Probenfluss komplett neu organisiert

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Probenfluss komplett neu organisiert
PD Dr. Christian Jantos, Chefarzt und
Leiter des Institutes für Laboratoriumsmedizin im Evangelischen Krankenhaus
Bielefeld, hat schon mehrere Kennzahlenberechnungen durchführen lassen. Er
sagt: „Benchmarkzahlen sind ein wertvolles Instrument eines effektiven Labormanagements. Für uns sind die ermittelten
Laborkennzahlen sehr wichtig, da sie uns
den Vergleich mit anderen Kankenhauslaboratorien ermöglichen. Interessant ist
nach mehrmaliger Teilnahme die Veränderung der Werte. Hieraus lässt sich
ablesen, ob und wie sich einzelne Maßnahmen ausgewirkt haben.“
Fazit
* s.a. den Beitrag „Benchmarking im Krankenhauslabor“ auf S. 17 dieser Ausgabe
OB enchmarking-Kennzahlen sind ein
wertvolles Instrument zur Bewertung eines Krankenhauslabors im
zeitlichen Verlauf oder mit anderen
Labors.
ODas Benchmarking mit anderen
Labors erfordert eine sorgfältige
Datenerhebung sowie eine verantwortungsvolle Plausibilisierung und
Auswertung.
ODie Ermittlung von Kennzahlen ist
ein Schritt innerhalb des Benchmarking-Kreislaufs. Nach gewissenhafter
Interpretation sind Optimierungsmaßnahmen ableitbar.
Markus Hagedorn
Projektmanager
ConsulabT – Beratung für
die Diagnostik
0173 5861-440
Labororganisation
Probenfluss komplett neu organisiert
Matthias Bauer und Dr. med. Thomas Walther, Laborarztpraxis Dres. Walther, Weindel und Kollegen, Frankfurt am Main
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Diagnostik im Dialog • Ausgabe 41 • 8/2013
Ausgangssituation
Die Laborarztpraxis Dres. Walther,
Weindel und Kollegen ist das größte
Privatlabor Hessens. Ca. 160 MitarbeiterInnen bearbeiten täglich bis zu
10.000 Aufträge von der Basisanalytik
bis hin zu Spezialanalysen sämtlicher
Fach- und Teildisziplinen. Neben den
klassischen Gebieten (Klinische Chemie, Immunologie/Serologie, Gerinnung, Hämatologie und Mikrobiologie)
bieten wir Analysen mittels HPLC, PCR,
Durchflusszytometrie, Atomabsorption,
Massenspektrometrie und weiterer Verfahren an.
fotolia
Labore müssen sich verändern, um auf
dem Gesundheitsmarkt im Wettbewerb bestehen zu können. Sie schließen sich zusammen, adaptieren ihr
System- und Parameterportfolio oder
ergänzen sogar Fachbereiche. Im Zuge
dessen stehen historisch gewachsene
Prozesse und erst recht räumliche
Gegebenheiten auf dem Prüfstand.
So große Umbrüche lassen sich nicht
mit ein paar Federstrichen ändern –
technische, räumliche, organisatorische und emotionale Hürden tun sich
auf. Die Laborarztpraxis Dres. Walther,
Weindel und Kollegen in Frankfurt
am Main hat sich dieser Herausfor­
derung gestellt. Unter dem Strich
war das Ergebnis eine komplette Neu­
organisation der Prozesse. Ein entscheidender Erfolgsfaktor war das
„gemischte“ Projektteam aus Mitar­
beitern und Entscheidungsträgern
des Labors einerseits und den Experten
der Consulab T mit ihrer langjährigen
Erfahrung in Labororganisation andererseits. Das Resultat vorneweg: Wir
arbeiten heute mit größerer Ruhe deutlich effizienter und sind auch zukünftig
für steigende Auftragsvolumina bestens gerüstet.
Unser Portfolio und unsere Expertise
haben sich im Laufe der Jahre vergrößert,
die Anforderungen unserer Kunden in
puncto Qualität, Quantität und Schnelligkeit sind ständig gestiegen. Um diesen
Ansprüchen gerecht zu werden, hielten
wir eine Weiterentwicklung für unerlässlich. Für unsere Kunden traten wir als
gemeinschaftliches Labor auf, waren aber
weder räumlich noch organisatorisch
eine wirkliche Einheit – ein Relikt der
früher üblichen Organisation, wonach
Basis- und Speziallabor als getrennte Einrichtungen behandelt wurden.
Der Probeneingang der Laborgemeinschaft lag im Erdgeschoss unseres
Gebäudes, die Probenannahme für das
Fachlabor erfolgte im 1. Stock. Zwar lief
die Analytik der Klinischen Chemie und
zum Teil der Immunologie an denselben
Arbeitsplätzen, doch alle Prozesse beim
Handling und Management der Proben
waren konsequent getrennt bis hin zu
separaten Probenarchiven. Außerdem
wurden Serumproben in zwei Automationsbereichen, getrennt nach Basis- und
Speziallabor, bearbeitet.
