Digitalpianos für Einsteiger

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Digitalpianos für Einsteiger
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Digitalpianos für Einsteiger
Die Arius-Serie – preiswerte Homepianos
Seit ein paar Jahren entwickelt Yamaha neben der erfolgreichen Clavinova-Digitalpiano-Modellreihe parallel
ebenso die Instrumente der hauseigenen Einsteigerklasse Arius kontinuierlich weiter. Was hier inzwischen für
schmale Budgets zu haben ist, zeigt unser Test.
Text: Henrik Bruns, Fotos: Dieter Stork
+Soundqualität
+überzeugende Tastaturen
+flexibler Recorder (ab YDP-141)
+hohe Polyfonie (ab YDP-161)
+kräftiges Soundsystem (ab YDP-161)
– keine Split-Funktion
– umständliche Bedienung
(besser: YDP-181)
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TEST | YAMAHA ARIUS-DIGITALPIANOS
ÒÙBei Yamaha ist die Auswahl an preiswerten
Low-Budget mit Ansprüchen
Digitalpianos für Einsteiger in den vergangenen
Jahren stetig gewachsen. Manchmal liegen die
Unterschiede, die einen 100-Euro-Preissprung
zwischen zwei Modellen ausmachen, im Detail.
Bei der Yamaha-Europa-Zentrale in Rellingen
konnten wir die Arius-Pianos unter die Lupe
nehmen. Im Folgenden gibt’s alle unsere Erkenntnisse im Überblick.
Wer sich für ein Arius-Modell entscheidet,
kann sich grundsätzlich sicher sein, ein vollwertiges Digitalpiano zu spielen. Selbst an
jene Modelle, die die Preisgrenze von 1.000
Euro unterschreiten, stellt Yamaha gewisse Ansprüche, die die Basis für sämtliche Instrumente der Serie bilden. Wiedererkennungswert hat
der gesampelte Flügelsound, in dem die Grund-
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charakteristik eines akustischen YamahaFlügels deutlich zum Ausdruck kommt.
In diesem Bericht nicht berücksichtigt
haben wir das Modell YDP-V240, da es sich konzeptionell von den anderen Arius-Modellen sehr
unterscheidet. Das 240er-Modell ist wesentlich
mehr als nur Digitalpiano und verfügt in seiner
Eigenschaft als „Ensemble-Piano“ über eine erweiterte Ausstattung, so etwa eine Begleitautomatik und entsprechend mehr Sounds und auch
Drumkits.
Wir beginnen mit dem Einstiegsmodell der
Arius-Serie, dem YDP-141, das beim ersten Anspielen schon mal mit einem sehr ansprechenden und detailreichen Pianosound überzeugen
kann. Viel Spielraum wurde hier durch die drei
Dynamikstufen herausgeholt, in denen der
Originalflügel gesampelt worden ist. Diese Velocity-Layer sorgen für ein insgesamt realistischeres Klangverhalten von der Pianissimo- bis zur
Fortissimo-Spielweise.
Neben den leicht unterschiedlichen GrandPiano-Sounds bei den preiswertesten und den
teureren Arius-Modellen sind die wichtigsten
weiteren Unterschiede in der Qualität der Tastaturen, der Leistungsfähigkeit der integrierten
Soundsysteme und der Polyfonie auszumachen.
Auch die Sound- und Effektauswahl sowie die
Möglichkeiten des integrierten Rekorders differieren; hinzu kommt noch das eine oder andere
Detail in der Hardware.
Arius 141: klassischer Einstieg
Dieses Modell ist praktisch das dem konservativen Digitalpiano-Look verpflichtete
Einstiegs-ARIUS. Der typische Look der Serie
Das kleinste Modell YDP-141: Gespart wird auch bei Yamahas preiswertesten Einsteigerpianos vor allem an Bedienelementen und Anschlüssen, nicht aber an der Soundqualität
und am Spielgefühl.
