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Kultur
20
Nordwestschweiz | Samstag, 16. November 2013
Das Swiss Youth World Music Ensemble unter der Leitung von Fritz Renold bei der Uraufführung im April 2013 am Jazzaar Festival in KuK Aarau.
MATHIAS MARX
Zehn Grammy-Nennungen für Jazzaar
Jazz «The Unseen Hand» von Fritz Renold und Helene Savary steht gleich mehrfach auf der Entry List
VON STEFAN KÜNZLI
Am diesjährigen Jazzaar Festival in
Aarau wurde das Werk «The Unseen
Hand» von Fritz Renold und Helene
Savary mit dem Swiss Youth World
Music Ensemble am Jazzaar uraufgeführt. Jetzt ist das mit religiösen Texten versehene Werk für Jazz-Orchester und Gospel-Chor gleich in zehn
Kategorien auf die sogenannte «Entry
List» für die Grammy Awards gesetzt
worden. Die amerikanischen Grammy Awards sind die bedeutendsten
Preise der Musikindustrie und das
Pendant zu den Oscars beim Film.
Die «Entry List» entspricht der «Longlist» bei den Oscars.
Die Grammys werden in einem
mehrstufigen Auswahlverfahren gewählt. Jährlich werden über 30 000
Produktionen angehört, die von ei-
ner «Academy» aus renommierten
Musikern, Produzenten und Aufnahmeleitern zunächst auf die «Entry
Lists» der 103 Kategorien gesetzt werden. Aus diesen «Entry Lists» nominiert die «Academy» die fünf Besten.
Die Abstimmungen sind jetzt im
Gang und werden am 30. November
bekannt gegeben.
Die
Produktionen von Jazzaar
sind in den letzten
Jahren immer wieder auf den «Entry
Lists» aufgetaucht.
«Unseen Hand» hat mit seinen eingängigen, hymnischen Melodien und
den tanzbaren Rhythmen eine ungemein positive und ansteckende Wirkung. Trotzdem war der musikalische Leiter von Jazzaar, Fritz Renold,
überrascht, dass es diesmal gleich zu
zehn Nennungen gereicht hat. Die
Chancen auf eine Nomination in den
Hauptkategorien «Song Of The Year»
(mit dem Song «When I Am Weak»),
«Record of The Year» und «Album of
The Year» schätzt Renold allerdings
als sehr gering ein. Zu lang sind hier
die Listen mit jeweils über 1000 Nennungen.
Ein schöner Erfolg
und eine Bestätigung für die geleistete Arbeit in Aarau
sind die Nennungen trotzdem. Denn
für Nicht-Amerikaner ist es sehr
schwer, sich in den uramerikanischen Kategorien Jazz und Blues
durchzusetzen. Das gilt in diesem
Jahr für Keyboarder Etienne Stadwijk
und Bassist Kay Eckhardt, die in der
Kategorie «Best Improvised Jazz Solo»
Ein schöner Erfolg und
Bestätigung für die geleistete Arbeit in Aarau.
genannt wurden sowie für Jamshied
Sharifi und Bob Freedman für ihre
Arrangements.
Neben Jazzaar haben es erst Philipp Fankhauser und Peter Schärli in
Jazz- oder Blues-Kategorien auf die
«Entry List» geschafft. Renold kam dabei einer Nomination am nächsten,
als er vor sechs Jahren in der Kategorie «Best Jazz Composition» auf Rang
6 landete.
Chancen in der Nebenkategorie
Besser stehen die Chancen in den
Nebenkategorien. In solchen Nebenkategorien resultierten auch die bisher einzigen Schweizer Grammy-Siege. Andreas Vollenweider gewann
1986 in der Kategorie Best New Age
Album und Marcel Cellier 1990 für die
Produktion des Albums «Le Mystère
des Voix Bulgares, Vol. II» mit dem
Frauenchor des bulgarischen Staatsfernsehens. In einer solchen Nebenkategorie, für das «Best Contemporary
Christian Music Album» ist auch «Unseen Hand» aufgeführt. Mit intakten
Chancen. Denn hier ist die Konkurrenz mit insgesamt gut 100 Nennungen vergleichsweise klein.
Wer aus der Academy die jüngste
Jazzaar-Produktion auf die Entry List
gesetzt hat, weiss Renold nicht. «Das
Abstimmungsverfahren ist streng geheim», sagt er. Klar ist aber, dass Renold durch die Zusammenarbeit mit
vielen amerikanischen Jazzmusikern
beste Verbindungen in die USA unterhält.
Renold & Savary The Unseen Hand, Live
At Jazzaar Festival 2013 - Aarau, Switzerland. Music & Lyrics by Fritz Renold &
Helene Savary, CD Baby.
Junge Künstler entdecken die Poesie der Langsamkeit
Kunst Im Badener Trudelhaus
positionieren sich sechs junge
Künstler auf dem weiten Feld
der Gegenwartskunst. Statt zu
polarisieren, antworten sie zur
Frage «What’s New» überraschend (ein)stimmig.
