The Blue Economy

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The Blue Economy
Zukunftsforum 2015
Berlin, 24. September 2015
Ideen für eine ressourceneffiziente
und zukunftsfähige Wirtschaft
Kreislaufwirtschaft war eine sehr frühe Forderung des
Club of Rome. Sein Bericht von 1972 hat das Thema
Ressourcen ins Blickfeld gebracht.
Der vermutete Absturz der natürlichen Ressourcen
1
Das war natürlich geologischer Unsinn …
Prof. Ugo Bardi
Mitglied des Club of Rome
Aber ein neuer Bericht, 2013, stellt
klar, dass es zwar noch massenweise
Ressourcen gibt, aber der Abbau wird
immer schmutziger und energiefressender.
Ein Beispiel für die ‚dünner‘ werden den Erze:
Früher war ein Goldfund Symbol für riesiges Glück.
Heute ist Goldbergbau Symbol für schmutzigste Operationen!
Gramm Gold pro
Tonne Golderz
Bild aus UNEP (2013) Recycling Opportunities. (Erstautor: Markus Reuter) Nairobi.
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Das Thema kritische mineralische Rohstoffe hat
etwa 2005 die Politik erreicht
Dr. Ashok Khosla
Dr. Janez Potočnik
Das International Resource Panel wurde 2007
gegründet. Ich war Co-Chair bis Ende 2014.
Dr. Janez Potočnik ist mein Nachfolger.
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Man diagnostizierte damals eine säkulare
Trendwende bei Ressourcenpreisen
Bild mit Trendlinien aus UNEP IRP Decoupling, 2010, Orig. o. Trendlinien aus McKinsey, 2009.
Das war erstmal ein Irrtum.
(aber der Absturz wird auch nicht von Dauer sein!)
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Das IRP wird sich unbeirrt weiterhin um
die Thematik kümmern, wie man den
Wohlstand möglichst weitgehend vom
Ressourcenverbrauch abkoppeln kann.
Doch der erste Decoupling-Bericht zeigt empirisch,
dass Entkopplung noch gar nicht stattfindet:
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Und Decoupling 2 sagt mit einem leicht zynischen Unterton:
es gibt drei ganz unterschiedliche Formen der Entkopplung:
• Entkopplung durch Reifung
(die ressourcenintensive Infrastruktur
steht und frühere plumpe Techniken
werden ausgemustert)
• Entkopplung durch Handel
.
(man exportiert das Problem in andere
Länder)
• Entkopplung durch höhere
Ressourcenproduktivität
. (nur das zählt eigentlich!)
Ein paar andere Deckblätter
unserer Berichte seit 2009
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Am produktivsten und für Ihre Thematik am interessantesten:
Die Berichte der Arbeitsgruppe Metalle unter Leitung von Prof.
Thomas Graedel, Yale University.
Das spektakulärste Resultat: Die weltweiten Recyclingraten
von high tech Metallen liegen meist unter einem Prozent!!
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Das konnten wir nicht einfach auf uns sitzen
lassen und bauten eine Arbeitsgruppe auf, die
sich mit Chancen der Verbesserung des
Recycling befasste.
Leiter wurde Prof. Markus Reuter, damals für
die finnische Outotec in Australien (beim
früheren „Ausmelst“) tätig.
Chancen, Grenzen,
Infrastrukturen für
Metall-Recycling
Prof. Markus Reuter,
inzwischen Direktor am
Helmholtz-Institut
Freiberg für
Ressourcentechnologie.
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Man muss unterscheiden zwischen den „großen“
und den „kleinen“ Metallen.
Bei den kleinen Metallen
muss man schon beim
Design anfangen, damit die
wertvollen Stoffe später
zurückgewonnen werden
können
Das führt zum nächsten Schritt:
Remanufacturing.
Früher galt: Produkte leben länger
als ihre Komponenten. Dann heißt
es Reparieren und Ersetzen.
Heute leben oft die Komponenten
länger als die Produkte, etwa bei
Tablets. Dann heißt es, die
Komponenten so konstruieren, dass
sie verlustfrei ins neue Produkt
eingebaut werden können.
Sue Weisler, Rochester Inst. of Tech.
Im Panel hatten wir
Glück, Prof. Nabil Nasr
als neues Mitglied zu
gewinnen, welt-führender
Remanufacturingexperte.
