und Zusammenfassungen - Deutsches Archäologisches Institut
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und Zusammenfassungen - Deutsches Archäologisches Institut
Jahrbuch des Deutschen Archäologischen Instituts 116, 2001 Inhalt und Zusammenfassungen Inhalt R. Felsch Drei frühe Phasen des dorischen Tempels. Delphi – Kalapodi – Mykene M. Pipili Samos, the Artemis Sanctuary. The Laconian Pottery G. Despinis Vermutungen zum Marathon-Weihgeschenk der Athener in Delphi. Mit einem Beitrag von E. B. Harrison St. Ritter Fremde Götter und Heroen in attischen Urkundenreliefs H. Baitinger – B. Eder Hellenistische Stimmarken aus Elis und Olympia: Neue Forschungen zu den Beziehungen zwischen Hauptstadt und Heiligtum. Mit einem Beitrag von K. Herrmann K. Schade anus ebria, avia educans und pulcherrima femina. Altersdiskurse im römischen Frauenporträt Ch. Landwehr König Juba I. oder Deus maurus? M. Langner Szenen aus Handwerk und Handel auf gallo-römischen Grabmälern B. Wesenberg Vitruv und Leonardo in Salamis. ›Vitruvs Proportionsfigur‹ und die metrologischen Reliefs Zusammenfassungen R. Felsch Drei frühe Phasen des dorischen Tempels. Delphi – Kalapodi – Mykene Die Entstehungsgeschichte des dorischen Tempels wird anhand literarischer und architektonischer Quellen in drei Phasen von seinen Anfängen bis hin zur Entwicklung des Steinbaus skizziert. Ein schon 1876 in Mykene gefundener Quader, welcher zuletzt von N. Klein als Stylobatblock des 4. Jahrhunderts v. Chr. publiziert wurde, zeigt, daß auch der frühe Tempel auf der Burg von Mykene in die Reihe der bisher wenigen dorischen Tempel des späten 7. Jahrhunderts gehört. M. Pipili Samos, the Artemis Sanctuary. The Laconian Pottery The Laconian vases published here were found in a deposit of an Artemis sanctuary discovered in 1979 just outside the western walls of the ancient city of Samos. The deposit contained votive material (pottery, terracottas, bronzes) dating from the sixth century B. C., particularly the third quarter of the century, and was probably formed after a destruction of the sanctuary in the 520s, i.e. in the turbulent years that followed the death of the tyrant Polykrates. The Laconian vases found in the deposit (58 pieces) constitute the second largest body of Laconian pottery from Samos after that of the Heraion, and many of them can be attributed to the major black-figure Laconian vase-painters or their workshops. The most frequent vase-shape represented here is the cup (21 examples) followed by the chalice (14 examples and at least one foot) and the two-handled mug (12 examples), and there are also two lakainai, two phialai and isolated examples of a few other shapes (a fruit-dish, a volute-krater, a lid and a votive polos). Particularly important are the many chalices found in the deposit, a hitherto rare shape which was obviously used in cult and was decorated appropriately (processions, musicians, komasts, symposion). These interesting vessels were probably special commissions for the needs of this particular sanctuary, perhaps made on the spot by itinerant craftsmen. Most of the chalices from the deposit, as well as some of the best cups, may be attributed to the Hunt Painter and to a group of artists painting in his manner. They are decorated in a fine miniature style and should belong to the years 540-525 B. C., thus testifying that the third quarter of the sixth century was not necessarily a period of decline for Laconian black-figure. G. Despinis – E. B. Harrison Vermutungen zum Marathon-Weihgeschenk der Athener in Delphi Der bärtige Kopf im Akropolis-Museum Inv.