Jahresbericht 2003
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Jahresbericht 2003
GRUNER + JAHR AG & Co KG I WWW.GUJ.DE JAHRESBERICHT 2003 INNOVATION JAHRESBERICHT 2003 TITEL Auf der Suche nach dem Neuen: Fotoshooting der polnischen GLAMOUR-Redaktion (s. ausführlichen Bericht S. 30) 04 GRUNER + JAHR I JAHRESBERICHT 2003 10 INHALT 30 36 I GRUNER + JAHR 05 66 INHALT 06 VORWORT Dr. Bernd Kundrun: Gruner + Jahr wird mit Innovationen weiterwachsen 10 EIN NEUER LOTSE Wie Neon die Lebenswelten der jungen Communities ausleuchtet 16 FRANZÖSISCHE REVOLUTION Wie TÉLÉ 2 SEMAINES zur erfolgreichsten Neueinführung Europas wurde 20 EXPEDITION INS NEULAND Wie Gruner + Jahr in Russland arbeitet 24 „VERTRAU DIR SELBST” BRIGITTE-Chefredakteur Andreas Lebert erklärt im Interview das Erfolgsgeheimnis der Marke BRIGITTE 28 MELTING POT KINDERZIMMER Wie das US-Magazin PARENTS die spanischsprachige Community erobert 30 SCHÖNHEIT VON INNEN Wie GLAMOUR in Polen ein neues Selbstbewusstsein für Frauen definiert 36 I SHOP, THEREFORE I AM Wie mit SHOPPING ein neues europäisches Magazinformat entstand 38 „UNABHÄNGIGKEIT IST UNSER FUNDAMENT“ Vorstandsmitglied Angelika Jahr-Stilcken erläutert im Interview die journalistischen Grundsätze von Gruner + Jahr 52 LEBENDIGE ELBE Wie Gruner + Jahr sich für den grenzüberschreitenden Schutz der Elbe einsetzt BERICHTE 42 44 46 48 49 50 58 62 ZEITSCHRIFTEN DEUTSCHLAND ZEITUNGEN/WIRTSCHAFTSPRESSE ZEITSCHRIFTEN INTERNATIONAL DRUCKEREIEN ZENTRALE UNTERNEHMENSENTWICKLUNG ZENTRALE DIENSTE UMWELTSCHUTZBERICHT 2003 CORPORATE RESPONSIBILITY REPORT 2003 ZAHLEN & FAKTEN 66 DIE MACHT DER BILDER Wie Gruner + Jahr zu einer anerkannten Institution für Kunst- und Fotoausstellungen wurde 72 77 77 JAHRESABSCHLUSS WICHTIGE BETEILIGUNGEN AUFSICHTSRAT/VORSTAND 78 81 83 CHRONIK 1948 – 2003 IMPRESSUM PORTFOLIO 06 GRUNER + JAHR I JAHRESBERICHT 2003 VORWORT I GRUNER + JAHR 07 WACHSTUM DURCH INNOVATION Gruner + Jahr wird mit verlegerischen Investitionen in innovative Konzepte weiter wachsen. Neben der Stärkung des Stammgeschäfts steht auch die Expansion auf den internationalen Wachstumsmärkten auf der Agenda des größten Zeitschriftenverlages Europas. 2003 WAR FÜR GRUNER + JAHR das Jahr der Inno- vationen. Weltweit starteten neue Projekte, wurden kreative Konzepte entwickelt und Ideen geboren. Dieser Innovationsprozess, der 2003 angestoßen wurde, wird in den kommenden Jahren fortgesetzt und im Jahr 2004 erste Früchte tragen. Gruner + Jahr hat als Europas größter Zeitschriftenverlag auch im schwierigen Jahr 2003 wieder Maßstäbe beim Unternehmenserfolg und bei der operativen Rendite gesetzt. Trotz Umsatzrückgang und Werbekrise stieg das operative Ergebnis auf 238 Millionen Euro. Das entspricht einer Umsatzrendite (Return on Sales) von 9,6 Prozent – 1,3 Prozentpunkte mehr als im Vorjahr. Ohne unsere umfangreichen verlegerischen Investitionen hätten wir sogar eine Rendite von 12,1 Prozent erwirtschaftet. Den Grundstein für dieses gute Ergebnis legten wir bereits in den Jahren zuvor: Wir haben rechtzeitig und schnell die Kosten gesenkt und uns auf die für Gruner + Jahr wesentlichen Geschäftsfelder konzentriert. Gruner + Jahr verfolgt seitdem eine ausgewogene Unternehmensstrategie: Wir erwirtschaften eine gesunde Umsatzrendite und investieren gleichzeitig in die Wachstumsträger der Zukunft. Dabei gehen wir auch Risiken ein, denn zum Mut gehört auch die Bereitschaft, Fehler zuzulassen. Ohne Risiko kein Erfolg. Der breite Sockel unseres Geschäftes ist nach wie vor unser Stammgeschäft im In- und Ausland. Dr. Bernd Kundrun, Vorsitzender des Vorstandes Gruner + Jahr Wir haben 2003 intensiv in unsere starken Marken investiert, um sie auszubauen und weiterzuentwickeln. Unsere Stammtitel sind die Säulen des Unternehmenserfolges und brauchen gerade unter erschwerten Marktbedingungen besondere Pflege und Investitionen. Unsere starken G+J-Zeitschriftenmarken im In- und Ausland orientieren sich am Qualitätsprinzip. Der entscheidende Unterschied zum Wettbewerb ist die journalistische und handwerkliche Qualität der Gruner + Jahr-Zeitschriften, die weltweit für Kompetenz und Glaubwürdigkeit stehen. Diesen hohen journalistischen Standard sichern unsere Redaktionen. 2003 haben wir bei unseren Stammtiteln in die redaktionellen und kreativen Ressourcen investiert, um unsere bewährten starken Zeitschriftenmarken an die ständig wechselnden Anforderungen der Märkte und Leser anzupassen. Unsere Top-Marken sind das Fundament für den weiteren innovativen Ausbau der Markenfamilien und der internationalen Expansion. Damit bauen wir in verschiedenen Märkten unsere jeweiligen marktführenden Positionen aus. Neben der Stärkung des Stammgeschäftes ist unsere Innovationsoffensive ein weiteres Standbein unserer Wachstumsstrategie. Heutzutage stehen die Unternehmen und auch die Verlage nicht nur im Preis- und Qualitätswettbewerb, sondern auch in Konkurrenz um die Innovationsführerschaft. Auf Ideen und deren Umsetzung kommt es an – mehr denn je. Nur mit Innovationen in Wirtschaft 08 GRUNER + JAHR I JAHRESBERICHT 2003 und Gesellschaft können wir erforderliches Wachstum erzielen. Innovationen müssen deshalb in einem Unternehmen systematisch herbeigeführt werden. Deshalb arbeiten wir an unserer Unternehmenskultur, um den Wandel im Unternehmen voranzutreiben und um unseren hochkarätigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern mehr kreative Spielräume zu öffnen. VORWORT in schwierigen wirtschaftlichen Zeiten gegen den zunehmenden Druck von Media-Agenturen und der werbetreibenden Industrie verteidigen. Wir haben in 2003 einen unternehmensstrategischen Prozess bei Gruner + Jahr eingeführt und entwickeln seitdem aus einer Fülle neuer Ideen die Wachstumsträger der Zukunft. Unter dem Motto „Innovation Now!” startete eine weltweite Offensive neuer Titel und Projekte. Bei der Innovationsoffensive verfolgen wir neben der Pflege des Stammgeschäfts und der Revitalisierung unserer Kernmarken drei Strategien: Erstens die Entwicklung von Line Extensions. Zweitens den Konzept- und Markentransfer von einem Land auf das andere. Es war schon immer die Stärke von Gruner + Jahr, mit Titeln wie GEO oder CAPITAL ins Ausland zu gehen. Drittens die Entwicklung völlig neuer, eigenständiger Magazine. Mit allen Teilstrategien haben wir gute Erfolge erzielt. Unsere Innovationsoffensive ist dabei journalistisch getrieben: Wir formulieren publizistische Antworten auf die ausdifferenzierten Leser-Interessen. Letztlich entscheidet der Markt – unsere Leserinnen und Leser – über den Erfolg und Misserfolg. Deshalb lautet unser Credo: Die neuen Titel müssen höchste Ansprüche in ihrem jeweiligen Segment an journalistische Unabhängigkeit und Qualität erfüllen. Denn Gruner + Jahr lebt von der Glaubwürdigkeit seiner Titel und muss diese auch Einen ersten herausragenden Erfolg unserer Innovationsoffensive präsentieren wir Ihnen in diesem Jahresbericht ab Seite 16: Mit der ersten zweiwöchentlichen Fernsehzeitschrift TÉLÉ 2 SEMAINES ist der Gruner + Jahr-Tochter Prisma Presse in Frankreich eine der erfolgreichsten Zeitschriften-Einführungen der europäischen Nachkriegsgeschichte gelungen. Bereits die erste Ausgabe verkaufte sich über eine Million Mal. TÉLÉ 2 SEMAINES verspricht damit zu einer wichtigen Er- gebnissäule im französischen und europäischen Zeitschriftengeschäft von Gruner + Jahr zu werden. Auch im deutschen Zeitschriftenmarkt war Gruner + Jahr erfolgreich. In unserem Heimatmarkt haben wir unverändert die Marktführerschaft mit 618 Millionen Euro Brutto-Anzeigenumsatz, einem Abstand von 88 Millionen Euro vor dem Zweitplazierten. Das bedeutet: Jeder sechste WerbeEuro, der in deutsche Publikumszeitschriften investiert wird, fließt in einen Gruner + Jahr-Titel. Das ist eine Bestätigung der Qualität und der Leistung unserer Titel im harten Wettbewerb. Die Wirtschafts- und Anzeigenkonjunktur wird sich 2004 zwar nur leicht verbessern, aber dennoch zum Wachstum beitragen. Gruner + Jahr strebt trotz dieser weiterhin schwierigen Rahmenbedingungen ein moderates Umsatzwachstum an. Wir sind bereit zu weiteren verlegerischen Investitionen. Gruner + Jahr hat im abgelaufenen Geschäftsjahr 2003 die soliden tragfähigen Fundamente für weiteres Wachstum gelegt. Uns fehlt es nicht an Ideen und Finanzmitteln, um im In- und Ausland 2004 weiter zu wachsen. Ein ganz wesentlicher Faktor für unser Wachstum in 2004 wird die I Expansion in den internationalen Märkten sein. Wir wollen zum Beispiel unsere Geschäftstätigkeit in den Wachstumsmärkten in Asien und Osteuropa, in denen wir bereits aktiv sind, ausbauen. Darüber hinaus wollen wir 2004 auch damit beginnen, weitere Ländermärkte für Gruner + Jahr zu erschließen. Gruner + Jahr hat im Jahre 2003 als Europas größter Zeitschriftenverlag Maßstäbe für Unternehmenserfolg und Innovationen gesetzt. Auf unserer Agenda steht heute Wachstum. Das Fundament für die Fortsetzung unseres wirtschaftlichen Erfolges bleiben dabei die journalistische Qualität und Unabhängigkeit unserer Zeitschriften. Überzeugen Sie sich selbst: Auf den folgenden Seiten stellen wir Ihnen einige Innovationen aus der Gruner + Jahr-Welt vor. Viel Spaß beim Lesen wünscht Ihnen Dr. Bernd Kundrun Vorsitzender des Vorstandes Gruner + Jahr EBITA in Millionen Euro + 4 MIO. EURO 234 ROS in % + 1,3%-PUNKTE 238 9,6 8,3 AUSSENUMSATZERLÖSE in Millionen Euro 938 Europa (und weitere Länder) 613 USA 25 % 38 % 117 3,9 37 % 2001 pro forma 2002 2003 2001 pro forma 2002 2003 930 Deutschland Weitere Zahlen und Fakten zum Geschäftsjahr 2003: Seiten 72–76 GRUNER + JAHR 09 10 GRUNER + JAHR I JAHRESBERICHT 2003 INNOVATIONEN I GRUNER+JAHR 11 EIN NEUER LOTSE Wie NEON, das innovative Jugendmagazin des STERN, jeden Monat aufs Neue die Lebenswelten der jungen Communities ausleuchtet. INNOVATIONEN I GRUNER + JAHR 13 Riesiges Themenspektrum: Redakteur Oliver Stolle (rechts) und Art Director Gunter Schwarzmaier (ganz rechts) WER WISSEN WILL, was Deutschlands Twens denken und fühlen, sucht die Antworten nicht unbedingt in Berliner Szene-Bars, Hamburger Kiez-Clubs oder Kölner In-Kneipen sondern in Berg am Laim. In dem eher langweiligen Münchner Stadtteil residiert seit Sommer 2003 in einem unauffälligen Bürogebäude die Redaktion von NEON, dem jungen Magazinableger des STERN. Innerhalb kürzester Zeit haben sich NEON und seine Macher den Ruf erworben, Lotsen durch die Gefühls- und Lebenswelten junger Communities zu sein, die sich bisher erfolgreich jeder Kategorisierung entziehen konnten. Das junge General Interest Magazin mit der Unterzeile „Eigentlich sollten wir erwachsen werden” scheint den Nerv der 20- bis 29-jährigen Frauen und Männer im Land zu treffen, und von diesem Know-how würden auch viele Unternehmen gerne profitieren. „Den zahlreichen Anfragen von Firmen für Vorträge können wir gar nicht nachkommen”, sagt Timm Klotzek, einer der beiden NEON-Redaktionsleiter. Ruhe und Freiheit: Michael Ebert (links) und Timm Klotzek machen NEON Dabei hatte die Zukunft für Klotzek und die beiden Co-Gründer Michael Ebert und Mirko Borsche ein Jahr vor dem Launch von NEON eher düster ausgesehen. Denn im Juli 2002 forderte die anhaltende Werbe- und Medienkrise in Deutschland eines ihrer prominentesten Opfer. Die Süddeutsche Zeitung verkündete die Einstellung ihrer viel prämierten und hoch gelobten, aber wirtschaftlich wenig erfolgreichen Jugendbeilage „Jetzt“, dem bisherigen Arbeitsfeld der drei jungen MagazinMacher. „Die Enttäuschung war riesig, und die meisten von uns waren zum ersten Mal arbeitslos“, erzählt Klotzek. Noch während der Produktion des Jetzt-Abschiedsheftes erhielt Klotzek einen Anruf von STERN-Chefredakteur Andreas Petzold. „Ich habe gedacht, die wollen mir einen Job anbieten oder eine Geschichte über uns schreiben“, erinnert sich Klotzek. Aber Verlag und Chefredaktion des STERN wollen mehr. Schon länger gab es in Hamburg Überlegungen, dem STERN einen jungen Titel zur Seite zu stellen. Ohne lange zu zögern nutzte Gruner + Jahr die Chance und erteilte den Auftrag, unter dem Arbeitstitel „NAME“ ein Magazin-Konzept zu entwickeln,„das man auch dem Vorstand zeigen kann“. In einem Großraumbüro im Keller der Münchner Verlagsdependance wurde eine Entwicklungsredaktion eingerichtet, und im November 2002 machten sich die drei mit drei weiteren Mitstreitern ans Werk. Noch heute rechnet Klotzek es dem Verlag hoch an, „dass wir die Ruhe und Freiheit hatten, die man braucht, um so etwas zu entwickeln“. „Wir sind viel spazieren gegangen, haben im Café gesessen oder in der Badewanne gelegen. Wir wussten, dass wir ein Magazin für junge Frauen und Männer machen wollten und waren auf der Suche nach dem gemeinsamen Nenner. Hätte jemand damals die Tür zur Entwicklungsredaktion aufgemacht, hätte er sich wahrscheinlich gefragt: Was treiben die da eigentlich?“ Anfang 2003 kondensieren die Überlegungen in der NEON-Leitidee: „Eigentlich sollten wir erwachsen werden.“ „Wir wollten den Kern des gegründet: 2003 Auflage: 96.000 erscheint: monatlich 14 GRUNER + JAHR I JAHRESBERICHT 2003 Dicht dran am Leser: Redakteurin Corinna Teresa Bix (rechts) Sandra Eichler (links) und Sarah Illenberger von der Grafik (gegenüberliegende Seite) Heftes in einem Satz ausdrücken“, sagt Klotzek. „Wir hatten herausgefunden, dass sich alle Männer und Frauen in diesem Alter intensiv mit ihrer Zukunft beschäftigen. Zwischen Abitur, erstem Job, Zukunftsängsten und den Überlegungen, eine Familie zu gründen, bot sich ein riesiges Themenspektrum, um ein Heft zu füllen.