Gesammelte Werke
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Gesammelte Werke von Franz Erni Vieles wär’ mir verborgen geblieben. Hätt’ ich es nicht aufgeschrieben. Franz Erni [email protected] Seite 2 www.franzerni.ch Vorwort Zum Jahreswechsel 1996 hatte ich spontan begonnen, Gedichte und kreative Geschichten zu schreiben. Diese erste Schreibphase dauerte etwa zwei Jahre und endete genau so spontan, wie sie begonnen hatte. Danach gab es immer wieder kürzere Episoden in denen ich Texte geschrieben habe. Im Lauf der Zeit entstand die Idee, die Texte in einem Buch zu veröffentlichen. Dieses Vorhaben schlummerte jedoch jahrelang in mir, ohne dass ich mir konkrete Gedanken darüber gemacht hätte, dieses auch in die Tat umzusetzen. Doch nach dem Tod meines Vaters schwirrten mir folgende Gedanken durch den Kopf: Ich möchte nicht sterben, ohne meine Texte zu vererben. Sozusagen zu meinem 50-zigsten habe ich begonnen meine Texte zu sammeln und zu ordnen. Dabei sind wieder neue, eher kürzere Texte entstanden, die ich zusammen mit den Texten aus dem letzten Jahrtausend zu einem Büchlein zusammengefasst habe. Seengen, Juli 2015 [email protected] Franz Erni Seite 3 www.franzerni.ch Kurztexte Als ich klein war, wollten die Eltern, dass ich artig war. Jetzt wird mir bewusst, ich habe nur die halbe Wahrheit verstanden, sie meinten wohl einzig-artig. (November 2011) Jahrelang habe ich gedacht, Zufriedenheit gedeiht aus dem Erfüllen der Wünsche. Nun wird mir bewusst, meine Zufriedenheit wächst, mit dem, was ich an mir schätze. (Februar 2010) Träume in Erinnerungen zu verwandeln, ist wie aus Holz ein Feuer zu entfachten, an dem du dich ewig erwärmen kannst. (Januar 2012) Wenn Sorgen, wie Geier über dir kreisen, dann erwecke in ihnen nicht die Hoffnung, dass sie sich an dir satt fressen zu können, sondern löse in ihnen die Sorge aus, dass sie an dir erbärmlich verhungern werden. (Januar 2009) [email protected] Seite 4 www.franzerni.ch Gedicht – Engel ohne Flügel Engel ohne Flügel, sind Menschen, die dich mit einem Lächeln anstrahlen und dir damit die Sonne an den Horizont malen. Engel ohne Flügel, sind Menschen, die dir erzählen, was sie an dir schätzen, weil es ihnen spontan in den Sinn kommt. Engel ohne Flügel, sind Menschen, die deine Gefühle ohne Worte spüren weil sie mit dir besonders verbunden sind. Engel ohne Flügel, sind Menschen, die dir nah sind, auch wenn sie nicht da sind. Engel ohne Flügel, sind Menschen, deren Flügel du nicht siehst, aber im Herzen spürst. (September 2011) Was ich dir erzählen wollte, erzähl ich dir nicht, denn es gibt eine Wahrheit, die will nicht erzählt, sondern erfahren werden. (Mai 2015) Es gibt etwas in mir, das sich danach sehnt, verwirklicht zu werden. (Mai 2015) [email protected] Seite 5 www.franzerni.ch Geschichte des Lernens Eines Tages als das Göttliche durch den Himmel spazierte, entdeckte es einen Engel, der nachdenklich auf die Erde schaute. Das Göttliche fragte den Engel: "Was siehst Du denn da?" Der Engel antwortete: "Ich hab' beobachtet, dass die Menschen spezielle Häuser bauen, sie nennen diese Häuser Schulen. Da schicken sie ihre Kinder hin, damit diese etwas lernen." Darauf antwortete das Göttliche: "Damit die Menschen etwas lernen, habe ich ihnen doch die Fehler und das Spielen geschenkt." "Das ist ja gerade das Problem" entgegnete der Engel "Wer in der Schule Fehler macht, der wird mit schlechten Noten bestraft. Und das Spielen wird den Kindern dort nur in den Pausen erlaubt." Mit etwas nachdenklicher Stimme sagte das Göttliche: "Mein Engel, bist Du Dir da sicher". Der Engel antwortete: "Ja, ich bin mir sicher. Aber es kommt noch schlimmer. Es gibt Kinder, die fürchten sich sogar vor der Schule." Ganz erstaunt schaute das Göttliche den Engel an und sagte: "Ich kann kaum glauben, was Du da sagst - Angst war doch noch nie ein guter Lehrer." Mit etwas Traurigkeit in der Stimme antwortete der Engel: "Die Kinder fürchten sich vor allem vor den schlechten Noten." Das Göttliche griff sich an den Kopf und sagte leicht entrüstet: "Typisch Mensch - seit er die Zahlen und das Geld erfunden hat, scheint er den Sinn für das Wesentliche verloren zu haben." Das Göttliche wurde immer nachdenklicher und er wanderte hin und her, runzelte die Stirn – und plötzlich sagte er: "Ich hab's" – es murmelte noch etwas vor sich hin und zeichnete dann die Form eines Herzen in den Sand und drückte seinen Zeigefinger mitten in das symbolische Herz." Ganz erstaunt fragte der Engel: "Was machst Du denn da?" Das Göttliche antwortete: "Komm schau selber! Ich sende die Neugierde in die Herzen der Kinder." [email protected] Seite 6 www.franzerni.ch Geschichte des Lernens Und wirklich der Engel konnte beobachten, wie die Kinder, die vorhin noch ganz aufmerksam dem Lehrer zugehört hatten, plötzlich den Lehrer geradezu mit Fragen bombardierten. Zuerst war der Lehrer noch begeistert vom neuen Interesse der Kinder. Doch schon nach kurzer Zeit konnte er die vielen Fragen der Kinder nicht mehr beantworten. So schickte er die Kinder zum Spielen in die Pause. Und die Kinder begannen auf dem Pausenplatz ganz neue Spiele zu kreieren und immer wieder hörte der Lehrer die Kinder sagen: "Das ist doch, wie ... - Lass uns das