Die Einführung des Euro und DM-Auslandsanleihen

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Die Einführung des Euro und DM-Auslandsanleihen
Die Einführung des Euro und DM-Auslandsanleihen
- Zugleich ein Beitrag zum deutschen Gesetz
zur Umstellung von Schuldverschreibungen -
Michael Gruson
Arbeitspapier 2198
Die Einführung des Euro und DM-Auslandsanleihen
- Zugleich ein Beitrag zum deutschen Gesetz zur Umstellung
von Schuldverschreibungen Dr. jur. Michael Gruson, LL.B., M.C.L.
Attomey-at-Law, New York/Frankfurt’
1.
DM-Auslandsanleihen
Dieser Aufsatz befaßt sich mit den Auswirkungen, die
die Einführung des Eure’ auf sich im Umlauf
befindliche DM-Schuldverschreibungen, die nicht dem
deutschen Recht unterliegen, haben wird. Derartige
Schuldverschreibungen sind in der Regel im Rahmen
von DM-Anleihen ausländischer Emittenten ausgegeben
worden (sog. DM- Auslandsanleihen).’ Die Deutsche
l
Dieser Aufsatz beruht auf einen Vortrag, den der Verfasser am
25.11.1997 in einer Veranstaltung der Deutsch-Amerikanischen
Juristen Vereinigung (DAJV) gehalten hat. Der Verfasser bedankt
sich für die Mithilfe und Anregungen von Carsten Schapmann,
Associate von Shearman & Sterling.
I
Allgemein zur Einführung des Euro vgl. etwa Horn, Rechtliche und
institutionelle Aspekte der Europäischen Währungsunion im
politischen und wirtschajilichen Kontext, ZBB 1997, S. 3 14 ff.;
Sandrock, Der Euro und sein Einfluß auf nationale und
internationale privatrechtliche Verträge, Europäisches Wirtschaftsund Steuerrecht, Beilage 3 zu Heft 8 1997, S. 1 ff.; Schefold, Die
europäischen Verordnungen über die Einfiihrung des Euro, WM
1996, Sonderbeilage 4/1996 zu Heft Nr. 47, S. 1 ff.; Sixt, Euro Notwendigkeit oder Bedrohung, DZWir 1997, S. 428 ff. sowie S. 474
ff.
*
Zu DM-Auslandsanleihen allgemein und über die Möglichkeiten und
Grenzen der Vereinbarung eines ausländischen Rechts vgl.
Gruson/Han-er, DM-Denominated Bond Issues by Foreign Issuers in
Germany, in: Emory International Law Review Bd. 10, S. 195-253
(continued...)
2
Bundesbank hat die Vereinbarung ausländischen Rechts
für DM-Auslandsanleihen erstmals in ihrer Erklärung
vom 3. Juli 1992 erlaubt.3 Vor dieser Erklärung
unterstanden DM-Anleihen praktisch ausschließlich
deutschem Recht. Selbst nach der Veröffentlichung
dieser Erklärung haben deutsche Banken und Anwälte
gegen die Vereinbarung ausländischen Rechts
Widerstand geleistet.4 Die Zahl der ausländischem
Recht unterstehenden DM-Auslandsanleihen ist deshalb
relativ gering.
Die Frage der Auswirkungen der EinfIihrung des Euro auf
einem ausländischen Recht unterstehenden DMAuslandsanleihen stellt sich für solche
Schuldverschreibungen, die vor dem 1.1.1999 ausgegeben
wurden. Sie stellt sich aber auch für solche, die nach diesem
Datum in der Zeit bis zum 3 1.12.200 1 auf DM lautend
ausgegeben werden. Ein Anleiheschuldner kann auch nach
Einführung des Euro am 1.1.1999 bis zum Ende der
*(...continued)
(1996). Gruson/Harrer, Rechtswahl- und Gerichtsstandvereinbarungen sowie Bedeutung des AGB-Gesetzes bei DM-Auslandsanleihen
auf dem deutschen Markt, ZBB 1996, S. 37 ff.
3
Vgl. Monatsberichte der Deutschen Bundesbank, Band 44, Juli 1992,
S. 39; zugleich abgedruckt in: WM 1992, S. 1211; Gruson/Harrer,
aa0 (Fn. 2), Emory Int’l L.Rev., S. 198; dies., ZBB, S. 38.
4
Vgl. GrusonIHarrer, aa0 (Fn. 2), Emory Int’l L.Rev., S. 202.
3
Übergangszeit5 am 3 1.12.200 1 auf DM lautende Anleihen
ausgeben. Zwar findet sich in Erwägungsgrund 14 der
Präambel der vom Europäischen Rat erlassenen Verordnung
zur Einfl_ihrung des Euro (EuroVO 11)6 eine Erklärung,
wonach die öffentliche Hand der teilnehmenden
Mitgliedstaaten nach dem 1.1.1999 nur noch Schuldtitel in
Euro ausgeben wird. Jedoch gilt dies nur fir die öffentliche
Hand der an der Währungsunion teilnehmenden
Mitgliedstaaten. Private Emittenten oder ausländische
5
Zur Vorbereitung eines reibungslosen Übergangs zum Euro bedarf es
einer Übergangsphase zwischen dem Zeitpunkt, zu dem der Euro an
die Stelle der Währungen der teilnehmenden Mitgliedstaaten tritt, und
der Einführung von Euro Banknoten und Euromünzen. Vgl.
Erwägungsgrund 8 der Verordnung zur Einführung des Euro, im
folgenden (EuroVO II), veröffentlicht in ABI. EG Nr. C 236 vom 2.
August 1997, S.7 ff. Die Übergangsszeit beginnt gemäß Art. 1
EuroVO 11 am 1.1.1999 und endet am 31.12.2001. Zu den
Rechtsfragen während der Übergangsphase allgemein vgl. Sixt, aa0
(Fn. I), S. 430 ff.
6
EuroVO 11 bildet zusammen mit der Verordnung Nr. 1103/97 über
bestimmte Vorschriften im Zusammenhang mit der Einfuhrring des
Euro (im folgenden Euro VO 1) den gemeinschaftsrechtlichen
Rechtsrahmen für die Einführung des Euro. Euro VO 1, in Kraft
getreten am 19. Juni 1997 und veröffentlicht im ABI. EG Nr. L 162
vom 19. Juni 1997, S. 1 ff., legt geraume Zeit vor Beginn der
Währungsunion wesentliche Eckdaten der Währungsunion fest. Im
wesentlichen werden der Grundsatz der Vertragskontinuität, die
Verfahren zur Bestimmungen der Umrechnungskurse und
Rundungsverfahren geregelt. Rechtsgrundlage ist Art. 235 des
Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaften (EGV).
EuroVO 11 wird erst in Kraft treten, wenn die an der Währungsunion
teilnehmenden Staaten feststehen. Aus Gründen der Transparenz
wurde die Verordnung, welche in Art. 109(1) EGV ihre
Rechtsgrundlage haben wird, bereits zu diesem Zeitpunkt
veröffentlicht, vgl. aa0 Fn. 5. Ausführlich zum
gemeinschaftsrechtlichen Rahmen, vgl. Renger, Die Umstellung von
Schuldverschreibungen, WM 1997, S. 1873 ff.; Sandrock, aa0 (Fn.
l), S. 1 ff.; Sixt, aa0 (Fn. l), S. 429 f.