“ Ohne Powerpoint-Präsentation oder fertige Layouts, aber mit ihrem Positionierungsstatement im Gepäck und einem Konzept, das auf sieben luftig beschriebenen DIN-A4-Seiten von der Zielgruppe bis zum Erscheinungsrhythmus die wichtigsten Parameter zusammenfasste, fuhren die Macher zur Präsentation nach Hamburg und konnten die STERN-Chefredaktion und Verlagsleitung auf Anhieb für ihre Idee gewinnen. „An ein Unisex-Magazin für diese Zielgruppe hatte sich bisher niemand herangetraut, aber Idee und Konzept waren überzeugend”, sagt STERNChefredakteur Andreas Petzold, der zusammen mit STERN-Chefredakteur Thomas Osterkorn auch Herausgeber von NEON ist. Vor allem, weil die jungen Magazinmacher „dicht dran an ihren Lesern sind“ wurde im März 2003 eine mutige Entscheidung gefällt: eine Pilotausgabe von NEON sollte bereits im Juni ohne die in der Branche üblichen marktforscherischen Trockenübungen erscheinen. „Klar gab es das Risiko, dass es danebengeht. Aber wir hatten das gute Gefühl, die Redaktion weiß viel über die Zielgruppe, für die sie schreibt“, so Petzold. „Plötzlich wurde es ernst“, erinnert sich Klotzek. In knapp drei Monaten musste die Pilotausgabe stehen. In München machte sich die sechsköpfige Kernmannschaft mit Hochdruck daran, das Rahmenkonzept detailliert auszuarbeiten, Layout-Entwürfe zu verfeinern und das Heft mit redaktionellen Inhalten zu füllen. Rubriken erhielten ungewöhnliche Titel wie „Wilde Welt“ (kleine Geschichten über Menschen), „Sehen“ (Themen aus Politik und Gesellschaft) oder „Fühlen“ (Liebe, Freundschaft, Sex, Psychologie). Erst jetzt bekam das neue Magazin auch einen Namen, der sich vom griechischen „neos“ für „neu“ ableitet und für „Klarheit, Helligkeit und Deutlichkeit“ stehen soll. Parallel zur Heftproduktion besuchten die Heftgründer gemeinsam mit der STERN-Anzeigenleitung potentielle Werbekunden. „Nach den Erfahrungen von ‚Jetzt’ war uns wirtschaftlicher Erfolg ebenso wichtig wie redaktionelle Anerkennung“, betont Klotzek. Als NEON am 23. Juni 2003 mit einer Auflage von 150.000 Exemplaren zum Preis von 2,50 Euro erstmals an den Kiosken war, sind 41 der insgesamt 180 Seiten von Anzeigen belegt. Die Resonanz auf das neue Magazin war ungewöhnlich groß. Tageszeitungen, Nachrichtenagenturen, Fachzeitschriften und Radiostationen berichteten mit ausführlichen Rezensionen. Das Online-Gästebuch zählte innerhalb weniger Wochen1.900 überwiegend positive Lesermeinungen. Nach einer dreimonatigen Testphase entschied Gruner + Jahr, dass NEON ab Januar 2004 monatlich erscheinen sollte. Heute arbeiten 15 Mitarbeiter an der Produktion des Magazins. Ein schöner Beweis dafür, dass in jeder Niederlage auch eine Chance für einen Neuanfang steckt. Überzeugt vom Konzept: Andreas Petzold, STERN-Chefredakteur 16 GRUNER + JAHR I JAHRESBERICHT 2003 INNOVATIONEN DIE FRANZÖSISCHE REVOLUTION Wie Prisma Presse im November 2003 mit einer innovativen Datenbank den Grundstein legte für eine der erfolgreichsten Neueinführungen Europas. Erfolg ist, an eine Idee zu glauben, die keiner für möglich hält: Rémy Pernelet, Chefredakteur TÉLÉ 2 SEMAINES in Paris I GRUNER + JAHR 17 18 GRUNER + JAHR I JAHRESBERICHT 2003 INNOVATIONEN I GRUNER + JAHR 19 Innovativ: Die Redaktion nutzt die Programmdatenbank als automatisierte Schnittstelle zum Layout WENN IHM DER ERFOLG UNHEIMLICH WIRD, wirft Rémy Pernelet einen Blick auf die alte chinesische Weisheit über seinem Schreibtisch: „Jene, die sich als erste am Schlachtfeld einfinden und den Gegner erwarten, sind entspannt; jene, die als letzte am Schlachtfeld eintreffen und sich übereilt in den Kampf stürzen, verausgaben sich.” Wenn es stimmt, was der chinesische Meister Sun Tsu vor über 2500 Jahren in „Die Kunst des Krieges” schrieb, dann kann Pernelet, Chefredakteur der ersten 14-täglichen Programmzeitschrift Frankreichs, TÉLÉ 2 SEMAINES, einem möglichen „Angriff” der Konkurrenz beruhigt entgegensehen. „Mich hat es überrascht, dass unsere Mitbewerber so lange still gehalten haben”, wundert sich der Chefredakteur. Die Ankündigung der französischen Gruner + Jahr -Tochter Prisma Presse, zum Jahresende 2003 eine TV-Zeitschrift mit zwei Wochen Programm auf den Markt zu bringen, beendet eine 18-jährige Friedensphase im Segment der TV-Magazine. „Die Idee war nicht neu, aber niemand hielt die Zeitschrift für machbar”, erläutert Pernelet. Während in Deutschland mit TV Spielfilm, TV Movie und TV TODAY die Erfolgsgeschichte der 14-täglichen bereits seit über zehnJahren anhält, scheiterten ähnliche Überlegungen in Frankreich bisher an der späten Bereitstellung der Programmdaten durch die TV-Sender. Gerade mal 36 Stunden bleiben den Magazinmachern zur redaktionellen Erstellung der 2. Programmwoche. Bei 60 bis 70 TV-Kanälen inklusive Detailbeschreibung, Bewertung und Layout eigentlich ein unmögliches Unterfangen. Dass das Unmögliche trotzdem realisiert wurde, verdankt der Verlag der konsequenten Weiterentwicklung seiner eigenen Programmdatenbank. „Weil es kein entsprechendes Produkt auf dem Markt gab, haben wir bereits Mitte der neunziger Jahre damit begonnen, eine eigene Software für unser wöchentliches TV-Magazin TÉLÉ LOISIRS zu entwickeln”, erzählt Denis Berriat, verantwortlicher Verlagsleiter für die Programmpresse. Regisseur, Schauspieler, Hauptdarsteller, Land, Erscheinungsjahr, Genre, kurze und lange Kritiken – zu jedem Film, jeder Serie und jeder Dokumentation wird eine Fülle von Informationen zusammengestellt. Im Laufe der Zeit sammelte sich so ein Datenschatz an, der sich jetzt in pures Gold verwandeln lässt: Programminformationen zu mehr als 100.000 Sendungen. „Was unsere Datenbank so einzigartig macht, ist die Schnittstelle zum Layoutprogramm, aus dem wiederum die Daten für den Druck erstellt werden”, erklärt Berriat. „Hier liegt der Schlüssel zur Produktion von TÉLÉ 2 SEMAINES.” Bis die Datenbank gelernt hatte, dass sie für den „Tipp des Tages” eine extra lange Kritik bereitstellen muss oder dass der Name des Hauptdarstellers im Heft fett oder kursiv erscheinen soll, verging viel Zeit und Arbeit. Über 50.000 Zeilen Programmiercode mussten geschrieben werden. Das Ergebnis: Heute lassen sich die druckfertigen Seiten quasi auf Knopfdruck erstellen. gegründet 2003 Auflage 1.607.000 erscheint 14-täglich Rund um den erstmals auch nach Sparten sortierten Programmteil entwickelte Pernelet ein innovatives Heftkonzept mit verschiedenen Rubriken sowie einem großzügigen Layout mit doppelseitigen Berichten und großen Aufmacherfotos. Nach mehrmonatiger Vorbereitungszeit war es dann im November 2003 so weit. In der Region Rhône-Alpes wurde das fertige Heft getestet – mit viel versprechendem Resultat. „Liegt die Quote der Wiederkäufer über 50 Prozent, hat man einen Gewinner gelauncht”, sagt Berriat. „Bei TÉLÉ 2 SEMAINES lag sie bei 60 bis 75 Prozent.” Vom Erfolg der ersten landesweiten Ausgabe im Januar 2004 wurden die Magazinmacher trotz allen Optimismus dann doch überrascht. Begleitet von einer breit angelegten Werbekampagne kam TÉLÉ 2 SEMAINES am 5. Januar 2004 an die Kioske. Nach Wegfall eines TVWerbeverbots für Zeitungen und Magazine setzte Prisma Presse dabei als erster französischer Verlag auch Fernsehwerbung ein. „Die Druckauflage lag bei 800.000, und wir hatten mit 500.000 verkauften Exemplaren gerechnet”, sagt Berriat. Nach den ersten Verkaufszahlen beschließen die Macher zwei Tage nach dem Launch, noch einmal 700.000 Hefte nachzudrucken. Schließlich werden über eine Million Exemplare verkauft. Berriat und Pernelet wissen, dass sie sich auf dem Erfolg nicht lange ausruhen können. Mit TV GRANDES CHAÎNES bringt Prisma Presse deshalb im April 2004 bereits die zweite 14-tägliche Programmzeitschrift auf den Markt, um so die gerade eroberte Marktführerschaft im Segment dauerhaft zu verteidigen. Denn wie wusste bereits Sun Tsu: „Der vorbildliche Stratege schlägt zu, solange (beim Gegner) Pläne geschmiedet werden.” 20 GRUNER + JAHR I JAHRESBERICHT 2003 EXPEDITION INS NEULAND Wie Gruner + Jahr mit unkonventionellem Pioniergeist und hoher Organisationsphantasie in Russland erfolgreich ist. INNOVATIONEN I GRUNER + JAHR 21 22 GRUNER + JAHR I JAHRESBERICHT 2003 INNOVATIONEN Vertriebsdirektor Roman Bogolepov an der Rampe eines Lkw-Kiosks UM EIN GANZES MAGAZIN ZU MACHEN, braucht man in Russland nicht viel Platz. Gerade mal sechs Quadratmeter misst das Büro von Olga Mareeva, Chefredakteurin von GEOLENOK, dem Kinder- und Jugendableger des russischen GEO. Und weil die Büromieten in Moskau zu den teuersten der Welt zählen, teilt sie sich den winzigen Raum noch mit zwei weiteren Redakteuren. Ein Layouter und ein Fotoredakteur nebenan komplettieren das Team. Hochproduktive Enge findet man auch in den Redaktionsräumen von GEOFOCUS. Acht Redakteure sitzen auf 25 Quadratmetern so hochkonzentriert vor ihren Monitoren, dass die mentale Energie im Raum fast zu spüren ist. Um beim Redigieren zumindest ein wenig Abgeschiedenheit zu haben, hat sich Nadezhda Moiseeva hinter ihrem Monitor und ein paar Grünpflanzen verschanzt. „Meistens nehme ich die Texte aber abends zur Korrektur mit nach Hause“, sagt die Chefredakteurin. I GRUNER + JAHR 23 Improvisation und Pioniergeist: Geschäftsführer Dr. Olaf Hengerer mit Julia Lee Geschäftsgebarens“, sagt Hengerer gelassen. „Aber wer sich einschüchtern lässt, kann für die Zukunft gleich einpacken.“ Auch wenn es ganze Straßenzüge mit Edelboutiquen gibt und vermutlich mehr Luxuskarossen über Moskaus Straßen rollen als in Los Angeles, ist der Zeitschriftenmarkt von gewohnten westlichen Standards noch weit entfernt. Zuverlässige Auflagenoder Reichweitenmessungen gibt es ebenso wenig wie ein funktionierendes Vertriebssystem. So war Gruner + Jahr 1998 beim Start von GEO in Russland der erste Verlag, der bis dahin unbekannte Preisempfehlungen auf seine Hefte druckte. „Auch heute gibt es noch keine Preisbindung“, sagt G+J-Vertriebsdirektor Roman Bogolepov. Die Preisspannen seien aber deutlich kleiner geworden. Der Aufbau eines funktionierenden Vertriebs ist nur eines von zahlreichen Problemen bei der Entwicklung des Zeitschriftenmarktes. So gibt es allein im Großraum Moskau mit seinen ca. 15 Millionen Einwohnern 40 verschiedene Zeitschriftengroßhändler. Neben 3500 Kiosken werden auch 1000 Privathändler beliefert, die auf ihren fliegenden Ständen nur einen Bruchteil der verfügbaren Titel anbieten können. Weil die entsprechenden Rückmeldungen fehlen, hat Bogolepov ständig Studenten im Einsatz, die kontrollieren, ob seine Titel überall präsent sind. Seit G+J Russia im Jahr 2003 mit GEOLENOK und GEOFOCUS gleich zwei neue Titel gestartet hat, reicht der Platz im 5. Stock des Bürogebäudes am Shmitovsky Prospekt nicht mehr aus. „350 Quadratmeter für vier Redaktionen, zwei Entwicklungsredaktionen, Anzeigen, Vertrieb und Administration sind einfach nicht genug“, weiß Geschäftsführer Olaf Hengerer, dessen eigenes Büro zugleich Konferenzraum ist. Gerne würde er neue Räume anmieten, aber die Verhandlungen mit den Vermietern gestalten sich zäh. „Wir haben auch schon überlegt, im Schichtbetrieb zu arbeiten“, sagt der Verlagsmanager. Noch schwieriger ist die Versorgung in den entlegenen Regionen des größten Landes der Erde. Mit über 17 Millionen Quadratkilometern fast 50-mal so groß wie Deutschland, wohnen in Russland mit 150 Millionen Menschen nicht einmal doppelt so viele Einwohner. Vier Tage dauert der Transport von Zeitschriften nach Nowosibirsk. Bei GEO ist Chefredakteur Vladimir Potapov deshalb besonders stolz darauf, dass heute nur noch 30 Prozent der Auflage in Moskau verkauft werden und nicht mehr wie früher 80 Prozent. Wer in Russland erfolgreich sein will, muss lernen, unkonventionell zu denken. Was tun, wenn eine komplette Ausgabe im Ausland gedruckter GEO-Hefte beim Zoll hängen bleibt, weil die Beamten plötzlich ein nicht existierendes Hygienezeugnis verlangen? Wo suchen, wenn ein ganzer Lkw mit Magazinen in Weißrussland verschwindet? Wie reagieren, wenn plötzlich eine PR-Agentin mit drei düster aussehenden Bodyguards am Empfang erscheint und mit Nachdruck 250.000 Dollar offeriert, damit die Ehefrau eines bekannten Industriellen auf der Titelseite der GALA erscheint? „Drohungen sind in Russland immer noch Bestandteil des gegründet 2001 Auflage 120.000 gegründet 1998 Auflage 100.000 gegründet 2003 Auflage 71.500 Trotz aller Schwierigkeiten möchte Verlagschef Hengerer mit seinen Kollegen im Westen nicht tauschen: „Ich kann mir kaum einen spannenderen Job vorstellen. Irgendwie funktioniert hier nix, aber irgendwie geht auch alles.“ Chefredakteure in Moskau: Vladimir Potapov, GEO (links oben); Olga Mareeva, GEOLENOK (links) und Nadezhda Moiseeva, GEOFOCUS (rechts) gegründet 2003 Auflage 43.000 24 GRUNER + JAHR I JAHRESBERICHT 2003 „VERTRAU DIR SELBST“ Wie BRIGITTE sich alle 14 Tage neu erfindet und sich dabei selbst treu bleibt: Aus der Innovationskraft der Marke BRIGITTE schöpft mittlerweile eine ganze Zeitschriftenfamilie. Ein Interview mit Andreas Lebert. Die BRIGITTE feiert im Mai 2004 ihr 50-jähriges Bestehen. Wie macht sie das, dass sie immer noch so jung erscheint? Eine Zeitschrift hat kein Alter. Die BRIGITTE muss sich alle 14 Tage mit jeder Ausgabe neu erfinden, sie bildet die Gegenwart ab mit einem Blick auf die Zukunft. Deswegen haben wir dem Jubiläum auch nicht den Touch einer Geburtstagsparty mit großer Historienschau gegeben, sondern das Motto „50 Jahre Gegenwart“ gewählt. Was denken Sie, woher dieser Satz stammt: „Frauen sind herzlich, tapfer und tüchtig und legen Wert auf ein gepflegtes Äußeres, sie sind ihrem Ehemann Geliebte und Mutter zugleich und passen sich seinen Wünschen an.