mal so probieren..." Nur der kleine Fritz liess sich von diesem Treiben scheinbar nicht anstecken. Er hatte sich unter einen Kirschbaum gelegt und schien darunter zu schlafen. Seine Augen waren zwar geschlossen, doch sein Mund stand weit offen. Der Lehrer gesellte sich zu Fritz und fragte ihn: "Willst Du denn nicht lernen, so wie die anderen Kinder?" "Doch, doch" antwortete Fritz: "Zuerst habe ich intensiv die Sonne beobachtet, wie sie die Kirschen reifen lässt und nach meinen Berechnungen sollte mir demnächst eine Kirsche in meinen Mund fallen." Als das Göttliche die Worte von Fritz hörte, begann es herzhaft zu lachen. Und das Göttliche Gelächter schüttelte den Kirschbaum derart, dass sich eine Kirsche löste und direkt in den Mund des Knaben fiel. Der Lehrer staunte nicht schlecht, mit weit geöffnetem Mund stand er da, als wollte er die nächste reife Kirsche erhaschen. Doch nach einiger Zeit des Staunens stammelte er: "Das kann doch kein Zufall sein?" Auch der Engel war ganz erstaunt über dem was vorgefallen war und ganz neugierig fragte er: "Kannst Du mir dies erklären? Mit einem Lächeln auf den Lippen sagte das Göttliche: "Weisst Du lieber Engel, meine Wunder und die Phantasie der Kinder soll vorerst mein Geheimnis bleiben, aber es freut mich, wenn ich Deine Neugierde geweckt habe." (Herbst 2000) [email protected] Seite 7 www.franzerni.ch Kurztexte Wenn du Gutes tun willst dann erziehe deine Kinder zur Selbst-Verantwortung und nicht zum Gehorsam, denn das ist gut für deine Kinder und die Welt. (November 2010) Wenn Kinderaugen an deinen Lippen kleben, ist das ein ganz besonderer Segen. Wenn ihre Augen voller Aufmerksamkeit strahlen und sie die Geschichte in Gedanken farbig malen, und die Zeit nicht wirklich vergeht sondern in einer neuen Dimension entsteht, dann erlebst du das Wunder der Geschichten, in den Augen dieser kleinen Wichten. (Dezember 2011) Wer denkt, wir spielen mit den Kindern um der Kinder Willen, der scheint den Sinn des Spielens nicht begriffen zu haben. (November 2010) Weisheit und Macht sind so selten gepaart. Der Mächtige scheint sich für die Weisheit nicht wirklich zu interessieren. Für den Weisen, scheint die Macht über andere nicht interessant zu sein. (November 2011) [email protected] Seite 8 www.franzerni.ch Geschichte – die Kerze Es war einmal eine Kerze, die machte sich Gedanken, was an ihr das Wesentliche sei. Zuerst dachte sie: „Ich bestehe ja fast zu hundert Prozent aus Wachs – also scheint das Wachs das Wesentliche an mir zu sein.“ Doch dann dachte die Kerze: „Erst der Docht macht mich zur Kerze – sonst wäre ich ja nur Wachs, also ist der Docht das Wesentliche an mir.“ Doch dann dachte die Kerze: „Es muss noch etwas anderes geben, das in mir Wesentlich ist.“ So ging die Kerze zum Spiegel der Erkenntnis und stellte sich davor und fragte: „Spiegel der Erkenntnis bitte sage mir, was an mir ist das Wesentliche?“ Der Spiegel blieb für eine Zeit stumm, dann sagte er: „Das Wesentliche an Dir ist im Moment nicht sichtbar.“ Die Kerze nickte und sagte: „Du hast Recht – die Flamme ist das Wesentliche an mir. Ich muss brennen, um das Wesentliche in mir zu erkennen.“ Die Kerze holte ein Streichholz und zündete ihren Docht an und stellte sich nochmals vor den Spiegel der Erkenntnis und sagte: Spiegel der Erkenntnis bitte sage mir, was an mir ist das Wesentliche?“ Der Spiegel blieb für eine Zeit stumm, dann sagte er: „Du hast schon etwas Wesentliches an Dir entdeckt. Aber das Wesentliche an Dir ist im Moment nicht erkennbar.“ Die Kerze nickte und sagte: „Du hast Recht – die Wärme, die ich spende, das ist das Wesentliche an mir. Dankbar von der neuen Erkenntnis wollte sich die Kerze wieder auf den Weg nach Hause machen. Da meldete sich die Stimme aus dem Spiegel und sagte: „Das Wesentliche an Dir hast Du noch nicht erkannt.“ Neugierig blieb die Kerze stehen und schaute wortlos in den Spiegel. Der Spiegel blieb für eine Zeit stumm, dann sagte er: „Das Wesentliche an Dir ist, dass Du leuchtest wie ein Stern, so dass man sich noch an Dein Licht erinnert, wenn Wachs und Docht schon längst erloschen sind.“ (Dezember 2010) [email protected] Seite 9 www.franzerni.ch Gedicht - Kinder Als ich noch klein war, war für mich klar, der Storch bringt die Kinder ob im Sommer oder im Winter. Doch hab' ich nie entdeckt wie er sie in den Bauch der Mütter steckt. Später hat man mich überzeugt, Kinder werden wie Bienen gezeugt. Doch warum die Kinder wirklich kommen, hab' ich nie vernommen. Ich glaub, es muss ihr eigener Wille sein, hier auf unserer Erde zu sein. So werden Kinder nicht geboren, sondern sie sind auserkoren, uns zu zeigen, die Gottesgaben, die wir längst vergessen haben. Kinder zeigen uns die wichtigen Sachen wie Wünschen, Spielen und Lachen. Und wie wichtig, Geschichten sind, weiss doch jedes Kind. Wie wichtig es ist, sich zu entfalten, lernen wir von diesen kleinen Gestalten. Und sie geben uns zu versteh'n, nach dem Umfallen, ist es wichtig wieder aufzusteh'n (Winter 1996) [email protected] Seite 10 www.franzerni.ch Geschichte – Adam Eines schönes Tages, als das Göttliche so durch das Paradies schwebte, dachte es: "Es gefällt mir was ich erschaffen habe, aber ich glaube, die Welt ist noch nicht ganz