Tour ULM 2006 – mit dem Kiebitz auf der Tour - Helmuts UL
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Tour ULM 2006 – mit dem Kiebitz auf der Tour - Helmuts UL
Tour ULM 2006 mit dem Kiebitz auf der Tour de France Anfang August war es wieder so weit, Frankreich - die Tour ULM 2006 - 11. Ausgabe - für mich die zweite, lockte zum Anflug. Dank früher Anmeldung bereits im Februar hatte ich mir einen der begehrten Teilnehmerplätze gesichert und tauschte meine Kennung D-MALM für die Tour in M24 - was für "multiaxe no. 24" steht. Die Streckenführung der Tour ist jedes Jahr anders und war vielversprechend, zumal sie dieses Mal auch über das Rhônetal in bergiges Gelände führte. Es war bereits Freitag Nachmittag, als ich endlich die Bürotür hinter mir schloss. Am Flugplatz Günzburg (nähe dem Freizeitpark Legoland zwischen Ulm und Augsburg) war gerade ein heftiges Gewitter niedergegangen. Der helle Horizont im Westen zeigte fliegbares Wetter und so sattelte ich meinen Kiebitz mit Rucksack, Zelt, Isomatte, Klopapier, Werkzeug, Radkeile, Abdeckmatte und startete mit Ziel Schweighofen, einem gemütlichen Flugplatz südwestlich von Karlsruhe, direkt an der Grenze nach Frankreich. Das Regenradar voraussagte lokale Gewitter und Schauer nördlich von Stuttgart, die ich problemlos umflog, ohne nass zu werden. 1 Am Abend meldete ich einer freundlichen Flugleiterin meine Position und setzte den Kiebitz sanft nach Anweisung hinter der Landebahnmitte auf, um den vorgewarnten Wirbeln durch die Hallen zu entgehen. Am Platz fand ein deutsch-französisches Fallschirmspringerlager statt und so zeltete ich nicht alleine. Für wenig Geld gab es eine Riesenportion Nudeln in der Kneipe der Springer. In der Nacht regnete es und am Morgen waren die Berge des nahen Pfälzer Waldes dicht – aufliegende Bewölkung. Ein Blick auf den Regenradar meines Handy-PDA versprach Besserung von Nordwesten her und so verwarf ich den am Vorabend aufgegebenen Flugplan, nach Südwesten über Saare Union weiterzufliegen. Der neue Flugplan über Saar Louis-Düren nach Thionville war fernmündlich schnell und problemlos umgemeldet. Nachdem die Wolken die ersten Pfälzer Bergspitzen frei gaben, startete ich und tastete mich unter der Wolkenbasis in Richtung Zweibrücken, möglichst wenig hinunterschauend in Ermangelung von geeigneten Landeplätzen. 2 Kaum war der Pfälzer Wald überquert, lockerte die Bewölkung auf und "on top" bei 10 Grad Frische ging es nach Saar-LouisDüren zum Tanken. Der Flugleiter aktivierte meinen Flugplan und 5 Minuten später überflog ich bereits die Grenze nach Frankreich. 20 Minuten später war ich das einzig bewegte Flugzeug am riesengroßen Grasplatz in Thionville, schloss den Flugplan und konnte jetzt „frei" fliegen. Nach Tankstopp in Sedan brummelte mein Sauer-Motor monoton über langweiliges Flachland nach Westen zum Sammel- und Startflugplatz Amiens, als mein Kiebitz plötzlich mit Vollgas röhrte. Als ich das Gas zurücknahm, tat sich zunächst nichts, bis dann plötzlich der Flug mit Standgas bremste. Ich konnte das Gas nicht mehr fein dosieren und dachte an einen klemmenden Bowdenzug, der sich durch Vibration wieder freilöst. Nachdem der Kiebitz nicht vom Himmel fiel und die Landschaft unter mir aus abgeernteten Getreidefeldern bestand und mögliche Notlandefelder waren, flog ich mit guter Höhe weiter, erreichte 80 km weiter den Flugplatz Amiens und landete ohne Schleppgas auf einer ewig langen Grasbahn. Da es schon spät war, lief ich gleich zur Halle, meldete mich an und war erstaunt über eine Traube von Interessierten, die um meinen Flieger herumstanden. Als mich einer fragte, ob das so gehöre