führen kann. Selye beschrieb als erster die zentrale Funktion der Kortikosteroide bei der Stressantwort und sah sie als das pathogene Agens an. 1971 definierte Selye Stress als die „unspezifische Reaktion des Körpers auf jegliche Beanspruchung“. Zur Unterscheidung von
„krankmachendem“ versus „gesunderhaltendem Stress“ führte er 1974 die Begriffe
„Dysstress“ und „Eustress“ ein.
Tyhurst (1953) wies darauf hin, dass es neben Wiederherstellung und Krankheit noch eine
dritte Möglichkeit gibt, nämlich die der Reorganisation, also Stressbewältigung durch Veränderung des Organismus.
Lazarus (1966) stellte die subjektive Bewertung von Situationsanforderungen als entscheidend für die Stressreaktion eines Individuums dar und brachte eine neue Perspektive in die
Stressforschung ein, die weiter differenziert wurde (Lazarus & Folkmann 1984). Sie unterschieden zwischen einer „Erstbewertung“ (primary appraisal), in der das Individuum ein Ereignis hinsichtlich seiner Auswirkungen auf die eigene Person einschätzt, einer „Zweitbewertung“ (secondary appraisal) als Einschätzung der individuellen Bewältigungsmöglichkeiten und einer dritten Phase der abschließenden „Neubewertung“ der Situation. Im Anschluß
an die drei Phasen folgt im Modell von Lazarus und Folkman der „Bewältigungsprozess“ (coping). Mason (1971) griff Lazarus´ Überlegungen auf und verlangte eine Stressdefinition, die
das „ganze Spektrum interagierender Faktoren“ einschließlich Stimuli, Bewertung und Reaktion beinhaltet. Darüber hinaus zeigte er in zahlreichen Experimenten, dass es keine unspezifische physiologische Stressreaktion gibt, sondern in Abhängigkeit vom Stress-Stimulus
104
eine große intra- und interindividuelle Variabilität der neuroendokrinen Antworten besteht.
Lazarus (1966) und Mason (1971) wiesen erstmals seit Darwin auf die Wichtigkeit des Verhaltens im Rahmen der Stressantwort hin. Diese Vorstellung wurde durch die Beobachtung
erhärtet, dass nicht nur eine belastende Situation selbst, sondern bereits die Vorstellung einer solchen zu einer psychoneuroendokrinen Stressreaktion führen kann (Moore-Ede 1986).
Moderne integrative Stresstheorien tragen den Ergebnissen früherer Forschung Rechnung
und vermitteln eine sehr differenzierte Sichtweise des Phänomens Stress. Ursin und Olff
(1993) konstruierten ein dreiteiliges Stressmodell, in dem sie den „Stressstimulus“ vom
„Stressbewertenden oder -verarbeitenden System“ und der „Stressantwort“ unterscheiden.
Für die Gesamtheit der Aktivierung eines solchen Prozesses schlug Weiner (1992) den Begriff „Stresserfahrung“ (stressful experience) vor. Ursin und Olff (1993) betonten die Notwendigkeit, zwischen zwei Arten der stressbedingten Aktivierung zu unterscheiden. „Phasische
Aktivierung“ trete bei erfolgreicher Bewältigung auf und gehe mit einer vermehrten Adrenalinausschüttung, Pulsfrequenzanstieg und einer mäßigen Erhöhung des Plasmatestosteronspiegels einher, bei ausbleibender oder erfolgloser Bewältigung gehe diese in „tonische
Aktivierung“ über, welche nach einiger Zeit zu psychosomatischen Beschwerden führe.
In zunehmenden Maße beschäftigten sich auch kognitive Psychologen und Psychoanalytiker
mit der Frage, wie psychische Belastungen entstehen und welche Auswirkungen sie auf das
Denken, Fühlen und Handeln einer Person haben. Sie entwickelten eine Vielzahl von Theorien über die Ursachen und die Konsequenzen von Angst und psychischen Konflikten. Die
diesen psychischen Prozessen zugrundeliegenden neurobiologischen Mechanismen fanden
hierbei jedoch nur wenig Beachtung.
Im letzten Jahrzehnt hat sich eine neue interdisziplinäre Forschungsrichtung entwickelt, die
den offensichtlichen, aber dennoch bis vor wenigen Jahren völlig ungeklärten Zusammenhang zwischen dem psychischen Befinden und unserer Gesundheit entschlüsseln will: die
Psychoneuroimmunologie (PNI). Die PNI geht davon aus, dass eine grundlegende Voraussetzung für Gesundheit ein störungsfreies Zusammenspiel zwischen Nerven-, Hormon- und
Immunsystem ist. Für die überaus logisch erscheinende Vorstellung, dass der menschliche
Körper ein Netzwerk miteinander agierender Systeme ist, gibt es mittlerweile eine unüberschaubare Anzahl von Forschungsergebnissen (Miketta 1994). Inhalt der PNI-Forschung ist
die Aufklärung der Kommunikationswege zwischen Psyche und Körper auf zellulärer Ebene,
so dass die Vorstellung „Emotionen beeinflussen Krankheitsprozesse“ allgemein wissenschaftlich anerkannt sein wird.
Fasst man alles Gesagte über Stress zusammen, so wird folgendes klar:
Stress ist kein ausschließlich externer, auf das Individuum wirkender Reiz, sondern Stress
entsteht in Abhängigkeit von der Art und Weise, wie Umweltereignisse wahrgenommen und
bewertet werden sowie in Abhängigkeit von den verfügbaren und genutzten Bewältigungsstrategien. Stress ist ein gestörtes oder instabiles Gleichgewicht zwischen situativen Anforderungen und den Fähigkeiten und Bewertungen des Individuums bzw. ein als subjektiv überfordernd empfundener unangenehmer bio-psycho-sozialer Spannungszustand.
Stress geht einher mit Änderungen des Denkens, Fühlens, Handelns und mit einer physiologischen Stressreaktion. Auf der physiologischen Ebene drückt sich eine Stressreaktion in
einem erhöhten Aktivierungszustand aus, d.h. in einer erhöhten Akivität des Sympathikus:
Erhöhung der Pulsfrequenz, Erhöhung des Blutdrucks, Ausschüttung von Stresshormonen,
Erhöhung der Atemfrequenz, Pupillenerweiterung und Muskelanspannung.
105
Der Sympathikus bildet mit seinem Gegenspieler, dem Parasympathikus, das vegetative
Nervensystem. Das vegetative Nervensystem reguliert vor allem Atmung, Blutkreislauf,
Stoffwechsel, Wärme- und Wasserhaushalt des Körpers - ohne den Willen des Menschen
(deswegen wurde es früher auch als autonomes Nervensystem bezeichnet) - und steht mit
dem Zentralnervensystem in Verbindung. Das Zentralnervensystem verarbeitet u.a. die Reize der Außenwelt und verbindet so Körper und Umwelt. Der Sympathikus ist in den Phasen
der Arbeit, der Anspannung und Leistungsbereitschaft aktiv; der Parasympathikus ist in den
Phasen der Ruhe, der Erholung, der Regeneration und der Verdauung aktiv.
Die erhöhte physiologische Aktivierung kann mit einer Zunahme der Verhaltensaktivität (Hektik) verbunden sein. Mit dem Gefühl der Überforderung kann es dann zu stressbezogenen
Gedanken (wie „Das schaffe ich nicht“, „Das ist mir zuviel“) kommen, die das Stressempfinden noch weiter verstärken können.