4
Emittenten der öffentlichen Hand von Staaten, die nicht an
der Wahrungsunion teilnehmen, sind hiervon nicht
betroffen.
11.
Die Reaktionsmöglichkeiten des Anleiheschuldners auf die
Einfihrung des Euro
Die für Schuldverschreibungen relevanten Regelungen
finden sich in Art. 8 EuroVO 11. Art. 8 EuroVO 11 eröffnet
für den Anleiheschuldner einer DM-Anleihe in der
Übergangsphase folgende vier Möglichkeiten.
1.
Das Kontinutätsprinzip
Der Schuldner kann die “Hände in den Schoß legen” und
nichts unternehmen, was zur Folge hat, daß die Anleihe
weiter auf DM lautet und weiter in DM zu erfüllen ist. Im
Grundsatz gilt nämlich nach der Verordnung über bestimmte
Vorschriften im Zusammenhang mit der Einführung des
Euro (EuroVO 1) und EuroVO 11 das sog.
währungsrechtliche Kontinuitätsprinzip. Nach diesem in den
Art. 3 S. 1 EuroVO 1 und Art. 7 und 8 Abs. 1 EuroVO 11
zum Ausdruck kommenden Prinzip werden alle
privatrechtlichen Verträge von der Einfihrung des Euro
nicht berührt, sondern bleiben in ihrem Bestand und Inhalt
5
unverändert bestehen.7 Insbesondere Art. 8 Abs. 1 EuroVO
11 besagt, daß Handlungen, die aufgrund von
Rechtsinstrumenten* erfolgen, welche die Verwendung der
nationalen Währungseinheit vorschreiben, auch in dieser
Währungseinheit, also vorliegend DM, ausgeführt werden.
Folglich ändert die Ersetzung der DM durch den Euro
nichts an der Währungsbezeichnung der sich im Umlauf
befindlichen Anleihen. Sie lauten weiterhin auf DM und
können weiterhin in DM erfüllt werden. Dies gilt freilich
nur bis zum Ende der Übergangsphase. Danach kann
ohnehin nur noch in Euro erfüllt werden, da dann die DM
endgültig verschwunden ist. Eine Änderung der Verträge ist
aber auch dann nicht notwendig.
Dieser Grundsatz gilt unerheblich davon, ob der Staat,
dessem Recht die Anleihe untersteht, an der Währungsunion
teilnimmt oder nicht. Insbesondere stellt sich nicht die
Frage, ob die EuroVO 11 auch in nicht an der
Währungunion teilnehmenden Staaten Anwendung findet
und die vertragliche Rechtswahl überlagert, denn die
7
8
Ausführlich Sandrock, aa0 (Fn. l), S. 7.
“Rechtsinstrumente” sind nach der Definition des Art. 1 EuroVO 11
Rechtsvorschriften, Verwaltungsakte, gerichtliche Entscheidungen,
Verträge, einseitige Rechtsgeschäfte, Zahlungsmittel -außer
Banknoten und Münzen- sowie sonstige Instrumente mit
Rechtswirkung; der für die Definition von Rechtsinstrumenten
verwendete Begriff “Vertrag” bezeichnet alle Arten von Verträgen,
und zwar unabhängig von der Art ihres Zustandekommens. Vgl.
Erwägungsgrund 7 zu EuroVO 11.
6
Zahlung in DM ist in den Anleihebedingungen vertraglich
vereinbart worden, und die vertragliche Regelung entspricht
damit der wahrungsrechtlichen Regelung.
Hinzuweisen ist an dieser Stelle auf das Euro-Gesetz des
US-amerikanischen Bundesstaates New York.’ Dieses
enthält eine Art. 8 Abs. 1 EuroVO 11 entsprechende
Regelung, wonach in der Übergangszeit in der vertraglich
vereinbarten Währung erfillt werden kann.”
2.
Das Freiwilligkeitsprinzip
Nach dem in Art. 8 Abs. 2 EuroVO 11 verankerten
Freiwilligkeitsprinzip können die Parteien das zuvor
geschilderte Kontinuitätsprinzip durchbrechen und die
Zahlung in Euro oder umgekehrt in einer nationalen
9
Vgl. Assembly Bill 8047-A, 220th Leg. Sess.. 1997 N.Y. Laws_,
der als neuer Title 16 New York General Obligations Law
hinzugefügt wurde. Entsprechende Gesetze sind auch in Kalifornien
vorgesehen und in Illinois bereits erlassen.
Io Section 1602(l)(c) Title 16 lautet:
“Performance of any of the obligations described in Paragraph (a) or
(b) of this subdivision may be made in the currency or currencies
originally designated in such contract, security or instrument (so long
as such currency or currencies remain legal tender) or in eure, but
not in any other currency, whether or not such other currency (i) has
been substituted or replaced by the euro or (ii) is a currency that is
considered a denomination of the euro and has a fixed conversion
rate with respect to the eure.”
7
Währung vereinbaren.” Der Anleiheschuldner kann als
zweite Möglichkeit deshalb gemäß Art. 8 Abs. 2 EuroVO 11
mit einem oder allen Anleihegläubigern eine von den
ursprünglichen Anleihebedingungen abweichende Regelung
bezüglich der Wahrung der Anleihe treffen. Für öffentlich
begebene DM-Auslandsanleihen gilt, daß ein solcher
Wahrungsbezeichnungswechsel von DM auf den Euro
wegen der großen Anzahl der Gläubiger praktisch nicht
durchführbar sein dürfte. Er kommt allenfalls bei Anleihen,
die bei nur wenigen Anlegern plaziert wurden, in Betracht.
Ohne die Regelung des Art. 8 Abs. 2 EuroVO 11 wäre ein
Währungsbezeichnungswechsel nur möglich, wenn die
Parteien einstimmig die ursprünglichen Anleihebedingungen
abändern. Ein Mehrheitsbeschluß der Anleihegläubiger zur
Abänderung der Anleihebedingungen genügt nur, wenn dies
nach der anwendbaren Rechtsordnung zulässig und in den
Anleihebedingungen vorgesehen ist.” Es ist aber darauf
hinzuweisen, daß insbesondere US-amerikanischem Recht
unterstehende Anleihebedingungen häufig eine Abänderung
II
Vgl. von Borries/Reppiinger-Hach, Rechtsfragen der Einführung der
Europawährung, EuZW 1996, S. 492, 494; Sandrock, aa0 (Fn. l),
s. 7.
IZ
Vgl. ausführlich zur Frage, inwieweit die einzelnen Rechtsordnungen
sich hinsichtlich der Frage der Abänderbarkeit der
Anleihebedingungen unterscheiden, Bartels, Umstellung verbriefter
Altschulden auf Euro, WM 1997, S. 1313, 1317 f.; Zur Problematik
der Änderung von Anleihebedingungen durch die
Gläubigerversammlung im Hinblick auf das AGB-Gesetz vgl. Gruson
/ Harrer, aa0 (Fn. 2), S. 45.