vollkommen." Da kam ein Affe vorbei und wollte mit dem Göttlichen spielen. Das Göttliche dachte: "Ach du dummer Affe, immer willst du nur spielen, siehst du denn nicht, dass die Welt noch nicht vollkommen ist." Doch dem Affen gefiel die Welt, so wie sie war. Er kletterte am Göttlichen empor, küsste das Göttliche, um ihm seine Freude zu zeigen. Als das Göttliche sah wie sich der Affe aufrichtete, kam er auf die Idee ein neues Geschöpf zu erschaffen, das nach Vollkommenheit streben sollte. So formte das Göttliche ein neues Geschöpf nach der Vorlage des Affen, versah es mit einem aufrechten Gang und schenkte ihm ein neues Gehirn. In dieses neue Gehirn steckte er das Gefühl, dass die Welt nicht vollkommen sei und den Gedanken nach Vollkommenheit zu streben. Als das Göttliche die neue Gestalt so betrachtete, bemerkte es, dass es der Gestalt kein Geschlecht gegeben hatte. So riss es kuzerhand den Penis des Affen ab und befestigte ihn am neuen Geschöpf und gab dem neuen Menschen den Namen Adam, was soviel bedeutet wie: "Ab-demAffen-montiert". So führt der Penis des Mannes noch heute sein selbständiges Affenleben, dass nur Spielen und Küssen im Sinn hat und dies paradiesisch findet. Und wenn der Penis des Mannes sich aufrichtet, kommen ihm Gedanken an das paradiesische Leben hoch, dass er als Affe geführt hat. Und so ist für den heutigen Mann die Welt vollkommen in Ordnung, solange sein Penis aufgerichtet ist. (1996/1997) [email protected] Seite 11 www.franzerni.ch Die Entstehung von Eva Eines Abends kam Adam vor das Himmelstor und sagte: "Mir ist soo langweilig – ich will spielen." Da fragte das Göttliche: "Ist denn die Welt schon vollkommen? Darauf antwortete Adam: "Ja – wenn ich jemand zum Spielen hätte." Das Göttliche schaute Adam etwas seltsam an und sagte dann: "Es ist schon spät, lass uns morgen nochmals darüber sprechen." Als Adam tief und fest schlief, schwebte das Göttliche auf die Erde, um Adams Herz zu operieren. Zuerst musste das Göttliche Adam eine Rippe entfernen, damit es Adams Herz besser bearbeiten konnte. Doch als das Göttliche sah, wie traurig Adams Herz schon geworden war, weil er niemanden zum Spielen hatte, bekam das Göttliche Mitleid mit Adam und entfernte ihm das traurige Herz und pflanzte ihm ein weniger sensibles ein. Mit der Rippe und dem sensiblen Herz von Adam formte das Göttliche ein neues Geschöpf. Dem neuen Geschöpf gab es den Namen Eva, was "Einer-von-Adam" bedeutet. Als das Göttliche die beiden Geschöpfe so vor sich liegen sah, dachte es: "Wenn die beiden gleich sind, dann kann ich sie ja nicht mehr unterscheiden." Dem Göttlichen blieb nicht mehr viel Zeit zum Überlegen, denn die Morgendämmerung nahte und Adam schien aus seinem Schlaf zu erwachen. Als erstes reckte und streckte sich wie gewohnt der Penis von Adam, um den Tag in Vollkommenheit zu beginnen. Als das Göttliche dies sah, riess es den Penis von Eva ab und aus der Wunde wo das Göttliche den Penis weggerissen hatte, formte es zwei Lippen, so dass Eva nun zwei Münder hatte. Kaum hatte das Göttliche aus den neuen Lippen den zweiten Mund geformt, begann der untere Mund auch schon ununterbrochen zu sprechen. Da dies die paradiesische Ruhe stören würde, drehte das Göttliche den unteren Mund um 180 Grad, so dass Eva mit diesen Mund nicht mehr sprechen konnte. So hat Eva noch heute ein unstillbares Mitteilungsbedürfnis von zwei Mündern. Doch im Laufe der Evolution hat Eva es gelernt, mit den neuen Lippen ohne Worte sprechen. Es sind ganz spezielle Worte, die Adam zwar nicht hört, aber trotzdem sehr gut versteht. [email protected] Seite 12 www.franzerni.ch (1996/1997) [email protected] Seite 13 www.franzerni.ch Kurztexte Die Liebe wird genährt, durch das was wir an einem Menschen schätzen, und aufgefressen durch den Wunsch, den Menschen nach unseren eigenen Vorstellungen zu formen. (Winter 2012) Manchmal glauben wir, es ist Liebe, wenn unsere Träume in die gleiche Richtung zeigen. Aber wahre Liebe ist, wenn wir uns als die zwei Flügel eines gemeinsamen Traums verbunden fühlen. (April 2013) Kann es denn Liebe sein, vom Partner zu erwarten, glücklich gemacht zu werden? (April 2013) Eine Frau, die sich bückt hat mich als Jüngling entzückt. Eine Frau, die ihre Beine spreizt war später ein besonderer Reiz. Nach einer Frau, die angezogen vor mir steht und mir dabei den Kopf verdreht hab ich mich danach gesehnt. Doch eine Frau, die davon beseelt, was meinem Herzen fehlt, hab ich dann ausgewählt. (Januar 2012) [email protected] Seite 14 www.franzerni.ch Gedicht – Sinnlose Hetz Plötzlich war ich drin in diesem Treiben ohne Sinn gefangen im Netz der sinnlosen Hetz. Jeden Tag ein bisschen mehr lief ich im Kreis umher. War nur noch am Funktionieren konnt' mich kaum noch konzentrieren. Alles wollt' ich immer schneller tun, fand keine Zeit, mich auszuruh'n. Immer mehr lief schief, weil ich kaum noch schlief. Viele Dinge schob ich vor mir her, darum wurden sie mir so schwer. Nur noch Hektik und Verdruss statt Sinnesfreud' und Genuss. Falsche Werte haben mir den Kopf verdreht vergessen wonach mein Herz sich sehnt immer öfter hab' ich versäumt, wovon ich eigentlich geträumt. Immer mehr wurd' mir bewusst, was ich eigentlich schon immer gewusst, es ist falsch, immer