Das erste Jahrhundert der Schonerentwicklung und deren
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Das erste Jahrhundert der Schonerentwicklung und deren
Karl Heinz Marquardt Das erste Jahrhundert der Schonerentwicklung und deren Auswirkung auf den Schiffbau des Ostseeraumes PDF erzeugt 2014 für www.karl-heinz-marquardt.com Dieser Beitrag wurde zuerst veröffentlich in: DAS LOGBUCH 1995/1 Arbeitskreis historischer Schiffbau, Köln 1995 Das erste Jahrhundert der Schonerentwicklung und deren Auswirkung auf den Schiffbau des Ostseeraumes Karl Heinz Marquardt, Montrose, Victoria, Australien Das sich immer wieder durch Artikel im LOGBU CH kannte amerikanische Schiffbauhistoriker Howard I. demonstrierende Interesse am Schoner läßt in der Chapelle in dem Vorwort eines seiner Bücher hervor gleichen Weise die noch weit verbreitete Unkenntnis hob: „ Popular beliefs concerning the development, über die Herkunft dieses Takelungstyps erkennen. and influences thereon, o f the Am erican sailing ships B ewußt von einem Takelungs- und nicht von einem are too often mere fables when the facts are learned.“ Schiffstyp sprechend, mußte mir eine so generelle Das Wort Erfindung im Zusam m enhang mit T akelun Einleitung wie Der Schoner ist das .,B indeglied“ z w i gen zu nennen, mag für viele wie ein Unding klingen, schen der G roßschiffahrt und der K leinschiffahrt in ei denn solche entwickelten sich ungewöhnlich über ei nem der 1994 erschienenen Artikel als ein wenig w eit ne lange Zeit von mitunter primitiven Anfängen. Im hergeholt erscheinen. Schonergrößen reichten von Falle des Schoners war es jedoch eine Erfindung, von ungefähr 10 tons bis zu den 5000 tons des amerikani der wir nun nicht nur den Erfinder, sondern auch das schen Siebenmast-Schoners T H O M A S W. L A W Datum und das erste so getakelte Schiff kennen. W. SON. Wer kann da noch von einem Bindeglied z w i F. Ryan veröffentlichte 1983 einen Artikel über PE schen klein und groß sprechen? Schoner gab es in je TER TH E G R E A T ’S EN G LISH Y A C H T im M ari der Segelschiffsgröße, von zwei bis zu sieben Masten n e r’s M irror 69/1, in dem er auf gewisse Dokumente und in Rumpfformen, die vom flachbodigen Pramtyp verwies die, wenn in die Chronologie unserer Kennt bis zur V-förmigen Hochseejacht reichten. Das einzi nisse eingefügt, diese Jacht HMS R O Y A L T R A N S ge Kriterium für einen Schoner war die Takelung, die P O RT einwandfrei als das erste schonergetakelte zuerst als hoch am Winde segelnd und sehr bald nach Schiff ausweisen. Doch davon etwas später. ihrer Einführung als besatzungs- also kostensparend Ihren ideellen Ursprung hat die Schonertakelung in erkannt wurde. Der nachfolgende Bericht will versu der holländischen Speeljacht, einem Vergnügungs chen, in einem kurzgefaßten Überblick die Anfänge boot mit einer zweimastigen sehr einfachen Schraat des Schoners herauszustellen und dadurch die oft so segeltakelung an umlegbaren Masten, jedoch ohne vage Vorgeschichte der Schonerentwicklung in Stage und Wanten. Das erste bekannte Bild eines sol Deutschland verständlicher werden zu lassen. chen Fahrzeuges ist ein 1601 gefertigtes Aquarell von Ohne Kritik an die für die deutsche Schiffbaufor C. C. van Wieringen DE O V ER TO O M SE WEG AN schung grundlegende Arbeit Hans Szymanskis, eines V A A R T (A. W. Sleeswyk, THE ORIGIN AN D D E langjährigen Freundes meines Vaters, üben zu wol V EL