zeigt sich schon hier: Die Modelle der preislich
unterhalb der Clavinovas aus gleichem Hause
angesiedelten Arius-Serie besitzen sämtlich
einen einfacheren Unterbau mit nach oben offener Holzrückwand und verzichten natürlich
auch auf Frontbeine. Anschlüsse und Bedienele-
mente sind auf ein Minimum beschränkt. Was
aber auch das YDP-141 (UvP: 906,– Euro) bereits bietet, sind drei Fußpedale, eine ausziehbare Tastaturabdeckung und ein Notenpult. Die
Anschlüsse erschöpfen sich in MIDI-In und -Out
sowie zwei Kopfhörerbuchsen; auf eine der Letz-
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Die teureren Arius-Modelle bringen ihre Flügelsounds über ihr kräftiges Soundsystem schon recht eindrucksvoll zu Gehör. Der integrierte Recorder ist ein gutes Übungswerkzeug. Das Schwarz-HochglanzModell auf Basis des YDP-161 hört auf den Namen C71PE und ist preislich schon eher der HomepianoMittelklasse zuzurechnen.
teren muss zurückgegriffen werden, wenn die
Pianos einmal über eine externe Anlage verstärkt werden sollen.
Das YDP-141 hat sechs VOICES (Sounds)
an Bord: Neben dem eher Klassik-tauglichen
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„Grand Piano 1“ gibt es das hellere, durchsetzungsfähigere „Grand Piano 2“ für poppige
Piano-Balladen. Das „E. Piano“ bildet einen
DX7-artigen, glockigen Digitalklang ab. Mit
einem Cembalo, einer Kirchenorgel und einem
Streicher-Ensemble ist die Auswahl komplett.
Alle zusätzlichen Klänge sind von ordentlicher
Qualität und können auch zum Layern benutzt
werden: Wenn man zwei Sounds im sogenannten DUAL MODUS miteinander kombiniert, kann
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man ihre Oktavlage und die Lautstärkebalance
zwischen ihnen einstellen. Als Effekt gibt es
einen REVERB mit vier Hall-Typen von „Room“
bis „Stage“, dessen Intensität sich regeln lässt;
bei Layern gilt der für die Voice 1 eingestellte
Hall-Effekt. Die Polyfonie liegt bei 64 Stimmen.
Zur Funktionsausstattung gehören ein
RECORDER zum Aufzeichnen des eigenen Spiels
als Standard-MIDI-File (Speicher für einen
Song) und ein SONG BOOK mit 50 PianoStücken. Außerdem ein METRONOM zum Üben
sowie TRANSPOSE und TUNING, um die Pianos
schnell mal umstimmen zu können.
Das Piano besitzt die GHS(Graded Hammer
Standard)-Tastatur. Es handelt sich um graduell
gewichtete Tasten (mit schwereren Gewichten
im tiefen und leichteren im höheren Bereich)
sowie einer Hammersimulation. Das Spielgefühl
und die Repetition sind zufriedenstellend, auch
wenn man die einfachere und leichtere Klaviaturkonstruktion im Vergleich zu den höherpreisigen Arius-Modellen deutlich unter den Fingern spürt.
Das integrierte SOUNDSYSTEM arbeitet trotz
nur 2 mal 6 Watt mit zum Üben völlig ausreichender Lautstärke und ohne störende Nebengeräusche.
Mittels des Recorders des 141ers kann man
nicht nur zwei Parts getrennt einspielen, sondern auch die 50 eingebauten Piano-Stücke jeweils mit der Stimme für eine Hand abspielen
und die andere dazu selbst übernehmen. Das
Haltepedal des YDP-141 bietet bereits die Halbpedal-Erkennung, womit noch eine Zwischenstufe zwischen dem kurzen Ausklingen der gedämpften und dem langen Ausklingen der ungedämpften Saiten realisiert wird. Wichtig sind
auch die drei Farbvarianten (Black Walnut,
Rosewood, Light Cherry), in denen das YDP-141
wahlweise zu haben ist.
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Arius YDP-161 und -181
Die beiden größeren Arius’ greifen auf
den gleichen Grand-Piano-Klang wie das
YDP-141 zurück, setzen ihn aber über Soundsysteme mit mehr Power in Szene. Während
das YDP-161 (1.134,– Euro) exakt dieselben Abmessungen wie das 141er und das 135er besitzt,
wird beim nach allen Seiten hin etwas großzügiger bemessenen und ausladenderen Äußeren des
YDP-181 (1.474,– Euro) Euro der FlaggschiffAnspruch deutlich.