Der biologische Sinn der Stressreaktion:
Betrachtet man die Evolution, so sorgte die Stressreaktion für eine gute Anpassung an die
Umwelt: auf ein bedrohliches Ereignis wurde in kürzester Zeit eine Flucht- oder Kampfbereitschaft hergestellt. Auf bedrohliche Situationen mit Stress zu reagieren ist demnach ein natürliches Verhalten. Kritisch wird es dann, wenn ständig Bedrohungen wahrgenommen werden
und sich der Organismus dauerhaft in einem Aktivierungszustand befindet, ohne dass er
Erholungspausen bekommt. Dieser dauerhafte Aktivierungszustand kann die körperlichen
und psychischen Abwehrkräfte schwächen und die Krankheitsanfälligkeit erhöhen. Als Folge
davon können vermehrt Infektionen und psychosomatische Beschwerden auftreten.
Die Stressreaktion als Chance zur Änderung
Wir haben die Stressreaktion nicht deshalb, damit wir krank werden, sondern damit wir uns
ändern können. Krank werden wir erst dann, wenn wir die Chancen, die sie uns bietet, nicht
nutzen. Wenn wir Herausforderungen, die das Leben bietet, vermeiden, ebenso, wie wenn
wir immer wieder nur ganz bestimmte Herausforderungen suchen. Wenn wir uns weigern,
die Angst zuzulassen und unsere Ohnmacht einzugestehen ebenso, wie wenn wir unfähig
sind, nach neuen Wegen zu suchen, um sie überwindbar zu machen. Das gilt für jeden einzelnen ebenso wie für die Gemeinschaften oder Gesellschaften, die sie bilden (Hüther 1999).
Jeder einzelne sollte deshalb frühzeitig überlegen, wie man auf Beschwerden anders als
durch die Einnahme von Medikamenten reagieren kann. In welcher Notlage sich Menschen
(gleichgültig, ob Kinder, Jugendliche oder Erwachsene) befinden: Ein erster Schritt zu mehr
Wohlbefinden ist das Gespräch mit anderen. Nur dadurch ergibt sich die Chance, Verständnis, Zuwendung und neue Impulse zu bekommen. Hilfreich ist es zudem, über Gewohnheiten
oder einfache Übungen zu verfügen, die körperlich und seelisch entspannen. So kann bei
Stress schon eine Ruhepause von zehn Minuten Wunder wirken. Ein abendlicher Spaziergang ist eine besseres Schlafmittel als Tabletten, und 1000 Meter schwimmen baut mehr
Spannungen ab als eine Beruhigungspille. Mit anderen Worten: die Verfügbarkeit eines möglichst breiten Spektrums von Bewältigungsstrategien ist wichtig,
Vorwiegend von Krankenkassen, aber auch von anderen Institutionen des Gesundheitswesens sind in den letzten Jahren diverse Zeitschriftenartikel und Informationsbroschüren einerseits über Kopfschmerzen und Migräne, andererseits über Stress veröffentlicht worden.
Dabei wurde u.a. darauf hingewiesen, dass Entspannungsverfahren wie die Progressive
Muskelrelaxation (nach Jacobson) und das Autogene Training (nach Schultz) geeignete Methoden gegen Kopfschmerzen / Migräne und Stress sind und dass sie bereits bei Kindern
angewendet werden können.
106
Um zu erproben, inwieweit Stressbewältigungsmaßnahmen in den schulischen Alltag integriert werden können, wurden bereits während der Fertigstellung der vorliegenden Studie
Maßnahmen zum Stressabbau bei Schüler/nnen durchgeführt.
4.2.2. Entspannungstechniken
Das Thema Entspannungstechniken ist in den letzten Jahren geradezu in Mode gekommen.
Auch für Kinder und Jugendliche wurde eine Reihe von spezifischen Entspannungstechniken
entwickelt und propagiert (Petermann 1999). Entspannung wird mit Gesundheit einerseits
und Stressbewältigung andererseits in Zusammenhang gebracht.
Entspannung ist ein lebenswichtiges Prinzip. In allen organismischen Systemen findet ein
Wechsel zwischen erhöhter und verminderter Aktivität, zwischen Anspannung und Lockerung, Zuammenziehen und Lösung, Systole und Diastole statt. Wichtig für die Funktionstüchtigkeit eines Organsystems oder eines Organismus ist die Balance zwischen Anspannungund Entspannungsphasen. Jeder von uns weiß, dass zu einem Leben, das Anstrengung und
Mühe verlangt, Phasen der Ruhe und Entspannung gehören. Belastungen, die die Kräfte des
Körpers übersteigen, sind ebenso unnatürlich und schädigend wie zu lange Phasen der Passivität und Immobilisation (Vaitl & Petermann 2000).
Die erste, in unserem Kulturkreis bedeutende Entwicklung von Entspannungsverfahren geht
auf das Jahr 1926 zurück. Von der Hypnose kommend versuchte der Arzt J.H. Schultz eine
Technik zu entwickeln, die es Patienten ermöglichen sollte, selbständig, d.h. autonom, die
positiven Effekte herbeizuführen, die sich bei der Anwendung von Hypnose einstellen. Sein
aus diesem Anliegen heraus entwickelte Verfahren war das Autogene Training. Seit diesen
Jahren haben sich eine Reihe von Entspannungsverfahren herauskristallisiert und sind inzwischen hinsichtlich ihrer Wirksamkeit überprüft und auf empirisch fundierte Grundlagen
gestellt worden (Schott & Braun, 2000).
Entspannungsreaktionen entstehen nicht aufgrund „zauberhafter“ oder mystischer Vorgänge,
sondern Entspannung ist ein Vorgang, der biologisch angelegt ist. Das Reaktionsmuster der
Entspannung gehört zum Verhaltensrepertoire, das in der Natur jedes Menschen verankert
ist. Es ist also kein seltener Ausnahmezustand, muss aber in der Regel erst geweckt werden, da es in unserer westlichen Kultur nicht selbstverständlich schon kleinen Kindern vermittelt wird. Entspannung lässt sich aber von jedem erlernen und durch Üben immer leichter
und verlässlicher hervorrufen. So wird auf eigenen „Befehl“ (d.h. durch Selbstinstruktion) ein
durch klassische Konditionierung geschaffenes Muster in Gang gesetzt, das aus charakteristischen Veränderungen neurovegetativer und zentralnervöser Prozesse besteht. D.h. es bedarf ausdauernder Übung, um mit Hilfe eines selbstgegebenen Signals schnell einen Entspannungszustand zu erreichen und über einen Zeitraum von mehreren Minuten oder Stunden aufrecht zu erhalten. Nur durch Training läßt sich aufgrund eines selbstgesetzten Reizes
in verschiedensten Alltagssituationen eine Entspannungsreaktion auslösen (Sammer 1999).
Viele uninformierte Menschen verwechseln Entspannung mit Schlaf. Sie sind der Meinung,
dass sie optimal entspannt sind, wenn sie binnen kurzer Zeit einschlafen. Aus der neurophysiologischen Forschung weiß man allerdings (durch zahlreiche EEG-Ableitungen), dass sich
die Schlafmuster eindeutig von den Entspannungsmustern unterscheiden (Vaitl 2000).
Beim Autogenen Training werden dem Körper Instruktionen zur Ruhe, Schwere, Wärme und
ruhigem Atem gegeben (Hoffmann 1997), bei der Progressiven Muskelrelaxation werden
nacheinander 16 bis 20 Muskelgruppen angespannt und anschließend wieder entspannt
(Olschewski 1994).
