Dresden in den 80er Jahren

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Dresden in den 80er Jahren
Jürgen Richter
Dresden in den 80er Jahren
Dresdner öffnen ihre Fotoalben
Urheberrechtlich geschütztes Material
Inhaltsverzeichnis
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Impressum
Vorwort
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Novitäten aus Dresden
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Ausgewählte Ereignisse bis Ende der 70er Jahre, die für Aufsehen sorgen
Auf den Schultern der Mondgöttin
Goldener Ritt auf Weltwunder-Kopie
© edition Sächsische Zeitung
Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede
SAXO´Phon GmbH, Ostra-Allee 20, 01067 Dresden
Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne
Im Sinne der alten Griechen
www.editionSZ.de
Zustimmung unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigun-
Durch Bauvorhaben bis 1990 soll das Gesicht der Stadt
Schöne Aussicht gegen Devisen
gen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbei-
für lange Zeit geprägt werden
„Bellevue“ wird republikweit repräsentativstes Luxushotel
Alle Rechte vorbehalten
tung in elektronischen Systemen.
1. Auflage November 2008
Satz und Gestaltung: Tom Winter | Dresdner Verlagshaus Technik GmbH
Titelbild: Der Blick in der Prager Straße Richtung Norden ist frei bis zum
Lektorat: Klaus Gertoberens, www.perpetuum.de.com
Der Ofen des Königs ist aus
Terrasse zu erkennen ist. Foto: Wolfgang Krammisch
Druckerei Wagner
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Zur originalen Ausstattung der Semperoper
Verlag und Werbung GmbH
ISBN:
978-3-938325-55-1
Urheberrechtlich geschütztes Material
Residenz kommt unter die Haube
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Leistungen von August dem Starken für die Kunstwelt endlich anerkannt
Schiller würdigt Neustadt-Bauten
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Weitere Häuser für Straße der Befreiung und neue am Platz der Einheit
Der letzte Kunde, das letzte Quartier
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Komplettierung der Prager Straße bis zum Ferdinandplatz
muss altes Handwerk neu entdeckt werden
Druck:
Rücktitel: Dr. Reinhard Grunert fotografierte Mitte Juli 1985 dieses Hochzeitspaar auf den Elbwiesen.
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Vor dem Wiederaufbau der Semperoper wird erst einmal abgerissen
Marmorkuchen für den Säulentrick
Kulturpalast, hinter dem sogar der Turm des Ständehauses an der Brühlschen
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Sorgenkind Zwinger muss erneut umfassend behandelt werden
bleibt auf dem Papier
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Aufbau braucht die Klärung
Nach der Semperoper beginnt der formale Aufbau
Ungenügende Kaditzer Anlage gefährdet
des Prestigeobjektes Residenzschloss
weitere Neubau-Komplexstandorte
Urheberrechtlich geschütztes Material
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Nachts ist Häuslebauers Klau
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Frauen ohne und mit etwas Stoff
Diebstähle zerstören Neugebautes – historische Viertel werden modernisiert
Wostra wird FKK-Bad und das Sachsenbad schöner als je zuvor eröffnet
Wellig regulierte Verkehrsflüsse
Zwingerland in Zwergenhand
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Abstiege in den Untergrund sollen für mehr Sicherheit sorgen
Ratternde und schwebende Ruhe
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Fettbemmen zum Dixie im Keller
Im Tonnengewölbe des Kurländer Palais öffnet erster Jazz-Klub der DDR
Kein Gleisbett im Kornfeld
Nichtssagende Bodeninschrift
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Neue Eisenbahnbrücken am Hauptbahnhof
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Hoffnung für das Tal der Ahnungslosen – In Prohlis gibt’s schon die Privaten
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Speicherbatterien zum Heizen und für die größte Brauerei in coschütz
Per Kompass in die Kneipe
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Alle Dresdner Gaststätten und bester Kartoffelsalat der DDR gesucht
Rennen der Stammtisch-Strauße
Erste Fußballspiel von Männern und Frauen –
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Ereignisse in Dresden führen zum Beginn der politischen Wende
und neues altes Schiff für Weiße Flotte
Wasserwege für BHs und Bier
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Brückenbauten als Brückenschläge nach Norden und in den Süden
Straßenbahn-Liniennetz mit Minus und Plus – Sieben bange Jahre am Hang
Oma hilft zum Westempfang
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Die Hierbleiber und das Licht
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Gruppe der 20 als Vermittler zwischen Demonstranten und Staatsorgan
Ohne schwedische Gardinen
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Hotel „Dresdner Hof“ ist erste Neubebauung des Neumarktes
Hinter Luthers Rücken
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Der Wandel der Frauenkirchruine vom Mahnmal zum Ruf an die Welt
Ein Blick in die Chronik
Was sich sonst noch in Dresden zwischen Januar 1980
und Dezember 1989 ereignete
Gasometer wird runde Sporthalle
Urheberrechtlich geschütztes Material
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Vorwort
Zwei Dresdner sind es, die Grafiker Herbert Gute und Martin Hänisch,
die 1952 das Staatswappen der DDR mit Hammer, Zirkel und Ährenkranz kreieren. 38 Jahre später landet dieses Landessymbol des Arbeiterund Bauernstaates im Papierkorb der Geschichte. Was ist Geschichte?