“ Na ja, wenn Sie so listig fragen, dann kommt der Satz vermutlich aus der BRIGITTE. Er steht in einer der ersten Ausgaben der BRIGITTE in den fünfziger Jahren und beschreibt das Familienbild dieser Zeit. Würden Sie es für die Frau von heute auch so kurz und schmerzhaft wie damals hinkriegen? Ich kann es ja mal versuchen. Frauen heute sind selbstbewusst, sie haben Lust auf Veränderungen, sie suchen in ihrem Leben Sinn und Freude, und diese Suche ist nie abgeschlossen. Sie geben sich nicht mit einfachen Antworten zufrieden. Beruf und Karriere sind ebenso wenig ein Lebensinhalt für sich allein wie Ehe oder Familie. Viele Aufgaben gleichzeitig zu bewältigen, das ist nicht nur ihre Stärke, sondern es bringt ihnen auch Freude und Befriedigung. Das hört sich an wie die Kernzielgruppe der BRIGITTE? Genau diese Frauen sprechen wir an. Die Stärke von BRIGITTE ist, dass sie den Respekt vor jedem Lebensentwurf wahrt, die Grundbotschaft heißt: Du bist okay, so wie du bist, vertrau dir selbst, vergiss es, dass du nicht alles perfekt machen kannst. BRIGITTE zeigt, wie man mit dem Druck umgeht, sie hat eine tröstende, ermunternde Funktion in diesem ganzen Dschungel. Derzeit mischen zahlreiche neue Titel, vor allem für jüngere Frauen, den Markt auf. Sehen Sie darin eine Gefahr für BRIGITTE? BRIGITTE erreicht auch die Jüngeren, spricht aber sicherlich vor allem die erwachsene Seite der Frauen an. Das war immer so. Es macht für die BRIGITTE keinen Sinn, dieses andere, sehr junge Gefühl anzusprechen. Für die jungen Leserinnen haben wir gezielt BRIGITTE YOUNG MISS, für die älteren Leserinnen BRIGITTE WOMAN eingeführt. Mit unserer gesamten Markenfamilie decken wir also alle Lebensphasen und auch verschiedene Lebensbereiche ab, ob nun in BRIGITTE KULTUR, BRIGITTE COOKIE ober BRIGITTE BALANCE. Was macht die BRIGITTE seit rund 50 Jahren so erfolgreich? Seit 1974 ist sie die Marktführerin der klassischen Frauenzeitschriften. Wie macht sie das? BRIGITTE nimmt ihre Leserinnen ernst. Wir haben eine sehr große Redaktion, fast hundert Leute, überwiegend Frauen. Das sind junge wie ältere Frauen und allesamt erfahrene Journalistinnen, die Von Kindesbeinen an „brigittig“: Andreas Lebert, BRIGITTE-Chefredakteur 26 GRUNER + JAHR I JAHRESBERICHT 2003 kann man nicht irgendwie herumkommandieren. Es ist das Erfolgsgeheimnis von BRIGITTE, dass sie alle ein Blatt machen, wie sie es selbst lesen wollen. Im Mediengeschäft mag das ungewöhnlich sein, aber bei uns gibt es keinerlei Zynismus. Der Satz „Wir würden das gerne so machen, aber für unsere Leserinnen müssen wir das anders machen“ fällt bei uns nie. Die Identifikation zwischen der Redaktion und den Leserinnen ist so hoch, wie ich das nirgendwo sonst erlebt habe. Zudem kümmern wir uns intensiv um die Leserinnen, acht Redakteurinnen befassen sich ausschließlich mit ihren Briefen, es kommen bis zu 500 am Tag. Sind Sie als Chefredakteur dabei der große Frauenversteher. Oder sollen wir besser sagen: der Frauenvorsteher? Dass ich in diesem Amt bin, hängt zunächst einmal eng mit meiner persönlichen Geschichte zusammen. Meine Eltern waren beide Journalisten, beide haben als Autoren für die BRIGITTE gearbeitet. Ich selbst war in den achtziger Jahren Ressortleiter hier. Als Anne Volk, die langjährige Chefredakteurin, vor eineinhalb Jahren aufhörte, wollte der Verlag jemanden, der das Blatt gut kennt und weiß, wofür BRIGITTE steht. Ob Mann oder Frau, das war eher unwichtig. Sie haben ehrgeizige und innovative Publikationen wie das Magazin der Süddeutschen Zeitung und den „Leben”-Teil in der Zeit entwickelt. Wird es Ihnen da als Sachwalter der jährlichen BRIGITTEDiät nicht bald langweilig? Einspruch auf der ganzen Linie. Ich fühle mich hier weder gelangweilt noch unterfordert. Und das hat einen einfachen Grund: Es gibt kein Thema, das man in der BRIGITTE nicht aufgreifen könnte. Nennen Sie ein absurdes Thema, und ich mache es BRIGITTEkompatibel. Nehmen wir mal z. B. Segelschiffe, weil wir hier vom Pressehaus am Baumwall immer welche auf der Elbe sehen. Die These: Immer mehr Leute kaufen Segelschiffe. Selbst darüber könnten wir bei uns schreiben. Nur hieße das Thema dann vielleicht: Psychologie auf acht Quadratmetern – Warum sich Menschen freiwillig der Enge auf einem Boot aussetzen. Und schon ist das Segelboot in die BRIGITTE-Welt der Beziehungsprobleme und Alltagsdramen geschippert. Psychologie spielt eine große Rolle bei uns. Die Welt draußen in die BRIGITTE zu holen, das empfinde ich als spannend. Und wie ist es mit der sich Jahr für Jahr wiederholenden BRIGITTE-Diät? Von wegen jedes Jahr dasselbe. Sie bezieht ihren Ruf ja gerade daraus, dass sie als die beste und seriöseste gilt. Das heißt auch: Wir müssen ständig auf die neuesten Forschungen reagieren. Und wir fragen uns in der Redaktion jedes Jahr neu: Wie können wir es anders aufziehen, was steht dieses Mal im Zentrum? Ich beteilige mich gern an solchen Konferenzen. Mich reizt es, immer wieder den neuen Dreh zu finden. Und außerdem muss man immer schauen, dass die Diätrezepte auch schmecken. Das ist bei uns eindeutig ein unverzichtbares Markenzeichen der BRIGITTE-Diät. Die freundin, ein erklärter Wettbewerber, hat im März eine Qualitätsoffensive ausgerufen. Macht Ihnen das Kummer? Nein. Wenn die freundin nah an der BRIGITTE war, ging’s ihr immer am besten. Dessen hat sie sich jetzt besonnen. Wir brauchen keine Qualitätsoffensive, denn BRIGITTE stand immer für journalistische Qualität, und das wird auch in Zukunft so bleiben. Sie starten jetzt nach BRIGITTE WOMAN, BRIGITTE YOUNG MISS, BRIGITTE KULTUR und BRIGITTE COOKIE im April die fünfte Line Extension BRIGITTE BALANCE. Was ist das Konzept? Mit den Line Extensions machen wir ein spezielles Angebot für bestimmte Lebensphasen und Themen. BRIGITTE BALANCE geht davon aus, dass wir alle ständig mit Gegensätzen leben: Job und Kind, Karriere und Freizeit, Entspannung und INNOVATIONEN „BRIGITTE stand immer für journalistische Qualität, und das wird auch in Zukunft so bleiben.“ Ambition usw. BALANCE wird das auf sehr moderne und sinnliche Weise aufgreifen. Sie fürchten nicht, dass trotzdem eine Generation junger Frauen für die BRIGITTE auf Dauer an Magazine wie GLAMOUR & Co. verloren geht? Ob man alle jungen Frauen als BRIGITTELeserinnen gewinnt, sei dahingestellt. Ich bin aber auch der Meinung, dass man die BRIGITTE nicht künstlich verjüngen sollte, um vielleicht ein paar dieser Leserinnen zu gewinnen. Insgesamt haben wir sowieso mehr junge Leserinnen als jede der neuen Frauenzeitschriften. Wir stellen fest, dass viele Frauen zu uns wechseln, wenn sie von zu Hause ausziehen und ihren eigenen Haushalt gründen. Dann haben sie das Gefühl: Jetzt brauche ich nicht nur diese witzigen, aber auch oberflächlichen Blätter, sondern etwas, was mich weiterbringt im Leben. Können Sie das belegen? Das Rheingold-Institut hat eine soziologische Studie gemacht. In der Analyse werden diese neuen Blätter wie z. B. GLAMOUR mit einem Gefühl des Schwelgens „in regressiven, in Mädchen- und Märchenwelten“ in Verbindung gebracht. Dieses Gefühl haben durchaus auch einmal Frauen mit 40 vorübergehend. Auf der anderen Seite haben auch junge Frauen das andere, das erwachsene Gefühl, sie möchten etwas Reelles. Man kann also Junge auch mit der Erwachsenenansprache erreichen. Außerdem machen wir eine interessante Beobachtung bei BRIGITTE WOMAN: Auch 30-Jährige lesen sie. Sie wollen sozusagen in die Zukunft gucken. Die BRIGITTE war in den siebziger und achziger Jahren sozial, politisch und gesellschaftlich schon einmal bedeutender. Ich teile die Auffassung nicht. Das Urteil fußt ein bisschen auf den Neunzigern, in denen die BRIGITTE wie viele andere Medien Schwierigkeiten hatte, Politikthemen ins Blatt zu heben. Die Neunziger I GRUNER + JAHR 27 waren eine absolut unpolitische Zeit. Da war es für alle Blätter schwierig, politisch Profil zu zeigen. Auch SPIEGEL, STERN und FOCUS hatten Titelthemen, die genauso in Frauenzeitschriften hätten stehen können. Es gab damals keinen Beschluss, wir werden unpolitisch. Es war die Zeit. Wo steht die BRIGITTE derzeit? Wir haben jetzt eine ziemlich politische Kolumne von Ursula Ott. Und wir haben diverse Interviews gemacht, etwa mit Renate Schmidt und Ulla Schmidt. Hier gibt es viele weitere Beispiele: Dossiers wie „Angst um den Job?“; „Umwelt: Und die Welt ist doch zu retten“; „Frauen nach dem Krieg“; Reportagen aus Bagdad, Afghanistan; Essays wie „Was ist heute Gerechtigkeit?“ oder aktuell ein Gespräch mit einer jungen Türkin in Berlin „Nehmen Sie Ihr Kopftuch ab“. Elke Heidenreich hat übrigens in ihrer BRIGITTE-Kolumne als Erste das Kampagnen-Motto„Geiz ist geil“ kritisiert. Wir haben also auch in den Texten, die nicht per se politisch sind, eine durchaus politische Haltung. Wie sieht die Zukunft der BRIGITTE aus? Eine Zeitschrift hat natürlich so etwas wie Zukunftskompetenz, und wir blicken in diesem Sinne auch nach vorne. Wenn man aber von der BRIGITTE selbst reden will, so muss man auch über den Markt sprechen: Der FrauenzeitschriftenMarkt in Deutschland ist einer der schwierigsten überhaupt. Wir sind in unserem Marktsegment die Teuersten, aber sicher auch die Anspruchsvollsten und qualitativ Besten, und da wird BRIGITTE auch bleiben. Sie wird in Zukunft ihre Kompetenzen in den Bereichen weiter ausbauen, die sie sich im Laufe von 50 Jahren erarbeitet hat, zum Beispiel in den Bereichen Kultur oder Gesellschaft, auch in der Reportage und in der Mode, in der Psychologie und Medizin. Zusammengenommen bleibt die BRIGITTE mit ihrer vitalen Markenfamilie der stärkste Player im deutschen Markt. Vielen Dank für das Gespräch. gegründet 1954 Auflage 800.801 erscheint 14-täglich 28 GRUNER + JAHR I JAHRESBERICHT 2003 INNOVATIONEN I GRUNER + JAHR 29 MELTING POT KINDERZIMMER Wie das US-Magazin PARENTS die spanischsprachige Community erobert BISWEILEN FÜHLT SICH JON ANDRADE wie ein Surfer an einem perfekten Tag. „Wir reiten eine wirklich große Welle”, sagt er, und seine Augen blitzen. Allerdings sitzt er nicht an einem warmen Strand in Kalifornien, sondern in einem Bürohochhaus in Manhattan. Und seine Begeisterung bezieht sich nicht auf seine jüngste Begegnung mit den Naturgewalten, sondern auf sein innovatives Magazin. Der Anzeigenleiter von SER PADRES, dem ersten spanischsprachigen Eltern-Magazin in den USA, blickt auf ein überragendes Jahr zurück. Die Zahlen kann er im Schlaf herunterrattern: 2003 stiegen die Anzeigeneinnahmen um 51 Prozent, der Umfang der bezahlten Seiten um 36 Prozent. In diesem Jahr ging es gleich so weiter: Plus 38 Prozent für die Anzeigeneinnahmen des ersten Heftes. Der Erfolg kam nicht über Nacht. Mit dem spanischsprachigen Ableger des PARENTS-Magazins besetzte G+J USA 1990 als erster Verlag die zukunftsträchtige Nische, die Konkurrenz zog erst Jahre später nach. Als Chefredakteur Alberto Oliva und Andrade 2001 an Bord kamen, machten sie sich sofort daran, das Produkt noch zielgerichteter auf die Leserschaft zuzuschneiden. „Zuerst hatten wir nur einen Anteil von 25 Prozent eigener Texte”, sagt Oliva, „75 Prozent waren Übersetzungen von PARENTS-Beiträgen. Dieses Verhältnis beträgt mittlerweile 50:50.” In Zukunft will er den Eigenanteil noch stärker erhöhen. Die spanischsprachige Community in den USA mit Wurzeln in Mexiko, Südamerika oder der Karibik leben zwar im selben Land wie ihre Nachbarn mit europäischen Wurzeln, aber oft in einer ganz eigenen Welt. „Ein gutes Beispiel sind Kindersitze”, sagt Chefredakteur Oliva. Während man keine amerikanische Mutter mehr davon überzeugen muss, wie wichtig die im Auto sind, gibt es in der hispanischen Bevölkerung offenbar ein Informationsdefizit. „In solchen Fällen klären wir auf und geben Ratschläge”, beschreibt Oliva sein Konzept. Die Themen des mittlerweile zweimonatlich statt vierteljährlich erscheinenden Heftes kennen kaum Grenzen, die Kinder dienen dabei oft nur als kleinster gemeinsamer Nenner, um eine breite Leserschaft zu Universale Neugier: Trotz aller sprachlicher und kultureller Unterschiede haben Kinder oft sehr ähnliche Interessen interessieren. Finanzberatung, Trend-Tipps, Gesundheitsratschläge – alles findet sich in SER PADRES, fundiert und kostenlos. Ständig denkt Oliva darüber nach, wie sich das Produkt weiter verbessern lässt. Im ersten 2004-Heft führte er die Rubrik „Money Talk” ein, auf Anhieb ein Erfolg: „Wir haben daraufhin mehr Leserbriefe bekommen, als im gesamten Vorjahr”, sagt der Chefredakteur, „das ist unser bestes Rezept: Wir geben den Leuten die Werkzeuge in die Hand, damit sie ihre Probleme lösen können.” Bislang wird SER PADES in Arztpraxen ausgelegt, McDonald’s bietet das Heft in 600 Filialen an und die „Parents-Teacher Association” (PTA) verteilt es an den spanischsprachigen Teil ihrer Mitglieder. Mit einer kontrollierten Auflage von 500.000 liegt das Heft nach einer Erhebung der „Magazine Publishers of America” (MPA) an der Spitze aller spanischsprachigen Titel in den USA. Und der Markt wächst weiter. Um Schritt zu halten, hat Andrade gerade einen weiteren Verkaufsrepräsentanten in Miami eingestellt – der Region mit der drittgrößten hispanischen Gemeinde in den Vereinigten Staaten. Das Ende des fantastischen Wellenritts ist nicht in Sicht. gegründet 1926 Auflage 2.200.000 erscheint monatlich Wussten Sie schon ... • Menschen hispanischer Abstammung bilden mit 39 Millionen die größte Minderheitengruppe in den USA. Damit machen sie 13 Prozent der Gesamtbevölkerung aus • Die wichtigsten fünf hispanischen Märkte – gestaffelt nach der Bevölkerungsstärke sind Los Angeles, New York City, Miami, San Francisco und Chicago • Die Kaufkraft dieser Bevölkerungsgruppe wird auf 428 Milliarden Dollar geschätzt, mit überdurchschnittlichen Wachstumsraten • Das Durchschnittsalter der hispanischen Bevölkerung liegt mit 25,9 Jahren deutlich unter dem der Gesamtbevölkerung (35,3) • Das Durchschnittseinkommen der hispanischen Haushalte liegt mit 34.670 Dollar pro Jahr beträchtlich unter dem landesweiten (43.570 Dollar) • Die Zahl der hispanischen Haushalte, die 50.000 Dollar und mehr verdienen, soll bis 2005 um 50 Prozent steigen • Laut MPA führt SER PADRES die Top Ten der spanischsprachigen Magazine in den USA an. Auf den Plätzen zwei und drei folgen People en Espanol und Reader’s Digest Selecciones 30 GRUNER + JAHR I JAHRESBERICHT 2003 INNOVATIONEN I GRUNER + JAHR 31 SCHÖNHEIT KOMMT VON INNEN Wie GLAMOUR in Polen die Sehnsucht nach dem GlitzerWesten mit einem neuen Selbstbewusstsein beantwortet. Ein neuer Frauentypus: GLAMOUR-Fotoshooting mit der bekannten Schauspielerin und Moderatorin Grazyna Torbicka (s. Titelbild S. 35) „Du kannst tun, was du willst.