Klicken, kaufen - Global Marshall Plan
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P R O J E K T Z U K U N F T Klicken, kaufen, Welt verändern Das Prinzip Utopia lautet: Strategischer Konsum soll die Welt verbessern. Nicht Verzicht predigen die Gründer auf ihrer Website, sondern den bewussten Umgang mit den Gütern unserer Erde. Eine rasant wachsende Gemeinschaft soll diese Idee in die weite Welt tragen. er wie ich der Meinung ist, gen und Unternehmen. Der Maßstab Kinderkriegen ist auf- heißt „Nachhhaltigkeit“. Unterstützt regend, dem sei gesagt: wird das Ganze von Experten und Kinderkriegen ist NICHTS gegen Prominenten, die ebenfalls zur Comdas hier!“ Es war am 6. November munity gehören. So können Besuletzten Jahres, als Claudia Langer cher auf der website dabei sein, wie diesen Satz in ihren Blog, also ihr Fernsehmoderatorin Sandra öffentliches Internet-Tagebuch, Maischberger, Utopistin der ersten schrieb (s. Glossar, S. 16). Die Mut- Stunde und Jugendfreundin von ter dreier kleiner Kinder war ge- Claudia Langer, nach den ökologisch schlaucht von zwei Monaten, in de- besten Windeln sucht, Schauspieler nen sie mit ihrem 14-köpfigen Axel Milberg und seine Frau ökokorTeam rund um die Uhr geschuftet rekte Weihnachten feiern oder Georg hatte. Gleichzeitig spürte sie dieses Schweisfurth, Gründer der Basicnervöse Kribbeln im Bauch – Span- Kette, durch einen seiner Bio-Supernung pur. Zwei Tage später würde märkte schlendert. Der Utopia-Chedie Frucht ihrer Arbeit an den Start fin ist es gelungen von allen Seiten gehen – Utopia. Ein Internetportal, Befürworter zu finden: Von Politiker das die Welt verändern soll. Klaus Töpfer über Umweltpionier www.utopia.de ist ein virtueller Hubert Weinzierl, den Vorsitzenden Treffpunkt für Menschen, die kor- des Deutschen Naturschutzrings, bis rekt leben und trotzdem genießen zu den so genannten Stromrebellen wollen. Das Herzstück ist die „Com- Ursula und Michael Sladek. munity“, die Gemeinschaft der „Utopia will einen nachhaltigen „Utopisten“, der jeder Lebensstil fördern, Oribeitreten kann. Kostenentierungshilfe geben los. Auf dem Portal befür Produkte, die das Lewerten die Mitglieder ben wirklich besser maProdukte, Dienstleistunchen“, sagt Claudia Lan씮 2 I natur+kosmos 02/2008 Fotos: Weleda AG/Valentin Jeck (2) W Das Projekt UNSER ALLER LEBENSSTIL KANN DIE WELT VERBESSERN – „Wir Claudia Langer, die frühere Chefin einer erfolgreichen Werbeagentur, setzt heute auf nachhaltigen Konsum. fangen dann schonmal an!“ lautet ein Grundsatz des neuen Internetportals Utopia. Es will Menschen zusammenbringen, die ihre Marktmacht als Verbraucher erkannt haben und nun durch strategischen Konsum ausüben wollen. Utopia besteht aus zwei Teilen: Die kommerzielle Utopia AG soll mit einer guten Sache Gewinne machen. Sie informiert auf der Internetseite über nachhaltigen Lebensstil und nimmt Geld ein durch Werbebanner, Kooperationen, Sponsorings und einen geplanten OnlineShop. Ein Teil dieser Gewinne fließt dann in den zweiten Teil, die Utopia-Stiftung. Diese soll im Verbund mit anderen Stiftungen Non-Profit-Projekte finanzieren, die ebenfalls unseren nachhaltigen Umgang mit der Erde fördern. P R O J E K T Z U K U N F T ger. Die Pfarrerstochter, die als Werbe-Managerin viel