nur springen, es ist auch wichtig, in sich zu dringen. Es hilft mir zu erkennen, wofür es sich lohnt zu rennen. Das Tempo dabei ist nicht so wichtig, Hauptsache der Weg ist richtig. (Winter 2003) [email protected] Seite 15 www.franzerni.ch Geschichte: Schuld, Sorgen, Sünden und andere Lügen Als das Göttliche durch den Himmel schwebte, sah es einen Engel, der mit genicktem Kopf auf einer Wolke sass. Das Göttliche fragte den Engel: "Was bedrückt Dich?" Der Engel zuckte die Schultern und sagte: "Ich weiss es nicht genau. Ich gucke jetzt schon eine zeitlang auf die Erde. Da sehe ich eine Frau, die nachdenklich auf jemanden zu warten scheint. Und dann kann ich kleinen Jungen erkennen, der auf einer Bank sitzt und nicht genau zu wissen scheint, was er tun soll." Nun schaute das Göttliche ebenfalls zur Erde und sagte: "Ahh, das ist eine Mutter, die sich Sorgen um ihren Sohn macht. Der kleine Junge ist ihr Sohn. Er hat wahrscheinlich etwas angestellt und fühlt sich nun schuldig und getraut sich deshalb nicht nach Hause." Ganz erstaunt fragte der Engel: "Was sind Sorgen? Und was bedeutet schuldig?" Darauf antwortete das Göttliche. "Schuld und Sorge sind keine himmlische Gefühle, die haben diejenigen, die den Teufel erfunden haben, auf die Erde gebracht." Mit ungläubiger Stimme fragte der Engel: "Kannst Du mir dies genauer erklären." Darauf antwortete das Göttliche: "Du als Engel kennst diese Gefühle nicht. Aber die Menschen bilden sich ein, wenn sie sich Sorgen machen, könnten sie etwas verhindern oder wenn sie sich schuldig fühlen, könnten sie etwas Geschehens rückgängig machen." Darauf meinte der Engel ganz erstaunt: "Kennen die Menschen, denn nicht die Macht ihrer Gedanken - dass wenn sie an etwas denken, sie es weder verhindern noch ungeschehen machen können, sondern ganz im Gegenteil - sie es geradezu verstärken." Mit seufzender Stimme sagte das Göttliche: "Das ist ja gerade das teuflische an diesen Gefühlen." Eigentlich wollte das Göttliche schon weiterschweben, da zeigte der Engel erneut zur Erde und sagte: „Da kniet ein Mann vor einem Kreuz und scheint irgendwie traurig zu sein.“ Das Göttliche nickte und sagte, dass ist auch eine traurige Sache. [email protected] Seite 16 www.franzerni.ch Geschichte: Schuld, Sorgen, Sünden und andere Lügen Dieser Mann hat einen Fehler gemacht und nun bittet er mich jeden Sonntag um Verzeihung. Aber dieser Mann hat den Fehler gemacht, um etwas zu lernen und nicht, um sich schuldig zu fühlen. Wenn er seinen Fehler einsieht, wird er sich selber verzeihen können.“ Der Engel schaute das Göttliche fragend an und sagte: „Und warum, weiss der Mann dies nicht selbst?“ Das Göttliche antwortete: „Diesem Mann wurde eingeredet, er habe eine Sünde begonnen, und nun glaubt er, nur ich könne ihn von dieser Sünde befreien. Aber die Sünden, haben die Menschen selber erfunden. Aber für alles was die Menschen selbst erschaffen haben, tragen sie selbst die Verantwortung.“ Spontan sagte der Engel: „Welche Menschen haben denn die Sünden erfunden?“ Das Göttliche antwortete mit nachdenklicher Stimme: „Wenn ich es dir erzählen würde, würdest du es nicht glauben – aber das Schlimmste ist, sie haben es in meinen Namen getan.“ (Herbst 1999) [email protected] Seite 17 www.franzerni.ch Kurztexte Knie nieder aber nicht vor dem Gott, den sie dir beigebracht haben Und dann frage dich Kann es etwas Göttliches geben, dass Freude daran haben kann, dich in die Knie zu zwingen. Und dann Knie nie wieder nieder (März 2010) Die gleichen Mächte, die einst Jesus ans Kreuz nageln liessen, haben Jahrhunderte später, das Christentum geprägt. (Mai 2013) Es gibt einen Garten in uns, wenn wir diesem vom Unkraut befreien, können unsere Wünsche darin gedeihen. (Mai 2012) Dein Herz ist noch nicht rein, Du musst es von der Last befrei'n, erst dann kann der Traum in Dir gedeih'n." (Aus der Geschichte des Wanderers, Juni 2011) Liebe ist, in der Raupe den Schmetterling zu erkennen. (Februar 2011) [email protected] Seite 18 www.franzerni.ch [email protected] Seite 19 www.franzerni.ch Geschichte – Träumer Es war einmal ein Junge, der schaute in der Schule oft zum Fenster hinaus. Dabei flog er in Gedanken mit den Schmetterlingen um die Wette. Der Lehrer nannte ihn schon nicht mehr bei seinem richtigen Namen, sondern rief nur noch "Träumer". Eines Tages als der Junge aus der Schule kam, da flatterte ihm ein Schmetterling direkt vor der Nase umher. Der Junge wollte den Schmetterling fangen, doch der Schmetterling flog immer gerade so schnell, dass der Junge ihn nicht erwischen konnte. Der Junge vergass alles um sich herum, er rannte nur noch dem Schmetterling hinterher. Die Beiden durchquerten eine Wiese und steuerten auf den Wald zu. Der Junge rannte so schnell er konnte und schaute auch nicht wohin er lief, er folgte nur dem Schmetterling. Als der Junge sich völlig ausser Atem ausruhen wollte, stellte er fest, dass er tief in den Wald gelaufen war. Der Schmetterling war plötzlich nirgends mehr zu sehen, es war als ob er sich in Luft aufgelöst hätte. Und weil der Junge nicht genau wusste, wo er war und weil es schon dunkel geworden war, begann er sich zu fürchten. Plötzlich schien ein Stern vom Himmel zu fallen. Der Knabe schloss die Augen, weil