107
Die Entspannungsreaktion ist an psychologischen und physiologischen Kennzeichen zu erkennen (Sammer 1999, Vaitl 2000):
Psychologische Kennzeichen einer Entspannungsreaktion:
• Gelassenheit (Affekte und Emotionen lassen sich weniger leicht provozieren, es treten
daher in der Folge auch weniger Erregungs- und Angstzustände auf).
• Mentale Frische; nach den Übungen stellt sich ein Gefühl des Ausgeruhtseins sowohl in
körperlicher als auch geistiger Hinsicht ein; Zunahme der Merk- und Konzentrationsfähigkeit.
• Erhöhung der Wahrnehmungsschwellen; im Laufe der Übungen verlieren die Außenreize
(Geräusche, Beleuchtungsänderungen, taktile Stimulationen) immer mehr die Fähigkeit,
eine Reaktion auszulösen, meist werden sie gar nicht mehr wahrgenommen.
Physiologische Kennzeichen einer Entspannungsreaktion:
• Neuromuskuläre Veränderungen: Abnahme des Tonus der Skelettmuskulatur und Verminderung der Reflex-Tätigkeit
• Kardiovaskuläre Veränderungen: Periphere Gefäßerweiterung (Vasodilatation, insbesondere in den Hautarealen); geringfügige Verlangsamung des Pulsschlags; Senkung des arteriellen Blutdrucks
• Respiratorische Veränderungen: Abnahme der Atemfrequenz; Gleichmäßigkeit der einzelnen Atemzyklen; Abnahme des Sauerstoffverbrauchs
• Elektrodermale Veränderungen: Abnahme der Hautleitfähigkeit
• Zentralnervöse Veränderungen: Veränderungen der hirnelektrischen Aktivität (EEG)
Zugrunde liegt eine durch die Entspannungsmethode erlernte Umschaltung im neurovegetativen Nervensystem. Man geht heute davon aus, dass die physiologischen Effekte von Entspannungsverfahren wahrscheinlich dadurch entstehen, dass die sympathikoadrenerge Erregungsbereitschaft gedämpft wird. Dies bedeutet nun nicht automatisch, dass die parasympathische Aktivität erhöht ist, sondern dass ein Balance-Zustand zwischen Sympathikus und
Parasympathikus besteht (Petermann 1999) und damit der Stressreaktion, bei der ein Ungleichgewicht zwischen den beiden neurovegetativen Gegenspielern entstanden ist, entgegengewirkt werden kann.
108
Warum Entspannung in einem frühen Alter?
Aus der Literatur über Entspannungstechniken bei Kindern geht folgendes hervor:
• Entspannungstechniken sind unspezifische Vorgehensweisen; sie können keine psychischen oder Verhaltensprobleme beseitigen, sondern dienen der Prävention
• Entspannungstechniken sind aber wertvoll und hilfreich beim Abbau von körperlicher Erregung, motorischer Unruhe und Gefühlen der Angespanntheit (bei Angst, Agression, Hyperaktivität). Verhaltensprobleme und psychosomatische Erscheinungsformen können so
lange gut mit Entspannungstechniken behandelt werden, wie sie sich noch nicht in regelrechten neurotischen Krankheitsbildern manifestiert haben
• Entspannungstechniken stellen Voraussetzungen bereit, um mit Kindern erfolgreich zu
lernen, spielen und zu arbeiten
• Entspannungstechniken sind einsetzbar ab dem 4. Lebensjahr, unabhängig von der Intelligenz; nötig ist eine gewisse Konzentrationsfähigkeit
• Die Entspannungstechniken Progressive Muskelrelaxation (PMR) und Autogenes Training
(AT) werden kindgerecht, d.h. ganzheitlich mit Geschichten u. Phantasiereisen durchgeführt
• Die Auslösung von Entspannungsreaktionen in Alltagssituationen sind nur durch Training
möglich (Wirkung: gleichbleibender Ablauf = Ritual, das automatisiert wird)
• Entspannungstechniken stellen schon im Kindesalter eine Hilfe bei der Bewältigung alltäglicher Belastungen dar
• Die Kompetenzen bei zukünftigen Stresssituationen werden gefördert und evtl. vielfältige
Störungen (z.B. Kopfschmerzen) verhindert (u. evtl. der Griff zur Schmerztablette)
• Die Selbstheilungskräfte werden aktiviert: körperliche, seelische und geistige Spannungen
werden gelöst und das Selbstvertrauen gestärkt
• Die Konzentrationsfähigkeit wird erhöht, das Kind verringert Versagensängste und gewinnt mehr Ruhe und Gelassenheit
• Das Kind wird bei seiner Balance zwischen Anforderungen und Fähigkeiten unterstützt
und gerade vor oder zu Beginn der schulischen Laufbahn sind noch am ehesten Einflußmöglichkeiten auf das Streßbewältigungsverhalten von Kindern gegeben
• Phantasie und Kreativität werden angeregt: die Erwartungen und Forderungen der Erwachsenen werden weniger als Belastungen, sondern als spannende Herausforderungen
angesehen
• Das Erlernen von Entspannungstechniken kann dazu beitragen, dass „normale“ Alltagsdrogen (z.B. Schokolade zur Belohnung, Fernsehen gegen Langeweile) verdrängt werden
• Die Körperwahrnehmungsfähigkeit wird erhöht
• Wichtig ist, dass gesundheitsfördernde Maßnahmen ins tägliche Leben integriert werden
109
Die Grundformeln des autogenen Trainings (AT)
1. Ruheübung:
Ich bin ganz ruhig
2. Schwereübung:
Beide Arme sind angenehm schwer
Beide Beine sind angenehm schwer
3. Wärmeübung:
Beide Arme sind wohlig warm
Beide Beine sind wohlig warm
4. Atemübung:
Der Atem geht ruhig und gleichmäßig
5. Herzübung:
Das Herz schlägt ruhig und gleichmäßig
6. Bauchübung:
Der Bauch ist strömend warm
7. Kopfübung:
Die Stirn ist kühl, der Nacken strömend warm
Ich bin ganz ruhig
Die Progressive Muskelrelaxation (PMR)
• entwickelt von dem Internisten Edmund Jaobson (1885 - 1976) zeitgleich zum Autogenen Training von Schultz; Jacobson entdeckte an seinen Patienten, daß ein Zusammenhang zwischen Spannung bzw. Angst und dem Muskeltonus besteht. Joseph Wolpe hat die PMR verkürzt, später hat er die systematische Desensibilisierung (Gegenkonditionierung) eingeführt
• Wechsel zwischen Anspannung und Entspannung der quergestreiften Muskulatur; immer kombiniert mit Ein- und Ausatmen; die Konzentration ist immer auf die Empfindungen gerichtet, die man während des An- u. Entspannens hat: Sensibilisierung wird erreicht
• durch Anspannen und folgendem Entspannen von 16 verschiedenen Muskelgruppen
wird dem Übenden der Unterschied zwischen Anspannung und Entspannung bewußt
• PMR ist eine körpernahe Methode und gut kombinierbar mit anderen Methoden ( z.B.
Autogenem Training, Phantasiereisen)
• Körperreaktionen bei PMR: Schwere und Wärme. Die Schwere entsteht durch die Abnahme der Muskelspannung, die Wärme durch eine verbesserte Durchblutung
• Langform (L-Form) = alle 16 Muskelgruppen; Kurzform (K-Form) = die 16 Muskelgruppen sind zu 7 Muskelgruppen zusammengefaßt
• bei Kindern nicht die L-Form, sondern die K-Form anwenden, am besten mit Phantasiereisen, Märchen, Musik, Konzentrationsübungen und Malen kombinieren.