Im Lexikon steht: Der politische, kulturelle und gesellschaftliche Werdegang, der Entwicklungsprozess eines bestimmten geografischen oder
kulturellen Bereichs. Auf Dresden bezogen lässt sich diese Definition
wie in einem Film auf wunderbare Weise nachvollziehen. Im Jahre
2003 stellte sich der hauseigene Buchverlag der Sächsischen Zeitung,
die editionSZ, das Ziel, sich auf bisher noch nicht da gewesene Art der
Geschichtsschreibung Dresdens in einem Spannungsbogen von den
so genannten Goldenen Zwanziger Jahren bis zur politischen Wende
1989 zuzuwenden. Dresden, „diese Stadt scheint gleichsam nur ein
bloßes Lustgebäude zu sein, worin sich zwar alle Erfindungen der
Baukünste angenehm miteinander vermischen, doch auch besonders
betrachten lassen. Es ist keine Kunst in der Welt zu finden, davon man
hier nicht ausnehmend Meisterstücke sieht“. Das schrieb ein Preuße,
ein gewisser von Loen, nach einem Besuch Dresdens im Jahre 1718.
Ein Preuße war es auch, Friedrich der Große, der in Vorbereitung des
750-jährigen Jubiläums der DDR-Hauptstadt Berlin plötzlich „wiederentdeckt“ wurde und dadurch 1984 in Dresden die Rehabilitierung von
August dem Starken ermöglichte. 200 Jahre nach von Loens Lobgesang
über die sächsische Metropole, dem Ende des Ersten Weltkrieges,
beginnen die geschichtlichen Betrachtungen in der Editionsreihe der
SZ mit „Dresden in den 20er Jahren“. Das 2006 erschienene Buch ist
nach „Dresden in den 50er Jahren“ – dem Jahrzehnt des Wiederaufbaus
der Stadt in einer unfassbaren Trümmerlandschaft – und „Dresden
in den 30er (und 40er) Jahren“ sowie „Dresden in den 60er Jahren“
das vierte Buch. Der Ausgabe „Dresden in den 70er Jahren“ im Jahre
2007 folgt nun das Ende des Bogens mit „Dresden in den 80er Jahren“. Ist schon dieser so weit reichende Zeitraum mit der Betrachtung
der Geschichte einer Stadt über jeweils ein Jahrzehnt deutschlandweit
wohl einmalig, so ist es der Inhalt ganz gewiss. Denn für dieses Vorhaben öffneten Dresdner ihre privaten Fotoalben. Demzufolge bieten
alle diese Bücher mit ganz persönlichen Dokumenten aus Familienund Freundeskreisen bis dahin noch nie vorher publizierte Fotos,
Zeichnungen und andere Belege der Zeitgeschichte der Stadt Dresden
und des Lebens ihrer Bewohner. Dafür haben einschließlich der diesjährigen Einsendungen zu den 80er Jahren rund 410, auch ehemalige,
Dresdner weit über 7.600 Dokumente aus ihrem Besitz leihweise zur
Verfügung gestellt, von denen mehr als 1.500 in den sechs Büchern zu
sehen sind.
JÜRGEN RIcHTER
Urheberrechtlich geschütztes Material
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Marmorkuchen für den Säulentrick
Zur originalen Ausgestaltung der Semperoper muss altes Handwerk neu entdeckt werden
Selten war dem traditionellen Zwingerball der Sächsischen Zeitung ein
solch lauer Sommerabend wie an diesem 25. Juni 1983 beschieden.
Als Höhepunkt ihrer Pressefeste und quasi verspäteter Neujahrsempfang darf die Sächsische Zeitung einmal im Jahr den Innenraum des
Zwingers für einen Ball nutzen. In eigener Verantwortung. Da vor der
Sempergalerie die Toilettenwagen stehen, gehört auch der Teil des
Theaterplatzes mit zum Sicherheitsgebiet. Und das erstreckt sich seit
1977 noch mit auf den Bauplatz Semperoper. Gegen 22.30 Uhr stockt
den SZ-Verantwortlichen der Atem: Hinter einem Fenster im oberen
Seitenfoyer ist plötzlich ein Lichtschein zu sehen. Nach abenteuerlicher
Gerüstkletterei schauen sich in der Höhe drei Menschen erschrocken in
die Augen. Im Inneren der Semperoper ist das ein Künstler-Ehepaar, das
als Begründung für seinen „Einbruch“ erklärt, das Fernsehprogramm sei
so langweilig gewesen und sie seien deshalb lieber wieder in ihre Oper
zum Weitermalen gegangen.