das Licht des herab fallenden Stern ihn blendete. Als er seine Augen wieder öffnete, da sass der Schmetterling, auf einem Baumstrunk und sagte: Fürchte Dich nicht. Das Einzige was Du zu fürchten brauchst, sind Deine unerfüllten Träume. [email protected] Seite 20 www.franzerni.ch Geschichte – Träumer Der Junge war immer noch etwas ausser Atem, so dass er noch nichts sagen konnte. Sein intensives Ausatmen war als kleine Nebelwolke vor seinem Mund zu erkennen. Dann sagte der Schmetterling: Träume sind der Atem Deines Lebens atme Deine Träume ein und atme sie als Erinnerung wieder aus Die Augen des Jungen begannen wie Sterne in der Nacht zu strahlen. Und der Schmetterling sagte: "Das Leuchten in deinen Augen, wird dir den Weg nach Hause weisen. Geh nun nach Hause und leg Dich schlafen und Deine Träume werden dich begleiten.“ Der Junge machte sich auf den Weg nach Hause. Ass noch eine Kleinigkeit und legte sich dann ins Bett. Aber der Junge konnte nicht einschlafen. So ging er ans Fenster, um die Sterne am Himmel zu betrachten. Nach dem er die Sterne bewundert hatte, ging er zurück zum Bett. Als er sich ins Bett legen wollte, sah er, dass sich der Schmetterling auf sein Kopfkissen gesetzt hatte. Mit ganz sanfter Stimme sagte der Schmetterling: Die meisten Menschen betrachten ihre Träume wie Sterne, als ein Ideal in weiter Ferne, ein Ideal, dass sie nie zu erreichen glauben. Aber du und dein Traum sind eins, wenn du und die Zeit reif sind, wirst du aus der Realität der Raupe erwachen, und dich fühlen, als wären dir Flügel gewachsen. (Sommer 1997) [email protected] Seite 21 www.franzerni.ch Gedicht – Brief Ich streichle mit dem Stift über's Papier und schreibe diese Zeilen Dir. Die Wörter verwandeln sich in Sterne, um Dir zu leuchten in der Ferne. Doch kannst Du diese Sterne auch seh'n, oder werden sie als Worte untergeh'n ? Hast Du diesen Blick für's Feine, für die kleinen Dinge, die ich meine. Liebst Du die Berge, Seen und Bäume, glaubst Du an die Macht Deiner Träume. Kannst Du herzhaft lachen, und Dich erfreuen an kleinen Sachen. Träumst Du davon mit Bäumen zu reden, Dich mit Vögeln in die Höhe zu heben, im Meer mit den Fischen zu schwimmen, um Dich Deiner Phantasie zu besinnen. Wenn ich tief in Deine Augen schaue, kann ich Dir dann anvertrauen, was mich tief im Herzen bewegt, oder mich voller Lust erregt. Geniesst Du das Leben mit allen Sinnen, Glaubst Du an den Sinn in Dir Drinnen. Dann lass Deine wunderbaren Augen funkeln, damit ich find den Weg zu Dir im Dunkeln. (Sommer 1997) [email protected] Seite 22 www.franzerni.ch Gedicht - Sehnsucht Ich lieg' allein im Bett und träume, es wäre nett, wenn ich eine Frau zum Kuscheln hätt’ und sie mich in den Traum begleiten tät. Ich wünsch’ mir mit ihr zu lachen, tolle und verrückte Dinge zu machen. Unsere Unterschiede zu entdecken, uns gegenseitig die Lust zu erwecken. All meine Sinne wollen sie begehren, um sich mit den ihren zu vermehren. Ich spür’ den Wunsch, sie zu berühren, ihre Hände und Zunge überall zu spüren. All meine Gedanken loszulassen, um sie in ihrer Ganzheit zu erfassen. Ganz ohne an mich zu denken, mich ihr total zu verschenken. Ich will ihren tiefen Atem spüren, ihre feuchten Lippen berühren. Gemeinsam mit ihr zu verschmelzen, im Geiste, im Körper und im Herzen. (Sommer 96) [email protected] Seite 23 www.franzerni.ch Adam und Eva Gespräche An einem ganz gewöhnlichen Tag fühlte sich Adam nicht so gut. Als das Göttliche dies sah, nahm es die nächste Wolke und reiste auf die Erde, um nach dem Rechten zu sehen. Das Göttliche fragte Adam: "Was bedrückt Dich". Adam schaute etwas verlegen in die Welt, denn er hatte das Göttliche nicht kommen hören. Nach einer kurzen Denkpause sagte Adam: "Ich weiss es nicht genau, es ist so ein komisches Gefühl." "Kannst Du das Gefühl ausdrücken? " fragte das Göttliche. Etwas zaghaft begann Adam zu erzählen: "Weisst Du, manchmal wenn ich mit Eva über das leidige Thema Hausarbeit diskutiere, da fühle ich mich ein bisschen schuldig. Und ich verspreche ihr dann mehr zu helfen, aber eigentlich habe ich gar keine Lust dazu. Und Du kennst Eva ja, bei ihr muss immer alles blitz-blank sauber sein. " Das Göttliche runzelte ein wenig die Stirn und sagte: "Dies scheint mir ein schwieriges Problem zu sein. Aber warum, versprichst Du ihr beim Putzen zu helfen, wenn Du weder Lust dazu hast, es noch für nötig hältst?" Ganz erstaunt antwortete Adam: "Eine solche Frage kannst auch nur Du stellen? Du kennst doch Eva, wenn ich ihr nicht helfe, ist sie am Abend im Bett so zickig? " "Ah, jetzt habe ich verstanden" erklärte das Göttliche "Du hilfst Eva also im Haushalt, damit sie am Abend mit Dir schläft!" "So würde ich es nicht sagen. Es muss nicht immer Sex sein. Manchmal sehne ich mich danach einfach mit Eva zu kuscheln" ergänzte Adam. "Ein wirklich schwieriges Problem – aber ich werde mal schauen, was ich machen kann." sagte das Göttliche und bestieg wieder seine Wolke und schwebte Richtung Himmel. Am nächsten Tag kehrte das Göttliche auf die Erde zurück und da traf es Eva, die gerade beim Putzen war. Das Göttliche grüsste Eva freundlich und fragte: "Guten Tag Eva, wie geht es Dir." Ganz erschrocken sah Eva auf, denn sie hatte das Göttliche nicht