C. Besonderes Schuldrecht
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C. Besonderes Schuldrecht
Dr. Mirko Sauer HU Berlin SoSe 2014 Aktuelle Rechtsprechung – Allgemeines Zivilrecht C. Besonderes Schuldrecht VII. GoA................................................................................................................................. 3 82. BGH, Urteil vom 13.01.2012 (NJW 2012, 1080 f.) ..................................................... 3 83. BGH, Urteil vom 17.11.2011 (NJW 2012, 1648 f.) ..................................................... 4 VIII. Deliktsrecht ................................................................................................................... 5 deliktische Besitzstörung – Abschleppfälle ................................................................. 5 84. BGH, Urteil vom 05.06.2009 (NJW 2009, 2530) .................................................... 5 85. BGH, Urteil vom 02.12.2011 (NJW 2012, 528) ...................................................... 6 86. BGH, Urteil vom 06.07.2012 (NJW 2012, 3373) .................................................... 7 87. BGH, Urteil vom 21.09.2012 (NJW 2012, 3781 f.) ................................................. 7 Straßenverkehrsunfälle ................................................................................................ 8 88. BGH, Urteil vom 31.01.2012 (NJW 2012, 1951 f. und JuS 2012, 1029) ................ 8 89. BGH, Urteil vom 7.2.2012 (NJW 2012, 1953 f.) ..................................................... 9 90. BGH, Urteil vom 17.06.2014 (NJW 2014, 2493 ff.) ............................................. 10 91. BGH, Urteil vom 05.10.2010 (NJW 2011, 292 ff.)................................................ 11 92. BGH, Urteil vom 26.02.2013 (NJW 2013, 1679) .................................................. 12 93. BGH, Urteil vom 07.12.2010 (NJW 2011, 996) .................................................... 12 Schutzgesetzverletzung ............................................................................................. 13 94. BGH, Urteil vom 14.05.2013 (NJW 2014, 64 ff.) ................................................. 13 95. BGH, Urteil vom 18.01.2011 (NJW 2011, 1962 f.) ............................................... 14 96. BGH, Urteil vom 15.11.2011 (NJW 2012, 601 f.) ................................................. 14 Verletzung von Verkehrssicherungspflichten ........................................................... 15 97. OLG Stuttgart, Urteil vom 09.02.2010 (NJW-RR 2011, 313 ff.) .......................... 15 98. BGH, Urteil vom 02.10.2012 (NJW 2013, 48 f.) ................................................... 16 99. OLG Koblenz, Urteil vom 03.12.2012 (MDR 2013, 406) ..................................... 17 100. BGH, Urteil vom 15.02.2011 (NJW-RR 2011, 888 f.) ........................................ 18 1 ProdHaftG .................................................................................................................. 19 101. BGH, Urteil vom 25.02.2014 (NJW 2014, 2106 ff.) ........................................... 19 Schockschäden........................................................................................................... 20 102. BGH, Urteil vom 20.03.2012 (NJW 2012, 1730) ................................................ 20 103. BGH, Urteil vom 20.05.2014 (VI ZR 381/13) ..................................................... 21 Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb ............................... 22 104. BGH, Urteil vom 15.05.2012 (NJW 2012, 2579 f.) ............................................. 22 Tierhalterhaftung ....................................................................................................... 23 105. OLG München, Urteil vom 19.04.2012 (NJW-RR 2012, 1233).......................... 23 106. BGH, Urteil vom 25.03.2014 (RuS 2014, 304) ................................................... 24 107. BGH, Urteil vom 30.04.2013, Az.: VI ZR 13/12 (MDR 2013, S. 779) ............... 25 108. BGH, Urteil vom 21.12.2010 (NJW 2011, 1961) ................................................ 25 Sonstiges .................................................................................................................... 26 109. OLG Hamm, Urteil vom 22.10.2012, Az.: 6 U 241/11........................................ 26 IX. Bereicherungsrecht ......................................................................................................... 27 110. BGH, Urteil vom 20.11.2013 (NJW 2014, 1095 ff.) ........................................... 27 111. BGH, Urteil vom 19.07.2013 (NJW 2013, 3364 ff.) ........................................... 28 112. BGH, Urteil vom 05.07.2013 (NJW 2013, 3243 ff.) ........................................... 29 2 VII. GoA 82. BGH, Urteil vom 13.01.2012 (NJW 2012, 1080 f.) Geschäftsführung ohne Auftrag: Abzug "neu für alt" beim Aufwendungsersatzanspruch Leitsatz Der Anspruch auf Ersatz der zu einer Störungsbeseitigung erforderlichen Aufwendungen kann durch einen Abzug „neu für alt“ gemindert sein. (Leitsatz der bestätigten Vorinstanz LG Aachen, Urteil vom 3.05.2011, Az: 7 S 38/10) 1. Soweit die Wurzel eines Straßenbaums in den Hausanschlusskanal eingewachsen ist und diesen zerstört hat, kann der Geschädigte den Ersatz seiner Aufwendungen für die Beseitigung dieser Beeinträchtigung unter dem Gesichtspunkt der Geschäftsführung ohne Auftrag vom Störer verlangen, wenn dieser die Störung nicht selbst beseitigt. Ist dabei die Beseitigung der Störung nur mit einer weitergehenden Zerstörung eines Teils des Grundstücks verbunden, schuldet der Störer nicht nur die eigentliche Beseitigung der Störung, sondern (nach § 1004 BGB verschuldensunabhängig!) auch die Wiederherstellung des früheren Zustands. 2. Verlangt der Geschädigte keine Beseitigung in Natur, sondern den Ersatz seiner Aufwendungen in Geld, besteht kein Grund, keinen Vorteilsausgleich durchzuführen, so dass in diesem Fall ein Abzug "Neu für Alt" vorzunehmen ist. 3. Bei der Geschäftsführung ohne Auftrag stellt auch die eigene Arbeitsleistung einen ersatzfähigen Aufwand dar. (hierüber musste der BGH i.R.d. Revision nicht entscheiden!) Sachverhalt (etwas abgewandelt) Die E ist Eigentümerin eines mit einem Wohnhaus bebauten Grundstücks. Vor dem Grundstück steht ein von der S gepflanzter und unterhaltener Baum. Dessen Wurzeln waren in den Hausanschlusskanal der E, der zu dieser Zeit in Anbetracht seines Alters und unter Berücksichtigung seiner Lebensdauer noch 4.000 € wert war, eingewachsen. Der Einwuchs hatte den Kanal zum Teil schon beschädigt. Bei Entfernung der Wurzeln wird der Kanal weiter beschädigt. Die S reagierte nicht. Die E holte sich ein Angebot des Bauunternehmers B ein. Die einzelnen Positionen des marktüblichen Angebots des B (brutto) lauten wie folgt: 1. Aushubarbeiten, Entfernung des Wurzelwerks und Neuerrichtung des Hausanschlusses 7.400 € 2. Aushubarbeiten, Neuerrichtung des Hausanschlusskanals (ohne Entfernung der Wurzeln): 6.000 € 2. Neuerrichtung des Hausanschlusskanals (ohne Aushubarbeiten/ohne Entfernung der Wurzeln): 4.400 € 3. Aushubarbeiten und Entfernung des Wurzelwerks: 1.600 € Die E führte schließlich ohne Wissen der S die zur Entfernung der Wurzeln erforderlichen Arbeiten in Eigenregie durch. Daneben wurde auch der Bauunternehmer B mit der Neuerrichtung des Kanals beauftragt. Neben Kosten des Bauunternehmens B von 4.400 € verlangt die E Ersatz für eigene Arbeitsleistungen in Höhe von 1.600 € sowie von Containerkosten in Höhe von insgesamt 250 € (Gesamtforderung: 6.250 €). Zu Recht? 3 83. BGH, Urteil vom 17.11.2011 (NJW 2012, 1648 f.) Geschäftsführung ohne Auftrag: Aufwendungsersatzanspruch eines Bestattungsunternehmens gegen die bestattungspflichtige mittellose Ehefrau des Verstorbenen Leitsatz 1. Nimmt ein Bestattungsunternehmer die Beerdigung eines Verstorbenen ohne Auftrag vor, weil sich niemand der nächsten Angehörigen des Hinterbliebenen bereitgefunden hat, für die Bestattung zu sorgen, so kommt ein Aufwendungsersatzanspruch des Unternehmers nach §§ 670, 677, 679, 683 BGB gegen die Person in Betracht, die nach Maßgabe des jeweils anwendbaren (Landes-)Bestattungsgesetzes (vorrangig) bestattungspflichtig ist (hier: die Ehefrau des Verstorbenen gemäß § 2 Nr. 12, § 13 Abs. 2 Satz 1 BestattG Schl.-H.). 