Die Cinemizer OLED im Test
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Die Cinemizer OLED im Test
PROFESSION | ANWENDUNGSTEST BLICK IN DIE ZUKUNFT Die Cinemizer OLED im Test So haben wir uns multimediale Zukunft in den 80er Jahren vorgestellt: Menschen tauchen vollkommen ein in virtuelle Welten. Futuristische Brillen mit ungeahnten Bildqualitäten und Kommunikationsmöglichkeiten stehen dafür zur Verfügung. Der Hersteller der Cinemizer OLED verspricht davon einiges. Die FOCUS-Redaktion hatte Gelegenheit, die Multimedia-Brille zu testen. von Silke Sage unter Mitwirkung von Efstathios Efthimiadis und Elefterios Efthimiadis Z unächst einmal stellt sich die Frage: Welche Berührungspunkte hat das Gerät mit der Augenoptik? Oberflächlich betrachtet eigentlich recht wenige – es hat ein Mittelteil und zwei Bügel und die Form einer Brille. Das war‘s dann auch schon fast. Trotzdem hat sich die FOCUS-Redaktion entschlossen, das Gerät zu testen. Warum? Wir werden in den kommenden Ausgaben einen etwas genaueren Blick in die Zukunft wagen. Denn: Augmented Reality und Virtual Reality findet bereits statt – und das vor allem über unseren Sehsinn. Wie die Geräte auf diesen wichtigen Sinn abgestimmt sein werden, ob sie die Physiologie beeinträchtigen und welchen Einfluss sie auf das gesamte Sehzentrum haben werden, wird zweifelsohne ein neues Beobachtungsfeld in der Augenoptik werden. Die Cinemizer OLED ist eine Virtual-Reality-Brille. Das heißt, mit ihr ist eine gleichzeitige Wahrnehmung der Wirklichkeit und einer computergenerierten interaktiven und zudem virtuellen Umgebung möglich. In Echtzeit. Das bedeutet für die Gamer unter den Lesern: Eine völlig neue Bewegungsmöglichkeit und Wahrnehmung! In z.B. Ego-Shootern findet die räumliche Orientierung über Kopfbewegungen statt, so lassen sich Gegner schneller in der direkten Umgebung ausmachen. Selbstverständlich lassen sich damit auch einfach Filme anschauen, in 2D oder 3D. Dieses Einsatzgebiet bietet dem Anwender einen „Monitor in der Tasche“, egal ob auf Reisen oder zu Hause. 28 FOCUS 12_2013 28_32_Cinemizer.indd 28 05.12.13 14:31 ANWENDUNGSTEST | PROFESSION Der erste Eindruck: Das Display: Das Gerät ist handlich und sieht formschön aus. Die Verarbeitung macht einen guten Eindruck. Das geschlossene weiße Gehäuse erinnert aus irgendeinem Grund an die Panzerung der Truppen aus Star Wars. Zwei OLED-Displays sind darin eingelassen, für jedes Auge eins. Zwei Kopfhörer sind per Klinkenstecker mit den Bügeln verbunden. Die Brille kommt jedoch mit vielen Kabeln und Anschlüssen daher, die erst einmal sortiert und identifiziert werden möchten. Somit ist das Gesamtpaket relativ groß und zunächst ein wenig unübersichtlich, wenn es zum ersten Mal angeschlossen wird. Strom erhält das Gerät über einen eingebauten Akku, der über einen USB-Anschluss geladen wird. Das reicht für ca. zweieinhalb Stunden. Beim Betrachten der kleinen Displays entsteht der Gesamteindruck eines 40-Zoll-Monitors, der aus ungefähr zwei Metern entfernt betrachtet wird. Das fühlt sich in etwa so an, als würde man im Kino eher weiter hinten sitzen, allerdings ohne die störenden Hinterköpfe der anderen Kinobesucher. Die Bildqualität ist gut, obwohl es kein Full HD darstellen kann. Die Brille lässt sich an verschiedenste Output-Geräte anschließen, wie ein ganz normaler TFTMonitor. Diese gute Kompatibilität macht die Brille sehr benutzerfreundlich. Ein besonderes Merkmal ist die 3DDarstellung. Sie ist mit entsprechender Grafikkarte möglich, wenn sie mit einem Computer verbunden ist. Sie soll jedoch auch – und vor allem – mit aktuellen Spielkonsolen und 3D >> 12_2013 FOCUS 29 28_32_Cinemizer.indd 29 05.12.13 14:31 PROFESSION | ANWENDUNGSTEST Blu-ray-Playern funktionieren. Das konnte im vorliegenden Test nicht überprüft werden. Das Seh-Erlebnis: Die Umgebung wird beim Betrachten eines Filmes oder Videospiels weitgehend ausgeblendet. Das ist zwar für das Seherlebnis toll, erweist sich aber