Die beiden Großen spielen sich über die
GH(Graded Hammer)-Klaviatur, deren Tasten
schwerer unter den Fingern liegen und dem
Spielgefühl an einem Piano insgesamt näher
kommen als die des GHS-Pendants.
Eine leicht umfangreichere Klangauswahl
und mehr Stimmen sind weitere Vorzüge der
teureren Arius-Pianos.
Mit dem „E. Piano 2“ ist ein universell nutzbarer Fender-Rhodes-Klang an Bord. „Harpsichord 2“ ergänzt eine anders registrierte Variante des Cembalos (Grundklang plus eine Oktave höher). Auch ein „Vibraphone“ und eine
weitere Variante der „Church Organ“ zählen zum
Repertoire.
Der Grand-Piano-Klang erfreut mit DÄMPFERRESONANZEN als Klangdetails, die für einen volleren Gesamtsound sorgen – es wird also das
charakteristische Mitschwingen nicht angespielter Saiten imitiert, das am echten Flügel bei getretenem Haltepedal entsteht. Die Polyfonie
beträgt 128 Stimmen, sodass auch den LayerSounds bei getretenem Haltepedal kaum mehr
Töne abgeschnitten werden müssen.
Was die Hardware anbelangt, bieten das
YDP-161 und -181 jeweils einen Kopfhörerbügel
und einen solider als bei den preiswerteren Modellen zu befestigenden Netzstecker. Vor allem
aber sind hier die integrierten Soundsysteme
mit 2 ¥ 20 Watt Leistung zu nennen, die die
Klänge wesentlich druckvoller, präsenter und
mit ordentlichen Bässen abbilden.
Die Unterschiede: Das YDP-181 lässt sich
durch ein umfangreicheres Bedienfeld inklusive
LED-Display insgesamt komfortabler bedienen
als das YDP-161 sowie die noch preiswerteren
Arius-Pianos: Während am 181er die meisten
Funktionen über Bedientaster erledigt werden
können und die Anzeige über die Parameteränderungen Aufschluss gibt, muss man an den
kleineren Instrumenten häufig bei gedrücktem
FUNCTION-Taster bestimmte Tasten der Klaviatur
drücken, um Klänge zu wechseln oder Einstellungen zu ändern.
Zusätzliche Klänge (YDP-181: 14; YDP-161:
10) sind eine weitere „Strings“-Variante, eine
„Jazz Organ“, ein gemischter „Choir“ sowie eine
„Nylon String Guitar“. Ein zusätzlicher Effektblock liefert die Typen „Chorus“, „Phaser“,
„Tremolo“ und „Rotary Speaker“ – davon profitieren vor allem die E-Pianos, die Jazz-Orgel,
das Vibrafon und die Flächensounds. Der gesamte Klang des Pianos wird durch die Möglichkeit einer BRILLIANCE-Regelung (drei PresetEinstellungen) aufgewertet.
In der integrierten RECORDER-Sektion des
YDP-181 ist nicht nur Platz für drei Songs (ein
Song bei den kleineren Modellen), es gibt am
größten Arius auch einen USB-to-DeviceAnschluss, der das Abspeichern bzw. Nachladen
von Songs über einen USB-Stick erlaubt. Ein
weiteres, spezielleres Feature des größten Arius
sind die TUNING-SKALEN, sieben verschiedene
Grundstimmungen, wie sie etwa zwischen dem
14. und dem 18. Jahrhundert in der Klassik eingesetzt wurden oder auch für das Cembalo gebräuchlich waren.
Aktuell schlägt der Kauf des YDP-181 mit 320
Euro Aufpreis gegenüber einem YDP-161 zu Buche.
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Auch für Freunde moderner Pianodesigns und schlanker Abmessungen
bietet die Arius-Reihe inzwischen entsprechende Modelle.
Während das 161er in den gleichen drei Farbvarianten wie das 141er erhältlich ist, wird das
Modell 181 nur in „Rosewood“ geliefert.