58 Kunstmaler und 18 Maler der Produktionsgenossenschaft
„canaletto“ sind mit der Ausmalung der Semperoper, davon rund
2.300 Quadratmeter im Deckenbereich, beschäftigt. Grundlage ihrer
Arbeit sind gerade mal zehn Prozent aller Gemälde, die nach der Zerstörung 1945 noch gesichtet werden und auf die sie sich am Original
stützen können. Aber gerade die in ihrer Architektur so reich mit
Malerei und Plastiken ausgestattete Semperoper hatte diese ja zu dem
berühmten Gesamtkunstwerk werden lassen. Die Suche nach ähnlichen
Motiven in Semper-Bauwerken und in Bauten der italienischen Renaissance sind mühsam. Noch aussichtsloser scheint die Wiederherstellung
der Säulen, Treppen und Täfelungen zu sein. Selbst heute noch klopfen
Die 1794/95 erbauten königlichen Marstall-Gebäude am
Zwingerteich sollten in den
20er Jahren zu einem Komplex
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mit dem Hygienemuseum und
vier anderen naturkundlichen
Museen umgebaut werden.
Ende der 70er Jahre begann
zwischen Kleiner Packhofstraße und Am Zwingerteich der
Abriss einiger der alten Gebäude. Neu gebaut wurden auf
dieser Fläche die Theaterwerkstätten für die Semperoper
mit sieben unterschiedlichen
Gewerken. Sogar europaweit
eine Neuerung war der Transport von Dekorationen auf
Rollpaletten durch Spezialfahrzeuge von hier bis zum
300 Meter entfernten Opernhaus.
Fotos: Wolfgang Grossmann
Urheberrechtlich geschütztes Material
Besucher heimlich an die „Holzverkleidungen“, die sich als täuschend
echte Arbeit aus Stuck entpuppen. Für diese Imitationen müssen sich
die Stuckateure aus dem Baukombinat Dresden eine Technik aneignen,
die ein fast in Vergessenheit geratenes Handwerk ersetzt: die Herstellung von Stuckmarmor. Um eine der grüngetönten „Marmor“säulen
entstehen zu lassen, wird eine Masse aus Gips, Leim und Farbe wie ein
Kuchen beim Bäcker gerollt und in Scheiben geschnitten. Diese werden dann mühsam an die Grundformen aufgeklopft und in Handarbeit
immer und immer wieder, bis zu acht Mal, spiegelglatt abgeschliffen.
Pro neu erstandener Säule dauert das bis zu einhundert Arbeitsstunden.
Solch filigrane Arbeit beherrschen auch die Beschäftigten des VEB
Blattgold Dresden. Sie geben auf insgesamt 685 Quadratmetern der
Semperoper einen garantiert echt goldenen Glanz. Von allen an der
Ausgestaltung beteiligten Malern und Restauratoren sowie Bildhauern
sind im gesamten Innenraum des neu entstehenden Opernhauses 425
künstlerische Positionen zu bewältigen.
200.000 Dresdner stehen am Nachmittag des 13. Februar 1985 auf
dem Theaterplatz und beneiden die 1.323 Gäste, die zur abendlichen
Eröffnung von Dresdens Opernhaus, genau 40 Jahre nach seiner Zerstörung, eingeladen sind. Als festliche Premiere wird die Oper „Der
Freischütz“ von carl Maria von Weber gespielt, die auch als letzte Aufführung vor der Schließung des Hauses am 31. August 1944 auf dem
Spielplan stand. Die Wiedereröffnung der Semperoper in Dresden findet
immense internationale Beachtung. Und sie gibt auch den Anlass dafür,
dass erstmals das Fernsehen der DDR und das Erste Deutsche Fernsehen
ARD eine Veranstaltung gemeinsam live übertragen.
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Während der Bauarbeiten an
der Semperoper war das Kleinpflaster zwischen Opernhaus
und König-Johann-Denkmal
durch Betonplatten auf einer
dicken Sandschicht geschützt.
Dieses Kleinpflaster aus Mittweidaer Granit mit seinen
exakten Ornamenten wurde
1933 durch den Blasewitzer
Erinnerungsfoto an den ersten
Steinsetzer und Straßenbauer
Einsatz zur Grobreinigung an
Albin Jungmichel verlegt. Es
und in der Semperoper 1982
war seine kunsthandwerkliche
innerhalb der volkswirtschaft-
Meisterarbeit.
lichen Masseninitiative VMI.
Foto: Wolfgang Krammisch
Foto: Harry Schröter
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In Mehrfachschlange in mehreren Runden um das Denkmal
auf dem Theaterplatz harrten
Der Tag der Eröffnung des
18.400 Menschen stundenlang
genau 40 Jahre nach seiner
aus, um auch ohne Theater-
Zerstörung wieder entstande-
karte die Semperoper mal im
nen Dresdner Opernhauses
Inneren bestaunen zu können.
am 13. Februar 1985, nach-
Acht Monate nach ihrer Eröff-
mittags während der Groß-
nung gab es am 6. Oktober
kundgebung, und abends in
1986 erstmals einen Tag der
Erwartung des Eintreffens der
offenen Tür für die Dresdner,
nationalen und internationalen
den rund hundert Mitarbeiter
Premierengäste.
des Opernhauses über sieben
Fotos: Karl-Heinz Herberger/
Stunden lang ermöglichten.
Hanna Jähnig
Fotos: Hans Ullner
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