O PM EN T OF TH E T R IA N G U L A R SAIL. len; die von ihm, wie von anderen Zeitgenossen (Otto AND TH E G A FF IN SE V EN TE EN CENTUR Y Höver usw.) vorgenom mene nebulöse Deutung des Schonerursprungs unterlag doch sehr dem lautstark propagierten am erikani schen Wunschdenken, daß eine etwas tatkräftigere Forschung von der eu ropäischen Seite her im Keime erstick te. Leider schmuggelt sich dieses D en ken auch heute noch in so viele anson sten auf gute Forschungsgrundlagen basierende Berichte. So häufig ge druckt und abgedruckt, es muß einfach jeden überrumpeln, der sich nicht in tensiv mit der Materie befaßt. Der Schreiber w ar davon nicht ausgeschlos sen bevor er seine Nachforschungen für SC H O N ER IN NO R D UND SÜD und FORE AN D A F T RIGGED W A R SH IP in TH E LINE OF BATTLE anstellte und diese auch nach dem Druck weiterführte. Aber trotz all des Wunschdenkens von einer am erika Abb. 1: Modell der HMS ROYAL TRANSPORT von 1695. Es wurde von Peter nisch inspirierten Takelung, der Scho dem Großen nach Rußland gebracht und befindet sich im Zentralen Marine Mu ner ist nicht ihre Erfindung. Wieder seum, St. Petersburg. Foto mit freundlicher Genehmigung des Zentralen Marine einmal bewahrheitete sich, was der be Museums, St. Petersburg. H O L LA N D M.M. 73/4). Im Verlauf des 17. Jahrhun derts gab es viele Darstellungen von Speeljachten in Holland und ähnliche Fahrzeuge (Shallops) in Eng land. Jedoch nur von diesen, nicht von Schonern. Die von A. Laing 1961 in A M E R IC A N S A IL vertretene These, daß es während des 17. Jahrhunderts bereits drei Schonerdarstellungen (v. Brem den 1629. B laeu’s Atlas von 1648 und v. d. Hems Geheimen Atlas von 1678) gab, sind in meinem o.a. Buch als Fabel erkannt worden. suchte. Er wollte den englischen Schiffbau kennenler nen, w o man Schiffe baute, die „gegen den W ind“ se geln konnten und erhielt dann auch diese Jacht als Geschenk. Sie strandete 1717 vor der schwedischen Küste. Abb. 3: Takelungsplan von HMS ROYAL TRANSPORT 1695. Aus verschiedenen Fotos des Modells entwickelt. Die gestrichelten Linien stellen die wahrscheinliche Besegelun gen des Schiffes dar. Zeichnung des Autors. Abb. 2: Eine holländische Segeljacht des 17. Jahrhunderts , Zeichnung des Autors nach einem Stich von Dirk Everson Lons 1629. Die von W. F. Ryan angeführten Dokumente über den Bau und den geistigen Schöpfer der königlichen Jacht HMS R O Y A L T R A N S P O R T , Peregrine O s borne, zeigen deutlich, daß sich hier ein völlig neues Konzept entwickelte. Ein Günstling am Hofe König William III. von England und selbst ein kühner Jacht segler, der Marquis of Carmarthen, Peregrine O sbor ne, war Admiral of the Blue in der Royal N avy und Oberst des 1. Marine Regiments. Er entwarf für sei nen Souverän eine schnelle Jacht, die er entsprechend seiner eigenen Vorstellungen takelte, was von der Admiralität nur unter schriftlichem Protest hinge nommen wurde. Daß sein Gefühl für schnelle Schiffe keine Eintagsfliege war, bewies er fünf Jahre später durch den Entwurf und Bau eines weiteren, die PE REG RINE G A L L E Y , eine Fregatte ähnlicher Größe, die 1716 als königliche Jacht in C A R O L IN A umbenannt wurde. Von 1695 an ist die Kette nachweisbarer Schoner na hezu lückenlos. Allerdings wurden sie im europäi schen Raume mehr als ein halbes Jahrhundert lang nicht unter diesem Namen geführt. In England liefen sie unter dem Sammelbegriff