Quorum Sensing

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Quorum Sensing
Erscheinungsort: Wien; Verlagspostamt: A-8600 Bruck an der Mur, “02Z033070“, P.b.b.
Jahrgang 6 / Ausgabe 3/02
INTENSIV - NEWS
Österreichische Gesellschaft für Internistische und Allgemeine Intensivmedizin
„Quorum Sensing“
Töten Sie den Keim nicht,
sondern blockieren Sie die
Kommunikation der Erreger
untereinander und dadurch
deren Virulenz!
Prinzipiell gibt es zwei Strategien um
eine bakterielle Infektion zu kontrollieren: Strategie 1: Töten der Bakterien; Strategie 2: Abschwächen der bakteriellen Virulenz, damit sich die Keime nicht den Umgebungsbedingungen im Menschen anpassen können
und so von natürlichen Abwehrmechanismen leicht eliminiert werden
können. Für die letztere Strategie
fehlten jedoch bis vor kurzem spezifische Zielstrukturen. Die Entdeckung, dass sich Gram-negative
Bakterien mittels kleiner Moleküle
„unterhalten“ (das sind N-Acyl Homoserin Laktone [AHL]), um so die
Produktion sekundärer Metaboliten
oder Virulenzfaktoren zu koordinieren, eröffnet nun auch die zweite
Strategie. Die Möglichkeit das Über-
Anglerfisch - das Lichtorgan einiger Tiefseefische wird von lumineszierenden Bakterien bewohnt.
leben der Bakterien oder deren Virulenz mittels spezifischer Antagonisten, die in diese „Unterhaltung“
eingreifen, das „Gespräch“ stören
oder sogar beenden, zu beeinflussen, ist ein Lichtblick in vielerlei
Hinsicht: Steigende antimikrobielle Resistenz der Bakterien, hohe
Mortalität schwerer Infektionen trotz
mikrobiologisch-adäquater Therapie
(„in vitro super, in vivo dürftig“), steigender Anteil immunkompromitierter Patienten mit opportunistischen
Infektionen, medizinisch-technischer
Fortschritt mit steigendem Infektionsrisiko, etc.
Fortsetzung auf Seite 3
Gastherausgeber: Prof. Dr. C. Wenisch
re
5 Jah NEWS!
Homepage der ÖGIAIM: www.intensivmedizin.at
Archiv: www.medicom.cc
IN
IVTENS
„Quorum Sensing“ • Blutkulturen • Virale Enzephalitis • Intensivstationen
Österreichs • Images in Intensive Care • Intensivmedizinische Kontroversen
• Fallbericht • 34. Jahrestagung Innsbruck • Kongresse • Intensivpflege
Fuisz-Moodley + Wagner, Graz
Trimix isokal/Trimix perikal: Zusammensetzung 2000
ml enthalten (g): L-Isoleucin 3,5/1,75; L-Leucin 6,3/3,15;
L-Lysin 6,5/3,25; L-Methionin 1,9/0,95; L-Phenylalanin
4,5/2,250; L-Threonin 4,2/2,1; L-Tryptophan 1,5/0,75;
L-Valin 6,2/3,1; L-Arginin 8,0/4,0; L-Histidin 6,0/3,0; LAlanin 15,5/7,75; L-Asparaginsäure 2,1/1,05; N-Acetyll-cystein 1,414/0,707; L-Glutaminsäure 9,3/4,65; Glycin
6,3/3,15; L-Ornithin 2,5/1,25; L-Prolin 8/4, L-Serin
4,7/2,35; L-Tyrosin 0,6/0,3; N-Acetyl-N-tyrosin 1,11/0,555;
Glucose 200/125; Sojabohnenöl 100/50; Eilecithin 6/3;
Glycerol 12,5/12,5; Cl 4,1/2,05 mmol; Acetat 44,5/22,05
mmol. Gesamtenergiegehalt: ca. 2200/1200 kcal; AS:
100/50 g; Stickstoff: 15,58/7,79 g; Osmolarität: 1065/636
mmol/l. Anwendungsgebiete: Aminosäuren- und Energiequelle zur parenteralen Ernährung bei mittel- bis
langfristiger Nahrungskarenz und hohem Energiebedarf,
z.B. zur postoperativen parenteralen Ernährung, zur
parenteralen Ernährung von Intensivpatienten etc. Nach
Zugabe von Elektrolyten, Spurenelementen und ev.
Vitaminen ist Trimix isokal zur totalen parenteralen
Ernährung geeignet.Die intravenöse Anwendung von
Aminosäuren ist angezeigt, wenn eine orale bzw. enterale
Zufuhr nicht möglich und eine medikamentöse Aminosäurensubstitution zwingend erforderlich ist./ Aminosäuren- und Energiequelle zur parenteralen Ernährung z.B.
posttraumatisch, postoperativ nach mittelgroßen Eingriffen, zur Operationsvorbereitung bei katabolen Patienten,
bei malnutritierten Patienten. Die intravenöse Anwendung
von Aminosäuren ist angezeigt, wenn eine orale bzw.
enterale Zufuhr nicht möglich und eine medikamentöse
Aminosäurensubstitution zwingend erforderlich ist.
Gegenanzeigen: Angeborene Störungen des Aminosäuren-Stoffwechsels, schwere Acidosen (pH < 7,1),
unbehandelter Schock, unmittelbar nach Polytraumen
und großen Operationen, fortgeschrittene Leberinsuffizienz, Nebennierenrindeninsuffizienz, Hyperglycämie,
Fresenius Kabi Austria GmbH
Hafnerstraße 36, A-8055 Graz/Austria, Tel.: +43 (0) 316 / 249-0
e-Mail: [email protected], Internet: www.fresenius-kabi.at
Diabetes mellitus (Ausnahme: Insulinabdeckung), hyperosmolares Koma, differentialdiagnostisch ungeklärtes
Koma, Hyperlactatämie, Hyperbilirubinämie, analytisch
nachgewiesene Hyperlipämie, Fettstoffwechselstörungen,
Fettembolie, Früh- und Neugeborene, Säuglinge und
Kleinkinder. Allgemeine Gegenanzeigen der Infusionstherapie wie Hyperhydratationszustände, dekompensierte
Herzinsuffizienz, Nierenfunktionsstörungen (Oligurie,
Anurie), Lungen- und Hirnödem sind zu berücksichtigen.
Vorsicht bei Hyponatriämie, Hypokaliämie, Hypoxie,
erhöhter Serumosmolarität und Glucoseverwertungsstörungen. Zulassungsnummer: ZV 1-23455/PV 1-23456;
Abgabe: Rp, apothekenpflichtig, weitere Angaben zu
Nebenwirkungen, Wechselwirkungen, Gewöhnungseffekten und zu den besonderen Warnhinweisen zur
sicheren Anwendung sind der Austria Codex Fachinformaiton zu entnehmen.
„Quorum Sensing“
Was ist „Quorum sensing“
und wie sprechen Bakterien
miteinander?
Die Entdeckung, dass Bakterien
miteinander kommunizieren, hat die
generelle Ansicht von vielen einzelnen einfachen Organismen, die
unsere Welt bewohnen, geändert.
Statt Sprache verwenden Bakterien Signalmoleküle, die in die Umgebung abgegeben werden. Zusätzlich zur Freisetzung von Signalmolekülen können Bakterien
auch die Anzahl der freigesetzten
Moleküle (die Konzentration) innerhalb der Population messen.
Heute wird der Begriff des
„Quorum Sensing“ (QS) verwendet, um ein Phänomen zu beschreiben, bei dem die Akkumulation von Signalmolekülen verschiedener Bakterien es einer einzelnen Bakterienzelle ermöglicht,
die Anzahl der Bakterien in ihrer
Umgebung (die Zelldichte) zu
empfinden und in weiterer Folge
darauf zu reagieren. In der natürlichen Umgebung leben verschiedene Bakterien zusammen, die verschiedene Signalmoleküle verwenden. Da verschiedene Bakterien
verschiedene „Sprachen sprechen“,
verstehen sich Bakterien nicht immer untereinander.
Warum sprechen Bakterien
miteinander?
QS ermöglicht es Bakterien ihr
Verhalten zu koordinieren. Da sich
Umweltbedingungen oft rasch verändern, müssen sie schnell reagieren können, um zu überleben. Die
Antworten auf Veränderungen be-
Abb. 2: Signal Moleküle - Bakterien verwenden viele verschiedene Klassen von QS-Signalmolekülen.
Die am besten untersuchten sind N-Acyl L Homoserin Laktone.
inhalten die Anpassung an die Verfügbarkeit von Nahrung, die Verteidigung gegen andere Mikroorganismen, die um dieselbe Nahrung
kämpfen und das Vermeiden von
giftigen Substanzen, die potenziell
gefährlich sein können. Für pathogene Bakterien ist es besonders
wichtig, während einer Infektion
(von Menschen, Tieren, oder auch
Pflanzen) ihre Virulenz zu koordinieren, um einerseits der Immunantwort des Wirts zu entkommen
und andererseits eine erfolgreiche
Infektion zu etablieren.
Verwenden alle Bakterien die
gleichen Signalmoleküle?
Verschiedene bakterielle Spezies
verwenden zur Unterhaltung verschiedene Moleküle. Es gibt verschiedene Klassen von Signalmolekülen (Abbildung 2). Innerhalb
dieser Klassen gibt es weiters kleine Variationen wie z. B. die Länge
der Seitenkette, etc. In einigen Fällen wurden bei einem Bakterium
verschiedene QS-Systeme gesehen
(diese Bakterien können mehr als
ein Signalmolekül verwenden). Das
Bakterium kann auf verschiedene
Arten auf jedes Molekül antworten.
In diesem Sinn kann man die Signalmoleküle als Wörter einer Sprache, mit unterschiedlichen Bedeutungen verstehen.
Können Bakterien einer Spezies
mit Bakterien einer anderen
Spezies kommunizieren?
Es gibt Hinweise dafür, dass eine
Interspezies Kommunikation via
QS vorkommt. Man spricht dann
von „quorum sensing cross talk2“.
„Cross talk“ kommt fast immer in
gemischten Populationen im Biofilm (z. B. auf intravaskulären Kathetern) vor.
Marine Bakterien:
Lange Zeit wurde angenommen,
dass sich die Produktion von AHL
auf marine Bakterien der Genera
Vibrio und Photobacterium beschränkt, bei denen Pheromone die
Induktion der Biolumineszenz kontrollieren. Besonders intensiv wurde das Regulationssystem von Vibrio fischeri untersucht. Bei niedrigen Zelldichten katalysiert eine
Fortsetzung auf Seite 5
INTENSIV - NEWS
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3
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CEFROM® 0,5 g/ 1,0 g/ 2,0 g-Trockenstechampullen, 1,0 g/ 2,0 g Trockensubstanz zur Infusionsbereitung. Zulassungsinhaber: Aventis Pharma, Wien
Hersteller: Patheon UK Limited, Swindon, GB. Vertrieb: Biochemie GmbH, A-6250 Kundl. Zusammensetzung: 1 Trockenstechampulle Cefrom® 0,5 g/
1,0 g/2,0 g enthält 0,596 g/1,191 g/2,382 g Cefpiromsulfat entsprechend 0,5 g/1,0 g/2,0 g Cefpirom. Anwendungsgebiete: Infektionen, die durch
Cefpirom-empfindliche Erreger verursacht werden, wie Infektionen der unteren Atemwege, der oberen Harnwege, der Haut- und Weichteile, sowie Infektionen
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und anderer Betalactam-Antibiotika kann bestehen. Mit Vorsicht sollte Cefrom® bei Patienten angewandt werden, die in ihrer Vorgeschichte an ausgeprägten
Allergien oder an Asthma litten. Über die Anwendung bei Kindern liegen noch keine ausreichenden Erfahrungen vor. Schwangerschaft und Stillperiode:
Obwohl sich bei tierexperimentellen Untersuchungen keine Hinweise auf Missbildungen oder eine fruchtschädigende Wirkung ergaben, sollte die Anwendung
von Cefrom® während der Schwangerschaft unterbleiben, da die Unbedenklichkeit hierbei klinisch nicht nachgewiesen ist. Bis zum Vorliegen weiterer klinischer
Erfahrungen sollte Cefrom® in der Stillzeit nicht angewendet werden. Weitere Angaben zu Nebenwirkungen, Wechselwirkungen, Gewöhnungseffekten
und zu den besonderen Warnhinweisen zur sicheren Anwendung sind der „Austria-Codex-Fachinformation“ zu entnehmen. Abgabe: NR und
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1
Aktionsgemeinschaft Medizinischer Mittelbau
Intensivmedizinische Kontroversen
sogenannte „autoinducer synthase“,
welche vom luxI Gen kodiert wird,
die konstitutive Produktion von
AHL (hauptsächlich OHHL, N(3-Oxohexanoyl)-L-homoserinlacton). Ab einer bestimmten OHHL
Konzentration im Kulturmedium
(Reflektion der kritischen Zelldichte) interagiert das Pheromon
mit seinem Rezeptorprotein LuxR
und aktiviert damit die Expression
des luxICDABE Operons, das alle für die Biolumineszenz (Abbildung 1) benötigten Gene beinhaltet. Da das luxI Gen selbst Teil dieses Operons ist, kommt es zu einer
positiven Rückkopplung, die zu
einer extrem schnellen Zunahme
der Lichtemission führt (Autoinduktion).
Gram-negative Bakterien:
Mittlerweile ist bekannt, dass die
Fähigkeit, AHL zu synthetisieren,
unter Gram-negativen Bakterien
sehr weit verbreitet ist. Die AHLabhängigen Regulationsmechanismen kontrollieren eine Vielzahl sehr
verschiedener Funktionen, unter
anderem die Synthese von Anti-
biotika und Pigmentstoffen oder die
Produktion von extrazellulären hydrolytischen Enzymen und Virulenzfaktoren.
Oftmals handelt es sich bei diesen
AHL-abhängigen bakteriellen Verhaltensweisen um oberflächenassoziierte Phänomene wie das multizelluläre Schwärmerverhalten von
Serratia liquefaciens oder die Ausbildung gemischter Biofilme durch
die humanpathogenen Organismen
Burkholderia cepacia und Pseudomonas aeruginosa. Darüberhinaus
scheinen AHL-Moleküle auch eine
wichtige Rolle für die Ökologie
komplexer Konsortien zu spielen,
da sie sowohl die Kommunikation
innerhalb der Bakterienpopulation
als auch mit dem eukaryotischen
Wirt ermöglichen.
Gram-positive Bakterien:
Die Entwicklung neuer therapeutischer Ansätze für die Behandlung
von Staphylokokkeninfektionen ist
eine große Herausforderung, da
viele Bakterien gegenüber konventionellen antibakteriellen Substan-
zen resistent geworden sind. So ist
die Interferenz der QS-Systeme mit
Antagonisten, die die Autoinducer
Bindungsstelle der Sensor- oder
Transkription-Aktivator Proteine
blockieren und so die VirulenzgenExpression verhindern und dadurch den Erreger schwächen, eine attraktive Strategie.
Das Potenzial dieses Ansatzes wurde in einem Hautabszess Model bei
Mäusen untersucht: Dabei wurde
das cyclische Thiolakton QS-System, welches die Virulenzgen-Expression bei S. aureus reguliert,
blockiert und dadurch die Infektion erfolgreich behandelt. QSblockierende Medikamente werden
aber vor allem bei der Prophylaxe
von Infektionen eine Rolle haben,
bei etablierten Infektionen ist jedenfalls ein intaktes Abwehrsystem
erforderlich, um die Infektion zu
beenden.
Prof. Dr. Christoph Wenisch
Abteilung für Infektiologie
Medizinische Universitätsklinik
Graz
I M P R E S S U M
Herausgeber:
Österreichische Gesellschaft für Internistische und Allgemeine Intensivmedizin (ÖGIAIM)
Für den Inhalt verantwortlich:
Prof. Dr. W. Druml, Prof. Dr. C. Madl, DGKS Josefa Imsel
Der Inhalt namentlich gekennzeichneter Beiträge spiegelt die Meinung der Verfasser wider und
muss nicht mit jener der ÖGIAIM bzw. Redaktion übereinstimmen.
Kommentare und Zuschriften erbeten an:
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Heftpreis: € 2,45, Jahresabonnement: € 15,Verleger/Anzeigen/Layout: Verlag Medicom, Koloman-Wallisch-Platz 12, Postfach 1, 8600 Bruck/Mur
Tel.: ++43/3862/56 400-0, Fax: ++43/3862/56 400-16, E-Mail: [email protected]
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INTENSIV - NEWS
MAI 2002
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Blutkulturen
Blutkulturen: Bei wem, von wo, wie,
wann, wie oft, wie viel Blut und wohin damit?
Bei wem?
Wie?