Wichtig am Schluß bei beiden Verfahren:
Das Zurücknehmen:
Arme fest! Arme und Beine recken und strecken!
Tief durchatmen! Augen auf!
110
Wichtiges zur Durchführung von Entspannungsübungen:
Ablegen: Brille, Schmuck, Schuhe; Kaugummi aus dem Mund
Stimme:
•
•
•
•
•
•
•
•
•
•
wichtig, wie und was gesagt wird
nicht zu leise sprechen
fragen: könnt Ihr mich alle hören?
akustisch gut verständlich sprechen
keine hypnotischen oder verführerischen Anweisungen geben
nicht zu pathetisch und nicht zu suggestiv sprechen
Ton: weich, ruhig, sachlich, eher monoton
Sprechweise nicht theatralisch
mit der Zeit langsamer und leiser werden
vermeiden von wertenden Bemerkungen
Äußere Umgebung:
•
•
•
•
•
•
•
alles dafür tun, um Konzentration der Kinder auf Entspannung zu erhöhen
angenehmer, ruhiger und warmer Raum
Türen und Fenster geschlossen halten, Vorhänge zuziehen
kein Handy!
wichtig: Störfaktoren auf ein Minimum reduzieren
Schild an die Tür: „Bitte nicht stören!“ oder „Bitte Ruhe!“
richtige Beleuchtung ist wichtig; ideal ist dunkler Raum, was aber nicht möglich ist wegen
ablesen oder beobachten
• ankündigen: lockere Kleidung, Decke oder Isomatte, dicke Socken
Fragen nach der Entspannung (Blitzlicht)
•
•
•
•
Wie geht es dir jetzt?
Wie hat es dir gefallen?
Nach Körperempfindungen fragen
Das Gesagte annehmen und dann darüber reden
111
5. ERPROBUNG GEEIGNETER PRÄVENTIONSMASSNAHMEN
5.1. Entspannungstechniken im Schulalltag
Um zu prüfen, ob und wie Entspannungstechniken als Einsatz in Schulen geeignet sind,
wurden folgende Maßnahmen in folgender zeitlicher Reihenfolge durchgeführt:
• Durchführung von Entspannungsübungen bei einer Projektwoche zum Thema „Gesundheit“ in einer 5. Klasse einer Orientierungsstufe
Bei dieser ersten Maßnahme kam uns der Zufall zu Hilfe: Bevor wir auf Schulen zugehen
wollten, fragte eine Lehrerin dieser Schule bei uns nach, ob es im Gesundheitsamt eine
Fachfrau oder einen Fachmann für Entspannungstechniken gebe, der auf einem Elternabend etwas über Entspannungsübungen bei Kindern, speziell über die Progressive
Muskelrelaxation berichten könne.
Im Anschluß an diesen Elternabend folgten die oben erwähnten Entspannungsübungen bei
der Projektwoche.
Bei den Entspannungsübungen, die an vier aufeinanderfolgenden Tagen für jeweils zwei
Stunden (einmal im Klassenraum auf Stühlen, dreimal in der Gymnastikhalle auf Matten)
durchgeführt wurden, kamen verschiedene Atemübungen und Übungen der Progressiven
Muskelentspannung (teilweise eingebettet in Geschichten und Phantasiereisen (s. Literaturliste „Präventionsmaßnahmen“)), teilweise mit Musik in Anwesenheit der Lehrerin zum
Einsatz.
Wichtig bei der Durchführung der Entspannungsübungen war der Kontakt zu jedem einzelnen Schüler, besonders wichtig war das „Blitzlicht“ (Beschreibung s. oben) am Ende, um
sicher zu gehen, dass es jedem Schüler gut geht.
Allen Beteiligten haben die Entspannungsübungen sehr viel Spaß bereitet, so dass sich die
Idee entwickelte, eine Entspannungs - AG an dieser Schule durchzuführen (s. nächste
Maßnahme).
• Durchführung von Entspannungs - AG´s bei Orientierungsschüler/innen
(Mädchen und Jungen der 5. und 6. Klassen)
Während eines Schulhalbjahres wurde einmal wöchentlich „Entspannungsübungen“ für
Mädchen und Jungen aus den 5. und 6. Klassen nachmittags in der Gymnastikhalle angeboten. Insgesamt nahmen 14 Kinder daran teil.
Dazu bekamen die Eltern ein Informationsschreiben zugesandt, in dem ihnen mitgeteilt wurde, dass Gesundheit an ein harmonisches Gleichgewicht zwischen Leistung und Erholung, Anspannung und Entspannung gebunden ist. Entspannungsübungen können auf
körperlicher und auf gefühlsmäßiger Ebene positive Effekte bewirken. Bei den Entspannungsübungen reagiert der Körper mit den Empfindungen angenehmer Körperschwere,
Wärme, ruhigen Atems und insgesamt körperlichen Wohlbefindens. Durch diese körperlichen Entspannungsreaktionen entstehen Gefühle des Ausgeglichenseins und Ausgeruhtseins mit geistiger Frische, was wiederum günstige Voraussetzungen für Lernen und Gesundheit schafft.
Als Entspannungsverfahren wurden Übungen aus dem Autogenen Training und aus der
Progressiven Muskelentspannung, in Verbindung mit Geschichten und Phantasiereisen
oder Musik eingesetzt. Beim Erlernen von Entspannungstechniken wird nicht so streng
vorgegangen wie bei Erwachsenen; Kinder haben zwar mehr Phantasie als Erwachsene
112
und lernen schnell, allerdings sind sie leichter ablenkbar und besitzen eine mangelnde
Konsequenz in der Wiederholung der Übungen. Deshalb wurden PMR- und AT- Übungen
mit Entspannungsgeschichten und Phantasiereisen (s. Literaturliste), die verschiedene
Thematiken enthalten (z.B. Alleinsein, Langeweile, Ängste, Wünsche), kombiniert.
Da es ab und zu vorkam, dass sich einzelne Kinder nicht gleich so gut auf Entspannung einlassen konnten, wurde jedesmal zu Beginn eine Bewegungsübung durchgeführt.
Die Entspannungs - AG machte den Kindern Spaß und wir bekamen die Rückkopplung, dass
einige Kinder Entspannung selbständig zu Hause, besonders vor Klassenarbeiten, aber
auch z.B. nach einem Streit mit Lehrern oder Freunden und auch z.B. beim Zahnarzt („die
Angst ging weg“) anwendeten.
Da nach Ende des Schulhalbjahres die meisten Teilnehmer der Entspannungs - AG weitermachen wollten, wurde eine Entspannungs - AG „für Fortgeschrittene“ und zusätzlich eine
AG „für Anfänger“ angeboten. Die Anfänger - AG bestand aus acht Mädchen aus den 5.
und 6. Klassen.
Bei den insgesamt drei Entspannungs - AG´s wurde ein Fragebogen für die Kinder entwickelt, der Fragen zu körperlichen und psychischen Beschwerden beinhaltet und zu Beginn
und am Ende des Kurses zum Einsatz (anonym) kam. Der Fragebogen zum Kursende beinhaltet zusätzlich Fragen zur Zufriedenheit mit dem Kurs und was den Kindern gut und
was ihnen nicht so gut gefallen hat. (Die Evaluation soll mit der Evaluation des weiter unten beschriebenen Streßbewältigungskurses stattfinden, was allerdings den Rahmen dieser Studie sprengen würde; wir hoffen, dass eine Veröffentlichung an anderer Stelle möglich ist).