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Im Zusammenhang mit den in
diesem Monat bei der UNO zu
verabschiedenden Sustainable
Development Goals ist unsere
sehr kritische Analyse lesenswert
über die gegenseitige Kohärenz
der 17 SDG‘s.
Kurz gesagt: die Kohärenz
existiert nicht!
Die nächste große Baustelle des
IRP wird das Thema Ressourcen
der Weltmeere. Wie nützlich sind
sie, wie gefährdet sind sie, was
für Regulierungen sind nötig und
welche sind durchsetzbar?
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Heißes Thema in der EU: Die Circular Economy.
(Eigentlich eine Übersetzung von Kreislaufwirtschaft!)
Inzwischen auch beim World Economic Forum angekommen
Quelle: reports.weforum.org
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Die heutige Tagung geht hauptsächlich
über das geplante Wertstoffgesetz. Es
entstammt dem deutschen und EU-Denken
zur Kreislaufwirtschaft. Aber zu dieser
gesetzgeberischen Diskussion kann ich
nichts Konkretes beitragen.
Stattdessen erstmal ein
Hinweis auf eine neue,
optimistische Studie:
GROWTH WITHIN
A Circular Economy Vision for a
Competitive Europe
Juni 2015
(McKinsey, Ellen McArthur Stiftung
und SUN, dt. Poststiftung!)
Zitat von Seite 14:
Inneres Wachstum bringt bessere
Produkte für die Europäische
Wirtschaft und jährliche Gewinne
von bis zu 1,8 Billionen (trillions)
Euros bis 2030.
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euronews.com
Besonders aktiv in der Thematik ist die
EllenMacArthur Foundation.
Gegründet von der Rekordseglerin Ellen
MacArthur. Sie ist inzwischen Mitglied
des Club of Rome.
Wie weit sind wir inzwischen mit
der Kreislaufwirtschaft?
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Die britische Wirtschaft ist nur 9% kreislaufend, 91% linear!
(91% triffts
besser!)
(diese 10% nenne
ich nicht „cicular“!)
greenallianceblog.org
Kreislaufwirtschaft total: Cradle to cradle
von William McDonough und Michael Baungart
Bild: bluepractice.com
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Und die Fortsetzung 2013: The Upcycle
Bewunderns- und
unterstützenswert!
(aber die Werbung für Verschwendung ist irreführend
und die Polemik gegen
Effizienz überflüssig)
Noch ein anderer Ansatz:
The Blue Economy
Building the Blue Economy
Das Buch
10 years, 100 innovations, 100 million jobs. A Report to the Club of Rome.
The Blue Economy
von Gunter Pauli.
Sein Motto ist die Kaskadennutzung von
Stoffen und Energie. Im Update von 2015
sagt er, das Konzept habe schon 4 Mrd.
Dollar an sich gebunden und 3 Millionen
Jobs geschaffen.
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2009
2010
2010
2012
2013
2014
Und noch ein Ansatz: Faktor Fünf, ebenfalls ein
Bericht an den Club of Rome.
Cradle to Cradle, Blue Economy
und Faktor Fünf sind
Antwortenbücher.
Aber was war die Frage?
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Die Frage war „Was ist eigentlich nachhaltig?“
Eine etwas abstrakte Definition vom
Global Footprints Network
Fußabdrücke
(Hektar pro
Person)
10
8
Hoher HDI
6
Das Viereck der
Nachhaltigen
Entwicklung
4
2
Kleiner Fußabdruck
0
0.2
0.4
0.6
0.8
1
HDI
Leider ist das ehrgeizige Nachhaltigkeitsviereck leer!
Quelle: Global Footprints Network 2015
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Wenn 7 Milliarden Menschen Fußabdrücke wie die
heutigen US-Amerikaner hätten, dann bräuchten wir
5 Erdbälle!
Da hilft dann der Faktor Fünf.
Dann könnte das Bild etwa so werden:
Fußabdrücke
(Hektar pro
Person)
10
8
Hoher HDI
6
Das Viereck der
Nachhaltigen
Entwicklung
4
2
Kleiner Fußabdruck
0
0.2
0.4
0.6
0.8
1
HDI
Eigene Abschätzung nach: Global Footprints Network
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… dann reicht uns unsere Erde wieder!
Ressourcenumsatz pro Kopf
Wie würde sich das auf den bisherigen Befund auswirken,
dass der Wohlstand mit dem Stoffumsatz geht?
