PDF - CMC

Transcription

PDF - CMC
38
TEST
Patrick Garbi
Patrick Garbi
Kyosho Inferno
Elektrisie
City-el, Twin Drive, e-com, ConceptEZ und etron, um nur einige zu nennen,
sind typische Bezeichnungen serienreifer Pkws oder Studien mit Elektro- oder
Hybridantrieb. Auch wenn uns der Verbrennungsmotor sicherlich noch lange
Zeit erhalten bleibt, sind Fahrzeuge mit
Elektromotor keineswegs mehr als Zukunftsmusik zu bezeichnen. Dieser Trend
ist zwischenzeitlich auch in den RCCar-Klassen erkennbar, in denen bisher
ausschließlich Nitromotoren zum Einsatz kamen. Eine absolute Führungsrolle
übernimmt hier die Klasse 1:8 E-Offroad,
in der bereits Wettbewerbe ausgetragen
werden. Logisch, dass Kyosho als amtierender Weltmeister der Klasse OR8 auch
bei den Elektro Buggys im gleichen Maßstab ein Wörtchen mitreden möchte.
Kompromiss
Obwohl man bereits von einer etablierten ELOSzene reden kann, haben sich nur wenige Hersteller zur Klasse bekannt und einen hundertprozentigen Elektrobuggy konstruiert. Bei den
meisten Modellen handelt es sich immer noch um
Verbrenner-Chassis, die den technischen Anforderungen des Elektroantriebs angepasst wurden.
Dies trifft auch auf den MP9e zu, der, wie es der
Name bereits vermuten lässt, auf der Plattform
des erfolgreichen Nitrobuggys basiert, mit der
Kyosho Ende 2010 zum achten Mal Weltmeister
geworden ist. Den Grundstein bildet demzufolge
eine 3,2 mm dicke Bodenplatte aus 7075er Dural,
deren traditionelle Form (sowie die Öffnungen für
die Montage eines Verbrennungsmotors) die Herkunft zweifellos erkennen lassen. Der Allradantrieb – mittels drei 4-Spider-Kegeldifferenzialen
sowie zwei zentralen Kardanwellen – unterscheidet sich von der Nitro-Version lediglich durch
einen geänderten Mitteldiffblock aus Alu (der
gleichzeitig als Halter für den Elektromotor dient)
und durch den Wegfall der beiden Bremsscheiben, die üblicherweise beidseitig an das zentrale
Differenzial angeflanscht sind. Der Rest aller kugelgelagerten Antriebselemente besteht aus vier
weiteren Kardanwellen höchster Güte sowie den
bekannten Sechskant-Radaufnahmen aus champagnerfarbenem Aluminium.
Rennerprobt
Wie beim Antrieb setzt Kyosho auch bei der Aufhängung auf die bewährte Geometrie bzw. auf
die gleichen Teile des Nitro-Modells. Das Ergebnis sind rennerprobte Komponenten, die qualitativ auch höchsten Ansprüchen gerecht werden. Dies sind im Wesentlichen massive untere
Querlenker an der Hinterachse in Kombination
mit Gewindestreben und traditionellen Radträgern, sowie Dopperlquerlenkern und C-Hubs
vorne. CNC-gefräste Lenkhebel, robuste Schwingenhalter und eine Lenkbrücke, alle aus schwarz
eloxiertem Alu, unterstreichen die Wettbewerbstauglichkeit.
Die Einstellung des Sturzes an beiden Achsen
und der Spur an der Vorderachse erfolgt durch
Rechts/Links-Gewindestangen, während zahlreiche weitere Setupparameter (wie Rollcenter, Vor-
MP9e
amt 04 / 11
erend
Ausstattung des Testmodells
Fernsteurung: Sanwa M11X
Lenkservo: Vortex Digital VDS-2015
Akku: 2 × Orion Molecular Lipo 7,4V 5.400/45C
Motor: Orion Vortex 8 BL
Karosserie: Kyosho MP9e (Baukasten)
Gewicht: 3.700 g (kpl. fahrfertig)
Hersteller/Vertrieb: Kyosho
Bezugsquelle: Fachhandel
Empf. Verkaufspreis: 599,00 €
www.amt-racing.de
Tipps und Tricks
• Die vordere Hälfte der Getriebekästen (Nr. 18)
kann man oben an den Ecken mit einem Cutter ganz leicht nacharbeiten. So lassen sich die
Dämpferbrücken besser montieren.