-Nr. 2344, der neben der idealen Zopf-Frisur ›realistische‹ Züge wie Strinfalten, die eingeritzte Iris und die gebohrte Pupille besitzt, ist nach der Vermutung des Verfassers als Kopie eines frühen Porträts des 5. Jahrhunderts zu deuten. Der Kopf, der mit einem wahrscheinlich korinthischen Helm zu ergänzen ist, kopiert dieser Vermutung zufolge das Haupt der Statue des Miltiades aus dem MarathonWeihgeschenk der Athener in Delphi (Paus. X 10, 1). Dieses Weihgeschenk, wahrscheinlich aus dem Jahrzehnt 470-460 v. Chr., schreibt Pausanias dem Pheidias zu. Ein Athena-Kopf, ebenfalls im Akropolis-Museum (Inv.-Nr. 2338), der aufgrund seiner technischen Charakteristika und seines Stils mit dem Kopf des Bärtigen (Inv.-Nr. 2344) verbunden wird, läßt sich als Kopie des Kopfes der Athena-Statue von diesem Weihgeschenk in Delphi interpretieren. Eine Kopie der Statue will der Verfasser in der kopflosen Figur der Athena im Prado-Museum erkennen. Die Statue in Madrid, die attisches Original strengen Stils wiederholt, kann man schwerlich mit einer Lanze in der erhobenen Rechten ergänzen. Die Göttin kann die Lanze weder geschwungen noch sich auf sie gestützt haben. Richtung und Hebung des erhaltenen rechten Armansatzes kann man besser verstehen, wenn man einen Kranz in der Hand ergänzt. Daß die Athena des Marathon-Weihgeschenkes in Delphi den Miltiades bekränzte, ist nicht überliefert. Doch haben dies schon mehrere Forscher vermutet, nämlich in Analogie zur Bekränzung des Lysander durch Poseidon in der Nauarchen-Gruppe, dem Weihgeschenk der Spartaner, das neben dem Athener Weihgeschenk in Delphi gestanden hat. St. Ritter Fremde Götter und Heroen in attischen Urkundenreliefs Bei den nicht-athenischen Gottheiten und Heroen in attischen Urkundenreliefs handelt es sich, entgegen der bislang herrschenden Ansicht, nur in einigen Fällen um dieselben Figuren, die auch über Selbstzeugnisse der betreffenden Staaten als deren Vertreter bekannt sind. Wenn nicht entweder durch die Existenz eines überregional bekannten Kultes (Argos, Samos, Knidos) oder durch den theophoren Namen einer Polis (Apollonia, Herakleia) eine bestimmte Gottheit oder ein Heros nahegelegt wurde, hatte man bei der motivischen Gestaltung der Reliefs Wahlmöglichkeiten. Das entscheidende Kriterium bei der Bildgestaltung war, ob man der Gegenseite im Bild einen Athen ebenbürtigen Status zugestehen wollte oder nicht. Im letzteren Falle verzichtete man entweder ganz darauf, den zugrunde liegenden Beschluß in einer mehrfigurigen Szene und damit als zwischenstaatliche Übereinkunft darzustellen, oder man entschied sich für eine lediglich lokale Gottheit oder einen Heros, um die Gegenseite kleiner als Athena ins Bild setzen zu können. Innerhalb des Referenzsystems der attischen Urkundenreliefs implizierte freilich die Einbeziehung überhaupt einer fremden Gottheit oder eines Heros von vornherein eine gewisse Gleichstellung. Der Umstand, daß Gottheiten und Heroen nur dann auftreten, wenn es um die Verbindungsaufnahme Athens mit einer anderen Polis geht, zeigt, daß das Bewußtsein einer gemeinsamen griechischen PolisIdentität im 4. Jahrhundert auch dann noch aufrechtzuerhalten versucht wurde, als es sich politisch zunehmend überlebte. Bei der Gestaltung der Reliefs war eine eigene, durch den Urkundentext nicht vorbestimmte Entscheidung zu treffen: in welcher Weise das Verhältnis Athens zu einem anderen Staat ins Bild gesetzt und in dauerhafter Fassung an exponierter Stelle der Öffentlichkeit präsentiert werden sollte. Die Reliefbilder geben als eigenständige Zeugnisse