und am Propeller wackelte, schreckte ich auf und wurde bleich, als ich eine gebrochene Motorbefestigungsschraube entdeckte. Da der Motor nur noch an zwei Schrauben hing und sich dadurch ca. 3 cm nach vorne bewegen konnte, erklärten sich die variablen Gasstellungen von selbst. Der abgerissene Schraubenstummel steckte bündig im Motorblock! Die Tour kann ich vergessen - schoss es mir durch den Kopf. Doch es wäre nicht die Tour ULM - gäbe es da nicht einen exzellenten Mechaniker mit Werkstattwagen, der es schaffte, den Schraubenstummel unter Beifall der Zuschauer herauszubringen, eine Schraube M10x80 entsprechender Festigkeit zu besorgen und noch eine Bohrung für den Sicherungsdraht anzubringen. Der Rest war Routinearbeit unter Taschenlampenbeleuchtung und ein Verzicht auf die Begrüßungsfeier. Hauptsache, der Flieger war wieder flugklar und ich war dabei! 3 Am Sonntag Morgen um 6 Uhr begann die täglich selbe Abfolge: Aufstehen – Morgentoilette - und beim Rasieren gleich kräftig in die Lippe geschnitten! Was muss den noch alles kommen? - Zelt ausräumen - Zelt abbauen - alles im Rucksack verpacken Rucksack auf Lkw verstauen - Frühstücken General Briefing - anschließend Wettbewerbsbriefing - und dann ab ca. 9 Uhr im Halbminutentakt losstarten - als einer von 120 gleichgesinnten Piloten mit ihren Flugzeugen. Das erste Ziel war Sedan - die Landschaft kannte ich vom herfliegen bereits - mit einer Navigationsaufgabe (Punkte suchen und auf einer vorgegebenen Strecke möglichst exakt fliegen - ein GPS-Empfänger dokumentierte die Strecke und am PC wurde später der SollIst-Vergleich punktemäßig bewertet). In Sedan war Tankstopp mit Mittagspause. Die Landung bei 90 Grad Seitenwind war nicht ganz ohne und kostete einem Piloten seine nagelneue FK9. Gestärkt ging es weiter über Fains Veel, einem familiären privaten UL-Platz auf einer Anhöhe, an dem ein Ziellandewettbewerb angesagt war. Der freundliche Flugplatzchef spendierte Getränke und bald ging es wieder weiter südwärts nach in Dijon, dem Zielplatz der ersten Tagesetappe. 4 Beim Anflug auf den Flugplatz Dijon-Darois war der angekündigte Mistral bereits deutlich zu spüren. Die Landung gegen den laminaren Wind war jedoch unproblematisch. Mit Rucksackholen, Zeltaufbauen, Tanken, Briefing, Abendessen ging es. Als Tagessieger erhielt ich von der Bürgermeisterin einen riesigen Glaspokal überreicht, der natürlich mit meinen Freunden Niki und Klaus, einem deutschen EURO-Star-Team aus Baden-Oos, das letztes Jahr schon dabei war und dem CT-Piloten Claas aus Braunschweig, der dieses Jahr sein Debut gab, begossen werden musste. Die Nacht war kurz, wie so oft (man könnte ja etwas versäumen) und der Rotwein, den es als "flat rate" jeden Abend gab, trug seinen Teil dazu bei. Montag, 6 Uhr - same procedure - heute sollte es über den Flugplatz Bellegarde in den Bergen nach Montelimar im Rhônetal gehen. Die vormittägliche Wettkampfaufgabe mit „Kreuze suchen“ und „Kurvenlinien in Michelin-Karte abfliegen“ war bei Wind aus NW mit 30 km/h gar nicht so einfach, zumal beim Kiebitz die Sicht nach vorne und unten bescheiden ist und man die Schnauze zur Flugrichtung deutlich versetzen muss, um etwas am Boden zu erkennen, wobei die Kompassnadel sich dann auch mitdreht und nichts mehr stimmt. Aber irgendwie fand ich den Endpunkt der Wettbewerbsstrecke, einen Friedhof, drehte eine Linkskurve zum nochmaligen Überflug und konnte mein TracingGPS abschalten. Etwas entspannter ging es in geringer Höhe (wegen der Tiefflugkorridore - und davon gibt es in Frankreich viele) weiter südostwärts in das Bergland und ich musste den Motor plagen, um über die Hangkanten zu kommen. Mit geringen Steigwerten kämpfte ich mich hoch an die Wolkenbasis, deren blaue Locher immer weniger wurden. Die Landeplätze wurden rarer, viel Wald und unwegsames Gelände lenkten von der Kälte unter der Wolkenbasis ab. Endlich, ein tiefer Bergeinschnitt in Sicht, dahinter sollte laut Karte der Flugplatz Bellegarde liegen. Mit gut 1000 m über Platzhöhe ging ich den Sinkflug über und ordnete mich brav in den Platzverkehr ein, meldete meine "Mike 24" im Gegenanflug und arbeitete mich von Rangnummer 8 ins Endteil. 