2. Der entgegenstehende Wille des bestattungspflichtigen Ehegatten steht seiner Inanspruchnahme im Hinblick auf die Möglichkeit, vom zuständigen Sozialhilfeträger gemäß § 74 SGB XII Übernahme der Beerdigungskosten zu erlangen, grundsätzlich auch dann nicht entgegen, wenn der Ehegatte nicht leistungsfähig ist und die familiären Beziehungen zerrüttet sind. 3. Der Aufwendungsersatzanspruch ist in einem solchen Fall der Höhe nach begrenzt auf den nach § 74 SGB XII übernahmefähigen Betrag (Kosten einer einfachen Beerdigung). Sachverhalt Der T betreibt ein Bestattungsunternehmen und verlangt von der E die Kosten für die Beisetzung ihres am 31.10.2006 verstorbenen Ehemanns, von dem sie getrennt lebte. Dieser hatte aus einer früheren Ehe zwei Töchter. Nach Überführung der Leiche in die Bestattungshalle des T kam es zu einem Treffen mit der E und einer der Töchter des Verstorbenen. Ob die E sich an dem dabei geführten Gespräch über eine mögliche Beisetzung aktiv beteiligte, ist streitig. Jedenfalls erklärten sie und die Tochter, die anfallenden Bestattungskosten nicht übernehmen zu können. Ein Mitarbeiter des T wies in diesem Zusammenhang auf die Möglichkeit einer Kostenerstattung durch das Sozialamt hin. Das Gespräch blieb ohne Ergebnis. Der T führte die Bestattung im November 2006 durch. Nachdem der T die Beerdigungskosten der E unter dem 29.11.2006 in Rechnung gestellt hatte, beantragte diese die Kostenübernahme durch das Sozialamt. Der Antrag blieb ebenso erfolglos wie der anschließend eingelegte Widerspruch. Das daraufhin vor dem Sozialgericht angestrengte Verfahren ist bis zur Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits ausgesetzt worden. Der T ist der Ansicht, die ihm entstandenen Kosten für die durchgeführte "Sozial"-Bestattung jedenfalls als Geschäftsführer ohne Auftrag geltend machen zu können. Da weder Nachlassmittel noch eigene Mittel der Angehörigen - der beklagten Ehefrau und der beiden Töchter aus der ersten Ehe des Verstorbenen - vorhanden seien, hafte die E jedenfalls als die primär bestattungspflichtige Person. Die E beruft sich vor allem auf ihren wegen fehlender Leistungsfähigkeit entgegenstehenden Willen und behauptet zudem, zum Zeitpunkt des Todes ihres Ehemannes sei bereits ein von ihm beantragtes Scheidungsverfahren anhängig gewesen. Wir der T Erfolg haben? 4 VIII. Deliktsrecht deliktische Besitzstörung – Abschleppfälle 84. BGH, Urteil vom 05.06.2009 (NJW 2009, 2530) Verbotene Eigenmacht und Schadensersatz: Erstattungsfähigkeit der Abschleppkosten für die Entfernung eines unbefugt auf einem Privatgrundstück abgestellten Fahrzeugs Leitsatz Wer sein Fahrzeug unbefugt auf einem Privatgrundstück abstellt, begeht eine verbotene Eigenmacht, derer sich der unmittelbare Grundstücksbesitzer erwehren darf, indem er das Fahrzeug abschleppen lässt; die Abschleppkosten kann er als Schadensersatz von dem Fahrzeugführer verlangen. Sachverhalt (verkürzt) Dem E gehört ein Grundstück, welches als Parkplatz mehrerer Einkaufsmärkte genutzt wird. Dort steht ein großes, gut sichtbares Schild mit folgenden Hinweisen: „Mo.-Sa. 6.00-21.00 Uhr. Nur für Kunden und Mitarbeiter des Nahversorgungszentrums. Parken nur mit Parkuhr Parkzeit 1,5 h (daneben ist eine Parkscheibe abgebildet) Parken nur innerhalb der gekennzeichneten Flächen! Widerrechtlich abgestellte Fahrzeuge werden kostenpflichtig abgeschleppt“ (daneben ist ein Abschlepp-Piktogramm abgebildet) Am 6.03.2007 schloss der E mit einem Abschleppunternehmen A und einem Inkassounternehmen K eine Vereinbarung, in der es u.a. heißt: "2. Der Eigentümer beauftragt das Abschleppunternehmen, unberechtigt parkende oder versperrend abgestellte Fahrzeuge von dem ... Grundstück abzuschleppen und zu entfernen. 3. Die Durchführung des Abschleppvorganges setzt voraus, dass sich das Abschleppunternehmen zuvor darüber vergewissert, dass dieses Fahrzeug nicht über eine Parkberechtigung verfügt bzw. sich der Fahrzeugführer nicht in unmittelbarer Nähe zum Fahrzeug aufhält oder dieser der Aufforderung zum Entfernen bzw. ordnungsgemäßen Abparken des Fahrzeugs nicht sofort nachkommt.“ Das Inkassounternehmen K beauftragte der E mit der Einziehung der Abschleppkosten. Am 20. April 2007 stellte der P seinen Pkw unbefugt auf dem Parkplatz ab. Zwischen 19.00 Uhr und 19.15 Uhr wurde das Fahrzeug abgeschleppt und auf das Gelände des Abschleppunternehmens A verbracht. Dort löste es der P am späten Abend gegen Zahlung von 150 € Abschleppkosten und 15 € Inkassogebühren aus. Den Betrag von 165 € nebst Zinsen sowie vorgerichtliche Kosten von 46,41 € verlangt er von dem E zurück. 5 85. BGH, Urteil vom 02.12.2011 (NJW 2012, 528) Schadensersatzanspruch bei Abschleppen eines unbefugt auf einem Privatparkplatz abgestellten Fahrzeugs Merksätze 1. Ein Anspruch auf Nutzungsersatz gemäß §§ 990 I 2, 280 I, II, 286 BGB ist nicht gegeben, wenn dem Beklagten ein Zurückbehaltungsrecht an der Sache zusteht. Ein solches Zurückbehaltungsrecht kann sich aus der Forderung des Beklagten gegen den Kläger wegen der Besitzstörung erheben (hier: § 398 BGB i.V.m. §§ 823 I, 823 II i.V.m. § 858 BGB). 2. Zu den erstattungsfähigen Kosten für die Entfernung eines unbefugt auf einem Privatgrundstück abgestellten Fahrzeugs zählen nicht nur die Kosten des reinen Abschleppens, sondern auch die Kosten, die im Zusammenhang mit der Vorbereitung des Abschleppvorgangs entstehen (z.B. Prüfung der Berechtigung zum Abschleppen, Anfordern des zum jeweiligen KfZ passenden Abschleppfahrzeugs). 3. Nicht erstattungsfähig sind dagegen die Kosten, die nicht der Beseitigung der Besitzstörung dienen, sondern im Zusammenhang mit deren Feststellung angefallen sind, wie etwa die Kosten einer Parkraumüberwachung („Sowieso-Kosten“, „Mühewaltungskosten“). Sachverhalt Am 5. Januar 2010 stellte die Klägerin - trotz Hinweisschildes, dass unberechtigt parkende Fahrzeuge kostenpflichtig entfernt werden - ihr Fahrzeug unbefugt auf dem Kundenparkplatz eines Supermarktes ab. Aufgrund eines Rahmenvertrages mit dem Betreiber des Supermarktes, der u.a. die Abtretung von Ansprüchen gegen unberechtigte Nutzer enthält, schleppte die Beklagte das Fahrzeug ab und verbrachte es auf einen öffentlichen Parkgrund. Da die Klägerin nicht bereit war, den Rechnungsbetrag über netto 219,50 € (Grundgebühr + Vorbereitung des Abschleppvorgangs + Abschleppkosten) zu begleichen, gab die Beklagte ihr den Standort des Fahrzeugs nicht bekannt. Die ursprünglich auf Herausgabe des Fahrzeugs Zug-um-Zug gegen Zahlung von (nur) 150 € (Versetzungsgebühr) sowie auf Zahlung einer Nutzungsentschädigung gerichtete Klage der Klägerin hat das Landgericht abgewiesen. Nachdem die Beklagte der Klägerin den Standort des Fahrzeuges mitgeteilt hatte, haben die Parteien im Berufungsverfahren den Herausgabeantrag übereinstimmend für erledigt erklärt. Hinsichtlich der weiterhin verlangten Nutzungsentschädigung in Höhe von 3.758 € ist die Berufung erfolglos geblieben. Mit der von dem Kammergericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Beklagte beantragt, verfolgt die Klägerin ihr Begehren auf Zahlung einer Nutzungsentschädigung weiter. 6 86. BGH, Urteil vom 06.07.2012 (NJW 2012, 3373) – Zu Recht a.A. Mäsch, JuS 2012, S. 357 ff.!!! Passivlegitimation für einen Anspruch auf Rückzahlung überhöhter Abschleppkosten nach Abtretung des entsprechenden Schadensersatzanspruchs gegen den Falschparker Leitsatz Der Anspruch auf Rückzahlung überhöhter Abschleppkosten richtet sich auch dann gegen den gestörten Grundstücksbesitzer, wenn dieser seinen Schadensersatzanspruch gegen den Störer an das Abschleppunternehmen abgetreten hat. Sachverhalt Der K stellte sein Fahrzeug am 3.08.2010 auf einem Privatgrundstück im Bereich einer gekennzeichneten Feuerwehranfahrtszone ab. Die A ist aufgrund eines mit der Besitzerin des Grundstücks (B) abgeschlossenen Vertrages verpflichtet, unbefugt abgestellte Fahrzeuge von dem Grundstück zu entfernen. A sind von der Grundstücksbesitzerin B deren Ansprüche auf Ersatz der Abschleppkosten gegen unberechtigt Parkende abgetreten. Die A setzte das Fahrzeug um. Dessen Standort teilte sie dem K erst nach Zahlung der Abschleppkosten von 261,21 € (brutto) mit. Der K, der diese Kosten für überhöht hält, verlangt mit der Klage die Rückzahlung von 130,31 €. 87. BGH, Urteil vom 21.09.2012 (NJW 2012, 3781 f.) Besitzschutz: Kraftfahrzeughalterhaftung auf Unterlassung eines Falschparkens auf fremdem Grundstück durch den berechtigten Fahrzeugführer Leitsatz Überlässt der Halter sein Fahrzeug einer anderen Person zur Benutzung im Straßenverkehr, ist er Zustandsstörer, wenn es unberechtigt auf einem fremden Grundstück abgestellt wird. Auch nach Beendigung der Störung kann er Schuldner eines Unterlassungsanspruchs sein. Sachverhalt Der H ist Halter eines Sportwagens. In den Abendstunden des 20.08.2010 war das Fahrzeug für etwa zwei Stunden auf dem durch ein privates Halteverbotsschild gekennzeichneten, von dem K gemieteten Geschäftsgrundstück unbefugt abgestellt. Nach Ermittlung des Fahrzeughalters wandte sich der K an einen Rechtsanwalt. Auf dessen Aufforderung gab der H, der vorträgt, er selbst habe den Sportwagen dort nicht geparkt, eine Unterlassungserklärung ab, ohne jedoch die geforderte Strafbewehrung zu akzeptieren. Mit der Klage verlangt der K von dem H, unter Meidung eines Ordnungsgeldes es zu unterlassen, den Sportwagen selbst oder durch eine dritte Person auf seinem Geschäftsgrundstück abzustellen, sowie die Erstattung der Kosten der Halterermittlung und der vorgerichtlichen Anwaltskosten. 7 Straßenverkehrsunfälle 88. BGH, Urteil vom 31.01.2012 (NJW 2012, 1951 f. und JuS 2012, 1029) Fahrzeughalterhaftung für die bei Verfolgung eines fliehenden Verdächtigen verursachten Schäden an einem Polizeifahrzeug infolge der absichtlich herbeigeführten Kollision mit dem Fluchtfahrzug Leitsatz 1. Der Halter eines Kraftfahrzeuges, der sich der polizeilichen Festnahme durch Flucht unter Verwendung seines Kraftfahrzeuges entzieht, haftet unter dem Gesichtspunkt des Herausforderns sowohl nach § 823 Abs. 1 BGB als auch nach § 7 StVG für einen bei der Verfolgung eintretenden Sachschaden an den ihn verfolgenden Polizeifahrzeugen, wenn dieser Schaden auf der gesteigerten Gefahrenlage beruht und die Risiken der Verfolgung nicht außer Verhältnis zu deren Zweck stehen. 