Die Indikation zur Abnahme einer
Blutkultur stellt sich bei Verdacht auf
eine bakterielle Infektion, intravaskuläre Infektion (z. B. Endocarditis),
Fieber unklarer Genese, bei speziellen Krankheitsbildern wie Meningitis, Pneumonie, Pyelonephritis, Osteomyelitis, Abszessen, Phlegmonen und
bei Erfüllen von ≥ 2 SIRS-Kriterien
und vermutete bakterielle oder PilzInfektion. Bei Nachweis einer Bakteriämie ist das prinzipielle Wiederholen einer Blutkultur nach Behandlungsbeginn nicht indiziert. Eine Ausnahme hierzu stellen die Fungämie
und Staphylokokkus aureus Bakteriämie mit oder ohne Endokarditis
bzw. fehlendes Ansprechen auf die
eingeleitete Therapie dar. Zum Ausschluss einer Erregerpersistenz oder
Resistenz sollten in diesen Fällen weitere Blutkulturen nach Therapiebeginn angelegt werden.
Falsch positive Blutkulturen können
durch Kontamination mit der Hautflora des Patienten während der Venenpunktion und durch Kontamination während des Inokulierens des Blutes in die Kulturflasche entstehen. Das
empfohlene Vorgehen der Hautdesinfektion besteht in der Applikation
von Isopropanol 70% (Einwirkzeit
mind. 1 Minute), gefolgt von einem
PVP-Jod, das 1,5 bis 2 Minuten auf
der Haut einwirken sollte, um seinen
maximalen antimikrobiellen Effekt zu
erzielen.
Diese Empfehlung basiert auf einer
Studie, in der die Anwendung von
Isopropanol 70% plus PVP-Jod im
Vergleich zu Isopropanol 70% plus
Jodtinktur zu einer signifikanten Reduktion der Kontaminationsrate um
1,2% führte. Allerdings konnte in einer anderen Studie kein Unterschied
zwischen Isopropanol 70% und Isopropanol 70% plus PVP-Jod gefunden werden. Die alleinige Anwendung
von Isopropanol 70% ist daher auf
Grund dieser Studie ebenso zulässig.
Mit der Einführung sogenannter
Blood-Culture-Teams, die genau vorgegebene Abnahmetechniken strikt
einhielten, konnte in einer anderen
Arbeit die Kontaminationsrate um
7,2% gesenkt werden. Die exakte Einhaltung von Desinfektions- und Blutkulturabnahmetechniken hat daher
einen größeren Einfluss auf die Kontaminationsrate als spezielle Desinfektionsmittel.
Von Wo?
Blutkulturen werden einer peripheren Vene entnommen (periphere Blutkultur). Eine arterielle Entnahme verglichen mit einer venösen bringt keinen zusätzlichen Benefit im Erregernachweis. Die Abnahme aus einem
zentralen Venenkatheter (zentrale
Blutkultur) ist mit einer höheren Kontaminationsrate assoziiert und wird
nur bei V. a. eine Katheter-assoziierte Bakteriämie vorgenommen. Außerdem zeigte eine Arbeit bei hämatoonkologischen Patienten, dass zentrale Blutkulturen auf Grund ihres
niedrigen positiven prädiktiven Wertes (63%) nicht zum Nachweis einer
Bakteriämie geeignet sind. Auf Grund
des hohen negativen prädiktiven Wertes (99%) kann eine zentrale Blutkultur zum Ausschluss einer Bakteriämie verwendet werden.
6
MAI 2002
Die Blutkulturen werden entweder
mit einem offenen oder geschlossenen
System gewonnen. Beim offenen System wird die Vene mit einer sterilen
Nadel punktiert und das gewonnene
Blut anschließend in die Blutkulturfläschchen inokuliert. Beim geschlos-
senen System (z. B. Vacutainer) wird
das Blut nach der Venenpunktion direkt in die Blutkulturfläschchen geleitet. Die Anwendung des geschlossenen Systems reduziert das Risiko
einer Stichverletzung und Kontamination.
Wann?
Die größte Anzahl von Mikroorganismen im Blut wird 1-2 h vor dem
Einsetzen von Fieber und Schüttelfrost angenommen. Das wäre der optimale Zeitpunkt zur Abnahme einer
Blutkultur. Da man diesen Zeitpunkt
nie erahnen kann, muss unmittelbar
nach einer Indikationsstellung die
Abnahme einer Blutkultur erfolgen.
Die Abnahme sollte vor einer antimikrobiellen Therapie erfolgen, da diese den Erregernachweis negativ beeinflussen kann. Bei Fieber unter einer bereits laufenden Antibiotikatherapie sollte die Blutabnahme am Ende der Dosierungsintervalle erfolgen,
d. h. vor der nächsten Applikation.
Wie oft?
Ein Blutkulturset besteht jeweils aus
einer aeroben und anaeroben Blutkulturflasche. Die Abnahme von 3
Abbildung 1:
Kontinuierliches Monitorsystem für Blutkulturen
INTENSIV - NEWS
Blutkulturen
Blutkultursets erhöht - verglichen mit
2 Blutkultursets - die Wahrscheinlichkeit, eine bakteriämische Episode
zu entdecken. Die Blutkulturen werden im Abstand von 30 bis 60 Minuten aus einer peripheren Vene gewonnen, wobei jedesmal an einer neuen Stelle punktiert werden muss. Bei
Verdacht auf eine Endokarditis werden > 3 Blutkultursets mit mehrstündigem Intervall über mehrere Tage
abgenommen. Damit lässt sich die für
dieses Krankheitsbild typische kontinuierliche Bakteriämie erfassen.
Wie viel Blut?
Es wurde ein direkter Zusammenhang zwischen dem entnommenen
Blutvolumen für die Blutkultur und
dem Nachweis einer Bakteriämie beobachtet. Die Steigerung des Blutvolumens von 20 ml auf 40 ml erhöhte
den Erregernachweis um 19%, das
Erhöhen des Volumens von 40 ml auf
60 ml steigerte ihn um weitere 10%.
Je nach Hersteller wird ein Blutvolumen von 5-10 ml je Blutkulturflasche empfohlen. Für pädiatrische Patienten reicht ein geringeres Blutvolumen, da bei diesem Patientengut die
im Blut zirkulierende Erregerzahl
größer ist.
Das Blutkulturmedium enthält eine
Vielzahl von Substraten (TrypticaseSoja Bouillon, Dextrose, Arginin, Natriumcitrat, Pyridoxal etc.), die von
den Mikroorganismen metabolisiert
werden.
Weiters dient das Kulturmedium der
Dilution von im Blut vorhandenem
Komplement, Lysozymen oder Phagocyten, die in zu großer Konzentration das mikrobielle Wachstum hemmen könnten. Ein Blut-zu-Kulturmedium Verhältnis von 1:5 bzw. 1:10
wird empfohlen. Mit Resinharz
(BACTEC) oder Aktivkohle (BacT/
Alert) versehene Kulturmedien werden für antibiotisch vorbehandelte Patienten verwendet, da diese Substanzen eine Vielzahl von Antibiotika zu
adsorbieren vermögen.
INTENSIV - NEWS
Tabelle 1: Checkliste Blutkultur
Bei wem?
bei Verdacht auf eine bakterielle Infektion, Endokarditis,
FUO, Meningitis, Pneumonie, Pyelonephritis,
Osteomyelitis, Abszessen, Phlegmonen und ≥ 2
SIRS-Kriterien und vermutete Infektion
Wo?
periphere Vene; Abnahme aus zentralnervösem Zugang
nur bei Verdacht auf Katheter-assoziierte Bakteriämie
Wie?
Wischdesinfektion mit Isopropanol 70% plus PVP-Jod
(Einwirkzeit 1,5 bis 2 Minuten) oder Isopropanol 70%
alleine (Einwirkzeit mind. 1 Minute)
Wann?
unmittelbar nach Indikationsstellung
Wie oft?
3 Blutkultursets (je eine aerobe und anaerobe Flasche) im
Abstand von 30 - 60 min; Ausnahme: bei Endocarditis > 3
Blutkulturen mit mehrstündigem Intervall über mehrere Tage;
wiederholte Abnahme bei Staphylokokkus aureus-, und Pilznachweis oder fehlendem Ansprechen auf die eingeleitete Therapie
Wieviel?
je nach Hersteller-Angaben, 5-10 ml Blut pro Flasche für
Erwachsene
Wohin?
in das kontinuierliche Monitorsystem
Aerobe Blutkulturen erlauben obligaten und fakultativen aeroben Organismen ein Wachstum, anaerobe
Blutkulturen hingegen erlauben das
Wachstum von obligaten und fakultativen anaeroben Organismen. Die
abnehmende Inzidenz der Bakteriämien mit Anaerobiern in den letzten
Jahren wirft die Frage nach dem
Nutzen einer anaeroben Blutkultur
auf. Einige fakultative Anaerobier wie
Staphylokokken, Streptokokken, Enterokokken und Enterobacteriaceae
wachsen aber schneller oder bevorzugt in anaeroben Kulturflaschen. In
einer Studie konnte gezeigt werden,
dass 16% der Streptokokken und 17%
der Enterobacteriaceae nur in der
anaeroben Blutkultur nachweisbar
waren.
ierlichen Monitorsystem (Abb.1) für
5 bis 7 Tage inkubiert. Eine längere
Inkubationszeit wird bei Verdacht auf
eine Fungämie oder Erreger der HACEK-Gruppe (Haemophilus aphrophilus/paraphrophilus, Actinobacillus actinomycetem-comitans, Cardiobacterium nominis, Eikenella corrodens, Kingella kingae) angestrebt.
Die Bakterien wachsen, metabolisieren die vorhandenen Substrate in der
Blutkulturflasche und produzieren
CO2, das eine pH-Änderung bewirkt.
Diese Änderung wird mittels Kolorimetrie (BacT/Alert, Organon
Teknika) oder Fluoreszenz (BACTECTM 9000, Becton Dickinson)
kontinuierlich detektiert und zeigt somit das Wachstum von Mikroorganismen an.
Wohin damit?
Literatur beim Verfasser
Die befüllten Blutkulturflaschen müssen unverzüglich ins mikrobiologische
Labor zur weiteren Bearbeitung
gebracht werden. Die Blutkulturen
werden bei 37°C in einem kontinu-
Dr. Renate Haberl
Abteilung für Infektiologie
Medizinische Universitätsklinik
Graz
MAI 2002
7
Quelle: Austria Codex 1999/2000
9345/L910/12/01
– einfach gut – einfach vielseitig –
– einfach zu dosieren – einfach einzunehmen –
D A S AT E M W E G S A N T I B I O T I K U M
500 mg
W I R K T.
EINFACH.
BESSER.
Virale Enzephalitis
Virale Enzephalitis
Einführung
Die virale Enzephalitis ist beim Menschen ein relativ seltenes Krankheitsbild. Bei einigen Viren – wie z. B.
Mumps - stellt die ZNS-Beteiligung
jedoch einen durchaus üblichen, wenngleich meist benignen Teil der Infektion dar. Bei anderen Infektionen – wie
bei der Japan B Enzephalitis (JBV)
– ist die Enzephalitis das herausragende Symptom der systemischen Infektion. Eine dritte Gruppe – als deren Vertreter sei hier das Herpes simplex Virus (HSV) angeführt - verursacht zwar häufig Infektionen, selten
aber kommt es zu einer zentralen Beteiligung. Manche Viren führen ausschließlich zu einer Enzephalits (z. B.
Rabies). Andere können neben einer
akuten Manifestation auch zu einem
postinfektiösen Syndrom führen (z. B.
Masern).
Pathogenese und Klinik
Die Viren erreichen das ZNS häufiger
auf hämatogenem, selten auch auf neuronalem Wege. Nach der Übertragung
des Virus kommt es zu einer primären
Virämie mit Befall des retikuloendothelialen Systems. Dort kommt es zu
einer Virusreplikation. Während der
sekundären Virämie kommt es zum
Befall anderer Organe, so auch des
ZNS. Bei der akuten Virusenzephalitis steht die Entzündung der kortikalen Gefäße und Kapillaren der grauen
Substanz bzw. des Übergangs von
grauer zu weißer Substanz im Vordergrund. Durch aktive Replikation
in den Kapillarendothelzellen oder
durch passiven Transport kommt es zu
einer perivaskulären lymphozytären
Infiltration, die in der Folge zu einer
Astrozytose und Gliose führt. Bei der
HSV-Enzephalitis kommt es zu histopathognomonischen Cowdry A Einschlusskörpern, bei der Rabies zu Ne-
gri-Körpern (1). Alternativ erreichen
Viren intraneuronal das Gehirn. Herpes simplex Viren nützen wahrscheinlich den N. olfaktorius als Zugang zum
ZNS, wo es zu einer latenten Infektion kommt. Bei der Tollwut führt die
intraneuronale Propagation zu einer
Beteiligung des limbischen Systems.
Die virale Enzephalitis präsentiert sich
mit Fieber, Kopfschmerzen und einem
verändertem Bewusstsein. Häufig sind
die Patienten nicht orientiert. Sie weisen Alterationen des Benehmens oder
der Sprache und fokale neurologische
Ausfälle auf. Bei einer Meningitis
kommt es üblicherweise zu Kopfschmerzen, Fieber und Nackensteifigkeit, nicht aber zu fokalen neurologischen Symptomen. Der weitere Verlauf ist durch den Befall der jeweiligen
Hirnregionen gekennzeichnet, wobei
bestimmte Viren einen Tropismus zu
bestimmten Zellen haben: Polioviren
befallen vorzugsweise motorische Neuronen, Rabiesviren hauptsächlich das
limbische System und Mumpsviren
das Epithel des Plexus chorioideus.
Herpesviren haben eine Prädilektion
für den Temporallappen mit den daraus resultierenden typischen neurologischen Ausfällen wie Aphasie, Anosmie und Temporallappenanfällen.
Diagnose
Nicht zuletzt auf Grund der klinischen
Symptomatik, die die Anamnese
schwierig gestalten kann, ist die Ätiologie der Virusenzephalitis oft nur
schwer zu diagnostizieren. Im Liquor
cerebrospinalis (CSF) zeigt sich eine
Pleozytose mit vorwiegend mononukleären Zellen und ein erhöhtes Protein. Sofern es der intrakranielle
Druck zulässt, ist die Lumbalpunktion für die Diagnose essenziell. Nur etwa 4% der Patienten mit schweren
ZNS-Infektionen haben einen normalen CSF (2). Wichtig ist die Unter-
scheidung zwischen Enzephalitis und
postinfektiöser Enzephalomyelitis, da
Management und Prognose meist sehr
unterschiedlich sind.
In der Regel liegt eine Liquorpleozytose zwischen 10 und 1.000 Zellen/µl
vor. Vor allem in der Frühphase der
Enzephalitis kann auch eine normale
Zellzahl gefunden werden. Der Eiweißgehalt des CSF mit Werten zwischen 500 – 800 mg/l ist häufig nur
mäßig erhöht. Im Anfangsstadium liegt
meist eine Schrankenstörung vor, im
späteren Verlauf findet sich bei 50%
der Fälle ein erhöhter IgG-Index
und/oder oligoklonale Banden. Zunächst kommt es wie bei jeder anderen Entzündung zu einer exsudativen
Zellreaktion, also zu einem überwiegend granulozytärem Zellbild. Dies
kann zu Schwierigkeiten bei der Differenzialdiagnose zur eitrigen oder tuberkulösen Meningitis führen. Innerhalb von 12-72 Stunden nach Beginn
der Erkrankung erfolgt der Übergang
in das proliferative, lymphozytäre Entzündungsstadium. In differenzialdiagnostisch schwierigen Situationen ist
eine kurzfristige Repunktion empfohlen. Der liquorzytopathologische Befund zeigt entweder zahlreich aktivierte Lymphozyten und Plasmazellen, oder ein monomorphes Zellbild
mit überwiegend kleinen Lymphozyten. Auch die Monozyten zeigen Aktivierungszeichen. Gegen Krankheitsende nehmen Zellzahl und Aktivierungszeichen ab.
Aus Zellzahl und Zellbild kann weder
auf den Krankheitserreger noch auf
den Schweregrad der Erkrankung geschlossen werden. Auch die Differenzierung zwischen primärer und postinfektiöser Virusenzephalitis ist aus
dem Zytogramm nicht möglich. Rückschlüsse auf die Ätiologie erlaubt die
Präsenz von Eythrophagen oder Siderophagen als Ausdruck der hämorrhagischen Enzephalitis (HSV,
Fortsetzung auf Seite 10
INTENSIV - NEWS
MAI 2002
9
Virale Enzephalitis
CMV). Viruspartikel enthaltende Riesenzellen mit Kerneinschlüssen umgeben von einem hellen Hof, sogenannte „Eulenaugenzellen“, können bei der
akuten CMV-Enzephalitis beobachtet
werden.
Die Virusisolierung ist meist von untergeordneter Bedeutung, jedoch kann
der Erregernachweis mittels PCR eine rasche und spezifische Diagnose
herbeiführen. Mittels EEG, CCT und
MRT können zusätzliche Informationen über die befallenen Regionen gewonnen werden. Speziell die MRT ist
eine sensitive Methode für die Diagnose früher Veränderungen (3). Im
EEG zeigt vor allem die Herpesenzephalitis ein typisches Bild.
Die Bestätigung der Diagnose hat für
die meisten Patienten mit Enzephalitis keine therapeutische Konsequenz.
