Krafttraining / Grundlagen und neue Aspekte
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Krafttraining / Grundlagen und neue Aspekte
Krafttraining / Grundlagen und neue Aspekte Dr. rer. nat. Alexander Skarabis (Dipl. Sportwiss.) 2006 Landkarte der Kraft 0% Absolutkraft Maximalkraft Schnellkraft Explosivkraft Startkraft Belastungsintensität 100% Kraft Kraf taus daue r Schnelligkeit Schnelligkeitsausdauer Belastungsdauer Ausdauer Was ist Kraft??? Physikalisch: F= m x a Biologisch: Fähigkeit durch Muskeltätigkeit Widerstände zu überwinden bzw. entgegenzuwirken Wer ist stärker ??? Relative Kraft „absolute Kraft in Relation zum Köpergewicht“ Arbeitsweisen und Kontraktionsformen der Muskeln Arbeitsweisen : STATISCH DYNAMISCH innere K. ≠ äußere K. innere K. = äußere K. konzentrisch inn. K.> äuß. K. inn. K. < äuß. K. überwindend Kontraktionsformen: Muskellänge : ISOMETRISCH konstant exzentrisch nachgebend AUXOTONISCH verkürzt verlängert Varianten der Maximalkraft 100% Kraftdefizit Absolutkraft Exzentrische MK 70% Isometrische MK Konzentrische MK Maximalkraft Es können nie alle Muskelfasern gleichzeitig rekrutiert werden, sondern nur 2/3 der Fasern. Die übrigen ca. 25% (autonom geschützte Reserve) können nur in Stresssituationen freigesetzt werden. Struktur der Maximalkraft Maximalkraft Muskel quantität Willkürliche Aktivierungsfähigkeit Kriterien für die Kraftfähigkeit: -Muskelstruktur (Faserverteilung, Masse, Elastizität) -Biomechanische Bedingungen (Achsen, Hebel, Drehmomente) -Alter, Geschlecht, Ernährungszustand -Trainingsalter,- zustand, -Motivation Rekrutierung z Fähigkeit, möglichst viele motorische Einheiten an Kontraktion zu beteiligen – Motorische Einheiten haben unterschiedliche Erregungsschwellen – Zunächst werden schwache, langsame, aber ausdauernde Einheiten angeknipst, – dann auch die starken und schnellen! Faserveränderungen durch spezielles Training (vgl.Weineck, S. 54, nach Badtke) Badtke) Schnellkraft Fähigkeit des Nerv-Muskelsystems, den Körper oder Gegenstände (z.B. Bälle) mit maximaler Geschwindigkeit zu bewegen das heißt in kürzester Zeit einen möglichst großen Kraftstoß zu erreichen, um einen Körper zu beschleunigen. Mischung aus Kraft und Schnelligkeit ! Diff.: Schnelligkeit und Schnellkraft Die Startkraft Fähigkeit des neuromuskulären Systems, vom Beginn der Kontraktion an einen möglichst großen Kraftstoß zu entwickeln Wenn es bei einer Sportart darum geht, in möglichst kurzer Zeit eine hohe Geschwindigkeit zu erreichen, wie zum Beispiel beim Sprint, ist eine gute Startkraft sehr wichtig. Die Explosivkraft Mit Explosivkraft bezeichnet man „die Fähigkeit, den begonnenen Kraftanstieg maximal weiterzuführen.“ Die Größe der Explosivkraft ist durch die Kontraktionsgeschwindigkeit v.a. der Fast–twitch-fibers, Anzahl und Querschnitt dieser Fasern und inter- und intramuskuläre Koordination festgelegt. Kraftanstiegskurve tmax Kraft ∆F SKI = Fmax ∆t K30 Zeit Fmax tmax Kraftanstiegskurven Kugelstoßer Boxer Sportstudenten Reaktivkraft (DVZ) = die Muskelleistung, die innerhalb eines Dehnungs - Verkürzungs Zyklus einen erhöhten Kraftstoß ermöglicht Kontraktionsdauer: <170 bis 400 msec. Elastische Eigenschaften des Muskel-SehnenKomplexes Trainingsmethoden der Kraft Ziel: Reaktivkraft z Methode: Sportmethodische Übungsformen z.B. Sprünge z DVZ Intensität Wiederh./ Pausen Serien / Pausen Ausführung Kurz <250ms 100% 10-12 / 6s/Sprung 3-5 / 10’ prellend Lang >250ms 100% 10-12 / 8s/Sprung 3-5 / 10’ nachgebend Reaktivkraft EMG- Innervationsmuster (Wadenmuskulatur, Tiefsprung) untrainiert Kontakt trainiert Kontakt Kraftausdauer = Ermüdungswiderstandsfähigkeit bei langandauernder Kraftleistung = Fähigkeit, bei Wiederholungszahlen der Verringerung der Krafthöhe entgegenwirken zu können Trainingsmethode Kraftausdauer, z.B. mittelintensiv-dynamisch z Methode: Dynamische submaximale Krafteinsätze z Ziel: Intensität 50-75% Wiederh./ Pausen 30-50 / 15 ohne Serien / Pausen Ausführung 6-10 / <2‘ >2' zügig Training der Kraft Die Methoden Studien “use it or lose it“ Studien haben gezeigt, dass auch 60 bis 90 jährige ihre Muskeln jederzeit wieder aufbauen können. So steigerten drei Trainingseinheiten pro Woche nach rund zwei Monaten die Muskelkraft um 50 %. Selbst wer nur einmal wöchentlich zur Hantel greift, steigert seine Muskelkraft in der gleichen Zeit um rund 15 % Studien : Trainierbarkeit der Beinmuskulatur Studie N Alter Aniansson and Gustafsson 12 Frontera et al. 12 Fiatarone et al. 10 Brown et al. 14 Charette et al. 13 72 66 ±2 90 ±1 63 ±3 69 ±1 Muskel ^ Kraft ^ CSA Trainings Frequenz Trainings Dauer Quadriceps 3x 12W 18 % Quadriceps 3x 12W 107 % 11 % Quadriceps 3x 8W 174 % 15 % Biceps Brachii 3x 12W 48 % Quadriceps 3x 12W 28 % 6 – 12 Wdh 17 % Effekte eines effizienten Trainings des spinalen Systems 120 % 100 80 vor Therapie nach Therapie 60 40 20 0 0 10 20 30 40 50 Winkel des Oberkörpers Zusammenhang zwischen statischer Haltekraft und der Haltezeit Bei 100% = Haltezeit__ ca. 10 sec. Bei 75% = Haltezeit__ ca. 30 sec. Bei 50% = Haltezeit__ ca. 60 sec. Bei 25% = Haltezeit__ > 240 sec. Abhängigkeit zwischen Lastgröße und Wiederholungszahl Last in % des Maximums 100 90 70 50 30 10 10 30 50 70 90 110 130 150 170 Zahl der Wiederholungen Wiederholungszahl zur Abschätzung der Intensität: - feste Verhältnis von Intensität und maximaler Wiederholungsanzahl, wie von zahlreichen Autoren angegeben, wird in Frage gestellt -Vielmehr spielen Faktoren wie: • • • • • • • • • • die Anzahl der beteiligten Muskelgelenkeinheiten der Trainingszustand das Geschlecht die Trainingsspezifität die Krafttrainingserfahrung die Krafttrainingsübung die Übungsvariation das Maximalkraftniveau die Motivation die Anzahl der Serien usw. eine entscheidende Rolle. Das Problem der »Gebrechlichen« Eine epidemiologische Studie aus den USA (Jette et al., 1982) zeigt, daß 66% der Frauen jenseits des 75. Lebensjahres und 28% der Männer nicht in der Lage sind eine Last von 4,5 kg zu heben. 60% der Versuchspersonen der selben Altersgruppe bei einer skandinavischen Untersuchung waren auf Grund der Stufenhöhe nicht in der Lage selbständig, ohne fremde Hilfe in öffentliche Verkehrsmitteln einzusteigen (Danneskiold-Samsoe, et al. 1984) und ein etwa gleich großer Prozentsatz war nicht in der Lage normale Tätigkeiten des Haushalts zu verrichten (Larsson et al., 1979) Das Training der »Gebrechlichen« kontrollierte, randomisierten Studie mit »gebrechlichen« Pflegeheimbewohnern (mittleres Alter 87,1 [72 – 98] Jahre, n= 100) Probanden der Interventionsgruppe trainierten über: 10 Wochen 3mal pro Woche über 45 Minuten Hüft- und Knie-Extensoren mit einer Intensität von 80 %. Mit zunehmender Kraft wurde die Trainingsintensität individuell erhöht. Ergebnis: Als Erfolg zeigte sich nicht nur ein hochsignifikanter Kraftgewinn von 113 ± 8 % (Kontrollgruppe 3±9 %; P<=0,0001) sondern auch eine höhere Ganggeschwindigkeit, Treppensteigekapazität und Spontanaktivität. Fiatarone u.a. 2000 Osteoporose/ Training Studie mit 10 gesunden Frauen zw. 50 –70 Jahren