Sloop und selbst 1750 schrieb Thomas Blanckley in A N A V A L E X P O SI TOR noch über die Bem astung und Takelung von Sloops, daß ihre Bemastung und Takelung von dem Gefallen einzelner Menschen abhing. Sie konnten ein-, zwei- oder dreimastig sein und Gaffel-/Baumsegel, Schafschinken, Quersegel, Lugsegel oder feste Gaffel(Schmack)segel führen. In der Betrachtung dieser Segelarten wird es offenkundig, daß eine zw e i mastige Schlup mit Gaffel-/Baumsegeln zum G affel schoner und mit Gaffel-/Baumsegel am Großmast und dem festen Gaffelsegel am Schonermast zum Toppsegelschoner wurde. Zum Toppsegelschoner, weil das feste Gaffelsegel seit seiner Einführung um HM S R O Y A L T R A N SP O R T wurde von Robert Lee als Schiff des 6. Ranges gebaut und am 11. Dezember 1695 in Dienst gestellt. Es hatte folgende Abm essungen: Länge über Deck Kiellänge Größte Breite Tiefe (Hol) Tonnage Besatzung Bewaffnung 90 75 23 9 220 100 18 Fuß Fuß Fuß Fuß 6 Zoll 9 Zoll Mann Geschütze Sie war das schnellste Schiff ihrer Zeit und einer der Gründe, daß Zar Peter der Große 1687 England be Abb. 4: Schonergetakeltes Boot a u f der Themse aus Kip's Nouveau Theatre de la Grande Bretagne 1708. Archiv des Autors. von Nachweisen über Masten und Rahen wurde bis her eine (auch relativ neue) Brigantinetakelung ange nommen. Der 1723 oder 1725 veröffentlichte Kupfer stich von William Burgis: A VIEW OF BO STON zeigt erstmalig Schoner, Schiffe ohne Bug- oder Heckverzierung, von denen sich eines in Rumpfform, dem Gallionsschmuck und der Flaggensetzung abhebt und mit größter Wahrscheinlichkeit eine englische Sloop darstellt. Die FERRETT wurde 1728 von den Spaniern vor Cadiz gekapert. Abb. 5: Eine der a u f dem Gemälde W. v. d. Veldes d. J. Eng lische Jachten a u f See in einer frischen Brise von ca. 1704/05 befindlichen Jachten. Zeichnung des Autors. ca. 1625 immer mit einem Rahtoppsegel einherging. Die Takelung einer Sloop mit einem quergeriggten Vormast und einem Gaffel-/Baumsegel am Großmast machte sie zu einer Brigantine, oder wie man in Deutschland auch sagt, zu einer Schonerbrigg. Das nächste Glied in der Kette der nach 1695 überlie ferten Schonerdarstellungen ist die Darstellung eines schonergetakelten Bootes auf der Themse in Jan Kip’s 1708 veröffentlichtem Werk N O U V E A U T H E A T R E DE LA G R A N D E B R E T A G N E . Eine Einzelkopie dieses Bildes im Britischen Museum soll entsprechend E. P. Morris T H E FOR E AN D AFT R1G IN A M E R IC A das mit Bleistift vermerkte Jahr 1697 aufweisen und in derem Katalog so geführt w o r den sein. Wenn diese Jahreszahl echt ist, kann dieses Boot möglicherweise Lord Carmarthens Flußfahr zeug darstellen, da es über die normale Weise der Speeljacht- und Shalloptakelung hinausgeht, zusätz lich ein Bugspriet mit Vorsegel aufweist und w eiter hin im Heck eine dunklere (blaue?) Flagge führt, die wahrscheinlich den Marinerang des Besitzers andeu tete. A u f dem um 1704/05 von William v an der Velde dem Jüngeren gemalten Bilde EN G LISC H E J A C H TEN A U F SEE IN EINER FRISCHEN BRISE sind zwei Jachten erkennbar, die in nahezu gleicher Weise wie die R O Y A L T R A N SP O R T getakelt waren. Zwei original als Ketch geriggte und 1682/83 gebaute Jach ten, die FUBBS und die ISA B E L L A , wurden 1701 und 1703 umgebaut und es lag nahe, diese neue sich so gut bewährte Takelung auf die nächsten Jachten des königlichen Haushalts zu übertragen. Diese