• Anders als in der Dokumentation dargestellt,
empfehle ich, das Kabel vom Fahrtregler zum
Empfänger nicht über, sondern unter der Antriebswelle hindurch zur Empfängerbox zu
führen.
• Laut Anleitung soll der rechte Schmutzabweiser hinter dem Motor ausgeschnitten werden.
Der Grund hierfür ist nicht nachvollziehbar,
daher habe ich darauf verzichtet.
• Statt den markierten Belüftungsöffnungen
kann man auch mehrere kleinere Löcher mit
einem Karosserieschäler in die Karosserie
bohren. Das geht schneller und destabilisiert
die Karosse weniger als große Öffnungen.
Die Konstruktion
Technische Daten
Vorderachsaufhängung: Einzelradaufhängung mit
Doppelquerlenkern, 2 Öldruckstoßdämpfer aus Alu,
2 CVD-Antriebswellen, Dämpferbrücke aus 4 mm
Dur-Aluminium, 2,4-mm-Stabilisator serienmäßig
Chassis: 4 mm aus 7075 Dur-Aluminium,
alle Bohrungen gesenkt
Hinterachsaufhängung: identisch mit der
Vorderachse, 2,8 mm Stabilisator serienmäßig
Differenzial: 3 Kegeldifferenziale
mit 2 Planeten- und 4 Satelitenzahnrädern
Antrieb: Allradantrieb über 2 CVD-Kardanwellen,
voll kugelgelagert
Kyosho Inferno MP9e
Maßstab: 1:8
Klasse: 4WD Elektro-Offroad
Länge: 490 mm
Breite: 307 mm
Radstand: 325 mm
Spurweite (v/h): 254/254 mm
Reifendurchmesser (v/h): 116/116 mm
Reifenbreite (v/h): 43/43 mm
Bodenfreiheit: 29 mm
Untersetzung: 12,6:1
Gewichtsverteilung (v/h): 50/50
Die Anzahl der Montageeinheiten ist sehr übersichtlich, die gezielte Verpackung nach
Baugruppen hilfreich
39
Für den Betrieb des Buggys werden neben einem kräftigen Lenkservo
zwei 2S Lipo Akkus und eine Brushless-Combo – bestehend
aus Motor und Regler – benötigt
40
TEST
Patrick Garbi
Die bestens verarbeiteten Parts aus Stahl und Aluminium unterstreichen die uneingeschränkte
Wettbewerbstauglichkeit des MP9e
Die Dämpfer sind einfach top. Prima verarbeitet, leicht zu befüllen und mit einer seidenweichen Funktion – was will man mehr?
Klassiker: 4-Spider.Kegeldifferenziale gehören nach wie vor zur
Grundausstattung eines guten Off-Roaders
Dank unterschiedlicher Kunststoffbuchsen können Spur, Nachlauf und Rollcenter an
Vorder- und Hinterachse vielfältig verändert werden
spur hinten oder Nachlauf) über leuchtend orange
Kunststoffbuchsen mit unterschiedlichen Werten
verändert werden können. Den Ausgleich im Gelände übernehmen vier erstklassige Dämpfer/Feder-Einheiten im aktuellen Big-Bore-Design. Das
bedeutet: 18 mm dicke Gehäuse aus oberflächenbehandeltem Aluminium, doppelte Abdichtung
der 3,5 mm dicken Kolbenstangen, Volumenausgleich sowie 8-Loch Kolbenplatten und Staubschutztüllen. Nachschlag gefällig? Na, wie wär’s
mit 5 mm starken Dämpferbrücken im edlen Design, aus dem Vollen gefräst und mit mehreren
Montagepunkten für die Dämpfer und die Schwingen, respektive den Streben? Dass der MP9e serienmäßig mit Stabilisatoren (2,5 mm vorne und
2,8 mm hinten) ausgestattet ist, versteht sich fast
von selbst. Die Zugabe so genanter Mud Guards,
sowohl vor den Dämpfern als auch in den Felgen,
kann durchaus als Bonus gewertet werden.