Krafttraining über 1 Jahr Einfluß des Trainings auf die Knochendichte Trainiert wurde 3x wöchentlich mit 80% der Maximalkraft (3x 8 Wdh; 5 Geräte) Kontrollgruppe kein Krafttraining Ergebnis: Die Untersuchung zeigte, daß durch das intensives Krafttraining die Knochendichte um 6,3% erhöht werden konnte. Zum anderen zeigte sich in der Kontrollgruppe ein Rückgang der Knochendichte von 3,7%. Gonarthrose ältere Patienten (69 ± 6 Jahre) mit symptomatischer Gonarthrose von einem Krafttraining und Ausdauertraining gleichermaßen profitieren 145 Patienten über 18 Monate Krafttraining Ergebnis: Besserung von Schmerzen und Funktionsparametern im Vergleich zu einer Kontrollgruppe Ettinger u.a. 2001 Kardiale Reaktion auf Krafttraining Autor Patienten Kardiale Reaktion auf Krafttraining Kavanagh 1996 Koronarpatienten Krafttraining 55 – 80% 1 RM - Sicherheit gegenüber kardialen Komplikationen, SV bleibt erhalten Dellagardelle 1999 Koronarpatienten Hare 1999 Koronarpatienten Majorana 2000 Koronarpatienten Pu 2001 Koronarpatienten Meyer 2004 Koronarpatienten Selig 2004 Koronarpatienten Vander 1986 Koronarpatienten Keleman 1986 Koronarpatienten Meyer 1992 Koronarpatienten Karlsdottir 2002 Chron. Herzinsuffizienz Krafttraining - Trotz erhöhtem art. Mitteldruck kein Hinweis auf LV Funktion Karlsdottir 2002 Gesund + chron. Herzinsuffizienz Gleiche Reaktion bei Beinpresse (10 Wdh.): RPP, EF, Wanddicke, LV Diameter) Krafttraining - Keine kritischen Herzrhythmusstörungen, ischämische ST – Streckensenkungen und keine LV Dysfunktionen ¨ moderates Krafttraining im Koronarsport scheint keine kardialen Komplikationen zu provozieren Richtlinien für das Krafttraining im Koronarsport Trainingsempfehlungen Samitz 2000 Koronarpatienten Krafttraining Beginnend mit 30 – 60 % 1 RM nach pos. Einschätzung 70 % 1 RM „low risk“ Patienten nach 12 Wochen 80 % Hare 1999 Herzinsuffizienz Krafttraining: Beginn bei 50 – 60 % 1 RM Nach 2 Wochen 60 - 70 % 1 RM (3x/Woche, 3x10 Wdh.) Koronarpatienten Krafttraining: Beginn 1-2 Wochen nach PTCA 4 Wochen nach unkompliziertem Myokardinfarkt / Bypass OP Feigenbaum 1999 Koronarpatienten Krafttraining: Trainingsfrequenz von 2x pro Woche genügt, um 80 – 90 % der mögl. Kraftausdauereffekte zu erreichen Meyer 2003 Exzentrisches Krafttraining Exzentrisches Krafttraining generiert 10 – 40 % höhere Muskelkräfte als konzentrisches, trotz gleicher Hf und BD Majorana 2000 McKelvie 1995 Meyer 1999 Pu 2001 Selg 2004 AACP 1995 ACSM 1998 ... aktueller Stand ... -Alter/Zielgruppe z.b.KHK -Serien -WDH´s -Trainingsgeräte -Aufwärmen/Cooldown/Stretching -Diagnostik ”Trend” Stabilität durch Instabilitätstraining Sling Exercise Training (SET) Sensomotorische Funktion - Sehen - Vestibularisorgan Propriozeptive Signale Mechanorezeptoren in: - Muskeln - Sehnen - Gelenkbänder - Gelenkkapseln - Haut Muskelkorrektur für lokale Gelenkkontrolle und vollständiges Gleichgewicht Das S-E-T Trainingskonzept sensomotorische Kontrolle und dynamische Stabilität Bsp.: Schusskraft, Maximalkraft beim Heben, … Kraftdiagnostik Testverfahren dynamisch/ statisch/ Muskelketten/ einzelne Muskeln/ Vergleichswerte- Norm- kontralateral/ Gefahren/ Artefakte/ Aufwand/ Nutzen Normwerte Rr ot Rb tr Rs Kb tr Hb Ks HS TR 4 3,5 3 2,5 2 1,5 1 0,5 0 3,5 3 2,5 2 1,5 1 0,5 0 Hstr/ HB Kstr/Kb Rstr/Rb Rrot/re-li % Physiologischer Kraftkurvenverlauf der Rückenstreckmuskulatur Gesund / Patienten 120 100 80 60 40 20 0 10 20 30 40 50 60 70 Winkel Dr. P. u. Dr. A. Skarabis Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!