5 Die Landung passte und beim Rollen schüttelte es, was sich als Plattfuß heraus stellte. Die Mittagspause war ich mit Reifenflicken beschäftigt – hatte aber auch fleißige Helfer. Ein Dorn hatte ein kleines Loch in den Schlauch gestochen. Zum Relaxen auf dem schönen Flugplatz war leider wenig Zeit. Aufgrund starkem Mistral, der mit 70 km/h das Rhônetal hinunter pfiff und leider auch am Abend nicht einschlief, war an ein Landen in Montélimar nicht zu denken. Die Verantwortlichen gaben den ca. 60 km entfernten Flugplatz "La Tour du Pin" als Tagesziel vor und so erlebten wir einen herrlichen Abendflug das Tal an den Bergkämmen entlang zum Lac du Bourget und weiter westwärts zum Flugplatz. Nachdem sich da Feld nach der kurzen Distanz kaum entflochten hatte, war Gedränge und stellenweise Chaos im Landeanflug angesagt. Bis zu fünf vergebliche Anflugversuche waren keine Seltenheit. Auch mir war die Luft zu aluminium- und kunststoffhaltig und so genoss ich die Abendstimmung bei Nordwind von immerhin noch 50 km/h und landete als einer der letzten. Beim letzten Sonnenstrahl waren alle heil unten und warteten auf das Gepäck, das bereits 150 km weiter gereist war. Auch die Feldküche musste umdisponieren und gegen 23 Uhr gab es endlich die erste warme Mahlzeit des Tages. Ein Glück dass in Bayern das Bier als Grundnahrungsmittel zählt und ich so überleben konnte. Dienstag Morgen ging es früh raus - Start ab 8 Uhr - Zwischenziel Millau und Tagesziel Montpezat, diesmal ohne Wettbewerbsaufgaben wegen des starken Mistrals. Der Bodennebel bei Sonnenaufgang lieferte interessante Fotomotive, aber auch nasse Füsse. 6 Kurz nach dem Start begann der Mistral kräftig zu schieben und mit 170 km/h Groundspeed „schoss“ der Kiebitz das breite Rhônetal hinunter. Vor Montélimar ging es westwärts im Tiefflug über aktives Militärgebiet weiter über die Ardèche und über die stellenweise unwegsame, schluchtenreiche Gegend des Massiv Central nach Millau, einem Flugplatz mit langer Asphaltbahn auf einer windigen Hochebene, den ich vom letzten Jahr noch kannte. Der starke Mistral hatte sich in mäßigen Nordwestwind transformiert und so führte die Strecke nach ausgiebiger Siesta vorbei am Viadukt, dem weltbekannten Brückenbauwerk bei Millau, ein Stück die Tarn begleitend, westwärts an die Lot, einem langsam fließenden, geschwungenen Fluss in einer lieblichen Weingegend. Die tiefstehende Abendsonne lies die Landschaft mit ihren langen Schatten goldig glänzen und verhalf zu einigen schönen Fotos. 7 Montpezat, ein UL-Platz, aber was für einer! Zwei gekreuzte Landebahnen, geteerte Rollwege, eingesäumt von Backerseen, auf denen Wasserstarts mit UL durchgeführt werden, ein Restaurant mit Bar, Fliegerboutique, Turm mit Terrasse für Zuschauer, großen Campingplatz mit voller Infrastruktur usw. Das UL-Paradies auf Erden - und das in sehr schöner Landschaft mit Wein- und Pflaumenanbau. Nach einer 3-Punkt-Landung mit Beifall der Zuschauer und Lob über Funk vor der Controllerin aus Paris, die sonst gewohnt ist, Jumbos abzufertigen, wurde der Kiebitz eingeparkt und verzurrt, das Zelt