2. Dies gilt auch in Fällen, in denen der Fahrer eines Polizeifahrzeuges zum Zwecke der Gefahrenabwehr vorsätzlich eine Kollision mit dem fliehenden Fahrzeug herbeiführt, um es zum Anhalten zu zwingen. 3. Der Anspruch auf Ersatz des dabei an den beteiligten Polizeifahrzeugen entstandenen Sachschadens kann nach § 115 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VVG auch als Direktanspruch gegen den Haftpflichtversicherer des Fluchtfahrzeuges geltend gemacht werden. Sachverhalt Am 23. April 2008 entzog sich der Versicherungsnehmer R der beklagten V mit dem von ihm geführten und bei der V haftpflichtversicherten PKW einer Verkehrskontrolle. Dabei verletzte er eine Polizeibeamtin. Einsatzkräfte der Polizei nahmen daraufhin die Verfolgung auf. Der R fuhr zwischen 180 und 200 km/h, wechselte dabei mehrfach die Fahrstreifen und nutzte auch den Standstreifen. Um den Flüchtigen zu stoppen, entschloss sich die Polizei, den Verkehr zu verlangsamen, indem zwei Dienstfahrzeuge mit geringer Geschwindigkeit die beiden Fahrstreifen befuhren und ein Lkw-Fahrer, den die Polizei um Hilfe ersucht hatte, mit seinem Sattelzug auf gleicher Höhe langsam auf dem Standstreifen fuhr. Da alle drei Fahrstreifen damit blockiert waren, wurde der herannahende R gezwungen, abzubremsen. Er versuchte, zwischen den beiden Polizeifahrzeugen hindurchzufahren. Bei diesem Versuch wurde er von einem weiteren Polizeifahrzeug von hinten gerammt, so dass er zwischen den beiden die linke und die rechte Fahrspur blockierenden Polizeifahrzeugen durchgeschoben wurde. Das Fluchtfahrzeug wurde sodann von einem weiteren Fahrzeug des klagenden Landes an die Mittelleitplanke abgedrängt und gestoppt. Der R wurde vorläufig festgenommen. Mit seiner Klage macht das Land Hessen gegen den Haftpflichtversicherer V des Fluchtfahrzeuges den an seinen vier Polizeifahrzeugen entstandenen Schaden und weitere Kosten in Höhe von insgesamt 17.271,84 € geltend. 8 89. BGH, Urteil vom 7.2.2012 (NJW 2012, 1953 f.) Haftungsverteilung und Schadensersatz bei Verkehrsunfall: Volle oder überwiegende Haftung des Linksabbiegers beim Verstoß gegen die Wartepflicht; quotenmäßige Haftung des Schädigers für die Sachverständigenkosten des Geschädigten Leitsatz 1. Für die Folgen eines Verkehrsunfalls hat der Linksabbieger, der die ihn gemäß § 9 Abs. 3 Satz 1 StVO gegenüber dem Gegenverkehr treffende Wartepflicht missachtet hat, regelmäßig in vollem Umfang allein oder doch zumindest zum größten Teil zu haften. 2. Im Falle einer nur quotenmäßigen Haftung des Schädigers hat dieser dem Geschädigten dessen Sachverständigenkosten nur im Umfang der Haftungsquote zu erstatten. Sachverhalt Der K befuhr am 6. März 2008 mit seinem Pkw die Friedrichstraße in N., um an der mit einer Lichtzeichenanlage geregelten Kreuzung nach links in die Frankfurter Straße abzubiegen. Der B befuhr mit einem bei der V haftpflichtversicherten Pkw die auf diese Kreuzung in Gegenrichtung zuführende Wilhelmstraße. Er beabsichtigte, geradeaus in die Friedrichstraße weiterzufahren. Im Kreuzungsbereich kam es zur Kollision beider Fahrzeuge, die jeweils auf der rechten Seite beschädigt wurden. Der vom K beauftragte Sachverständige schätzte den Wiederbeschaffungswert seines Pkw auf 7.300 € brutto und den Restwert auf 2.700 €. Der klagende K hat von B und V Ersatz des Wiederbeschaffungsaufwands von 4.600 € und der Sachverständigenkosten von 747,57 €, die Zahlung einer Kostenpauschale von 26 € und die Erstattung vorgerichtlicher Anwaltskosten begehrt. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Oberlandesgericht ihr in Höhe von 2.988,02 € nebst Zinsen sowie hinsichtlich eines Teils der geltend gemachten Anwaltskosten stattgegeben. Es hat dem Kläger jeweils 50 % des mit 4.428,90 € errechneten Nettowiederbeschaffungsaufwands und der Kostenpauschale nebst Ummeldekosten von insgesamt 52 € zuerkannt und ihm einen Anspruch auf vollumfänglichen Ersatz der Sachverständigenkosten von 747,57 € zugebilligt. Mit der vom Oberlandesgericht zugelassenen Revision erstreben die Beklagten die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils, soweit sie zur Zahlung von mehr als 579,91 € nebst Zinsen und zur Erstattung vorgerichtlicher Kosten von mehr als 41,77 € nebst Zinsen verurteilt worden sind. 9 90. BGH, Urteil vom 17.06.2014 (NJW 2014, 2493 ff.) Haftungsverteilung und Schadensersatz bei Verkehrsunfall: Volle oder überwiegende Haftung des Linksabbiegers beim Verstoß gegen die Wartepflicht; quotenmäßige Haftung des Schädigers für die Sachverständigenkosten des Geschädigten Leitsatz Der Schadensersatzanspruch eines Radfahrers, der im Straßenverkehr bei einem Verkehrsunfall Kopfverletzungen erlitten hat, die durch das Tragen eines Schutzhelms zwar nicht verhindert, wohl aber hätten gemildert werden können, ist jedenfalls bei Unfallereignissen bis zum Jahr 2011 grundsätzlich nicht wegen Mitverschuldens gemäß § 9 StVG, § 254 Abs. 1 BGB gemindert. Sachverhalt Die Klägerin begehrt Schadensersatz nach einem Verkehrsunfall, der sich am 7. April 2011 ereignete. Sie befuhr gegen 15:45 Uhr mit ihrem Fahrrad zu ihrer Arbeitsstelle. Am rechten Fahrbahnrand parkte der Beklagte mit seinem Pkw. Der Beklagte öffnete unmittelbar vor der sich nähernden Klägerin die Fahrertür. Die Klägerin konnte nicht mehr ausweichen, prallte gegen die Tür, stürzte zu Boden und fiel auf den Hinterkopf. Dabei zog sich die Klägerin, die keinen Fahrradhelm trug, schwere Schädel-Hirnverletzungen zu. Es steht außer Streit, dass der Beklagte den Unfall allein verursacht hat. Er lastet der Klägerin jedoch ein Mitverschulden von 50 % an, weil sie keinen Helm getragen hat und das Nichttragen eines Helms für das Ausmaß der erlittenen Kopfverletzungen (mit-)ursächlich war. So schreibe der Weltradsportverband (UCI) in seinen Regularien vor, bei Straßenrennen zwingend einen Helm zu tragen. Die K wendet ein, dass einer Studie der Bundesanstalt für Straßenwesen aus dem Jahr 2011 zufolge, innerorts nur ca. 11% der erwachsenen Fahrradfahrer einen Sturzhelm tragen (bei Kindern zwischen 6 und 10 Jahren: 75%). Überdies normiere § 21 a Abs. 2 StVO für Fahrradfahrer keine Pflicht zum Tragen eines Sturzhelms. 10 91. BGH, Urteil vom 05.10.2010 (NJW 2011, 292 ff.) Haftung bei Kfz-Unfall: Mehrere nebeneinander verantwortliche Schädiger; Mitverschuldensvorwurf gegen den nicht vernünftig handelnden Unfallhelfer; Haftungsausschluss bei gelegentlicher Hilfeleistung Leitsatz 1. Bei mehreren nebeneinander verantwortlichen Schädigern besteht zum Geschädigten grundsätzlich die volle Haftung, ohne dass einer der Schädiger auf den Tatbeitrag des anderen verweisen könnte. Die Last des Schadens ist lediglich im Innenverhältnis nach § 426 Abs. 1 BGB nach den Anteilen an dessen Herbeiführung aufzuteilen. 2. Ergreift ein Unfallhelfer nach einem Unfall, bei dem das Ausmaß der Gefährdung und der Hilfebedürftigkeit der beteiligten Verkehrsteilnehmer nicht sogleich zutreffend erkannt werden kann, nicht die aus nachträglicher Sicht vernünftigste Maßnahme, folgt hieraus noch nicht ein Mitverschuldensvorwurf. 3. Bei gelegentlichen Hilfeleistungen von sonst an dem Betriebe des Kfz unbeteiligten Personen scheidet ein Haftungsausschluss nach § 8 Nr. 2 StVG regelmäßig aus. Sachverhalt Der Kläger K verlangt von den Beklagten Schadensersatz aus einem Verkehrsunfall, bei dem er als Unfallhelfer verletzt wurde. Der A (Beklagte zu 3) fuhr mit einem Pkw, dessen Halter der H (Beklagter zu 4) und dessen Haftpflichtversicherer der V (die Beklagte zu 5) ist, bei einsetzendem Schneefall auf der BAB 4. Er geriet ins Schleudern, kollidierte mit der Leitplanke am rechten Fahrbahnrand und kam auf dem Seitenstreifen zum Stehen. Er schaltete das Warnblinklicht ein. Der K, der mit seinem Pkw hinter dem Pkw des A gefahren war, hielt vor dem Unfallfahrzeug auf dem Seitenstreifen an. Er schaltete bei seinem Pkw das Warnblinklicht ein und begab sich zum Pkw des A zurück. Nachdem er sich nach dessen Befinden erkundigt hatte, wollte er zur Absicherung der Unfallstelle das Warndreieck aus dem Kofferraum des Fahrzeugs des A entnehmen. Als der K mit dem Rücken zur Fahrtrichtung stand und den Kofferraum öffnen wollte, näherte sich der vom B (Beklagten zu 1) gelenkte Pkw, dessen Haftpflichtversicherer S (die Beklagte zu 2) ist, auf dem mittleren von drei Fahrstreifen. Der Pkw des B geriet ebenfalls ins Schleudern und erfasste den K, der dabei schwer verletzt wurde. Der K nimmt die Beklagten als Gesamtschuldner auf Schadensersatz, Schmerzensgeld und Feststellung der Ersatzpflicht für künftige materielle und immaterielle Schäden in Anspruch, soweit die Ansprüche nicht auf Dritte oder Sozialversicherungsträger übergegangen sind. Mit Erfolg? 