Das bedeutete: Nahezu identische
Arbeitsschritte erfolgten an zwei Orten.
Dieses „doppelte“ Arbeiten war zeitaufwendig und beanspruchte viel kostbaren
Platz. Unsere Mitarbeiter mussten jeden
Tag erhebliche Laufwege bewältigen,
z.B. Proben von der Anlieferung im Erdgeschoß zum Probeneingang des Fachlabors im 1. Obergeschoss und zurück
in die Probenverteilung im Erdgeschoss
tragen. Bei steigenden Einsendezahlen
und unserem komplexeren Analysenangebot drohten uns Kapazitätsgrenzen
bei der Mitarbeiterbelastung, der technischen Ausstattung und der organisatorischen Abläufe. Deshalb haben wir
gehandelt, für eine ruhigere Arbeitsatmosphäre, bei der auch die Qualität
nicht unter Druck gerät.
Die präanalytische Lösung mit den Systemen cobas p 512 und cobas p 612
Neue Kriterien für die Laborstruktur
Am Anfang der Neuausrichtung stand die
akribische Bestandsaufnahme sämtlicher
Abläufe in unserer Laborarztpraxis durch
die Projektmitarbeiter der ConsulabT. Sie
stellten alles auf den Prüfstand – ohne
Ausnahme oder Tabu. Zu jedem Zeitpunkt und für alle untersuchten Bereiche und Prozesse waren unsere kompetenten Mitarbeiter aktiv einbezogen. Die
Ist-Analyse war Grundlage mehrerer
Konzeptvorschläge zur Verbesserung
unserer Situation. Und Flexibilität war in
der Tat gefragt. Die bauliche Umsetzung
gestaltete sich deutlich schwieriger als
angenommen, das Vorhaben lag wegen
zahlreicher Hindernisse, z.B. ausstehender Baugenehmigungen, monatelang auf
Eis. In Abstimmungsrunden zwischen
der Geschäftsleitung, Vertretern sämtlicher Fachbereiche sowie den Mitarbeitern der ConsulabT entwickelte sich ein
adaptiertes Konzept, das auch die baulichen Auflagen integrierte.
Die analytische Lösung mit der Systemplattform cobas ® 8000
Im Vordergrund: Frau Aylin Baki; im Hintergrund: Frau Yvonne Körner
Der Kernpunkt des verabschiedeten Konzepts lautete: Grundlage der Laborstruktur ist nicht wie bisher der angeforderte
Parameter für Basis- oder Speziallabor,
sondern die Art des Probenmaterials.
Damit ist die räumliche Trennung von
Laborgemeinschaft und Facharztpraxis obsolet. In einem Schenkel unseres
U-förmigen Gebäudes haben wir ein
Großraumlabor für sämtliche automatisierte Serumanalysen eingerichtet, auf
der anderen Seite befindet sich ein Großraumlabor für die automatisierte Bearbeitung von EDTA- (Hämatologie, HbA1c)
und Citrat-Proben (Gerinnung).
Zusätzlich haben wir im Serumlabor unsere drei bewährten MODULAR
Systeme <DPPE> und ein MODULAR
<EEEE> gegen drei cobasT 8000 <7012>
Hochdurchsatzsysteme für die Klinische
Chemie sowie zwei cobasT 8000 <6024>
für die Immunologie ersetzt, auf diese
Weise unsere Anzahl Module um zwei
verringert und viel Platz eingespart.
Über 70 % unserer Serumanforderungen
laufen auf cobasT modular platform. Mit
einem Durchsatz von ca. 14.000 Tests
pro Stunde und der Konsolidierung von
78 Parametern auf der neuen Plattform
sind wir sowohl für Anforderungsspitzen
als auch für die Zukunft gut aufgestellt.
Der nachhaltigste Effekt hat sich interessanterweise bei unserer Anforderungs­
konstellation aus der Trennung von klinisch-chemischen und immunologischen
Modulen ergeben. Die dadurch erzielte
Durchsatzoptimierung war erheblich: Bei
gleicher Analysenzahl sind wir jetzt etwa
1,5 Stunden früher fertig.
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Ein großer Vorteil unserer flexiblen
cobasT 8000 Systeme: Ändert sich unser
Bedarf, können wir ohne größeren Aufwand Module austauschen oder ergänzen.
Ein zentraler Probeneingang
Ein Projektfokus waren Probeneingang
und Präanalytik. Hier wurde grundlegend
umstrukturiert und weitgehend automatisiert. Wir haben nur noch einen zentral
gelegenen Probeneingang für alle Einsendungen unabhängig vom Material. Darüber hinaus haben wir uns zu einer weiteren großen Neuinvestition entschieden.