schnell aufgebaut, ein frisches T-Shirt angezogen und los ging es. Der Flugplatz feierte sein 20-jähriges Bestehen und dementsprechend fehlte es an nichts: Bar, Musikpodium, Rock´n Roll Band, am Platz tanzte der Bär! Und auch die Franzosen verstehen es, zu feiern. Ein Glück, dass der kommende Tag der Ruhetag der Tour war! Und so floss der Wein, hatten alle viel Spass, schwangen das Tanzbein und erfuhren mit allen Sinnen, was „Leben wie Gott in Frankreich“ heißt. Und einen Pokal für den Tagessieg in meiner Klasse „multiaxe monoplace“ gab es auch noch überreicht - was wollte ich mehr! Als ich all meinen Mut zusammen nahm und eine hübsche Frau mit "Voulez vous dancez avec moi?" ansprach, entgegnete mir ein "ja, gerne" und ich erfuhr, dass meine Tanzpartnerin eine Trike-Copilotin war, aus Köln stammte, seit 19 Jahren mit ihrem Mann jedes Jahr für drei Wochen zum Fliegen und Motorradfahren hierher kommt und sogar im Club Mitglied ist. 8 Am Mittwoch startete der Tag etwas später. Ein Wochenmarkt war am Flugplatz aufgebaut und Pendelbusse boten Ausflüge in einen nahegelegenen Ort und in ein Pflaumenmuseum. Bei mir war Waschtag angesagt und die Kleidungsstücke baumelten lustig an der Kiebitzverspannung und sorgten für einige Touristenfotos. Den Abend krönte ein sehr ruhiger Genussflug mit Klaus entlang der Lot bis zu einem nahegelegenen Flugplatz direkt am Fluss. Über flaches Hügelland ging es zurück und wir umzirkelten eine restaurierte Mühle auf einer Anhöhe, die wir nachmittags zuvor erwandert hatten, bevor wir zum Landeanflug einschwebten. Klaus, der das erste Mal einen Kiebitz pilotierte und das über einer Traumlandschaft bei Idealbedingungen, war mehr als begeistert, ließ sich natürlich nicht lumpen und gab sofort mehrere Einstandsbiere an der Fliegerbar aus. Abends nach dem Essen war wieder Party angesagt. Ein Liedersänger mit Elektrogitarrenbegleitung trällerte französische Volkslieder und Hits und schaffte damit eine Bombenstimmung, zu der der Landwein ebenfalls beitrug. Und die Nacht war diesmal sehr kurz. Donnerstag morgens ging es bei blauem Himmel nordwestwärts mit Mittagsziel Flugplatz Jonzac. Auf dem Hinweg lockte mich das Flussbett der Garonne zu einem Tiefstflug zwischen den Mosquittos und Anglern. 9 Auf einem zwischen Maisfeldern versteckten UL-Platz gab es einen Präzisionslandewettbewerb, wobei es galt, hinter einer Linie so nah wie möglich zu landen – sch....ss Bodeneffekt! Vielleicht war bei mir auch der fehlende Schlaf ursächlich für meine Treff(un)sicherheit. Anschließend gab es eine interessante Navigationsaufgabe. Nach einem Startpunkt, einer Brücke, die überflogen werden musste, galt es, innerhalb einer Stunde möglichst viele Ziele auf einer Straßenkarte zu finden, zu überfliegen und einen Endpunkt zu erreichen, ohne das Zeitlimit zu überschreiten und irgendwie zurückzufliegen. Das ganze noch durchzogen von in einem militärischen Tiefflugkorridor, der entweder bodennah unterflogen oder hoch überflogen werden musste. Ich wählte wegen der „Kurzsichtigkeit“ die Low-LevelVariante und war mit dem Suchen und Navigieren so beschäftigt, dass jegliche Motorausfallszenarien verdrängt wurden. Die Strecke führte über riesige Weinanbauflächen mit bescheidenen Landeflächen nach Jonzac, einem gigantisch großen Grasplatz mit zwei gekreuzten Landebahnen und sonst nichts los. Große Flugplätze - ohne Leben - traf ich übrigens öfters in Frankreich an. Von Jonzac ging es nach ausgiebiger Mittagspause weiter nach Couhé. Da wir nur ca. 80 km vom Atlantik entfernt waren, lockte das Wasser und so flogen einige Maschinen, darunter auch meine D-MALM auf die Insel d´Oleron. Über Wasser zu fliegen und bei Motorausfall nasse Füsse bekommen zu können, hatte selbst für mich, der auf viele interessante Flugjahre zurückblicken kann, einen besonderen Reiz. Ein anderer Kiebitz-Pilot sagte einmal: „Dem Motor ist es egal, was unter ihm liegt“ – worüber wir nachdenken sollten. 