Geld verdient hat, ist überzeugt, dass die Kunden es selbst in der Hand haben, wie verantwortungsvoll Unternehmen handeln – indem sie nämlich nur Waren und Leistungen kaufen, für die weder die Natur zerstört noch Arbeiter ausgebeutet werden. Ökologisch und sozial korrekt sozusagen. Claudia Langer glaubt dabei an die Kraft der Mundpropaganda: „Wenn ein Utopist über seine vier Jahre Erfahrung mit einem Toyota Prius schreibt, ist das hilfreicher für eine Kaufentscheidung als jede Anzeige.“ Ihre Initiative könnte auf keinen fruchtbareren Boden fallen. Die so genannten Lohas – manchmal auch mit dem Etikett Neo-Grüne, Kulturell Kreative oder Neue Konsumenten bezeichnet – sind gewaltig auf dem Vormarsch (s. natur+kosmos 7/06). Lohas steht für „Lifestyle of Health and Sustainability“ und bezeichnet eine Art neuer Umweltbewegung, die sich in den letzten Jahren zunächst in den USA entwickelt hat. Zu ihr gehören meist gut verdienende Menschen, die mit gutem Gewissen konsumieren wollen – ohne zu verzichten. „Lohas sind die Lifestyle-Avantgarde des 21. Jahrhunderts, weil sie bislang widersprüchliche Bedürfnisse wie Nachhaltigkeit und Genuss, Umweltorientierung und Design in ihrem Lebensentwurf zusammenbringen“, sagt Trendfor- Kennzahlen Roland Emmerich, Filmregisser „Ich bin zwar kein Aktivist, aber mittlerweile fahre ich ein Hybridauto und habe eine Solaranlage auf dem Dach“ 4 I natur+kosmos 02/2008 www.utopia.de ist am 8. November 2007 als unabhängige Konsumentenplattform gestartet. Binnen 14 Tagen wurden bereits eine halbe Million PageImpressions gezählt und 3500 Utopisten registriert, nach 4 Wochen waren es über 1 Million Klicks bzw. 5500 Utopisten. Utopia hat 15 Mitarbeiter. Die Utopia-Stiftung befindet sich in der Gründungsphase, 10 Kuratoriumsmitglieder entscheiden. Erste Sitzung: Februar 2008. scher Eike Wenzel vom Zukunftsinstitut in Kelkheim. „Sie bevorzugen also einen hybriden Lebensstil, der sich weniger von den Diktaten des Marketings beeinflussen lässt und stärker eigene Konsumerfahrungen berücksichtigt. Und sie verlassen die passive Zuschauerrolle im Markt. Sie wollen sich austauschen und mitbestimmen. Darum ist das Internet die wichtigste Informations-Plattform der Lohas. Insbesondere das Web 2.0, weil es interaktiv ist.“ (s. Kasten S. 18) In Amerika wird die Zahl der Lohas auf 50 bis 60 Millionen Verbraucher geschätzt, die zig Milliarden Dollar für nachhaltige Produkte ausgeben. In Deutschland nimmt die Marktmacht ebenfalls zu: Die Biobranche wächst seit dem Jahr 2000 im Schnitt um 15 Prozent per anno und macht inzwischen rund fünf Milliarden Euro Umsatz. Kein Wunder, dass „Unternehmen bei diesen Zahlen nervös werden“, sagt Claudia Langer. „Sie hören, dass da eine Welle auf sie zurauscht, aber sie können sie nicht sehen. Es ist, wie wenn sie auf eine Nebelbank blicken.“ Langers Devise heißt deshalb „ich kaufe mir eine bessere Welt“ oder „strategischer Konsum“. Schauspieler Axel Milberg, bekannt als Tatortkomissar erklärt, was damit gemeint ist: „Bei meiner Frau und mir war es nach der Geburt des ersten Kindes: Wir haben uns damals für mehr Verant- politik + wirtschaft Karte: Sonja Heller. Fotos: xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx xxxxxxxxxxxxx xxxx Der Utopia-Produktguide: Dort werden über 400 Produkte von Fragen zu Recycling bis zu fairem Handel bewertet. „Erst lesen, dann kaufen“: Diese Empfehlung gibt Utopia nicht nur angehenden Hausbesitzern mit auf den Weg. wortung entschieden und für mehr Genuss – wie Millionen andere auch. Dadurch wurde die ganze Lebensmittelbranche zum Umdenken gezwungen.