westerbork 2015 - Herinneringscentrum Kamp Westerbork
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westerbork 2015 - Herinneringscentrum Kamp Westerbork
Judenarbeitslager bleibend in Erinnerung S A M S TA G , 3 . O K T O B E R 1 9 4 2 – Tausende jüdische Männer arbeiten schon monatelang als Zwangsarbeiter in Arbeitslagern im Norden und Osten der Niederlande. Doch an diesem Tag müssen sie, teilweise den gesamten Weg laufend, zum Lager Westerbork. Andere werden mit Bussen und Zügen nach Hooghalen gefahren. Die deutschen Besatzer haben beschlossen, dass die ungefähr 40 Judenarbeitslager aufgelöst werden. Unter dem Deckmantel einer Familienwiedervereinigung ziehen die Männer von dannen, in Ungewissheit über ihre Zukunft, ins Durchgangslager Westerbork. Kommenden Herbst bekommen zwei Judenarbeitslager eine Kennzeichnung. In Zusammenarbeit mit örtlichen Initiatoren und Gemeinden werden die vergessenen Judenarbeitslager in der Landschaft erkennbar gemacht. Dies passiert, da die Arbeitslager einen wichtigen Bestandteil der Naziverfolgung formten: Den ersten Schritt auf dem Weg in die Deportation und Ermordung. > A M 1 1 . S E P T E M B E R wird im Lager ‘De Beetse’ (Sellingerbeetse) ein bleibendes Erinnerungszeichen aufgestellt. > AM 3. OKTOBER wird am Ort des Lagers ‘De Wittebrink’ (Zelhem) eine Markierung enthüllt. Die Entwicklungen kann man verfolgen über die Website www.joodsewerkkampen.nl, wo auch mehr Informationen über jüdische Arbeitslager zu finden ist. GETEKEND NIEUWS 2015 > 2 | 1 AUSSTELLUNG IM D U T C H B AT- C O M P O U N D SREBRENICA A M 1 5 . J U L I gedachten zehntausende Anwesende dem Fall der Enklave Srebrenica und dem darauffolgenden Genozid an 8000 muslimischen Männern und Jungen. Bei dieser Gedenkveranstaltung war auch eine Delegation des Herinneringscentrum Kamp Westerbork anwesend. In Zusammenarbeit mit PAX entwickelt das Herinneringscentrum eine Dauerausstellung in Potocari. Im ehemaligen Hauptquartier des Dutchbat wird eine Ausstellung installiert, die die Geschichte des Jugoslawien-Krieges, der mit dem Fall der Enklave und dem Massenmord endete, erzählt sowie die der Nachwirkungen bis 2016. In der Ausstellung geht es nicht um Schuldfragen, sondern der Besucher soll zum Nachdenken gebracht werden, über die Entscheidungen, die die Internationale Gemeinschaft (nicht als Einheit, sondern in unterschiedlichen Gruppen und Individuen) treffen kann und konnte - damals, jetzt und in Zukunft. Die Ausstellung soll 2016 eröffnet werden. BUSTOUREN THEATERVORSTELLUNG Entlang Spuren des Philip Mechanicus, Untertauchens warten auf Transport Am 17. und/oder 24. September können Sie an den Busfahrten Entlang der Spuren des Untertauchens teilnehmen: - In Begleitung Sachkundiger werden diverse Orte besucht - An jedem Ort findet eine Einführung, ein Vortrag oder ein kurzer Spaziergang statt Am Sonntag, den 15. November führen Elisabeth Oets und Mi Ying Chen Philip Mechanicus, warten auf Transport auf. Bei der Busfahrt am 17. September ist das Herinneringscentrum Kamp Westerbork Start- und Endpunkt. Am 24. September ist dies Markt 12 in Aalten. Anmeldung Herinneringscentrum Kamp Westerbork, [email protected] oder (0593) 59 26 00 Mehr Informationen www.kampwesterbork.nl 2 | GETEKEND NIEUWS 2015 > 2 Elisabeth Oets ist Mechanicus’ Enkelin. Anhand von Fragmenten aus seinem Tagebuch erzählt sie seine ergreifende Lebensgeschichte. Sie blickt zurück auf ihre eigene Familiengeschichte und singt dabei Lieder von Ilse Weber, komponiert in Theresienstadt. Begleitet wird sie von der Pianistin Mi Ying Chen. Zutritt für Freunde €4,- Das 102.000 I N W O RT U N D B I LT Namen Lesen Vom 22. bis 27. Januar 2015 erklangen 116 Stunden lang die Namen der 102.000 