10 Am Flugplatz auf dieser Insel ist ein „automatischer Flugleiter" installiert, der QNH, Landerichtung, Wind usw. runterspult, sobald man sich im Funk meldet. Man schaut auf die anderen in der Luft, überfliegt den Platz mittig über der Landebahn und dreht dann in den Gegenanflug. Am Abstellplatz sind Ketten am Boden, um die Flugzeuge festzuzurren, denn der Wind pfiff richtig. Wir bummelten ins nahe gelegenen Städtchen und genossen das von Niki spendierte Landebier, denn keiner wollte ihm so recht glauben, dass beim Seitenwindlanden plötzlich der Rollweg von bösen Mächten unter seinen Flieger geschoben wurde. Um 19.30 Uhr starteten wir wieder und überflogen ein Gefängnis im Meer, das als Notlandefeld nicht geeignet gewesen wäre. Nach ca. 10 km Wasser hatten wir wieder Land unter den Flächen, was ich mit einem steilen Aufschwung mit Turn feierte. Vom Rückenwind geschoben ging es in herrlicher Abendstimmung ostwärts nach Couhé. In meinem GPS habe ich auch die französischen UL-Plätze drin und so "hummelte" (soll bedeuten: wie eine Hummel brummend hin und her fliegend) ich alle am Weg gelegenen Plätze ab, deren Pisten oftmals nur schwer zu erkennen waren. Als vorletzter Flieger landete ich in Couhé und erhielt meinen Stellplatz am Bahnende, eine Ewigkeit vom Tanklastzug, Gepäckwagen Toiletten und Hangar entfernt. Und 40 Liter Treibstoff werden dann schon arg schwer. Das Zelt schlug ich diesmal nicht wie gewohnt zwischen Tragfläche und Leitwerk auf, sondern nahe der Zivilisation und Entsorgungsanlagen. Während die anderen bereits beim Briefing waren, betankte ich den Kiebitz romantisch bei Mondschein. So soll der Kiebitz angeblich besonders gut fliegen, munkelt man. Das Abendessen der Feldküche oder besser gesagt dem mobilen Restaurantservice war wie immer sehr köstlich. Ein letztes Absacker-Bier am Tresen bei den französischen UL-Kollegen am Platz sorgte für die notwendige Bettschwere. 11 Freitag Morgen wieder die gewohnte Prozedur. Mit extrem lauten Gebrummel schrecken sechs spanische UL-Gyrokopter, die ebenfalls am Platz übernachtet hatten, die letzten Schläfer aus ihren Träumen. Heute ging es nach Montreville als Tagesziel mit Zwischenlandung auf den UL-Platz Granges Dieu mit 700 m Graspiste, drei UL-Hallen und einem vorbildlichen Vereinsheim. Das Wetter wurde schlechter, die begleitende Meteorologin warnte vor lokalen Gewittern und Regenschauern bei fast geschlossener Bewölkung und Wind mit 25 kts. Wettbewerbsmäßig war wegen des Windes nichts angesagt. Auf dem Weg lag ein riesiges Waldstück, das ich links herum in Richtung Blois umflog. Die Wahl entpuppte sich als richtig, da ich so nicht wie die „Rechtsherumflieger“ gewaschen wurde. Nach 2 1/2 Stunden stand ich mit Minimalfluggeschwindigkeit fast über dem UL-Platz und bereitete mich auf eine 90-Grad-Seitenwindlandung mit 28 kts Wind vor. Mein Endteil aus den Gegenanflug begann ich zu hoch slippte zum Landebalken, um die Höhe zu vernichten. Als ich den Kiebitz gerade ziehen wollte, sackte ich durch und setzte schon mit den Vorderrädern auf, hüpfte wie ein Gummiball hoch und wurde von Seitenwind von der Landebahn geweht. Gas rein, kurzes Zurechtziehen und dann landete ich hoppelnd auf der Piste - und alle schauten zu. Tja, die Flugeigenschaften hängen auch stark von der Windrichtung ab. Aber eine Landung