darüber Auskunft, welchen Rang man in Athen dem jeweils anderen Staat zum Zeitpunkt der Urkundenpublikation beimaß. H. Baitinger – B. Eder Hellenistische Stimmarken aus Elis und Olympia: Neue Forschungen zu den Beziehungen zwischen Hauptstadt und Heiligtum Elis und Olympia bilden die Herkunft von 249 Marken aus Bronze, die in dieser Arbeit erstmalig veröffentlicht und als Stimmarken für geheime Abstimmungen aus hellenistischer Zeit identifiziert werden konnten. Die Inschrift auf diesen Marken stellte einen eindeutigen Bezug zum Demos der Eleier her, der für ihre Ausgabe verantwortlich kennzeichnete. Die Präsenz gleichartiger Stücke in Hauptstadt und Heiligtum bezeugt einerseits die Existenz von Richterkollegien in beiden Orten und andererseits die tonangebende Rolle der Eleier in Olympia. Ausgehend von der Materialgruppe der Stimmarken wird unter Einbeziehung von klassischen Gewichten und Maßbechern aus Olympia die These vorgetragen, daß das panhellenische Heiligtum im Süden der Landschaft Elis neben seiner kultischen Bedeutung und Austragungsort der berühmten Spiele eine bedeutende Rolle als regionaler und überregionaler Marktplatz wahrnahm und als politischer und administrativer Knotenpunkt anstelle eines städtischen Zentrums funktionierte. Im Anhang wird ein Marmorblock vorgestellt, dessen Inschrift eine merkwürdige Übereinstimmung mit der Buchstabenfolge auf einer Stimmarke aufweist. Es wird der Versuch unternommen, diesen Block - ebenso wie die Reste eines Gefäßes - mit dem Abstimmungsverfahren im Buleuterion zu verbinden. K. Schade anus ebria, avia educans und pulcherrima femina. Altersdiskurse im römischen Frauenporträt Folgte man den Aussagen, die in einigen Studien der Altertums- und Sozialwissenschaften jüngerer Zeit zu lesen sind, so könnte man zu zwei Einsichten gelangen: zum einen, daß Darstellungen alter Frauen in der Antike stets negativ bewertet worden wären, zum anderen, daß die natürliche Abfolge der Lebensphasen bei Frauen damals keinerlei gesellschaftliche Reflexion gefunden hätte. In diesem Aufsatz wird, unter Einbeziehung von literarischen und epigraphischen Quellen, solchen pauschalen Ansichten widersprochen. Insbesondere das römische Frauenporträt, von dem gemeinhin bekannt ist, daß es die vielfältigsten Differenzierungen der weiblichen Physiognomie hervorgebracht hat, soll hier als 'Kronzeuge' des Gegenbeweises dienen. Vor diesem Hintergrund wird aber zugleich auf das gegenteilige Phänomen – gewissermaßen die Antithese zu der Vergegenwärtigung weiblicher Altersstufen – aufmerksam gemacht: die Visualisierung zeitloser Schönheit durch idealisierende Stilisierungen. Die Untersuchung basiert auf methodischen Ansätzen der Diskurstheorie. Ch. Landwehr König Juba I. oder Deus maurus? Der in Cherchel gefundene Kopf eines bärtigen Alten wurde im Vergleich zu Münzen als König Juba I. interpretiert. Eine eindeutige Übereinstimmung zwischen Münzen und Marmor besteht jedoch nicht. Obwohl mehrfach Bedenken geäußert wurden, hat es eine eingehende Untersuchung nie gegeben. Eine Einordnung und Datierung des Kopfes auf dem Wege stilistischer Vergleiche fehlt bis heute. Reiches Material steht in Cherchel zur Verfügung. Die Untersuchung führt zu dem Ergebnis, daß wegen gravierender stilistischer Unterschiede der Kopf von den Objekten aus der Zeit der Könige von Mauretanien, Juba II. (25 v.