8
durch einen Mehrheitsbeschluß der Anleihegläubiger
3.
Das Recht zur Ersetzung nach Art. 8 Abs. 3 EuroVO 11
Weiter steht dem Anleiheschuldner gemäß Art. 8 Abs. 3
EuroVO 11 bis zum Ende der Übergangszeit, also bis zum
3 1.12.200 1, das Recht zu, die DM-Anleihe in Euro zu
bedienen und bei Fälligkeit zu zahlen. Voraussetzung ist
allerdings, daß die Zahlungsverpflichtungen der Anleihe
durch Überweisung auf ein in Deutschland geführtes Konto
erfüllt werden sollen. Es versteht sich von selbst, daß dieses,
dem 6 244 BGB ähnliche, Recht zur Ersetzung’j nur
besteht, wenn die Anleihebedingungen diese Zahlungsweise
vorsehen. Bei Inhaberschuldverschreibungen könnte der
Anleiheschuldner nach Art. 8 Abs. 3 EuroVO 11 vorgehen,
wenn der Anleihegläubiger bei Vorlage der
Schuldverschreibung oder des Coupons ein deutsches DMKonto für die Zahlung angibt. Bei einer bei der Deutsche
Börse Clearing AG verwahrten Schuldverschreibung kann
der Schuldner bzw. seine Zahlstelle bei der Überweisung an
die Deutsche Börse Clearing AG von dem Recht nach Art.
8 Abs. 3 EuroVO 11 Gebrauch machen und sein
Ersetzungsrecht ausüben, wenn seine Zahlstelle der
13
Vgl. unten 6 c).
l4
So Sandrock, aa0 (Fn. l), S. 9.
9
Deutschen Börse Clearing AG ein DM- oder Eurokonto zur
Abbuchung benennt.
Der in Euro gezahlte Betrag wird dann dem Konto des
Anleihegläubigers in der Währungseinheit seines Kontos
gutgeschrieben, wobei der Betrag zuvor, falls erforderlich,
zum festgesetzten Umrechnungskurs umgerechnet wurde.
Vor dem Hintergrund dieser Möglichkeit wird deutlich,
weshalb man den Euro während der Übergangszeit, also in
der Zeit, in der keine Banknoten im Umlauf sind, als bloßes
Buchgeld bezeichnet.15
Art. 8 Abs. 3 EuroVO 11 gewährt dem Schuldner dieses
Recht zur Ersetzung von Fall zu Fa11.16 Der Schuldner
braucht sich nicht festzulegen, die Anleihe immer in Euro
zu bedienen oder alle Anleihegläubiger in Euro zu bedienen.
Jedem Anleiheschuldner einer einem ausländischen Recht
unterstehenden DM-Anleihe steht dieses Recht des Art. 8
Abs. 3 EuroVO 11 zur Ersetzung zu. Die Vorschriften der
EuroVO 11 sind währungsrechtlicher Natur und finden auch
15
Vgl. Sandrock, aa0 (Fn. l), S. 9 m.w.N. in Fn. 35.
l6
Das Recht zur Ersetzungbefugnis gilt auch im umgekehrten Fall, also
wenn die Parteien Erfüllung der Anleihe in Euro vereinbart haben.
Darm kann unter den Voraussetzungen des Art. 8 Abs. 3 EuroVO 11
auch in DM überwiesen werden.
10
auf Verträge, die nicht dem Recht eines an der 3. Stufe
teilnehmenden Mitgliedstaates unterliegen, Anwendung.
Hierfür lassen sich mehrere Begründungen anfuhren. Zum
einen folgt dies aus dem wohl allgemein anerkannten
Prinzips des Vorrangs der lex monetae, wonach
wahrungsrechtliche Veränderungen in einem Staat im
Grundsatz von anderen Staaten anerkannt werden.” Dies
kann sich aber auch aus anderen Rechtsinstituten,
gesetzlichen Vorschriften des jeweils gewählten
Landesrechts” oder aber aus der Auslegung der
Anleihebedingungen durch die Gerichte des Landes des
gewählten Rechts, wonach die Parteien mit der
Bestimmung, daß die Währung eines bestimmten Landes
Vertragswährung sei, beabsichtigt haben, daß die Erfullung
in der in diesem Land zur Zeit der Erfillung geltenden
Währung erfolgen soll, ergeben.”
17
Vgl. Horn, aa0 (Fn. l), S. 321 f. m.w.N.; ebenso Schuster, Zur
nationalen Umstellung von Schuldverschreibungen, vwd
Währungsunion Spezial vom 16.6.1997, S. 7 f.
Z.B. das in Fn. 9 geschilderte New Yorker Gesetz.
l9
Vgl. umfassend rechtsvergleichend Sandrock, aa0 (Fn. l), S. 13 ff.
Speziell zum U.S. Recht vgl. Grusen, The Introduction ofthe Euro
and its Implications for Obligations Denominated in Currencies
Replaced by the Euro, Fordham International Law Journal 1997, S.
???; ders., Altwährungsforderung vor US-Gerichten nach Einführung
des Euro, WM 1997, S. 699 ff.
Speziell zum japanischen Recht: Financial Law Panel, Economic and
Monetary Union - Continuity of Contracts outside the European
Union - The Position under the law of Japan, July 1997.
11
Aus dem gleichen Grund muß ein ausländischer
Anleihegläubiger einer DM-Anleihe, auch wenn sie
ausländischem Recht untersteht, die Ausübung der
Ersetzungsbefugnis durch den Anleiheschuldner gegen sich
gelten lassen.
Das New Yorker Euro-Gesetz gewahrt dem Schuldner einer
Altwährungsforderung ausdrücklich die Möglichkeit zur
Erfüllung in Euro.20 Im Unterschied zu Art. 8 Abs. 3
EuroVO 11 enthält das Gesetz jedoch keine ausdrückliche
Aussage, auf welchem Konto der gezahlte Betrag zu
verbuchen ist. Daraus folgt, daß auf dem Konto der
Währungseinheit zu verbuchen ist, in der gezahlt wurde.”
4.
Das währungsrechtliche Wahlrecht nach Art. 8 Abs. 4
EuroVO 11
Während Art. 8 Abs. 3 EuroVO 11 dem Anleiheschuldner
ein einseitiges Recht zur Ersetzung, also die DM-Anleihe
von Fall zu Fall in Euro zu bedienen und bei Fälligkeit in
Euro zu überweisen, gibt, räumt Art. 8 Abs. 4 EuroVO 11
dem Anleiheschuldner das Recht ein, zu erklären, er werde
”
Das New Yorker Gesetz (Fn. 9) enthält in 5 1602(l)(c) a.a.O. (Fn.
10) ausdrücklich die Aussage: “Performance . . . may be made . . . in
eure”.
21
Vgl. Grusen, aa0 (Fn. 19), Fordham Int’l L.J., S. ???