ohne Bruch zählt noch als Landung und beim zweiten Landebier hatte ich auch diese wieder verdaut. Ich bekam einen Platz in Hangarnähe und verzurrte Zelt und Kiebitz fest am Boden. Dann wieder das gleiche Procedere. Beim Briefing wurde mitgeteilt, dass es um 5:30 Uhr Frühstück gibt und bereits um halb 8 gestartet werden soll, wegen des aufkommenden, starken Windes. Die Nacht war wieder einmal sehr kurz, diesmal wegen des Dieselaggregates, das ab 3 Uhr loslief für die Küchenvorbereitung. Um 6 Uhr hatte ich bereits mein Zelt abgebaut, war gewaschen und beim Frühstück, als plötzlich dichter Nebel aufkam. 12 Gestartet wurde erst kurz vor Mittag und im Tiefflug unter Wolkenfetzen ging es rechts an Paris mit seinen vielen Flugbeschränkungen vorbei mit möglichem Tankstopp in Chateau Thierry. Nach ca. 60 km wurde die Bewölkung immer dichter und niedriger und so ging es im Tiefstflug mit 50 bis 100 m über die hügelige Gegend, immer nach Stromleitungen ausschauend, die in den französischen Fliegerkarten eingetragen sind. Irgendwann begann es dann zu noch regnen und ich beschloss, in Thierry zwischenzulanden und den Regen abzuwarten. Drei Stunden später lichtete sich die Bewölkung etwas und so startete ich zur letzten Etappe gegen den Wind zum Start-/Zielflugplatz Amiens. Einigen heftigen Regenschauer ausweichend erreichte ich nach zwei Flugstunden Amiens, reihte mich in den Platzverkehr ein und war bereits im langen Endteil auf die Graspiste, als mein Vorausflieger plötzlich beim Aufsetzen einen "Kopfstand" machte. Per Funk kam die Meldung: "turn right, make a 360 and take runway right concrete". Gesagt getan setzt mein Kiebitz diesmal bei Gegenwind wieder sehr sanft auf dem Asphalt auf. Ein seitlicher Blick zum aussteigenden CrashPiloten zeigt nur Materialschaden und schon eilten fleißige Helfer her, die Maschine mit geknicktem Bugfahrwerk und gestutztem Propeller von der Bahn zu ziehen. Ich rollte zum Vorfeld und wurde zum Abstellplatz gewunken. Niki und Klaus köpften kurzerhand eine Flasche Champus und wir feierten das Ankommen. Das Zelt war schnell aufgebaut und es fing immer stärker zu regnen an. Nach und nach kamen die restlichen Flugzeuge an. Im nahegelegenen Hypermarkt mit 35 Kassen deckte ich mich noch mit Wein und Käse ein – das muss auch sein. Abends war ein langer, offizieller Teil mit Ansprachen und Danksagungen von und an Politiker und wichtige Persönlichkeiten, die vom französischen UL-Verbandspräsidenten clever in die Öffentlichkeitsarbeit eingebunden werden. 13 Neben der Siegerehrung, die mir einen weiteren Pokal als Sieger in meiner Klasse brachte, wurde die erfolgreiche Jugendarbeit des französischen ULVerbandes herausgestellt. Mit einem 16-jährigen Trikeflieger, der mit seiner zwei Jahre jüngeren Freundin die Tour bereits letztes Jahr schon mitflog und einige Preise einheimste, darunter auch einen Fluggutschein von der AirFrance, hat der Verband einen sympatischen Werbeträger für die Nachwuchsarbeit. Apropos Nachwuchsarbeit: Der Verband setzt sich stark dafür ein, junge Piloten für die UL-Fliegerei zu gewinnen. Es war eine Gruppe Jugendlicher in einer Art Fliegerlager dabei, die kräftig mithalfen und streckenweise selbst oder als Copilot mitflogen. Einige der Jugendlichen suchten regen Kontakt zu den „alten Füchsen" und überraschten uns mit sehr guten Deutschsprachkenntnissen. Auch Frankreich scheint Probleme mit dem UL-Nachwuchs zu haben. Doch die im französischen Verband verstehen es, mit solchen Programmen die Jugend zu animieren. Für nächstes Jahr ist sogar eine eigene Jugendklasse geplant. Fliegende „Rollies" (Rollstuhlfahrer) kannte ich von