“ Daran, dass dieses Umdenken auf alle Branchen übergreift, arbeiten die Mitarbeiter von Utopia in einem modernen, würfelförmigen Holzhaus, das Claudia Langer vor drei Jahren mit ihrem Mann in München-Solln gebaut hat. Die Utopia-Gründerin sitzt in einem Büroraum, den das Team nur „Aquarium“ nennt. Er liegt zentral im zweiten Stock. Die beiden Längswände des Aquariums sind jeweils eine einzige Fensterfront, der Raum ist lichtdurchflutet – transparent wie das ganze Projekt. „Sitzen“ kann man das allerdings eigentlich nicht nennen, was Claudia Langer da tut. Sie selbst beschreibt sich als hyperaktiv. Und das scheint zutreffend. Die 43-jährige steht unter Strom, ist ständig in Bewegung, wechselt die Position auf dem Stuhl, gestikuliert ausschweifend und wird kurz aus der Besprechung gerufen, um ein Filmteam von RTL zu verabschieden. Zurück im Aquarium stürzt sie sich mit vollem Elan in das Gespräch. „Es ist der absolute Wahnsinn“, sprudelt es aus ihr heraus. „Es scheint, als hätten al- Felix Finkbeiner, jüngster Utopist „Während andere diskutieren, pflanzen wir Bäume. Ein Baum kostet nur einen Euro, aber er bringt ganz viel fürs Klima.“ 씮 INTERVIEW „Mit guten Sachen darf man Geld verdienen“ Claudia Langer zur Gründung ihres Utopia-Portals. Frau Langer, was unterscheidet www.utopia. Claudia Langer, de von anGeschäftsführerin deren Interder Utopia AG. netportalen für nachhaltigen Konsum? Im Wesentlichen unsere ausgeprägte Community. Wir wollen nicht nur informieren, sondern die Menschen mitreißen. Und das hoffen wir durch ein hohes Maß an Interaktivität zu erreichen. Die Utopisten können die Seite aktiv mitgestalten. Sind Sie bei ihrem Konzept von der erfolgreichen Internetgemeinschaft „Xing“ inspiriert worden? Nein, davon habe ich erst später gehört. Der Gedanke kam uns eher wegen unseres Ärgers beim Hausbau. Mein Mann und ich wollten das nachhaltigste und baubiolo- politik + wirtschaft gischste Holzhaus der Welt errichten und sind kläglich gescheitert. Als wir zum Beispiel einen Zimmerer nach mondgeschlagenem Holz fragten, schaute der uns an, als wären wir selbst vom Mond. Weit draußen auf dem Land kennt man noch die Jahrtausende alte Regel „Jeder Bauer schlägt den tragenden Balken bei Vollmond“. Oder die Wandheizung: Eine tolle Sache. Sehr angenehm und spart Energie. Aber finden Sie mal jemanden, der dazu etwas empfehlen kann. In Utopia kann man solche Probleme jetzt ohne weiteres klären. Kritiker bemängeln, dass Utopia nicht nur eine Stiftung für die gute Sache, sondern auch ein Profit orientiertes Unternehmen sei. Was entgegnen Sie denen? Eigentlich wollte ich nie mehr Unternehmerin sein und Utopia unbe- dingt als non-profit-Initiative aufstellen. Ich habe viele mögliche Sponsoren besucht, von denen auch einige Geld gegeben hätten. Aber dann wollte der eine, dass Utopia nach ihm benannt wird, der nächste in die Projekte reinreden. Letztlich musste ich