Ein Sondermodell des YDP-161 hört auf den
Namen YDP-C71PE (1.541,– Euro): Es handelt
sich um die derzeit einzig erhältliche SchwarzHochglanz-Ausführung eines Arius-Pianos.
Dabei muss man berücksichtigen, dass das Instrument auch von der Gehäusekonstruktion her
anders ist, die vom höherwertigen, aber bereits
ausgelaufenen Clavinova CLP-320PE stammt.
Arius YDP-S31 und -S51
Typische Arius-Qualität in modernerem
Look bieten die beiden S-Modelle der Serie.
Das S31 (883,– Euro) und das S51 (1.134,– Euro)
sprechen Spieler an, die weg vom konventionellen Klavier-Look wollen. Ein bisschen auf „elegant“ und „schlank“ getrimmt sind beide Modelle
bei 2 bis 5 Tiefen-Zentimetern weniger gegenüber dem YDP-135 auch weniger ausladend. Der
Klavierdeckel wird bei der Arius-S-Klasse aufgeklappt, ein Notenpult ist natürlich ebenfalls
integriert.
Rein technisch gesehen entspricht das kleinere, im Zwei-Farben-Design (dunkles Erlenholz
und Hellgrau) gehaltene YDP-S31 dem Arius-
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Modell YDP-135, ist aber aktuell rund 80 Euro
teurer. Voraus hat es dem 135er allerdings die
Halbpedal-Erkennung (Sustain).
YDP-S51 und YDP-161 sind preisgleich. Besonderheiten am S51 sind ein USB-to-HostAnschluss für die Verbindung mit dem PC (die
an allen anderen Arius’ nur über die MIDI-Buchsen hergestellt werden kann und ein optionales
Adapterkabel erfordert) sowie die Klangerzeugung einer neuen Modellgeneration: Diese sogenannte „Pure CF Sound Engine“, für die ein
Yamaha CFIIIS Konzertflügel Pate stand, kam
erstmalig bei den Clavinova-Modellen der CLPSerie zum Einsatz.
Des Weiteren wurde das Soundsystem nochmals überarbeitet und kann mit einem frequenzmäßig ausbalancierterem Klangverhalten
(„Acoustic Optimizer Technologie“ bzw. „Intelligent Acoustic Control“ als aktivierbarer Funktion) aufwarten – das System ist bekannt von
den aktuellen 400er CLP-Modellen.
Die Klangauswahl (zehn Voices) differiert
gegenüber dem 161er leicht: Das S51 verzichtet
auf eine der Kirchenorgeln und das oktavierte
Cembalo, bietet aber stattdessen eine weitere
„Grand Piano“-Variante und die „Jazz Organ“.
Neue Funktion ist der DUO-Modus für die SchülerLehrer-Situation: Die Tastatur wird dann in zwei
Abschnitte bei E3 als festem Split-Punkt unterteilt, linkes und rechtes Pedal fungieren beide
als Haltepedale.
Verzichtet wurde leider auf eine Kopfhöreraufhängung. Erhältlich ist das S51 in den Ausführungen „Black Walnut“ und „White“.
Fazit
Yamahas Einsteigermodelle machen Spaß:
Auf einen überzeugenden Flügelsound und eine
ordentliche Tastatur muss kein Arius-Spieler
verzichten. Als Übungsinstrumente zum Start
ins Klavierspielen oder auch für Wiedereinsteiger bieten selbst die preiswertesten Modelle
alles, was man braucht. Auch Yamahas Konzept,
in den höheren Preisstufen vor allem auf eine
kräftigere interne Verstärkung und eine wertigere Tastatur anstatt auf viel funktionalen
Schnickschnack zu setzen, geht auf.
Was man in der Arius-Welt in Kauf nehmen
muss, sind die rudimentäre Ausstattung mit
Bedienelementen und Anschlüssen sowie der
Verzicht auf die Split-Funktion, außerdem eine
Speichermöglichkeit für User-Einstellungen.
Soll es ein Yamaha sein, wird man in dieser Hinsicht erst in der höherpreisigen Clavinova-Klasse
fündig. ÙÙ
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