w a ren in ihren Maßen und der Anzahl der Bewaffnung den Jachten auf dem Bilde sehr ähnlich. In den ersten zehn Jahren der Schonergeschichte gab cs also schon mindestens drei uns bekannte englische Schoner, deren Tonnage von 114 bis 220 tons reichte. Im Jahre 1711 wurde in Deptford eine neue, die F E R RETT Klasse von Sloops gebaut, die 117 tons groß waren und von denen die F E R R E T T um 1715-16 zweimastig umgetakelt wurde. In der Ermangelung Mit dem Geburtsort des Schoners, Chatham, im eu ropäischen England liegend, der Nam e Schoner w u r de zwanzig Jahre später nach W. A. Baker erstmalig im Mai 1716 in den Boston Port Records als Scooner erwähnt und ist demzufolge ein amerikanischer Be griff. Die Gloucester T ow n Records meldeten im A u gust 1716 den Verlust eines neuen Fischerei-Schoners und in einem von M. Edson, Jr. veröffentlichten A rti kel werden in den Boston News-Letters verschiedene 1717 Daten als erste gedruckte genannt, wobei v e r merkt wurde, daß zwei Schoner vor der Nord Caroli na Küste von Piraten gekapert wurden, einer von Bo ston, der andere von London. Hier ist also bereits in 1717 die Ozeanüberquerung eines Schoners vermerkt, während Baker über die Größe amerikanischer Scho ner dieser Zeit aussagte, daß zwei der in 1718 von Small Point Harbour in Maine fischenden Schoner 10 tons und ein dritter 8 tons groß waren. E. P. Morris schrieb über die 42 Fahrzeuge, die es 1730 in Connec ticut gab, daß zwei davon Schoner waren und eine Tonnage von 30 und 50 tons hatten. Die in 1762 ge zählten 94 Schiffe in Newport, Rhode Island wiesen sieben schonergetakelte auf, die eine Durchschnitts tonnage von 45 tons hatten. Allein der Vergleich der Tonnagen läßt erkennen, w o der Schoner herkommt. Zu dem Rätselraten um den Namen habe ich in m ei nem Buche eine neue Variante beigetragen, die mir etwas plausibler erscheint als alles, was bisher aufge tischt wurde. Vorausgeschickt muß werden, daß in dem amerikanischen Küstenbereich mit den ersten nachweisbaren Schonern auch viele Holländer lebten und daß William III. von England aus Holland kam. In seinem Krieg mit Frankreich benutzte er die RO Y A L T R A N SP O R T für schnelle Kanalüberquerun gen nach Holland. Es liegt da sehr nahe, daß Hollän der über das Aussehen des „schmucken Schiffes“ nur sagen konnten: „een schoone schip“ . Da auch die w e i teren Schonerjachten schöne Schiffe waren, kann die ser Jargon leicht von nach Amerika auswandernden Holländern auf die so getakelten neuen am erikani schen Fahrzeuge verpflanzt worden sein. Da das eng lische Ohr beim gesprochenen E am Ende des Wortes auch ein R vermutet, wurde aus dem holländischen Wort schoone das englische schooner. Eine nautische Beziehung braucht das Wort genau so wenig zu ha ben, wie viele der anderen Typen. Siehe Klipper, Kogge, Kuff usw. Genau so umstritten wie der Ursprung des Schoners, ist die Frage seiner Besegelung. Was kam zuerst, der tons große Fahrzeug weder für Fracht noch für Fischerei gebaut war. Der schlanke Rumpf mit seinen außeror dentlich extremen Linien, die w ah r scheinlich der Grund für den zeichneri schen Aufriß des Schiffes waren, sind die einer Jacht oder eines schnellen Marinefahrzeuges. Außerdem waren Verzierungen, Gallionsregeln und eine Gallionsfigur, nicht die Attribute eines kleinen Handelsschiffes, sondern eines Marinefahrzeuges und waren im Stil und der A nbringung englisch. Dieser erste