erkennen, dass ich so in eine Abhängigkeit komme, die meine Initiative aus der Balance bringen. Entscheidend war ein Treffen mit Basic-Gründer Georg Schweisfurth. Der war erschüttert, als ich ihn um Geld anpumpte, und sagte, die Menschen müssten endlich kapieren, dass man mit guten Sachen auch Geld verdienen darf. Ich solle wieder anrufen, wenn ich ein richtiges Geschäft daraus gemacht hätte. Also habe ich eine Aktiengesellschaft gegründet – und Georg Schweisfurth sitzt im Aufsichtsrat. www.natur.de 02/2008 I 5 P R O J E K T Z U K U N F T „Ich freue mich, Utopia.de unterstützen zu können, da mir das Thema sehr am Herzen liegt“ le nur auf so etwas wie Utopia gewartet.“ Binnen vier Wochen nach Start der website wurde diese mehr als eine Million Mal angeklickt. Über 5500 Menschen haben sich als Utopisten angemeldet. Und das ohne jede Werbung – allein durch die Kraft der Community. „Unsere UNSERE PARTNER natur+kosmos präsentiert jeden Monat ein herausragendes Projekt, das ökologische, ökonomische und soziale Kriterien gleichermaßen erfüllt. Die Auswahl der Projekte erfolgt weltweit und in Zusammenarbeit mit: Bundesdeutscher Arbeitskreis für Umweltbewusstes Management (B.A.U.M.), BUND, Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, Bundesverband für Wirtschaftsförderung und Außenwirtschaft (BWA), Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU), Deutsche Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ), Deutsche Investitions- und Entwicklungsgesellschaft (DEG), Deutscher Naturschutzring (DNR), dokeo GmbH, econsense – Forum Nachhaltige Entwicklungder Deutschen Wirtschaft, fechnerMEDIA, Global Nature Fund (GNF), Institut für MarktUmwelt-Gesellschaft (IMUG), KfW Entwicklungsbank, Öko-Institut, Right Livelihood Award Foundation (Alternativer Nobelpreis), Schweisfurth-Stiftung, Stiftung Europäisches Naturerbe (Euronatur), World Wildlife Fund (WWF), Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie. 6 I natur+kosmos 02/2008 Internetglossar Blog: Abkürzung von „weblog“, zusammengesetzt aus Web und Logbuch. Bezeichnet das Internettagebuch eines Nutzers. Mittlerweile gehen Blogs weit über persönliche Erfahrungsberichte hinaus und kommentieren oft kompetent das Weltgeschehen. Für viele sind Blogs daher neben Fernsehen und Presse zu wichtigen Informationsquellen geworden. Community: Die Gemeinschaft der angemeldeten Nutzer einer Internetseite, die sich untereinander austauscht – mit Erfahrungsberichten, Bewertungen, Tipps und Anregungen. Page impressions: Gibt an, wie häufig Nutzer eine Einzelseite einer website angeklickt haben. Je mehr Internetnutzer auf eine Seite gehen, um so attraktiver wird sie – etwa für Anzeigenkunden. Web 2.0: Bezeichnet interaktive Formen von Internetangeboten. Die Nutzer stellen eigene Inhalte ins Netz. Video- und Fotoplattformen wie You Tube und Flickr, das Online-Lexikon Wikipedia, Blogs und Tauschbörsen sind Beispiele. Auch unter www.natur.de gibt es verschiedene Möglichkeiten, sich aktiv einzubringen.. stinksauer auf meine Eltern: ‚Wie konntet ihr mich nur in so eine Welt setzen?’ Es war das reinste No Future-Gefühl.“ Was folgte, war purer Trotz nach dem Motto: „Wenn die Welt schon untergeht, will ich bis dahin wenigstens Party machen.