der letzten Tour und gibt es auch in Deutschland. Blinde Piloten im Sinne von Rücksichtslosigkeit oder mangelnder Umsicht kenne ich auch einige. Dass aber nicht Sehende selber ein Flugzeug pilotieren können, faszinierte mich. „Les Mirauds volants“, Piloten, die sich am Boden mit weißem Stock den Weg ertasten oder Brillen tragen, die Vergrößerungsgläsern gleichen, fliegen mit DreiachsULs, die mittels spezieller Orientierungselektronik ausgestattet sind, die ganze Tour mit! Klar, dass der Copilot auch Pilot ist und erforderlichenfalls eingreifen kann. Aber allein die Vorstellung, nur nach akustischen Signalen ein Flugzeug von A nach B zu pilotieren und dabei Turbulenzen auszugleichen, finde ich großartig und eine starke Leistung! 14 Der für Sonntag geplante Rückflug fiel im wahrsten Sinn des Wortes ins Wasser. So nass wurde mein Kiebitz noch nie. Literweise saugte ich das Wasser mit Lumpen vom Rumpf und dem unteren Flügel auf. Da halfen auch die Abdeckplanen wenig. Viele Piloten waren mit dem Fahrzeug gekommen und zogen ihre Fliegedinger nach Hause. Einige starteten im Regen in Richtung Süden, wo das Wetter besser war. Um dem nassen Trübsal zu entkommen, fuhren Klaus, Claas, Niki und ich an den nahen Atlantik zum „Muschel-satt-essen“. Am Montag war es dann stark bewölkt, aber noch trocken. Ich studierte die Wettervorhersage und Regenradargebiete im Internet am Flugplatz und beschloss, noch vor einem von Nordwesten kommenden Regengebiet ostwärts in Richtung Heimat zu fliegen. Und so schob mich die Regenfront in Richtung Deutschland. Diesmal entschied ich mich, südlich des Pfälzer Waldes zu bleiben und lernte durch einen Tankstopp in Sarre-Union einen schönen Flugplatz mit gastfreundlichen Piloten kennen. Weiter ging es in Richtung Flugplatz Baden-Oos, wo Niki stationiert ist. Eine schwarze Regenfront über dem Schwarzwald und vor Pforzheim erleichtern mir die Entscheidung, dort eine Sicherheitslandung durchzuführen. Den Flieger durfte ich in die Halle stellen und ich entschied mich für die Übernachtung in einem Gasthaus, mit richtigem Bett, Wanne und so anstelle feuchtem Zelt, Isomatte und Schlafsack. Am nächsten Vormittag ging es dann die letzte Etappe südlich von Stuttgart über die Schwäbische Alb nach Günzburg zum „heimatlichen Stall“. Endlich wieder daheim – und vorerst einmal fluggesättigt! Rückblickend war die zweite Teilnahme an dieser Tour kein zweiter Abklatsch vom letzten Jahr, sondern wieder ein einzigartiges Erlebnis in größtenteils unbekannter Landschaft und neuen fliegerischen Herausforderungen. Besonders erfreulich war es für mich, dass der Kontakt zu den französischen Nachbarn, den ich letztes Jahr noch als „vorsichtig vortastend“ bezeichnen würde, ich dieses Jahr als „familiär und vertraut“ empfand. 15 Fliegerisch habe ich bei den über 45 Flugstunden und ca. 4000 km, die ich bei dieser Tour zusammenbrachte, wieder dazugelernt. Die Tour ist keine Erholung – sie ist „action pur“, vor allem, wenn man den Wettbewerb mitfliegt. Lästig ist das frühe Aufstehen, aber über 120 Flugzeuge und Gyrokopter wollen täglich mehrmals gestartet, gelandet und aufgetankt sein. Aber die Tour ist ein einzigartiges Erlebnis und vermittelt Eindrücke, die ich nicht missen will. Anmeldungen zur nächsten Tour können von der französischen Web-Seite des FFPLUM ab Januar heruntergeladen werden. Eine baldige Anmeldung ist erforderlich, da die Plätze schnell vergeben sind. Vielleicht trifft man sich nächstes Jahr, so wie den Claas aus Braunschweig, der sich bei der diesjährigen Tour seinen Traum erfüllte. Happy landings Haxxler, alias Wolfgang Theisinger mit seiner D-MALM 16