Balladen - Gemeindeschulen

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Balladen - Gemeindeschulen
Kartei "ARBEIT AM TEXT 5&6"
TEXT Ba22
Balladen:
Das Kind am Brunnen
von Friedrich Hebbel
Ballade:
Man kann die Ballade als gereimte Geschichte oder erzählendes Gedicht
beschreiben.
Sie ist eine sehr alte Form der Erzählung, die meist singend vorgetragen wurde.
Die meisten Balladen lieben das Unheimliche, Düstere und oft Gespenstische.
Der Verfasser der Ballade:
Friedrich Hebbel - Geboren am 18.3.1813 in Wesselburen
(Dithmarschen) als Sohn eines Maurers. Ärmliche Jugend. Später
Maurerlehrling und Schreiber. Autodidaktische Bildung. 18361839 Studium in Hamburg und München unter äußerst dürftigen
Verhältnissen. 1842-43 Stipendium in Kopenhagen. 1843-44
Paris; dort Bekanntschaft mit Heine. Ab 1845 in Wien. 1849
Zeitungsredakteur. Hebbel starb am 13.12.1863 in Wien.
Arbeitsaufgaben*:
1) Lies die Ballade aufmerksam durch. Du musst nicht jedes Wort verstehen.
2) Fasse den Inhalt kurz mit deinen Worten zusammen.
3) Wie hätte die Geschichte ausgehen können?
4) Mit welcher Absicht wurde die Ballade geschrieben?
5) Zeichne ein Bild zur Ballade.
6) Versuche, die Ballade so vorzutragen, dass es den Zuhörern Spaß macht.
Vielleicht suchst du eine passende Musik dazu aus oder singst sie vor?
Worterklärungen:
Amme: Im eigentlichen Sinn des Wortes wird jede Frau zur Amme, sobald sie stillt. Erst
im übertragenen Sinn des Wortes gilt das Wort Amme für Frauen, die ein fremdes Kind
gegen Bezahlung an die Brust legen. Besonders in der europäischen Ober- und
gehobenen Bürgerschicht bis ca. 1900 war es üblich, dass sich Mütter als die geborenen
„Dauerpflegepersonen“ früh von ihren Kleinstkindern verabschiedeten und an ihrer Statt
die Ammen zum festen Bestandteil des Hausgesindes wurden. Daraus ergab sich für die
heranwachsenden Kinder oft eine respektbetonte soziale Distanz zur leiblichen Mutter,
hingegen zur vertrauten Amme eine intime soziale Nähe, was als Motiv in der Dichtung
häufig aufgegriffen wurde.
*
schwarz: Pflicht – rot: schwierig, freiwillig – grün: Freiarbeit
©AJK
Das Kind am Brunnen
von Friedrich Hebbel
Frau Amme, Frau Amme, das Kind ist erwacht!
Doch die liegt ruhig im Schlafe.
Die Vöglein zwitschern, die Sonne lacht,
Am Hügel weiden die Schafe.
Frau Amme, Frau Amme, das Kind steht auf,
Es wagt sich weiter und weiter!
Hinab zum Brunnen nimmt es den Lauf,
Da stehen Blumen und Kräuter.
Frau Amme, Frau Amme, der Brunnen ist tief!
Sie schläft, als läge sie drinnen!
Das Kind läuft schnell, wie es nie noch lief,
Die Blumen locken's von hinnen.
Nun steht es am Brunnen, nun ist es am Ziel,
Nun pflückt es die Blumen sich munter,
Doch bald ermüdet das reizende Spiel,
Da schaut's in die Tiefe hinunter.
Und unten erblickt es ein holdes Gesicht,
Mit Augen, so hell und so süße.
Es ist sein eig'nes, das weiß es noch nicht,
Viel stumme, freundliche Grüße!
Das Kindlein winkt, der Schatten geschwind
Winkt aus der Tiefe ihm wieder.
Herauf! Herauf! So meint's das Kind:
Der Schatten: Hernieder! Hernieder!
Schon beugt es sich über den Brunnenrand,
Frau Amme, du schläfst noch immer!