Antikörpernachweise im CSF sind nur
sinnvoll, wenn diese quantitativ und
sequenziell durchgeführt werden. Für
die JBV-Enzephalitis gibt es einen
IgM-ELISA, der hochspezifisch und
sensitiv ist.
Die Bestimmung von Neopterin im
CSF als Indikator für die intrathekale T-Zell-Aktivierung scheint ein sensitiver Indikator für das Vorliegen einer viralen Enzephalitis zu sein, ist jedoch ungeeignet, virale von bakteriellen Infektionen zu unterscheiden (4,
5). Serum-Neopterin Spiegel haben
keine klinische Relevanz.
Herpes simplex Enzephalitis
Herpesvirus Infektionen sind überaus
häufig und ubiquitär, dennoch ist die
HSV-Enzephalits eine sehr seltene Erkrankung mit eine Inzidenz von 0,20,4/100.000 Einwohner. Andererseits
stellt sie die häufigste Ursache für eine akute fokale, nicht epidemische Enzephalitis dar. Der Diagnose kommt
eine besondere Bedeutung zu, da mit
Aciclovir eine wirksame antivirale Therapie zur Verfügung steht. Trotzdem
ist die Mortalität mit 28% (1,5 Jahre
nach Therapie) nach wie vor hoch (6).
10
MAI 2002
Bei weniger als 6 Punkten im Glasgow
Coma Score liegt die Erfolgsrate noch
deutlich niedriger. Andererseits steigt
die Heilungsrate auf 65-100%, wenn
die Therapie innerhalb der ersten 4 Tage nach Einsetzen der Symptome begonnen wird (7). Die übliche Dosierung von Aciclovir beträgt 10-20
mg/kg i.v. alle 8 Stunden unter genauer
Überwachung der Nierenfunktion.
Die Rezidivrate beträgt etwa 5%,
scheint jedoch höher zu sein, wenn die
Therapie nicht lange genug verabreicht
wird. Eine restitutio ad integrum nach
2 Jahren ist für 30% der Patienten zu
erwarten.
Tollwut
Rabies ist eine Zoonose, die haupsächlich von Hunden auf den Menschen
übertragen wird. Die Inkubationszeit
beträgt 20-60 Tage (minimal 5 Tage,
maximal 180 Tage). Nach einem Prodromalstadium kommt es zu typischer
zerebraler Symptomatik, schlussendlich zum Koma und kardiorespiratorischem Versagen. Die Mortalität beträgt bis zu 100%. Die Diagnose wird
mittels PCR aus dem Speichel gesichert (8). Das Management beschränkt sich auf die Prophylaxe,
wobei Risikopersonen eine Impfung
empfohlen wird, und Patienten mit einer möglichen Exposition eine postexpositionelle Prophylaxe mit aktiver
und passiver Immunisierung erhalten.
Neuere Impfstoffe auf der Basis von
Zellkulturen sind besser wirksam und
verträglich als ältere Impfstoffe aus Affenhirnzellen.
Postexpositionelle Prophylaxe: Ist das
beißende Tier gesund und kann für 10
Tage beobachtet werden, kann mit der
Immunisierung zugewartet werden. Ist
das Tier tollwütig, oder kann man seiner nicht habhaft werden, muss nach
Wundreinigung - mit viruzider Providon-Jodlösung oder mit Wasser und
Seife - passiv mit 20 IU/kg Körpergewicht Rabies-Immunglobulin und aktiv mit 1,0 ml Vakzine an den Tagen 0,
3, 7, 14 und 28 i.m. in den M. deltoideus immunisiert werden. Geschützte
Gebissene erhalten eine aktive Impfung an den Tagen 0 und 3, die Gabe
von Rabies-Immunglobulin ist nicht
indiziert (9).
Arbovirusenzephalitis
Die Erreger und deren übertragende
Arthropoden sind in Tabelle 1 dargestellt. Die weltweit häufigste Enzephalitis wird durch JBV hervorgerufen, übertragen durch Stechmücken
(Culex spp.). Die Infektion mit JBV
führt bei 2,5% der Infektionen zu einer Enzephalitis. Die Diagnose kann
mittels des Nachweises von IgM im
CSF gestellt werden. Im MRT zeigt
sich ein typisches Bild vor allem im
Thalamus, in den Stammganglien und
im Mittelhirn. Die Letalität beträgt ca.
30%. Schwere neurologische Schäden
bleiben in 50% der Überlebenden
zurück. Es gibt keine spezifische Therapie. Eine formalin-inaktivierte Impfung wird Personen in Endemiegebieten und Reisenden in endemische Länder empfohlen.
Eine Epidemie mit West-nile Virus in
New York zeigte, dass eine potenzielle Ausbreitung dieses Enzephalitiserregers vermutlich über Zugvögel auch
außerhalb des Endemiegebietes in
Afrika und im mittleren Ostens möglich ist, und dass sich funktionierende
enzoonotische Zyklen auch über die
Wintermonate hinweg bilden können.
Die Mortalität beträgt ca. 4%, vor allem gefährdet sind Personen über 50
Jahre. Eine Therapie bzw. Impfung
gibt es bisher nicht.
Enterovirusinfektionen
Polioviren, Coxsackieviren und Echoviren haben ein breites Spektrum an
meist selbstlimitierten Erkrankungen,
wie Myokarditis, Perikarditis, Perikarditis, Exanthem, Enanthem, Konjunktivitis, und Meningitis. Manche
haben jedoch zu fatale Folgen, wie z. B.
INTENSIV - NEWS
Virale Enzephalitis
Poliomyelitis. Bei einer Enterovirus
71-Epidemie in Taiwan kam es 1998
allerdings zu einer hohen Rate an neurologischen Komplikationen bei Kindern mit einer Mortalität von ca. 20%
(10). Außer für Polio gibt derzeit keine Vaccine gegen Enteroviren. Die antivirale Substanz Pleconaril ist derzeit
in klinischer Erprobung (11).
Konklusion
Für die Diagnose der viralen Enzephalitis ist die Lumbalpunktion essenziell. Eine rasche (Ausschluss-) Diagnose der Herpes simplex Enzephalitis ist wichtig, um eine kausale Therapie durchzuführen, respektive zu beenden. Für andere Erreger viraler Enzephalitiden gibt es keine Therapie,
das Hauptaugenmerk muss somit der
Prävention (Impfung, Vektorkontrolle) geschenkt werden. Ausbrüche von
endemischen Erkrankungen an weit
entfernten Orten zeigen, dass auch die
Viren Anhänger der Globalisierung
sind.
Referenzen:
1. Johnson RT. The pathogenesis of acute viral
encephalitis and postinfectious encephalomyelitis. J Infect Dis 1987 Mar;155(3):35964
2. Whitley RJ, Soong SJ, Linneman C Jr, Liu
C, Pazin G, Alford CA. Herpes simplex encephalitis. Clinical Assessment.JAMA 1982
Jan 15;247(3):317-20
3. Domingues RB, Fink MC, Tsanaclis AM, de
Castro CC, Cerri GG, Mayo MS, Lakeman
FD. Diagnosis of herpes simplex encephalitis
by magnetic resonance imaging and polymerase chain reaction assay of cerebrospinal fluid.
J Neurol Sci 1998 May 7;157(2):148-53
4. Gunther G, Haglund M, Lindquist L, Skoldenberg B, Forsgren M. Intrathecal production of neopterin and beta 2 microglobulin in
tick-borne encephalitis (TBE) compared to
meningoencephalitis of other etiology. Scand
J Infect Dis. 1996;28(2):131-8.
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fluid neopterin concentrations in central nervous system infection. J Infect Dis. 1993
Nov;168(5):1285-8.
6. McGrath N, Anderson NE, Croxson MC,
Powell KF. Herpes simplex encephalitis treated with acyclovir: diagnosis and long term
outcome. J Neurol Neurosurg Psychiatry
1997 Sep;63(3):321-6
7. Ito Y, Kimura H, Yabuta Y, Ando Y, Murakami T, Shiomi M, Morishima T. Exacerba-
INTENSIV - NEWS
Tabelle 1: Enzephalitis durch Arboviren
Virus
1. Togaviren
Alphaviren
Östliches equines Virus
Westliches equines Virus
Venezuela equines Virus
2. Flaviviren
West-nile-Komplex
St. Louis
JBV
Murray valley
West nile
Ilheus
Rocio
3. Bunyaviridae
Bunyaviren
California
La Crosse
Jamestown Canyon
Snowshoe Hare
Tahyna
Inkoo
Phleboviren
Rift valley
4. Reovirdae
Orbiviren
Colorado Zeckenfieber
5. Tick-borne-complex
Fernöstlich
FSME
Kyasanur Forest
Louping-ill
Powassan
Negishi
Vektor
Geographische Verbreitung
Culiseta, Aedes
Südamerika
Culiseta, Aedes
Aedes, Culex, u. a.
Ost-USA, Karibik,
Culex
Culex
Culex
Culex
Psorophora
Stechmücken (?)
Aedes
Aedes
Culiseta
Culiseta
Aedes, Culiseta
West-USA, Kanada
Süd-/Zentralamerika, SWUSA
USA
Japan, China, SEA, Indien
Australien, Neuguinea
US, Afrika, Europa, mittlerer
Osten, Asien
Süd-/Zentralamerika
Brasilien
Stechmücken (?)
West-USA
Mittel/Ost-USA
USA, Alaska
Kanada, Alaska, Nord-USA
CSR, ehem. Jugoslawien,
Italien, Südfrankreich,
Finnland
Finnland
Culex, Aedes
Ostafrika
Dermacentor
Rocky mountains
Ixodes
Ixodes
Hämophysalis
Ixodes
Ixodes
Zecken (?)
Ost-Russland
Zentraleuropa
Indien
Großbritannien
Kanada, Nord-USA
Japan
tion of herpes simplex encephalitis after successful treatment with acyclovir. Clin Infect
Dis 2000 Jan;30(1):185-7
8. Noah DL, Drenzek CL, Smith JS, Krebs
JW, Orciari L, Shaddock J, Sanderlin D,
Whitfield S, Fekadu M, Olson JG, Rupprecht CE, Childs JE. Epidemiology of human
rabies in the United States, 1980 to 1996. Ann
Intern Med 1998 Jun 1;128(11):922-30
9. Arguin PM. Rabies. Current Treatment options in Inf. Dis. 2000, 2 (5): 441-448
10. Ho M, Chen ER, Hsu KH, Twu SJ, Chen
KT, Tsai SF, Wang JR, Shih SR. An epidemic of enterovirus 71 infection in Taiwan.
Taiwan Enterovirus Epidemic Working
Group. N Engl J Med 1999 Sep 23;341(13):
929-35
11. Pevear DC, Tull TM, Seipel ME, Groarke
JM. Activity of pleconaril against enteroviruses. Antimicrob Agents Chemother 1999
Sep;43(9):2109-15
Dr. Bernhard Parschalk
Prof. Dr. Wolfgang Graninger
Klinische Abteilung für Infektionen
Univ.-Klinik für Innere Medizin I
AKH-Wien
MAI 2002
11
Der Goldstandard bei MRSA und MRSE
®
VANCOMYCIN
Die Barriere zwischen MRSA und dem Leben Ihres Patienten
Fachkurzinformation siehe Seite
Stationsvorstellung
Allgemeine Intensivstation (ICU) der
Medizinischen Universitätsklinik Graz
Die Medizinische Klinik Graz verfügt
derzeit über etwa 250 Betten. Die intensivmedizinische Versorgung von
Patienten erfolgt einerseits durch die
allgemeine Intensivstation (ICU) mit
9 Betten und einer kardiologischen
Intensivstation (CCU) mit 5 Betten.
Diese beiden Einheiten sind künftig
für die Gesamtversorgung internistischer Intensivpatienten in einem Gesamtkomplex von ca. 2000 Betten zuständig. Die ärztliche Verantwortung
für ICU und CCU ist völlig getrennt,
wohl aber besteht ein gemeinsamer
Schwesternpool und eine enge interdisziplinäre Zusammenarbeit.
An der allgemeinen Intensivstation
werden pro Jahr durchschnittlich 400
Patienten betreut, wobei 80% über die
eigene Aufnahme und das Notarztsystem, 20% über periphere Krankenhäuser aufgenommen werden. 15%
aller Patienten sind neurologische Intensivpatienten (Intrazerebrale Blutungen, Meningitiden, Myasthenia
gravis und Guillaine-Barre Syndrom)
die einer Respiratortherapie bedürfen. Der Aufnahmsgrund ist in 6080% ein kardiorespiratorisches Organversagen.
In 5-8 Prozent der Patienten liegt eine Intoxikation vor, die eine Intensivüberwachung und/oder -therapie
notwendig macht. Die Versorgung der
Patienten der ICU erfolgt durch 2
Fachärzte für Intensivmedizin, 3 Ärzte befinden sich derzeit in Zusatzfacharztausbildung, weiters sind immer 1-2 Ärzte im Rahmen der Rotation der Intensivstation zugeteilt. Eine wissenschaftliche ärztliche Mitarbeiterin ergänzt derzeit das Team. Das
INTENSIV - NEWS
Pflegepersonal betreut in Gemeinschaft beide Intensivstationen und
setzt sich aus 33 Schwestern und Pflegern, 6 Pflegehelfern und eine Physikotherapeutin zusammen. Beide Intensivmediziner haben neben ihrer
Tätigkeit auf der Intensivstation, einen umfangreichen Ausbildungskatalog für Studenten, Intensivschwestern und Physikotherapeuten.
Die apparative Ausstattung der Intensivstation besteht aus 9 Beatmunsgeräten, 5 Hämodialyse-Filtrationsgeräten zur Durchführung von
kontinuierlichen/intermittierenden
Nierenersatzverfahren, Plasmapheresen und Hämoperfusionen. Weiters
verfügt die Station über 2 Bronchoskope, ein Ultraschallgerät mit transösophagealer Sonde, ein indirektes Kaloriemeter, eine Aortenballonpumpe,
künftig ein Leberunterstützungssystem (MARS) und eine Durchleuchtungsanlage zur Implantation
von zentralvenösen Kathetern (ca.
600/Jahr) und passageren Schritt-
machern. Sämtliche andere invasive
Verfahren wie Gastroskopie, Colonoskopie, perkutane Koronardilatationen
stehen rund um die Uhr zur Verfügung. Das Nachtdienstteam der
medizinischen Klinik setzt sich täglich aus mindestens 16 Ärzten zusammen.
Der Schwerpunkt der Forschungstätigkeit an der Intensivstation liegt
in der Erforschung von Sepsisparametern zur Vorhersage von Infektionen. Hier besteht eine enge Zusammenarbeit mit Prof. Egger (experimentelle Pathologie), Studien zur
Evaluierung von neuen enteralen
Nährlösungen, Quality of life Studien. Weiters arbeitet die Station mit
der diabetologischen Abteilung an der
Erforschung von closed loop Systemen zur automatischen Regulierung
des Blutzuckers.
Univ.-Doz. Dr. Karl-Heinz Smolle
Leiter der Intensivsation (ICU)
Universitätsklinikum Graz
MAI 2002
13
Flolan ist ein natürlich vorkommendes
Prostaglandin, das in der Intima der
Blutgefäße gebildet wird.
Es ist der stärkste bisher bekannte
Thrombozytenaggregationshemmer.
®
Hemmung der
Thrombozytenaggregation mit Köpfchen.
erhält Plättchenfunktion und Plättchenzahl2.
verringert das Risiko
zirkulierender Mikroembolien3.
reduziert den Heparin-Bedarf und damit die
Risiken langdauernden Heparineinsatzes2.
verringert das Risiko für das Auftreten
einer Hämorrhagie1.
antagonisiert die Heparin-induzierte Förderung
der Plättchenaggregation4,5,6,7.
Literaturhinweis:
1) Zusman R. M. et al, N. Engl. J. Med. 304; 934. 2) Turney J. H. et al, Lancet 219–222; 2; 8188. 3) Woods H. F. et al, Lancet 1075–1077; 2; 8099. 4) M. Kuzniewski et al, Nephron 1990; 56: 174–178. 5) Kapsch D. N. et al,
Heparin-induced thrombocytopenia, thromosis and hemorrage. Surgery 1979, 86: 148–155. 6) McIntyre D. E. et al, Heparin opposes prostanoid and non prostanoid platelet inhibitors by direct enhancement of aggregation.
Res. 1981; 22: 167–175. 7) Thomson C. et al, The potentation of platelet aggregation and adhesion by heparin in vitro and in vivo. Clin. Sci. Mol. Med. 1973; 45: 485–494.