Die signifikanten Unterschiede zum Original ergeben sich durch eine Composite-Kunststoffwanne
einschließlich Montageplatte für den Brushlessregler sowie drei Straps zur Fixierung der LipoAkkus. Diese Einheit übernimmt den Stammplatz
des „Dreifünfers“ und des Tanks, während der
Elektromotor einen Großteil der Fläche der regulären Radioplatte okkupiert. Zwangsläufig und
angesichts des geringeren Platzbedarfs, reduziert sich die Einheit auf eine großzügig dimensionierte Empfängerbox einschließlich Halter für
das Lenkservo, das sich unverändert hinter dem
Lenkungssystem mit integriertem Servo-Saver befindet.
Spaßfaktor
Kyosho vertraut immer noch auf eine klassische C-Hub-Lenkung; warum auch nicht? Die massiven Schwingenhalter
und die Lenkhebel sind aus Aluminium, sehr beruhigend
Der MP9e wird, wie es sich für ein Wettbewerbsmodell gehört, als Bausatz in einem attraktiven
und großzügig bemessenen Karton mit Tragegriff
geliefert, der sich später als Transportbox, bei-
spielsweise für Reifen, geradezu anbietet. Zum
Lieferumfang gehören alle Bauteile einschließlich
dem Chassis, einem Spoiler und einer glasklaren
Lexankarosserie sowie die Montageanleitung und
ein schöner Aufkleberbogen. Felgen oder gar
Kompletträder werden nicht mitgeliefert und sind
separat zu beschaffen. Dies gilt selbstverständlich
auch für alle elektrischen Komponenten des Antriebs und der Steuerung. Dank Kyosho Deutschland konnten wir auf ein komplettes Package von
Team Orion zurückgreifen, das die Anforderungen
eines Racing-Cars voll erfüllt.
Neben ein paar Inbusschlüsseln und einem kleinen Steckschlüsselkreuz gehört auch ein 17 mm
Steckschlüssel für die Montage der Räder zur Serienausstattung. Dies trifft auch für die Öle der
Differenziale zu, während das Öl für die Dämpfer
noch beizusteuern ist. Ein erster Blick in die Bauanleitung bestätigte die gewohnte Qualität der
Illustrationen, die keine Schwierigkeiten erwarten lassen. Die Zeichnungen sind leicht verständlich, die Explosionszeichnungen und Ersatzteillisten übersichtlich und der Setting-Guide sowie
das Setup-Sheet sind sehr hilfreich bei der Abstimmung. Entsprechend einfach und kurzweilig
verlief der Aufbau, der durch die gezielte Verpackung nach Baugruppen unterstützt wurde. Beim
Aufbau haben wir uns bewusst an die Grundeinstellungen der Anleitung gehalten, für die Dämpfer wurde 45er Öl von LRP verwendet.
Der Einbau der RC-Anlage war kein Problem, der
Platz für den relativ langen Motor und den Fahrregler ist großzügig dimensioniert. Leider hat
auch Kyosho noch keine passende Lösung für den
Schutz des exponierten Speedos gefunden, der in
einer klassischen Box schnell überhitzen würde.
Etwas enger geht es bei der Schale für die beiden Lipo-Akkus zu. So genante Hardcase-Packs
aktueller Größe finden aber problemlos Platz und
amt 04 / 11
Pro und Contra
+ Verarbeitungsqualität
+ Top Technik
+ Performance/Power
- Keine Räder im Baukasten
- Gewicht
werden durch drei Straps sicher befestigt. Allerdings geht es unter der Karosserie ziemlich eng
zu, sodass die Lexanhaube über den Akkus unschön nach oben steht. Hier ist eine sorgfältige
Verkabelung gefragt. Einige Stunden später war
das Prachtstück fertig, allerdings ohne die Karosserie ausgeschnitten und lackiert zu haben. Letzteres übernahm übrigens www.brushmania.de
für uns.
Treibhaus-Effekt
Aufgrund der winterlichen Verhältnisse konnte
der Rollout erstmal nicht stattfinden und so vergingen Wochen und Wochen, bis es endlich soweit war. Anfang Januar ergab sich mir die Möglichkeit, in Euskirchen in einem Gewächshaus zu
fahren, in dem eine Handvoll passionierter RCCar-Fans eine geniale Offroad-Piste gebaut hatte. Sonnenschein und milde Temperaturen sorgten zusätzlich für perfekte Bedingungen in einer
sonst Buggy-freien Jahreszeit. Herzlichen Dank
an Peter Cramer, der mir diesen Testtag ermöglicht hat.