als schwierig, möchte man im laufenden Betrieb einige Tastaturbefehle eingeben. Um den Effekt zu verstärken, kann ein optionales Zubehörteil erworben werden. Das „Eyeshield“ wird im Deutschen ein wenig holperig mit der Bezeichnung „Maske zur Abschottung von Umgebungslicht“ geführt. Es wird in die Brille von innen eingesetzt und störendes Seitenlicht wird ausgeblendet. Es lässt die Realität hinter der Brille noch weiter zurücktreten. Allerdings: Wenn nun die Tastatur bedient werden muss, ist das nur möglich, indem die Multimedia-Brille abgesetzt wird. Für Brillenträger heißt das dann: Die Korrektionsbrille muss gesucht, gefunden, aufgesetzt und wieder abgesetzt werden. Das Gerät wird mit einem optionalen „Headtracker“ geliefert: Die Kopfbewegungen werden mit diesem Zusatzgerät erfasst und ersetzen z.B. die Mausbewegungen oder simulieren den freien Blick in der virtuellen Welt. Das ist ein wenig gewöhnungsbedürftig und erfordert für ambitionierte Spieler viel Übung. Gleichzeitiges Blicken und Zielen und Schießen ist nicht einfach. Zudem sind Spiele mit vielen Texten, wie beispielsweise Diabolo 3 nicht gut geeignet, da die Schriften einfach schlecht lesbar sind. Für etwas „Blumigeres“, etwa einem Spaziergang durch eine virtuelle Welt, zur realitätsnahen Betrachtung von Räumen oder dem Weltall bietet die Cinemizer OLED mit Headtracker allerdings einen tollen Effekt! Was ist OLED? Organische Leuchtdioden (OLED = organic light emitting diode) werden heute teilweise in High-Tech-Produkten wie hochwertigen Flachbildschirmen, Displays von Smartphones oder Digitalkameras verwendet. Die Quellen des ausgestrahlten Lichts sind dabei organische Leuchtdioden. Diese zeichnen sich durch eine flächige und blendfreie Lichtstrahlung aus. Sie erlauben eine bessere Farbbrillanz und einen höheren Kontrast. Zudem haben sie eine schnellere Schaltgeschwindigkeit und bessere Effektivität als die ältere LED-Technologie (anorganische Leuchtdioden), die eher punktförmige Lichtquellen darstellen. Organisch bedeutet in diesem Zusammenhang, dass die Darstellung auf kohlenstoffbasierten Materialien möglich ist, wie etwa Folien und verschiedenen Kunststoffen. Wenn die OLEDs abgeschaltet sind, sehen sie aus wie durchsichtige Folien. Ein Vorteil: Diese Folien lassen sich biegen und somit sind Darstellungen auch auf gekrümmten Flächen möglich. Der OLED Technologie wird eine große Zukunft vorausgesagt. Litfaßsäulen, Verpackungen oder faltbare Monitore sind einige denkbare Einsatzgebiete. Auch in der Autoindustrie wird der Einsatz für viele Bauteile erwartet. Nicht zuletzt die extrem gute Lichtausbeute, die vielfältigen Einsatzmöglichkeiten und die schlanke Bauart werden dazu beitragen. Die Brille: Leider ist die Brille mit 120 g nicht gerade leicht, auch wenn sie im Vergleich zu anderen Modellen damit besser abschneidet. 120 g sind nun einmal 120 g, egal ob der Hersteller davon spricht, es seien ja nur gefühlt 75 g auf der Nase. Die restlichen Gramm verteilen sich auf die Ohren; und nach einiger Zeit in aufrechter Sitzposition zeigen sich dort und auf dem Nasenrücken die ersten Abdrücke. Mit dem zusätzlich am Bügel angebrachten Headtracker und dem Eyeshield wird das Gerät noch schwerer. Trotz allem ist das Tragen der Brille, gemessen an ihrem technischem Inhalt, erträglich. In liegender Position und somit ohne Zusatzequipment ist das Gerät angenehmer zu tragen. Es wird mit drei verschiedenen Silikon-Nasenpolstern geliefert, so kann der Nutzer selbst ausprobieren, wie es am bequemsten ist. Für Brillenträger gibt es eine persönliche Einstellung der Korrekturwerte zwischen +2,0 dpt und -5,0 dpt für das jeweilige Auge. Allerdings – wem sage ich das? – ist diese Einstellungsmöglichkeit recht grob und nur eine kleine Hilfe bei hohen Werten. Wer Brillenträger ist, wird, wenn er eine klare Darstellung erleben möchte, besser Kontaktlinsen mit seiner genauen Verordnung tragen. Die eingebauten Präzisionslinsen von Zeiss lassen