dokumentierte, für Schnelligkeit übertakelte Toppsegelschoner, hat all die Merkmale eines europäischen Schoners und man kann ihn nur der amerikanischen Sphäre zuordnen, wenn urkundliche Belege dafür gefun den werden. Ungewöhnlich an der eng lischen Zeichnung ist nur die im engli schen Marinebereich der Zeit noch nicht sehr geläufige Benutzung des Wortes scooner. Man kann dies aber damit erklären, daß der die Zeichnung herstellende englische Schiffbauer k o loniale Erfahrungen gesammelt haben konnte. Mit dem Wort noch hauptsächlich außerhalb des europäischen Sprachge biets befindlich fällt es schwer, Schoner europäischen Ursprungs in die näch Abb. 6: Der rechte Teil der Ansicht von Boston von William Burgis, zwischen sten zwei bis drei Jahrzehnte einzuord 1723 und 1725 veröffentlicht. Während der linke Teil einen schmucklosen Schon- nen. Zumal diese Takelung nur eine ner unter Segel auf weist, ist a u f dem rechten (Pfeil) ein vor Anker liegender Scho von etlichen der im Beginn des 18. ner mit Gallionsfigur sichtbar, der durch Gösch und Stander am Großmast als Jahrhundert deutlich werdenden war Marine- oder Zollfahrzeug erkennbar ist. Deutlich sichtbar ist auch der Baum am und Schiffe der Zeit noch fast aus Vor-, dem Schonermast. Es ist die früheste bekannte Darstellung von Schoonern schließlich von der Rumpfform her b e in Amerika und auch die früheste, diesen Baum zeigend. Archiv des Autors. zeichnet wurden. Die moderne Klassi fizierung von Schiffen entsprechend ihrer Takelung Gaffel- oder der Toppsegelschoner? Bis in die späten lag selbst in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts noch zwanziger Jahre des 18. Jahrhunderts gab es nur G af sehr in den (Klein)Kinderschuhen. In dem Lande das felschoner. Alle Darstellungen haben noch eine rela tiv kurze Gaffel und auf der Burgis-Darstellung ist erstmalig bei der englischen Marine Sloop ein Baum am Schonermast erkennbar. Der Toppsegelschoner ist ein Produkt des sich im dritten Jahrzehnt aus den Fischereifahrzeugen entwickelnden Handelsschoners. Solange keine entsprechenden Beweise auftauchen, kann man diesen nicht früher einstufen. Ein nächster Markstein in der uns bekannten Scho nerentwicklung ist der portugiesische Schoner ST. ANN. Er wurde im August 1736. nachdem er dort im Juli mit Post und Passagieren? (with a packet) ankam, in Portsmouth aufgerissen. Im Lichte des bisherigen Schonerdenkens war es ganz natürlich, wenn die Amerikaner dieses Schiff als nordamerikanisch an nektierten. Es gibt jedoch keine Beweise für den Bau der ST. ANN in den Kolonien. Es gibt aber eine Zeichnung, die es deutlich macht, daß dieses nur 36 Abb. 7: Takelplan des portugiesischen Schoners ST. ANN von 1735. Die Takelung ist entsprechend der a u f dem Ori ginalriß verzeichneten Rundholzabmessungen geschaffen. Zeichnung des Autors. Abb. 8: Tuschezeichnung des amerikanischen Toppsegel schoners BALTICK von 1765. Unter vollen Segeln darge stellt, zeigt dieses Schiff den typischen amerikanischen Han dels-Schoner der 60er Jahre. Das ebenfalls gezeigte Groß stag- im Zusammenhang mit dem Schobersegel, läßt eben falls mögliche Brigantinetakelung vermuten. Die Flaggen f ührung des Schiffes weist a u f dessen offiziellen Status als Marine- oder Zollfahrzeug hin. Foto mit freundlicher Ge nehmigung des Peabody Museums Salem, Mass. uns die Schonertakelung gab, entwickelten sich gleichzeitig die Brigantine-, Kutter- und