“ GLAMOUR-Chefredakteurin Grazyna Olbrych hat eine eigene Sichtweise auf polnische Frauen 32 GRUNER + JAHR I JAHRESBERICHT 2003 INNOVATIONEN Auf der Suche nach eigenständigen Ausdrucksformen: Der Club Fabryka Trzciny gehört zu den Lieblingsadressen von GLAMOUR-Chefredakteurin Grazyna Olbrych Kreativität ist wichtiger, als viel Geld zu haben: GLAMOUR-Modechef Adam Gutowski nutzt Luxusmarken nur als Inspiration für eigene Inszenierungen I GRUNER + JAHR 33 34 GRUNER + JAHR I JAHRESBERICHT 2003 In Polen wächst der Markt der Eitelkeiten: Oliver Voigt, Geschäftsführer von G+J Polen mit dem Kunstwerk einer begeisterten GLAMOUR-Leserin INNOVATIONEN I GRUNER + JAHR 35 ICH FAND MICH NIE ATTRAKTIV oder außerge- wöhnlich. Dank GLAMOUR ist mir klar geworden, dass jede Frau den Luxus verdient, an ihre eigene Schönheit zu glauben“, schreibt Angnieszka. Die 24-jährige Politologin Anna aus Warschau hat mit GLAMOUR eine neue „Einstellung zur eigenen Weiblichkeit“ gefunden. Und für die Diplomkauffrau Ewa ist GLAMOUR wichtig, weil es immer wieder „Geheimnisse rund um Partnerschaften enthüllt“ und ihr so dabei hilft, die eine oder andere „Beziehungsfalle“ zu umgehen. Das Selbstbild polnischer Frauen hat sich seit dem Fall des eisernen Vorhangs kontinuierlich gewandelt, und Zeitschriften wie GLAMOUR, die im Frühjahr 2003 von Gruner + Jahr in Polen auf den Markt gebracht wurde, haben einen wesentlichen Anteil daran. Obwohl in Polen der Frauenanteil bei Führungskräften mit über 30 Prozent in der europäischen Spitzengruppe liegt, sei das Bild der „Polin-Mutter“ immer noch tief in der Gesellschaft verankert, sagt GLAMOUR-Chefredakteurin Grazyna Olbrych. Dazu gehöre die Bereitschaft immer zu geben, an Familie und Gesellschaft zu denken und eigene Interessen zurückzustellen. „Wir dagegen sagen den Frauen: Hey, du kannst tun, was du willst. Du musst nicht immer nur geben. Du kannst auch ruhig mal etwas nehmen.“ Bei den jungen Polinnen scheinen diese Botschaft und die Mischung aus Mode, Lifestyle und Lebensberatung gut anzukommen. Mit einer durchschnittlich verkauften Auflage von 276.540 Exemplaren schob sich GLAMOUR 2003 auf Anhieb auf Platz zwei der hochwertigen Frauenmagazine. „Polen ist einer der am weitesten entwickelten Märkte in Osteuropa, und Frauen gehören zu der am härtesten umkämpften Zielgruppe“, sagt Oliver Voigt, Geschäftsführer von G+J Polen. Allein 15 Monatsmagazine für Frauen buhlen um die Gunst der Leserinnen. Deshalb wurde der Start von GLAMOUR von einer der aufwendigsten Marketingkampagnen in der Verlagsgeschichte Polens begleitet. Mehrere Millionen Euro flossen in Radio-, TV-, Plakat- und Magazinwerbung. Als GLAMOURBotschafterin wurde die bekannte Schauspielerin Joanna Brodzik gewonnen, die perfekt den Typ der modernen, selbstbewussten Polin verkörpert. Vom führenden Branchenmagazin Media & Marketing Polska wurde der Launch zum „Debüt des Jahres 2003“ gekürt. „Mit GLAMOUR hat der Verlag nicht nur ein Magazin, sondern ein Stück neues Lebensgefühl für Frauen nach Polen gebracht“, so die Begründung. Und auch bei den Werbekunden kommt der neue Titel gut an. So konnten allein für die ersten neun Ausgaben rund 460 Anzeigenseiten verkauft werden. Darunter an so bekannte Marken wie Versace, Estée Lauder, Helena Rubinstein oder H&M, Nokia, Sony oder große Automobilhersteller. „Vor ein paar Jahren wäre dieser Erfolg gar nicht möglich gewesen, weil der hiesige Markt für hochwertige Konsumgüter nicht weit genug entwickelt war“, sagt Voigt. „GLAMOUR hat es sich auch zur Aufgabe gemacht, seinen Leserinnen die Angst vor großen Marken zu nehmen“, sagt der Chef des Moderessorts, Adam Gutowski. „Andere Magazine inszenieren Luxusmarken als unerreichbares Ideal. Bei uns sollen Sie eher Inspiration sein.“ So greift der Modeexperte nur selten auf internationales Fotomaterial zurück, sondern produziert eigene Modestrecken nach dem Prinzip, dass die gezeigten Produkte im Land erhältlich und auch bezahlbar sein sollen. Gutowski: „Auch ohne viel Geld ist es polnischen Frauen mit Kreativität schon immer gelungen, das Beste aus sich zu machen.“ Das neue Bild und Selbstverständnis der polnischen Frauen scheint aber nicht nur Polinnen zu interessieren. „Zu 20 Prozent wird GLAMOUR von Männern gelesen“, betont Olbrych. Das brachte die Chefredakteurin auf eine Idee. Im Frühjahr 2004 erscheint GLAMOUR als erste polnische Frauenzeitschrift mit einem beigelegten Extraheft, bei dem es ausschließlich um Mode und Schönheit geht – für Männer. gegründet: 2003 Auflage: 276.540 erscheint: monatlich 36 GRUNER + JAHR I JAHRESBERICHT 2003 INNOVATIONEN Liebt Shopping: Sophia Deslances, Service Mode I GRUNER + JAHR 37 Prêt-à-porter: Ein guter Kauf muss gut beraten sein IN DER REDAKTION VON „SHOPPING” in der Pariser Rue La Condamine geben sich die Kuriere die Klinke in die Hand. Schuhe werden gebracht und Kleider abgeholt. Eine Handtaschenkollektion muss schnell ins Fotostudio. Im Showroom in der 3. Etage ist auf den Kleiderständern kaum noch Platz. Ausgebreitet auf dem grauen Teppichboden liegen verschiedene Blusen, Röcke, Jacken, Mäntel, Tops und Hosen. Werden mal hier, mal dort platziert, immer wieder neu kombiniert, bis Farben, Formen und Stil perfekt zusammenpassen. Herrin über das kontrollierte Chaos ist Françoise Lambert. Seit über 17 Jahren Moderedakteurin bei Frankreichs größter wöchentlicher Frauenzeitschrift FEMME ACTUELLE und seit Mai 2003 zusätzlich verantwortlich für das Moderessort von Europas erstem Einkaufsmagazin SHOPPING. „Wir wollen für unsere Leserinnen wie eine gute Freundin sein, die sie beim Einkaufen berät. Eine sehr professionelle Freundin vor allem“, betont Lambert. I SHOP, THEREFORE I AM Wie mit SHOPPING in Frankreich ein völlig neues Magazinformat entstand, das auch in anderen Märkten erfolgreich eingeführt wurde. Denn auch die beste Freundin könnte wohl kaum das Produktspektrum abdecken, das die zwölf SHOPPING-Redakteurinnen alle zwei Monate im Heft präsentieren. In sechs Rubriken auf rund 130 Seiten werden die besten Produkte und aktuelle Trends aus Mode, Schmuck, Kosmetik, Design und Einrichtung gezeigt. „Dabei achten wir darauf, immer alle Preissegmente für ein Produkt abzubilden und bei unseren Outfits teure und preiswerte Stücke zu kombinieren. Genau so, wie es die meisten Frauen im normalen Leben auch machen“, erläutert die Modeexpertin. Pro Heft kommen so zwischen 1000 und 1500 Produkte zusammen, die alle begutachtet, bewertet, beschrieben und fotografiert werden müssen. Dazu kommen noch Verbrauchertipps und Bezugsquellen. „Wir können es uns nicht leisten, unsere Leserinnen schlecht zu beraten. Welche Produkte im Heft gezeigt werden, entscheidet deshalb alleine die Redaktion“, so Lambert. Im Magazin sind die Redakteurinnen außerdem mit Bild auf den von ihnen verantworteten Seiten vertreten. So fühlt sich die Leserin persönlich beraten und kann sich gleichzeitig mit Fragen, Anregungen oder auch Beschwerden direkt an eine konkrete Ansprechpartnerin wenden. Das Konzept, den Einkaufsbummel bequem vom Sofa aus vorzubereiten, kommt bei den Französinnen gut an. Zunächst nur als Ableger von FEMME ACTUELLE geplant und in der Rekordzeit von nur zwei Monaten aus der bestehenden Redaktion entwickelt, verkaufte sich die erste Ausgabe zum Preis von 2,50 Euro über 190.000-mal. So wurde aus SHOPPING schnell nicht nur ein eigenständiges Heft, sondern ein ganz neues Zeitschriftenformat in Europa. Denn reine Einkaufsmagazine waren bisher nur aus den USA bekannt. Das erfolgreiche Magazinformat wurde im Jahr 2003 bereits erfolgreich auf den deutschen und spanischen Markt übertragen. Für Françoise Lambert hat der Erfolg von SHOPPING aber auch eine Kehrseite. Sie hat jetzt noch weniger Zeit zum Einkaufen.„Das ist sehr schade. Ich liebe Shopping“, schmunzelt die Pariserin. gegründet 2003 Auflage 189.400 erscheint 6-mal jährlich 38 GRUNER + JAHR I JAHRESBERICHT 2003 „UNABHÄNGIGKEIT IST DAS FUNDAMENT UNSERES ERFOLGES” Wie Gruner + Jahr auch in schwierigen Zeiten kompromisslos an seinen journalistischen Grundsätzen festhält. Ein Interview mit Angelika Jahr-Stilcken. Was bedeutet für Sie guter Journalismus? Es wäre eigentlich schlechter Journalismus, auf so wenig Raum wie hier guten Journalismus richtig und umfassend darzustellen. Auch wenn es heute immer beliebter wird, für alles und jedes eine Kurzfassung zu wählen. Ich gehöre nicht zu den Menschen, die glauben, die Welt ließe sich in drei Sätzen erklären oder gar verstehen. Es gibt sicher in Deutschland viel schlechten Journalismus. Dieser aber, dessen bin ich mir ganz sicher, findet überwiegend nicht bei Gruner + Jahr statt. Was heißt denn das im Einzelnen? Wie unterscheidet sich Gruner + Jahr von anderen Verlagshäusern? Auch bei Gruner + Jahr ist nicht alles perfekt. Aber bei uns gibt es zum Beispiel keinen Gefälligkeitsjournalismus. Der Verlag fördert selbstverständlich die Kreativität bei der Gestaltung von Anzeigen, aber wir setzen eindeutige Grenzen, wo Anzeigen und Redaktion strikt getrennt werden müssen. Gibt es noch andere Unterscheidungsmerkmale? Durchaus, bei uns finden Sie auch nicht den albernen Journalismus der Yellow Press. Auch keinen verknöcherten Journalismus, der die Verbreitung von Langeweile für eine Tugend hält. Und schon gar nicht den Krawalljournalismus. Sie wissen schon, wovon ich rede. Damit sind wir bei der Anfangsfrage: Guter Journalismus von Gruner + Jahr, was zeichnet diesen im Besonderen aus? Die besten Reportagen, Bilder und Worte, die Geschichten erzählen, die findet man in G+JMagazinen. Reportagen sind die vitalste Form des Journalismus, sagt Peter-Matthias Gaede, Chefredakteur von GEO, dem meiner Meinung nach besten Foto- und Reportage-Magazin der Welt, weil Reportagen bewegte Geschichten erzählen und der Wirklichkeit ein zweites Gesicht verleihen. Dichtung und Wahrheit werden also von einem guten Journalisten zusammengemixt? Nein, die Fantasie, schreibt der berühmte Reporter der zwanziger Jahre, Egon Erwin Kisch, dürfe sich in der Reportage nicht entfalten, wie sie gerade lustig sei. Es sei ihr nur der schmale Steg zwischen Tatsache und Tatsache „zum Tanzen freigegeben”. Ein schönes Bild, finde ich. Sie sind bei Gruner + Jahr Chefredakteurin, Herausgeberin, Verlagsgeschäftsführerin und journalistisches Vorstandsmitglied. Stehen die journalistischen Interessen des Chefredakteurs nicht in einem Gegensatz zu den kaufmännischen Interessen des Verlagsgeschäftsführers oder gar des Vorstands? Das ist kein Problem für mich. Schon aus Gründen der verlegerischen Tradition meiner Familie. Denn mein Vater, der zusammen mit Gerd Bucerius und Richard Gruner vor fast 40 Jahren Gruner + Jahr gründete, war Verleger mit Leib und Seele. Und für einen Verleger ist es ganz selbstverständlich, die publizistischen Interessen seiner Zeitschriften ebenso wie die kaufmännischen Interessen des Verlages im Auge zu behalten. „Auch bei Gruner + Jahr ist nicht alles perfekt. Aber bei uns gibt es keinen Gefälligkeitsjournalismus.” Angelika Jahr-Stilcken, journalistisches Vorstandsmitglied Gruner + Jahr 40 GRUNER + JAHR I JAHRESBERICHT 2003 Denn guter Journalismus ist die Seele eines Verlages. Aber guter Journalismus kann nur in den finanziell gesunden Armen eines starken Verlages existieren. Reicht das aus? Darüber hinaus habe ich von meinem Vater bereits in jungen Jahren erfahren, dass Unabhängigkeit ein großer Wert ist. In diesem Sinne – also wenn es um die Voraussetzungen und Chancen des journalistischen Erfolges ging – war mein Vater John Jahr ein leidenschaftlicher Journalist und zugleich instinktsicherer Verleger. In dieser Haltung hat er – vor und nach der Fusion zum Druck- und Verlagshaus Gruner + Jahr im Jahre 1965 – seine Chefredakteure stets frei und unabhängig agieren lassen. So ist das Prinzip der Unabhängigkeit der Chefredaktion bis heute einer der wichtigsten Grundsätze von Gruner + Jahr. Was ist aus Ihrer Sicht in einem Verlagsunternehmen, das Zeitschriften und Zeitungen herausgibt, anders als in einer Fabrik für Schrauben oder Haushaltstücher? Man kann den Journalisten die Produktivität und vor allem die Kreativität nicht verordnen. Nicht die Zahl der Geschichten ist entscheidend, sondern deren Qualität, deren Wahrheitsgehalt und vor allem die Frage: Interessiert das den Leser? Trifft das seine Erwartungen? Es geht in einer Redaktion nicht nach Lohnstückkosten, weil es durchaus mal sein kann, dass ein talentierter Texter tagelang schreibt, dann aber zu dem Ergebnis kommt, dass sein Text den eigenen Ansprüchen nicht genügt. Also fängt er wieder von vorne an! Aus ökonomischer Sicht könnte man einwenden, dass diese Arbeitsweise nicht besonders effizient ist … Sicher, so könnte man argumentieren bei Fabriken für Schrauben oder Haushaltstücher. Aber wir, die wir etwas vom Verlagsgeschäft verstehen, von den Schwierigkeiten präziser Recherche und gefeilter Texte, wir wissen, dass die Freiräume des Journalisten Qualität bedeuten. Wir wissen, dass sich die Produktion von Information nicht rationalisieren lässt wie die Produktion industrieller Güter. Ich bin davon überzeugt, dass es letzten Endes sehr teuer wird, den Platz zwischen möglichst vielen Anzeigen mit möglichst wenig Kosten zu füllen. Uns geht es in erster Linie um die Vermittlung von Informationen und Glaubwürdigkeit. Und dafür brauchen die Redaktionen Unabhängigkeit – sowohl journalistisch als auch wirtschaftlich? Ja, das Thema Unabhängigkeit kann gar nicht genug betont werden, weil dieser Aspekt in vielen Verlagen weltweit durch wirtschaftlichen Druck von Anzeigenkunden auf die Redaktionen untergraben wird. Für die Glaubwürdigkeit eines Titels ist es jedoch unerlässlich, dass