11 92. BGH, Urteil vom 26.02.2013 (NJW 2013, 1679) Haftungsrechtlicher Zurechnungszusammenhang: Sturz eines Verkehrsunfallbeteiligten bei eisglatter Fahrbahn während der Inaugenscheinnahme der Unfallfolgen Leitsatz Verlässt ein Unfallbeteiligter wegen eines Auffahrunfalls bei eisglatter Fahrbahn sein Fahrzeug, um sich über die Unfallfolgen zu informieren, eröffnet er dadurch nicht selbst einen eigenständigen Gefahrenkreis. Stürzt er infolge der Eisglätte, verwirklicht sich nicht eine aufgrund der Straßenverhältnisse gegebene allgemeine Unfallgefahr, sondern die besondere durch den Unfall entstandene Gefahrenlage. Sachverhalt Am 15. Dezember 2010 rutschte der Pkw der B gegen den vor einer vorfahrtsberechtigten Straße anhaltenden Pkw des K. Dabei verhakte sich die vordere Stoßstange des Pkw der B mit der Anhängerkupplung am Fahrzeug des K, ohne dass die Fahrzeuge selbst beschädigt wurden. Der K stieg nach dem Unfall aus und ging um die Fahrzeuge herum. Noch vor Erreichen des Gehwegs stürzte er auf der eisglatten Fahrbahn und zog sich einen Bruch des rechten Schultergelenks zu. Der K verlangt Schmerzensgeld und die Feststellung der Ersatzpflicht der B für künftige materielle und immaterielle Schäden aufgrund einer Schulterverletzung. 93. BGH, Urteil vom 07.12.2010 (NJW 2011, 996) Verkehrsunfallhaftung des Leasingnehmers und Halters des Kraftfahrzeugs gegenüber dem Leasinggeber und Eigentümer Merksätze 1. Der Leasinggeber und Eigentümer des Kraftfahrzeugs hat gegen den Leasingnehmer und Halter des Kraftfahrzeugs bei einer Beschädigung dieses Fahrzeugs keinen Anspruch aus § 7 Abs. 1 StVG (Aufgabe der früheren Rechtsprechung!). 2. Der Leasingnehmer und Halter des Kraftfahrzeugs haftet insofern nicht mit dem anderen Unfallbeteiligten bzw. dessen Haftpflichtversicherer als Gesamtschuldner. Ein Regressanspruch nach § 426 BGB scheitert daher. Zusatzhinweis: Allerdings muss sich der Leasinggeber auch bei einem Anspruch aus Gefährdungshaftung (hier § 7 I StVG) gegen den anderen unfallbeteiligten Halter, ein (etwaiges) Verschulden seines Fahrzeugführers (Leasingnehmers) nach den §§ 9, 17 StVG anspruchsmindernd zurechnen lassen. Sachverhalt (stark vereinfacht) Die Parteien streiten um gesamtschuldnerische Ausgleichsansprüche nach einem Verkehrsunfall. Der H ist Leasingnehmer und Halter eines PKW. Der E ist Eigentümer und Leasinggeber dieses PKW. Der F ist Halter und Fahrer eines anderen KfZ. H und F hatten einen Verkehrsunfall, bei dem auch der PKW des E beschädigt wurde. Die Unfallursache konnte nicht geklärt werden (Anmerkung: insofern scheitern verschuldensabhängige Anspruchsgrundlagen!). Der Haftpflichtversicherer des F (V) regulierte den Schaden gegenüber dem E zu 100%. V nimmt nun den H auf 50% in Regreß. Er ist der Ansicht, dass H und F (insofern auch V) hinsichtlich des Schadens am PKW des E gesamtschuldnerisch haften. 12 Schutzgesetzverletzung 94. BGH, Urteil vom 14.05.2013 (NJW 2014, 64 ff.) Unterlassene Hilfeleistung als Schutzgesetz Leitsatz § 323c StGB ist ein Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB. Sachverhalt Der Kläger, ein Gerichtsvollzieher, macht gegenüber dem Beklagten einen Anspruch auf Schmerzensgeld wegen einer Schussverletzung geltend, die ihm der Sohn des Beklagten im Zusammenhang mit einer vom Beklagten beauftragten Räumung einer Wohnung zugefügt hat. Der Sohn des Beklagten, der zeitweilig unter Betreuung stand, hatte eine krankhafte Persönlichkeitsstörung entwickelt, die unter anderem zur Folge hatte, dass er zwanghaft Gegenstände sammelte, mit denen er die gesamte von ihm und dem Beklagten bewohnte Immobilie des Beklagten vollgestellt hatte. Der Beklagte hatte gegen seinen Sohn einen Räumungstitel erwirkt und den Kläger mit der Räumung beauftragt. Am vierten Tag der Räumung sollte mit der eigentlichen Räumung des Hauses begonnen werden. Der Kläger klingelte an der Haustür. Hinter der Haustür stand der Sohn des Beklagten mit einer geladenen Waffe, mit der er kurz zuvor schon den Beklagten bedroht und aufgefordert hatte, die Räumung zu beenden. Der Beklagte ließ sich vom Willen zur Räumung nicht abhalten. Auch auf die Gefahr hin, dass der Kläger von seinem Sohn verletzt werden könnte, öffnete er schließlich die Tür, um die Räumung geschehen zu lassen. Der hinter dem Beklagten stehende Sohn stieß sodann seinen Vater beiseite und schoss auf den Oberkörper des Klägers. Dabei wurde der Kläger schwer verletzt. Er macht den Beklagten für die Tat mitverantwortlich und hat ihn mit der vorliegenden Klage auf Zahlung von Schmerzensgeld (mindestens 20.000 €) in Anspruch genommen. Zu Recht? 13 95. BGH, Urteil vom 18.01.2011 (NJW 2011, 1962 f.) Umfang des Schadensersatzanspruchs des arglistig getäuschten Grundstückskäufers gegen einen Dritten Leitsatz Der gegen einen Dritten gerichtete Schadensersatzanspruch des arglistig getäuschten Käufers gemäß § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 StGB ist darauf gerichtet, so gestellt zu werden, wie er stünde, wenn die Täuschung nicht erfolgt wäre. Anmerkung: Dann wäre der Vertrag nicht geschlossen worden. Ergo: nur Ersatz der Vertragskosten, Kaufpreis, etc. Andere Folgeschäden aus dem täuschungsbedingten Kaufvertrag sind hingegen grundsätzlich nicht ersatzfähig, weil diese einen Kaufvertrag bzw. dessen Erfüllung voraussetzen. Aber!: Nach der Differenzhypothese wäre es möglich i.R.d. negativen Interesses auch einen Schaden geltend zu machen, der darin besteht, dass man es täuschungsbedingt unterlassen hat, einen anderen günstigeren Kaufvertrag abzuschließen. Das war hier aber nicht dargestellt und begehrt worden. Sachverhalt Mit notariellem Vertrag vom 1.09.1998 erwarb der Kr von der V-GmbH ein mit einem Mehrfamilienhaus und einer Gewerbehalle bebautes Grundstück zum Preis von 750.000 DM. Den Kaufpreis setzten die Vertragsparteien später einvernehmlich auf 740.000 DM herab. Der B, der damals einer der beiden Geschäftsführer der V-GmbH war, hatte dem K vor Abschluss des Vertrages mehrfach erklärt, das Dach der Gewerbehalle sei kurz zuvor erneuert worden. Tatsächlich hatte er 1997 auf dem schadhaften Dachbelag nur eine neue Schalung und darauf eine Bitumenbahn sowie eine Schweißbahn aufbringen lassen. In der Folgezeit kam es zu Feuchtigkeitsschäden im Bereich des Dachs. Ausweislich eines von dem K eingeholten Angebots beliefen sich die Kosten für den kompletten Abriss der Dacheindeckung und die vollständige Erneuerung des Dachs auf 259.891,14 DM. Der K zahlte auf den Kaufpreis nur 680.000 DM. Er erklärte zunächst die Minderung und später in Höhe des Restkaufpreises die Aufrechnung mit einem Schadensersatzanspruch von mindestens 60.000 DM. Die Zwangsvollstreckung der V-GmbH wurde insoweit für unzulässig erklärt. Im vorliegenden Rechtsstreit hat der K zunächst die V-GmbH und den B als Gesamtschuldner auf weiteren Schadensersatz in Höhe von 199.891,14 DM nebst Zinsen sowie auf Feststellung der Ersatzpflicht hinsichtlich des weitergehenden Schadens in Anspruch genommen. Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der V-GmbH hat das Landgericht angeordnet, die Ansprüche gegen sie und den B in getrennten Prozessen zu verhandeln. Im vorliegenden Rechtsstreit verfolgt der Kläger sein Begehren gegenüber dem B weiter. 96. BGH, Urteil vom 15.11.2011 (NJW 2012, 601 f.) Schadensersatz beim Betrug: Vermutung des Verkaufs marktgängiger Ware an Dritte bei Täuschung des Käufers über die Zahlungswilligkeit oder –fähigkeit. § 252 S. 2 BGB (Beweiserleichterung bei entgangenem Gewinn gilt auch für deliktische Ansprüche. 14 Leitsatz Hat der Käufer marktgängiger Ware über seine Zahlungswilligkeit oder -fähigkeit getäuscht, wird zu Gunsten des Verkäufers vermutet, dass der Kaufpreis ohne die Täuschung dem Verkäufer über ein Geschäft mit einem Dritten zugeflossen wäre. Sachverhalt Die Klägerin, die in kaufmännischem Umfang einen Einzelhandel für Brennstoffe betreibt, verlangt von den Beklagten neben Schadensersatz in Höhe des Kaufpreises für eine Heizöllieferung die Feststellung, dass dem Begehren Ansprüche aus vorsätzlich begangener unerlaubter Handlung zugrunde liegen. Die Beklagten bestellten am 10. November 2008 unter Verwendung eines falschen Namens bei der Klägerin Heizöl. Dabei verschwiegen sie ihre Überschuldung, die Erfolglosigkeit der gegen sie durchgeführten Vollstreckungsversuche, und dass sie bereits eidesstattliche Versicherungen abgegeben hatten. Die Klägerin lieferte das Heizöl und stellte einen Betrag von 2.140,57 € in Rechnung. Nachdem die Beklagten nach Fristsetzung bis zum 1. Juli 2009 nicht gezahlt hatten, beauftragte die Klägerin ein Inkassounternehmen mit der Durchsetzung der Forderung. Nach zweimaliger vergeblicher Zahlungsaufforderung suchte ein Außendienstmitarbeiter des Inkassounternehmens die Beklagten auf und schloss mit ihnen eine Ratenzahlungsvereinbarung mit monatlichen Raten von 50 €, der die Beklagten nicht nachkamen. Mit der Klage verlangt die Klägerin Zahlung des Kaufpreises und eines Teils der Inkassokosten sowie die Feststellung, dass den Forderungen Ansprüche aus vorsätzlicher unerlaubter Handlung zugrunde liegen. Verletzung von Verkehrssicherungspflichten 97. OLG Stuttgart, Urteil vom 09.02.2010 (NJW-RR 2011, 313 ff.) Verkehrssicherungspflichtverletzung: Badeunfall eines Erwachsenen bei unbefugtem Aufenthalt in einem Schwimmbad; Haftung des Mitarbeiters des Hallenbades wegen Ermöglichung des Zutritts Leitsatz 15 Den Haustechniker eines Schwimmbades, der einer Gruppe erwachsener Personen nachts Zutritt zu dem Hallenbad ermöglicht, ist eine Haftung begründende Pflichtverletzung nicht anzulasten gegenüber einem alkoholisierten Gruppenmitglied, das in der unbeleuchteten Badehalle nach einem Anlauf mit einem Kopfsprung in den Nichtschwimmerbereich des Wasserbeckens springt und dabei mit dem Kopf auf den Beckenboden aufprallt mit der Folge einer Querschnittlähmung. Sachverhalt Die Parteien streiten darüber, ob der Beklagte dem Kläger aufgrund eines Badeunfalls, der sich am 6. September 2005 gegen 2.00 Uhr morgens in dem Hallenbad in N. ereignete und durch den der Kläger eine Querschnittlähmung erlitt, zum Schadensersatz verpflichtet ist. Der am 11.09.1981 geborene Kläger befand sich am 5.09.2005 mit Freunden und Bekannten auf einem Volksfest. Er begab sich nach Mitternacht in die Gaststätte „C.