Luggertake lung für schnellsegelnde Fahrzeuge und so nimmt es nicht Wunder, daß von der zweimastigen G affeltake lung nicht mehr dokumentarische Unterlagen vorhan den sind, als von den infantilen Jahren der anderen Takelungen. Es ist deshalb kaum verwunderlich, wenn die Entwicklungsgeschichte dieser Periode mehr Spuren in dem Gebiet hinterließ, in dem der Takelungsnam e im stetigen Gebrauch war. Dort brachte der Siebenjährige Krieg (amerikanisch: der Französisch/Indianische Krieg) von 1755 bis 63 den bisher weniger beachteten amerikanischen Han delsschoner ins Bild. Beide Parteien, Engländer so wohl wie Franzosen, machten sich diesen zu Nutze und die Britische Admiralität baute in den Kolonien eine Reihe von Schonern. Der Name selbst wurde j e doch erst offiziell in der Royal N avy genannt, als am 7. Januar 1764 die Admiralität den A n kau f von 6 Schonern genehmigte. Der erste in der Liste w ar die C H A L E U R , die dadurch fälschlich im mer wieder als der erste englische Schoner bezeichnet wird. All diese amerikanischen Schoner waren bis dahin ziemlich völlig gebaut und gingen in ihrer Länge kaum über 70 Fuß hinaus. Wann der Name Schoner in den weitläufigen europäi schen Sprachgebrauch überging, kann nicht genau ge sagt werden. Die offizielle Nennung in 1764 und das Erscheinen in Falconer’s Marine-Wörterbuch von 1769 und in Chapm an’s Werk von 1768 sind zwar A n halts-, jedoch keine Ausgangspunkte. Wieweit zu die sem Zeitpunkt der Name bereits im Volksmund Fuß gefaßt hatte und wie weitverbreitet die Takelung schon war, läßt uns Frederik H. af Chapman erahnen. Seine erfahrungsammelnden Wanderjahre 1741-1744 sahen ihn als zwanzigjährigen Schiffszimmermann in London und später 1750 bis 57 Schiffbau studierend in England, Holland und Frankreich. Von 1757 bis 1764, dem Jahr des Beginns seiner Arbeit an dem Werke A R C H IT E C T U R A N A V A L IS M E R C A T O RIA, war er im Ostseeraum tätig. Er selbst ist in sei nen Jahren in England dem Namen und Takelungstyp begegnet, brachte er doch den Plan der ST. ANN mit nach Stockholm. Demzufolge mußte der Name lange bevor seiner offiziellen Nennung im englischen Schiffbaubereich geläufig gewesen sein. Was an Chapmans Arbeit verblüfft, ist die Art der Eingliede rung des Schoners in sein Zeichnungswerk. Hier ent stand nun ein Buch, das sich in allererster Linie an den schwedischen Leser richtete und dem entspre chend aufgeteilt wurde. Es gab die Gruppen H A N D E LSFA H R Z E G E , F A H R Z E U G E FÜR S C H N E L LES SEG ELN UND RUDERN, K A P E R F A H R ZE U G E und als Abnormalitäten für den Schiffahrts kundigen des Ostseeraumes, F A H R Z E U G E V E R SC H IE D E N E R NATIONEN. Schoner waren aber nicht, wie man von der so lange und stark propagierten „am erikanischen" E ntw ick lung des Typs erwarten sollte, in der letzten Sparte zusammen mit der Bermuda Schlup, dem Kutter, T ar tane, Fleute usw. unter den in Schweden ungewöhnli chen Fahrzeugen aufgeführt, sondern in den ersten drei Sparten, als wenn Takelung und Name jedem Schweden schon lange geläufig wären. Auch stufte er auf Tafel L X II die Takelung als Nr. 6 . nach der Brigg und dem Bilander als eine der gebräuchlicheren Rigs ein. Zu einer Zeit als amerikanische Schoner kaum die 100 tons Grenze durchbrochen hatten, nicht viel län ger als 70 Fuß waren und in ihrer Bauweise keine großen Variationen aufwiesen, gab uns Chapman