Nachdem die Karosserie angepasst und dekoriert,
die Fernsteuerung eingestellt und die beiden Lipo-Akkus geladen waren, ging es endlich auf die
Strecke. Wenn der Regler eingeschaltet ist, erfolgt
das automatische Setup, das mittels LED-Signalen angezeigt wird – und schon geht’s los. Da der
Elektroantrieb keine echte Einlaufphase benötigt, konnte ich mich bereits in der Einführungsrunde von der satten Leistung des Brushless-Motors überzeugen. Knappe 2.300 Umdrehungen
pro Volt und Minute wollen auf losem Terrain beherrscht werden.
Trotz verhältnismäßig guter Regelbarkeit des sensorlosen Vortex-Reglers braucht es doch einige
Zeit, bis man sich an die brachiale Power ohne
jegliche Verzögerung von „unten“ heraus (wie sie
bei einem Nitromotor üblich ist) gewöhnt hat. Je
nach Belag und Größe der Strecke kann statt des
12er Motorritzels problemlos eines mit 13 Zähnen verbaut werden, was ich auch umgehend gemacht habe. Gleichzeitig ersetzte ich die verwendeten Suicide-Reifen von LRP gegen einen Satz
Kamikaze.
Der MP9 war beim Beschleunigen nun deutlich
besser zu kontrollieren, die Topspeed noch beeindruckender und das Gripniveau hatte integral zugelegt. Lenkung hatte das Chassis mehr als
genug, obwohl ich „nervöse“ Autos mit viel Lenkung mag. Das liegt zum einem an der großzügigen mechanischen Lenkung, die der MP9e bereit hält, und zum anderen an der Stellkraft des
20 kg starken Team-Orion-Servos, das über jeden
Zweifel erhaben ist und die Lenkbewegungen
blitzschnell umsetzt. Nachdem ich an der Lenkungsplatte das mittlere statt des vorderen Lochs
verwendete, war die Lenkung spürbar angenehmer und das Chassis runder zu fahren als zuvor.
Kein Wunder, dass von der anfänglichen Dominanz der routinierten Nitro-Jungs im „Treibhaus“
nicht mehr viel zu sehen war und sie sich gewaltig anstrengen mussten, um vom elektrobetriebenen MP9e nicht abgehängt zu werden. Nach
knapp 10 Minuten war der Spaß der Zweikämpfe allerdings vorbei, weil alle, außer mir, wegen
Der Brussless-Motor ist, anders als beim Verbrenner, auf der rechten Seite installiert, während auf der linken die Akkuwanne den meisten Platz beansprucht
www.amt-racing.de
41
Spritmangels stehen blieben. Mit den 5.400 mAh
Lipos von Team Orion blieb die Uhr für den MP9e
hingegen erst nach 13:54 Minuten stehen und
dies bei einer akzeptablen Motortemperatur von
knapp 80° C. Die Fixierung der Akkus mit Klettverschlüssen hat im Übrigen tadellos funktioniert. Im Verlauf des Tages testete ich noch einige
kleinere Setup-Änderungen, die sich meist positiv
bemerkbar machten. Eine der wichtigsten war sicherlich die Reduzierung des Ausfederwegs, wodurch sich das Chassis noch präziser und sicherer
über den anspruchsvollen Kurs steuern ließ. Inzwischen hatte ich auch das Waschbrett, für mich
die Schlüsselstelle der Piste, im Griff und konnte
den MP9e, der in allen Sektoren der Piste auftrumpfte, so richtig fliegen lassen.
Bestätigung
Kyosho hat nicht überrascht, sondern vielmehr
seine exzellente Reputation als Offroad-Spezialist
bestätigt und die ausgereifte Technik des Weltmeisterchassis den Anforderungen des Elektroantriebs erstklassig angepasst. Obgleich der MP9e
dank seines problemlosen Antriebsmediums
durchaus auch für Amateure geeignet ist, richtet
sich das Chassis an routinierte Racer, die auf der
Piste keine Kompromisse dulden.
Bis hierher ist der Aufbau des MP9e, abgesehen vom
Motorhalter, mit seinem nitrobetriebenen Namensfetter identisch. Die Löcher von Motorhalter und
Schwungscheibe sind eindeutige Indizien
Die tadellos verarbeitete Chassisplatte wurde 1:1 vom Nitro-Bruder übernommen.
Den Verschluss der überflüssigen Löcher übernehmen passgenaue Einsätze