“ Und Spaß bedeutete für Claudia Langer, sich politik + wirtschaft Foto: Weleda AG/Bildarchiv Anita Bachelin, Modemacherin kühnsten Erwartungen sind übertroffen worden“, strahlt Langer. Von allen Seiten gibt es Lob, von der konservativen Frankfurter Allgemeinen Zeitung bis zur linksgerichteten Tageszeitung taz. Die Gründerin ist darüber sehr erleichtert. Los ging das Ganze nämlich mit einer fixen Idee in einem Wohnmobil in Kanada. Und auch das nicht ohne Vorgeschichte. Claudia Langer wuchs in einem ökologisch sehr korrekten Elternhaus auf. Der Vater ist Pfarrer, die Mutter Sozialpädagogin. „Ich war bei jeder Menschenkette dabei und hatte die größten Anti-AtomkraftAufkleber.“ Der erste Bericht des Club of Rome von den Grenzen des Wachstums prägte ihre Kindheit. Was sie im Sozialkunde Leistungskurs über die Defizite unserer Gesellschaft lernte, tat das Übrige, um Claudia Langer in die Verzweifelung zu treiben: „Ich war damals „Billig heißt leider oft giftig“ – warnt Utopia, wenn es um Kinderkleidung geht. kreativ auszutoben. Im Alter von 16 dann in dir zu rumoren an; du erin- ihres Öko-Holzhauses verzweifelte, baute sie ein Kleinkunstfestival und nerst Dich deiner Wurzeln, machst weil es so schwierig war, die richtigen eine Konzertagentur auf, mit 19 die dir Gedanken, worum es dir im Le- Materialien und Handwerker zu fin„Avantgarde Modemesse“ als Ge- ben wirklich geht. Dann bekommst den (s. Interview, S. 15). Im Sommer 2006 gab dann eine genentwurf zur Münchner Mode- du Kinder, denen du eigentlich woche – um es den Satten und Etab- ganz andere Werte vermitteln Tour mit dem Wohnmobil durch Kalierten mal ordentlich zu zeigen. Acht willst, als sie in der Werbewelt gel- nada den Anstoß für Utopia: „Ich haJahre später gründete sie mit ihrem ten. Und dann wirst du auch noch be noch nie eine so hemmungslose Mann Gregor Wöltje die Werbeagen- 40. Spätestens da war mir klar: So Zerstörung von Natur gesehen“, eringeht das nicht weiter.“ nert sich Claudia Langer. „Wir wolltur „start“. Und die schlug voll ein. 2005 stieg sie mit ihrem Mann von ten unberührte Landschaften genieDie beiden entwarfen Aufsehen erregende Kampagnen, erhielten jetzt auf gleich aus, verkaufte die ßen und bekamen stattdessen zerGroßaufträge von Konzernen wie Agentur und stürzte sich erst einmal störte Berge und Wälder zu sehen. MTV, eon, Burger King und Deut- ins Privatleben. Zu der Zeit wurden Verstört saßen wir da und diskutiersche Bank, sahnten nationale und die Filme „We feed the World“, „Un- ten.“ Die Managerin in ihr erkannte, internationale Preise ab und be- ser täglich Brot“ und Al Gores „Eine dass grüne Politik und Öko-Organischäftigten zeitweise 80 Angestellte. unbequeme Wahrheit gedreht, die sationen mehr Unterstützung brauClaudia Langer wurde zu einer Be- den Status Quo unseres Umgangs chen könnten und kam mit ihrem rühmtheit in der Werbewelt. „Es mit der Natur anprangern und die Mann zu dem Schluss: „Da muss sowar ein Riesenspaß“, erinnert sie auch Langers Familie bewegten. Es zialer Unternehmergeist rein. Die sich. „Aber irgendwann fängt es war die Zeit, in der das Paar am Bau Idee zu Utopia wurde geboren.“ 씮 INTERVIEW „Utopia macht dort weiter, wo wir aufhören!