12
in Zukunft die Anleihe nur noch in Euro bedienen bzw.
bezahlen. Dieses Recht besteht allerdings nur unter der
Bedingung, daß der an der Wahrungsunion teilnehmende
Staat die auf seine Währungseinheit und seinem nationalen
Recht unterstehenden Schuldtitel umgestellt hat, wobei nach
zutreffender Ansicht22 die Umstellung nur einer einzigen
Schuldverschreibung zur Erfüllung dieser Bedingung
genügt.
Bei diesem Recht handelt es sich um die mittlerweile in der
Literatur vielfach diskutierte “Umstellung”‘3. Die
Umstellung ist nichts anderes als die einseitige Erklärung
des Anleiheschuldners, er werde in Zukunft die Anleihe nur
noch in Euro bedienen bzw. erftillen. EuroVO 11 definiert
Umstellung als die Änderung der Einheit, auf die der
Schuldtitel lautet, von DM auf Euro ohne Änderung der
sonstigen Bedingungen des Schuldtitels.‘4 Bartels hat diese
Umstellung als “einfache Umstellung” im Gegensatz zu der
“erweiterten Umstellung”, die auch die Änderung von
sonstigen Bedingungen des Schuldtitels beinhaltet,
bezeichnet.25
Vgl. Renger, aa0 (Fn. 6), S. 1877.
23
Vgl. dazu Bartels, aa0 (Fn. 12), S. 13 13 ff. ; Renger, aa0 (Fn. 6), S.
1873 ff.; Schuster, aa0 (Fn. 17), S. 7 f.
Vgl. Art. 1 EuroVO 11.
25
Vgl. Bartels, aa0 (Fn. 12), S. 1314.
13
Im Fall dieser einfachen Umstellung kann der umstellende
Schuldner weder die auf DM lautenden
Schuldverschreibungen in auf Euro lautende Zertifikate
umtauschen, noch die Deutsche Börse Clearing AG
anweisen, die Währungsbezeichnung bei den Urkunden
abzuändern oder bei Buchforderungen das
Computerprogramm zu ändern. Eine
Umtauschverpflichtung setzt ebenso wie eine Änderung der
Urkunde eine vertragliche Grundlage voraus. Es besteht
auch kein praktischer Grund für eine mechanische Änderung
der Urkunden.
Die einfache Umstellung wird vielfach als Gestaltungsrecht
angesehen.26 Diese Einordnung erscheint fraglich. Ein
Gestaltungsrecht ist ein Recht, durch dessen Ausübung
unmittelbar und einseitig auf ein bestehendes
Rechtsverhältnis eingewirkt und dieses verändert wird.27 Der
Vertragsinhalt wird durch die Umstellung indessen nicht
berührt. Erfüllt wird unverändert in der in Deutschland
geltenden Währung. Die einzige Frage ist, in welcher
Ausgestaltung, oder besser, mit welchem gesetzlichem
Zahlungsmittel’* diese Währung zu erfillen ist.” Für den
26
Vgl. Renger, aa0 (Fn. 6), S. 1878.
*’
Vgl. Creifelds, Rechtswörterbuch, 10. Auflage 1990, S. 490.
*’
Von gesetzlichen Zahlungsmittel ist per definitionem auszugehen,
wenn der Schuldner seine Verpflichtung zur Geldleistung durch
(continued...)
14
Anleihegläubiger ändert sich also nichts. Art. 8 Abs. 4
EuroVO 11 ist damit eine weitere Ausnahme von Art. 8 Abs.
1 EuroVO 11 und damit vom oben beschriebenen
Kontinuitätsprinzip. Besser ist es deshalb, das Recht zur
Umstellung als währungsrechtliches Wahlrecht anzusehen,
bei dessen Ausübung sich der Schuldner endgültig bindet.
Ein Schuldner einer Anleihe, die nicht dem Recht eines an
der 3. Stufe teilnehmenden Mitgliedstaates unterliegt, kann
dieses Wahlrecht gestützt auf Art. 8 Abs. 4 EuroVO 11 als
währungsrechtliches Wahlrecht geltend machen.30 Aus
demselben Grund ist auch ein ausländischer
Anleihegläubiger einer DM-Anleihe, auch wenn sie
ausländischem Recht untersteht, an die Wahl durch den
Schuldner gebunden. Das New Yorker Eurogesetz umfaßt
das währungsrechtliche Wahlrecht des Anleiheschuldners.3’
‘*(...continued)
Banknoten und Münzen des betreffenden Währungsgebietes zu
erfüllen hat und der Gläubiger zu ihrer Annahme verpflichtet ist, sog.
Annahmezwang, vgl. Sixt, aa0 (Fn. l), S. 43 1 m.w.N in Fn. 45.
29
Vgl. Erwägungsgründe, 14 bei EuroVO 11.
3o
Vgl. oben Fn. 17-19. Ob für die Ausübung des Wahlrechts eine
gesetzliche Regelung des deutschen Gesetzgebers erforderlich ist,
wird im folgenden zu untersuchen sein.
31
Section 1602(l)(c) Title 16, aa0 (Fn. 9). Das New Yorker Gesetz
unterscheidet nicht zwischen der Ersetzungsbefugnis nach Art. 8 Abs.
3 EuroVO 11 und dem Wahlrecht nach Art. 8 Abs. 4 EuroVO 11.
15
111.
Das genlante deutsche Gesetz zur Umstelluna von
Schuldverschreibungen
Das geplante Gesetz zur Umstellung der
Schuldverschreibungen (im folgenden “UmstG”)32 enthält
Regelungen sowohl für die einfache als auch ftir die
erweiterte Umstellung, wobei der Gesetzgeber diese Begriffe
jedoch nicht verwendet, sondern die einfache Umstellung
stets mit dem Begriff der Umstellung belegt33 und die
erweiterte Umstellung als Änderung und Ergänzung von
Emissionsbedingungen bezeichnet.34 Das Recht zur
einfachen Umstellung ist in den $5 l-4 UmstG verankert.
Das Recht zur erweiterten Umstellung ist in 6 5 UmstG zu
finden. Danach kann der Schuldner aus Anlaß der
einfachen Umstellung den Anspruch auf Ausgabe von auf
Euro lautende Urkunden ausschließen oder einschränken.
Weiter kann er die handelbaren Nennbeträge neu festsetzen
und die Bestimmungen über die Berechnung unterjähriger
Zinsen und über die Festlegung von Geschäftstagen
europäischen Handelsgebräuchen anpassen. Wichtig ist, daß
die einfache Umstellung logisch zwingende Voraussetzung
Der Gesetzentwurf ist abgedruckt in WM 1997, S. 1915 ff. Das
Gesetz ist Teil des Regierungsentwurfes eines Gesetzes zur
Einführung des Euro, sog. Euro-Einführungsgesetz - EuroG veröffentlicht in BRat-Drucks. 725/97, S. 32 ff.
33
Vgl. $5 1-4 UmstG.
34 Vgl. 9 5 UmstG.
16
der erweiterten Umstellung ist.35 Nur wo die Anleihe selbst
auf Euro umgestellt wird, stellt sich die Frage, ob die
Anleihebedingungen einer Anpassung bedürfen. Für DMAuslandsanleihen sind insbesondere die $6 1, 3 und 5
UmstG von Bedeutung.
1.
