Werden Schenkungen teurer? - Notariat Dr. Wolfgang Bäuml
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Werden Schenkungen teurer? - Notariat Dr. Wolfgang Bäuml
Werden Schenkungen teurer? Eine Änderung des Grunderwerbsteuergesetzes steht bevor Ab Juni dieses Jahres wird die Grunderwerbsteuer, die bei Kaufverträgen und bei Schenkungen anfällt, neu geregelt. Anlass dazu ist ein im vorigen Jahr ergangenes Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes. Mit diesem wurde die bisherige Rechtslage, wonach bei Schenkungen die Steuer grundsätzlich auf Basis des dreifachen Einheitswertes berechnet wird, während bei Kaufverträgen der Kaufpreis die Bemessungsgrundlage ist, beanstandet. In dem Erkenntnis wurde festgesetzt, dass die bisherige Regelung mit 31.5.2014 ausläuft. Dies bedeutet, dass mangels anderer Regelung ab 1.6.2014 auch bei Schenkungen anstelle des dreifachen Einheitswertes der Verkehrswert, also der wirkliche Wert der Liegenschaft, zur Steuerberechnung heranzuziehen wäre. Dies würde eine erhebliche Verteuerung der Steuer bei Schenkungen zur Folge haben. Der mit Spannung erwartete Gesetzesentwurf über die Reform des Grunderwerbsteuergesetzes liegt nunmehr seit über zwei Wochen vor. Erstaunlicherweise beinhaltet er weniger Änderungen als erwartet. Die Regelungen würden wahrscheinlich in vielen Fällen zu einer Verbilligung der Steuer führen und nur in einigen seltenen Fällen zu einer Verteuerung. Insgesamt würde der Staat weniger Steuer einnehmen, von einer „Aufkommensneutralität“ kann daher keine Rede sein. Diese Verbilligung scheint aber nicht beabsichtigt, sondern „passiert“ zu sein. Die im Entwurf geplanten Änderungen Die Bemessung nach Einheitswerten wird bei Schenkungen im nahen Angehörigenkreis beibehalten. 1. Bei Schenkungen zwischen nahen Angehörigen (Ehegatten, eingetragene Partner, Kinder, Enkelkinder, Stiefkinder, Adoptivkinder, Schwiegerkinder) wird der Steuersatz weiterhin 2% betragen, Bemessungsgrundlage ist der dreifache Einheitswert. 2. Der Kreis der begünstigten Personen soll unter anderem auf Geschwister, Neffen und Nichten und auf Lebensgefährten ausgedehnt werden. 3. Gegenleistungen bleiben unberücksichtigt! Vom Geschenknehmer übernommene Schulden, zum Beispiel offene Wohnbauförderungsdarlehen, aber auch Wohnungsgebrauchs- oder Fruchtgenussrechte, werden die Bemessungsgrundlage jedenfalls nicht mehr erhöhen. Bisher konnte dies der Fall sein, denn der Wert eines Wohnungs- oder Fruchtgenussrechtes war vom fiktiven Mietzins, den das Objekt lukrieren könnte, aber auch vom Alter der berechtigten Person(en) abhängig. Bei jüngeren Wohnungs- oder Fruchtgenussberechtigten überschritt daher das nach versicherungsmathematischen Grundsätzen kapitalisierte Recht oft den dreifachen Einheitswert und hat zu einer höheren Steuerbemessungsgrundlage geführt. Nach der neuen Regelung soll dies nicht mehr so sein. Daher wäre in vielen Fällen eine Verbilligung der Steuer die Folge. 4. Kaufverträge zwischen nahen Angehörigen sollen in Zukunft nicht auf Grundlage des Kaufpreises, sondern des dreifachen Einheitswertes besteuert werden. Dies würde zu einer meist beträchtlichen Verminderung der Steuer führen, wobei nicht vergessen werden darf, dass innerhalb der Familie Kaufverträge nicht oft vorkommen. 5. Schenkungen zwischen nicht nahen Angehörigen sollen künftig nicht mehr wie bisher auf Grundlage des dreifachen Einheitswertes, sondern des Verkehrswertes, das heißt des wirklichen Wertes des Objektes, besteuert werden. Dies bedeutet eine erhebliche Verteuerung, wird aber ebenfalls nicht oft vorkommen, da sich Fremde normalerweise nichts schenken. Der Steuersatz beträgt hier, wie auch weiterhin bei Kaufverträgen unter nicht nahen Angehörigen, unverändert 3,5%. Festhalten am (dreifachen) Einheitswert verfassungskonform? Fraglich ist, ob die geplante Neuregelung, die zu einer Vermehrung der Fälle, nach denen auf Grundlage des Einheitswertes besteuert wird, längerfristig einer Prüfung durch den Verfassungsgerichtshof standhalten wird. Der Verfassungsdienst des Bundeskanzleramtes und ebenso einige namhafte Steuer- und Verfassungsrechtsexperten haben bereits Bedenken gegen die geplante Regelung geäußert. Der Verfassungsgerichtshof könnte die neue Regelung wiederum aufheben, weil die seiner Meinung nach untaugliche Bemessungsgrundlage der Einheitswerte sogar noch ausgeweitet wurde. Im Finanzministerium wird die vorgesehen Lösung erwartungsgemäß verteidigt. Es bleibt daher abzuwarten, ob der von diesem Ministerium vorgelegte Gesetzesentwurf in dieser Form auch vom Parlament als Gesetz beschlossen wird. Noch schnell schenken oder abwarten? Nachdem bis jetzt ungewiss ist, ob das neue Grunderwerbsteuergesetz laut dem bestehenden Entwurf in Kraft treten wird oder noch Änderungen vorgenommen werden, rate ich dazu, die konkrete Situation mit einem Notar zu besprechen. Ob eine beabsichtigte Schenkung ab Juni teurer oder billiger werden könnte, hängt einerseits davon ab, zwischen welchen Personen die Schenkung erfolgt, und andererseits ob bei der Schenkung Gegenleistungen vereinbart werden, zum Beispiel ein Wohnungsgebrauchsrecht, ein Fruchtgenussrecht oder die Übernahme eines Wohnbauförderungsdarlehens. Wird keinerlei Gegenleistung vereinbart, kann man höchstwahrscheinlich davon ausgehen, dass die Schenkung auf keinen Fall billiger werden wird. In diesem Fall sollte die Schenkung rasch durchgeführt werden. Bei Wohnungsgebrauchsrechten oder Fruchtgenussrechten ist zu beachten, ob die Bewertung dieses Rechtes einen Wert über oder unter dem dreifachen Einheitswert ergibt. Wenn die Bewertung den dreifachen Einheitswert nicht übersteigt, würde die neue Regelung keine Änderung der Höhe der Steuer zur Folge haben. Bei der Berechnung, mit welchem Wert ein Wohnbauförderungsdarlehen steuerlich anzusetzen ist, wird ebenfalls keine Änderung eintreten, wenn der steuerliche Wert des Darlehens unter dem dreifachen Einheitswert liegt. Es ist jedenfalls sinnvoll, einen Notar zu fragen, ob man je nach den Gegebenheiten vorläufig noch abwarten oder den Vertrag sofort abschließen soll. Autor: Dr. Wolfgang Bäuml Bezirksblatt Korneuburg KW 16/2014, Rechtsberatung