kommen hören. "Guten Tag – wie Du siehst ich bin am Putzen und habe eigentlich keine Zeit." Das Göttliche schaute sich ein wenig um und sagte dann: "Warum bist Du denn am Putzen, es scheint mir hier nicht schmutzig zu sein?" [email protected] Seite 24 www.franzerni.ch Adam und Eva Gespräche "Jetzt fang Du nicht auch noch an" erwiderte Eva "Adam nervt mich schon genug, mit seinen faulen Ausreden. Ich fühl' mich einfach nicht wohl, wenn nicht alles blitz-blank sauber ist. Das weiss doch jede Frau, wie wichtig ein sauberes Heim ist." Das Göttliche verzog ein wenig das Gesicht, lies sich aber sonst nicht viel anmerken, sondern fragte: "Du fühlst Dich also besser, wenn Du putzt?" Ganz erstaunt antwortete Eva: "So etwas, kannst auch nur Du fragen. Du weisst doch ganz genau, wenn mein Haus nicht blitze-blank sauber ist, hält Adam mich für eine Schlampe." Mit einem Lächeln im Gesicht sagte Göttliche: "Wenn Du es sagst, wird es wohl so sein. Hast Du mit Adam schon mal darüber gesprochen?" "Das ist nicht nötig, das wissen alle – nur Du scheinst davon keine Ahnung zu haben" antwortete Eva. Das Göttliche spürte auf diesem Weg kam er nicht weiter. So fragte er: "Wenn Du jetzt nicht putzen müsstest, was würdest Du dann am liebsten tun?" "Du kannst Fragen stellen" seufzte Eva: "Wenn Du es wirklich wissen willst – dann wünscht' ich mir, dass mich Adam mal wieder so richtig in seine Arme nimmt und mich zärtlich streichelt." Das Göttliche fasste sich ans Kinn, kratzte sich an der Stirn und einer Phase des Nachdenkens sagte er: "Wenn die Menschen doch wüssten, wie viele Probleme nur in ihren Vorstellungen bestehen, dann wären wir dem Paradies auf Erden schon ein ganzes Stück näher.“ (Herbst 1997) [email protected] Seite 25 www.franzerni.ch Geschichte – Frau im Garten Es war an einem ganz gewöhnlichen Tag. Eine Frau hatte unangenehme Arbeiten im Garten zu erledigen. Plötzlich hörte sie einen Vogel, eine fröhliche Melodie pfeifen. Die Frau legte ihre Arbeit kurz nieder, um den Vogel zu entdecken. Doch wie sie auch schaute – sie konnte den Vogel nicht sehen, der diese wunderbare Melodie pfiff. Doch plötzlich schien sie irgendwie den Gesang des Vogels zu verstehen. Es hörte sich ungefähr so an: Du musst stille steh'n, um die Vögel singen zu seh'n. Du musst nach Innen seh'n, um ihren Gesang zu versteh'n. Die Frau horchte nun ganz aufmerksam der Melodie. Doch sie konnte den Vogel immer noch nicht entdecken. So schloss die Frau ihre Augen, um dem Gesang intensiver zu lauschen. Und als die Frau die Augen wieder öffnete, konnte sie den Vogel in Mitten von wunderschönen Blumen, die ihr vorher gar nicht aufgefallen waren, entdecken. Eigentlich wollte die Frau wieder weiterarbeiten, um nicht noch mehr Zeit zu verlieren. Doch dann begann der Vogel zu singen: Um die schönen Dinge zu geniessen, musst Du sie mit Zeit begiessen, nur so können sie gedeihen und Dir ihre Schönheit verleihen. [email protected] Seite 26 www.franzerni.ch Geschichte – Frau im Garten So holte die Frau die Giesskanne und tränkte die Blumen. Die Frau hatte zwar ein klein wenig ein schlechtes Gewissen, weil sie die unangenehme Arbeit immer noch nicht erledigt hatte. Doch sie dachte: vielleicht geht es nach einer Pause besser. So holte sie sich einen Apfel und biss genussvoll hinein – der Apfel schmeckte köstlich. Und plötzlich schien der Apfel zu ihr zu sagen: Und Du wirst begreifen, Geniessen dient dem Reifen. So wie der Apfel wird erst fein durch das Licht des Sonnenscheins. Und für die Unendlichkeit eines Momentes fühlte sie sich so richtig zufrieden. Und sozusagen mit Links erledigte sie nun die unangenehme Arbeit. Dabei flog der Frau ein Schmetterling auf die Schultern und flüsterte ihr ins Ohr: Eine Veränderung des Bewusstsein' und ist sie auch noch so klein wandelt Arbeit, die getan werden muss in ein kleines Stück Genuss. (Jahreswechsel 1996/1997) [email protected] Seite 27 www.franzerni.ch Gedicht - Ordnung Ordnung ist das halbe Leben doch sie kann mir niemals alles geben. Will ich Ordnung in mein Leben bringen, muss ich mich trennen von vielen Dingen. Muster, die mich hindern am Entfalten, will ich nicht behalten. Gedanken, die mich hemmen, von denen will ich mich trennen. Gewissen Dreck wollt ich nicht seh’n, so liess ich ihn unter’n Teppich kehr’n. Doch auf die Dauer war das nicht klug, es förderte nur den Selbst-Betrug. Um mich von der Schuld zu befrei’n musst‘ ich mir erst selbst verzeih’n. Und ich liess die Gebote entstauben, die mir die Lust an der Freude rauben. Doch es gibt auch Fragen, die mich plagen. Und gewisse Gedanken bringen mich ins wanken. Denn wer allzu oft am Putzen ist, den Blick für's Schöne vergisst. Und wer sich nur am Dreck' orientiert, das Auge für's Schöne verliert. Doch stell ich mir vor, ich steh' vor dem Himmelstor und mein Leben wär' nicht aufgeräumt hätt' ich da, nicht was versäumt? (Frühling 1997) [email protected] Seite 28 www.franzerni.ch Kurze Gedichte Der Weg zu sich selbst, kann hart und beschwerlich sein. Er führt durch das Tal der Tränen, in dem nur das Alleinsein dich begleitet. Er führt über Strassen gepflastert mit alter Scheisse; und erst wenn du den Duft der Erkenntnis darin riechst, kommst du an den Ort, wo du nackt vor einem