Fachinformation: FLOLAN™ 0,5 mg Trockensubstanz zur Infusionsbereitung mit Lösungsmittel. Zusammensetzung: 1 Stechampulle enthält 0,5 mg Epoprostenol-Natriumsalz als Trockensubstanz. Weitere Bestandteile: Glycin, Natriumchlorid, Mannitol
und Natriumhydroxid. 1 Stechampulle des Lösungsmittels enthält 50 ml wässerige Glycin–Pufferlösung mit einem pH–Wert von ca. 10,5. Anwendungsgebiete: Flolan kann als Antikoagulans bei der Hämodialyse eingesetzt werden, als Alternative für Heparin
nur bei Patienten, bei denen Heparin nicht angewendet werden kann (z.B. Risiko einer heparinbedingten Blutung). Flolan darf nur von Ärzten mit Erfahrung auf dem Gebiet der Hämodialyse und nur in Abteilungen mit entsprechender Notfallausrüstung
angewendet werden. Gegenanzeigen: Flolan ist kontraindiziert bei Patienten mit bekannter Überempfindlichkeit gegenüber Epoprostenol oder einen der verwendeten Hilfsstoffe. Patienten mit folgenden Erkrankungen sollten Flolan nur unter besonders
intensiver Überwachung der Kreislauf- und Gerinnungsparameter erhalten (siehe auch „Besondere Warnhinweise zur sicheren Anwendung“): erhöhtes Blutungsrisiko (vor allem floride Magen-, Darmulcera, intrakranielle Blutungen), akute oder chronisch
dekompensierte Herzinsuffizenz, schwere koronare Herzkrankheit, instabile Angina pectoris, Leberinsuffizenz, schwere Hyper- und Hypotonie. Schwangerschaft und Stillperiode: Über die Anwendung von Flolan in der
Schwangerschaft liegen noch keine ausreichenden Erfahrungen vor. In diesen Fällen sollte Flolan daher nur bei strenger Indikationsstellung unter Berücksichtigung des unbekannten Risikos für das Kind angewendet
werden. Über die Anwendung von Flolan während der Stillperiode liegen keine Erfahrungen vor. Z.Nr.: 1–20 059. Zulassungsinhaber: Glaxo Wellcome Pharma GmbH, Wien. Hersteller: GlaxoWellcome Operations,
Greenford, England. Weitere Angaben zu Nebenwirkungen, Gegenanzeigen und zu den besonderen Warnhinweisen zur sicheren Anwendung sind der veröffentlichten Fachinformation zu entnehmen.
Images in Intensive Care
Fulminante Purpura und septischer Schock
bei systemischer Meningokokkeninfektion
Die 16-jährige Patientin hatte vor
ca. 2 Jahren auf Einnahme von
Acetylsalicylsäure ein generalisiertes Exanthem mit hellroten Flecken
entwickelt, welches nach Absetzen
des Medikaments innerhalb von 24
Stunden wieder verschwand. Sonst
bestanden keine ernstlichen Vorerkrankungen.
Seit zwei Wochen bestand ein grippaler Infekt; am Tag der Einweisung ins Krankenhaus nahm die
Patientin wegen schwerem allgemeinen Krankheitsgefühl bei Temperaturanstieg auf 42 Grad Celsius zur Fiebersenkung 500 mg
Acetylsalicylsäure und 750 mg Paracetamol ein.
Nach ca. einer Stunde kam es zu
einer großfleckigen erythematösen
Verfärbung der Haut im Gesicht,
Hals, obere Thoraxhälfte und der
Extremitäten verbunden mit einem
akuten Verwirrtheitszustand. Bei
Einlieferung in das Regionalspital
war die Patientin somnolent und
die Farbe der Hautläsionen hatte
sich nach dunkel- bis schwarzrot
verändert. Wegen eines sich rasch
entwickelnden Kreislaufschocks
wurde eine Volumen und Katecholamintherapie eingeleitet und
die Patientin nach orotrachealer Intubation in analgosediertem Zustand mit dem Rettungshubschrauber auf die allgemeine Intensivstation der Medizinischen Universitätsklinik in Graz geflogen.
INTENSIV - NEWS
Bei der Aufnahme zeigte die Blutgasanalyse eine geringe kompensierte
metabolische Azidose bei einem pH
von 7.36 und einem vermindertem
Bicarbonat von 18 mmol/L. Der
Blut-Laktatspiegel war auf 5 mmol/L
erhöht. Die Oxygenierung war bei
einem pO2 von 191 mmHg unter
einer inspiratorischen Sauerstoffkonzentration von 40% normal; im
Thorax-Röntgen konnten bei normal großem Herzschatten keine
Lungeninfiltrate nachgewiesen
werden.
Die Echokardiographie ergab eine
normale Dimension aller Herzhöhlen und eine diffuse Hypokinesie des linken Ventrikels mit einer Auswurffraktion von 50%. Der
zentrale Venendruck wurde nach
vorangehender Volumenzufuhr von
1000 ml mit 4 mmHg gemessen.
Die Sonographie des Abdomens
war ohne pathologischen Befund.
Laborchemisch war eine massive Beeinträchtigung der Gerinnung auffällig, wobei die Prothrombinzeit
auf 22%, das Antithrombin-III auf
45%, das Fibrinogen auf 37 mg/dl
und die Thrombozyten auf 36
G/Lit vermindert waren. Demgegenüber war das D-Dimer auf 40
yg/dl um das 8-fache erhöht. Das
rote Blutbild zeigte eine normochrome Anämie (Erys 3.13
T/Lit, HGB 9.5 g/dl, HKT 28%).
Das Haptoglobin im Serum war
mit 0.77 g/L ebenso im Normbereich wie die LDH. Der COOMBS-Test war negativ. Die klinische Diagnose Verbrauchskoagulopathie als Folge einer disseminierten intravasalen Gerinnung
konnte durch die histologische Untersuchung einer Hautstanze bestätigt werden: Dabei zeigten sich
in den Blutgefäßen zahlreiche Fibrinthromben. Zusätzlich waren in
der Immunhistochemie fibrinoide
Abbildung 1: 16-jährige Patientin mit Meningokokken-Sepsis.
Multiple Hautblutungen infolge Immun-Vasculitis: Purpura fulminans
MAI 2002
15
Images in Intensive Care
Nekrosen der Gefäßwände, perivaskuläre Leukozyteninfiltrate sowie Ablagerung von Immunkomplexen im Sinne einer Immunvasculitis erkennbar.
Mikrobiologische Befunde: Liquor
nach Antibiotikagabe im auswärtigen Krankenhaus unauffällig, Blutkulturen negativ, Virusstatus negativ. Im Serum konnte am 7.Tag
das Neuauftreten eines IgM gegen
ein Antigen entsprechend der
äußeren Membranproteine von
Meningokokken der Serogruppe
B nachgewiesen werden. Auch an
der Hautstanze war eine PCR auf
Neisseria meningitidis eindeutig
positiv.
Klinischer Verlauf: Unter dem Bild
eines schweren septisch-toxischen
Kreislaufschocks konnte der Kreislauf nur mit massiver Volumensubstitution und hochdosierten Katecholaminen stabilisiert werden.
Einerseits zeigten die Hautläsionen
und die Einstichstellen der venösen Zugänge eine ausgeprägte Blutungsneigung, andererseits waren
Finger und Zehen tief zyanotisch
mit fehlendem Kapillarpuls. Antithrombin-3 wurde substituiert.
Trotz des fehlenden Keimnachweises in Liquor und Blut wurde
die eingeleitete antibiotische Therapie mit Cefamandol beibehalten.
Während in den folgenden Stunden die Akrozyanose der linken
oberen Extremität eine Rückbildungstendenz zeigte und in beiden
unteren Extremitäten bei tastbaren
Fußpulsen stabil blieb, breitete
sich die livide Verfärbung auf den
gesamten rechten Unterarm, be16
MAI 2002
gleitet von einer massiven ödematösen Anschwellung und einem
Sistieren des Radialispulses, aus.
Da eine Antikoagulation mit Heparin oder eine systemische Fibrinolyse wegen des vital bedrohlichen Blutungsrisikos nicht möglich war, wurde in einer Notoperation das Kompartment-Syndrom
des rechten Unterarms mittels Fasziektomie behoben und gleichzeitig die großen Unterarmgefäße
sondiert und dilatiert.
In den folgenden Tagen entwickelte sich eine Rhabdomyolyse, wobei jedoch die Nierenfunktion nur gering beeinträchtigt war
(maximaler Kreatininanstieg auf 2
mg/dl am Tag 2) und keine Hämodialyse notwendig wurde. Auch die
Blutungsneigung nahm parallel mit
der spontanen Erholung der Gerinnungsparameter ab und das klinische Gesamtbild hinsichtlich der
Vitalparameter und der Organfunktuionen stabilisierte sich zunehmend, was sich auch im fallenden SAPS-Score ausdrückte. Eine
Beeinträchtigung der kardialen
Pumpfunktion im Sinne eines toxisch-septischen Myokardschädigung (diffuse Hypokinesie in der
Echokardiographie und laborchemischer Anstieg des Troponin-I)
mache eine passagere positiv inotrope Katecholaminstimulation
mit Dobutamin notwendig.
Nach 9 Tagen Aufenthalt auf der
allgemeinen internistischen Intensivstation erfolgte die Transferierung auf die Universitätsklinik für
Chirurgie mit Überwachung in der
anästhesiologischen Intensivstati-
Abbildung 2
on, da es zu Haut- und Weichteilnekrosen gekommen war, die operativ saniert werden mussten.
Operative Phase: Auf Grund der fortschreitenden Nekrotisierung, die
sich sowohl auf die Weichteile als
auch auf den Knochen erstreckte,
war eine vollständige Erhaltung
der Extremitäten nicht möglich.
Der Unterarm rechts musste amputiert werden; ebenso der Vorfuß
rechts und alle Zehen links. Die
Restfunktionen der Extremitäten
wurden durch eine intensive Physiotherapie erhalten. Komplizierend
trat eine Pulmonalarterienembolie
des linken Lungenunterlappens
auf. Schließlich konnte die Patientin nach 96 Tagen Krankenhausaufenthalt in ein Rehabilitationszentrum transferiert werden, wo u.
a. auch die definitive prothetische
Versorgung in Angriff genommen
wurde. Besonders hervorzuheben
ist auch die vorbildliche Betreuung
des Mädchens im Kreis der Familie sowie der Einsatz ihres Partners, was neben der physischen
Rehabilitation auch zu einer psyINTENSIV - NEWS
Images in Intensive Care
chischen Erholung in einem optimalen sozialen Umfeld geführt hat
(siehe Abbildung 2).
Die Meningokokken-Meningitis
kann in Epidemien auftreten, besonders bei Menschenansammlungen. Adoleszente und Kinder in
den ersten 5 Lebensjahren sind
vorwiegend betroffen, jedoch wird
keine Altersgruppe ausgenommen.
Der Keim, Neisseria meningitidis,
ist ein gramnegativer aerober
Diplokokkus und bewohnt die
Schleimhäute des Nasopharynx,
wo er auch bei einem kleinen Teil
gesunder Menschen (Carrier) gefunden werden kann. Die Trägerrate schwankt erheblich und kann
in endemischen Gebieten 5 - 10%
und während Epidemien 70 - 80%
erreichen. Jedoch ist umgekehrt
eine hohe Trägerrate nicht unbedingt von Meningitis-Ausbrüchen
begleitet.
Die Übertragung der Meningokokken erfolgt über Tröpfcheninfektion ausgehend vom Respirationstrakt. Anhand der äußeren Polysaccharidkapsel werden
verschiedene Serogruppen unterschieden, wobei in den industrialisierten Ländern die Gruppen B
und C für ca. 45% aller invasiven
Erkrankungen verantwortlich sind.
Die klassische Manifestation der
akuten Infektion ist die eitrige
Meningitis mit den Symptomen
Kopfschmerz, Nackensteifigkeit
und Brechreiz. Der Befund eines
trüben, eitrigen Liquors und der
Nachweis der intrazellulär liegenden Meningokokken bestätigen die
klinische Verdachtsdiagnose. In
INTENSIV - NEWS
schweren Fällen treten Bewusstlosigkeit und Krämpfe auf, wobei
dann auch die Gehirnsubstanz
selbst im Sinne einer Meningoencephalitis mit vaskulärer Stauung,
Ödem und toxischer Schädigung
betroffen ist. Hautausschläge können in wechselnder Häufigkeit vorkommen und sind dann meist mit
einer Bakteriämie assoziiert, sodass
zusammen mit der Schwere des klinischen Krankheitsbildes von einer Meningokokkensepsis gesprochen werden kann. Das Exanthem
beginnt mit einzelnen kleinen
erythematösen Flecken, die rasch
größer werden und sich schließlich
zu ausgedehnten Ekchymosen und
Hautnekrosen im Sinne einer Purpura fulminans entwickeln. Die
volle Ausprägung der ausgedehnten Hautblutungen setzt jedoch
voraus, dass eine genügend lange
Zeitspanne überlebt wird. Bei rascher, perakuter innerhalb weniger
Stunden zum Tode führender Sepsis können oft nur einzelne Petechien gefunden werden.
Andererseits kann sich der Beginn
der Meningitis bzw. der Sepsis verzögern, sodass initial unspezifische
leichtere Krankheitssymptome im
Sinne eines grippalen Infektes vorherrschen, welche, wie im Fall dieser Patientin, eine Frühdiagnose
verhindern. Auch muss die Nackensteifigkeit nicht immer vorhanden sein; das Fehlen einer meningealen Beteiligung wird bei raschem Auftreten eines petechialen
Exanthems (< 12 Std) und Hypotonie sogar als äußerst schlechtes
prognostisches Zeichen gewertet,
das mit einer Letalität von ca. 90%
behaftet ist. Diese Kriterien wurden von der Patientin in diesem
Fallbericht eindeutig erfüllt. Auch
nach dem Glasgow Menigococcal
Septicaemie Prognostic Score war
mit 12 Punkten eine Mortalität von
über 46% zu erwarten. Der negative Bakteriennachweis im Liquor
erklärt sich durch die vorangehende Antibiotikatherapie. Risikofaktoren für Meningokokken-Infektionen sind Erkrankungen mit immunsuppressiver Therapie oder
Defekten des Immunsystems (z. B.
Splenektomie, ImmunglobulinMangel, Plasmozytom). Ob eine
Unverträglichkeitsreaktion auf
Acetylsalizylsäure im Sinne einer
Immunvasculitis die Ausprägung
der fulminanten Purpura getriggert
oder aggraviert hat, kann nicht sicher beurteilt werden.
Obwohl bei Purpura fulminans
andere Differenzialdiagnosen mit
ähnlicher klinischer Symptomatik
ins Kalkül gezogen werden müssen, ist eine möglichst frühzeitige
antibiotische Therapie für Prognose bzw. Mortalität entscheidend.
Ein fehlender Keimnachweis oder
das Abwarten eines positiven mikrobiologischen Befundes darf bei
diesem dramatischen Krankheitsbild die Gabe eines hochdosierten
Beta-Lactam Antibiotikums nicht
verzögern.
Literatur beim Verfasser
Oberarzt Dr. Peter Kaufmann
Medizinische Univ.-Klinik
Graz
MAI 2002
17
Promotion
Therapieoptionen für rekombinanten Faktor
VIIa und neues Modell der Blutgerinnung
Konferenzbericht zum Satellitensymposium „Rekombinanter Faktor VIIa (rFVIIa) –
From cell-based model to clinical practice“ anlässlich der 46. Jahrestagung der
Deutschen Gesellschaft für Thrombose- und Hämostaseforschung
Erfurt, 21. Februar 2002 (edl) – Viel hat sich in den
letzten Jahren im Bereich der Blutgerinnung getan.
Neue Befunde deuten darauf hin, dass Zellen maßgeblich an der Steuerung der Blutgerinnung beteiligt
sind. Wie ein aktualisiertes Modell der Blutgerinnung
aussehen könnte und welche Therapieoptionen sich
hieraus ergeben, diskutierten Experten auf einem Satellitensymposium der Firma Novo Nordisk im Rahmen der 46. Jahrestagung der Gesellschaft für Thrombose- und Hämostaseforschung in Erfurt.
der aktivierten Thrombozyten werden in der dritten
Phase große Mengen von Thrombin gebildet. Nach
Hoffman ließen sich mit diesem Modell sowohl die
Hämostase selbst, als auch ihre pathologischen Veränderungen viel besser erklären. Insbesondere lasse
sich hiermit die klinische Wirksamkeit des rekombinanten Faktors VIIa (rFVIIa) bei schweren Gerinnungsstörungen unterschiedlicher Ätiologie verstehen.