• Durchführung von „Suchtprävention & Entspannung“ im Gesundheitsamt
Gemeinsam mit der Gesundheitspädagogin des Gesundheitsamtes wurde dieses Kombinationsprogramm für Schulklassen (7. bis 10. Jahrgangsstufe) angeboten, und zwar v.a. für
die Schulen, bei denen die Befragungen zur Studie „Medikamentenkonsum bei Kindern
und Jugendlichen“ durchgeführt wurde. Dieses Programm dauerte insgesamt drei Stunden, wobei gleichzeitig jeweils eine halbe Klasse bei „Suchtprävention“ und die andere
halbe Klasse bei „Entspannung“ war.
Bei diesen doch älteren Schülern wurde bei den Entspannungsübungen auf Geschichten
verzichtet und es wurde wie folgt vorgegangen:
1.
2.
3.
4.
5.
Stuhlkreis: Wie ich heiße und was ich besonders gern mache
Kurze Einführung (10 Minuten) über Entspannung und Stress
Durchführung einer Entspannung (mit Musik) mit Übungen aus der PMR
Kurzes Blitzlicht
Durchführung einer Entspannung (mit Musik) mit Übungen aus dem AT, anschließend
eine Phantasiereise
6. Blitzlicht
7. Abschlußrunde mit der ganzen Klasse: „Was hat dir gut gefallen?“ „Was hat dir nicht so
gut gefallen?“ Interessant bei diesem Angebot war, dass den meisten Schülern das AT
besser gefallen hat als die PMR, was eventuell an der hohen Suggestibilität in diesem
Alter liegen könnte (AT ist suggestiver als PMR). Über Entspannungsreaktionen (z.B.
Schwere, Wärme, Kribbeln, vermehrter Speichelfluß, „Bauchglucksen“) konnten fast alle berichten.
113
• Durchführung eines Entspannungskurses in einer 1. und einer 3. Klasse
(über 7 Wochen eine Stunde pro Woche)
Über Mundpropaganda hatten verschiedene Schulen von unseren Entspannungsangeboten
erfahren. Eine Grundschule hatte Interesse an einem Kurs für jeweils eine erste und eine
dritte Klasse.
Da es sinnvoll ist, mit Entspannung so früh wie möglich im Leben zu beginnen, waren wir
über diese Nachfrage sehr erfreut. An einem Tag in der Woche wurde insgesamt siebenmal jeweils eine Stunde mit jeder Klasse (in Anwesenheit der Lehrerin) Entspannung mit
Übungen aus dem AT in Verbindung mit Märchen und Phantasiereisen entweder in der
Aula (im Liegen) oder im Klassenraum (im Sitzen) durchgeführt. Zu Beginn dieses Kurses
wurden die Eltern darüber informiert und auf einem Elternabend wurde über „Stress bei
Kindern und Entspannungstechniken“ berichtet.
Nach der Durchführung des Entspannungskurses folgte in dieser Grundschule auf Wunsch
der Lehrer bei einer Fachkonferenz Sachunterricht ein Vortrag über „Entspan-nung im
Grundschulalter“ sowie die Durchführung einer Entspannungsübung mit Elementen aus
dem AT und der PMR in der Turnhalle (mit Einführung und Nachbesprechung (Blitzlicht)
insgesamt 90 Minuten).
Die Lehrer/innen waren nach der Entspannungsübung äußerst bereitwillig, über ihre Körperwahrnehmungen und Gefühle zu sprechen, was eine hervorragende Voraussetzung darstellt, um selbst Entspannung mit Schülern durchzuführen.
Und schließlich:
• Durchführung von Entspannungsübungen bei einer Projektwoche zum Thema
„Gewaltprävention“ in den 2., 3. und 4. Klassen
An zwei aufeinanderfolgenden Tagen wurde jeweils nacheinander in zwei Klassen jeweils für
zwei Stunden folgendes Programm durchgeführt:
1. Stuhlkreis: wie ich heiße und was ich besonders gern mache
(mit Igelball: wer ihn hat, redet; alle anderen hören mal genau zu)
2. Pantomimen-Spiel: „Gefühle raten“
3. Entspannung: AT (Ruhe-, Schwere- und Wärmeformel) eingebettet in eine Phantasiegeschichte
4. Blitzlicht
5. Aktivierung: Körper ausschütteln; Körperselbstmassage, Partnermassage
(„Obstkuchenbacken“, „Autowaschstrasse“ (Deister & Horn 1999))
6. Abschlußrunde: Stuhlkreis (mit Igelball): „Was hat dir gut gefallen?“ „Was hat dir nicht
so gut gefallen?“
Den Kindern und den Lehrer/innen hat das Programm sehr viel Spaß gemacht. Wichtig
war, jedes Kind anzusprechen (damit auch die Stillen was davon haben). Auffallend positiv war die Tatsache, dass die Kinder (mit Igelball) sich gegenseitig zuhörten. Einige wenige Kinder (Jungen), die sonst nicht still sein können, waren während der Entspannungsübung absolut ruhig, auch wenn sie nicht unbedingt still liegen konnten. Bei der Abschlußrunde teilten die meisten Kinder mit, dass sie alles gut fanden, am allerbesten kam das
Pantomime - Spiel an. Das „Obstkuchen backen“ (zu zweit oder zu dritt) ist besonders gut
in den Sprachheilklassen angekommen.
114
Von den beteiligten Lehrer/innen haben wir sehr positive Rückkopplung und auch weitere
Nachfragen bekommen (was aus Kapazitätsgründen leider nicht bzw. in nur geringem
Umfang möglich ist).
• Eine weitere Grundschule (1. Klasse) (Mundpropaganda durch die Lehrer) hatte Interesse
für einen Entspannungskurs angemeldet. Da die Nachfrage langsam zu groß wurde, wurde nur ein Vortrag über „Stress und Entspannungstechniken bei Kindern“ auf einem Elternabend durchgeführt. Da diese Lehrerin schon selbst Erfahrung mit Entspannungstechniken hatte, konnte sie diese Gelegenheit gut nutzen, um zum einen die Eltern über
„Entspannung mit Kindern“ zu unterrichten, zum andern, um selbst Entspannungsübungen mit ihren Schülern durchzuführen.
• Durchführung von Entspannungsübungen in allen 6. Klassen einer weiteren Orientierungsstufe im Rahmen einer Projektwoche zum Thema „Gesundheit“
Mit jeweils einer halben Klasse wurde eine Stunde lang das Entspannungsprogramm, was
mit anderen Schulklassen schon im Gesundheitsamt durchgeführt worden war, durchgeführt.
• Konzeption und Durchführung einer Fortbildung für Erzieherinnen
Da sich aus all den durchgeführten Entspannungsangeboten herauskristallisierte, dass Entspannungstechniken geeignete Methoden sind, um schon im frühen Kindesalter Stress
und Aggressionen abzubauen und das Selbstbewußtsein und die soziale Kompetenz zu
stärken, wurde ein Konzept für eine Fortbildung für Erzieherinnen entwickelt und in der
Familienbildungsstätte „Haus der Familie“ durchgeführt.
Inhalte der Fortbildung für Erzieherinnen (KITA-WERKSTATT)
„Progressive Muskelentspannung und Autogenes Training mit Kindern“:
1. Vermittlung von Basiswissen zu Stress, PMR und AT
2. Das eigene Erleben der PMR- und AT-Übungen
3. Das gemeinsame Ausprobieren, wie PMR und AT in Kombination mit Märchen und
Phantasiereisen vermittelt werden können
Diese Fortbildung wird auch im Jahr 2001 angeboten (je einmal im Frühjahr und im Herbst).