Holocaustopfer aus den Niederlanden. D A S L E S E N trug sich an dem historischen Ort Lager Westerborks zu, neben und mit Sicht auf Die 102.000 Steine. Die Leser, Besucher und die Öffentlichkeit fühlten sich auf unterschiedliche Arten einbezogen und berührt. Eine besondere Geschichte ist die eines Einwohners Zuidlarens, der Donnerstagabend den Beginn Des 102.000 Namen Lesens im Fernsehen sah und beschloss die 23,5 km zum Lager Westerbork zu Fuß zu gehen. Mitten in der Nacht kam er auf dem Lagergelände an. Als sich herausstellte, dass einer der Leser ausgefallen war, fragte einer der Mitarbeiter des Herinneringscentrums, ob er den freigewordenen Platz einnehmen wollte. Gern. Äußerst zufrieden ging er gegen halb vier morgens nach Hause, eine Wanderung von fast fünf Stunden. Das gesprochene Monument Das 102.000 Namen Lesen wurde nicht nur für Leser und Besucher lebendig, sondern auch über das Internet. Viele Reaktionen darauf gingen auf der extra entwickelten Website sowie auf Facebook und Twitter ein. Vor allem persönliche Geschichten über Familienmitglieder, ehemalige Nachbarn, Freunde und Bekannte wurden geteilt. Geschichten die daraufhin weitererzählt wurden. “In jeder Unterrichtsstunde folgten fast 1.500 Schüler dieser Gedenkveranstaltung aufmerksam. Alle Schüler sahen sich 15-20 Minuten lang das Namen Lesen an, eingeleitet durch Aufklärung über den Holocaust. Die Schüler waren erstaunt darüber, wie viele Namen gelesen werden mussten. Viele Kollegen haben eine Verbindung zwischen der Vergangenheit und der Gegenwart ziehen können. Extremismus - was tun sich Menschen gegenseitig an? Meine Kollegen sind positiv überrascht über das Verhalten unserer Schüler”, erzählte Lehrerin Joke de Boer des Stellingwerfcolleges. > D A S N E U E R S C H I E N E N E B U C H Das 102.000 Namen Lesen enthält Geschichten wie diese und besteht aus Fotos des Fotografen Sake Elzinga. Es gibt einen Eindruck der besonderen Atmosphäre, in der die 102.000 Männer, Frauen und Kinder in Erinnerung gebracht wurden. Das Buch Das 102.000 Namen Lesen gibt es für €9,95 zu kaufen und über [email protected] zu bestellen. GETEKEND NIEUWS 2015 > 2 | 3 Neue Elemente Lagergelände Westerbork DAS LAGER WESTERBORK hörte nicht nur auf zu bestehen, es ist auch größtenteils verschwunden. Gut dreißig Jahre nach dem Abriss der Gebäude wird das Herinneringscentrum mit vielen Fragen konfrontiert. Sollen wir die Stille, die Ruhe, den Gleichmut dieses besonderen Ortes beibehalten so, wie es ist, und nicht mit Wiederaufbau stören? Oder füllen wir die Aura des historischen Ortes gerade zu wenig aus, um ihn ausreichend Aussagekraft für jüngere Besucher haben zu lassen? Und wenn das der Fall ist, wie könnten wir das doch tun? Es sind Fragen, die das Dilemma um das Lager Westerbork zeichnen. Und Fragen, die wir zu beantworten versuchen, indem neue Elemente auf dem Gelände hinzugefügt werden. 4 | GETEKEND NIEUWS 2015 > 2 Der Waggon als Symbol Lager Westerbork war eine Deportationsmaschine: Das Symbol für diesen Ort war und ist der Zug. “Eine vollgefressene Schlange”, wie Lagergefangener Philip Mechanicus ihn nannte, die schnaufend verschwand, jeden im Ungewissen lassend. Der Zug, insbesondere der Waggon, gehört auch zu den signifikantesten und häufigsten Symbolen der Judenverfolgung. Im Zuge der Wiederausstattung des Ortes Lager Westerborks, entschied man auch einen Wagon auf dem ehemaligen Gleisabschnitt bei der Rampe zu platzieren, mitten auf dem Gelände. Die Bilder der Transporte machen deutlich, dass in den Kriegsjahren diverse Waggons eingesetzt wurden. Das Herinneringscentrum hat fünf Waggons eines Typs angeschafft, der um 1910 in Deutschland entwickelt wurde und bei dem man sich sicher ist, dass er für