Die Blutgerinnung als zellgesteuerter Prozess:
ein dreiphasiger Vorgang
Eine dieser Gerinnungsstörungen, bei der sich der rekombinante Faktor VIIa zur Behandlung schwerer Blutungsepisoden nach vorangegangener unwirksamer
Thrombozyten-Transfusion als sehr wirkungsvoll erwiesen hat, ist das Glanzmann-Naegeli-Syndrom
(Thrombasthenie), eine hereditäre Thrombozyten-Dysfunktion. Darauf wies Dr. Carl Maximilian Kirchmaier von der Deutschen Klinik für Diagnostik, Wiesbaden, in seinem Beitrag hin. In vitro Experimente hätten gezeigt, dass die rFVIIa-vermittelte Thrombinbildung bei Patienten, bei denen die Erkrankung homozygot vorliegt, im Vergleich zu heterozygoten Defektträgern herabgesetzt sei. Trotzdem habe sich rFVIIa
bei chirurgischen Eingriffen in vivo auch bei homozygoten Defektträgern als wirksam erwiesen. Kirchmaier: „Der rekombinante Faktor VIIa führt hier offenbar zu einer Zunahme der vorher verminderten Exposition von Phosphatidylserin, was für die Blutgerinnung notwendig ist. Aufgrund der aktuellen Forschungsergebnisse kann rFVIIa zunehmend als wirksames Hämostatikum alternativ oder ergänzend zur
Thrombozytentransfusion bei der Behandlung schwerer Blutungen aufgrund einer Thrombozytopenie oder
Thrombozytopathie betrachtet werden.“
Wie Dr. Maureane Hoffman, Chapel Hill, USA, erläuterte, dürfte weder ein Mangel an den Gerinnungsfaktoren VIII oder IX zu schweren Gerinnungsstörungen führen, noch ließe sich mit dem herkömmlichen Modell der Blutgerinnung erklären, warum die
Behandlung mit hohen Dosen Faktor VIIa die Gerinnungsstörungen bei Patienten mit Hemmkörperhämophilie so wirkungsvoll beheben kann. Unter Berücksichtigung jüngster Forschungsergebnisse hat Hoffman mit ihrer Arbeitsgruppe ein neues Modell der
Blutgerinnung entwickelt, wonach die Blutgerinnung
ganz wesentlich von den Eigenschaften der Zelloberflächen reguliert wird. Zellen können demnach trotz
vergleichbarem Phosphatidylseringehalt in Abhängigkeit von der Zusammensetzung ihrer Oberflächenrezeptoren bei der Blutgerinnung ganz unterschiedliche
Rollen spielen.
Dem neuen Modell zufolge handelt es sich bei der Blutgerinnung nicht um eine Gerinnungskaskade, sondern
um einen Prozess, der aus drei, sich überlagernden
Phasen besteht („initiation, amplification, propagation“). Immer dort, wo ein Gefäß verletzt wird, kommt
der Gewebefaktor (Tissue Factor, TF) an die Oberfläche und leitet die erste Phase ein. In der zweiten
Phase verlagert sich die „Aktion“ von den TF-tragenden Zellen hin zu den Thrombozyten und es kommt
zu einer Verstärkerwirkung. Durch die Wirkung aktiver Proteasen und ihrer Cofaktoren auf der Oberfläche
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MAI 2002
Einsatz von rFVIIa bei Thrombozytopathie
Das Potenzial von rFVIIa zur Behandlung
schwerer Blutungen in Traumatologie
und Chirurgie
Schwere unkontrollierbare Blutungen sind eine wesentliche Komplikation bei Traumapatienten und für
INTENSIV - NEWS
Promotion
etwa 40 bis 50 Prozent der Mortalität dieser Patientengruppe verantwortlich. Dr. Uri Martinowitz, National Hemophilia Center, Israel, stellte in seinem Vortrag das Postulat auf, dass ein Hämostatikum, das gezielt am Ort der Gefäßverletzung eine effiziente Blutgerinnung auslöst, in der Lage sein sollte, die blutungsbedingte Mortalität zu senken. Wie er weiter ausführte, besitzt der rekombinante Faktor VIIa das Potenzial eines solchen Hämostatikums. Dass die Wirkung von rFVIIa auf den Ort der Gefäßverletzung beschränkt bleibt, wurde von seiner Arbeitsgruppe an
einem Trauma-Tiermodell (Schwein) bestätigt. Zahlreiche Einzelfallberichte bei Trauma- und chirurgischen Patienten haben dazu geführt, dass der Einsatz
von rFVIIa bei schweren Blutungen in der Traumatologie und Chirurgie im Rahmen eines Compassionate Use Programms genehmigt wurde.
Inzwischen liegen die Daten von 26 Patienten aus der
Traumatologie und Chirurgie vor, die mit dem rekombinanten Faktor VIIa (rFVIIa) behandelt wurden,
nachdem massive Blutungen trotz konventioneller Behandlung nicht zu stoppen waren. Mit Ausnahme eines Patienten ließ sich bei allen Patienten die Blutung
schnell und wirksam stoppen – sowohl Quickwert als
auch aPTT normalisierten sich innerhalb von 15 Minuten. Die Ergebnisse hätten gezeigt, dass rFVIIa ein
vielversprechendes Hämostatikum zur Behandlung
schwerer Blutungen in der Traumatologie und Chirurgie ist, wobei in weiteren kontrollierten Studien
Wirksamkeit und Sicherheit validiert werden müssten,
so Martinowitz.
Kein erhöhtes thrombotisches Risiko
Wie die bisherigen Sicherheitsdaten für rFVIIa (NovoSeven®) aussehen, das seit 1996 in Europa, seit 1999
in den USA und seit 2000 in Japan zugelassen ist, erläuterte Dr. Jens Bjerre Knudsen, Novo Nordisk, Dänemark. Die Sicherheitsdaten wurden auf der Basis
von 205.000 Standarddosierungen (PostmarketingBericht) und anhand der Daten von 1175 Teilnehmern
klinischer Studien erhoben. Die Rate schwerer unerwünschter Ereignisse lag bei 0,036 Prozent pro Applikation. Zu den häufigsten schweren unerwünschten Wirkungen gehörten akute kardiale Ereignisse, zerebrovaskuläre Störungen und eine unzureichende
Wirksamkeit. Die Mortalität betrug 0,004 Prozent pro
Einzeldosis. Wie Knudsen mit Hinweis auf die bei der
INTENSIV - NEWS
EMEA (European Medicines Evaluation Agency) eingereichten Daten weiter berichtete, gibt es keinen Hinweis auf ein erhöhtes Risiko thrombotischer Komplikationen in Verbindung mit rFVIIa.
Von der Prophylaxe bis hin zur
Notfallbehandlung - Neue Therapieoptionen
von rFVIIa in klinischer Prüfung
Obwohl bisher nur zur Behandlung schwerer Blutungen bei Patienten mit angeborener oder erworbener
Hemmkörperhämophilie zugelassen, häufen sich die
Einzelfallberichte über die erfolgreiche Behandlung
schwerer, lebensbedrohlicher Blutungen bei nicht-hämophilien Patienten. Im aktuellen klinischen Entwicklungsprogramm von Novo Nordisk werden daher Wirksamkeit und Sicherheit von rFVIIa bei Patienten mit schweren Blutungen unterschiedlicher Ätiologie untersucht. Wie Dr. K. Lollike von Novo Nordisk, Zürich, berichtete, laufen derzeit multizentrische
Phase II-Studien im Bereich gastrointestinale Blutungen, Behandlung mit Vitamin K-Antagonisten, Stammzell-Transplantationen, intrazerebrale Blutungen und
Traumatologie (s. Abbildung). In einigen Studien wird
auch die prophylaktische Gabe von rFVIIa zur Verbesserung der Hämostase bei Lebertransplantation
und Leberresektion untersucht.
Nach den bisherigen Ergebnissen hat der rekombinante
Faktor VIIa das Potenzial, unabhängig von der Blutungsursache, ein universelles Hämostatikum zu werden. Anhand der derzeit laufenden und daran anschließender Studien werden Zulassungserweiterungen angestrebt.
Quelle:
Satellitensymposium
„Rekombinanter Faktor VIIa (rFVIIa) –
From cell-based model to clinical practice“
46. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für
Thrombose – und Hämostaseforschung
21. Februar 2002, Erfurt
Veranstalter: Novo Nordisk Pharma GmbH, Mainz
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MAI 2002
19
Blutungskomplikation?
• Unstillbare Blutung.
• Standardtherapie versagt.
• An eine erworbene
Hemmkörper-Hämophilie
gedacht?
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Der besondere Fall: Bei einem 69-jährigen
Patienten mit Asthma bronchiale treten spontan
schwere Blutungen auf. Neben retroperitonealen
Einblutungen und Makrohämaturie liegen
Blutungen in Muskulatur, Haut und Gelenken
vor. Die PTT ist verlängert, Faktor VIII erniedrigt.
Eine weiterführende Diagnostik bringt Klarheit:
Es liegen Autoimmun-Hemmkörper gegen
Faktor VIII vor.
NovoSeven® (rFVIIa) bewirkt eine verstärkte
Thrombinbildung und ermöglicht so eine
effiziente Hämostase.
Der Patient wurde gerettet.
Bezeichnung und Zusammensetzung: NovoSeven® 60 kIE (1,2 mg), NovoSeven® 120 kIE (2,4 mg), NovoSeven® 240 kIE (4,8 mg) – Pulver und Lösungsmittel zur Herstellung einer Injektionslösung Wirkstoff: eptacog alfa (aktiviert), Arzneilich wirksamer Bestandteil: eptacog alfa (aktiviert), (Rekombinanter Blutgerinnungsfaktor VIIa, gentechnologisch hergestellt aus BHK-Zellen), 60/120/240 kIE pro Durchstechflasche (entspr. 1,2/2,4/4,8
mg pro Durchstechflasche), Sonstige Bestandteile: Natriumchlorid, Calciumchlorid-Dihydrat, N-Glycylglycin, Polysorbat 80, Mannitol, Wasser für Injektionszwecke. Anwendungsgebiete: Blutungen und chirurgische Eingriffe bei
Patienten mit angeborener Hämophilie und erworbenen Hemmkörpern gegen Blutgerinnungsfaktor VIII oder IX > 10 BU oder bei Patienten mit einem Antikörpertiter < 10 BU, die möglicherweise ein hohes anamnestisches
Ansprechen auf Faktor VIII oder IX erwarten lassen. Gegenanzeigen: Bekannte Überempfindlichkeit gegen einen der Inhaltsstoffe, Allergie gegen Mäuse-, Hamster- oder Rindereiweiß. Vorsichtsmaßnahmen für die
Anwendung: Bei erst vor kurzem durchgeführten Operationen, beim Vorliegen von Quetschverletzungen, bei einer thrombotischen Komplikation oder fortgeschrittener Atherosklerose und bei Septikämie. Strenge
Indikationsstellung in Schwangerschaft und Stillzeit. Nebenwirkungen: Selten können Hämorrhagie, Ausschlag und Fieber auftreten. Schwerwiegende Nebenwirkungen seit Markteinführung sind: Arterielle, thrombotische
Ereignisse (wie z.B. Myokardinfarkt oder Ischämie), cerebrovaskuläre Störungen, Darminfarkt. Venöse, thrombotische Ereignisse (wie z.B. Lungenembolie und Thrombophlebitis). In allen Fällen von thrombotischen Ereignissen
waren die Patienten prädisponiert aufgrund von Alter, Vorgeschichte von atherosklerotischen Erkrankungen, Immobilisation nach Operation, Einsatz eines zentralen Venenkatheters oder aktueller medizinischer Beschwerden wie
unter Vorsichtsmaßnahmen beschrieben. Bei schwerwiegender Hämorrhagie wurde in keinem der berichteten Fälle NovoSeven in voller Übereinstimmung mit dem empfohlenen Dosierungsschema verabreicht. Koagulationsanomalien wie niedrige Thrombozytenzahl, niedrige Fibrinogenwerte sowie das Vorhandensein von Fibrinogendegradationsprodukten und D-Dimeren wurden in klinischen Studien berichtet. Es wurden keine klinischen
Symptome mit Koagulationsanomalien in Verbindung gebracht, außer in einem Fall, bei dem der Patient aufgrund einer bereits bestehenden Myonekrose für eine disseminierte intravasale Gerinnung (DIC) prädisponiert war.
Ein einzelner Bericht einer anaphylaktischen Reaktion wurde in einer Studie mit Thrombozytopenie-Patienten dokumentiert. Der Patient mit anamnestisch bekannten allergischen Reaktionen gegen verschiedene andere
Arzneimittel entwickelte eine anaphylaktische Reaktion nach Injektion von NovoSeven®. Patienten mit anamnestisch bekannten allergischen Reaktionen, mit Prädisposition für thrombotische Ereignisse (Alter, atherosklerotische
Erkrankungen, Immobilisation nach Operation oder durch Einsatz eines Venenkatheters) und mit Prädisposition für DIC sollten aufmerksam überwacht werden. Verschreibungspflichtig.
Novo Nordisk A/S, 2880 Bagsvaerd, Dänemark
Stand: 06/01
Intensivmedizinische Kontroversen
Prophylactic Antibiotic Administration Reduces
Sepsis and Mortality in Acute Necrotizing
Pancreatitis: A Meta Analysis
Pancreas 2001; 22:28-31
Virender Kumar Sharma and Colin W. Howden
Division of Digestive Diseases, Department of Medicine, University of Arkansas for Medical Sciences, Little Rock,
Arkansas; Division of Gastroenterology and Hepatology, Northwestern University Medical School, Chicago, Illinois, U.S.A.
Summary: Severe acute pancreatitis is frequently complicated by local and systemic infections resulting in
substantial morbidity, mortality and health care costs.
Antibiotic prophylaxis may prevent some infections.
We searched for randomized, controlled trials comparing antibiotic prophylaxis with no prophylaxis in
patients with acute necrotizing pancreatitis (ANP).
Only trials that used antibiotics that reach minimum
inhibitory concentration (MIC) in necrotic pancreatic tissue were included.
We calculated relative risk reduction (RRR), absoDie akute Pankreatitis ist ein akutentzündlicher Prozess der Bauchspeicheldrüse, der nicht nur auf das
peripankreatische Gewebe übergreifen, sondern je nach Schwere
der Erkrankung zu weiteren Organfunktionsstörungen (Sepsis,
ARDS) führen kann. In etwa 80%
der Fälle kann als Ursache einer
Pankreatitis ein Alkoholabusus
oder eine vorbestehende Gallensteinerkrankung identifiziert werden. In der Mehrzahl der Patienten ist der Verlauf nach anfänglich
akuten abdominellen Schmerzattacken von einem Anstieg der Serumamylase und -lipase meist unkompliziert ohne weitere Organdysfunktion im Sinne einer milden
Pankreatitis begleitet. Bei 10-20%
der Patienten entsteht nach dieser
initialen Phase doch eine Nekrose,
die entweder auf das Pankreasge-
lute risk reduction (ARR) and number needed to treat
(NNT) for individual trials and pooled data. Antibiotic prophylaxis significantly reduced sepsis by
21.1% (NNT = 5) and mortality by 12.3% (NNT = 8)
compared with no prophylaxis.
There was also a nonsignificant trend toward a
decrease in local pancratic infections (ARR = 12%;
NNT = 8). Antibiotic prophylaxis decreases sepsis
and mortality in patients with ANP. All patients with
ANP should be given prophylaxis with an antibiotic
with proven efficacy in nercrotic pancreatic tissue.
webe beschränkt ist oder aber in 3070% dieser Patienten organüberschreitend auf das retroperitoneale Gewebe übergreift. Diese schweren Verlaufsformen sind durch
Ausbildung von Nekroseformationen, Abzess-oder Pseudozystenbildung charakterisiert und führen
häufig zu Organfunktionsstörungen bis zum Organversagen. Der
Verlauf und das Outcome dieser
Patienten wird nicht so sehr durch
die Ätiologie als vielmehr durch die
Schwere der Pankreatitis bestimmt.
Ein fataler Ausgang dabei ist direkt
mit der Entwicklung von Komplikationen, wie Infektionen und Organversagen, assoziiert. Die Rate
infektiöser Komplikationen beträgt
etwa 40%, wenn ein Drittel oder
mehr und 100%, wenn die Ausdehnung der Nekrose die Hälfte
des Pankreas einnimmt.
Die Überlegungen zum Einsatz einer antibiotischen Therapie bei
akuter Pankreatitis basiert in der
möglichen Prävention von Infektionen nekrotischen Pankreasgewebes um dadurch eine eventuell
notwendige chirurgische Intervention oder vielmehr einen fatalen
Verlauf abzuwenden.
Die ersten Mitte der 70er-Jahre
durchgeführten Studien mit prophylaktischer Antibiotikagabe (Ampicillin) ergaben sowohl hinsichtlich der Vermeidung von sekundären Infektionen als auch in der
Senkung der Mortalität keinen Effekt. Allen diesen Studien gemeinsam war der Einschluss von Patienten mit milder Verlaufsform bei
denen nur ein geringes Infektionsrisiko bestand und zum anderen,
die Verwendung von Antibiotika
Fortsetzung auf Seite 22
INTENSIV - NEWS
MAI 2002
21
Intensivmedizinische Kontroversen
mit schlechter Penetration in das
Pankreasgwebe. In den letzten
Jahren sind mehrere randomisierte Studien durchgeführt worden,
die einerseits eine signifikante Reduzierung von Infektionen des
Pankreas selbst, wie auch das geringere Auftreten septischer Komplikationen zeigen konnten. Hinsichtlich Mortalitätsverringerung
war allerdings nur Trend feststellbar. Die in den Studien verwendeten Antibiotika waren Cefuroxim,
Qinolone, Carbapeneme, Piperazillin, sowie eine Tripletherapie mit
Ceftazidim, Amikazin und Metronidazol. Unter dem Gesichtspunkt,
dass durch die frühzeitige prophylaktische Antibiotikagabe nur die
schweren Verlaufsformen profitieren, und dass durch die Therapie
doch die Gefahr einer möglichen
Selektionierung von Keimen besteht und zudem eine gehäufte Anzahl von Pilzinfektionen festzustellen war, gilt derzeit folgende
Empfehlung: Beurteilung des
Schweregrades der Pankreatitis
durch Klinik, Ranson Score (48 h)
von 3 und darüber und/oder Apache Score, CRP > 150 mg/dl und
die Feststellung von Nekrosen,
mehr als ein Drittel das Pankreas
betreffend durch eine Computertomographie. Als Antibiotika empfehlen sich dann 3-Generation Cephalosporine, Quinolone, Imipenem oder Piperazillin.