• Entspannungskurs für Mütter
Aus den Ergebnissen der Befragung der Mütter heraus haben wir es als sinnvoll erachtet,
einen Entspannungskurs für Mütter (Progressive Muskelentspannung) mit Kinderbetreuung im Haus der Familie anzubieten und durchzuführen. Auch dieser Kurs wird im Jahr
2001 wieder angeboten.
115
5.2. Stressbewältigungskurs „Locker und gelassen“ für Schüler/innen
Während der Durchführung der Entspannungstechniken wurde ein Stressbewältigungskurs
entwickelt (nach Hampel & Petermann 1998 bzw. Klein-Heßling & Lohaus 2000).
Der Stressbewältigungskurs (mit einem Elterninformationsabend sowie einer Informationsstunde für die Schüler/innen zu Kursbeginn) wird seit Schuljahresbeginn 2000 bei Orientierungsschüler/innen durchgeführt und wird Mitte Dezember beendet sein. Eine Evaluation soll
noch erfolgen (zusammen mit der Evaluation der „Entspannungs - AG´s).
Auf den folgenden Seiten sind die wesentlichen Inhalte dieses Kurses aufgeführt:
„Locker und gelassen“
Ein Kurs zur Streßbewältigung und Steigerung persönlichen Wohlbefindens
für Kinder und Jugendliche
Ziel dieses Kurses ist es, Anregungen für mehr körperliches, geistiges und seelisches Wohlbefinden und Gesundheit zu vermitteln. Dabei wird davon ausgegangen, dass mit Achtsamkeit für eigene körperliche und seelische Signale von Streß und Überforderung und der Bereitschaft, diese ernst zu nehmen, mit geeigneten Strategien die Möglichkeit besteht, Streß
zu bewältigen, so dass Aufmerksamkeit, Konzentration und die emotionale Verfassung günstig beeinflusst werden.
Trainingsziele
Richtziele des Trainings:
• Effektivere Bewältigung akuter Streßsituationen durch die Teilnehmer nach dem Training
(korrektive Zielsetzung)
• Vorbereitung der Teilnehmer auf zukünftige Streßsituationen
(präventive Zielsetzung)
• Erlernen einer Entspannungstechnik
Teilziele des Trainings:
• Kennenlernen der Teilnehmer eines anschaulichen Streßmodells
• Differenziertere Wahrnehmung des eigenen Streßgeschehens durch die Teilnehmer
• Verfügbarmachung eines breiteren Spektrums an Streßbewältigungsstrategien
• Erprobung und Bewertung neuer Streßbewältigungsstrategien durch die Teilnehmer
• Erlernen des Autogenen Trainings (nach Schultz) oder der Progressiven Muskelentspannung (nach Jacobson) in einer kind- bzw. jugendlichengerechten Form
116
Trainingsbeschreibung
Grundkonzeption:
• Kennlernen eines Streßmodells
• Wahrnehmung eigener Streßreaktionen
• Erkennen von Streßsituationen
• Einsatz von Bewältigungsstrategien:
➝ Sich über eigenes Streßerleben mitteilen
➝ Entspannung: Phantasiereisen, Atemübungen,
Autogenes Training, Progressive Muskelentspannung
➝ Kognitive Strategien
Rahmenbedingungen:
Dauer: Das Training erstreckt sich über 10 bis 12 Doppelstunden (90 Minuten) mit 1 Doppelstunde pro Woche.
Gruppengröße: min. 6 Teilnehmer, max. 12 Teilnehmer
Inhaltliche Gestaltung:
Streß
• Einführung in das Thema Streß
• Kennenlernen eines Streßmodells (Lazarus, Selye)
• Wahrnehmung von Streßreaktionen: wie reagiert der Körper bei Streß
• Informationen über Zusammenhänge zwischen Streß und dem Nerven-, Hormon- und
Immunsystem (nur bei älteren Schülern)
• Gesprächsrunde über individuelle Belastungen mit Rollenspielen (u.a. das Üben von
„Nein - Sagen“)
• Anleitung zur Selbstbeobachtung in belastenden Situationen
• Erstellung von „Was ich bei Streß alles tun kann“ - Listen
• Bearbeitung von „Was ich schon immer einmal gern tun wollte“ - Arbeitsblättern
• Anleitung zur Wahrnehmungslenkung: Verwandlung von negativen Selbstaussagen in
positive Selbstgespräche
117
Entspannung
• Einführung in das Thema Entspannung
• Durchführung von Atemübungen und Phantasiereisen
• Vermittlung des Autogenen Trainings (Ruhe-, Schwere-, Wärme-, Atemübung, evtl. formelhafte Vorsatzbildung)
• Besprechung der häuslichen Übungserfahrungen
• Verschiedene Spiele und Konzentrationsübungen zur Auflockerung
Die Inhalte jeder Doppelstunde sind jeweils Anteile von „Stress“ und „Entspannung“. Falls es
die Räumlichkeiten gestatten, werden zwischendurch auch Bewegungssequenzen eingebaut.
Evaluation:
Zur Messung von Effekten wird ein Prä- und ein Posttest durchgeführt. Als Evaluationsinstrument wird ein Fragebogen gewählt. Die bereits von uns entwickelten Prä- und PosttestFragebögen beinhalten geschlossene Fragen zu verschiedenen typischen Beschwerden in
diesem Alter, um herauszufinden, ob bei diesem ca. dreimonatigen Streßbewältigungskurs
Änderungen im körperlichen und seelischen Befinden festzustellen sind. Der Posttest beinhaltet weiterhin Skalen und offene Fragen zur Bewertung des Trainings.
Geplant ist, bei weiteren Durchführungen dieses Kurses nach sechs Monaten ein Follow-upTest bei den Schülern durchzuführen, wobei diese mit folgenden Bestandteilen ergänzt werden sollen:
• Fragen zur Erhebung von Streßerleben und Streßbewältigung
• Wissensfragen zu Aspekten des Streßgeschehens
• Skalen zur Bewertung des Trainings auch in der Follow-up-Befragung
118
5.3. Raucherentwöhnungskurs „Gelassen und rauchfrei“ für Schüler/innen
Da die Ergebnisse der Jugendlichen einen deutlichen Zusammenhang zwischen dem Rauchen und der Medikamenteneinnahme aufzeigen, erscheint es sinnvoll, zusätzlich zur Primärprävention als Sekundärprävention Raucherentwöhnungskurse für Schüler/innen der 8.
und 10. Klassen anzubieten (s. auch Hurrelmann 1998, Heuer 2000). Ein Konzept dazu wurde während der Anfertigung der vorliegenden Studie entwickelt und wird zur Zeit an einer
Schule (8. bis 10. Klassen) ausprobiert.
Auf den folgenden Seiten sind die wesentlichen Inhalte dieses Kurses aufgeführt:
Gelassen und rauchfrei
Ein Kurs zur Rauchentwöhnung, Streßbewältigung
und Steigerung persönlichen Wohlbefindens für Jugendliche
Ziel dieses Kurses ist es, Anregungen für mehr körperliches, geistiges und seelisches Wohlbefinden und Gesundheit zu vermitteln. Dabei wird davon ausgegangen, dass mit Achtsamkeit für eigene körperliche und seelische Signale von Streß und Überforderung und der Bereitschaft, diese ernst zu nehmen, mit geeigneten Strategien die Möglichkeit besteht, Streß
zu bewältigen, das Rauchen aufzugeben und somit eine Veränderung möglich ist.