“, wo er den Beklagten mit dessen Freunden traf. Der am 6.01.1974 geborene Beklagte war von der Stadt als Haustechniker für das Hallenbad angestellt und hatte berechtigt einen Schlüssel zum Hallenbad. Er beabsichtigte, in dieser Nacht mit zwei Freunden im Hallenbad zu übernachten. Dabei kam ins Gespräch, dass man in dem Hallenbad baden könnte. Ob der Beklagte sich dagegen aussprach und er nur seinen beiden Freunden den Zutritt ins Hallenbad gewähren wollte, ist streitig. Gegen 2.00 Uhr morgens ging eine Gruppe von sieben Personen, dabei der Kläger und der Beklagte, zum städtischen Hallenbad. Der Beklagte öffnete dort die Eingangstüre und alle Personen begaben sich in das Hallenbad, in dem der Beklagte die Beleuchtung nicht einschaltete. Der Kläger - wie auch die weiteren Mitglieder der Gruppe - entkleidete sich in der unbeleuchteten, ihm nicht bekannten Schwimmhalle. Er sprang dann mit einem Kopfsprung in das mit Wasser gefüllte Becken und prallte dabei mit dem Kopf auf den Beckenboden. An der Stelle, an der er in das Wasser gesprungen war, befand sich der Nichtschwimmerbereich und betrug die Wassertiefe nur 80 cm. Der Kläger erlitt infolge des Unfalls eine Luxationsfraktur des 5. u. 6. Halswirbelsäulenkörpers und ist seither querschnittsgelähmt. Der Kläger hat geltend gemacht, der Beklagte sei ihm zum Schadensersatz verpflichtet, weil er durch den Einlass in das Hallenbad eine erhebliche Gefahrenquelle eröffnet habe, er die Beleuchtung im Hallenbad nicht eingeschaltet habe und er vor der Gefahr, die bei einem Hineinspringen in das Becken bestanden habe, nicht gewarnt habe. Der Kläger hat ferner die Auffassung vertreten, ihn treffe nur ein geringes, allenfalls hälftiges Mitverschulden, weil er im zumindest angetrunkenen Zustand in das Wasser gesprungen sei. Der Kläger hat beantragt, festzustellen, dass dem Kläger ein angemessenes Schmerzensgeld unter Berücksichtigung seiner Mithaftungsquote zusteht. Hilfsweise für den Fall, dass die Feststellungsklage für unzulässig gehalten wird, hat der Kläger beantragt, den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger ein angemessenes Schmerzensgeld, jedoch nicht unter 185.000,00 EUR nebst Zinsen zu bezahlen. Der Beklagte hat die Ansicht vertreten, dass ihn keine Haftung treffe, weil er keine Verkehrssicherungspflicht dem Kläger gegenüber verletzt habe. 98. BGH, Urteil vom 02.10.2012 (NJW 2013, 48 f.) Verkehrssicherungspflicht des Waldbesitzers Leitsatz Eine Haftung des Waldbesitzers wegen Verletzung der Verkehrssicherungspflicht besteht grundsätzlich nicht für waldtypische Gefahren. Sachverhalt 16 Die O wurde bei einem Waldspaziergang von einem herabfallenden Ast getroffen und dabei schwer verletzt. Sie ging am 18. Juli 2006 mit ihrem Hund in einem etwa 300 ha großen, planmäßig bewirtschafteten Wald der S spazieren, der am Stadtrand gelegen ist und als Naherholungsgebiet dient. Der F ist Diplom-Forstwirt und bei der S für den Bereich des Waldgrundstücks zuständig. In einer Abteilung des Waldgebiets steht ein seinerzeit 106-jähriger Eichenwald, der teilweise mit anderen Laub- und Nadelhölzern gemischt ist und durch den ein etwa 3,5 m breiter Forstwirtschaftsweg führt. Von einer Eiche, die etwa fünf bis sechs Meter neben diesem von der O begangenen Weg stand, löste sich ein so genannter Starkast, der die O am Hinterkopf traf. Der Ast war etwa 17 m lang, mehrfach gekrümmt und in etwa 4,5 m Entfernung vom Stamm gegabelt. Sein Durchmesser betrug an der Basis 26 cm und im Ausgangsbereich des Bruchs - in etwa 1,8 bis 2,0 m Entfernung vom Stamm - etwa 23 cm. Zum Unfallzeitpunkt herrschte leichter Wind, und es war sehr warm. Die O erlitt eine schwere Hirnschädigung. Sie befindet sich - nach stationären Aufenthalten unter anderem in einer Klinik für Wachkomapatienten - heute in häuslicher Pflege bei ihrer Schwester. Sie wird durch ihre Mutter als Betreuerin vertreten. Die O nimmt die S und F wegen Verletzung der Verkehrssicherungspflicht auf Ersatz materiellen und immateriellen Schadens in Anspruch. 99. OLG Koblenz, Urteil vom 03.12.2012 (MDR 2013, 406) Verkehrssicherungspflicht: Haftung des Betreibers einer luftbefüllten Hüpfburg für Kinder Leitsatz 1. Der Betreiber einer luftbefüllten Hüpfburg für Kinder hat mit Blickrichtung auf sämtliche potentiellen Nutzer einer derartigen Hüpfburg sicherzustellen und zu überwachen, dass die Luftfüllung unabhängig von der Zahl der spielenden Kinder und ihrem konkreten Verhalten auf dem Spielgerät ausreicht, um beim Hüpfen, aber auch beim Betreten und Verlassen der 17 Hüpfburg nicht Gefahr zu laufen, mit der übermäßig nachgebenden oder gar völlig schlaffen Hülle auf dem Boden unter dem Spielgerät aufzuschlagen. 2. Bei einer Hüpfburg für Kinder muss der Betreiber auch dem ganz nahe liegenden Umstand Rechnung tragen, dass erwachsene Begleitpersonen mit deutlich höherem Körpergewicht als Kinder die Hüpfburg betreten, sei es, dass sie das Spiel eines oder mehrerer Kinder beenden wollen, sei es dass sie ein potentiell gefährliches oder sonst unerwünschtes Verhalten der Kinder aus erzieherischen Gründen unterbinden möchten oder gar müssen. 3. Eine Haftung des Betreibers für einen Unfall auf der Hüpfburg besteht nicht, wenn nicht festgestellt werden, dass der Unfall bei Beobachtung des Betriebsverlaufs durch den Betreiber oder seine Angestellten vermieden worden wäre, weil eine Kontrolle den potentiell gefährlichen Zustand eines Luftkissens vor der Hüpfburg nicht zwingend offenbart hätte. Sachverhalt Die K begehrt neben materiellem und immateriellem Schadensersatz die Feststellung der Ersatzpflicht der Beklagten für materielle Zukunftsschäden sowie Erstattung vorgerichtlicher Anwaltskosten. Die seinerzeit 46-jährige K, Erzieherin von Beruf, besuchte mit 5 weiteren Erzieherinnen und 37 Kindern am 28. April 2010 den von der B betriebenen Freizeitpark. Dort betrat sie ein prall mit Luft gefülltes Spielgerät aus Kunststofffolie (Luftschiff) über ein davor angebrachtes Luftkissen der Größe 150 X 100 cm. Gewöhnlich ist auch dieses Luftkissen hinreichend trittstabil; es wird von demselben Gebläse wie das eigentliche Luftschiff unter Überdruck gehalten. Beim Verlassen des Luftschiffs kam die K auf dem Luftkissen zu Fall, weil dessen Hülle mangels ausreichenden Drucks nachgab. Sie erlitt eine erhebliche Knieverletzung, für die sie die B verantwortlich macht. Ein ähnlicher Unfall einige Tage zuvor belege, dass die B ihre Sicherungspflicht verletzt habe. Das nach Maßgabe eines vermeintlichen Mitverschuldens von 50 % gezahlte Schmerzensgeld von 1000 € sei unzureichend, angemessen seien weitere 12000 €. Die B hat erwidert, die übliche Prüfung aller Spielgeräte vor Öffnung des Freizeitparks habe am Morgen des Unfalltags den einwandfreien Zustand des Luftkissens ergeben. Das Landgericht hat die Parteien angehört und Zeugen befragt. Hiernach hat es die Klage mit der Begründung abgewiesen, die Beklagte habe ihrer Verkehrssicherungspflicht genügt. Insbesondere habe sie für eine morgendliche Kontrolle der Spielgeräte gesorgt, die am Unfalltag eine scheinbar dauerhaft ausreichende Luftbefüllung dank einwandfreier Funktion des Gebläses ergeben habe. Soweit zwei Zeugen schon Tage vorher beim Verlassen des Luftschiffs der schlaffe Zustand des davor liegenden Kissens aufgefallen sei, könne daraus entscheidend nichts hergeleitet werden, weil für beide der Vorfall derart belanglos gewesen sei, dass sie von einer Meldung an die von der Beklagten beschäftigte Aufsicht abgesehen hätten. Daher sei der B nicht anzulasten, aus den Wahrnehmungen der beiden Zeugen keine Folgerungen gezogen zu haben. 100. BGH, Urteil vom 15.02.2011 (NJW-RR 2011, 888 f.) Verkehrssicherungspflicht im Hinblick auf Schussgeräusche einer Jagd Leitsatz Im Allgemeinen begründen Schussgeräusche einer Jagd für sich noch keine potentielle Gefahr für Rechtsgüter Dritter. Sachverhalt 18 Die K nimmt den J wegen eines Reitunfalls auf Zahlung von Schmerzensgeld in Anspruch. Am 15. November 2008 führte der J als Jagdleiter eine Treibjagd durch. Die K und ihre Freundin ritten auf einem Waldweg in der Nähe des Jagdgebietes. Nachdem sie etwa die Hälfte der geplanten Reitroute zurückgelegt hatten, hörten sie einen Schuss. Sie entschlossen sich, den Ausritt fortzusetzen. Kurze Zeit später scheute das Pferd, wodurch die K stürzte und sich dabei verletzte. Sie nimmt den J wegen Verletzung der Verkehrssicherungspflicht in Anspruch und behauptet, Hinweis- oder Warnschilder an den Wegen zum Jagdgebiet hätten gefehlt. Ihr Pferd habe aufgrund eines weiteren Schusses gescheut, der von einem Teilnehmer der Treibjagd des Beklagten abgegeben worden sei. ProdHaftG 101. BGH, Urteil vom 25.02.2014 (NJW 2014, 2106 ff.) Produkthaftung eines Stromnetzbetreibers für Überspannungsschäden an Haushaltsgeräten Leitsatz 1. Führt eine übermäßige Überspannung zu Schäden an üblichen Verbrauchsgeräten, liegt ein Fehler des Produkts Elektrizität vor. 2. Nimmt der Betreiber des Stromnetzes Transformationen auf eine andere Spannungsebene hier in die sogenannte Niederspannung für die Netzanschlüsse von Letztverbrauchern - vor, ist er Hersteller des Produkts Elektrizität. 