• Was ist die wirksamste Dosis und wie
lange sollte das Antibiotikum gegeben
werden?
• Ist die gleichzeitige Gabe von Antimykotika sinnvoll und notwendig?
Literatur beim Verfasser
Univ.-Doz Dr. Karl-Heinz Smolle
Allgemeine Intensivstation
Medizinische Klinik
Graz
Fragen , die noch auf eine
Lösung warten, sind:
• Welches ist das optimale Breitspektrumantibiotikum?
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Intensivmedizinische Kontroversen
Defining Opportunistic Invasive Fungal Infections
in Immunocompromised Patients with Cancer
and Hematopoietic Stem Cell Transplants:
An International Consensus
S. Ascioglu, J. H. Rex, B. de Pauw et al.
CID 2002, 34:7-22
On behalf of the Invasive Fungal Infections Cooperative Group of the European Organization for Research
and Treatment of Cancer and Mycoses Study
Background: Opportunistic invasive fungal infections (IFIs)
are a major cause of morbidity and mortality in immunocompromised patients. However, there still remains much
uncertainty and controversy regarding the best methods for
establishing the diagnosis of most IFIs. A series of estimates of probability (e.g., definite, proven, suspected, presumptive, and probable) is also a part of all of these systems,
which is also evident from the literature on IFIs (1). Although there are reference standards for diagnosing IFIs,
these usually involve use of invasive procedures to obtain
tissue specimens for culture and histological examination.
Unfortunately, these procedures are not always feasible.
Methods: A systematic review of the literature for an explicit identification of major problems related to heterogeneity of immunocompromised patients with cancer who
have IFIs was undertaken. In brief, the abstracts of 7086
articles published from 1985 through 1997 were screened.
Of these, 173 articles were finally selected because they
were reports exclusively regarding clinical research on
immunocompromised patients with cancer or recipients of
hematopoietic stem cell transplants who also had deeptissue fungal infections. The minimum diagnostic criteria
used to include patients in the study were extracted from
definitions devised by the investigators. Likewise, the criteria used to express different degrees of diagnostic probability were summarized, as were the terms most often used
to express these levels of uncertainty.
Results: Definitions for a new classification based on the
level of certainty for the diagnosis of IFIs were proposed.
This proposal includes both diagnostic criteria for proven
IFIs and also classification criteria for probable and possible diseases. Three elements form the basis of the proposed
definitions: host factors, clinical manifestations, and mycological results. Host factors, for invasive fungal infections
in patients with cancer and recipients of hematopoietic stem
cell transplants include: neutropenia (< 500 neutrophils/mm3 for > 10 days), persistent fever for > 96 h refractory to appropriate broad-spectrum antibacterial treat-
ment in high-risk patients, body temperature either > 38°C
or < 36°C and any of the following predisposing conditions:
prolonged neutropenia (> 10 days) in previous 60 days, recent or current use of significant immunosuppressive agents
in previous 30 days, proven or probable invasive fungal infection during previous episode of neutropenia, or coexistence of symptomatic AIDS, signs and symptoms indicating graft-versus-host disease, particularly severe (grade >
2) or chronic extensive disease, prolonged (> 3 weeks) use
of corticosteroids in previous 60 days. There are a number
of major and minor clinical criteria for lower respiratory
tract, sinonasal, CNS and disseminated fungal infections.
Proven invasive fungal infections are defined by histopathologic or cytopathologic examination showing hyphae
from needle aspiration or biopsy specimen with evidence
of associated tissue damage or positive culture results for
a sample obtained by sterile procedure from normally sterile and clinically or radiologically abnormal site consistent
with infection. The microbiological evidence acquired by
means of either direct examination or culture of specimens
from sites that may be colonized (e.g., sputum, bronchoalveolar lavage fluid, or sinus aspirate) were thought only to
support the diagnosis, not prove it. Probable invasive fungal infections combine at least 1 host factor criterion and 1
microbiological criterion and 1 major (or 2 minor) clinical
criteria from the abnormal site consistent with infection.
Possible invasive fungal infections combine at least 1 host
factor criterion and 1 microbiological or 1 major (or 2 minor) clinical criteria from the abnormal site consistent with
infection.
Interpretation: Although the definitions are restricted to patients with cancer and to recipients of hematopoietic stem
cell transplants, the criteria for proven IFIs are likely valid
for all host groups. This classification allows not only a
more rational diagnosis and treatment of fungal infection,
but also a tool to define patients’ condition in clinical trials
to evaluate new diagnostic methodology and antifungal
therapy.
Fortsetzung auf Seite 25
INTENSIV - NEWS
MAI 2002
23
Aventis Behring
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Basisinformation
Wirkstoff: Antithrombin III
human; Verschreibungspflichtig;
Zusammensetzung: Arzneilich wirksame Bestandteile: Kybernin HS 500 (1000)
(Trockensubstanz): Humanplasmafraktion 309
(619) mg, Antithrombin III 500 (1000) IE, Gesamtprotein 95 (190) mg; Andere Bestandteile: Aminoessigsäure, Natriumchlorid, Natriumcitrat; Nach Rekonstitution ergibt sich eine Antithrombin-III-Aktivität von 50 IE pro ml.
Anwendungsgebiete: Prophylaxe und Therapie thromboembolischer
Komplikationen bei: angeborenemund erworbenem Antithrombin IIIMangel. Gegenanzeigen: Bei Patienten mit bekannten allergischen Reaktionen
auf Bestandteile des Präparates ist Vorsicht geboten. Nebenwirkungen: Allergische/
anaphylaktische Reaktionen wie auch Allgemeinreaktionen werden in seltenen Fällen
beobachtet. Therapeutische Maßnahmen richten sich nach Art und Schweregrad der Nebenwirkung. Bei Anwendung von aus menschlichem Blut/Plasma hergestellten Arzneimitteln können
Infektionserkrankungen durch die Übertragung von Erregern – auch bisher unbekannter Natur – nicht
völlig ausgeschlossen werden. Um das Risiko einer Übertragung zu reduzieren, erfolgt eine Auswahl der Plasmaspender/-spenden. Der Herstellungsprozess von Kybernin HS beinhaltet Maßnahmen zur Eliminierung/Inaktivierung von Viren. Wechselwirkungen mit anderen Mitteln: Die Wirkung von Antithrombin III wird durch Heparin wesentlich
verstärkt. Dadurch kann die Halbwertszeit von Antithrombin III erheblich reduziert werden. Eine Heparin-Gabe bei gleichzeitiger
Normalisierung der Antithrombin-III-Aktivität erhöht das Blutungsrisiko. Bei Patienten mit erhöhtem Blutungsrisiko ist die Indikation
für die simultane Gabe von Heparin sehr sorgfältig zu stellen. Dabei sollte nur eine niedrige Dosis Standardheparin (< 500 I.E. Standardheparin/Stunde) verabreicht werden. Die Gerinnungsparameter und die Antithrombin-III-Aktivität müssen engmaschig kontrolliert werden.
Hersteller: Aventis Behring GmbH: Emil-von-Behring-Str. 76, Postfach 12 30, D-35002 Marburg, Marketing & Verkauf Deutschland, Postfach 12 61, D-65832
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Intensivmedizinische Kontroversen
Opportunistische invasive Mykosen
werden im Krankenhaus üblicherweise durch Candida und Aspergillus spp.,
verursacht. Die Inzidenz der invasiven
Candidiasis beträgt 0,5 per 100.000
Aufnahmen. Insgesamt ist die Letalität
mit der des septischen Schocks vergleichbar und beträgt 40-60%. Die invasive Aspergillose ist eine deutlich seltenere Erkrankung an Intensivstationen und üblicherweise auf hämatoonkologische Patienten mit längerer Granulozytopenie beschränkt. Allerdings
sind Patienten mit starker Immunsuppression gefährdet, eine invasive Erkrankung zu entwickeln. Bei allen anderen Intensivpatienten ist der Nachweis von Aspergillus spp. im Bronchialsekret üblicherweise ein Zufallsbefund und nicht therapiebedürftig. Im
Gegensatz dazu gibt es die sogenannte
allergische Aspergillose, bei der es zu
einer eosinophilen Pneumonie kommen kann, welche mit Corticosteroiden behandelt wird.
Die Diagnostik ist nach wie vor beschränkt. Neuere Methoden, z. B.
PCR, harren ihrer Evaluation, die aber
bei einem insensitiven Goldstandard
(Blutkultur) schwierig ist, und eigentlich nur durch Klinik und Obduktionsstudien bewertet werden kann.
Das Hauptproblem ist, dass Candida
spp. wie auch Aspergillus als Kolonisatoren auf Haut und Schleimhäuten
beim Menschen auftreten können. Kolonisierende Keime sind durch intravenöse Therapie kaum zugänglich und
sollten nicht systemisch mit Antimykotika behandelt werden. Die mikrobiologische Untersuchung von oberflächlichem Material (Tracheal/Bronchialsekret, Abtrichen etc.) beweist lediglich die Möglichkeit einer Kolonisation, diagnostisch ist sie nicht. Nachdem die diagnostischen Möglichkeiten
auf Blutkultur, Kultur von Punktaten
und Histologie beschränkt sind, versucht man auf Grund epidemiologischer Erkenntnisse Risiko- oder WirtsINTENSIV - NEWS
faktoren für invasive Infektionen durch
Candida oder Aspergillus zu identifizieren. Es gibt eine Vielzahl von Publikationen über Pilzinfektionen an Intensivstationen, die besonders gefährdete Patientengruppen zu definieren
versuchen, um diese bei entsprechenden klinischen Symptomen einer invasive Pilzinfektion frühzeitig zu therapieren („präemptive Therapie“). Das
Konzept der Prophylaxe ist kontroversiell und derzeit nur für Patienten
mit allogener Knochenmarkstransplantation gesichert.
Risikofaktoren für Intensivpatienten,
die auch in dem diskutierten Artikel
Eingang finden, umfassen neben Neutropenie, Immunsuppression und Chemotherapie Operationen, zentrale Venenkatheter, vorherige AntibiotikaTherapie etc. Eine besonders gefährdete Gruppe sind Kleinkinder und
Neugeborene, die infolge von Frühgeburt oder Geburtsfehlern lange an einer pädiatrischen Intensivstation aufgenommen sind. Andererseits sind
auch Erwachsene nach operativen Eingriffen, mit Kolonisation an mehr als
einer Stelle, schwerer Erkrankung,
Nierenversagen, Kathetern und parenteraler Ernährung, wobei die disseminierte invasive Pilzinfektion erst
nach median 4 Wochen nach Aufnahme auftritt. Bei einer Studie an Patienten nach Thoraxchirurgie war die
Zeit an der Herz-Lungen-Maschine
ein zusätzlicher Risikofaktor. In den
USA hat sich die Mycosis Study
Group bereits Gedanken gemacht, wie
und wann eine invasive Mykose zu
behandeln wäre. Auch in dieser Arbeit
wird empfohlen, Candida spp. bei
Nachweis aus sterilen Kompartimenten zu therapieren, ebenso bei Nachweis auf einer Katheterspitze. Bei Patienten mit Kolonisation hängt es vom
Vorliegen weiterer Risikofaktoren ab,
wie man behandeln sollte. Eine Studie,
die autoptisch gesicherte invasive Candida-Pneumonien untersuchte, konn-
te nachweisen, dass Candida spp., die
aus sogar bioptisch gewonnenem Material aus der Lunge isoliert worden
war, zwar in 40% der Patienten vorkommt, aber nur bei 8% konnte
schließlich bei Autopsie eine Candida-Pneumonie nachgewiesen werden.
Das diagnostische Dilemma ist der
Grund für die obige Arbeit, die sich
aber in der Hauptsache auf hämatologische und onkologische Patienten beschränkt. Die Autoren meinen, dass
sich die hier vorgeschlagene Einteilung
in gesicherte, wahrscheinliche oder
mögliche Pilzinfektionen auch auf andere - nicht hämato-onkologische - Patienten mit Risiko an einer Pilzinfektion zu erkranken, extrapolieren lässt.
Obwohl es nicht immer möglich sein
wird, den Verdacht auf eine invasive
Mykose zu sichern (Biopsie und/oder
Kultur aus sonst steriler Körperflüssigkeit: Blut, Liquor, Abszess), sollte
die antimykotische Therapie gezielt(er)
eingesetzt werden. Daher ist es durchaus empfehlenswert, die vorgeschlagene Vorgangsweise der Arbeit von
Ascioglu et al. anzuwenden. Nach erfolgter Diagnostik kann man entsprechend der Wahrscheinlichkeit der
Diagnose einer invasiven Mykose mit
der antimykotischen Therapie beginnen. Der Versuch einer Diagnostik ist
überlegenswert, um den Erreger zu
identifizieren, weil inzwischen neben
dem „Breitband-Standard“ Amphotericin B und „Anti-Candida-albicans“
Fluconazol neue Antimykotika, Caspofungin und Voriconazol, mit hervorragender Wirkung gegen Candida
spp. und Aspergillus spp. zur Verfügung stehen.
Literatur beim Verfasser
Ao. Univ.-Prof. Dr. Elisabeth Presterl,
Univ.-Klink für Innere Medizin I
Klinische Abt. für Infektionen
AKH-Wien
MAI 2002
25
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und im gramnegativen Bereich
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Natriumcarbonat; 1 Infusionsflasche enthält 2,0 g Cefotiam, 0,48 g wasserfreies Natriumcarbonat Anwendungsgebiete: Infektionen durch Erreger, welche auf Spizef empfindlich sind, wie:
Infektionen der Atemwege einschließlich Hals-, Nasen-, Ohreninfektionen; Infektionen der Niere und der ableitenden Harnwege; Infektionen des Bauchraumes; Infektionen der Haut und des
Weichteilgewebes; Infektionen der Geschlechtsorgane; Infektionen der Knochen und Gelenke; Augeninfektionen; Sepsis (Blutvergiftung); Perioperative Prophylaxe bei erhöhter Gefährdung des
Patienten durch Infektionen; Infektionsprophylaxe bei Patienten mit geschwächter Abwehrlage Gegenanzeigen: Überempfindlichkeit gegen Cephalosporin-Antibiotika. Schwangerschaft und
Stillperiode: Obwohl keine Hinweise für eine fruchtschädigende Wirkung vorliegen, soll Spizef, wie jedes andere Medikament, besonders in den ersten drei Schwangerschaftsmonaten grundsätzlich nur bei zwingender Indikation gegeben werden. Der Wirkstoff tritt in geringen Mengen in die Muttermilch über. Packungsgrößen: 5 Stück. Abgabe: NR, apothekenpflichtig. Hersteller:
Grünenthal GmbH, D-52222 Stolberg, Deutschland. Zulassungsinhaber: Grünenthal GmbH, 1120 Wien. Weitere Angaben zu Nebenwirkungen, Wechselwirkungen und zu den besonderen
Warnhinweisen zur sicheren Anwendung sind der Austria-Codex-Fachinformation zu entnehmen.
G r ü n e n t h a l G e s. m . b. H . · A - 1 1 2 1 W i e n · W o l f g a n g g a s s e 4 5 - 4 7 · w w w. g r u n e n t h a l . c o m
Intensivmedizinische Kontroversen
Antibiotics for Spontaneous Bacterial Peritonitis
in Cirrhotics (Cochrane Review).
Cochrane Database Syst Rev 2001; 3: CD002232
Soares-Weiser K, Brezis M, Leibovici L
Department of Internal Medicine E, Rabin Medical Center – Beilinson C Petah Tikva, ISRAEL.
Background: Spontaneous bacterial peritonitis is mainly a complication of cirrhotic ascites that occurs in the
absence of any intra-abdominal, surgically treatable
source of infection. Antibiotics have been recommended
as the mainstay treatment for spontaneous bacterial
peritonitis. However, this recommendation is not based
on convincing evidence. It has been proposed that
treatment should cover Gram-negative enteric bacteria
and Gram-positive cocci, that are responsible for up to
90% of cases.
Objektives: To evaluate the effectiveness and safety of
different types and ways of antibiotic therapy for spontaneous bacterial peritonitis in cirrhotic patients.
Search Strategy: Electronic searches on the Cochrane
Library (Issue 3, 2000), the Cochrane Hepato-Biliary
Group Trials Register (March 2000), EMBASE (19802000), MEDLINE (1966-2000); scanning the references of all identified studies; contacting the first author of
each included trial.
Selection criteria: Randomised trials comparing different
types of antibiotics for spontaneous bacterial peritonitis
Infektionen zählen zu den gefährlichsten Komplikationen eines fortgeschrittenen Leberschadens und
sind die Todesursache bei etwa einem Drittel der Patienten mit Leberzirrhose. Häufig wird ein sog.