Früher wurden alle angelieferten Proben
persönlich von Mitarbeitern in Empfang
genommen, begutachtet, registriert und
geordnet. Heute erledigen diese Schritte
eine automatisierte Materialerfassung
mit „Schüttgutverteilern“ (M.U.T. AG,
Wedel) und eine komplett neue Auftragserfassungssoftware der AB+M GmbH,
Karlsruhe. Bereits beim Auspacken im
Probeneingang erfolgt die Trennung
von Material und Auftragsscheinen für
alle Laborbereiche. Die Scheine werden
sofort automatisch gescannt und von MitarbeiterInnen kurzerfasst. So stehen alle
Informationen für den schnellen Start der
Analytik kurzfristig zur Verfügung. Die
Probenröhrchen kommen direkt in die
Schüttgutverteiler, die das jeweilige Material anhand der Röhrchengröße und der
Kappenfarbe verlässlich identifizieren.
MitarbeiterInnen bringen die EDTA- und
Citratproben direkt an die Arbeitsplätze,
während vier präanalytische Systeme (2 ×
cobas p 512, 2 × cobas p 612) die Serumproben nach der Zentrifugation auf die
Arbeitsplätze verteilen.
Rückschau
15 Monate etwa hat uns dieses Projekt von
der Initiierung bis zur Implementierung
beschäftigt. Für alle Beteiligten war das
sehr viel Arbeit, die es parallel zum Tagesgeschäft zu bewältigen galt. Eine durchaus interessante Erfahrung betraf die
„Dynamik“ des Projekts, das in seinem
Verlauf an Komplexität zunahm und die
Umstrukturierung viel grundsätzlicher
ausfallen ließ als ursprünglich geplant.
Hier sind gute Nerven und kompetentes
Projektmanagement gefragt! Der hohe
Aufwand einer gründlichen Planung,
die „tabulose“ Infragestellung sämtlicher
Abläufe sowie das konsequente „Mitnehmen“ der MitarbeiterInnen aus allen
Bereichen aber haben sich gelohnt. Unser
Mehr an Effizienz zahlt sich nicht nur
ökonomisch aus, es hat die Arbeitsatmosphäre im gesamten Labor deutlich entspannt. Die Laborleitung kann Personalressourcen wirkungsvoller einsetzen und
unsere Mitarbeiter können ihre Arbeitszeiten besser kalkulieren. „Ruhigeres“
Arbeiten unterstützt nicht zuletzt auch
unseren Anspruch, qualitativ hochwertige Ergebnisse zu liefern.
Ein knappes Jahr arbeiten wir jetzt nach
dem neuen Konzept, es hat den Praxistest bestanden. Mit dem Ergebnis sind wir
überaus zufrieden. Gerne stehen wir mit
unseren Erfahrungen und Lösungen für
ein persönliches Gespräch zur Verfügung.
Um die Erstellung von Aliquoten auf
ein Mindestmaß zu reduzieren, arbeiten
wir weitestgehend mit einem rekursiven Probenfluss aus den Primärgefäßen.
Wichtigster Aspekt dabei: Alle bearbeiteten Serumproben werden nach einem
definierten Prozedere in ein einheitliches
Archiv auf Rollwagen gestellt.
Die neuen Abläufe sind „dramatisch“ einfacher, transparenter und effizienter. Die
entscheidenden Faktoren dafür sind:
ODie Probenwege haben sich um 80 %
verkürzt.
OWir wissen zu jeder Zeit, ob und welches Material uns zugesandt wurde.
ODer Personaleinsatz ist optimiert.
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Das Erfolgsmodell der Laborarztpraxis
Dres. Walther, Weindel und Kollegen
OKonsolidierung von Facharztlabor
und Labor­gemeinschaft
ODas Probenmaterial definiert die
Laborstruktur
OEin Probeneingang für alle Proben
OAutomatische Auftrags- und
Materialerfassungssoftware
OEinheitliches Archivsystem für alle
Proben
OEinsatz modularer Analysegeräte
für optimale Leistungsfähigkeit
auch in Zukunft
OTrennung der klinisch-chemischen
und immunologischen Module zur
Durchsatzoptimierung: 1,5 Stunden
Zeitgewinn
OEffizienterer Einsatz der Personal­
ressourcen
OEntspanntere Arbeitsatmosphäre
Die Laborarztpraxis Dres. Walther, Weindel
und Kollegen ist das größte Privatlabor
in Hessen mit einem Volumen von bis zu
10 000 Aufträgen am Tag aus Hessen und
den angrenzenden Bundesländern. Jährlich
werden etwa 12 Mio. Analysen aus allen
Bereichen der Labormedizin durchgeführt.
Dafür stehen 9 Ärzte /Ärztinnen, 4 Natur­
wissenschaftlerInnen und ca. 160 Labor­
mitarbeiterInnen zur Verfügung.
http://www.laborarztpraxis.de/
Korrespondenzadresse:
Matthias Bauer
Gesundheitsökonom
Geschäftsführer
und
Dr. Thomas Walther
Facharzt für Laboratoriumsmedizin
Geschäftsführer
Matthias Bauer
Dr. Thomas Walther
Laborarztpraxis Dres. Walther, Weindel
und Kollegen
Berner Straße 117
Frankfurt am Main