sich die Leser darauf verlassen können, unbeeinflusste Informationen zu bekommen. Dafür steht Gruner + Jahr. Dafür stehen unsere Redaktionen. Wie sollten denn Ihrer Meinung nach Journalisten mit den Mächtigen dieser Welt umgehen? Vor allem mit kritischer Distanz. Von dem großen deutschen Journalisten Kurt Tucholsky stammt der Satz, der deutsche Journalist brauche nicht bestochen zu werden, es reiche ihm, wie eine Macht behandelt zu werden. Ich beobachte, dass sich zu viele Journalisten heute „in Augenhöhe” mit den Einflussreichen bewegen oder bewegen möchten. Dieser vielleicht menschlich verständliche Wunsch nach derselben „Augenhöhe” ist jedoch ein Trugschluss. Mit dieser Haltung kann man dem Auftrag des Journalisten nur schwerlich gerecht werden. Das klingt sehr puristisch … … das ist auch genau so gemeint: Der Journalist ist meiner Meinung und Erfahrung nach „nur” Journalist und sonst nichts. Ebenso wie der Richter „nur” Richter und der Arzt „nur” Arzt sein sollte. In meinen Augen sollte der Journalist allein für seine Leser bzw. Hörer oder Seher – mittlerweile auch seine Online-User – über Fakten und JOURNALISTISCHE UNABHÄNGIGKEIT „Für die Glaubwürdigkeit ist es unerlässlich, dass sich die Leser darauf verlassen können, unbeeinflusste Informationen zu bekommen.” Hintergründe berichten. Seine Aufgabe ist es, Sachverhalte verständlich zu machen, und das in einer unterhaltsamen, nicht belehrenden Form. Nicht mehr und nicht weniger. Diese Haltung war auch das Credo von Henri Nannen, dem Gründer, Chefredakteur und Herausgeber des STERN, der mich in vielerlei Hinsicht journalistisch geprägt hat. Von Henri Nannen stammt der Spruch: „Ich predige lieber in einer vollen Kirche als in einer leeren.” Was er damit sagen wollte, war: Es ist wichtig, dass ein Titel von möglichst vielen Menschen gelesen wird. Er machte seinen STERN nicht für den Verleger, nicht für die Anzeigenkunden und schon gar nicht für sich selbst. Er kannte nur ein Interesse – das seiner Leserinnen und Leser. Was hat Sie persönlich an Henri Nannen am meisten fasziniert? Henri Nannen verband seinen journalistischen Kopf mit einem instinktsicheren Bauchgefühl. Ebenso war er ein unerbittlicher journalistischer Perfektionist. Er achtete bis zur letzten Korrektur aufs kleinste Detail, trieb damit seine Redaktion häufig bis zur Weißglut, aber auch zu ungeahnten journalistischen Höchstleistungen. Was heißt denn heute, eine Generation nach Henri Nannen, überhaupt journalistische Höchstleistung? Ich glaube: neugierig sein – unabhängig sein – den Leser ehrlich und gründlich informieren – ihm Orientierung bieten in einer immer verworreneren Welt, dabei die Sinnlichkeit von Text und Bild nicht unterschätzen. Einordnung, Analyse und Hintergrund sind heute wichtiger denn je. Guter Journalismus ist übrigens nicht auf die heißen Themen oder die ganz große Reportage beschränkt. Wer Geldanleger, Gartenfreunde oder Schwangere berät – ja auch wer seinen Lesern zu schönerem Wohnen und Essen verhelfen will, der sollte die klassischen Journalisten-Tugenden ebenfalls besitzen: sauber recherchieren – glaubwürdig sein – und so darüber schreiben, dass Leser es verstehen können und es lesen mögen. „Die Ethik des Journalismus ist eine Service-Moral”, hat Johannes Gross gesagt. I GRUNER + JAHR 41 Da legen Sie die journalistische Messlatte bei den themen- und zielgruppenorientierten Magazinen sehr hoch … Ja, die Kunst der Journalisten bei solchen Magazinen besteht darin, dass sie über Windeln und Windpocken oder über Vorhänge und Gartenmöbel mit demselben Eifer recherchieren und schreiben wie andere Kollegen über Erdbeben und Kanzlerstürze. Funktioniert das auch in Ihrem eigenen Verlagsbereich? Das hoffe ich doch sehr: Auf das gewisse Quantum Lesevergnügen kommt es an: „Nur kein Neid, Zebra”, aus LIVING AT HOME, als Überschrift zu dem Thema „Streifen sind Kult”. Das gefällt mir, weil es sein Thema mit leichter Hand verkauft. Oder wenn der Text aus ESSEN&TRINKEN über eine Sängerin so anfängt: „Sie ist außerordentlich hübsch und außerordentlich begabt, und bei unserem kulinarischen Interview war sie auch noch außerordentlich schwanger.” Bleibt die Frage zur Zukunft des guten Journalismus: Kann sich der qualitätsorientierte Printjournalismus überhaupt behaupten, wird er nicht zerrieben werden zwischen dem Fernsehen und dem Internet? Nein, ich bin sicher, dass dies nicht passieren wird. Gut gemachte Zeitungen und Zeitschriften werden nicht nur überleben – ihre Bedeutung,und ihre gesellschaftliche Rolle werden noch wachsen. Sie machen sich also keine Sorgen um den guten Journalismus? „Guter Journalismus braucht ein zu Hause, eine Heimat” – so heißt es in den Leitlinien von Gruner + Jahr. Eine Heimat für das, wofür Gruner + Jahr in der Vergangenheit stets stand, heute steht und auch zukünftig stehen wird: freie Meinungsäußerung, Glaubwürdigkeit und journalistische Unabhängigkeit. Das ist das Fundament unseres wirtschaftlichen Erfolges. Vielen Dank für das Gespräch. „Die Kunst der Journalisten besteht darin, dass sie über Windeln und Windpocken mit demselben Eifer schreiben wie andere Kollegen über Erdbeben und Kanzlerstürze.” 42 GRUNER + JAHR I JAHRESBERICHT 2003 UNTERNEHMENSBEREICH ZEITSCHRIFTEN DEUTSCHLAND I GRUNER + JAHR 43 ZEITSCHRIFTEN DEUTSCHLAND Innovation auf Basis starker Marken – mit Kreativität und verlegerischem Mut untermauert Gruner + Jahr seine Ausnahmestellung auf dem deutschen Zeitschriftenmarkt. MIT DER EINFÜHRUNG EINER VIELZAHL NEUER MAGAZINE begegnete der Unternehmensbereich Dr. Bernd Buchholz seit dem 1. Januar 2004 Vorstand Unternehmensbereich Zeitschriften Deutschland „Zeitschriften Deutschland” im Jahre 2003 der ins dritte Jahr gehenden Flaute auf dem deutschen Anzeigen- und Vertriebsmarkt: NEON, STERN SPEZIAL GESUND LEBEN, BRIGITTE COOKIE, ESSEN + TRINKEN FÜR JEDEN TAG, NG WORLD. Dabei baute Deutschlands und Europas führender Zeitschriftenverlag vor allem auf die Strahlkraft und redaktionelle Kompetenz seiner etablierten Zeitschriftenmarken, aus denen heraus zahlreiche innovative Konzepte entwickelt und an den Start gebracht wurden. Diese Strategie wurde in einem insgesamt stagnierenden bis leicht rückläufigen Vertriebs- und Anzeigenmarkt mit Zugewinnen im Vertrieb und der erneut unangefochtenen Marktführerschaft im Anzeigengeschäft belohnt. Das Ergebnis konnte in Verbindung mit gleichzeitigen Effizienzsteigerungen im gesamten Unternehmensbereich im Vergleich zum Vorjahr signifikant gesteigert werden. Für besonderes Aufsehen in der deutschen Medienlandschaft sorgte der Start des STERN-Ablegers NEON. Unter dem Motto „Eigentlich sollten wir erwachsen werden” kam das junge Magazin für die Zielgruppe der 20- bis 29-jährigen am 23. Juni zum ersten Mal an die Kioske und verkaufte sich auf Anhieb über 90.000-mal. Auf Grund der sehr positiven Resonanz im Anzeigen- und Lesermarkt erscheint NEON in 2004 monatlich. Wie gesellschaftlich relevante Themen in erfolgreiche Zeitschriftenkonzepte umgesetzt werden, bewies der STERN auch mit STERN SPEZIAL GESUND LEBEN. Auf Basis einer mehrteiligen Gesundheitsserie im STERN entstand zunächst ein Sonderheft, das 130.000-mal verkauft wurde und seit 2004 alle zwei Monate erscheint. Es erschließt damit ein völlig neues Marktsegment Healthcare. Der STERN blieb 2003 in der Summe von Anzeigen- und Vertriebserlösen nicht nur das umsatzstärkste Magazin in Deutschland, sondern stand mit einer Auflagensteigerung um 3,5 Prozent auch in der Gunst der Leser wieder ganz oben. Jeder neunte Deutsche liest den STERN, das Wochenmagazin liegt mit einer Reichweite von 11,2 Prozent (MA 2003/II) rund 1,2 Millionen Leser vor der Konkurrenz. Auch das zweite große G+J-Flaggschiff, die BRIGITTE, konnte die Marktposition durch eine stabile Entwicklung beim Stammtitel und dem Ausbau der Markenfamilie weiter festigen. Das im Frühjahr erschienene Magazin BRIGITTE KULTUR fand 80.000 Käuferinnen. Im November 2003 kam BRIGITTE COOKIE auf den Markt. Viermal pro Jahr bietet das Heft im Pocketformat Rezepte sowie Tipps und Tricks für unkompliziertes Kochen. Ebenfalls auf Erfolgskurs befindet sich BRIGITTE WOMAN. Als Magazin für Frauen über 40 übersprang der Titel erstmals die Auflagenmarke von 300.000 Exemplaren. BRIGITTE YOUNG MISS konnte nach dem Relaunch im Herbst 2003 die Auflage steigern. Als feste Größe auf dem deutschen Frauenzeitschriftenmarkt hat sich die im Oktober 2001 gestartete WOMAN etabliert. Dank eines stabilen Verkaufs von durchschnittlich rund 330.000 Exemplaren wurde die Garantieauflage auf 300.000 angehoben. Die angestrebte Zielgruppe „junge, gut gebildete, berufstätige Frauen” wird von WOMAN nach der Allensbacher Werbeträger-Analyse (AWA) hervorragend bedient. Wermutstropfen im Segment der Frauenzeitschriften ist MARIE CLAIRE, die trotz intensiver Bemühungen aufgrund fehlender Resonanz im Anzeigenmarkt mit dem Oktoberheft 2003 eingestellt werden musste. Im Segment der Magazine für Wohnen und Lebensstil wurde dem G+J-Klassiker ESSEN + TRINKEN ebenfalls ein junger Sprössling zur Seite gestellt: ESSEN + TRINKEN FÜR JEDEN TAG erschien erstmals im Juli 2003 in einem handtaschenfreundlichen Pocketformat. Schnelle, unkomplizierte Gerichte in gewohnter ESSEN + TRINKEN-Qualität machten das zehnmal jährlich erscheinende Heft bei einer verkauften Erstauflage von 150.000 Exemplaren schnell zum Erfolg. Bei den Wissensmagazinen konnte G+J seine Vormachtstellung auf dem deutschen Markt weiter ausbauen. GEO bleibt unangefochten Marktführer und konnte laut AWA First Class 2003 seine Reichweite in den gehobenen Zielgruppen von 16,7 auf 17,2 Prozent steigern. Die Auflage von GEOLINO stieg im Jahresvergleich um 14 Prozent. NATONAL GEOGRAPHIC setzte wie bereits im Vorjahr den Ausbau der Markenfamilie konsequent fort. Neben dem Sonderheft TRAVELLER wurde im November das zweisprachige Kinder- und Jugendmagazin NG WORLD gelauncht, das von einer Fernsehsendung im Kinderkanal und einem interaktiven Internetangebot flankiert wird. Innerhalb weniger Wochen wurden nicht nur 80.000 Exemplare verkauft sondern auch 15.000 Abonnenten gewonnen. Ungebrochen ist der Aufwärtstrend beim PeopleMagazin GALA. Im dritten Quartal 2003 übersprang der Premium-Titel erstmals die Hürde von 400.000 verkauften Exemplaren. Ebenso erfreulich entwickelte sich das Anzeigengeschäft mit einem Gesamt-Plus von 14,7 Prozent für 2003. Nach dreijähriger Talfahrt im Anzeigen- und Vertriebsmarkt deutet sich für 2004 eine leichte Erholung im deutschen Markt an. Gruner + Jahr wird die in allen Verlagsgruppen gestartete Innovationsoffensive auch im Jahre 2004 mit neuen Qualitätstiteln weiter vorantreiben. Im Stammgeschäft will G+J weiter Marktanteile hinzugewinnen. Rolf Wickmann Vorstand Zeitschriften Deutschland bis 31. Dezember 2003 Rolf Wickmann führte bis zum 31. Dezember 2003 über 20 Jahre lang den Zeitschriftenbereich Deutschland. G+J verdankt seinen Erfahrungen und seiner Leistung den kontinuierlichen Ausbau des G+J-Portfolios im Inland in den achtziger und neunziger Jahren. Rolf Wickmann ist seit dem 1. Januar 2004 als Generalbevollmächtigter der Gruner + Jahr AG & Co KG für die Betreuung von Beteiligungen und strategischen Projekten verantwortlich. Neben der Unterstützung des Vorstandes in wichtigen Schwerpunktthemen wird Rolf Wickmann damit weiterhin G+J im Beirat und der Gesellschafterversammlung der Vereinigte Motor Verlage GmbH in Stuttgart vertreten, den Beirat der Henri-Nannen-Journalistenschule führen und gemeinsam mit dem Vorstandsvorsitzenden Gruner + Jahr in der Gesellschafterversammlung des Spiegel repräsentierten. 44 GRUNER + JAHR I JAHRESBERICHT 2003 UNTERNEHMENSBEREICH WIRTSCHAFTSPRESSE/ZEITUNGEN I WIRTSCHAFTSPRESSE/ ZEITUNGEN Stärkung der Wirtschaftspresse durch konsequente Markenführung – FTD weiter auf Erfolgskurs. MIT DER ZUSAMMENFÜHRUNG aller G+J-Wirtschaftspublikationen in Deutschland in einen Vorstandsbereich sowie dem Verkauf der osteuropäischen Zeitungsbeteiligungen (Tschechien, Slowakei, Rumänien, Serbien) zum Jahresende wurde die 2002 eingeleitete strategische Fokussierung auf das Zeitschriftengeschäft von Gruner + Jahr konsequent fortgesetzt. Der zum Oktober 2003 erweiterte Vorstandsbereich Zeitungen/Wirtschaftspresse umfasst die FINANCIAL TIMES DEUTSCHLAND, die SÄCHSISCHE ZEITUNG, die Verantwortung für die Wirtschaftszeitschriften in Deutschland sowie die Koordination aller G+J-Wirtschaftstitel weltweit. Zielsetzung dieser Bündelung in einem Vorstandsbereich ist die Stärkung der Wirtschaftspresse im Hinblick auf neue Wachstumspotenziale. Achim Twardy Vorstand Unternehmensbereich Wirtschaftspresse/ Zeitungen Deutschland sprüche erfüllt. So stieg der Brutto-Anzeigenumsatz laut AC Nielsen um 20 Prozent. Ebenfalls sehr erfreulich entwickelt sich die Luxus-Beilage HOW TO SPEND IT, deren Erscheinungsfrequenz aufgrund der sehr positiven Resonanz im Anzeigen- und Lesermarkt ab 2004 auf sechsmal jährlich erhöht wurde. Das Wirtschaftsmagazin CAPITAL und der Unternehmertitel IMPULSE behaupteten 2003 erneut ihre führende Marktposition im jeweiligen Segment, konnten sich aber vor allem im Anzeigengeschäft nicht von der negativen konjunkturellen Entwicklung abkoppeln. Mit 216.169 verkauften Exemplaren (IVW IV/03) und einer leicht gestiegenen Reichweite auf 2,1 Prozent (MA 2003/II) und auf 12,2 Prozent (LAE) bleibt CAPITAL das auflagenstärkste und meistgelesene klassische Wirtschaftsmagazin in Deutschland. Im September 2003 wurde der Titel einem umfassenden Redesign mit neuer Optik, neuer Heftstruktur und einem erweiterten Themenspektrum unterzogen. Während die FTD im Jahre 2003 gegen den Trend bei Auflage und Anzeigen hinzugewinnen konnte, litten die Wirtschaftsmagazine CAPITAL, IMPULSE und BÖRSE ONLINE vor allem im Anzeigengeschäft wie kein anderes Zeitschriftensegment unter der schwachen konjunkturellen Entwicklung. Der