Da fallen die Blumen ihm aus der Hand,
Und trüben den lockenden Schimmer.
Verschwunden ist sie, die süße Gestalt,
Verschluckt von der hüpfenden Welle,
Das Kind durchschauert's fremd und kalt,
Und schnell enteilt es der Stelle.
©AJK
Kartei "ARBEIT AM TEXT 5&6"
TEXT Ba23
Balladen:
Belsazar
von Heinrich Heine
Ballade:
Man kann die Ballade als gereimte Geschichte oder erzählendes Gedicht
beschreiben.
Sie ist eine sehr alte Form der Erzählung, die meist singend vorgetragen wurde.
Die meisten Balladen lieben das Unheimliche, Düstere und oft Gespenstische.
Der Verfasser der Ballade:
Heinrich Heine (* 13. Dezember 1797 in Düsseldorf; † 17.
Februar 1856 in Paris) war einer der bedeutendsten deutschen
Dichter und Journalisten des 19. Jahrhunderts. Wegen seiner
jüdischen Herkunft und seiner politischen Einstellung wurde
Heine immer wieder angefeindet und ausgegrenzt. Die
Außenseiterrolle prägte sein Leben und sein Werk. Heute
gehört er zu den am häufigsten übersetzten und vertonten
Dichtern deutscher Sprache. (Wikipedia)
Arbeitsaufgaben*:
1) Lies die Ballade aufmerksam durch. Du musst nicht jedes Wort verstehen.
2) Fasse den Inhalt kurz mit deinen Worten zusammen.
3) Welche Eigenschaften besaß Belsazar?
4) Mit welcher Absicht wurde die Ballade geschrieben?
5) Zeichne ein Bild zur Ballade.
6) Versuche, die Ballade so vorzutragen, dass es den Zuhörern Spaß macht.
Vielleicht suchst du eine passende Musik dazu aus oder singst sie vor?
Erläuterung:
Belsazar (Bel-Scharra-Usur „Bel beschütze den König“) war babylonischer
Kronprinz, der zwischen 553 und 543 v. Chr. an Stelle seines Vaters
Nabonid die Regierungsgeschäfte führte. Vermutlich fiel er 539 v. Chr. bei
Kämpfen mit den Persern unter Kyros II. dem Großen, der die Herrschaft
der Chaldäer in Mesopotamien beendete und die Hauptstadt Babylon
letztendlich kampflos einnehmen konnte. (Wikipedia)
*
schwarz: Pflicht – rot: schwierig, freiwillig – grün: Freiarbeit
©AJK
Belsazar
von Heinrich Heine
Die Mitternacht zog näher schon;
In stummer Ruh lag Babylon.
Nur oben in des Königs Schloss,
Da flackert's, da lärmt des Königs Tross.
Dort oben in dem Königssaal
Belsazar hielt sein Königsmahl.
Die Knechte saßen in schimmernden Reihn
Und leerten die Becher mit funkelndem
Wein.
"Jehovah! dir künd ich auf ewig Hohn Ich bin der König von Babylon!"
Doch kaum das grause Wort verklang,
Dem König ward's heimlich im Busen
bang.
Das gellende Lachen verstummte zumal;
Es wurde leichenstill im Saal.
Und sieh! und sieh! an weißer Wand
Da kam's hervor wie Menschenhand;
Es klirrten die Becher, es jauchzten die
Knecht;
So klang es dem störrigen Könige recht.
Des Königs Wangen leuchten Glut;
Im Wein erwuchs ihm kecker Mut.
Und blindlings reißt der Mut ihn fort;
Und er lästert die Gottheit mit sündigem
Wort.
Und er brüstet sich frech, und lästert wild;
Der Knechtenschar ihm Beifall brüllt.
Der König rief mit stolzem Blick;
Der Diener eilt und kehrt zurück.
Er trug viel gülden Gerät auf dem Haupt;
Das war aus dem Tempel Jehovahs
geraubt.
Und der König ergriff mit frevler Hand
Einen heiligen Becher, gefüllt bis am
Rand.