ei ne 159 tons Bark, eine 115 tons Fregatte, zwei Paket boote, zwei Jachten und zwei Kaper mit Schonertake lung. Chapman baute dann in 1777 eine 110 Fuß große schonergetakelte Jacht, die AM PH IO N , für Gustaf III. von Schweden und noch weitere Schoner für Marine und Handel. Abb. 9: Schonertakelung entsprechend der Chapman Anga ben von 1768. Zeichnung des Autors. Abb. 10: Schonergetakelte Bark aus F. H. a f Chapman Architectura Navalis Mercatoria 1768, Tafel XXVII/4. Abb. 11: Schonergetakelte Fregatte aus F. 11. a f Chapman Architectura Navalis Mercatoria 1768, Tafel VII/9. Abb. 12: Schonergetakelte Jacht aus F. H. a f Chapman Architectura Navalis Mercatoria 1768, Tafel X LI V/4. Unabhängig von Chapmans Einfluß entstanden 1769 in Frederiksvaern an der norwegischen Nordseeküste vom Schiffbaumeister F. M. Krabbe gebau te schonergetakelte Schärenboote und bald darauf baute der Schiffbaumeister Gerner einen Schoner für die dänische Flotte. Hans Szymanski erwähnte ei nen 1787 nach Apenrade gehörenden Schoner, zwei 178 nach Flensburg gehörige und folgt dann mit Angaben von Vegesack bis Kolberg, damit eine Fortsetzung der bereits genannten Kette von Schonern in Nord und O st see aufzeichnend. Französisch gebaute bewaffnete Scho ner sind 1767 (AFRIQ E, gebaut in Rochefort von Chevaillard) und 1769 (ge baut in Brest durch Ollivier) nachweis Abb. 13: Takelplan des Norwegisch-Dänischen Schärenbootes ELGEN 1769 bar. Die wohl früheste Abbildung ei nach Originalplänen. Zeichnung des Autors. nes Schoners in Holland ist die von G roenewegen in 1789. Leider ist es in der hier be ab die sich aus den Verhältnissen der Häfen und der sprochenen Zeit meistens nur möglich, Auskünfte Küstenlinie ergaben, oder waren zweckgebunden. über Fahrzeuge von Kriegsflotten zu erfahren und so Meistens ging beides Hand in Hand. Die dänische kann über die kommerzielle Anwendung, die der mi Jachtschonerform z.B. läßt sich schon in den Rissen litärischen gewöhnlich weit voraus eilte, im europäi der Schärenboote erkennen und wird noch deutlicher schen Raum wenig ausgesagt werden. Chapmans A u f in den Linien der vielen Kanonenboote, die nach der führung von sechs nur für den Handel und das V er Zerstörung der dänischen Flotte durch die Britische gnügen konstruierte Schoner zeigt aber, daß diese im Royal N avy für den Küstenschutz geschaffen wurden. Ostseeraum schon mindestens genau so bekannt w a Beide Typen hatten eine Gaffelschonertakelung und ren wie auf der anderen Seite des Atlantik. der letztere war auch in Schweden daheim. Eine sehr ähnliche Form mit weniger Stevenfall und Toppsegel Die ersten siebzig Jahre der Schonerentwicklung deu getakelt wurde 1802/03 in England von der Marine ten von England kommend auf eine ständige Ausdeh b ehörde gezeichnet, um in der Kolonie von Neu Süd nung dieser Takelung im nordeuropäischen Raum so Wales gebaut zu werden und das erste dort gebaute wohl, als auch auf eine zwanzig Jahre später begin Seeschiff war die FANCIS, ein Schoner von 41 tons, nende Parallelentwicklung in den britischen Kolonien der 1793 aus vorgefertigten Teilen zusammengebaut in Nordamerika hin. Die Verbreitung des Schoners in wurde. Das nur am Rande, um zu zeigen, daß man den Westindischen Kolonien ist eine Folgeerschei wegen Schoner nicht unbedingt nach Am erika sehen nung der A usdehnung des Typs von den Neuenglandmuß. Staaten über Virginia zu den Inseln, wo die