„acute-on-chronic liver failure“ mit
sekundärem Multiorganversagen
durch Infektionen ausgelöst. Die
spontan-bakterielle Peritonitis (SBP)
ist als spontane Infektion von Ascitesflüssigkeit bei fehlenden intraabdominellen Infektionsquellen definiert. Eine SBP kann bei Zirrhotikern mit ausgeprägtem Ascites jederzeit ohne erkennbaren Infektionsherd auftreten. Pathogenetisch
wird einerseits eine bakterielle Translokation aus dem Darm, andererseits
eine hämatogene Aussaat im Rahmen
von Bakteriämien angenommen.
in cirrhotic patients.
Data collection and analysis: Data were independently
extracted by two reviewers. Relative risks or weighted
mean differences, with their 95% confidence intervals
were estimated using 'intention-to-treat' analyses.
Main results: Nine trials dealing with 684 patients diagnosed with spontaneous bacterial peritonitis were included. No placebo-controlled trial was found. Each of
the included trials compared different antibiotics, and
no meta-analysis could be performed. We were unable
to establish the optimal dose or duration of antibiotic
therapy and found no convincing evidence that cefotaxime is more effective than ampicillin-tobramycin or that
oral quinolones should be recommended for patients
with less severe manifestations of the disease.
Reviewer’s conlcusions: This review provides no clear evidence for the treatment of cirrhotic patients with spontaneous bacterial peritonitis. Until large, well-conducted, trials provide adequate evidence, treatment must be
based on clinical experience.
In einem unselektierten Patientengut
mit Leberzirrhose und Ascites findet
sich eine SBP bei Klinikaufnahme in
10-30%. Besondere Risikofaktoren
stellen akute gastrointestinale Blutungen und/oder ein niedriges Gesamteiweiß (< 1.0 g/dl) in der Ascitesflüssigkeit dar. Bei typischer Klinik (abdominelle Schmerzen, Abwehrspannung, Fieber) aber auch bei
symptomarmem Verlauf - erkennbar
an plötzlicher Verschlechterung der
Leberfunktion oder an einem sekundären Organversagen (hepatische
Enzephalopathie, Nierenversagen) muss eine SBP mittels diagnostischer
Ascitespunktion aktiv gesucht werden.
Die wesentlichen Parameter bei der
Ascitesdiagnostik sind in Tabelle 2
dargestellt. Neben der Bestimmung
der Leukozyten- und Neutrophilenzahl bestimmen wir routinemäßig
das Gesamteiweiß (ein Gesamteiweiß < 1.0 g/dl zeigt ein hohes
SBP- Risiko an) sowie das Albumin
zwecks Errechnung des Serum-Ascites-Albumin-Gradienten (SAAG),
d. h. Differenz Serumalbumin minus
Ascitesalbumin. Ein SAAG > 1.1 g/dl
spricht für portal-hypertensiven Ascites, ein Wert von < 1.1 g/dl für exsudativen Ascites (z. B. Peritonealcarcinose, Tbc).
Zur Asciteskultur werden Blutkulturflaschen am Bett aerob und anaerob mit je 10 ml Ascitesflüssigkeit
sofort am Bett beimpft und 5-7 Tage
lang bebrütet. Typischerweise liegt
bei SBP ein negatives GrampräpaFortsetzung auf Seite 29
INTENSIV - NEWS
MAI 2002
27
CUROCEF
E
F
U
R
O
X
I
M
Stabile Werte der Antibiotika-Therapie:
B U
H O S P I T A L
w w w. g s k . c o m
C
®
Intensivmedizinische Kontroversen
rat (auf Grund der geringen Keimdichte) und in der Kultur eine monomikrobielles Wachstum zumeist
von gramnegativen Aerobiern (E. coli, Klebsiellen) vor. Im Gegensatz dazu finden sich bei der sekundären
Peritonitis, z. B. nach Organperforation, polymikrobielle Isolate, häufig mit Anaerobiern oder Pilzen.
Weitere Merkmale der Ascitesflüssigkeit bei sekundärer Peritonitis
sind ein Gesamteiweiß > 1.0 g/dl, erhöhte LDH-Werte, Glucose < 50
mg/dl sowie ein fehlender Rückgang
der Neutrophilenzahl im Ascites bei
einer Kontrollpunktion 48 h nach
Einleiten der Antibiose.
Bei SBP aber auch beim kulturnegativen neutrocytischen Ascites ist
auf Grund der unbehandelt hohen
Mortalität das sofortige Einleiten einer empirischen Therapie mit nichtnephrotoxischen Antibiotika indiziert. Cefotaxim wurde anhand mehrerer Studien als Standardtherapie
etabliert, wobei eine „Kurzzeittherapie“ über 5 Tage ausreichend war.
Amoxicillin-Clavulansäure wurde
später in einer randomisierten Studie aus Barcelona als gleichwertig jedoch preiswerter - eingestuft. Bei
unkomplizierter SBP (Fehlen von
septischem Schock, höhergradiger
hepatischer Enzephalopathie bzw.
Nierenversagen) zeigte sich eine perorale Therapie mit Ofloxacin ähnlich
wirksam als die intravenöse Gabe
von Cefotaxim. Parallel zur antibiotischen Therapie ist die Gabe von
Humanalbumin zur Prophylaxe eines hepatorenalen Syndroms indiziert, wodurch die Mortalität der
SBP signifikant gesenkt werden
kann.
Seit Gines et al. 1990 in einer bahnbrechenden Arbeit eine deutliche Reduktion der SBP-Rezidivrate durch
Norfloxacin 400 mg/d zeigte, ist die
langfristige selektive intestinale DeINTENSIV - NEWS
Tabelle 1: Definitions
Neutrophile/mm3
Asciteskultur
Spontane bakterielle Peritonitis (SBP)
> 250
pos.
Kulturnegativer neutrocytischer Ascites
> 250
neg.
Bacterascites
< 250
pos.
Tabelle 2: Ascitesdiagnostik bei V.a. spontan-bakterieller Peritonitis (SBP)
Neutrophilenzahl
Befund
Bedeutung
> 250
SBP oder kulturnegativer
neutrocytischer Ascites
Kultur aerob/anaerob
positiv (monomikrobiell)
SBP oder Bacterascites
Serum-Ascites-Albumin-
< 1.1 g/dl
Portale Hypertension
Gradient (SAAG)
> 1.1 g/dl
Malignität, Tbc
Gesamteiweiß
< 1.0 g/dl
Hohes SBP Risiko
> 1.0 g/dl
sekundäre Peritonitis
LDH
> 240 U/l
sekundäre Peritonitis
Glucose
< 50 mg/dl
kontamination mit Gyrasehemmern
zur Sekundärprophylaxe nach
durchgemachter SBP etabliert, im
speziellen bei LebertransplantationsKandidaten. Darüberhinaus ist eine
Primärprophylaxe im Rahmen von
GI-Blutungen (Norfloxacin 2x400
mg über mindestens 7 Tage) indiziert. Durch den breiten Einsatz einer Prophylaxe mit Chinolonen wird
zwar das Auftreten resistenter Erreger begünstigt, allerdings waren Norfloxacin-resistente E. coli auf Cefotaxim bzw. Amoxicillin-Clavulansäure durchwegs sensitiv.
Soares-Weiser et al. gingen der Frage nach, welches Antibiotikum nach
evidenzbasierten Kriterien bevorzugt
eingesetzt werden soll. Es konnten
insgesamt 9 randomisierte Studien
mit nahezu 700 Patienten identifiziert werden, in welchen verschiedene antibiotische Regimes verglichen wurden. Aufgrund der inhomogenen Studienpopulationen konnte keine sinnvolle Metaanalyse
durchgeführt werden. Die vorliegenden Einzelstudien lieferten keine
Hinweise für die Überlegenheit
eines bestimmten antibiotischen Regimes.
Unbestritten bleibt, dass eine einmal
diagnostizierte SBP umgehend antibiotisch behandelt werden soll. Bei
fehlenden evidenzbasierten Richtlinien ist somit eine empirische antibiotische Therapie indiziert. In der
klinischen Praxis der Autoren werden Cefotaxim und Amoxicillin-Clavulansäure gleichermaßen eingesetzt, wobei beim letzteren die geringeren Kosten und die Möglichkeit
des Umstellens auf die orale Applikationsform als Vorteile verbucht
werden können.
Die rasche antibiotische Therapie
verbessert die Kurzzeitmortalität,
nicht jedoch die mittelfristige Prognose der zugrundeliegenden, meist
terminalen Leberinsuffizienz. Das
Auftreten einer SBP sollte bei Transplantationskandidaten die Entscheidung zur Lebertransplantation beschleunigen.
Literatur beim Verfasser
Prof. Dr. Rudolf Stauber
Prof. Dr. Michael Trauner
Medizinische Univ. Klinik
LKH - Univ.-Klinikum Graz
MAI 2002
29
Intensivmedizinische Kontroversen
Central venous catheter use.
Part 2: infectious complications
Intensive Care Med 2002; 28:18-28
Polderman H, Girbes J.
Department of Intensive Care, VU University Medical Center, Amsterdam, The Netherlands.
Central venous catheters (CVCs) are used with increasing frequency in the intensive care unit and in general
medical wards. Catheter infection, the most frequent complication of CVC use, is associated with increased morbidity, mortality, and duration of hospital stay. Risk factors in the development of catheter colonisation and bloodstream infection include patient factors (increased risk
associated with malignancy, neutropenia, and shock) and
treatment-related factors (increased risk associated with
total parenteral nutrition, ICU admission for any reason,
and endotracheal intubation).
Other risk factors are prolonged catheter indwelling
time, lack of asepsis during CVC insertion, and frequent
manipulation of the catheter. The most important factor
Zentralvenenkatheter assoziierte Infektionen sind schwerwiegende und
häufige Komplikationen bei Patienten mit zentralem Venenkatheter, die
zu erhöhter Morbidität, verlängertem
Krankenhausaufenthalt, steigenden
Kosten und erhöhter Mortalität führen. Im ersten Teil des Reviews von
Poldermann und Girbes wird auf die
Problematik der unterschiedlichen
Definitionen und Begriffe bei Zentralvenenkatheter assoziierten Infektionen hingewiesen, die aus unterschiedlichen Studiendesigns, unterschiedlichen Definitionen in Studien
und unterschiedlichen mikrobiologischen Techniken zur Diagnose einer Zentralvenenkatheter assoziierten Infektion resultieren können.
Poldermann und Girbes schließen
sich der Definition einer Zentralvenenkatheter assoziierten Infektion
vom CDC an, in der neben klinischen
Zeichen einer Infektion eine positive
Kultur von Katheterblut oder von einem Kathetersegment plus mindestens
eine positive Blutkultur von einem an30
MAI 2002
is catheter care after placement. Effects of CVC tunnelling on infection rates depend to a large extent on indwelling time and the quality of catheter care. Use of polyurethane dressings can increase the risk of colonisation
compared to regular gauze dressing. Thrombus formation around the CVC tip increases the risk of infection;
low-dose anticoagulants may decrease this risk. New
developments such as CVC impregnation with antibiotics may reduce the risk of infection. Reducing catheter
infection rates requires a multiple-strategy approach.
Therefore, ICUs and other locations where CVCs are
used should implement strict guidelines and protocols for
catheter insertion, care, and maintenance.
deren Entnahmeort mit Nachweis des
selben Keims verlangt wird. Diese aus
dem Jahr 1988 stammende Definition ist jedoch auf Grund neuer und
besserer Diagnosemethoden (Diagnose mit Katheter in situ, z. B. Differenzial time to positivity, Grampräparat plus Acridinorange-Leucocyten Cytospin (AOLC) Methode;
Diagnose bei entferntem Katheter,
z. B. Brun-Buisson Technik, modifizierte Cleri-flush Technik) veraltet
und nicht mehr brauchbar. Da diese
neuen Methoden unterschiedliche mikrobiologische Ansatzpunkte haben,
ist eine einheitliche mikrobiologische
Definition einer Zentralvenenkatheter assoziierten Infektion nicht mehr
möglich. So ist zum Beispiel bei der
Methode nach Kite (Grampräparat
plus AOLC Präparat) ein Keimnachweis im mikroskopischen Präparat ein
Kriterium zur Diagnose einer Zentralvenenkatheter assoziierten Bakteriämie, wohingegen bei der BrunBuisson Technik mindestens 103 colony forming units eines Keims pro ml
Katheterblut nachgewiesen werden
müssen, um mikrobiologisch eine
Zentralvenenkatheter assoziierte Bakteriämie diagnostizieren zu können.
Wesentlich für den behandelnden
Arzt ist jedoch die Umsetzung der mikrobiologischen Ergebnisse in klinisch verwertbare und therapieentscheidende Diagnosen, die, obwohl
in der Literatur unterschiedliche Definitionen verwendet werden, auf vier
wesentliche Diagnosen reduziert werden können: Zentralvenenkatheter assoziierte Bakteriämie - Katheter ist
verantwortlich für eine Bakteriämie;
lokale Zentralvenenkatheter assoziierte Infektion - Katheter ist verantwortlich für eine Infektion an der Insertionsstelle; Zentralvenenkatheter
Kolonisation - Katheter ist kolonisiert,
führt jedoch nicht zu einer Bakteriämie oder lokalen Infektion; Zentralvenenkatheter Kontamination - Katheter wurde bei der Entfernung kontaminiert. Da nicht jede mikrobiologische Methode für die Feststellung
dieser vier Diagnosen geeignet ist,
empfiehlt sich in solchen Fällen die
Kombination von zwei Methoden.
INTENSIV - NEWS
Intensivmedizinische Kontroversen
Bei der Beschreibung der Pathophysiologie der Zentralvenenkatheter assoziierten Infektion, dem zweiten Teil
des Reviews, beschreiben die Autoren die zur Infektion führenden Ereignisse wie Thrombusformation, Biofilmproduktion, Kolonisation und
konsekutive Ausschwemmung der
Keime. Die Autoren gehen jedoch
nicht auf die Bedeutung der beiden
Oberflächen eines Katheters (innereluminale und äußere-extraluminale
Oberfläche) ein. Die Autoren schreiben, dass zentralvenöse Katheter mit
Bakterien von der, die Insertionsstelle umgebenden Haut besiedelt/kolonisiert werden und Ausgangspunkt
einer Bakteriämie werden könnten.
Dies impliziert, dass Zentralvenenkatheter assoziierte Bakteriämien hauptsächlich von der äußeren Oberfläche
eines Katheters ausgehen. Rezente
Studien zeigten jedoch, dass eine Zentralvenenkatheter assoziierte Bakteriämie meist von der inneren Ober-
fläche eines Katheters ausgeht. Daher sind mikrobiologische Methoden,
bei denen nur die äußere Oberfläche
eines Katheters bearbeitet und kultiviert werden kann (z. B. Maki-Methode) abzulehnen.
Im letzten Teil des Reviews listen Poldermann und Girbes die Risikofaktoren einer Zentralvenenkatheter assoziierten Infektion auf (Grundkrankheit des Patienten, Kathetertypen, Insertionsmethode, Insertionsstelle, Liegedauer des Katheters, Verband der Insertionsstelle, Katheterhandhabung, routinemäßiger Katheteraustausch etc.). Die Autoren empfehlen als wichtigste Präventivmaßnahme einer Zentralvenenkatheter
assoziierten Infektion die Implementierung von Protokollen, die die Katheterinsertion, Handhabung und
Pflege des Katheters und das Vorgehen bei Verdacht einer Zentralvenenkatheter assoziierten Bakteriämie
beschreiben. Als Anleitung für die Erstellung solch eines Protokolls kann
das von den Autoren vorgeschlagene
und zum Großteil auf den rezenten
Arbeiten basierende Protokoll verwendet werden. Die in diesem Protokoll fehlende mikrobiologische Diagnostik und Vorgehensweise bei Verdacht auf eine Zentralvenenkatheter
assoziierte Infektion sollte mit dem
die Intensivstation versorgenden Mikrobiologen gemeinsam festgelegt
werden. Die Implementierung solcher
Protokolle und die genaue Einhaltung
derselben kann die Komplikationen
durch Zentralvenenkatheter assoziierte Infektionen senken.
Literatur beim Verfasser
Dr. Robert Krause
Abteilung für Infektiologie
Medizinische Universitätsklinik
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Fallbericht
Südsteirer mit akutem Abdomen
und Enzephalitis
Ein 43 Jahre alter Fabriksarbeiter wurde wegen Schmerzen im
Oberbauch und Fieber bis 39° C
in ein peripheres Spital aufgenommen. Der Patient hatte einige Tage zuvor Holzarbeiten an
einem Brennholzsammelplatz
durchgeführt. Er wurde 2 Tage
nach der Aufnahme wegen eines
akuten Nierenversagens und disseminierter intravasaler Gerinnung vom peripheren Krankenhaus in die Intensivstation der
medizinischen Universitätsklinik
Graz transferiert.