Und er leert ihn hastig bis auf den Grund
Und rufet laut mit schäumendem Mund:
Und schrieb, und schrieb an weißer Wand
Buchstaben von Feuer, und schrieb und
schwand.
Der König stieren Blicks da saß,
Mit schlotternden Knien und totenblass.
Die Knechtenschar saß kalt durchgraut,
Und saß gar still, gab keinen Laut.
Die Magier kamen, doch keiner verstand
Zu deuten die Flammenschrift an der
Wand.
Belsazar ward aber in selbiger Nacht
Von seinen Knechten umgebracht.
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TEXT Ba24
Balladen:
Der Feuerreiter
von Eduard Mörike
Ballade:
Man kann die Ballade als gereimte Geschichte oder erzählendes Gedicht
beschreiben.
Sie ist eine sehr alte Form der Erzählung, die meist singend vorgetragen wurde.
Die meisten Balladen lieben das Unheimliche, Düstere und oft Gespenstische.
Der Verfasser der Ballade:
Eduard Mörike wurde am 8.9.1804 in Ludwigsburg geboren. Dort
besuchte er die Lateinschule und ab 1818 das Seminar in Urach.
1826 begann er Tätigkeit als Vikar in Nürtingen, 1827/1828
arbeitete er als Redakteur bei
bei einer Zeitschrift. Von 18341834-1843 war
er Pfarrer im Ort Cleversulzbach. Mörike wurde vorzeitig
pensioniert, er war dann unter anderem Literaturlehrer in Stuttgart,
1855 Hofrat und er erhielt 1856 eine Professur. Ab 1871 lebte er
wieder in Stuttgart. Mörike
Mörike
starb am 4.6.1875 in
Stuttgart.
Arbeitsaufgaben*:
1) Lies die Ballade aufmerksam durch. Du musst nicht jedes Wort verstehen.
2) Fasse den Inhalt kurz mit deinen Worten zusammen.
3) Welche Eigenschaften besaß Belsazar?
4) Mit welcher Absicht wurde die Ballade geschrieben?
5) Zeichne ein Bild zur Ballade.
6) Versuche, die Ballade so vorzutragen, dass es den Zuhörern Spaß macht.
Vielleicht suchst du eine passende Musik dazu aus oder singst sie vor?
Erläuterungen:
Roter Hahn: Feuer
beinerne: aus Knochen (Skelett)
Mähre: Pferd
*
schwarz: Pflicht – rot: schwierig, freiwillig – grün: Freiarbeit
©AJK
Der Feuerreiter
von Eduard Mörike
Sehet ihr am Fensterlein
Dort die rote Mütze wieder?
Nicht geheuer muss es sein,
Denn er geht schon auf und nieder.
Und auf einmal welch Gewühle
Bei der Brücke, nach dem Feld!
Horch! das Feuerglöcklein gellt:
Hinterm Berg,
Hinterm Berg
Brennt es in der Mühle!
Schaut! da sprengt er wütend schier
Durch das Tor, der Feuerreiter,
Auf dem rippendürren Tier,
Als auf einer Feuerleiter!
Querfeldein! Durch Qualm und
Schwüle
Rennt er schon, und ist am Ort!
Drüben schallt es fort und fort:
Hinterm Berg,
Hinterm Berg
Brennt es in der Mühle!
Keine Stunde hielt es an,
Bis die Mühle borst in Trümmer;
Doch den kecken Reitersmann
Sah man von der Stunde nimmer.
Volk und Wagen im Gewühle
Kehren heim von all dem Graus;
Auch das Glöcklein klinget aus.
Hinterm Berg,
Hinterm Berg
Brennts! –
Nach der Zeit ein Müller fand
Ein Gerippe samt der Mützen
Aufrecht an der Kellerwand
Auf der beinern Mähre sitzen:
Feuerreiter, wie so kühle
Reitest du in deinem Grab!
Husch! da fällts in Asche ab.
Ruhe wohl,
Ruhe wohl
Drunten in der Mühle!
Der so oft den roten Hahn
Meilenweit von fern gerochen,
Mit des heilgen Kreuzes Span
Freventlich die Glut besprochen Weh! dir grinst vom Dachgestühle
Dort der Feind im Höllenschein.