Trainingsziele
Richtziele des Trainings:
• Stufenweise Entwöhnung des Rauchverhaltens der Teilnehmer
• Effektivere Bewältigung akuter Streßsituationen durch die Teilnehmer nach dem Training
(korrektive Zielsetzung)
• Vorbereitung der Teilnehmer auf zukünftige Streßsituationen
(präventive Zielsetzung)
• Erlernen einer Entspannungstechnik
Teilziele des Trainings:
• Erkennen der Motive des Rauchverhaltens durch die Teilnehmer. Verstärkung der Motivation zur Entwöhnung
• Kennenlernen der Teilnehmer eines anschaulichen Streßmodells
• Differenziertere Wahrnehmung des eigenen Streßgeschehens durch die Teilnehmer
• Verfügbarmachung eines breiteren Spektrums an Streßbewältigungsstrategien
• Erprobung und Bewertung neuer Streßbewältigungsstrategien durch die Teilnehmer
• Erlernen des Autogenen Trainings (nach Schultz) mit Vorsatzbildung zur Reduktion des
Rauchverlangens, zur Streßbewältigung und zur Erhöhung der Selbstsicherheit
119
Trainingsbeschreibung
Grundkonzeption:
• Analyse des eigenen Rauchverhaltens und stufenweise Entwöhnung:
➝Wahrnehmung des Rauchverhaltens
➝Kontrolle des Rauchverhaltens
➝Reduktion des Rauchens
➝Vollständige Aufgabe des Rauchens
• Kennlernen eines Streßmodells
• Wahrnehmung eigener Streßreaktionen
• Erkennen von Streßsituationen
• Einsatz von Bewältigungsstrategien:
➝ Sich über eigenes Streßerleben mitteilen
➝ Sich über die persönlichen Gründe des Rauchens mitteilen
➝ Entspannung: Phantasiereisen, Atemübungen,
Autogenes Training (Grundstufe)
➝ Kognitive Strategien
Zielgruppe:
Zielgruppe sind Schüler und Schülerinnen der 8. bis 10. Klassen von Haupt-, Real- und Gesamtschulen sowie Schüler/innen von Berufsbildenden Schulen, die sich von Streß belastet
fühlen, seit einiger Zeit rauchen und das Rauchen wieder aufgeben möchten.
Die Schüler werden auf einer Informationsveranstaltung über das Training „Gelassen und
rauchfrei“ informiert.
Rahmenbedingungen:
Dauer: Das Training erstreckt sich über 10 bis 12 Doppelstunden (90 Minuten) mit 1 Doppelstunde pro Woche.
Gruppengröße: min. 6 Teilnehmer, max. 12 Teilnehmer
120
Inhaltliche Gestaltung:
Rauchen
• Rauchermotive und -theorien
• Gesprächsrunde über das Rauchverhalten der Teilnehmer
• Was passiert beim Rauchen im Körper (Gruppenarbeit mit Flip Chart)
• Anleitung zur Selbstbeobachtung: In welchen Situationen greife ich zur Zigarette?
• Rollenspiele (z.B. wie verhalte ich mich, wenn mir jemand eine Zigarette anbietet)
• Was tue ich, wenn ich nicht mehr rauche (Gesprächsrunde)
Streß
• Einführung in das Thema Streß
• Kennenlernen eines Streßmodells (Lazarus, Selye)
• Wahrnehmung von Streßreaktionen: wie reagiert der Körper bei Streß
• Informationen über Zusammenhänge zwischen Streß und dem Nerven-, Hormon- und
Immunsystem
• Gesprächsrunde über individuelle Belastungen mit Rollenspielen
• Anleitung zur Selbstbeobachtung in belastenden Situationen
• Erstellung von „Was ich bei Streß alles tun kann“ - Listen
• Bearbeitung von „Was ich schon immer einmal gern tun wollte“ - Arbeitsblättern
• Anleitung zur Wahrnehmungslenkung: Verwandlung von negativen Selbstaussagen in
positive Selbstgespräche
Entspannung
• Einführung in das Thema Entspannung
• Durchführung von Atemübungen und Phantasiereisen
• Vermittlung des Autogenen Trainings (Grundstufe: Ruhe-, Schwere-, Wärme-, Atem-,
Herz-, Sonnengeflecht- und Stirnübung; formelhafte Vorsatzbildung)
• Besprechung der häuslichen Übungserfahrungen
• Verschiedene Spiele zur Auflockerung
121
Die Inhalte jeder Doppelstunde sind jeweils Anteile aller 3 Themen: Streß, Rauchen und Entspannung.
Evaluation:
Zur Messung von Effekten soll ein Prä-, ein Posttest und nach sechs Monaten ein Follow-upTest bei den Teilnehmern durchgeführt werden. Als Evaluationsinstrument wird ein Fragebogen gewählt. Die Prätest-, Posttest- und Follow-up-Fragebögen werden sich aus folgenden
Bestandteilen zusammensetzen:
• Fragen zum Thema Rauchverhalten
• Wissensfragen zu Aspekten des Streßgeschehens und des Rauchens
• Fragen zur Erhebung von Streßerleben und Streßbewältigung
• Fragen zu gesundheitlichen Beschwerden
• Skalen zur Bewertung des Trainings (nur im Posttest und in der Follow-up-Befragung)
122
6. ZUSAMMENFASUNG
6.1. Einschulungsuntersuchung
• 514 Begleitpersonen von potentiellen Einschulungskindern wurden bei der Einschulungsuntersuchung über sich selbst und über das Kind befragt (20%-Stichprobe).
• Schmerzmittel sind die am häufigsten eingenommene Medikamentengruppe.
• Es besteht ein Zusammenhang zwischen soziodemographischen Merkmalen und der Medikamenteneinnahme:
Der Medikamentenkonsum ist bei alleinerziehenden Müttern höher als bei verheirateten oder
in einer Lebensgemeinschaft lebenden Müttern.
Eher die Mütter mit niedrigem Bildungsniveau greifen zur Tablette, gefolgt von den Akademikerinnen. Das Schlußlicht bilden die Mütter mit mittlerem Bildungsniveau.
• Es besteht ein Zusammenhang zwischen der Meinung über die Beeinflussbarkeit der Gesundheit und der Einnahme von Medikamenten: Eher die „Nicht-Medikamenteneinnehmerinnen“ glauben, dass man den eigenen Gesundheitszustand sehr beeinflussen
kann.
• Es besteht ein Zusammenhang zwischen der Zufriedenheit mit dem eigenen Gesundheitszustand und der Medikamenteneinnahme: Trotz Medikamenteneinnahme wird der
Gesundheitszustand negativer beurteilt als von Müttern, die nicht zu Medikamenten greifen.
• Gesundheitsstörung Nr.1 (Stresssymptom) bei den Müttern ist Kopfschmerzen / Migräne.
Vorwiegend deshalb erfolgt die Schmerzmitteleinnahme.
• Es besteht ein Zusammenhang zwischen der Anzahl der Gesundheitsstörungen und der
Medikamenteneinnahme: Je mehr Gesundheitsstörungen eine Mutter hat, umso eher
greift sie zu Medikamenten.
• Mütter, die keine Medikamente eingenommen haben, sind zufriedener mit ihrer Arbeit/Hauptbeschäftigung.
• Zur Stressbewältigung favorisieren eher die „Medikamenteneinnehmerinnen“ passive Bewältigungsstrategien wie z.B. fernsehen, Süßes essen und rauchen.
• Bei den Einschulungskindern sind ebenfalls die Schmerzmittel die Medikamentengruppe,
die am meisten eingesetzt wurde und zwar zur Fiebersenkung bei grippalen Infekten.