Die Umstelluna der Bundesanleihen
Die einfache Umstellung der vom Bund ausgegebenen, auf
DM lautenden und deutschem Recht unterstehenden
Anleihen soll unmittelbar durch 6 1 UmstG, also durch
Gesetz, erfolgen.
Dies hat Auswirkungen auf die DM-Anleihen privater
Emittenten. Art. 8 Abs. 4 EuroVO 11 macht es zur
Bedingung fCr die einfache Umstellung der DM-Anleihen
privater Emittenten, daß der Bund, die Länder, die
Kommunen oder die Sozialversicherungsträger Maßnahmen
treffen, um ihre deutschem Recht unterstehenden DMAnleihen umzustellen. Da 5 1 des UmstG eine solche
Maßnahme fir die Anleihen des Bundes enthält, ist die
Bedingung zur Umstellung der Schuldtitel privater
Emittenten eingetreten. Für den Privatschuldner ist damit
das Recht zur Umstellung sonstiger auf DM lautender
Schuldtitel eröffnet.
35
Vgl. Schuster, aa0 (Fn. 17), S. 7.
17
Der Grund Cir das Vorrecht des Staates zur Umstellung der
staatlichen Schuldtitel kann hier dahingestellt bleiben.36 Es
kann hier auch dahingestellt bleiben, warum die Bedingung
des Artikel 8 Abs. 4 S. 1 EuroVO 11 sich nur auf deutschem
Recht unterstehende Anleihen des Staates bezieht. Da es
sich bei der einfachen Umstellung um ein
währungsrechtliches Wahlrecht handelt, wäre eine
Begrenzung auf deutschem Recht unterstehende Schuldtitel
nicht nötig. Die Beschränkung auf deutschem Recht
unterstehende Anleihen ist im Fall von Bundesanleihen
letztlich unerheblich, weil ohnehin alle Bundesobligationen
deutschem Recht unterstehen. 9 1 UmstG, der dem Wortlaut
nach nicht danach unterscheidet, welchem Recht die DMBundesanleihen unterstehen, enthält deshalb zu Recht keine
Beschränkung auf dem deutschem Recht unterstehende
Anleihen.
2.
Die einfache Umstellung von DM-Auslandsanleihen
Die Möglichkeit zur einfachen Umstellung sonstiger
Schuldverschreibungen und damit auch von DMAuslandsanleihen ist in 5 3 UmstG eröffnet. Die Vorschrift
lautet:
l6
Dazu Renger, aa0 (Fn. 6), S. 1876 f.
18
“Auf Deutsche Mark lautende
Schuldverschreibungen, die an einem
Wertpapiermarkt gehandelt werden können, kann der
Schuldner nach Maßgabe dieses Gesetzes ab 1.
Januar 1999 auf Euro umstellen”.
Es ist zunächst klarzustellen, daß 6 3 UmstG nur die
einfache Umstellung regelt. Die erweiterte Umstellung wird
in § 5 UmstG geregelt, in dem das Recht zur
Ergänzung/Änderung der Emissionsbedingungen aus Anlaß
der Umstellung, also auch bei einer Umstellung nach 5 3
UmstG, eröffnet wird.37
Es fallt weiter auf, daß 5 3 UmstG die einfache Umstellung
nicht auf DM-Schuldverschreibungen, die dem deutschen
Recht unterliegen, beschränkt,38 sondern ausländische DMAnleihen in den Anwendungsbereich des Gesetzes
miteinbezieht.
3.
Erweiterte Umstellung auch von DM-Auslandsanleihen?
37
Insbesondere kann aus dem Wortlaut des. 5 3 UmstG “nach Maßgabe
dieses Gesetzes” nicht gefolgert werden, daß $ 3 UmstG damit auch
zugleich die erweiterte Umstellung regelt. Dieser Verweis bezieht
sich nur auf die Verfahrensvorschriften, die freilich für die einfache
und erweiterte Umstellung gemeinsam gelten. Vgl. z.B. Q 6 UmstG.
38
Auf das deutsche Recht als Anknüpfungspunkt verweisen z.B.
ausdrücklich 5 2 Abs. 2 und 4 4 UmstG.
19
Für den Anleiheschuldner ist insbesondere zu klären, ob er
nach der einfachen Umstellung einer DM-Auslandsanleihe
nach $j 3 UmstG auch eine Änderung und Ergänzung der
Emissionsbedingungen, also eine erweiterte Umstellung
nach 5 5 UmstG vornehmen kann. Der Wortlaut des 5 5
UmstG, der keine Begrenzung auf dem deutschen Recht
unterstehende Anleihen enthält, könnte einen solchen Schluß
nahelegen.
Nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen kann der deutsche
Gesetzgeber eine erweiterte Umstellung, die einen Eingriff
in das bestehende Vertragsverhältnis beinhaltet, jedoch nur
für solche Anleihen regeln, die deutschem Recht
unterliegen39. Der deutsche Gesetzgeber kann aus
Kompetenzgründen nicht in das materielle Vertragsrecht für
andere Staaten regelnd eingreifen. Dies ist so eindeutig, daß
der Gesetzgeber die erweiterte Umstellung nach 5 5 UmstG
nicht ausdrücklich auf deutschem Recht unterliegende
Anleihebedingungen beschränken muß. Aus der Begründung
folgt allerdings, daß die erweiterte Umstellung nach 5 5
UmstG nur auf dem deutschem Recht unterstehende
Anleihen Anwendung findet.40 Gleichwohl wäre hier eine
Klarstellung im Gesetz begrüßenswert gewesen.
39
Vgl. Schuster, aa0 (Fn. 17), S. 8.
4o
Vgl. BRat-Drucks. 725/97 S. 148.
20
4.
Das Umstellungsverfahren nach dem UmstG
Das Umstellungsverfahren ist in 0 6 UmstG geregelt, der
nach seinem ausdrücklichen Wortlaut nach sowohl Fair die
einfache als auch die erweiterte Umstellung Anwendung
findet. Sowohl einfache als auch erweiterte Umstellung
erfolgen nach der Konzeption des Gesetzes durch einseitige
Erklärung. Für die einfache Umstellung hat die Erklärung
die Bezeichnung der umzustellenden Verbindlichkeit
einschließlich ihrer Wertpapier-Kenn-Nummer und die
Angabe der Umrechnungskurse zu enthalten.” Die Kosten
der Umstellung hat nach der Konzeption des 9 9 UmstG der
Schuldner zu tragen.4’
5.
Erfordernis eines deutschen UmstG ?
Ob ein deutsches Gesetz für die einfache Umstellung von
Schuldverschreibungen erforderlich ist, muß jedoch mehr als
fraglich erscheinen.
41
Vgl. im einzelnen 5 6 Abs 2 Nr. 1, 2 UmstG sowie die Regelung in
9 6 UmstG insgesamt.
42
Vgl. dazu ausführlich Renger, aa0 (Fn. 6), S. 1882 f.
21
Art. 8 Abs. 4 EuroVO 11 gilt zunächst als Verordnung
gemäß Art. 189 S. 2 EGV unmittelbar, d.h. ein staatlicher
Umsetzungsakt zur Geltung ist nicht erforderlich.43
Das Problem entzündet sich daran, daß Art. 8 Abs. 4 s.