Gnade Gott der Seele dein!
Hinterm Berg,
Hinterm Berg
Ras't er in der Mühle!
©AJK
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TEXT Ba25
Balladen:
Die Ballade vom Nachahmungstrieb
von Erich Kästner
Ballade:
Man kann die Ballade als gereimte Geschichte oder erzählendes Gedicht
beschreiben.
Sie ist eine sehr alte Form der Erzählung, die meist singend vorgetragen wurde.
Die meisten Balladen lieben das Unheimliche, Düstere und oft Gespenstische.
Der Verfasser der Ballade:
Erich Kästner (* 23. Februar 1899 in Dresden; † 29. Juli 1974
in München) war ein deutscher Schriftsteller, Drehbuchautor
und Kabarettist, der breiten Kreisen der deutschen Bevölkerung
vor allem wegen seiner humorvollen, scharfsinnigen
Kinderbücher und seiner humoristischen bis zeitkritischen
Gedichte bekannt ist.
Arbeitsaufgaben*:
1) Lies die Ballade aufmerksam durch. Du musst nicht jedes Wort verstehen.
2) Fasse den Inhalt kurz mit deinen Worten zusammen.
3) Der Ballade liegt ein Pressebericht aus dem Jahre 1930 zugrunde. Damals
wurden Mörder oft aufgehängt. Heute gibt es auch Nachahmer, z.B. von
Videospielen. Kennst du ein Beispiel?
4) Mit welcher Absicht wurde die Ballade geschrieben?
5) Zeichne ein Bild zur Ballade.
6) Versuche, die Ballade so vorzutragen, dass es den Zuhörern Spaß macht.
Vielleicht suchst du eine passende Musik dazu aus oder singst sie vor?
Worterklärungen:
Laster: schlechte Angewohnheit, von der jemand beherrscht wird
lamentieren: laut klagen, jammern
*
schwarz: Pflicht – rot: schwierig, freiwillig – grün: Freiarbeit
©AJK
Die Ballade vom Nachahmungstrieb
von Erich Kästner
Es ist schon wahr: Nichts wirkt so rasch wie Gift!
Der Mensch, und sei er noch so minderjährig,
ist, was die Laster dieser Welt betrifft,
früh bei der Hand und unerhört gelehrig.
Im Februar, ich weiß nicht am wievielten,
geschah's, auf irgend eines Jungen Drängen,
dass Kinder, die im Hinterhofe spielten,
beschlossen, Naumanns Fritzchen aufzuhängen.
Sie kannten aus der Zeitung die Geschichten,
in denen Mord vorkommt und Polizei.
Und sie beschlossen, Naumann hinzurichten,
weil er, so sagten sie, ein Räuber sei.
Sie steckten seinen Kopf in eine Schlinge.
Karl war der Pastor, lamentierte viel,
und sagte ihm, wenn er zu schrein anfinge,
verdürbe er den anderen das Spiel.
Fritz Naumann äußerte, ihm sei nicht bange.
Die andern waren ernst und führten ihn.
Man warf den Strick über die Teppichstange.
Und dann begann man, Fritzchen hochzuziehn.
Er sträubte sich. Es war zu spät. Er schwebte.
Dann klemmten sie den Strick am Haken ein.
Fritz zuckte, weil er noch ein bisschen lebte.
Ein kleines Mädchen zwickte ihn ins Bein.
Er zappelte ganz stumm, und etwas später
verkehrte sich das Kinderspiel in Mord.
Als das die sieben kleinen Übeltäter
erkannten, liefen sie erschrocken fort.
Noch wusste niemand von dem armen Kinde.
Der Hof lag still. Der Himmel war blutrot.
Der kleine Naumann schaukelte im Winde.
Er merkte nichts davon. Denn er war tot.
Frau Witwe Zwickler, die vorüberschlurfte,
lief auf die Straße und erhob Geschrei,
obwohl sie doch dort gar nicht schreien durfte.
Und gegen Sechs erschien die Polizei.
Die Mutter fiel in Ohnmacht vor dem Knaben.
Und beide wurden rasch ins Haus gebracht.