Spiegel stehst, der dir alle deine Schattenseiten schonungslos präsentiert. Doch wenn du das Licht erkennst, dass diese Schatten wirft, dann spürst du, du bist auf dem Weg zu dir selbst, einen schönen Schritt weiter gekommen. (Juli 2012) Wenn nach all den Jahren, Himmel und Höhle sich in dir paaren, Geburt und Tod sich vereinen, Tränen vor Freude weinen, der Schmerz zur Erkenntnis wird, das Verdrängte, das Drängen verliert, die Raupe in dir stirbt, der Schmetterling seine Flügel erkennt, dein Bewusstsein sich von Gut und Böse trennt, dann bist du auf dem Weg zu dir selbst, eine Stufe weiter gekommen. (August 2012) [email protected] Seite 29 www.franzerni.ch Kurztexte Frauengespräche Es war einmal eine Tochter, die wollte von ihrer Mutter wissen: „Warum verbergen die Menschen ihr wahres Ich hinter einer Maske?“ Die Mutter war etwas erstaunt über die Frage, sagte dann aber: „Dies ist vergleichbar, wenn wir aus dem Hause gehen, ziehen wir auch Kleider an, damit die andern uns nicht nackt sehen.“ Die Tochter nickte, doch dann sagte sie spontan: „Aber zu Hause haben wir ja auch Kleider an. Tragen wir denn unsere Masken auch zu Hause?“ Die Mutter schaute ihre Tochter mit erstaunten Augen und sagte: „Ja das ist wohl leider so, dass wir auch zu Hause, unsere Masken aufbehalten, vor allem wenn wir uns nicht so gut fühlen.“ Die Tochter nickte wieder und sagte: „Dann ziehen wir unsere Masken, also wie schöne Kleider an, um den andern zu gefallen.“ Die Mutter nickte ebenfalls und bemerkte: „Da steckt wohl mehr Wahrheit drin, als uns lieb ist. Und manchmal da lassen wir uns von unseren Kleidern selbst täuschen. Und vergessen dann, wer wir in Wahrheit sind.“ ergänzte die Mutter. „Du meinst“ antwortete die Tochter: „Wir lieben unsere Kleider mehr als uns selbst.“ Die Mutter nickte und sagte: „Da steckt wohl mehr Wahrheit drin als uns lieb ist. Manchmal achten wir mehr auf die Hülle als auf den Inhalt oder verwechseln sie sogar.“ Die Tochter schaute die Mutter erstaunt an und sagte: „Du denkst, die Menschen glauben sie seien ihre Kleider, die sie jeden Abend ausziehen und am Morgen wieder anziehen.“ Noch bevor die Mutter etwas sagen konnte, sagte die Tochter spontan: „Aber wenn die Menschen Sex haben, dann ziehen sie ja ihre Kleider aus. Legen sie dann auch ihre Masken ab?“ Die Mutter schaute die Tochter ganz erstaunt an, sagte dann: „Wie weit wir beim Sex unsere Masken fallen lassen können, hängt wohl ein bisschen von unserem Gegenüber ab, aber eigentlich sollten wir uns für nichts hinter der Maske schämen.“ (Jahreswechsel 2010/2011) [email protected] Seite 30 www.franzerni.ch Es gibt Menschen, die glauben Es gibt Menschen, die glauben, die Liebe sei göttlich und die Sexualität sei teuflisch. Es gibt Menschen, die glauben: Liebe sei geistige Verbundenheit; Sexualität sei körperliche Verbundenheit. Es gibt Menschen, die glauben: Sexualität sei die Kraft, die uns antreibt; Liebe sei die Energie, die uns anzieht. Es gibt Menschen, die glauben, die Liebe sei wie die Äste eines Baumes und die Sexualität sei wie die Wurzeln des Baumes. Es gibt Menschen, die glauben: Sexualität ist Sexualität, und Liebe ist Liebe. Es gibt Menschen, die essen gern Meeresfrüchte, andere finden dies "grussig". (Oktober 2011) [email protected] Seite 31 www.franzerni.ch Kurztexte Harte Arbeit, die getan werden muss, ist nicht hart. Arbeit, die nicht wertgeschätzt wird, das ist hart. Arbeit, bei der die Freude wegrationalisiert wurde, das ist hart. (Januar 2011) Wenn es Menschen gibt die mit Geld ihr Geld verdienen, und sonst nichts leisten. Dann müssen die Menschen; die mit Arbeit ihr Geld verdienen, immer mehr leisten. (November 2011) Wir strampeln uns ab, wie ein Hamster in seinem Rad, wir dürfen keine Zeit verlieren, um immer mehr zu verdienen. Aber wir haben viel zu spät erkannt, wir sind dazu verdammt, den Wachstum nicht nur zu produzieren, wir müssen ihn auch noch konsumieren. (Juli 2012) [email protected] Seite 32 www.franzerni.ch Geschichte – Die Gebote Als Moses nicht mehr wusste, wie er das Volk führen sollte, wanderte er auf einen Berg. Weil er vom Aufstieg müde geworden war, setzte er sich auf einen Stein und ruhte sich aus. Plötzlich brach der Stein entzwei und Moses erschrak, denn er war inzwischen eingeschlafen und hatte geträumt, Gott habe ihm im Traum eine Lösung gesandt. Als Moses den zerbrochenen Stein näher betrachtete, entdeckte er, dass in den zwei Hälften des Steins eine Schrift zu lesen war. Auf der einen Seite stand "Erkenne Dich Selbst" und auf der anderen "Lebe Deine Träume". Moses dankte Gott für den Hinweis und machte sich auf den Weg zurück zu seinem Volke. Doch da stolperte er über eine Schlange und die Tafeln aus Stein fielen zu Boden und zerbrachen. Als Moses sich bei der Schlange entschuldigen wollte, sagte diese: "Macht nichts - es tut mir leid, dass deine Steine zerbröckelt sind. Vielleicht kann ich Dir helfen, neue zu finden." Moses erzählte der Schlange, dass dies ganz besondere Steine gewesen waren. Als die Schlange die ganze Geschichte gehört hatte, sagte sie: "Ich glaube, dass die Steine zerbröckelt sind, ist ein Zeichen Gottes, um dir zu zeigen, du sollst aus Gottes-Hinweisen neue Gesetze für das Volk machen. Die zwei Gebote Gottes werden deine Leute sowieso nicht verstehen, du musst ihnen vor allem sagen, was sie nicht dürfen, sonst können sie sich nichts darunter vorstellen." Moses bedankte sich bei der Schlange für den Hinweis und machte sich sofort daran, Verbote in die zwei neuen Steintafeln zu meisseln. Moses begann zu meisseln: „Du sollst nicht morden“; „Du sollst nicht stehlen“, „Du sollst nicht lügen.