19 3. In diesem Fall ist das Produkt Elektrizität erst mit der Lieferung des Netzbetreibers über den Netzanschluss an den Anschlussnutzer in den Verkehr gebracht. Sachverhalt Die Beklagte ist Betreiberin eines kommunalen Stromnetzes und stellt dieses den Stromproduzenten (Einspeisern) und Abnehmern zur Verfügung. Dazu transformiert sie den Strom auf eine andere Spannungsebene (Niederspannung). Der Kläger ist mit seinem Haus an das Niederspannungsnetz der Beklagten angeschlossen. Am 6. Mai 2009 gab es eine Störung der Stromversorgung im Wohnviertel des Klägers. Nach einem Stromausfall trat in seinem Hausnetz eine Überspannung auf, durch die mehrere Elektrogeräte und die Heizung beschädigt wurden. Es entstand ein Sachschaden i.H.v. 3.000 €. Die Ursache für die Überspannung lag in der Unterbrechung von zwei sogenannten PENLeitern (PEN = protective earth neutral) in der Nähe des Hauses des Klägers, über die sein Haus mit der Erdungsanlage verbunden war. Der Kläger macht gegen die Beklagte Schadensersatz wegen eines Überspannungsschadens i.H.v. 3.000 € geltend. Niederspannungsanschlussverordnung (NAV) § 16 Nutzung des Anschlusses (1) Der Netzbetreiber ist bei Bestehen eines Anschlussnutzungsverhältnisses verpflichtet, dem Anschlussnutzer in dem im Netzanschlussverhältnis vorgesehenen Umfang die Nutzung des Netzanschlusses jederzeit zu ermöglichen. Dies gilt nicht, soweit und solange der Netzbetreiber hieran durch höhere Gewalt oder sonstige Umstände, deren Beseitigung ihm im Sinne des § 18 Abs. 1 Satz 2 des Energiewirtschaftsgesetzes aus wirtschaftlichen Gründen nicht zugemutet werden kann, gehindert ist. (2) Die Anschlussnutzung hat zur Voraussetzung, dass der Gebrauch der Elektrizität mit einem Verschiebungsfaktor zwischen cos Phi = 0,9 kapazitiv und 0,9 induktiv erfolgt. Anderenfalls kann der Netzbetreiber den Einbau ausreichender Kompensationseinrichtungen verlangen. (3) Der Netzbetreiber hat Spannung und Frequenz möglichst gleichbleibend zu halten. Allgemein übliche Verbrauchsgeräte und Stromerzeugungsanlagen müssen einwandfrei betrieben werden können. Stellt der Anschlussnutzer Anforderungen an die Stromqualität, die über die Verpflichtungen nach den Sätzen 1 und 2 hinausgehen, so obliegt es ihm selbst, innerhalb seines Bereichs Vorkehrungen zum störungsfreien Betrieb seiner Geräte und Anlagen zu treffen. (4) Zwischen Anschlussnutzer und Netzbetreiber gelten die §§ 7, 8, 12 und 13 Abs. 1 und 2, § 14 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 und 3 sowie § 15 entsprechend. Schockschäden 102. BGH, Urteil vom 20.03.2012 (NJW 2012, 1730) Schadenersatz bei Verkehrsunfall: Schockschadenersatz bei Verletzung oder Tötung eines Tieres Leitsatz Die Rechtsprechung zu Schmerzensgeldansprüchen in Fällen psychisch vermittelter Gesundheitsbeeinträchtigungen mit Krankheitswert bei der Verletzung oder Tötung von Angehörigen oder sonst nahestehenden Personen (sog. Schockschäden) ist nicht auf Fälle 20 psychischer Gesundheitsbeeinträchtigungen im Zusammenhang mit der Verletzung oder Tötung von Tieren zu erstrecken. Sachverhalt Die Klägerin verlangt materiellen Schadensersatz und Schmerzensgeld im Zusammenhang mit der tödlichen Verletzung eines Hundes bei einem Verkehrsunfall. Am 24. Oktober 2008 spazierte die K mit einer 14 Monate alten Labradorhündin auf einem Feldweg. Die Hündin war nicht angeleint. Der B, der mit einem Traktor von einer angrenzenden Straße in den Feldweg einfuhr, überrollte die Hündin, die dadurch so schwere Verletzungen erlitt, dass sie von einem Tierarzt eingeschläfert werden musste. Die K macht materiellen Schadensersatz wegen entstandener Tierarztkosten, Kosten für die Anschaffung eines Labrador-Welpens und außergerichtlicher Rechtsanwaltskosten sowie einen Schmerzensgeldanspruch geltend mit der Begründung, sie habe durch das Erlebnis einen Schockschaden mit schweren Anpassungsstörungen und einer schweren depressiven Episode erlitten. Es sei zu einer pathologischen Dauerreaktion gekommen, welche medikamentös habe behandelt werden müssen und die Durchführung einer Langzeitbehandlung erfordert habe. Der Zustand habe über einen Zeitraum von mindestens vier Monaten angedauert und sei bis heute nicht ausgestanden. 103. BGH, Urteil vom 20.05.2014 (VI ZR 381/13) Haftung eines Arztes für psychische Folgen der unerwünschten Mitteilung einer Erbkrankheit des anderen Elternteils Leitsatz 1. § 823 Abs. 1 BGB bezweckt nicht den Schutz eines sorgeberechtigten Elternteils vor den psychischen Belastungen, die damit verbunden sind, dass er von einer genetisch bedingten Erkrankung des anderen Elternteils und dem damit einhergehenden Risiko Kenntnis erlangt, dass die gemeinsamen Kinder auch Träger der Krankheit sein könnten. 2. Das allgemeine Persönlichkeitsrecht umfasst ein "Recht auf Nichtwissen der eigenen genetischen Veranlagung", das den Einzelnen davor schützt, Kenntnis über ihn betreffende 21 genetische Informationen mit Aussagekraft für seine persönliche Zukunft zu erlangen, ohne dies zu wollen. Sachverhalt Die Klägerin nimmt den beklagten Oberarzt der Fachabteilung für Psychiatrie und Psychotherapie der H.-Klinik auf Ersatz materiellen und immateriellen Schadens wegen der Information über eine bei ihrem geschiedenen Ehemann festgestellte Erbkrankheit in Anspruch. Die Klägerin wurde im Februar 2011 von Herrn W. geschieden. Aus der Ehe sind zwei Kinder hervorgegangen. Das Sorgerecht steht der Klägerin und Herrn W. gemeinsam zu. Hiervon ausgenommen sind das Aufenthaltsbestimmungs- und das Gesundheitsfürsorgerecht, die die Klägerin seit 2009 alleine ausübt. Anfang des Jahres 2011 wurde festgestellt, dass Herr W. an Chorea Huntington, einer unheilbaren, vererblichen und zum Tode führenden Erkrankung des Gehirns, leidet. Wegen dieser Erkrankung befand sich Herr W. in ärztlicher Behandlung bei dem Beklagten. Mit schriftlicher Erklärung vom 31. März 2011 entband Herr W. den Beklagten von der ärztlichen Schweigepflicht gegenüber der Klägerin und ermächtigte ihn zur Auskunft über seine Krankheit. Am selben Tag bat der Beklagte die Klägerin zu einem Gespräch, um sie über die Erkrankung ihres geschiedenen Ehemannes zu informieren. Der Beklagte teilte der Klägerin die Erkrankung mit und wies darauf hin, dass die - zu diesem Zeitpunkt 12 und 16 Jahre alten - gemeinsamen Kinder die genetische Anlage der Erkrankung mit einer Wahrscheinlichkeit von 50% geerbt hätten. Die Klägerin fand zunächst keine Einrichtung, die zu einer gentechnischen Untersuchung ihrer Kinder bereit war. Die Diplombiologin und Fachärztin für Humangenetik Dr. S. teilte ihr mit, dass es nach dem Gendiagnostikgesetz nicht gestattet sei, eine prädiktive Diagnostik bei noch nicht symptomatischen Minderjährigen oder bei Personen, die nicht selbst nach entsprechender humangenetischer Beratung und ausreichender Bedenkzeit in die Untersuchung eingewilligt hätten, durchzuführen. Die Klägerin ist seit dem 1. April 2011 wegen reaktiver Depression dauerhaft krankgeschrieben und nicht in der Lage, einer Erwerbsfähigkeit nachzugehen. Mit der Klage begehrt die Klägerin die Zahlung u.a. eines Schmerzensgeldes von mindestens 15.000 €. Sie macht geltend, der Beklagte habe sie über die Erkrankung ihres geschiedenen Mannes nicht, jedenfalls aber so lange nicht unterrichten dürfen, wie ihr keine Möglichkeit zur Klärung der Übertragung der Erbkrankheit auf ihre Kinder zur Verfügung gestanden habe. Er habe zunächst klären müssen, ob sie überhaupt Kenntnis von der Erkrankung ihres geschiedenen Mannes habe erlangen wollen. Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb 104. BGH, Urteil vom 15.05.2012 (NJW 2012, 2579 f.) Eingriff in das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb: Interessenabwägung zum Anspruch eines freien Sporttrainers und ehemaligen Mitarbeiters des DDR-Ministeriums für Staatssicherheit auf Duldung seiner Tätigkeit als Eiskunstlauftrainer von Soldaten der Sportfördergruppe der Bundeswehr durch die Bundesrepublik Deutschland Leitsatz 22 1. Das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb ist nicht auf Gewerbebetriebe im handelsrechtlichen Sinn beschränkt, sondern steht auch den Angehörigen freier Berufe zu (hier: Sporttrainer). 2. Eine Behinderung der Erwerbstätigkeit ist unter dem Gesichtspunkt des Rechts am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb rechtswidrig, wenn das Schutzinteresse des Betroffenen die schutzwürdigen Belange der anderen Seite überwiegt. Insoweit ist eine umfassende Interessen- und Güterabwägung erforderlich. 