Karl, den man festnahm, sagte kalt: „Wir hab'n
es nur wie die Erwachsenen gemacht.“
©AJK
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TEXT Ba26
Balladen:
Verzweiflung Nr.1
von Erich Kästner
Ballade:
Man kann die Ballade als gereimte Geschichte oder erzählendes Gedicht
beschreiben.
Sie ist eine sehr alte Form der Erzählung, die meist singend vorgetragen wurde.
Die meisten Balladen lieben das Unheimliche, Düstere und oft Gespenstische.
Der Verfasser der Ballade:
Erich Kästner (* 23. Februar 1899 in Dresden; † 29. Juli 1974
in München) war ein deutscher Schriftsteller, Drehbuchautor
und Kabarettist, der breiten Kreisen der deutschen Bevölkerung
vor allem wegen seiner humorvollen, scharfsinnigen
Kinderbücher und seiner humoristischen bis zeitkritischen
Gedichte bekannt ist.
Arbeitsaufgaben*:
1) Lies die Ballade aufmerksam durch. Du musst nicht jedes Wort verstehen.
2) Fasse den Inhalt kurz mit deinen Worten zusammen.
3) Kann man wegen einer Mark verzweifeln? Erkläre.
4) Mit welcher Absicht wurde die Ballade geschrieben?
5) Zeichne ein Bild zur Ballade.
6) Versuche, die Ballade so vorzutragen, dass es den Zuhörern Spaß macht.
Vielleicht suchst du eine passende Musik dazu aus oder singst sie vor?
Worterklärungen:
Mark: Währung in Deutschland vor dem Euro
Teppichstange: dort wurden die Teppiche ausgeklopft
*
schwarz: Pflicht – rot: schwierig, freiwillig – grün: Freiarbeit
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Verzweiflung Nr.1
von Erich Kästner
Ein kleiner Junge lief durch die Straßen
und hielt eine Mark in der heißen Hand.
Es war schon spät und die Kaufleute maßen
mit Seitenblicken die Uhr an der Wand.
Er hatte es eilig, er hüpfte und summte:
"Ein halbes Brot und ein Viertelpfund Speck."
Das klang wie ein Lied. Bis er plötzlich verstummte.
Er tat die Hand auf. Das Geld war weg.
Da blieb er stehen und stand im Dunkeln.
In den Ladenfenstern erlosch das Licht.
Es sieht zwar gut aus, wenn die Sterne funkeln.
Doch zum Suchen von Geld reicht das Funkeln nicht.
Als wolle er immer stehen bleiben,
stand er. Und war, wie noch nie, allein.
Die Rolläden klapperten über die Scheiben.
Und die Laternen nickten ein.
Er öffnete immer wieder die Hände
und drehte sie langsam hin und her.
Dann war die Hoffnung endlich zu Ende.
Er öffnete seine Fäuste nicht mehr...
Der Vater wollte zu essen haben.
Die Mutter hatte ein müdes Gesicht.
Sie saßen und warteten auf den Knaben.
Der stand im Hof. Sie wussten es nicht.
Der Mutter wurde allmählich bange.
Sie ging ihn suchen. Bis sie ihn fand.
Er lehnte still an der Teppichstange
und kehrte das kleine Gesicht zur Wand.
Sie fragte erschrocken, wo er denn bliebe.
Da brach er in lautes Weinen aus.
Sein Schmerz war größer als ihre Liebe.
Und beide traten traurig ins Haus.
©AJK
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TEXT Ba27
Balladen:
Der tugendhafte Hund
von Heinrich Heine
Ballade:
Man kann die Ballade als gereimte Geschichte oder erzählendes Gedicht
beschreiben.
Sie ist eine sehr alte Form der Erzählung, die meist singend vorgetragen wurde.
Die meisten Balladen lieben das Unheimliche, Düstere und oft Gespenstische.
Der Verfasser der Ballade:
Heinrich Heine (* 13. Dezember 1797 in Düsseldorf; † 17.