1
EuroVO 11 auf gegebenenfalls erforderliche Maßnahmen zur
Umstellung der Staatsschulden hinweist. Ob und welche
Maßnahmen fit- die Umstellung von Staatsschulden nötig
sind, richtet sich nach dem Recht des Mitgliedstaates.44 Es
wird vertreten, daß auch für die einfache Umstellung nach
deutschem Recht ein Gesetz erforderlich sei.45 Nach
deutschem Recht ist ein solches Gesetz f?,ir die einfache
Umstellung richtigerweise jedoch nicht erforderlich.
a>
Art. 8 Abs. 4 S. 1 EuroVO 11 wendet sich an den Staat als
Privatschuldner und nicht als Hoheitsträger.46 Staatsschulden
gehören dem Privatrecht an.“’ Privatschuldner üben ihre
Rechte nicht per Gesetz aus. Der Staat als Anleiheschuldner
hat allerdings die Möglichkeit, sich mehrerer
43
Ebenso Schuster, aa0 (Fn. 17)9Y. 7, .
44
Zutreffend Bartels, aa0 (Fn. 12) S. 13 15.
45
So Renger, aa0 (Fn. 6) S. 1877; Schuster, aa0 (Fn. 17), S. 7; die
beide allerdings darauf hinweisen, daß das Gesetz in erster Linie
Verfahrensfragen regeln soll.
46
Ebenso wohl Renger, aa0 (Fn. 6), S. 1877.
47
Vgl. Palandt-Heinrichs, Kommentar zum BGB, 54. Auflage 1995,
Einf. v. 5 793 Rdnr. 7.
22
Handlungsformen zur Abgabe von Erklärungen zu bedienen.
Er kann eine Erklärung unter anderem auch durch Gesetz
abgeben. Diesen Weg hat der deutsche Staat in 6 1 UmstG
zur Umstellung der Bundesanleihen, Bundesobligationen
und Bundesschatzanweisungen gewählt.48 Zwingend
erforderlich wäre dies nicht gewesen, denn der Staat hätte
die Umstellung auch als rein privatrechtliche Erklärung,
etwa durch Veröffentlichung im Bundesanzeiger, abgeben
können. Der Begriff “Maßnahmen” schließt derartige
Formen privatrechtlichen Handelns nicht aus. Aus
Praktikabilitäts- und Klarheitsgründen dürfte der gewählte
Weg der Umstellung per Gesetz jedoch sinnvoll sein.
“Maßnahmen” in Gestalt eines Gesetzes des an der 3. Stufe
der EMU teilnehmenden Mitgliedstaaten sind auch nicht für
die einfache Umstellung privater Schuldverschreibungen
erforderlich. Zunächst bezieht sich der Hinweis in Art. 8
Abs. 4 EuroVO 11 auf im Zusammenhang mit der
Umstellung zu treffende staatliche Maßnahmen eindeutig
nur auf die von einem Mitgliedstaat ausgegebenen
Schuldverschreibungen, die im Satz 1 des Art. 8 Abs. 4
EuroVO 11 angesprochen sind.
48
Renger bezeichnet dies als privatrechtsgestaltenden Hoheitsakt, aa0
(Fn. 6), S. 1878.
23
b)
Auch zur Ausgestaltung des Umstellungsverfahrens und zur
Normierung eventueller Rechtsbehelfe ist kein Gesetz
erforderlich.49 Die gesetzlichen Regelungen bzgl. der
Veröffentlichungspflicht nach 5 6 UmstG und der
Anfechtungsvorschriften nach 6 8 UmstG, die expressiv
verbis auf die einfache und die erweiterte Umstellung
Anwendung finden, sind jedenfalls für die einfache
Umstellung nicht zwingend erforderlich.
Die von dem Anleiheschuldner zur einfachen Umstellung
abzugebende Erklärung muß nur so abgegeben werden, daß
die Anleihegläubiger die Möglichkeit der Kenntnisnahme
haben. Hierzu bedarf es keiner gesetzlichen Regelung, wie
dies in 9 6 UmstG erfolgt ist. Die Anleihebedingungen
enthalten i.d.R. Vorschriften über die Veröffentlichung von
Mitteilungen an die Anleihegläubiger. 5 6 Abs. 3 UmstG
verweist ausdrücklich auf die in den Emissionsbedingungen
für Mitteilungen des Schuldners enthaltenen Vorschriften.
Die in 5 6 Abs. 2 UmstG für eine Veröffentlichung
vorgeschriebenen Angaben sind bei einer einfachen
Umstellung nicht notwendig; es kommt nur darauf an, daß
das Wahlrecht eindeutig erklärt worden ist. Dabei kann es
nicht darauf ankommen, ob die Anleihe durch die
Wertpapier-Kenn-Nummer oder auf andere Weise
bezeichnet ist. Auch ist es nicht notwendig, daß der gemäß
49
So aber Renger, aa0 (Fn. 6), S. 1877; Schuster, aa0 (Fn. 17), S. 7.
24
Art. 109 (1) Abs. 4 Satz 1 EGV festgelegte DM-Euro
Umrechnungskurs veröffentlicht wird. Es muß betont
werden, daß dem Anleihegläubiger aus der einfachen
Umwandlung weder ein Nachteil noch ein Vorteil erwächst.
Er steht sich nicht schlechter als in dem Fall, in dem der
Anleiheschuldner von seiner Ersetzungsbefugnis nach Art. 8
Abs. 3 EuroVO 11 Gebrauch macht.
Auch die Regelung von speziellen Rechtsbehelfen gegen die
Umstellungserklärung rechtfertigt nicht die gesetzliche
Normierung. Ein Streit zwischen den Anleiheschuldnern und
Anleihegläubigem könnte sich etwa ergeben, wenn die
Gläubiger der Ansicht sind, daß die Anleihebedingungen die
einfache Umwandlung ausschliessen wurden. Art. 8 Abs. 4
EuroVO 11 sagt, “ es sei denn, die Umstellung ist in den
Vertragsbedingungen ausdrücklich ausgeschlossen” - vgl. 3
8 Abs. 2 Nr. 2 UmstG. Dies unterstellt, wäre eine erklärte
Umstellung unwirksam, da die Voraussetzungen für ein
solches Recht nicht vorliegen. In einem solchen Fall steht
dem Gläubiger nach deutschem Recht auch ohne gesetzliche
Regelung die Möglichkeit offen, gegen die von dem
Schuldner vorgenommene Erklärung, etwa im Wege einer
Feststellungsklage, mit der das zwischen den Parteien
bestehende Rechtsverhältnis geklärt wird, gerichtlich
vorzugehen. Eine ausdrückliche Normierung einer
Anfechtungsklage mit eigenen Anfechtungsgründen mag aus
25
Gründen der Rechtssicherheit sinnvoll sein, zwingend
erforderlich wäre dies jedoch nicht gewesen.