3. Zur Interessenabwägung, wenn die Bundesrepublik Deutschland (Bundeswehr) nicht duldet, dass ein freier Sporttrainer, der für das Ministerium für Staatssicherheit der ehemaligen DDR tätig war, Sportsoldaten trainiert. Sachverhalt Der Kläger Ingo Steuer begehrt mit der vorliegenden Klage, die beklagte Bundesrepublik Deutschland zu verurteilen, ihn als Eiskunstlauftrainer von Soldaten der Sportfördergruppe, Disziplin Paarlauf, zu dulden, sofern Sportsoldaten ihn als Trainer haben oder wählen, er vom Spitzenverband, der Deutschen Eislauf-Union, beauftragt ist und der Deutsche Olympische Sportbund seine Tätigkeit befürwortet. Er trainiert seit mehreren Jahren Aljona Savchenko und Robin Szolkowy, die zwischen 2004 und 2011 zahlreiche nationale und internationale Erfolge im Eiskunstpaarlauf erzielten. Der Kläger war früher Sportsoldat, wurde aber aus dem Soldatenverhältnis entlassen, nachdem sich herausgestellt hatte, dass er bei seiner Einstellung Fragen nach einer Tätigkeit für das Ministerium für Staatssicherheit der ehemaligen DDR wahrheitswidrig unzutreffend beantwortet hatte. Robin Szolkowy darf nicht mehr Sportsoldat sein, weil er an dem Kläger als Trainer festhält. Die Beklagte will nicht dulden, dass Sportler, die von dem Kläger trainiert werden, Sportsoldaten sind. Darin sieht der Kläger eine Beeinträchtigung seiner Tätigkeit als freiberuflicher Trainer. (Quelle: juris) Tierhalterhaftung 105. OLG München, Urteil vom 19.04.2012 (NJW-RR 2012, 1233) Tierhalterhaftung: Begründung einer Gefahrgemeinschaft mehrerer Unterbringung ihre Tiere in einem gemeinsamen Pferch Halter durch Leitsatz Im Fall der Tierhalterhaftung nach § 833 S. 1 BGB ist § 830 Abs. 1 S. 2 BGB auch dann anwendbar, wenn sich nur bei einem Tier die Tiergefahr konkret schadensverursachend verwirklicht hat, es sich aber nicht mehr feststellen lässt, bei welchem von mehreren, verschiedenen Haltern zuzuordnenden Tieren. Dies gilt jedenfalls, wenn dieses Tier zu einer gemeinsamen Herde von Tieren verschiedener Halter gehört, die sich in einem gemeinsamen 23 Pferch befindet oder anderweitig einer einheitlichen und gemeinsamen Überwachung unterliegt. Sachverhalt (stark vereinfacht) In einem mit einem Elektrozaun versehenen Pferch des B befanden sich acht Schafe, von denen sechs dem B und zwei einem Herrn L. gehörten. Drei der Schafe, die zwei des Herrn L. und ein Schafbock des B, waren schwarz. Die Schafe dienten der Belustigung für die Kinder des Dorfes. Der O wurde in der Nähe des Pferchs am 20.09.2009 von einem schwarzen Tier von hinten angegriffen und umgestoßen. Dabei verletzte er sich erheblich. Er musste Behandlungskosten in Höhe von 13.181,81 € bezahlen. Da die Verletzungen noch nicht ausgeheilt sind, ist mit weiteren Behandlungskosten zu rechnen. O verklagt den B auf Ersatz der Behandlungskosten. Der O behauptet, dass der Angriff von einem der drei schwarzen Schafe aus dem Pferch ausgegangen sei. Dieses Tier sei danach auch wieder zu den anderen sieben Schafen in den Pferch zurückgekehrt. Das Landgericht hat der Klage in vollem Umfang stattgegeben. Es war nach der Vernehmung des O davon überzeugt, dass dieser durch eines der drei schwarzen Schafe aus dem Pferch angegriffen und verletzt worden war. Es sei zwar nicht mehr zu klären, welches der schwarzen Tiere konkret den Pferch verlassen habe. Darauf komme es aber nicht an, weil der Kläger nach §§ 833, 830 Abs. 1 Satz 2 BGB als Tierhalter auch dann hafte, wenn eine genaue Zurechnung nicht mehr möglich sei. Hiergegen richtet sich die Berufung des B, der seinen erstinstanzlichen Antrag auf Klagabweisung weiter verfolgt. Er ist der Auffassung, dass nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung § 830 BGB im Falle der Tierhalterhaftung nur dann anwendbar sei, wenn mehrere Tiere verschiedener Halter den haftungsbegründenden Angriff ausführten, nicht aber, wenn nur ein einziges Tier - wie hier - als Angreifer in Betracht komme. Die Tatsache, dass mehrere Halter ihre Tiere in einem gemeinsamen Pferch untergebracht hätten, reiche nicht aus, um eine Gefahrgemeinschaft nach § 830 Abs. 1 Satz 2 BGB zu begründen. 106. BGH, Urteil vom 25.03.2014 (VI ZR 372/13 – RuS 2014, 304) Tierhalterhaftung wegen Hundebiss: Ausschlussgrund des Handelns auf eigene Gefahr bei dem Betreiber einer Hundepension; Mitverschuldenseinwand Leitsatz 1. Ein Ausschluss der Tierhalterhaftung wegen Handelns auf eigene Gefahr kommt auch dann regelmäßig nicht in Betracht, wenn der Geschädigte einen Hund für mehrere Tage in seiner Hundepension aufgenommen und für diese Zeit die Beaufsichtigung des Tieres übernommen hat (Fortführung von Senatsurteil vom 17. März 2009, VI ZR 166/08, VersR 2009, 693). 2. Ein für die Verletzung mitursächliches Fehlverhalten des Geschädigten ist gegebenenfalls nach § 254 BGB anspruchsmindernd zu berücksichtigen. Sachverhalt 24 Die Klägerin betreibt gewerblich eine Hundepension. Der Beklagte ist Hundehalter. Er übergab der Klägerin am 15. September 2011 seine Hündin, eine Border-CollieMischlingshündin, zur zehntägigen entgeltlichen Betreuung. Die Klägerin macht geltend, der Hund habe sie am 17. September 2011 in die Ober- und Unterlippe gebissen, als sie ihn nach einem Spaziergang habe ableinen wollen. Sie begehrt Ersatz materiellen und immateriellen Schadens. Zu Recht? 107. BGH, Urteil vom 30.04.2013, Az.: VI ZR 13/12 (MDR 2013, S. 779) Tierhalterhaftung: Unfall beim Reiten eines Pferdes ohne Einverständnis des Halters; Mitverschulden Leitsatz 1. Für die Erfüllung der tatbestandlichen Voraussetzungen des § 833 Satz 1 BGB ist es grundsätzlich unerheblich, ob derjenige, der von einem Pferd stürzt, mit oder ohne Einverständnis des Inhabers der tatsächlichen Sachherrschaft reiten wollte. 2. Dieser Umstand kann jedoch im Rahmen eines etwaigen - vom Schädiger zu beweisenden Mitverschuldens im Sinne des § 254 BGB Berücksichtigung finden. Sachverhalt Der G ist einer der Geschäftsführer der R, die H dessen Tochter. Die E, die ca. 500 km entfernt in Berlin lebt, ist als Eigentümerin des Pferdes eingetragen, die tatsächliche Gewalt über das Pferd übt jedoch der G aus, der vor Ort lebt. Die K begab sich am 8. September 2006 in die Reithalle der R und versuchte, auf das Pferd "Peppermint" zu steigen. Dabei kam sie zu Fall und erlitt eine Oberkieferfraktur sowie eine Schädelplatzwunde. Sie nimmt die Beklagten (R, G, H) auf Schmerzensgeld (mindestens 20.000 €), Zahlung und Feststellung in Anspruch. Die Parteien haben in den Vorinstanzen neben der Frage, wer auf Seiten der Beklagten als Halter des Pferdes anzusehen sei, im Wesentlichen darum gestritten, ob der G sich mit einem Ritt der Klägerin auf dem Pferd zuvor einverstanden erklärt habe und ob ihr ein Mitverschulden an dem Unfall anzulasten sei, weil sie - unstreitig - keine Reitkappe trug, eine Aufstiegshilfe ablehnte, beim Aufsteigen eine Gerte in der Hand hielt und die Zügel nicht aufgenommen hatte. 108. BGH, Urteil vom 21.12.2010 (NJW 2011, 1961) Tierhalterhaftung: Entlastungsmöglichkeit eines sich der Reittherapie von Behinderten widmenden Idealvereins über das Nutztierprivileg Leitsatz Einem Idealverein, der sich im Rahmen seiner satzungsmäßigen Aufgaben der Reittherapie von Behinderten widmet, steht grundsätzlich die Entlastungsmöglichkeit nach § 833 Satz 2 BGB nicht zu. Sachverhalt Die K begehrt Schadensersatz (Schmerzensgeld und Feststellung) wegen eines Reitunfalls, bei dem sie sich durch einen Sturz von dem Pferd "Ronny" eine Lendenwirbelfraktur zuzog. 25 Halter des Pferdes „Ronny“ ist der V, ein eingetragener Verein für Reittherapie von Behinderten. Der B erteilte der K, die an einer Behinderung leidet, und deren Tochter G in der Halle eine Reitstunde, in deren Verlauf G auf dem Pferd "Princess", dessen Halter der B ist, in der Halle vorausritt. Die genaue Entwicklung des Reitunfalls ist zwischen den Parteien streitig. Während die K behauptet hat, "Princess" sei unerwartet stehen geblieben und habe gegen den auflaufenden "Ronny" mit der Hinterhand ausgekeilt, worauf dieser durchgegangen sei, haben die beklagten V und B behauptet, die K habe durch hysterische Zurufe an ihre Tochter "Ronny" zum Galopp veranlasst. Erst als sie mit "Ronny" im Galopp "Princess" in zu geringem Abstand überholt habe, habe diese "den Schweif gedreht", aber nicht ausgeschlagen. Das Landgericht hat der Klage gegen B stattgegeben, die gegen den V gerichtete Klage jedoch abgewiesen. Auf die Berufung der K hat das Oberlandesgericht - unter Zurückweisung der Berufung des B - das erstinstanzliche Urteil teilweise abgeändert und der Klage auch gegen den V stattgegeben. Es hat die Revision für den V zugelassen, weil die Rechtssache mit der Frage der Entlastungsmöglichkeit des § 833 Satz 2 BGB für einen Idealverein, der seine Pferde - ohne Gewinnerzielungsabsicht - zur Verfolgung seiner als gemeinnützig anerkannten, satzungsmäßigen Zwecke halte, grundsätzliche Bedeutung habe und es hierzu unterschiedliche Auffassungen in der obergerichtlichen Rechtsprechung gebe. Sonstiges 109. OLG Hamm, Urteil vom 22.10.2012, Az.: 6 U 241/11 (Sport & Recht 2013, 123-125) Haftung eines Fußballspielers bei Foulspiel Leitsatz Ein Fußballspieler, der einen Gegner bei einem Fußballspiel rücksichtslos foult, haftet für die Verletzungen, die er ihm dadurch zufügt. Sachverhalt Bei einem Meisterschaftsspiel der Kreisliga A 3 des Kreises Dortmund war der klagende Spieler am 18.04.2010 vom beklagten Spieler der gegnerischen Mannschaft mit gestrecktem Bein gefoult worden. Durch das vom Schiedsrichter mit der gelben Karte geahndete Foul zog sich der Kläger eine schwere Knieverletzung zu, in deren Folge er seinen Beruf als Maler und Lackierer bis heute nicht mehr ausüben kann. Für die nach seiner Darstellung durch eine grob regelwidrige Spielweise zugefügte Verletzung verlangte der Kläger vom Beklagten 26 Schadensersatz, insbesondere Schmerzensgeld. Der haftpflichtversicherte Beklagte hatte seine Haftung in Abrede gestellt und gemeint, der Kläger habe sich bei einem regelgerechten Zweikampf um den Ball eine unglückliche Verletzung zugezogen. Das LG Dortmund hatte der Klage stattgegeben und den Beklagten zur Leistung umfassenden Schadensersatzes, u.a. eines Schmerzensgeldes in Höhe von 50.000 Euro, verurteilt. Quelle: Juris IX. Bereicherungsrecht 110. BGH, Urteil vom 20.11.2013 (NJW 2014, 1095 ff.) Ungerechtfertigte Bereicherung: Wertersatzanspruch wegen Unmöglichkeit der Herausgabe des Erlangten bei Besitzkondiktion; Einwand der Geschäftsunfähigkeit des verfügenden Nichtberechtigten Leitsatz 1. Hat der Schuldner des Bereicherungsanspruchs rechtsgrundlos den Besitz erlangt und wird die Herausgabe unmöglich, so besteht im Vermögen des Schuldners neben etwa gezogenen Nutzungen kein selbstständiger Wert, der als ungerechtfertigte Bereicherung herauszugeben wäre (im Anschluss an RG, 9. Februar 1920, IV 466/19, RGZ 98, 131 und 28. Oktober 1926, IV 273/26, RGZ 115, 31; BGH Urteil vom 20. Oktober 1952, IV ZR 44/52, NJW 1953, 58). 