Takelung wegen des dichten am Winde segelns als ideal er Das alte deutsche Sprichwort: „Warum in die Ferne schien. Eine Verpflanzung dieser von Westindien schweifen, wenn die Wahrheit liegt so nah“ trifft ge nach Europa kann nicht bewiesen werden, jedoch rade auf den Schoner zu. Nicht der Mangel an Scho kam eine spätere Beeinflussung der Hochseeschoner nern, sondern das für Jahrzehnte nicht akzeptierte sicherlich von dort und den Vereinigten Staaten. Es koloniale Wort Schoner ließ für zu lange diesen T a k e war die Zeit des Unabhängigkeitskrieges und die lungstyp aus dem Gesichtswinkel des europäischen nachfolgenden Jahre der jungen Nation, die den Schiffbauhistorikers verschwinden und überließ ihn Schoner in Am erika aus wirtschaftlichen Notstands den Amerikanern. Nicht nur der Schoner der ersten gründen revolutionierten und zu Schnellseglern Hälfte des 18. Jahrhunderts wird erst jetzt auf seinen machten. Der Baltimore-Klipper entstand, die soge historisch gerechten Platz gerückt. Die vorgenannte nannte Pilotbootform des glattgedeckten Schoners Typenbezeichnung entsprechend der Rumpfform wurde geboren, die ersten dreimastigen Schoner ge machte es auch schwer, gewisse andere Takelungsfor baut und in den Napoleonischen Kriegen wurden men einzuordnen. So schrieb z.B. Blanckley 1750, daß Schoner zu ausgezeichneten Kaperschiffen. In dieser Brigantinen nicht mehr benutzt werden, dabei aber Zeit entwickelte sich die Schone rtakelung wirklich zu von einem Bautyp sprechend, während nicht einmal einer amerikanischen „Nationaltakelung“ . 20 Jahre später Falconer dies bereits spezifiziert, in dem er auf den Takelungstyp hinweist, der von engli Die Schiffe der europäischen Küstenfahrt wurden da schen Seeleuten als Brigantine oder Brigg bezeichnet von aber kaum beeinflußt. Sie hingen entweder sehr wird. Bereits auf der Burgis-Darstellung von Boston von den eigenständigen, mitunter nur lokalen Formen als englisches Fahrzeug gekennzeichnet und auf fran zösics hen von 1709 und 1720 erscheinend, war auch dieser Takelungstyp für eine lange Zeit ein Kind ohne Namen. Man fand sie alle unter den auch nicht deut baren Begriff Sloop, oder Schlup, der ebenfalls später zu einem Namen einer gewissen einmastigen T ake lung wurde. Quellenverzeichnis: Baker, W. A. Blanckley, T. R. Chapelle, H. I. Chapelle, H. I. Chapman, F. H. af Edson Jr., M. Laing, A. MacGregor, D. R. Marquardt, K. H. Marquardt, K. H. Marquardt, K. H. Marquardt, K. H. Marquardt, K. H. Marquardt, K. H. Morris, E. P. Ryan, W. F. Sleeswyk, A. W. Szymanski, H. Szymanski, H. Seafaring in Colonial Massachusetts, Boston 1980 A Naval Expositor, London 1750, Rotherfield 1988 The Baltimore Clipper, Salem Mass. 1930 The Search for Speed under Sail, London 1983 Architectura Navalis Mercatoria, Stockholm 1768, Rostock 1955 The Schooner Rig, A Hypothesis The American Neptune, Vol. XXV/2, 1965 American Sail, New York 1961 Schooners in four Centuries, London 1982 Eighteenth Century Rigs & Rigging, London 1992, stark erweiterte englische Ausgabe von „Bemastung und Takelung von Schiffen des 18. Jahrhunderts“ , Rostock & Bielefeld 1986. Schooner for Port Jackson- again Nautical Research Journal Vol. 32/4, 1987 The Origin of Schooners, The Great Circle Vol. 10/1, Toronto N.S.W. 1988 Schoner In Nord und Süd, Rostock & Bielefeld 1989 CHALEUR 1763 - 1768 by Harold M. 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