sich nicht auf die jeweilige Pupillendistanz einstellen. Das ist aus augen- >> 30 FOCUS 12_2013 28_32_Cinemizer.indd 30 05.12.13 14:31 PROFESSION | ANWENDUNGSTEST optischer Sicht zu bemängeln. Die Bildqualität war jedoch gut, gemessen an den relativ durchschnittlichen Augenabständen der Tester. Auszug aus den technischen Daten: Bild - OLED Displays (Organic Light Emitting Diode) - Simulierte Bildgröße von 40 inch (= 102 cm, diagonal) in 2 m Das Einsatzgebiet Wir haben uns in der FOCUS-Redaktion gefragt, für wen dieses Gadget in Frage kommt. Es ist ein bisschen so, als sei stets der eigene 40-Zoll-Monitor dabei. Die Headtracker-Funktion ist nur in Verbindung mit einer Videobrille ein Erlebnis, und das bietet die Cinemizer OLED in jedem Fall. Allerdings: Es wird sich wohl kaum jemand auf einer Zug- oder Flugreise diese Brille aufsetzen, sein Umfeld ausblenden und mit leicht geöffnetem Mund das Geschehen hinter der Brille verfolgen. Aber: Für Technikbegeisterte ist das Gerät sicher ein toller, wenn auch teurer Spaß. Für die Stimulation von Patienten oder als Ablenkung in Zahnarztpraxen oder bei OPs hat die Brille mit Sicherheit ein denkbar gutes Einsatzgebiet. Auch beeinflusse sie, wie kürzlich durch den Hersteller mitgeteilt wurde, das Wohlbefinden des Patienten während einer Chemotherapie positiv. Für virtuelle Rundgänge durch eine CAD-Visualisierung bietet sie ebenfalls ein besonderes Potenzial. Der Hersteller gibt zudem an, dass die Brille sich hervorragend für Fotografen und Filmemacher eignet. Möglich macht es der 2D und 3D Viewfinder, der dem Kamerateam in Echtzeit zeigt, was die Kamera aufzeichnet. Tatsächlich war das Filmen mit der Cinemizer OLED für einen unserer Tester ein besonderes Erlebnis. Mit der Cinemizer OLED ist ein Stück Zukunft Realität geworden. Wir glauben jedoch, dass das Gerät nur den Anfang dieser faszinierenden Technologie markiert und sind gespannt, was in den kommenden Jahren möglich sein wird. Entfernung - Seitenverhältnis 16:9 - zwei Hochauflösende Displays mit je 870 x 500 Pixel (100% Füllfaktor) - 24 Bit RGB Farbtiefe - FoV (Field of View): 30° 3D Support - Side-by-side / Top-Bottom / Line interleaved - Frame Packing bei 720p und 1080p (HDMI 1.4) Dioptrienbereich - beidseitig getrennt einstellbar von -5,0 bis +2,0 Dioptrien Pupillendistanz - Die Optik unterstützt eine Pupillendistanz (IPD) von 59 - 69 mm Zuspielen von Inhalten - HDMI: 640x480p 60Hz, 720x576p 50Hz, 720x480p 60Hz, 1280x720p 50/60Hz, 1920x1080i 50/60Hz, 1920x1080p 50/60Hz, 1920x1080p 24Hz, HDMI 1.4 3D 1080p 24 Hz, HDMI 1.4 3D 720p 60Hz - Videofähige iPod und iPhone Modelle über optionales Zubehör - AV-In: 3,5 mm/4 Pin-Buchse für Audio & Video (PAL/NTSC) Externe Anschlüsse - Mini-USB zum Laden des integrierten Akkus - 3,5 mm Audio Buchse für externe Stereo-Kopfhörer Stromversorgung/Akku - Wiederaufladbarer Lithium-Ionen Akku - Laden über USB, Spannung: 5 V, Stromaufnahme: 450 mA - Akkulaufzeit: bis zu 6 h bei iPod/iPhone und AV-In und bis zu 2,5 h bei HDMI - Ladezeit ca. 2,5 Stunden Die Zeiss Cinemizer OLED im Schnelltest WAS WILL SIE SEIN? Die Zukunft Gewicht - Akku-Box 60 g, HDMI-Adapter 30g - Gewicht auf der Nase ca. 75 g - Brille gesamt ca. 120 g WAS KANN SIE? Das Gefühl vermitteln, im Abstand von zwei Metern vor einem 40-Zoll-Monitor zu sitzen, mit oder ohne Headtracker. Das jedoch auch in 3D. - Verpackung gesamt ca. 850 g Lieferumfang - Cinemizer OLED inkl. Akku - Cinemizer HDMI Adapter WAS KANN SIE NICHT? Den Betrachter vollkommen in das virtuelle Geschehen eintauchen zu lassen. - Nasenpolster plus 2 Anpassungselemente - USB-Kabel - AV-Videokabel - Bedienungsanleitung und Sicherheitshinweise WAS IST SIE? Eine Alternative für verspielte oder filmaffine Nutzer. Das Gerät markiert den Anfang einer faszinierenden Technologie. Doch: Das Holodeck ist noch verdammt weit weg! - Kopfhörer - Reiseetui - HDMI auf Mini-HDMI Adapter-Kabel 32 FOCUS 12_2013 28_32_Cinemizer.indd 32 03.12.13 12:53