Bruttoinlandsprodukt pro Kopf
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Ressourcenumsatz pro Kopf
Man würde eine neue „Kuznets-Kurve“ erzeugen.
Bruttoinlandsprodukt pro Kopf
Ressourcenumsatz pro Kopf
Und dann wären die Entwicklungsländer hoch
motiviert, da durchzutunneln!
Bruttoinlandsprodukt pro Kopf
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(Ganz analog übrigens beim Klimaschutz: Auch hier
brauchen wir eine neue Kuznetskurve!)
… und das Durchtunneln der Entwicklungsländer
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Das nenne ich dann ehrgeizige
Kreislaufwirtschaft. Und
ehrgeizige Klimapolitik.
Das ist aber nichts weniger als eine neue
technische Revolution!
(Bild von Charlie Hargroves, abgedruckt in Faktor 5)
IT
Biotech.
TV, Flugzeug,
Computer
Elektrizität,
Chemie, Auto
Resourcenproduktivität
+ Erneuerbare
Energien
Stahl &
Eisenbahn
Mechanisierung
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Ein paar Bilder:
Neue Autotypen 5 mal effizienter als der Schnitt:
Volkswagen
Konzeptauto XL 1
0,9 l/100km
Heutige Flotte
5-10 l/100km
Energieffizienz
Passivhäuser (Wolfgang Feist): zehnfache Energieeffizienz:
Energieeffizienz
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LED statt Glühbirnen: ein Faktor 10.
Philips 7W Master LED
Energieeffizienz
Etwas weniger Rindfleisch, etwas mehr lokal
und jahreszeitlich essen, Ökolebensmittel …
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Stadt- und Verkehrsstruktur
USA
Suburbia (irgendwo)
Atlanta (Georgia)
Energie- und
Flächeneffizienz
Kopenhagen (oben)
Freiburg , Vauban (unten)
Erdbeerjoghurt-Logistik: Eleganz statt LKW-Wahnsinn
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Mineralien: Vom großen Baggern zum
Remanufacturing und City-Mining
Materialeffizienz
Walter Stahel’s Performance Economy: Überwindung der
‘planned obsolescence’, dafür gemeinsamer Nutzen, Wartung,
Reparatur, Langlebigkeit.
<aber Vorsicht: dann kommt weniger in die Wertstofftonne!>
From: The Lightbulb Conspiracy:
The Untold Story of Planned Obsolescence
documentarystream.com
Walter Stahel
Pict: Geneva Association
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Der große Gegner von Walter Stahel‘s Ansatz:
Cheaponomics, - die absolut närrische Billigmacherei
Routledge, 2014
Oekom, 2015
Kurz zur Politik:
Tausende Verordnungen? Wie wär‘s mit einer
Erdbeerjoghurttransportintensitätsbegrenzungsverordnung? Oder ein zu bürokratisches
Wertstoffgesetz, z.B. mit einem Seltene-ErdenRecycling-Mindeststandard?
Besser man lässt auch die Preise sprechen!
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Wir müssen politisch dafür sorgen, dass
die Preise einigermaßen die ökologische
Wahrheit sagen.
Die Märkte schaffen das nicht.
Einen sozial- und industriepolitisch
akzeptablen Vorschlag für Europa und
Asien habe ich in China eingebracht:
Innerhalb eines verlässlichen Korridors
Energie- und Rohstoffpreise parallel zu
den Effizienzgewinnen anheben.
(Dann bleiben die monatlichen Kosten für Energie usw.
im Durchschnitt konstant. )
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Das ist eine Art
Pingpong,
der Dynamik der
Industriellen
Revolution
abgeschaut!
Die Arbeitsproduktivität stieg mit den Bruttolöhnen.
Und hat sich in 150 Jahren verzwanzigfacht!
Bruttolohnkosten und Arbeitsproduktivität
in den USA von 1910 bis 1960
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Zwei Abwärts-Korrekturen:
1. Sozialtarif für‘s Lebensnotwendige;
2. Aufkommensneutralität für Industrie oder
für Branchen. (Modell: die schwedische
NOx-Steuer von 1992.)
Wenn wir in Europa (zusammen mit
Ostasien) die neue Fortschrittsrichtung
entschlossen vertreten, haben wir die
großen Pioniergewinne zu erwarten.
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Danke!
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