die Deportationen eingesetzt wurde. Die ersten Waggons wurden im Dezember 2014 aus Butzbach, Deutschland überführt zu einer Werkstatt der königlichen Landmacht in Coevorden, wo sie restauriert wurden. Hierbei arbeite man eng mit Experten, wie Dr. Alfred Gottwaldt vom Deutschen Technikmuseum Berlin und Mitarbeitern vom Museum Buurtspoorweg Haaksbergen, zusammen, die viel Erfahrung mit Restaurierungen haben. Die Waggons in Westerbork sind geschlossen, Besucher können nicht hinein. Ein geschlossener Wagon stimuliert den Besucher sich das Unsichtbare – das Innere – selbst vorzustellen. Die Gesprochenen Namen Kurz vor dem Gedenken zur Befreiung Kamp Westerborks wurden zwei Waggons aufgestellt und seit dem 12. April sind aus den Waggons die Namen aller auf Transport gestellten zu hören: Die Gesprochenen Namen. Wenn ein Besucher sich die Namen anhört, hört er die Namen und Alter der Männer, Frauen und Kinder, die an einem Datum um das Besuchsdatum herum deportiert wurden. Das Monument Die Gesprochenen Namen wurde eingesprochen durch Berichterstatter und Präsentatoren der NOS. GETEKEND NIEUWS 2015 > 2 | 5 Aufenthaltsspuren In Erwartung ihrer Deportation verblieben die Gefangenen für kurze oder längere Zeit in den zahllosen Holzbaracken. Mit der Wiederaufstellung dieser authentischen Baracke wird dies für die Besucher sichtbar. Vor rund einem Jahr wurde der erste Teil aufgestellt. In den letzten Monaten wurde hart am Weiteraufbau der Baracke gearbeitet. Neun Träger unterstützen das Originaldach. Leider ist nicht das komplette Dach von 84 Metern Länge bewahrt geblieben. Das gilt auch für die hölzernen Seitenwände, welche durch Glaspaneele verfangen werden. Am Ende der Baracke wurden einige Eisenträger aufgestellt, um so die Gesamtlänge anzugeben. Überdachung des Hauses des Kommandanten Die gläserne Überdachung des Kommandantenhauses Kamp Westerborks wurde offiziell im Februar eröffnet durch Kees van der Burg, den Generaldirektor des Gesundheitsministeriums (ministerie van VWS). Um die historische Villa aus dem Jahr 1939 so gut wie möglich zu bewahren, fertigte Oving Architekten einen innovativen Entwurf für eine Glaskonstruktion an. Das Bauunternehmen Dijkstra Draisma brauchte drei Monate um den Entwurf zu verwirklichen. Die Überdachung ist 12 Meter hoch und schirmt das Haus gegen Außeneinflüsse ab. Unter der gläsernen Behausung wurde ein Raum realisiert, der 100 Menschen Platz bietet. Dieser Raum wird für Aktivitäten genutzt, bei denen das Haus des Lagerkommandanten als Dekor dienen kann. Weil das Holzhaus sehr empfindlich ist, wird es nicht für die Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. 6 | GETEKEND NIEUWS 2015 > 2 Bodenuntersuchung beim Krematorium Der Ort des Krematoriums Lager Westerborks wurde bis jetzt durch das Widerstandsgrab markiert: Der letzten Ruhestätte und dem Monument für zehn Widerstandskämpfer, die in Assen ermordet und im Krematorium Lager Westerborks eingeäschert wurden. Das Krematorium wurde ab März 1943 genutzt für die im Lager gestorbenen Gefangenen sowie zudem für 52 weitere Menschen (48 Widerstandskämpfer und 4 geflüchtete Juden), die auf dem Exekutionsplatz bei dem Krematorium erschossen worden waren. Nach dem Krieg wurde abgerissen. Kürzlich fanden Bodenuntersuchungen nach möglichen Resten des Gebäudes statt. Um einen vorläufigen Eindruck zu geben, wird seit Kurzem, in Erwartung der endgültigen Markierung, der Umriss des Gebäudes durch Stahlrohre angegeben. Auch der Exekutionsplatz soll gezeigt werden. Bahnhof Zuidbroek Entlang des Gleisabschnittes, welcher während des Zweiten Weltkreiges zur Deportation der Juden und Sinti und Roma genutzt wurde, wurden Informationssäulen aufgestellt, um diese Transporte in Erinnerung