schwierigen Situation der Wirtschaftspresse stand die sehr erfreuliche Entwicklung der SÄCHSISCHEN ZEITUNG gegenüber. Darüber hinaus wurden durch den Verkauf der Aktivitäten in Mittel- und Osteuropa hohe Unternehmenswerte realisiert. rund 57.000 stiegen. Die Auflagenentwicklung hatte positiven Einfluss auf die Reichweitenentwicklung. Die FTD konnte hier in 2003 überproportional zulegen. Laut AWA stieg die Reichweite um 23 Prozent auf insgesamt 265.000 Leser. In der wichtigen Entscheiderzielgruppe lag der Zuwachs laut LAE 2003 sogar bei 44 Prozent auf 92.000 Leser. Die FTD wuchs auch im vierten Jahr nach ihrer Gründung in den relevanten Kategorien Auflage, Reichweite und Anzeigen und konnte so weiter Marktanteile hinzugewinnen. Bei der Auflage verzeichnete die FTD im vierten Quartal 2003 mit 93.527 verkauften Exemplaren ein Plus von 4,7 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Die hohe Akzeptanz und enge Leserbindung lässt sich vor allem an den Abonnements ablesen, die um 6,3 Prozent auf Die FTD konnte sich als eines der führenden meinungsbildenden Medien in Deutschland etablieren. Dies unterstreicht auch eine Untersuchung des Medien Tenor, nach der die FTD in 2003 das meistzitierte Wirtschaftsmedium war. Zahlreiche Auszeichnungen für journalistische Leistungen, Design und Marketing sowie das wachsende Interesse der Anzeigenkunden bestätigen darüber hinaus, dass die FTD ihre hohen, selbst definierten Qualitätsan- IMPULSE, Deutschlands führendes Unternehmer- und Mittelstandsmagazin, wurde zum Jahresende ebenfalls optisch und inhaltlich weiter entwickelt. Speziell das Themenangebot für Jungunternehmer und Gründer wurde erweitert, um so neue Leser zu gewinnen. Das Sonderthema „Gründerzeit“ wurde als Supplement in der FTD und Teil von IMPULSE zum reichweitenstärksten Unternehmermagazin in Deutschland. BÖRSE ONLINE reagierte ebenfalls auf das veränderte Informationsbedürfnis von Anlegern und Investoren. Ergänzend zur weiterhin umfangreichen Analyse von Aktien und Unternehmen wurde ab Sommer 2003 die Berichterstattung zu alternativen Anlageformen wie Anleihen, Fonds, Optionsscheinen oder Zertifikaten verstärkt. Dass der Titel auch in schwierigen Zeiten nicht vom klaren Bekenntnis zum Qualitätsjournalismus abrückt, beweist die Auszeichnung mit dem deutschen Anlegerschutzpreis 2003 für „praktizierten, kritischen Finanzjournalismus“. Die SÄCHSISCHE ZEITUNG behauptete im abgelaufenen Geschäftsjahr erneut ihre Position als eine der führenden Regionalzeitungen Deutschlands und erreichte eine hohe Profitabilität. Neue Wege im Regionalzeitungsmarkt ging die SZ mit der Einführung einer eigenständigen Sonntagsausgabe seit Herbst 2003. Darüber hinaus wurde der Anteil neuer Geschäftsfelder am Gesamtergebnis sukzessive ausgebaut. Ferner konnte mit erheblichen Investitionen in das Verlagsgebäude in Dresden die Beseitigung der Schäden der Jahrhundertflut aus dem Sommer 2002 abgeschlossen werden. Ausgehend von der zum Jahresende 2003 einsetzenden Bodenbildung im Segment der Wirtschaftsmedien erwartet Gruner + Jahr für 2004 eine Trendwende. Diese ist allerdings eng an einen insgesamt positiven Konjunkturverlauf gekoppelt. Ein Aufwärtstrend der Wirtschaft und insbesondere an den Finanzmärkten beinhaltet Anzeigenpotenziale, von denen die G+J-Titel aufgrund ihrer führenden Marktpositionen überdurchschnittlich profitieren würden. Für 2004 rechnet der Verlag bei der Wirtschaftspresse daher mit einer deutlichen Ergebnisverbesserung. Elementare Bausteine der angestrebten Wachstumsoffensive bilden die verstärkte Zusammenarbeit und der intensivierte Erfahrungsaustausch zwischen sämtlichen Titeln national wie international. Die FTD wird ein stabiles Wachstum mit weiteren Marktanteilsgewinnen erreichen. Die Zeitungen in Sachsen werden ihre Marktposition journalistisch und wirtschaftlich ausbauen. GRUNER + JAHR 45 46 GRUNER + JAHR I JAHRESBERICHT 2003 UNTERNEHMENSBEREICH ZEITSCHRIFTEN INTERNATIONAL I GRUNER + JAHR 47 ZEITSCHRIFTEN INTERNATIONAL Im internationalsten Zeitschriftenverlag der Welt bilden etablierte Marken und erfolgreiche Konzepte die Basis für organisches Wachstum. MIT DEM START ZAHLREICHER MAGAZINE UND SONDERHEFTE hat der Unternehmensbereich „Zeit- Axel Ganz Vorstand Unternehmensbereich Zeitschriften Frankreich und USA schriften International” in 2003 die Basis für zukünftiges weltweites Wachstum gelegt: FITNESS (China), GEOLENOK/GEOFOCUS (Russland), FOCUS EXTRA (Italien), GLAMOUR (Polen), SHOPPING/ TÉLÉ 2 SEMAINES (Frankreich). Trotz rückläufiger Umsatzentwicklung – vor allem bedingt durch die Einstellung von ROSIE in den USA und den schwachen Dollarkurs – steuerte der Unternehmensbereich mit einer zweistelligen Umsatzrendite erneut einen überdurchschnittlich hohen Beitrag zum positiven Gesamtergebnis des Konzerns bei. Motor beim Ausbau des internationalen Portfolios war vor allem Frankreich, nach Deutschland der zweitgrößte Markt für Gruner + Jahr. So wurden allein rund um das bestehende Titelangebot von Prisma Presse wie FEMME ACTUELLE, PRIMA, VSD, CAPITAL, ÇA M’INTERESSE, GALA oder CUISINE ACTUELLE im Jahresverlauf 41 Sonderhefte auf den Markt gebracht. Mit SHOPPING gelang im Mai die erfolgreiche Etablierung eines neuen Magazinkonzeptes in Europa, das im Jahresverlauf innerhalb des Konzerns bereits nach Deutschland (WOMAN SHOPPING) und Spanien (MARIE CLAIRE SHOPPING sowie MIA SHOPPING) exportiert wurde. Die Entwicklung einer völlig neuartigen Programmdatenbank ermöglichte die Einführung der ersten 14-täglichen Fernsehzeitschrift auf dem französischen Markt überhaupt. Nach einem erfolgreichen Testlauf mit äußerst positiver Resonanz im November wurde TÉLÉ 2 SEMAINES im Januar 2004 landesweit gestartet und verkaufte auf Anhieb über eine Million Exemplare. Mit steigender Auflagentendenz bei den nachfolgenden Ausgaben ist sondern konnte auch in einem von hartem Konkurrenzkampf geprägten Geschäft seinen Marktanteil in der Gesamtbetrachtung von Anzeigen und Vertriebserlösen deutlich erhöhen. In Russland wurde mit dem Launch von GEOLENOK, einem Wissensmagazin für Kinder- und Jugendliche, sowie dem neuen populärwissenschaftlichen Titel GEOFOCUS die Spitzenstellung im Segment Wissensmagazine ausgebaut. In China befindet sich der Verlag weiter auf Wachstumskurs. Durch die erfolgreiche Einführung von FITNESS wurde ein neues Segment eröffnet, und die Umsätze stiegen deutlich an. Die fehlende verlegerische und wirtschaftliche Perspektive führte zur Einstellung der chinesischen Ausgabe von INC. zum Jahresende. der Titel damit eine der erfolgreichsten Zeitschriftenneueinführungen der letzten Jahrzehnte. In den USA konnten die großen G+J-Titel wie FITNESS, PARENTS oder CHILD trotz scharfen Wettbewerbs ihre Marktpositionen behaupten oder leicht verbessern. Insgesamt blieb die Konjunkturbelebung in den USA ohne signifikante Wirkung auf den Zeitschriftenmarkt, der zudem unter hohem Preisdruck bei den Anzeigen und einem rückläufigen Vertrieb litt. Erfreulich verlief für Gruner + Jahr die Entwicklung auf dem größten europäischen Wachstumsmarkt Polen. Hier baute der Verlag mit dem Launch von GLAMOUR im Frühjahr nicht nur seine führende Marktposition im Frauensegment weiter aus, streicht die Bedeutung des Auslandsgeschäfts für den Verlag. Die Kernmärkte Frankreich und USA bleiben unter der Führung von Vorstand Axel Ganz. Die G+J-Wachstumsmärkte China, Italien, Niederlande, Polen, Russland, Spanien und Österreich wurden im neu geschaffenen Vorstandsressort unter Torsten-Jörn Klein zusammengefasst. Für alle Länder, in denen der Verlag Geschäfte unterhält, sind die Prognosen für 2004 verhalten optimistisch. Unabhängig davon strebt Gruner + Jahr mit kräftigen Investitionen ein deutliches Wachstum an. Der Transfer bekannter Zeitschriftenmarken und erfolgreicher Konzepte in verschiedene Länder bleibt dabei wesentlicher Baustein der Wachstumsstrategie. G+J-Spanien verkündete zum 25. Verlagsjubiläum nicht nur deutlich über Plan liegende Zahlen. Neben verschiedenen Line Extensions für bestehende Titel gibt der Verlag seit 2003 in Kooperation mit der Motorpresse in Lissabon eine portugiesische Ausgabe des seit 1978 in Spanien erscheinenden Elternmagazins SER PADRES heraus. In Italien brachte G+J-Mondadori mehrere Sonderhefte an die Kioske und bereitete den Launch des Kinder- und Jugendmagazins FOCUS JUNIOR für Anfang 2004 vor. Die niederländische Verlagstochter von Gruner + Jahr blickt auf ein erfolgreiches 2003 zurück. Nach nur drei Jahren gelang dem Team dort das Erreichen der Gewinnzone. Die Aufteilung des internationalen Geschäfts auf zwei Vorstandsbereiche zum Januar 2004 unter- Dr. Torsten-Jörn Klein Vorstand Zeitschriften International seit dem 1. Januar 2004 Torsten-Jörn Klein hat zum 1. Januar 2004 die Verantwortung für alle internationalen Zeitschriftengeschäfte von G+J mit Ausnahme von Frankreich und den USA übernommen. Zurzeit sind dies die Landesgesellschaften in Südund Osteuropa, Holland und Österreich sowie Asien. Durch die Zusammenfassung der Verantwortlichkeit für diese Regionen in einer eigenständigen Vorstandsposition unterstreicht G+J die Bedeutung der Wachstumsmärkte für die zukünftige Unternehmensentwicklung. Die Verantwortung für Frankreich und USA wird im Vorstand weiterhin von Axel Ganz wahrgenommen. 48 GRUNER + JAHR I JAHRESBERICHT 2003 UNTERNEHMENSBEREICH DRUCKEREIEN I ZENTRALE UNTERNEHMENSENTWICKLUNG I GRUNER + JAHR 49 ZENTRALE UNTERNEHMENSENTWICKLUNG DRUCKEREIEN Gibt es eine Formel für Wachstum in reifen Märkten? Mit Effizienz und Kostenmanagement erfolgreich im harten Wettbewerb IM LAUFE DES JAHRES 2003 war eine StabilisieWÄHREND DER EUROPÄISCHE DRUCKMARKT in Volker Petersen Leitung Unternehmensbereich Druckereien 2003 erneut von starkem Wettbewerbs- und Preisdruck geprägt war, zeigten sich im vierten Quartal erste Erholungstendenzen. In den inländischen G+JDruckereien Itzehoe und Dresden konnten die durch Anzeigenflaute und geringe Heftumfänge bedingten Volumenrückgänge durch Neuakquisitionen weitgehend ausgeglichen werden. Dadurch lag die Auslastung an beiden Standorten auf Vorjahres-Niveau. Die Betriebe in Itzehoe und Dresden zählen zu den modernsten und leistungsfähigsten Tiefdruckereien Europas. Insgesamt behauptete Gruner + Jahr seinen zweiten Platz in der deutschen Tiefdruckbranche. G+J setzte den durch anhaltend hohen Preisdruck bedingten Ergebnisbelastungen ein konsequentes Kostenmanagement entgegen. So wurde in Itzehoe ein Effizienzprogramm gestartet, um die Wettbewerbsfähigkeit des Standortes langfristig zu gewährleisten. Positive Nachrichten gibt es für den Unternehmensbereich Druck vor allem aus den USA, wo sich der bereits in 2002 angedeutete Aufwärtstrend im abgelaufenen Geschäftsjahr festigte. Darüber hinaus konnte die Brown Printing Company durch die Übernahme der Druckaufträge der drei renommierten US-Magazine Time, People sowie Sports Illustrated des Kunden Time Inc. ihre Markposition als viertgrößter Magazindrucker im größten Zeitschriftenmarkt der Welt weiter festigen. Durch die Inbetriebnahme einer neuen Rotationsmaschine im Werk East Greenville wurde dort die Werkskapazität um 20 Prozent erhöht. Am Standort Woodstock konnten die Stückkosten durch den Einsatz von vier neuen Hochleistungssammelheftern weiter gesenkt werden. Die Umsatzrendite und der Ergebnisbeitrag Im Jahre 2003 wurde von der ZU, in enger Zusammenarbeit mit den operativen Unternehmensbereichen, der Innovationsprozess bei Gruner + Jahr neu überdacht und strukturiert. Als bereichsübergreifende Koordinationsinstanz und auch als Impulsgeber betreute die ZU das in 2003 gestartete WIN-Programm (World Class Innovation), das in kurzer Zeit schon recht beachtliche Ergebnisse zeigte. Dass Wachstum auch in gesättigten Märkten möglich ist, konnte durch die erfolgreiche Einführung von vielen neuen Titeln in den meisten Märkten nachgewiesen werden. der US-Druckereien konnten auf Vorjahresniveau gehalten werden. Aufgrund der zu erwartenden Erholung im Druckmarkt geht der Unternehmensbereich Druckereien für 2004 von einer leichten Steigerung der Druckvolumen aus. Bedingt durch die bessere Ausgangsbasis wird diese in den USA voraussichtlich stärker ausfallen als in Europa. Diese positiven Marktentwicklungen im laufenden Geschäftsjahr werden durch weitere Maßnahmen zum Kostenmanagement und zur Effizienzsteigerung flankiert. In Europa will Gruner + Jahr seine führende Stellung in der Tiefdruckbranche durch intensive Bearbeitung der Kernmärkte weiter ausbauen. Martin Stahel Vorstand Unternehmensentwicklung und Strategie rung, teilweise sogar eine leicht positive Trendwende in den meisten Anzeigenmärkten – allerdings noch nicht in Deutschland – zu erkennen. Die Zentrale Unternehmensentwicklung (ZU) verstärkte deshalb schon frühzeitig ihre Analysen und Programme bezüglich des künftigen Erlöswachstums in bestehenden Märkten und bei der Bearbeitung neuer Märkte und Geschäftsfelder. Dennoch ist davon auszugehen, dass ein größeres Umsatz- und Ergebniswachstum letztlich auch die Präsenz in neuen Marktsegmenten in den Gruner + Jahr-Kernländern und in neuen geografischen Märkten erfordern wird. Deshalb erarbeitete ZU im vergangenen Jahr für die operativen Bereiche laufend Analysen zu den Marktchancen und -risiken. Dabei wurden das Wettbewerbsumfeld, das spezifische Marktpotenzial, aber auch gesellschaftliche, politische und gesamtwirtschaftliche Entwicklungen berücksichtigt. Die Bedrohung bzw. die Chancen im bestehenden Geschäft der „klassischen“ Printmedien durch technologische Entwicklungen, vor allem im elektronischen Bereich (z. B. E-Paper, OnlineWerbung etc.), waren ebenso im Blickfeld. Einige interessante Akquisitionsprojekte wurden von ZU in 2003 verfolgt. Es ist nicht auszuschließen, dass in 2004 Wachstumsimpulse für G+J auch aus diesem Bereich kommen werden. Die von der ZU seit Anfang 2001 eingeleiteten Maßnahmen zur Kostenkonsolidierung und Prozessoptimierung (CAP-Programm: „Costs and Processes“) wurden aber parallel und konsequent weiter verfolgt. Da CAP in der Zwischenzeit schon zu einer unternehmensweit akzeptierten und gelebten „Marke“ geworden war, konnte allerdings die Intensität der Steuerung und Begleitung des Programms durch ZU schrittweise abgebaut werden. 