• Vorwiegend Medikamente bekommen haben die Einschulungskinder, die Mütter haben,
die selbst Medikamente nehmen.
• Es wurden Verhaltensauffälligkeiten der Kinder abgefragt und festgestellt, dass ein Zusammenhang zwischen der Anzahl der Stresssymptome der Mütter und der Anzahl der
Verhaltensauffälligkeiten der Kinder besteht: Eher die Kinder mit keiner Verhaltensauffälligkeit haben eine Mutter mit wenigen Stresssymptomen.
• Kinder mit Verhaltensauffälligkeiten bekommen eher Medikamente.
123
6.2. Befragung der 9. Klassen
• 495 Mädchen und Jungen der 9. Klassen wurden bei der ärztlichen Untersuchung befragt
(20%-Stichprobe).
• Die Hälfte der Mädchen und ein fünftel der Jungen hat in den letzten vier Wochen mindestens einmal ein Medikament eingenommen.
• Am häufigsten werden Medikamente von Gymnasiasten eingenommen. An zweiter Stelle
stehen Gesamtschüler/innen, an dritter Stelle Realschüler/innen und das Schlusslicht bilden die Hauptschüler/innen. Im Gymnasium, in Gesamt- und Realschule haben mehr als
doppelt so viel Mädchen wie Jungen in den letzten vier Wochen zur Tablette gegriffen, in
der Hauptschule war der Anteil von beiden Geschlechtern gleich groß.
• Die Schmerzmittel sind auch bei den Jugendlichen die am häufigsten eingenommene
Medikamentengruppe. 46% der Mädchen und 18% der Jungen haben zur Schmerztablette gegriffen.
• 15% der Mädchen und 8% der Jungen haben angegeben, die Schmerzmittel schon länger
als sechs Monate einzunehmen.
• Mädchen wie Jungen greifen eher zu Medikamenten, wenn sie zum überwiegenden Teil
nur bei der Mutter aufgewachsen sind.
• Je mehr Geschwister die Jugendlichen haben, umso seltener greifen sie zu Medikamenten. Einzelkinder -Mädchen wie Jungen- stehen an der Spitze der „Medikamenteneinnehmer“.
• Viele Jugendlichen kaufen selbständig Medikamente. Dies geschieht vorwiegend aufgrund eines Rates ihrer Eltern.
• Mädchen und Jungen, die Medikamente einnehmen, sind mit ihrem Gesundheitszustand
unzufriedener als die „Nicht-Medikamenteneinnehmer/innen“.
• Gesundheitsstörung Nr. 1 ist wie bei den Müttern Kopfschmerzen / Migräne (Mädchen:
37%, Jungen: 21%).
• Wie bei den Müttern besteht auch bei den Jugendlichen eine positive Korrelation zwischen der Anzahl der Stresssymptome und der Medikamenteneinnahme.
• Zur Stressbewältigung werden vorwiegend passive Maßnahmen eingesetzt.
• „Medikamenteneinehmer/innen“ sind mit sich selbst und auch mit ihren Schulleistungen
unzufriedener als die „Nicht-Medikamenteneinnehmer/innen“.
• „Medikamenteneinnehmer/innen“ haben eher Schulleistungen, die schlechter sind, als die
Eltern erwarten und haben auch häufiger deswegen mit ihren Eltern Konflikte; außerdem
empfinden sie die schulischen Leistungsanforderungen eher als Belastung und haben
mehr persönliche Probleme als Jugendliche, die nicht zu Medikamenten greifen.
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• Fast die Hälfte der befragten Jugendlichen raucht, wobei ein geschlechtsspezifischer Unterschied festzustellen ist: Mädchen: 48%; Jungen: 41%. An erster Stelle stehen die Gesamtschüler/innen, an zweiter Stelle die Realschüler/innen, an dritter die Hauptschüler/innen und das Schlußlicht bilden die Gymnasiasten.
• Vorwiegend die Raucher/innen haben Medikamente eingenommen. Bei den Mädchen ist
dieser Zusammenhang deutlicher ausgeprägt als bei den Jungen (36% der Nichtraucherinnen, aber 67% der regelmäßigen Raucherinnen haben zur Tablette gegriffen).
• Das Rauchen wird von den Jugendlichen zur Stressbewältigung eingesetzt. Gleichzeitig
sind ihre Schulleistungen eher schlechter, als die Eltern erwarten.
• Die Raucher/innen sind mit ihrer Gesundheit unzufriedener als die Nichtraucher/innen und
haben eher Gesundheitsstörungen, v.a. Kopfschmerzen / Migräne.
125
6.2. Präventionsmaßnahmen
Die Förderung der Kompetenz, sich zu entspannen, hilft bereits in der Schule, Entspannung
auf gesunde Weise zu erfahren, d.h. Spannungen dauerhaft zu regulieren. Dies kann den
Schutz vor schädigendem Verhalten wie Medikamenten-, Nikotin- und Drogengebrauch wie
auch vor überhöhtem Stressempfinden und körperlichen und psychischen Erkrankungen
verstärken.
Entspannung und Streßbewältigung
Bei unseren durchgeführten Entspannungsangeboten und dem Stressbewältigungskurs ist
zu erkennen, dass Schüler/innen damit eine praktikable Alternative zur Regulation von
Spannungszuständen und zum besseren Umgang mit Stress angeboten bekommen und
diese auch bereitwillig annehmen. Stresssituationen können besser bewältigt und körperliche
und seelische Anspannungen gelockert werden, was dazu führt, dass auch Leistungsbereitschaft und Konzentrationsfähigkeit im Unterricht gefördert werden, was wiederum zu besseren Noten und zu einer größeren Zufriedenheit führt. Der Lernerfolg wird positiv beeinflusst,
da starke Anspannung die Überführung von Informationen vom Kurzzeit- ins Langzeitgedächtnis einschränkt.
Raucherentwöhnung
Einen Raucherentwöhnungskurs für Jugendliche anzubieten bzw. durchzuführen ist ebenso
sinnvoll wie schwierig, da sich die Jugendlichen in der Schule „outen“ müssen. Trotz der
Durchführung eines solchen „Nichtraucher-Trainings“ mit einigen Schüler/innen einer Schule
gestaltete sich die Durchführung als schwierig, weil die teilnehmenden Schüler-/innen nicht
zu jeder Kursstunde kamen, und zwar vorwiegend wegen des in diesem Alter herrschenden
Gruppenzwanges und in diesem besonderen Fall auch deshalb, weil dieser Kurs nicht wie
der Stressbewältigungskurs als AG angeboten werden konnte, sondern als Kurs nach dem
Unterricht. Hier sollten andere Zugangswege gefunden werden.
Aus unserer bisherigen Erfahrung heraus meinen wir, dass es auch notwendig erscheint,
Angebote für Jugendliche, besonders für Mädchen mit speziellen Gesundheitsproblemen wie
Kopfschmerzen und Migräne, in denen Alternativen zur Schmerzmitteleinnahme erlernt bzw.
erprobt werden können, anzubieten.
Könnten derartige Kurse - wie hier beschrieben - in den Schulalltag integriert werden, ist davon auszugehen, dass die Selbstwirksamkeit erhöht wird, denn Menschen mit hoher Kompetenzerwartung sind eher in der Lage, Risikoverhaltensweisen abzubauen und Gesundheitsverhaltensweisen über einen längeren Zeitraum aufrecht zu erhalten, sofern sie von der
Notwendigkeit dazu überzeugt sind.
Weiterhin ist zu überlegen, wie eine stärkere Einbeziehung von Lehrern und Eltern zu realisieren ist.
126
7. LITERATUR
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