zu halten. Route der Verfolgung markiert Auf der Route der Verfolgung wurden die Bahnhöfe Hoogezand, Zuidbroek, Winschoten, Bad Nieuweschans sowie – in Deutschland – Bunde, Weener und Leer auf diese Art markiert. Für die Reisenden, die nun auf den selben Bahnhöfen täglich in den Zug steigen, bleibt die Geschichte somit sichtbar. Nach dem Umbau des Bahnhofs Assen, soll auch hier eine Säule aufgestellt werden. Im Vorweg dazu sind die Portraits, Postkarten und historischen Fotos auf einem Banner in der Bahnhofshalle zu sehen. Die Markierung der Route der Verfolgung ist durch eine grenzüberschreitende Zusammenarbeit zwischen dem Landkreis Leer, der Gemeinde (Gemeente) Oldambt und dem Herinneringscentrum Kamp Westerbork entstanden. Dies kam durch das gemeinsame Bedürfnis, diesen Teil der Geschichte über die Deportationen zu erzählen. Jede Markierung zeigt Portraitfotos der Opfer der Verfolgung. Vor allem geht es um Menschen, die in Orten entlang des Abschnitts geboren wurden oder von dort aus deportiert wurden. Die Markierungen erinnern auch an die Postkarten, die durch Deportierte aus dem Zug geworfen wurden, in der Hoffnung, dass Außenstehende diese letzten Lebenszeichen zur Post bringen würden. Zudem sind historische Abbildungen der jeweiligen Bahnhöfe auf den Säulen angebracht. Durch einen QR-Code auf der Säule, kann man auf dem Smartphone eine Website mit mehr Informationen über die Deportation der abgebildeten Personen, Postkarten und Bahnhöfe öffnen. Abschied von Ellen van der Waerden AB DEM 1. OKTOBER tritt Ellen van der Waerden beim NIOD als ‘Programmmanager Archivs- und Informationsverwaltung’ in Dienst. Damit endet ihre Funktion als Organisationshaupt und stellvertretende Direktorin des Herinneringscentrum Kamp Westerbork. Im Gegensatz zu ihren Tätigkeiten hier, entspricht ihre neue Arbeit komplett ihrem Interesse. Ihr ‘Überlauf im Kriegsgebiet’ bedeutet einen Gewinn für die Kollegen in Amsterdam, doch auch einen Verlust für das Herinneringscentrum. Ellen war ein wichtiger Beitrag für das Funktionieren des Herinneringscentrums. Nicht nur ihre Ideen, ihr Einsatz und ihr Verantwortlichkeitsgefühl werden wir vermissen, sondern auch ebenso sehr ihren strukturierten und inspirierenden Charakter. Aber... doch nicht ganz! Denn das große Projekt der Digitalisierung des Archivs, das sie in Gang setzte, wird sie weiterhin leiten. Dies zeichnet ihre Hingabe dafür, aber auch die Kollegialität des NIOD. GETEKEND NIEUWS 2015 > 2 | 7 2015 besuchten sehr viele die Gedenkveranstaltungen auf dem Lagergelände Westerborks: Insgesamt circa 10.000 G E D E N K E N 2015 Eine der besonderen Reaktionen kam von einer Familie, die am 4. Mai das Herinneringscentrum besuchte: „Es ist schließlich nur schwierig zu begreifen, dass dies auch echt passiert ist. Auch für uns als Eltern ist es schwierig zu begreifen; meine Eltern (1914 und 1917) haben den Krieg ganz bewusst miterlebt, doch sie sprachen darüber, ebenso wie so viele, nur sehr wenig. Durch das Museum laufend und sich alle Ausstellungsstücke ansehend, werden die Dinge immer 'echter' und man versucht seinem eigenen Kind zu erklären, wie es wahrscheinlich gewesen sein muss, während des Krieges Kind zu sein. Dass damals auch viele Kinder gestorben sind und Kinder Freunde und Freundinnen einfach so plötzlich verloren haben. Dann.. zu dem Kunstwerk Bevroren tranen (Erstarrte Tränen) guckend und auf die Namen von Juden-/Sinti-/ Romakindern starrend, ist die Konfrontation näher als je zuvor. Meine 14-jährige Tochter Roos und mein 12-jähriger Sohn Loet fanden das auch... Dies ist zu besonders, um es einfach so loslassen zu können.“ Aktuelle Informationen zu Kamp Westerbork, www.kampwesterbork.nl 8 | GETEKEND NIEUWS 2015 > 2