50 GRUNER + JAHR I JAHRESBERICHT 2003 ZENTRALE DIENSTE I GRUNER + JAHR 51 ZENTRALE DIENSTE Know-how schaffen, umsetzen und vermarkten – vom internen Dienstleister zum externen Anbieter Dr. Martin Schuster Vorstand Zentrale Dienste ARBEITSABLÄUFE OPTIMIEREN, Shared Services entwickeln, Systeme vereinheitlichen sowie Effizienz- und Synergiepotentiale ermitteln und nutzen: In den Bereichen Personalwesen, Rechnungswesen, Corporate Finance sowie der Informationstechnologie, der Innenverwaltung, dem Papiereinkauf und der Rechtsabteilung hat der Unternehmensbereich „Zentrale Dienste“ auch in 2003 sein Serviceportfolio weiter ausgebaut. Dabei wurde verstärkt Augenmerk darauf gelegt, das erworbene Knowhow nicht nur intern zu nutzen sondern auch extern zu vermarkten. So konnten über die eigens zu diesem Zweck gegründete Business Service Company BSC, in der eine 40-Stunden-Woche gilt, zahlreiche externe Kunden für Dienstleistungen der Innenverwaltung, im Bereich IT-Services, Immobilienmanagement oder Personalwesen gewonnen werden. Ein Schwerpunkt der Aktivitäten in 2003 war die Informationstechnologie (IT). So wurde die Position des Chief Information Officer (CIO) mit dem Ziel ausgebaut, die IT im Sinne des Gesamtunternehmens weltweit strategisch neu auszurichten und eine Schnittstelle zu den Fachbereichen und Ländern zu schaffen. Zu den ersten Maßnahmen gehörte eine Bestandsaufnahme aller internationalen ITAktivitäten bei G+J als Grundlage für eine Konsolidierung der IT-Infrastruktur weltweit. Weitere Fortschritte bei der Vereinheitlichung von Systemen wurden mit Inbetriebnahme der betriebswirtschaftlichen SAP-Software in Italien sowie dem SAP-Projektstart in Spanien gemacht. Schon heute betreut die IT über 1100 SAP-Anwender, arbeitet für sieben Ländergesellschaften und verwaltet 3,5 Millionen Abonnentendaten. Mit dem reibungslosen Austausch der gesamten Telefonanlage und rund 3000 Telefonen an einem einzigen Wochenende stellten die IT und die Innenverwaltung ihre Leistungsfähigkeit eindrucksvoll unter Beweis. Zur Optimierung des PC-Supports wurde eine Kundenbefragung durchgeführt und ein neuer Dienstleister beauftragt. Zu weiteren ITProjekten gehörte unter anderem das erfolgreiche Outsourcing des PC-Supports an einen externen Dienstleister. Die Innenverwaltung schuf im Rahmen eines Online-Travelportals ein System zur Buchung und Abwicklung von Geschäftsreisen für Mitarbeiter, in dem alle Genehmigungs- und Abwicklungsprozesse elektronisch umgesetzt wer- den. Im „Personalwesen“ wurde ergänzend zum bewährten Führungskolleg und der Mitarbeiterentwicklung ein spezielles Förderprogramm für Nachwuchskräfte aufgesetzt. Durch die Einführung eines Intranet-basierten Self-Service-Portals haben zahlreiche G+J-Mitarbeiter seit 2003 außerdem die Möglichkeit, Bankverbindung, Adressen, Urlaubsdaten selbst einzusehen und zu ändern. Das Sportangebot für G+J-Beschäftigte wurde um die Sparten Golf, Frauenrudern, Rückenpower und Yoga erweitert. Im Bereich „Corporate Finance“ wurde die Integration von in- und externem Berichtswesen weiter vorangetrieben. Die Erstellung von Berichten wurde weitgehend automatisiert. Durch eine neue Software mit Schrifterkennung im „Zentralen Rechnungswesen“ können Eingangsrechnungen automatisch erfasst werden. Um eine kontinuierliche Fortbildung der Mitarbeiter im Rechnungswesen zu gewährleisten, wurde eine eigene interne Rechnungswesen-Akademie mit zwei parallelen zweisemestrigen Lehrgängen gegründet. Auch in 2004 wird der Unternehmensbereich „Zentrale Dienste“ sein Serviceportfolio für das Unternehmen und seine Mitarbeiter weiter ausbauen. So sind unter anderem Projekte zur elektronischen und mobilen Auftragsabwicklung und zur Modernisierung der Arbeitsplatz-Rechner in Vorbereitung. Mit Einführung einer neuen Systemlösung zur Erstellung des Konzernabschlusses sowie einer Optimierung des Berichtswesens wird „Corporate Finance“ darüber hinaus einen wichtigen Beitrag zur Verbesserung der Unternehmenssteuerung leisten. ATTRAKTIVER ARBEITGEBER Gruner + Jahr ist im intensiven Wettbewerb das marktführende journalistische Haus, das höchste Qualität und Premiummarken produziert und vermarktet. Damit ist G+J die erste Adresse im Personalmarkt der Verlags- und Medienbranche. Unter dem Credo „Menschen und Marken“ praktiziert G+J als attraktiver Arbeitgeber die Personalarbeit in den Bereichen Personalakquisition, Aus- und Fortbildung, Nachwuchsförderung (zum Beispiel Henri-Nannen-Journalistenschule, Auszubildende, Trainees, Nordakademiekooperation, Mitarbeitergespräche, Praktikantenprogramm) mit hoher Priorität. Dieser Anspruch gilt für das Unternehmen mit der großen Bedeutung seiner internationalen Aktivitäten auch für alle Auslandsmärkte in Europa und Übersee. Mehr zur Förderung von Talenten bei Gruner + Jahr erfahren Sie unter www.guj.de 52 GRUNER + JAHR I JAHRESBERICHT 2003 UMWELT I GRUNER + JAHR 53 LEBENDIGE ELBE Wie aus einer Ost-West-Kloake ein angenehmes Badewasser und mittlerweile ein wahrhaft europäischer Strom mit hoher Symbolkraft wurde. 54 GRUNER + JAHR I JAHRESBERICHT 2003 DAS WAR WIRKLICH EIN DICKER BROCKEN, der den Fischern von der Sächsischen Landesanstalt für Landwirtschaft im Oktober 2002 ins Netz ging: die Lachsdame war 94 Zentimeter lang und 6,7 Kilo schwer. Zusammen mit 23 Artgenossen trat sie ihre Reise entlang der Elbe bis in ihr einstiges Kinderzimmer im Lachsbach an. Einer aus dem Schwarm der Edelfische begab sich sogar schon zum zweiten Mal auf die anstrengende Reise vom Atlantik flussaufwärts. Das ist sehr selten, normalerweise sterben erwachsene Lachse, nachdem sie sich einmal mit ihren Geschlechtspartnern zur Fortpflanzung getroffen haben. Doch der Lachs ist nur einer der spektakulären Rückkehrer in der einst mit Schwermetallen und der Elbe installiert worden, viele industrielle Einleiter, etwa in Bitterfeld, stillgelegt. Selbst am Oberlauf in Tschechien, wo Chemiefirmen noch immer ihre Abwässer in den Fluss entsorgen, wurden Reinigungsanlagen in Betrieb genommen. Die Erfolge sind messbar: Schwermetalle wie Quecksilber sowie die giftigen chlorierten Kohlenwasserstoffe sind aus dem Gewässer fast ganz verschwunden, Fische und wirbellose Tiere wieder artenreich vertreten. Mit dem Großreinemachen an der Elbe stieg auch das Interesse der Anwohner entlang des Stroms. Der im Juli 2002 von Gruner + Jahr und der Deutschen Umwelthilfe durchgeführte „Erste UMWELT Wirtschaft und Kultur: säumen die Ufer der Elbe zwischen dem hochmodernen Containerhafen Hamburg und dem „Elbflorenz” Dresden ischen Riesengebirges in 1384 Meter Höhe. Wo drei kleine Rinnsale aus den umgebenden Torfmooren zusammentreffen, markiert ein steinerner Ring die offizielle Quelle der Labe, wie die Elbe in Tschechien genannt wird. Bereits 1963 wurde die urwüchsige Heimat der Sagengestalt Rübezahl zum Nationalpark erklärt – sieben Jahre vor dem ersten deutschen Nationalpark im Bayerischen Wald. Im deutsch-tschechischen Grenzgebiet durchschneidet die Elbe das malerische Elbsandsteingebirge. Binnen 100 Millionen Jahren bahnte sich der Fluss hier seinen Weg durch die 150 Millionen Jahre alten Sedimente des Jurameeres. Zwei aus dem Land der Eidgenossen stammende Maler, die dort I GRUNER + JAHR 55 Nur hier hat der einst in ganz Mitteleuropa beheimatete Biber überlebt und bildete den Ausgangspunkt für Wiederansiedlungsprojekte in großen Teilen Deutschlands. Hier, an der einstigen Nahtstelle zwischen Ostund Westeuropa, hat sich die Natur vielfach ihren ursprünglichen Charme und Charakter bewahrt. Wo sich die Menschen mehr als 40 Jahre feindselig gegenüberstanden, fungierte die Elbe als natürliche Grenze und wurde nicht wie in vielen anderen Bereichen zur gebändigten Wasserstraße. Die verheerenden Überschwemmungen im Sommer 2002 entlang der Elbe und ihrer Nebenflüsse zeigten einmal mehr, dass Flüsse mehr breite „Gruner + Jahr hilft dabei, die Natur- und Kulturgüter der Elbe von der Quelle bis zur Mündung grenzübergreifend zu erhalten, zu pflegen und schonend weiterzuentwickeln.” anderen Schadstoffen hoch belasteten Elbe. In den Elbe-Nebenflüssen in Sachsen und Sachsen-Anhalt treffen Biologen auch wieder häufiger auf das seltene Flussneunauge, den Steinbeißer oder sogar Meerforellen. „In der Elbe tummeln sich inzwischen 94 Arten und damit mehr als im Rhein”, freut sich Heinrich Reinecke, Leiter der Arbeitsgemeinschaft für die Reinhaltung der Elbe. Alles Anzeichen dafür, dass der Fluss biologisch wieder intakt ist. Beinahe ein Wunder. Galt der Strom zwischen Ost und West doch jahrzehntelang als Kloake Europas. Mehr als 200 Kläranlagen sind inzwischen entlang Internationale Elbe-Badetag” war ein Riesenspektakel. Mehr als 80.000 Flussbegeisterte feierten an 55 Orten in Tschechien und Deutschland ihre Elbe – mehr als 5000 Schwimmer stürzten sich in die kühlen Fluten. Für Roberto Epple, einen der Hauptinitiatoren des Badetages, ein ermutigendes Zeichen: „Was man liebt, schützt man auch.” Und Schützenswertes gibt es wahrlich genug: Von der Quelle in Tschechien bis zur Mündung bei Cuxhaven durchfließt die Elbe nicht weniger als fünf Nationalparks und ein Biosphärenreservat. Der Strom entspringt in den Granitbergen des tschech- Sie beißen wieder an, die Lachse und die anderen Fische der Elbe – dank eines umfassenden Verbesserungsprozesses der Wasserqualität vor 200 Jahren arbeiteten, gaben der Region ihren bis heute verwendete Namen Böhmisch-Sächsische Schweiz. Auch Caspar-David Friedrich fand in den steilen Felswänden, Kalkriffen und tiefen Schluchten zahlreiche Motive für seine Gemälde. Ein wahres Naturjuwel ist das von der Unesco anerkannte Biosphärenreservat „Flusslandschaft Elbe” zwischen der Grenze Sachsens und Lauenburg in Schleswig-Holstein. Auf einer Fläche von der siebenfachen Größe des Bodensees vereint es Schätze wie die größte zusammenhängende Auwaldlandschaft Europas oder 22.000 Solitäreichen. Auslaufflächen als bisher brauchen. Am so genannten Bösen Ort, einer engen Flussbiegung nahe der kleinen Stadt Lenzen in Brandenburg, zeugen unzählige Sandsäcke auf dem Elbdeich noch heute davon, wie Hunderte von Freiwilligen die Bewohner vor der großen Flutwelle bewahrten. Damit es nicht wieder so weit kommt, soll dem Strom 450 Hektar seiner ursprünglichen Überflutungsfläche zurückgegeben werden. Auf einer Strecke von sieben Kilometern wird landeinwärts ein neuer Deich errichtet. Der alte wird an sechs Stellen aufgeschlitzt und bietet so Eintrittsöffnungen für die alljährlichen Angelika Jahr-Stilcken, Vorstand Gruner + Jahr 56 GRUNER + JAHR I JAHRESBERICHT 2003 Hochwasser. 400.000 Eichen, Ulmen und Erlen sollen in den kommenden Jahren auf diesem neuen Schwemmland angepflanzt werden und den Auwald wiederherstellen, der hier bis vor 300 Jahren stand. „Was man hier macht, hat Pilotcharakter”, betont Tim Schwarzenberger, Leiter des Auwaldprojekts. „Das Projekt bietet die Chance zu zeigen, dass sich Naturschutz, Hochwasserschutz und eine Belebung des Tourismus durchaus vereinen lassen.” In Dresden wissen die Menschen schon lange um die Gefahren von Überschwemmungen. Nirgends haben die Bewohner des „Elbflorenz” ihren Fluss in ein enges Korsett gezwängt. Die so genannten Dresdner Elbwiesen sind ein- malig in Europa. Sie bezeichnen ein Gebiet mit einer Länge von 35 Kilometern, das weitgehend unbebaut ist und bei Hochwasser überflutet wird. Die Grünflächen gehören zu den beliebtesten Naherholungsgebieten der Dresdner und sind Heimat seltener Tierarten wie Wachtelkönig, Eisvogel und Schwarzmilan. An der Elbe gibt es jedoch nicht nur spektakuläre Naturlandschaften zu entdecken. In vielen Orten entlang des 1091 Kilometer langen Flusses im Herzen Europas wurden bedeutende Kapitel der Weltgeschichte geschrieben. Sowohl gesellschaftliche als UMWELT auch kulturelle und architektonische Veränderungen nahmen hier ihren Anfang. Durch den Anschlag seiner Thesen an die Tür der Schlosskirche in Wittenberg im Jahre 1517 leitete Martin Luther die Reformation ein. Die Luthergedenkstätte in Wittenberg wurde 1996 „als authentischer Schauplatz der Reformation” von der Unesco als Kulturerbe der Menschheit anerkannt. Weltkulturstatus trägt seit dem gleichen Jahr auch das 1925 von Walter Gropius errichtete Bauhausgebäude in Dessau. Es steht für die so genannte Bauhaus-Schule der Architektur, die zwischen 1919 und 1933 revolutionäre Ideen der Baugestaltung und Stadtplanung durchsetzte. Nicht minder visionär war die Errichtung der Ham- burger Speicherstadt am Ende des 19. Jahrhunderts in unmittelbarer Nachbarschaft zum damals neu gebauten Freihafen. Bis heute bilden die siebenstöckigen neugotischen Ziegelbauten den größten zusammenhängenden Lagerhauskomplex der Welt. Ebenso wie die Quelle der Elbe ist auch ihre Mündung eingebettet in Naturschutzgebiete. Im Nordseebecken und den angrenzenden Wattenmeeren verteilt sich schließlich das Wasser aus dem großen europäischen Fluss. Und von hier aus müssen auch alle erwachsenen Lachse ihre beschwerliche Reise in die Bäche ihrer Kinderzeit antreten. I GRUNER + JAHR 57 „DIE ELBE MUSS WELTERBE WERDEN” Ein Interview mit Professor Bernd von Droste zu Hülshoff. Im Jahre 1987 startete G+J gemeinsam mit der Deutschen Umwelthilfe das Projekt „Lebendige Elbe”. Es unterstützt die Vernetzung der mehr als 400 an der Elbe aktiven Umweltorganisationen und entwickelte ein Schutzkonzept von der Quelle bis zur Mündung. Langfristiges Ziel der Zusammenarbeit ist die Aufnahme von Teilen der einmaligen Flusslandschaften