Schließlich ist ein Gesetz auch nicht deshalb erforderlich,
um die Kosten einer Umstellung zu verteilen. Eine derartige
Kostenverteilung ist regelmäßig abschließend in den
Anleihebedingungen geregelt. Selbst wenn derartige
Bestimmungen fehlen, so läßt sich im Wege der
ergänzenden Vertragsauslegung z.B. nach $ 157 BGB
entnehmen, daß diese Kosten vom Emittenten und nicht von
den Banken und den Gläubigem zu tragen sind.50
C>
Das Erfordernis eines Umstellungsgesetzes läßt sich auch
nicht damit begründen, daß die Umstellung nach Art. 8 Abs.
4 EuroVO 11 eine währungshoheitliche Maßnahme ist.
Zunächst ist der einzelne Staat nicht mehr Träger der
Währungshoheit. Mit Beginn der dritten Stufe wird die
Währungshoheit des einzelnen teilnehmenden Staates auf die
EU übergehen.” In Ausübung dieser Währungshoheit sind
5o
Vgl. Horn, aa0 (Fn. l), S. 323.
51
Im Vertrag von Maastricht haben die jeweiligen Staaten, ihre
Währungshoheit zu diesem Zeitpunkt auf die EU übertragen. Der EU
obliegt folglich das Recht, für die teilnehmenden Mitgliedstaaten das
Währungsrecht und insbesondere die gesetzlichen Zahlungsmittel
festzulegen. Vgl. auch Sixt, aa0 (Fn. l), S. 429 m.w.N. in Fn 19.
Währungssouveranität ist das Recht des Staates innerhalb des eigenen
Staatsgebietes über seine eigene Währung zu befinden., vgl.
Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechtshandbuch, 1997, 9 115 Nr.
58. Währung ist das in einem bestimmten Währungsgebiet bestehende
rechtliche System von gesetzlichen Zahlungsmitteln, vgl.
(continued...)
26
die beiden Euro-Verordnungen erlassen worden. Diese und
damit auch Art. 8 EuroVO 11 stellen das europarechtliche
Wahrungsstatut dar.52 Mit anderen Worten, Art. 8 Abs. 4 ist
Teil der europäischen lex monetae.53 Die Umstellung kann
allenfalls dann Ausübung der Wahrungshoheit sein, wenn
diese auf die Mitgliedstaaten zurückübertragen wurde.54 Eine
solche Rückübertragung läßt sich jedoch nicht dem Art. 8
Abs. 4 S. 1 entnehmen. Andernfalls ließe sich die Regelung
nicht auf eine hinreichende Ermächtigungsgrundlage im
Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft
(EGV) stützen. EuroVO 11 und damit auch Art. 8 Abs. 4 S.
1 EuroVO 11 wird auf Art. 109 (0 Abs. 4 EGV gestützt.
Die Vorschrift ermächtigt den Rat jedoch nur zu solchen
Maßnahmen, die für die rasche Einfihrung des Euro
erforderlich sind. Die Rückübertragung der Währungshoheit
zur Umstellung der Altschulden ist jedoch nicht zur
Einfihrung der einheitlichen Währung erforderlich.
Schimansky/Bunte/Lwowski, aa0, 5 11.5 Rdnr. 56.
52
Vgl. Sandrock, aa.0 (Fn. l), S. 6.
53
Vgl. Schuster, aa0 (Fn. 17), S. 7.
54
Nach Bartels handelt es sich bei Art. 8 Abs. 4 EuroVO 11 um eine
Kompetenzzuweisung und zugleich um einen Anwendungsfall einer
lex monetae defunctae, vgl. aa0 (Fn. 12) S. 13 16 f. Unterstellt man
die Existenz einer lex monetae defunctae, so & nicht einzusehen,
warum eine Kompetenzzuweisung durch die Verordnung erforderlich
ist. Es müßte sich vielmehr um eine originäre Zuständigkeit der
jeweiligen Mitgliedstaaten handeln.
27
Andernfalls hätte die EU dies selbst vornehmen können und
zudem wäre nicht erklärbar, weshalb die Vorschrift die
Umstellung nicht zwingend vorschreibt, sondern nur das
Recht zur Umstellung eröffnet.
Mit der Regelung des Art. 8 Abs. 4 S. 1 EuroVO 11
verzichtet die EU lediglich darauf, selbst eine Umstellung
der Schuldverschreibungen vorzunehmen, und überläßt es
den teilnehmenden Mitgliedstaaten, als Privatschuldner über
eine Umstellung ihrer Anleihen zu entscheiden.” Unter der
Bedingung, daß ein teilnehmender Mitgliedsstaat diese
umgestellt hat, räumt Art. 8 Abs. 4 EuroVO 11 das Recht
zur Umstellung auch jedem anderen Schuldner ein. Andere
Schuldner können Privatschuldner aber auch andere Staaten
sein.
Diese anderen Schuldner brauchen, ebensowenig wie der
Mitgliedstaat als Schuldner, die Währungshoheit zur
einfachen Umstellung.j6 Die Einräumung des
Umstellungsrechts kann im übrigen nicht unterschiedlich
charakterisiert werden, je nachdem ob der Schuldner eine
Privatperson oder der Staat ist.” Da zudem auch
So zutreffend Renger, aa0 (Fn. 6), S. 1876.
56
Sowohl auch Renger, aa0 (Fn. 6), S. 1877.
57
Was den Privatschuldner angeht, kann dies nicht als Rückübertragung
der Währungshoheit gewertet werden. Träger der
(continued...)
28
Staatsschulden dem Privatrecht angehören, ist eine solche
Differenzierung ohnehin nicht einzusehen.
4
Im Gegensatz dazu ist eine gesetzliche Regelung für die
erweiterte Umstellung erforderlich. Da hier ein Eingriff in
die Vertragsbedingungen vorliegt, ist eine Ermächtigung des
Gesetzgebers des Mitgliedstaates nötig. Eine
europarechtliche Grundlage fehlt hier. Der EU steht
insoweit keine Kompetenz zu, vertragsrechtliche Regelungen
zu erlassen, da Art. 109(1) Abs. 4 EGV nur zum Erlaß von
währungsrechtlichen Maßnahmen berechtigt5* Es handelt
sich um Vertragsrecht, welches in den Zuständigkeitsbereich
des nationalen Gesetzgebers fallt. Der nationale Gesetzgeber
hat im Allgemeinen eine Vertragsrechtshoheit aber nur über
Verträge, die seinem Recht unterliegen. Deshalb stellt das
Umstellungsgesetz im Fall der erweiterten Umstellung
richtigerweise auf das Vertragsstatut ab.
6.
Die zu erwartende Umstellungsnraxis bei DMAuslandsanleihen
Wähnmgsouveranität kann nämlich nur der Staat als Hoheitsträger
sein und nicht der Privatschuldner als Privatperson. Gleiches gilt für
den Fall, daß ein anderer Staat sonstiger Schuldner ist. Auf ihn kann
die Währungshoheit nicht übertragen werden, da diese nur innerhalb
des jeweiligen Staatsgebietes besteht.