Bei der Übernahme klagte der Patient über Bauchschmerzen, im
physikalischen Status war die
Bauchdecke weich mit leichtem
Druckschmerz im gesamten
Oberbauch, die Körpertemperatur betrug 39,2° C, der Blutdruck
war 100/77 und die Herzfrequenz
127/min. Der übrige Status war
unauffällig. Das Aufnahmelabor
zeigt Tabelle 1. Im Liquor fanden
sich keine Zellen, jedoch erhöhtes Laktat (2,7 mmol/l, normal bis
2,1) und erhöhtes Gesamteiweiß
(69 mg/dl, normal bis 45). Der in
der Sonographie des Abdomens
festgestellte und danach punktierte Aszites zeigte ein Gesamteiweiß von 3,1g/dl und 1000 Zellen/l mit 73% Neutrophilie. Eine
transösophageale Echokardiographie war unauffällig, ebenso eine
Gastroskopie und Colonoskopie.
Blutkulturen waren negativ. Im
CT Thorax fanden sich beidseitig
32
MAI 2002
Tabelle 1: Laborparameter im Verlauf
6.7.01
Leukos
14.7.01 21.7.01 24.7.01 27.7.01
24.8.01
Ref.-Werte
10,65
17,02
6,63
8,86
8,21
6,02
4,4-11,3 G7l
Ery
4,8
2,34
2,81
2,62
2,96
3,66
4,5-5,9 T/l
Thrombo
36
101
205
273
340
295
140-440 G/l
Krea
3,6
2,6
2,1
1,3
1,1
0,9
0,6-1,3 mg/dl
Hst
132
194
131
69
26
14
10-45 mg/dl
GOT
57
20
43
30
35
22
< 19 U/l
GPT
59
15
24
28
48
30
< 23 U/l
GGT
38
118
145
102
91
135
< 29 U/l
LDH
322
366
358
378
376
161
120-240 U/l
237
391
278
75
37
5
< 9 mg/l
1558
-
1067
534
-
-
< 200 µg/l
CRP
D-Dimer
Infiltrate und Pleuraergüsse, im
CT Abdomen wurde ein massiv
dilatiertes Coecum, eine massiv
entzündliche Wandverdickung
des Colon ascendens und ein Kontrastmittelenhancement des Peritoneums wie bei Peritonitis festgestellt.
Der Patient musste wegen zunehmender respiratorischer Insuffizienz intubiert und beatmet und wegen Kreislaufinsuffizienz mit Katecholaminen therapiert werden.
Auf Grund der erhöhten Entzündungsparameter und der Lungeninfiltrate wurde der Patient mit
Meropenem behandelt und auf
Grund des akuten Nierenversagens dialysiert. Wegen Zunahme
des Bauchumfanges, Ascites, Ileus und Anstieg der Entzündungsparameter wurde der Patient 9 Tage nach der Aufnahme explorativ laparatomiert. Intraoperativ fanden sich ein deutlicher
Ascites mit geringgradiger Rötung
der Darmschlingen, jedoch keine
Peritonitis und keine intraabdominelle Ursache für das septische
Geschehen mit Multiorganversagen. Nach der Operation trat ein
Meningismus mit erhöhtem Tonus
und pathologischen Reflexen auf.
Eine Magnetresonanztomographie des Gehirns zeigte eine
demyelinisierende Meningoenzephalitis mit Hirnödem (Bild 1).
Der Patient musste weiterhin beatmet, dialysiert und mit Katecholaminen behandelt werden.
Nach Hinzuziehung des infektiologischen Konsiliars wurden auf
Grund der fremdanamnestischen
Hobbyanamnese - der Patient war
Hobbyjäger - Antikörperuntersuchungen auf Hantaviren, Leptospiren, Ehrlichien, Francisella tularensis, Bartonellen und Coxiella burnetii durchgeführt.
Sechs Tage nach der explorativen
Laparotomie konnte der Patient
extubiert und die Katecholamine
abgesetzt werden. An diesem Tag
wurde auch die serologische UnINTENSIV - NEWS
Fallbericht
tersuchung fertiggestellt, die IgM
und IgG Antikörper gegen Puumala Virus zeigte. In den folgenden 2 Wochen kam es zu einer
Verbesserung der Laborwerte und
der pathologischen Veränderungen im Gehirn (Tabelle 1). Vier
Wochen nach der stationären Aufnahme konnte der Patient das
Krankenhaus verlassen. Bei der
letzten Kontrolle im Februar 2002
war der Patient bis auf Parästhesien an der Kopfhaut occipital
rechts beschwerdefrei und das
MR des Gehirns war unauffällig.
Das Puumala Virus gehört mit
dem Hantaan, Seoul und SinNombre Virus u.a. zur Hantavirusgruppe der Bunyaviren. Hantaviren sind Einzelstrang-RNA
Viren. Chronisch infizierte Nagetiere sind das Reservoir, der
Mensch wird durch infektiöse Aerosole der Nagerexkremente (z.
B. in staubhaltiger Luft auf Dachböden, in selten bewohnten Häusern, etc.), selten durch Bisse von
Nagern infiziert. Die Übertragung
von Mensch zu Mensch ist
äußerst selten und wurde bisher
nur für das Hanta Virus Pulmonale Syndrom beschrieben. In
Österreich kommen Puumala Viren in Kärnten und im Großraum
Graz vor und werden vor allem
durch Rötelmäuse übertragen.
Vereinzelte Fälle traten auch in
der Südoststeiermark und in
Oberösterreich auf. Bisher wurden in Österreich seit Einführung
der Antikörperdiagnostik am In-
stitut für Virologie der Universität
Wien rund 60 Fälle diagnostiziert.
Hantaan und Seoul Virus führen
zum hämorrhagischen Fieber mit
renaler Symptomatik unterschiedlicher Ausprägung. Infektionen mit Puumala Virus verlaufen häufig symptomlos, können
aber auch zu hohem Fieber,
Bauchschmerzen, akutem Nierenversagen und selten zum Multiorganversagen führen. Eine
Meningoencephalitis als Kompliaktion einer Puumalavirusinfektion wurde bisher einmal beschrieben.
Dr. Robert Krause
Abteilung für Infektiologie
Medizinische Universitätsklinik
Graz
Abbildung 1:
MR des Gehirns: Flächige,
das subkortikale Marklager
parietooccipital beidseits betreffende
Signalalterationen als Ausdruck
einer entzündlichen
Leukenzephalopathie und
eines Hirnödems (Pfeile)
INTENSIV - NEWS
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Telefon: +43-1-711 20-0
Kongresse
34. Gemeinsame Jahrestagung
Österreichische Gesellschaft für Internistische und Allgemeine Intensivmedizin und
Deutsche Gesellschaft für Internistische Intensivmedizin und Notfallmedizin
Kongresshaus Innsbruck 12.-15.6. 2002
(Pflegetage 12. und 13.6.2002)
Allgemeine Hinweise:
Aktuelles im Internet unter http://www.intensivmedizin2002.at
15. Februar 2002: Einsendeschluss für freie Vorträge und Poster • Ende April 2002: Benachrichtigung der Autoren
15. April 2002: Deadline für ermäßigte Tagungsgebühr • 11. Mai 2002: Deadline für Hotelreservierung
Tagungspräsident:
Prof. Dr. Peter Lechleitner, Krankenhaus Lienz, Interne Abteilung, E. v. Hibler-Straße 5, A-9900 Lienz
Tel.: (+43/4852) 606-641 • Fax.: (+43/4852) 606-248 • E-Mail: [email protected]
IFIMP 2002
Innsbrucker Forum für Intensivmedizin und Pflege
Der perioperative Intensivpatient : Probleme • Fakten • Therapie
30. Mai - 1. Juni 2002
Congress Innsbruck
Information und Anmeldung unter: www.intensiv-innsbruck.at
4th International Conference on Sepsis in the ICU
17. - 18. Juni 2002, London
Information: http://www.castlehouse.co.uk
15th Annual Congress, European Society of Intensive Care Medicine
29. September - 2. Oktober 2002, Barcelona
Information: http://www.esicm.org
WIT 2003
27. Februar - 1. März 2003, Wien
Information: [email protected]
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Basale Stimulation nach
Subduralhämatom
Ein 63-jähriger verheirateter, sportlicher Landwirt (20 Jahre aktiv Fußball, Schifahren, Radfahren, Wandern)
war seit einer Aortenklappenersatzoperation mit Sintrom antikoaguliert.
Sonst waren keine weiteren Vorerkrankungen bekannt. Zwei Tage nach
der Rückkehr von einem Schiurlaub
klagte der Patient erstmals über Übelkeit. Trotzdem verrichtete der Landwirt die Stallarbeit, fühlte sich jedoch
auch danach nicht gut und klagte weiterhin über Übelkeit. Am nächsten
Morgen fand die Gattin ihren Mann
bewusstlos im Bett. Bei Eintreffen des
Notarztes war der Patient komatös
(Glasgow Coma Score 9) mit einer Hemiparese links und einer Facilisparese
links. Der Blutdruck betrug 180/80
mmHg bei einer Herzfrequenz von 75
S/min. Der Notarzt brachte den Patienten mit dem Verdacht auf Apoplexie
in eine neurologische Abteilung. Dort
wird die Verdachtsdiagnose, nämlich
apoplektischer Insult, erneut gestellt
und ein Weitertransport ins Landeskrankenhaus zur Computertomographie angeordnet. Im CCT fand sich ein
ausgedehntes Subduralhämatom rechts.
Der Patient wird noch am selben Tag
operiert.
Postoperativ wurde der Patient auf der
Neurochirurgischen Intensivstation
(Abbildung 1) sediert und beatmet. Eine Woche nach der Operation konnte
der Patient von der Beatmungsmaschine entwöhnt und extubiert werden,
blieb jedoch extrem aspontan ohne
nachweisliche kognitive Leistungen
und ließ auch keine Besserungstendenz
erkennen. Zwischenzeitlich wurde
dem Patienten eine PEG-Sonde und
ein suprapubischer Blasenkatheter implantiert. Da im Landeskrankenhaus
an der neurologischen Abteilung kein
Rehabilitationsbett zur Verfügung
INTENSIV - NEWS
Abbildung 1
stand, wurde der Patient am 15. postoperativen Tag in ein peripheres Krankenhaus (Weiz) verlegt.
Zu dieser Zeit war ich dort gerade für
drei Monate als Intensivpfleger tätig.
Bei der Aufnahme war der Patient komatös mit schlaffer Tetraparese bei St.
p. Kraniotomie bei Subduralhämatom
rechts. Die Pupillen waren anisokor,
(rechts größer als links). Kardial und
pulmonal war der Patient stabil. In diesem Zustand wurde mit basaler Stimulation begonnen. Dies beinhaltete
basal beruhigende Wäsche, Kopfbewegung, Schaukeltherapie, Kornährenfeldtherapie und atemstimulierende Einreibung. Danach wurde der
Patient auf einen Lehnstuhl gesetzt und
ihm bekannte Musik mittels Radio im
Raum vorgespielt. Ca. 1,5 Stunden
wurde er so belassen und danach wieder ins Bett zurückgebettet (Abbildung
2 und 3). Für die Gattin und die Kinder war es schockierend, den Patienten
in diesem schlechten Allgemeinzustand
zu sehen. Nach einer Woche basaler
Stimulation und gleichbleibendem Allgemeinzustand kam die schwierige
Entscheidung: Sollte der Patient nach
Hause in den Familienverband oder
auf einen Pflegeplatz kommen? Nach-
dem sich die Familie entschied, den Patienten zu Hause weiter zu betreuen,
wurde die Schwiegertochter und fünf
Schwestern der Hauskrankenpflege
aus St.Ruprecht in die basale Stimulation eingeschult. Zusätzlich beriet die
Stationsschwester der medizinischen
Klinik in Weiz die Angehörigen, damit
der Patient zu Hause optimal betreut
werden konnte. Einen Monat nach der
Operation wurde der Patient nach einem Kontroll-CT des Schädels (5 mm
breites hypodenses chron. Subduralhämatom, geringfügige re-hemisphärielle Raumforderung, das Septum pellucidum nach links verlagert, das Ventrikelvolumen im Normbereich) nach
Hause entlassen. Zu diesem Zeitpunkt
blinzelte der Patient laut Gattin auf Ansprache das erste Mal mit den Augen
und weinte. Der Patient wurde zu
Hause nach Basalen Richtlinien weiter betreut. Nachdem der Patient 14
Fortsetzung auf Seite 38
Abbildung 2
Abbildung 3
MAI 2002
37
Arbeitsgemeinschaft für Intensivpflege
Tage zu Hause war, konnte er erstmals
leise ein paar Worte sprechen, war aber
zeitlich und örtlich desorientiert.
Einige Tage später besuchte ich den
Patienten zu Hause. Bei Betreten des
Zimmer und der Begrüßung mit der
ihm bekannten Initialberührung reagierte der Patient und nannte leise meinen Namen. Obwohl der Patient mich
im Krankenhaus nie angesehen hatte
und die Augen immer geschlossen hielt,
hatte er mich erkannt. Zu diesem Zeitpunkt bestand eine rechtsseitige spastische Hemiplegie und eine Facialisparese rechts. Die linken Extremitäten
waren ebenfalls spastisch. In weiterer
Folge waren erste Versuche einer oralen Kost mit Apfelmus und Pudding,
sowie einem Schluck Kaffee erfolgreich, und wurden vom Patienten
wohlwollend aufgenommen. Zirka
zwei Monate nach der initialen Blutung wurde der Patient zur Frührehabilitation in die Landesnervenklinik
Siegmund Freud aufgenommen. Zu
diesem Zeitpunkt war der Patient zeitlich und örtlich nicht orientiert. Der
Patient bot bei der Aufnahme in die
Landesnervenklinik Siegmund Freud
eine internukleäre Ophtalmologie, eine mäßiggradige Dysphagie, geringgradige Dysarthrie und eine spastische
Tetraparese mit KG 2-3 re Arm, KG 3
im re Bein und KG 5 in den linksseitigen Extremitäten, Babinski-Phänomen
re. war auslösbar. Stehen und gehen
nicht möglich. Psychisch war der Pa-
Abbildung 4
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MAI 2002
tient klar geordnet, weinerlich verstimmt, bot anamnestische Leistungsminderung. Ab diesem Zeitpunkt wurde dem Patienten klar gemacht, dass
er mit der linken Hand essen müsse.
Der Patient hatte sich damit abgefunden, dass die rechte Hand und der
rechte Fuß nie mehr besser werden.
Der Patient musste lernen, tägliche
Dinge, wie essen, trinken und anziehen mit der li. Hand zu verrichten. Er
erhielt Physiotherapie, Ergotherapie,
Wahrnehmungstraining nach dem
Konzept der Basalen Stimulation (Abbildung 4). Wegen Affektstörungen erhielt der Patient eine thymoleptische
Therapie mit Seroxat. Da der Patient
zu diesem Zeitpunkt bereits normal essen konnte, wurde die PEG Sonde entfernt. Nachdem er bereits alleine sitzen und mit Hilfe kurz stehen konnte,
wurde er nach einem Monat Rehabilitation in häusliche Pflege entlassen. Er
konnte von da an ohne Hauskrankenpflege nur mit Hilfe der Gattin bereits
im Sessel sitzen und bewegte sich langsam von der Bettbank am Gitterbett
anhaltend, weiter, bis er es nach einer
Woche schaffte, wieder selbst auf die
Toilette zu gelangen.
Zirka 1 Jahr nach dem Ereignis, besuchte ich den Patienten wieder auf seinem Bauernhof. Er saß am Tisch und
las gerade die Zeitung und informierte sich über Politik, Sport und Wirtschaft. Er plauderte von vergangenen
Tagen und gab sehr präzise Auskunft
über seine besiegte Krankheit. Die
Kraft in der rechten Hand ist wieder
zurückgekehrt, auch die Feinmotorik
ist wieder da. Der Patient macht wieder wie früher die Morgentoilette mit
der rechten Hand, ebenso essen und
trinken. Lediglich der rechte Fuß will
nicht so 100prozentig, da hinkt er noch
ein wenig. Aber nichts kann ihn daran
hindern, seine Enkelin mit dem Kinderwagen täglich ca. 2 km spazieren zu
fahren. Der Patient ist davon überzeugt, dass er es ohne rasche initiale
Diagnosestellung, unmittelbare lebensrettende Operation, ohne neurologische Rehabilitation mit inkludier-
Abbildung 5
Abbildung 6
ter Basaler Stimulation und ohne seine zu ihm stehende Familie nicht so geschafft hätte (Abbildung 5 und 6: Training der Feinmotorik mit dem Binden
eines Palmzweiges).
Dieser Fall zeigt, dass man viel Geduld
aufbringen und Patienten mehr Zeit
geben muss um eine verzögerte, jedoch
vollständige Rehabilitation zu ermöglichen. Außerdem darf in der prognostischen Einschätzung auch initial
schwer neurologisch beeinträchtigter
Patienten nicht nur das momentane
Zustandsbild herangezogen werden,
sondern es muss dies in einem längeren Zeitraum beurteilt und die Reversibilität und Therapierbarkeit der
Akuterkrankung mit ins Kalkül gezogen werden. Dieser Bericht soll alle
DGKS/DGKP motivieren, noch mehr
mit Basaler Stimulation zu arbeiten.
DGKP Josef Mündler
Allgemeine Intensivstation
Medizinische Universitätsklinik Graz
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Baxter, Bereich Nephrologische Therapie