Februar 1856 in Paris) war einer der bedeutendsten deutschen
Dichter und Journalisten des 19. Jahrhunderts. Wegen seiner
jüdischen Herkunft und seiner politischen Einstellung wurde
Heine immer wieder angefeindet und ausgegrenzt. Die
Außenseiterrolle prägte sein Leben und sein Werk. Heute gehört
er zu den am häufigsten übersetzten und vertonten Dichtern
deutscher Sprache. (Wikipedia)
Arbeitsaufgaben*:
1) Lies die Ballade aufmerksam durch. Du musst nicht jedes Wort verstehen.
2) Fasse den Inhalt kurz mit deinen Worten zusammen.
3) Ist es Zufall, dass der Pudel Brutus heißt?
4) Mit welcher Absicht wurde die Ballade geschrieben?
5) Zeichne ein Bild zur Ballade.
6) Versuche, die Ballade so vorzutragen, dass es den Zuhörern Spaß macht.
Vielleicht suchst du eine passende Musik dazu aus oder singst sie vor?
Erläuterungen:
Brutus war einer der Männer, die im Jahre 44 v. Chr. den römischen Diktator
Caesar ermordeten. Vorher war Brutus ein enger Vertrauter Caesars gewesen.
Die letzten Worte des sterbenden Herrschers sollen gewesen sein: „Auch du,
mein Sohn Brutus?“
Nathan der Weise: Titelfigur aus einem Schauspiel von Lessing. Nathan ist
gütig, großmütig, vernünftig, besonnen, also sehr tugendhaft.
stoisch: unbeirrbar, mit Geduld und Gleichmut – Schöpse: altes Wort für Schaf
*
schwarz: Pflicht – rot: schwierig, freiwillig – grün: Freiarbeit
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Der tugendhafte Hund
von Heinrich Heine
Ein Pudel, der mit gutem Fug
Den schönen Namen Brutus trug,
War viel berühmt im ganzen Land
Ob seiner Tugend und seinem Verstand.
Er war ein Muster der Sittlichkeit,
Der Langmut und Bescheidenheit.
Man hörte ihn loben, man hörte ihn preisen
Als einen vierfüßigen Nathan den Weisen.
Er war ein wahres Hundejuwel!
So ehrlich und treu! eine schöne Seel!
Auch schenkte sein Herr in allen Stücken
Ihm volles Vertrauen, er konnte ihn schicken
Sogar zum Fleischer. Der edle Hund
Trug dann einen Hängekorb im Mund,
Worin der Metzger das schön gehackte
Rindfleisch, Schaffleisch, auch Schweinefleisch packte. Wie lieblich und lockend das Fett gerochen,
Der Brutus berührte keinen Knochen,
Und ruhig und sicher, mit stoischer Würde,
Trug er nach Hause die kostbare Bürde.
Doch unter den Hunden wird gefunden
Auch eine Menge von Lumpenhunden Wie unter uns, - gemeine Köter,
Tagdiebe, Neidharde, Schwerenöter,
Die ohne Sinn für sittliche Freuden
Im Sinnenrausch ihr Leben vergeuden!
Verschworen hatten sich solche Racker
Gegen den Brutus, der treu und wacker,
Mit seinem Korb im Maule, nicht
Gewichen von dem Pfad der Pflicht. -
Und eines Tages, als er kam
Vom Fleischer und seinen Rückweg nahm
Nach Hause, da ward er plötzlich von allen
Verschwornen Bestien überfallen;
Da ward ihm der Korb mit dem Fleisch entrissen,
Da fielen zu Boden die leckersten Bissen,
Und fraßbegierig über die Beute
Warf sich die ganze hungrige Meute. Brutus sah anfangs dem Schauspiel zu
Mit philosophischer Seelenruh;
Doch als er sah, dass solchermaßen
Sämtliche Hunde schmausten und fraßen,
Da nahm auch er an der Mahlzeit teil
Und speiste selbst eine Schöpsenkeul.
Moral
Auch du, mein Brutus, auch du, du frisst?
So ruft wehmütig der Moralist.
Ja, böses Beispiel kann verführen;
Und, ach! gleich allen Säugetieren,
Nicht ganz und gar vollkommen ist
Der tugendhafte Hund - er frisst!
©AJK