Kunsthochschulen umgeschaut –
und Neues entdeckt. Wäre ihre
Schau repräsentativ, dann lägen bei
jungen Schweizer Künstlern derzeit
Naturmaterialien wie Stein, Kupfer
und Holz im Trend, alte Drucktechniken und eine Faszination für die
Langsamkeit, die das Auge zu genauem Hinschauen zwingt.
VON JULIA STEPHAN
Hänger-Hartmann: Tunnelblick
Das Erdgeschoss der Ausstellung
durchquert man wortwörtlich mit
dem Tunnelblick. Statt die weitläufige
Ausstellungsfläche im Erdgeschoss zu
betreten, wird die Besucherin vom Kollektiv Hänger-Hartmann durch einen
engen, ausgeleuchteten weissen Korridor gelotst. Den eigentlichen Ausstellungsraum haben Philipp Hänger und
der Aargauer Marc Hartmann hinter
Wänden gut verborgen. Der Korridor
windet sich in einer Schleife bis zum
Fussende des Treppenaufgangs, sodass
die Treppe wie die nahtlose Fortsetzung des Korridors erscheint. Die ursprüngliche Architektur des Erdgeschosses kann man nur noch erahnen.
«What’s New?» Der Ausstellungstitel
klingt provokant – und angreifbar.
Kann man in der vielstimmigen
Kunstwelt von heute überhaupt noch
neue Tendenzen ausmachen?
Auch die Künstler der Gruppenausstellung im Trudelhaus – das in
Zürich und Berlin beheimatete Duo
Lena Amuat & Zoë Meyer, das Kollektiv Hänger-Hartmann, Simon Deppierraz und Stephanie Hess – wollten
sich, dazu befragt, nicht auf konkrete Antworten festlegen. Anders die
Kuratorinnen Patrizia Keller und
Jeannette Polin. Sie haben sich an
den Abschlussschauen der Schweizer
gelfläche reflektiert den Betrachter
mitnichten. Stattdessen wird er vom
grellen Scheinwerferlicht geblendet.
Simon Deppierraz: «Stump»,
Lithografie, 2013.
HO
Stephanie Hess: Blinder Spiegel
Blickdicht ist auch der blinde, mit
Paraffin versiegelte Wandspiegel von
Stephanie Hess in der Arbeit «Reflectance». Ein menschenhohes Gerüst
mit einem Baustrahler auf Kopfhöhe
steht davor. Die grelle Lichtquelle
brennt ein Loch in die weisse Paraffin-Patina, die langsam herunterschmilzt. Doch die frei werdende Spie-
Amuat/Meyer: Lichtkegel
Verstecken spielt das Licht mit dem
Betrachter auch in der Arbeit «Umbra
Shadow» von Lena Amuat & Zoë Meyer
in Etage eins. Die Videoarbeit «Eclipse»
projiziert eine Sonnenfinsternis an die
Wand. Was für das menschliche Auge
statisch wirkt, ist in Wahrheit ein dynamischer Prozess, die Himmelsobjekte sind in ständiger Bewegung. Wer bei
«Eclipse» genau hinschaut, sieht, wie
sich der Mond zwischen Erde und Sonne Millimeter um Millimeter verschiebt.
Amuat/Meyer interessieren sich
für die Schnittstelle von Naturwissenschaft, Mythologie und Kunst.
«Umbra Shadow» ist der Fachterminus für den kegelförmigen Kernschatten, den der Mond bei einer
Sonnenfinsternis auf die Erde wirft.
Dessen Form haben sich die Künstlerinnen «abgekupfert» für ihren kupfernen Kegel, der im Raum liegt und
formal mit einer Fotografie magischer Gefässe korrespondiert, die an
der Wand hängt. Plötzlich sprechen
Naturwissenschaft und Alchemie dieselbe Sprache.
Deppierraz: Schweres, federleicht
Stein und Metall inszeniert Simon
Deppierraz auf der zweiten Etage federleicht: Steine balancieren, («Belize»), Eisenstangen schweben («Callisto») und Holzschnitte («Tools») zeigen
Abfälle maschineller Holzbearbeitung,
auf ihren poetischen Kern reduziert.
Wieder fühlt man sich zurückerinnert
an das soeben Gesehene: Die Holzstruktur in der Lithografie «Stump»
(Bild) gleicht den Planetenstrukturen
von Amuat/Meyer verblüffend. So gewinnt man beim Gang durch die Etagen trotz der Diversität des Gezeigten
den Eindruck einer in sich stimmigen,
sorgfältig kuratierten Werkschau.
Trudelhaus Baden «What’s New?». Bis
19. Dezember. Öffnungszeiten: Fr, 14–18
Uhr, Sa/So, 14–17 Uhr. Führung: So,
17. 11., 14 Uhr.