“ Moses war mit seinem Werk zufrieden und wollte sich auf den Weg zurück zum Volk machen. Da sagte die Schlange: „Das sind noch nicht genug Gebote, Dir fallen sicher noch mehr ein. Möchtest Du beispielsweise, dass ein anderer Mann, Dir Dein Weib streitig macht.“ [email protected] Seite 33 www.franzerni.ch Geschichte – Die Gebote Moses fragte: „Soll ich denn schreiben, der Nächste soll nicht mein Weib begehren.“ Die Schlange schüttelte den Kopf und sagte: „Schreib es anders rum“. Und Moses meisselte: „Du sollst nicht begehren, deines Nächsten Weib.“ Dann sagte die Schlange: „Was ist mit Deiner Frau?“ Und Moses schrieb: „Du sollst nicht ehebrechen.“ „Und was ist mit Deinen Kindern?“ bemerkte die Schlange. Und Moses schrieb: „Du sollst Vater und Mutter ehren.“ Zufrieden sagte die Schlange: „Das ist schon sehr gut, aber das genügt noch nicht. Du musst noch schreiben, dass die Gebote von Gott kommen.“ „Aber ich hab ihn doch gar nicht gesehen.“ antwortete Moses. „Dann schreib das hin“ sagte die Schlange. Und Moses schrieb: „Du sollst Dir kein Bildnis von Gott machen.“ Zufrieden sagte die Schlange: „Das gefällt mir ausgezeichnet. Jetzt musst du nur noch das Datum notieren, damit alles seine Richtigkeit hat. Und weil Moses das Datum nicht kannte, und er nur wusste, dass heute Sonntag war, meisselte er: „Du sollst den Sonntag heiligen.“ Als Moses sein Werk so betrachtete sagte er: „Aber die reine Wahrheit ist dies ja nicht.“ Die Schlange nickte und antwortete „Mit der Wahrheit kann das Volk nichts anfangen. Gib dem Menschen Glauben und Regeln und sie werden ein vernünftiges Leben führen.“ Moses dachte bei sich: „Dies ist vielleicht vernünftig, aber ist es auch sinnvoll?“ (Dezember 1999) [email protected] Seite 34 www.franzerni.ch Kurztexte Die Gier nach mehr, wächst immer mehr, weil wir weder schätzen, was wir haben, noch wer wir sind. September 2012) Auf dieser Welt, läuft vieles verkehrt, weil sich die Gier und nicht das Geld, selbst vermehrt. (August 2012) Das Problem der Welt ist nicht das Geld, sondern des Menschens Gier, denn die steckt in keinem andern Tier. Träume, die man vergisst, verwelken, wie Blumen, die man nicht begiesst. (Sommer 1997) (Sommer 2002) Der Teufel treibt das Rad der Zeit, mit der Peitsche der Dringlichkeit, bist du vergisst, was in deinem Herzen ist. Lass los, was nicht zu dir gehört und du wirst angezogen, von etwas was in dir ist. Verbinde das, was dich anzieht, mit dem, was dich antreibt. (Winter 1998) (November 2012) Es gibt Menschen, die sind mit selbst nicht zufrieden, und machen andere dafür verantwortlich. (Mai 2010) [email protected] Seite 35 www.franzerni.ch Kurz Texte Als ich auf die Welt kam, da spürte ich den Drang, die Welt zu entdecken, da begegnete ich meinen Eltern, doch meine Eltern, erzogen mich zu einem gehorsamen Kind. Als ich in die Schule kam, da hatte ich den Wunsch, etwas für's Leben zu lernen, da begegnete ich den Lehrern, doch die Lehrer, lehrten mich, für die Noten zu lernen. Als ich in die Kirche ging, da hatte ich den Traum, mehr über mich zu erfahren, da begegnete ich dem Pfarrer, doch der Pfarrer, brachte mir bei, was Sünde ist. Erst als ich mir selbst begegnet bin, ergab mein Leben einen Sinn. (August 2012) [email protected] Seite 36 www.franzerni.ch Gedicht: Frau und Mann Frau und Mannn sind wie verhext, sie will Liebe, er will Sex. Sie will am liebsten Tanzen geh'n. Er möchte das Spiel am TV seh'n. Schaut er ihr auf den kurzen Rock nennt sie ihn geilen Bock. Wird sie nicht mehr begehrt, ist es auch verkehrt. Sie will immer alles bereden, kann niemals Ruhe geben. Er möchte' am liebsten Schweigen, die Sorgen mit Alkohohl vertreiben. Ab zu gibt's richtig Streit, oft nur wegen einer Kleinigkeit. Es laut und hektisch tönt, bis die beiden wieder versöhnt. Gibt's dann eine Krise und Trennung die Devise ist es ratsam und gut wenn zusammen reden tut. (Sommer 1997) [email protected] Seite 37 www.franzerni.ch Gedicht Spiegel Manchmal können wir uns nicht genügen und müssen täglich uns belügen, wenn wir vor dem Spiegel steh’n und darin unsere Falten seh’n. Doch die Falten sind nicht so schlimm, das Übel steckt in unserem Herzen drin. Wir sind eigentlich blind, können nicht sehen, wer wir wirklich sind. Wir versuchen unsere Fehler zu verstecken, statt unsere Talente zu entdecken. Unsere Schwächen kennen wir genau, doch unsere Stärken stellen wir nicht zur Schau. Die Wahrheit können wir nicht im Spiegel seh'n, der Spiegel wird stets links und rechts verdreh'n und niemals das Innen nach Aussen kehr'n, das Wahre Ich müssen wir mit dem Herzen seh'n. (Winter 1996) Alle Texte Copyright: Franz Erni, Egliswilerstrasse 33, 5707 Seengen [email protected] Seite 38 www.franzerni.ch Kontakt: [email protected] Info: www.franz-erni.ch mailto:[email protected] [email protected] Seite 39 www.franzerni.ch