“ Rainer Grießhammer zum Engagement des Öko-Instituts bei Utopia. Herr Grießhammer, warum macht das ÖkoRainer GrießInstitut bei hammer, stellv. Utopia mit? Geschäftsführer Mit dem Ökodes Öko-Instituts. Institut erreichen wir vor allem Politiker und Unternehmer. Nur wenige Projekte richten sich direkt an Verbraucher. Traditionell arbeiten wir mit Studien, Pressemitteilungen und Politikberatung. Utopia macht als kreative Plattform mit Videoclips, Chats usw. da weiter, wo wir aufhören! Andere sind skeptisch, ob eine PR-Managerin wie Claudia Langer wirklich die Sache in den Mittelpunkt stellt, und nicht den politik + wirtschaft Profit – und sie wundern sich, dass das Öko-Institut mitmacht. Ist die Skepsis berechtigt? Es gibt viele erfolgreiche Unternehmen in der Bio- und Nachhaltigkeitsbranche, die aus dem konventionellen Bereich heraus gegründet wurden – etwa die Freiburger Solarfabrik, Alnatura und die Hermannsdorfer Landwerkstätten. Der schwierigen Balance zwischen hehrem Ziel und Behauptung am Markt müssen sich alle stellen – unabhängig von der Herkunft. Das gilt für Utopia genauso wie für die taz,das Öko-Institut oder natur+kosmos. Wie bringt sich das ÖkoInstitut bei Utopia ein? Das Öko-Institut ist an Utopia nicht institutionell beteiligt. Wir kooperie- ren bei einzelnen Projekten, etwa mit der EcoTopTen-Initiative, bei der wir zukunftsfähige Produkte empfehlen. Und ich bin persönlich im Stiftungsrat von Utopia. Die Zusammenarbeit ist bisher sehr erfeulich, Anregungen von uns wurden schnell umgesetzt. Welche Hoffnungen verbinden Sie mit dem Projekt? Viele der bereits bestehenden Plattformen widmen sich eingeschränkten Fragestellungen oder sprechen nur die Ökoszene oder nur jüngere Nutzer an. Utopia ist auf dem guten Weg, das übergeordnete Forum für nachhaltigen Konsum zu werden, mit dem sich Verbraucher und Unternehmen, jüngere und arrivierte Zielgruppen verbunden fühlen. www.natur.de 02/2008 I 7 Ludolf von Maltzan, Bio-Bauer „Es ist schön, in einer wachsenden Utopisten-Familie die Erkenntnis zu haben, an etwas Gutem beteiligt zu sein“ Während der Vorbereitung, die insgesamt ein Jahr dauerte, hatte Claudia Langer ziemlichen Bammel. Bammel davor, dass die Hardcore-Ökos sie anfeinden würden. Doch auch in diesen Kreisen fand die Idee Anhänger. Das Freiburger Öko-Institut, vertreten durch Rainer Grießhammer (s. Interview S. 17), ist Gründungspartner von Utopia und steht mit 30 Jahren Erfahrung zur Seite. Und dann war da ein User namens „Konsum-Guerilla“, der Claudia Langer fast zum Weinen gebracht hätte vor Glück. Es war einen Tag nach der Freischaltung der website. „Da schrieb dieser Mensch im Forum: ‚Ich bin Utopist, ich bin Utopist. Meldet Euch jetzt an!’ Ich hätte ihn küssen können! Jetzt war mir klar: Ich kann beruhigt den Start feiern.“ Was nicht heißt, dass es keine Skeptiker gibt. Peter Parwan, ein Öko alter Schule, der auf seiner website www.lohas.de schon seit eineinhalb Jahren über nachhaltigen Lebensstil informiert, traut Utopia nicht recht über den Weg. „Wenn eine solche Initiative von Unternehmern ausgeht, besteht immer die Gefahr, dass da reine Profitgier mit einem grünen Mäntelchen überdeckt wird. Die Zeit wird es zeigen.“ Darauf baut auch Claudia Langer. „Wer immer noch skeptisch ist, den können wir nicht mit Reden überzeugen, der soll einfach abwarten.