-23 n. Chr.) und Ptolemaios (23-40 n. Chr.) zu trennen ist. Die besten Vergleichsmöglichkeiten bietet eine Neptunstatue aus den in hadrianischer Zeit gebauten Westthermen. In der Zeit nach Juba II. und Ptolemaios, als Caesarea römische Provinzhauptstadt war, fehlt jegliche historische Voraussetzung für eine postume Ehrung des ostnumidischen Stammesfürsten, der Numidien an Rom verloren hatte. Die ikonographischen Vergleiche führen zu dem Ergebnis, daß eine nordafrikanische Gottheit oder Persönlichkeit charakterisiert wird. Eine ungewöhnliche Mischung zeichnet diesen Kopf aus. Sie besteht aus griechischen, römischen und nordafrikanischen Elementen, die sowohl der Ideal- als auch der Porträtplastik entlehnt sind. Dieser aufwendige Einsatz eines recht breit gefächerten Repertoires läßt sich meines Erachtens nur erklären, wenn eine spezielle Gottheit dargestellt werden soll. Die Verehrung einheimischer Gottheiten in Nordafrika hat in unserer Forschung bislang wenig Beachtung gefunden. Doch gibt es nicht nur zahlreiche Inschriften, die einheimische Gottheiten nennen, sondern auch bildliche Darstellungen. Ich weise darauf hin, daß der Kopf aus Cherchel eine einheimische Gottheit verkörpern kann. M. Langner Szenen aus Handwerk und Handel auf gallo-römischen Grabmälern Die Berufsdarstellungen der Nordwestprovinzen sind nicht realistisch, sondern umschreiben attributiv besonders charakteristische Situationen. Dabei wird nicht so sehr auf die eindeutige Lokalisierbarkeit der Szenen als vielmehr auf die Darstellung von Aktionsräumen Wert gelegt. Innerhalb dieser kommen immer wieder ähnliche Werte des Handwerker- und Händlerstandes zum Ausdruck, die je nach Größe des Grabmals unterschiedlich akzentuiert werden: Stolz auf die handwerklichen Fertigkeiten, die Produkte und den erwirtschafteten Gewinn einerseits und die soziale Bedeutung, die man zu Lebzeiten als Familienangehöriger und Mitbürger hatte, andererseits. Im Gegensatz zu den italischen wenden sich die gallo-römischen Grabmonumente der mittleren Kaiserzeit weiterhin an ein größeres Publikum, wobei die berufliche Situation des Grabmalbesitzers in dem das ganze Grabmal umspannenden Bildprogramm, das die umfassende Zurschaustellung seines Lebens zum Ziel hat, die bedeutendste Rolle spielt. B. Wesenberg Vitruv und Leonardo in Salamis. ›Vitruvs Proportionsfigur‹ und die metrologischen Reliefs Leonardos und Cesarianos Proportionsfiguren führen drei verschiedene Theorien, die Vitruv unter dem gemeinsamen Gesichtspunkt der Naturnachahmung abhandelt, zu einer einheitlichen Bildvorstellung zusammen, die nicht die des antiken Autors ist. Vitruv teilt 1.) einen natürliche Proportionen gewährleistenden Künstlerkanon mit, gibt 2.) eine Ableitung geometrischer Figuren aus der natürlichen menschlichen Gestalt und behandelt 3.) den natürlichen Ursprung der Längenmaße. Die Erörterung dient der Legitimation eines Architekturkonzepts, das mit der Verwendung numerischer Proportionen ebenfalls an die schöpfende Natur anknüpft. Das bekannte Relief in Oxford und das neu gefundene Relief aus Salamis sind metrologische Denkmäler des praktischen Gebrauchs. Mit Vitruv verbindet sie nicht mehr als die Anwendung der üblichen Maßeinheiten. Das sogenannte Lineal des salaminischen Reliefs ist durch die Neuvermessung von M. Wilson Jones als dorischer (solonischer?) Fuß von ca. 0.327 erwiesen. Daneben bezeugt der Fußabdruck auf demselben Relief ein weiteres griechisches Fußmaß, das bislang nicht zugeordnet werden kann. Der Versuch von Wilson Jones, den salaminischen Neufund mit Hilfe der Leonardo-Zeichnung zum Denkmal einer internationalen Maßkonvention zu ergänzen, wendet die VitruvRezeption der Renaissance auf ein antikes Denkmal an, zu dessen Vervollständigung selbst der unverfälschte Vitruvtext nicht beitragen könnte.