2. Zum Einwand der Geschäftsunfähigkeit des Schuldners eines Anspruchs aus § 816 Abs. 1 Satz 1 BGB bei Verfügung über fremdes Geld. Sachverhalt 27 Die T hatte bei der S (Sparkasse) ein Bankschließfach mit der Nummer 341 angemietet. Als die T starb bat deren Alleinerbe E die S um Aushändigung des Schließfachinhalts und gab an, nicht im Besitz des Schlüssels zu sein. Die S ließ am 3. April 2009 in ihrer Filiale im Beisein des E das Fach Nr. 341 aufbrechen und dieser den Inhalt (31.000 €) aushändigen. Drei Monate später stellte sich heraus, dass die T nicht das Schließfach in der Filiale, sondern in der Hauptstelle angemietet hatte. Das aufgebrochene Filialschließfach war hingegen von dem M gemietet worden, die darin eigenes Bargeld aufbewahrt hatten. Für E war dies nicht erkennbar. Die S ersetzte dem M die nach deren Angaben in dem Schließfach aufbewahrte Geldsumme von 31.000 € und verlangt mit ihrer Klage die Erstattung dieses Betrages von E. Der E trägt unter Hinweis auf ein damaliges Betreuungsverfahren und darin eingeholte psychiatrische Gutachten wahrheitsgemäß vor, dass er aufgrund einer paranoiden Schizophrenie seinerzeit geschäftsunfähig gewesen ist. Überdies beruft er sich darauf, das Geld ausgegeben zu haben. Hat die S einen Anspruch gegen E? 111. BGH, Urteil vom 19.07.2013 (NJW 2013, 3364 ff.) Bereicherungsanspruch des berechtigten Grundstücksbesitzers wegen der Vornahme von Bauarbeiten in begründeter Erwartung künftigen Eigentumserwerbs; Unschlüssigkeit der Bereicherungsklage wegen unzureichenden Sachvortrags zum Gegenstand des Bereicherungsanspruchs Leitsatz 1. Dem berechtigten Besitzer, der in der begründeten Erwartung künftigen Eigentumserwerbs auf einem Grundstück Bauarbeiten vornimmt oder vornehmen lässt, kann nach § 812 Abs. 1 Satz 2 BGB ein Bereicherungsanspruch zustehen, wenn diese Erwartung später enttäuscht wird; begründet ist eine solche Erwartung bereits dann, wenn die Bebauung und der spätere Eigentumserwerb auf einer tatsächlichen Willensübereinstimmung zwischen dem Bauenden und dem Grundstückseigentümer beruhen. 2. Da der Anspruch aus § 812 Abs. 1 Satz 2 BGB wegen der begründeten, später aber enttäuschten Erwartung eines späteren Eigentumserwerbs auf die Abschöpfung des Wertzuwachses gerichtet ist, den das Grundstück infolge von Baumaßnahmen erfahren hat, ist eine Klage unschlüssig, wenn der Kläger nur zum Wert der in das Grundstück eingebrachten Sachen vorträgt. Sachverhalt 28 Der Beklagte ist Eigentümer eines Grundstücks. Eine Teilfläche hat er dem Kläger verpachtet. In dem schriftlichen Vertrag vom 27. Oktober 1990, nach dem die Pachtzeit am 1. Januar 1991 beginnen und mindestens 30 Jahre dauern sollte, heißt es auszugsweise: „3. Verpächter und Pächter sind sich darüber einig, daß unverzüglich ein Erbbaurecht-Vertrag mit einer Gesamtlaufzeit von 99 Jahren geschlossen werden soll. Im Hinblick darauf sind Verpächter und Pächter verpflichtet, den … Pachtvertrag demgemäß zu verlängern, falls es zu dem Abschluß eines Erbbaurecht-Vertrages nicht kommen sollte, aus Gründen, die weder Pächter noch Verpächter zu vertreten haben. 9. Dem Pächter ist die Nutzung als Grünlandfläche und die Errichtung von Gebäuden gestattet. … 11. Sofern durch die Nutzung oder die während der Pachtzeit durchgeführten Maßnahmen der jetzige Wert des Pachtgegenstandes gemindert wird, hat der Pächter am Ende der Pachtzeit den ursprünglichen Zustand wieder herzustellen oder dem Verpächter den eingetretenen Minderwert zu ersetzen. Der Pächter hat das Recht, die von ihm geschaffenen Einrichtungen am Ende der Pachtzeit wegzunehmen, sofern der Verpächter nicht bereit ist, sie gegen Zahlung eines angemessenen Entgelts zu übernehmen. Im Übrigen gelten für die Wertersatz-, Ausgleichs- und Wegnahmeansprüche die gesetzlichen Vorschriften.“ In der Folgezeit wurden auf dem Grundstück ein aus einem Pferdestall mit Wohnhaus bestehendes „Kombinationsgebäude“ sowie weitere Stallgebäude errichtet. Den Abschluss eines Erbbaurechtsvertrages, den der Kläger mehrfach angemahnt hatte, verweigerte der Beklagte in einem im April 2005 geführten Gespräch. Im Zuge der darauf geführten Korrespondenz erklärte der Beklagte die Kündigung des Vertrages mit der Begründung, die Pacht für die Jahre 2006 bis 2008 sei nicht bezahlt worden. Dem widersprach der Kläger und erklärte seinerseits „hilfsweise“ die Kündigung des Vertrages. Er behauptet, die baulichen Anlagen seien auf seine Veranlassung und mit seinen Mitteln errichtet worden und nicht von der früheren LPG, mit der er eine Gesellschaft zum Betrieb einer Pferdepension habe gründen wollen. Den Wert der auf dem Grundstück errichteten Anlagen beziffert er mit 440.000 €. Die LPG hat als Streithelferin der Beklagten die Einrede der Verjährung erhoben. Wird die auf Zahlung von Wertersatz in der genannten Höhe gerichtete Klage des K Erfolg haben? 112. BGH, Urteil vom 05.07.2013 (NJW 2013, 3243 ff.) Bereicherungsrechtlicher Rückforderungsanspruch bei Zahlung wegen drohender Zwangsvollstreckung auf eine durch Verjährung dauerhaft einredebehaftete Forderung; Rückforderungsanspruch des Grundstückseigentümers bei Ablösung einer auf seinem Grundstück lastenden, eine fremde Schuld sichernden Zwangssicherungshypothek Leitsatz 1. Zahlt der Schuldner, um einer drohenden Zwangsvollstreckung zuvorzukommen, ist ein Rückforderungsanspruch gemäß § 813 Abs. 1 Satz 1 BGB nicht durch § 214 Abs. 2 Satz 1 BGB ausgeschlossen. 2. Der Grundstückseigentümer, der zum Zwecke der Abwendung der Zwangsvollstreckung eine auf seinem Grundstück lastende, eine fremde Schuld sichernde Zwangssicherungshypothek ablöst, kann seine Leistung von dem Gläubiger im Wege einer Bereicherungsklage nur insoweit zurückverlangen, als der Vollstreckungsschuldner im Zeitpunkt der Ablösung mit der Vollstreckungsgegenklage selbst Einwendungen gegen den 29 gesicherten Anspruch hätte vorbringen können (Fortführung von BGH, Urteil vom 19. November 1987, IX ZR 251/86, NJW 1988, 828). Sachverhalt Die K (Handelsgesellschaft) verlangt von der B (Bank) die Rückzahlung von 1,5 Mio. € mit der Begründung, bei den von ihr geleisteten Zahlungen habe es sich teilweise um Zahlungen auf verjährte Zinsansprüche und teilweise auf durch Erfüllung erloschene Ansprüche der B gehandelt. Die B gewährte dem S (früherer Geschäftsführer der K) Darlehen in erheblichem Umfang. Zur Darlehenssicherung bestellte dieser in mehreren notariellen Urkunden an verschiedenen Grundstücken zugunsten der B Grundschulden, übernahm die persönliche Haftung für die Grundschuldbeträge und unterwarf sich wegen dieser Zahlungsverpflichtungen der sofortigen Zwangsvollstreckung in sein gesamtes Vermögen. Seit dem Jahr 2000 betreibt die B aus fünf dieser notariellen Urkunden die Zwangsvollstreckung. Die Vollstreckungsgegenklage des S wies das Landgericht Köln 2001 ab. Aufgrund ihrer Vollstreckungstitel ließ die B im Jahr 2002 an dem von dem S bewohnten Villengrundstück fünf Zwangssicherungshypotheken eingetragen (Abt. III Nr. 1-5). Danach (im selben Jahr) verkaufte der S das Villengrundstück an die K, die am 12. September 2002 als Eigentümerin in das Grundbuch eingetragen wurde. Im Jahr 2004 erwirkte die B gegen die K wegen einer weiteren Forderung der B gegen S i.H.v. 15 Mio. € ein Urteil, gerichtet auf die Duldung der Zwangsvollstreckung in das besagte Grundstück. Auf Grundlage dieses Urteils erwirkte die B im Februar 2005 die Eintragung einer weiteren Sicherungshypothek an dem Grundstück (Abt. III Nr. 6). Als die B die Zwangsvollstreckung aus der Sicherungsgrundschuld (Abt. III Nr. 5) betrieb, zahlte die K zur Abwendung der Zwangsvollstreckung ca. 3,5 Mio. € an die B. Das Grundstück wurde später allerdings in Vollstreckung der Sicherungshypothek in Abt. III Nr. 6 zwangsversteigert; der Zuschlag wurde einem Dritten erteilt. Die K verlangt nun Rückzahlung von 1,5 Mio. €. Dies deshalb, weil von den gezahlten 3,5 Mio. € ein Betrag von 1,5 Mio. € auf damals schon erloschene bzw. verjährte Ansprüche der B entfallen ist. Wird die Klage Erfolg haben? 30