SS
Vgl. Sandrock, aa0 (Fn. l), S. 11
29
a>
In der Praxis der DM-Auslandsanleihen ist zu erwarten, daß
die Anleiheschuldner gleichwohl die einfache Umstellung
den Regelungen des deutschen Umstellgesetzes entsprechend
vornehmen werden. Schon aus Gründen der
Rechtssicherheit wird sich jeder Anleiheschuldner danach
richten, zumal die Regelungen fI.ir ihn keine unzumutbare
Belastung darstellen.
b)
Die erweiterte Umstellung, also die Änderung oder
Ergänzung von Emissionsbedingungen, richtet sich
grundsätzlich nach dem Recht des Staates, dessen Recht die
Anleihebedingungen unterliegen. Falls der Staat des
anwendbaren Rechts die Änderung von Anleihebedingungen
nicht gesetzlich regelt, muß grundsätzlich auf das
allgemeine Vertragsrecht zurückgegriffen werden. Danach
wird prinzipiell die Zustimmung aller Anleihegläubiger fir
eine Änderung der Anleihebedingungen erforderlich sein, es
sei denn, die Anleihebedingungen sehen in
Übereinstimmung mit dem allgemeinen Recht
ausnahmsweise eine Abänderung durch einen
Mehrheitsbeschluß der Anleihegläubiger vor.
C)
Das New Yorker Eurogesetzs9 enthält keine Vorschriften
über die erweiterte Umstellung. Anleihebedingungen, die
s9 Aa0 (Fm 9).
30
dem Recht des Staates New York unterliegen, enthalten
jedoch häufig den Passus,
daß Unklarheiten in den Anleihebedingungen ohne
Zustimmung der Gläubiger vom Treuhänder und dem
Emittenten beseitigt werden können,@’
daß sonstige Änderungen in den Anleihebedingungen
mit einer 66 2/3% Mehrheit f?_ir alle Anleihegläubiger
bindend beschlossen werden können,6’
6o
Vgl. American Bar Foundation, Commentaries on Model Debenture
Indenture Provisions 1965, Model Debenture Indenture Provisions All
Registered Issues 1967 and Certain Negotiable Provisions which may
be included in any particular Incorporating Indenture (1986), 9 9-l(3)
(S. 303): “Without the consent of the Holders of any Debentures, the
Company, when authorized by a Board Resolution, and the Trustee,
at any time and from time to time, may enter into one or more
indentures supplemental hereto, in form satisfactory to the Trustee,
for any of the following purposes:
II
...
(3) to eure any ambiguity, to correct or Supplement any
Provision herein which may be inconsistent with any other Provision
herein, or to make any other provisions with respect to matters or
questions arising’ under this Indenture which shall not be inconsistent
with the provisions of this Indenture, provided such action shall not
adversely affect the interests of the Holders of the Debentures;...”
61
Vgl. American Bar Foundation, aa0 (Fn. 60) 9 9-2 (S. 305):
“With the consent of the Holders of not less than 66y3% in principal
amount of the Outstanding Debentures, by Act of Said Holders
delivered to the Company and the Trustee, the Company, when
authorized by a Board Resolution, and the Trustee may enter into an
indenture or indentures supplemental hereto for the purpose of adding
any provisions to or changing in any manner or eliminating any of
the provisions of this Indenture or of modifying in any manner the
rights of the Holders of the Debentures and Coupons under this
Indenture; provided, however, that no such supplemental indenture
shall, without the consent of the Holder of each Outstanding
Debenture affected thereby,
(continued...)
31
und daß einer Änderung des Fälligkeitstags von
Hauptsumme und Zinsen, einer Herabsetzung von
Hauptsumme oder Zinsen, einer Änderung des
Zahlungsortes oder der Währung der Anleihe62 oder
einer Beeinträchtigung der gesetzlichen
Durchsetzbarkeit des Anspruches des
‘j’(...continued)
(1) Change the Stated Maturity of the principal of, or any
instalment of interest on, any Debenture, or reduce the principal
amount thereof or the interest thereon or any premium payable upon
the redemption thereof, or Change any Place of Payment where, or
the coin or currency in which, any Debenture or the interest thereon
is payable, or impair the right to institute suit for the enforcement of
any such payment on or after the Stated Maturity thereof (or, in the
case of redemption, on or after the Redemption Date), or
(2) reduce the percentage in principal amount of the
Outstanding Debentures, the consent of whose Holders is required for
any such supplemental indenture, or the consent of whose Holders is
required for any waiver (of compliance with certain provisions of this
Indenture or certain defaults hereunder and their consequences)
provided for in this Indenture, or
(3) modify any of the provisions of this Section or Section
513, except to increase any such percentage or to provide that certain
other provisions of this Indenture cannot be modified or waived
without the consent of the Holder of each Debenture affected thereby.
It shall not be necessary for any act of Debentureholders under this
Section to approve the particular form of any proposed supplemental
indenture, but it shall be sufficient if such Act shall approve the
substance thereof.
62
Vgl. aa0 (Fn. 61). Da die Ersetzungsbefugnis nach Art. 8 Abs. 3
EuroVO 11 und das Wahlrecht nach Art. 8 Abs. 4 EuroVO 11, also
die einfache Umstellung, währungsrechtlicher Natur sind und wie
oben ausgeführt weder die Anleihebedingungen abändern noch eine
neue Währung zur Vertragswährung machen, scheitern sie nicht an
dem Einstimmigkeitsprinzip, das bei einer “Änderung der Währung”
verlangt wird.
32
Anleihegläubigers alle Anleihegläubiger zustimmen
miissen.63
Die vom UmstG zugelassene erweiterte Umstellung würde
die 66 2/3% Mehrheit der Anleihegläubiger erfordern. Es
ist allerdings im deutschen Schrifttum umstritten, ob ein
deutscher Gläubiger einer DM-Auslandsanleihe vor einer
Änderung der Anleihebedingungen durch Mehrheitsbeschluß
gebunden ist oder ob eine solche Änderung der Rechtsnatur
von Inhaberschuldverschreibungen oder dem AGB-Gesetz
widerspricht.64 Das deutsche Gesetz betreffend die
gemeinsamen Rechte der Besitzer von
Schuldverschreibungen vom 4.12.1 89965 findet nach seinem
eindeutigen Wortlaut keine Anwendung auf DMAuslandsanleihen, und eine analoge Anwendung wird
allgemein abgelehnt.@
Anleiheschuldner von DM-Auslandsanleihen, die zwar
grundsätzlich New Yorker Recht unterliegen, aber in Bezug
auf mit der Umstellung in den Euro zusammenhängende
Fragen auf die Europäischen Ratsverordnungen und
63
Vgl. aa0 (Fn. 61).
64
Vgl. GrusonIHarrer, aa0 (Fn. 2), Emory Int’l L.Rev., S. 224 f., dies.,
aa0 (Fn. 2), ZBB, S. 45., jeweils m.w.N.
65
RGBI. 1899, S. 691, i.d.F. vom 2.3.1974, BGBl. 1. 496.
66
Vgl. Gruson/Harrer, aa0 (Fn. 2), ZBB, S. 45 m.w.N.
.
33
deutsches Recht verweisen, können die erweiterte
Umstellung gemäß dem UmstG vornehmen.67
67
Vgl. Gruson, aa0 (Fn. 19), Fordham Int’l L.J., S. ???.
.