“ Sie weiß selbst nur zu gut, wie aufmerksam und kritisch die Utopia-Gemeinschaft ist. „Natürlich haben viele meiner damaligen Werbeagentur-Kunden, die ja nun mal wissen, was wir können, angerufen und gefragt: ‚Können wir Freunde sein?’“ Langer lehnte dankend ab. Schon die Beteiligung der beiden Gründungspartner Hess Natur und Nachhaltiger Konsum im Netz Im Internet gibt es immer mehr Angebote für Verbraucher, die einen nachhaltigen Lebensstil pflegen möchten. „Umwelt und Gesundheit sind Themen, die vor allem bei zahlungskräftigen Käufern in Zukunft immer stärker in den Vordergrund rücken dürften“, prognostiziert Werner F. Schulz, Professor für Umweltmanagement an der Universität Hohenheim. Webseiten wie www.eco-world.de oder www.ecoshop per.de und Online-Zeitschriften wie www.der-wellnesser.de liefern dieser Käuferschicht gezielt Produktinformationen. Portale mit Community-Gedanken bieten darüber hinaus die Möglichkeit, sich als registrierter Nutzer mit anderen auszutauschen. Den Anfang machte hier im August 2006 die Seite www.lohas.de, betrieben von Peter Parwan, einem Umweltaktivisten der ersten Stunde, der sein Angebot inzwischen um den Produktführer www. lohasguide.de und den Blog www.lohas-lifestyle.de ergänzt hat. Ende 2007 folgten www.ivy-world.de vom Zeitschriftenverlag Burda und www. utopia.de. „Die Entwicklung ist nicht neu“, sagt Werner F. Schulz. „Neu dagegen ist, dass sich jetzt echte Verkaufsprofis ans Werk machen. Das sehe ich nicht als negativ an, solange die Qualität stimmt. Denn Umwelt und Gesundheit sind Vertrauensgüter. Das sollten Burda und Co. beherzigen.“ Otto, die Utopia mitfinanziert haben und nun damit werben, musste Langer vor der Community bis ins Detail rechtfertigen. Nur Unternehmen wie diese beiden, die ihre Verantwortung gegenüber der Gesellschaft vorbildlich wahrnehmen, indem sie ihre gesamte Struktur auf Nachhaltigkeit und Sozialverträglichkeit trimmen, dürfen bei Utopia mitmachen. Auch die bei anderen kommerziellen Internetseiten gängige Praxis, Userdaten zu speichern und womöglich für Geld weiterzugeben, ist absolut tabu: „Damit würden wir unsere komplette Glaubwürdigkeit verspielen. Und die ist wichtiger als jede schnelle Refinanzierung“, weiß die Chefin. Ein paar Jahre wird es wohl dauern, bis Utopia durch Bannerwerbung, Sponsoren und den Verkauf nachhaltiger Produkte schwarze Zahlen schreibt. Entscheidend ist ihr, dass Sie Konsumenten wie Unternehmen zum Handeln bringt. Und diesbezüglich ist sie sehr zuversichtlich: „Ich habe das starke Gefühl, dass wir an einem historischen Wendepunkt stehen, insbesondere was die Unternehmen betrifft. Früher waren das Betonköpfe. Als ich bei Eon mit damals 26 Jahren mal den kühnen Vorschlag unterbreitete, die Atomkraft aufzugeben, fand der Vorstand das wirklich rührend und hat sich kaputt gelacht. Aber heute sind solche Konzerne verunsichert. Wahrscheinlich reichen schon zehn Briefe an die Unternehmensleitung, um ein Thema auf die Agenda der nächsten Vorstandssitzung zu bringen. Einfach weil die Vorstände Angst haben, die Welle, die sie hören, könnte ein Tsunami sein.“ JAN BERNDORFF MEHR ZUM THEMA INTERNET: www.utopia.de, www.lohas.de, www.lohas-lifestyle.de, www.der-wellnesser.de, www.eco-world.de, www.ivy-world.de