entlang der Elbe in das Welterbeverzeichnis der UN Unberührte Wildnis findet sich an einigen Abschnitten der Elbe Professor Bernd von Droste zu Hülshoff war Gründungsdirektor des Welterbezentrums an der Unesco in Paris und arbeitet heute als Berater der Unesco für das Welterbe Entlang der Elbe gibt es eine ganze Reihe bemerkenswerter Natur- und Kulturgüter. Wie können sie möglichst effektiv geschützt werden? Einige besonders herausragende Gebiete sind bereits unter den Schutz internationaler Konventionen und Programme gestellt als Ramsar-Feuchtgebiete, Biosphären-Reservate oder auch ausnahmsweise als Welterbestätte. Angesichts dieses Kaleidoskops an Begriffen mit unterschiedlichem rechtlichen Gehalt und Bindungswirkung im Flächenschutz geht es darum, ein integriertes Schutzgebietssystem für den Gesamtraum der Elbe bestehend aus Schutzgebieten und Verbundsflächen zu entwickeln. In diesem noch zu schaffenden Schutzgeflecht entlang der Elbe sind die herausragenden Welterbestätten besonders sichtbare Perlen an einer langen Kette. Welche Rolle kann dabei eine Anerkennung von Teilgebieten durch die Unesco-Welterbekonvention spielen? Die Anerkennung als Unesco-Welterbe wirkt oft wie ein Magnet für den Tourismus. Noch wichtiger aber ist, dass nun die internationale Gemeinschaft darüber wacht, dass Schutz und die Pflege des Welterbes tatsächlich sichergestellt sind und damit wesentliche Natur- und Kulturgüter für nachfolgende Generationen der Menschheit erhalten bleiben. Aus Imagegründen bemühen sich viele Unterzeichnerstaaten der Welterbekonvention darum, Vorbildliches auf dem Gebiet des Welterbe-Kultur- und Naturgüterschutzes zu leisten. Der internationale Mediendruck und der so genannte Reputationsfaktor arbeiten erfahrungsgemäß sehr wirksam zugunsten der Erhaltung des Welterbes. So hat man im Falle von Potsdam Sanssouci bei den geplanten, massiven Bauvorhaben im Bahnhofsviertel noch in letzter Minute eingelenkt, um eine Eintragung des Welterbegebietes in die ‚Rote Liste’ des Welterbes zu verhindern. Der Erste Internationale Elbe-Badetag wurde von der Bevölkerung begeistert aufgenommen. Wie können die Menschen entlang der Elbe noch stärker für den Erhalt und die Pflege der flussnahen Landschaften gewonnen werden? In der Tat bekundete der erste ElbeBadetag die Verbundenheit der Bevölkerung mit dem Fluss und das große Engagement für eine naturnahe Elbe, die zu einer hohen Lebensqualität zurückgefunden hat. Dennoch ist das Wissen um die Bedeutung der Erhaltung oder Regenerierung naturnaher Ökosysteme im Einzugsgebiet der Elbe als eine wesentliche Maßnahme des Hochwasserschutzes und als Kapital für eine nachhaltige Entwicklung nicht weit genug verbreitet. Um das Bild einer lebendigen Elbe als einer der wenigen noch naturnahen Flüsse in Europa entstehen zu lassen, ist sicherlich noch eine umfangreiche Erziehungs- und Sensibilisierungsarbeit zu leisten. Nicht nur vor Ort, sondern auch auf bundesdeutscher, europäischer und internationaler Ebene. Besonders wichtig ist es, die Jugend für ein dauerhaftes Engagement auf den Gebieten der Kulturlandschaftspflege und des umweltbewussten Handelns zu gewinnen. Sie müssen zu Welterbeschützern von morgen erzogen werden. In Europa stehen bereits einige Flusslandschaften entlang der Donau, dem Rhein und der Loire auf der Welterbeliste. Welche Bedingungen müssen erfüllt sein, damit dies auch für die Elbe gelingt? Die auf der Welterbeliste verzeichneten Flusslandschaften in Europa sind stets ausgesuchte Teile eines weit längeren Flusslaufs. Gerade im Falle von Flusslandschaften, die sich in der Regel über einen längeren Korridor hinziehen, stellt sich das Problem der Zusammenarbeit von vielen Akteuren, vor allem der Gemeinden, mitunter über die Grenzen von Bundesländern oder Staatsgrenzen hinweg. Die eigentliche Voraussetzung ist daher die Vernetzung und Integration der Schutzgebietssysteme. Alle politischen Instanzen, von der örtlichen, über die Landes- bis hin zur Bundesebene müssen an einem Strang ziehen. Welche wirtschaftlichen Impulse können sich durch ein Unesco-Prädikat ergeben? Das Unesco-Prädikat kann zu einer erheblichen Wertsteigerung einer Region führen. Zahlreiche Tourismuseinrichtungen haben sich weltweit auf die Vermarktung von UnescoWelterbegebieten spezialisiert und bieten spezielle Reiseangebote für Touristen an, die ihr Reiseziel nach dem Kriterium der Einzigartigkeit auswählen. Durch den Mischcharakter einer Unesco-Weltkultur- und Naturlandschaft Elbe können sich Synergieeffekte ergeben, die sowohl kulturell als auch landschaftlich interessierte Menschen anziehen und langfristig binden können. Kann sich eine Anerkennung von einzelnen Welterbegebieten auch auf angrenzende Bereiche auswirken? Das Welterbe, wie im Falle der Gartenlandschaft Dessau-Wörlitz, leistet einen wichtigen Beitrag zur regionalen Entwicklung. Im ländlichen Raum kann ein ökologischer und kulturell sensibler Tourismus zu einer Welterbestätte nachhaltig Arbeitsplätze sicherstellen und Einkommen schaffen. Davon profitiert dann die ganze Region. 58 GRUNER + JAHR I JAHRESBERICHT 2003 UMWELT I UMWELTBEWUSSTES WIRTSCHAFTEN ist für G+J ein wichtiger Unternehmensgrundsatz. Bereits 1991 verabschiedete der Vorstand das G+J-Umweltkonzept. Dazu gehören Abfalltrennung und Reststoffentsorgung, der Einsatz umwelt- und gesundheitsverträglicher Büromaterialien sowie ein sparsamer Umgang mit Energie und Wasser. Die G+J-Druckereien in Itzehoe und Dresden arbeiten technisch und ökologisch auf höchstem Niveau. Der Energie-, Papier- und Farbeinsatz ist so effizient wie möglich. Die Input/Output-Tabelle auf Seite 60 zeigt die Stoff- und Energiebilanz der G+JDruckereien in Itzehoe und Dresden für die Jahre 2000 bis 2003. Gruner Druck in Itzehoe hat als erste Druckerei in Deutschland ein integriertes Qualitäts- und Umweltmanagement eingeführt. Auf der Basis der internationalen Normen DIN EN ISO 9.001 und 14.001 wurden Qualitäts- und Umweltprüfungen durchgeführt und ein prozessorientiertes Managementsystem entwickelt. Die einzelnen Arbeitsschritte und Prozesse sind daher so gestaltet, dass sie den Normanforderungen entsprechen. Die Mitarbeiter müssen sich in ihrer täglichen Arbeit also nicht mit den Normen befassen, sondern erfüllen sie automatisch durch ihre Vorgaben. UMWELTSCHUTZBERICHT 2003 Wie Gruner + Jahr sich für den Umweltschutz engagiert: Vom nachhaltigen Einsatz wertvoller Ressourcen bis hin zu konkreten Aktionen und Projekten. PAPIER Für ein Druck- und Verlagshaus wie G+J ist Papier der wichtigste Rohstoff. Die Herstellung der eingesetzten Druckpapiere muss dabei höchsten Umweltanforderungen genügen. Wichtige Aspekte sind die Holzgewinnung aus nachhaltiger Waldbewirtschaftung, eine umweltschonende Zellstoff- und Papierherstellung, der Einsatz umweltverträglicher Druckfarben und das Papierrecycling. Für die Herstellung der bei G+J verwendeten Papiere soll kein Holz aus schützenswerten Wäldern verwendet werden. Darüber hinaus wurden gemeinsam mit den anderen deutschen Verlagen und den Papierherstellern Zertifizierungskriterien für eine ökologische Waldbewirtschaftung erstellt. G+J unterstützt und fördert im Rahmen des VDZ-Umweltarbeitskreises die Kommunikation und die regionalen Abstimmungsprozesse der ökonomischen, GRUNER + JAHR 59 60 GRUNER + JAHR I JAHRESBERICHT 2003 UMWELT INPUT-OUTPUT-BILANZ * 2000 2001 2002 2003 395.154 11.754 28 382.453 12.082 31 392.141 12.179 27 381.161 12.481 31 Hilfsstoffe (in t) Klebstoffe Heftdraht Verpackungsmaterial Schmierstoffe und Gleitmittel sonstige Hilfsstoffe 159 244 686 51 0 159 257 718 50 0 138 213 660 50 1 131 209 585 45 1 Betriebsstoffe (in t) Fotochemikalien Filme Druckplatten und Gummitücher Reinigungsmittel Säuren Laugen Salze sonstige Chemikalien 12 0 75 49 334 227 65 32 13 0 77 51 206 231 59 36 13 0 74 40 268 216 71 40 13 0 79 42 192 155 94 74 Energie (in MWh) Strom Erdgas Heizöl 86.597 110.072 3.687 90.784 118.109 5.725 96.101 114.164 7.130 95.274 122.883 7.641 Wasser (in m3) Eigenförderung Fremdlieferung 228.085 29.279 247.041 28.851 287.633 29.711 254.991 27.518 Schmutzwasser (in m3) 89.047 101.476 112.607 105.434 Emissionen (in kg) Toluol Stickoxide Schwefeldioxid Kohlenmonoxid Staub 47.927 19.800 1.850 339 2.950 54.371 21.800 2.140 347 3.050 48.620 21.541 2.687 365 3.151 43.807 21.414 2.760 319 3.125 Abfälle (in t) Papierabfälle besonders überwachungsbedürftig sonstige Abfälle 45.965 359 666 46.447 349 942 48.548 286 1.083 46.754 507 1.250 Vorprodukte (in t) Papiere Druckfarbe Zusatzmittel * für Deutschland ökologischen und sozialen Interessengruppen bei Fragen zur Bestimmung des Schutzbedarfs von Wäldern. Zum Schutz der Umwelt werden alle deutschen Zeitschriften von G+J ausschließlich auf chlorfrei gebleichten Papieren gedruckt. Der Altpapieranteil in unseren Zeitschriften liegt mittlerweile bei 15 (z.B. STERN) bis zu 33 Prozent (GEO). Im Zeitungsbereich arbeitet G+J mit Papieren, die bis zu 100 Prozent aus Altpapier bestehen. INNOVATIONEN Auch inhaltlich spielt das Thema Umwelt eine große Rolle in den G+J-Zeitschriften und Zeitungen. Artikel in STERN, GEO, BRIGITTE oder ELTERN decken Umweltskandale auf, unterstützen konkrete Aktionen und geben Alltagstipps für einen besseren Umweltschutz. Oder sie fördern, wie die Wirtschaftstitel CAPITAL oder IMPULSE, herausragende Umweltinnovationen in der Wirtschaft. „Ökofonds: nicht nur für Turnschuhträger“ – so titelt auch die FINANCIAL TIMES DEUTSCHLAND. Immer wieder starten die Zeitschriften und Zeitungen von G+J Aktionen, um bei Leserinnen und Lesern für die Unterstützung ökologischer Projekte zu werben. Ein Beispiel dafür ist die Initiative „GEO schützt den Regenwald“, die seit 1989 bislang fast 50 Schutz- und Entwicklungsprojekte in den Tropen ins Leben rief oder unterstützte. Unter dem Slogan „GEO hilft der Bohne“ organisiert der Verein beispielsweise den Import und den Verkauf von Wildkaffee aus dem Hochland Äthiopiens, dem Mutterland der Kaffeepflanze. Dadurch lohnt sich für die Bauern in der Provinz Kaffa wieder die Ernte der wild wachsenden Bohnen, und die Vielfalt des Urwalds und seiner Kaffeepflanzen bleibt erhalten. Mit der zunehmenden internationalen Ausrichtung des Verlages und dem Export von Zeitschriftentiteln verbreitet sich auch das Umweltengagement in viele Länder der Welt. So unterstützt G+J in den USA finanziell den Natural Resources Defence Council (Amerikas größten Naturschutzverbund). Das italienische Magazin FOCUS kooperiert I seit 2002 mit der privaten Naturschutzorganisation Legambiente in einer Kampagne zur Reinhaltung der Seebäder. FOCUS übernahm die Produktionsund Versandkosten für mehrere Tausend Plakate an Stadtverwaltungen und unterstützte die Aktionen zum Thema „Sauberer Strand“ durch begleitende Berichte und Aufrufe, besonders saubere oder verschmutzte Strandabschnitte zu melden. NATUR VOR DER HAUSTÜR Als Verlag an der Elbe, der unter anderem in Hamburg und Dresden Zeitschriften und Zeitungen herstellt, engagiert sich G+J für diesen europäischen Fluss und die Menschen, die an ihm leben. Mit dem Projekt „Lebendige Elbe“, das Gruner + Jahr und die Deutsche Umwelthilfe im Jahre 1997 gemeinsam ins Leben gerufen haben, wurde ein ganzheitliches Schutzkonzept von der Quelle in Tschechien bis zur Mündung an der Nordsee entwickelt. Das Projekt unterstützt mehr als 400 an der Elbe aktive Umweltorganisationen und weckt mit der Aktion „Schulen für eine lebendige Elbe“ schon bei den Kleinsten das Interesse für die Flusslandschaft. Kinder an über 200 Schulen prüfen die Wasserqualität, erstellen Schadstoffbilanzen und untersuchen die Landnutzung rund um die Gewässer. Zu einer festen Institution avancierte mittlerweile der 1999 ins Leben gerufene „GEO Tag der Artenvielfalt“, ein Projekt zur Naturerkundung vor der eigenen Haustür. Bei dieser inzwischen größten Feldforschungsaktion Europas gehen alljährlich am ersten Wochenende im Juni zehntausende Experten und Laien in Bächen, Wiesen oder Wäldern auf die Suche nach Tieren und Pflanzen und erstellen eine Liste der gefundenen Arten. Ziel des Projekts ist es, eine Brücke zu schlagen zwischen vorhandenem Umwelt-Interesse einerseits und verbreiteter Unwissenheit über die tatsächlich vorhandene Tier- und Pflanzenwelt andererseits. Ein wichtiger Schritt um der fatalen Fehleinschätzung entgegenzuwirken, in Mitteleuropa gäbe es keine beobachtenswerten Naturlandschaften mehr zu entdecken. GRUNER + JAHR 61 62 GRUNER + JAHR I JAHRESBERICHT 2003 CORPORATE RESPONSIBILITY I CORPORATE RESPONSIBILITY REPORT 2003 Wie Gruner + Jahr sich für soziale, kulturelle und ökologische Belange einsetzt und mit vielen Projekten und Aktionen Kunst, Wissenschaft und Nachwuchs fördert. VERANTWORTUNG ÜBERNEHMEN Gruner + Jahr informiert, unterhält und fasziniert die Menschen mit seinen Zeitschriften – und steht für Journalismus von höchster Qualität. Als internationales Verlagshaus leistet der Verlag einen wichtigen Beitrag zur Meinungsbildung und öffentlichen Diskussion weltweit. Daher gehört es zum grundlegenden Selbstverständnis des Verlages, über die unternehmerischen Ziele hinaus aktiv gesellschaftliche Verantwortung zu übernehmen. An erster Stelle stehen dabei die Mitarbeiter, denn sie sind der Schlüssel zum Erfolg. Zu den wichtigen Bestandteilen der G+J-Unternehmenskultur gehören neben modernem Umweltmanagement insbesondere soziales Engagement und die Förderung von Kunst, Kultur und Fotografie. Gruner + Jahr leistet mit seinen Ausstellungen hochkarätige Beiträge zum kulturellen Leben, deren Bedeutung weit über Hamburg hinausgeht. Jedes Jahr kommen über 60.000 Besucher in das Pressehaus am Baumwall, um sich die internationalen Ausstellungen, wie die Deutschlandpremiere des World Press Photo Awards (in Kooperation mit STERN, GEO und der Deutschen Bahn) oder die Ausstellung „ausgezeichnet”, anzusehen. Diese zeigt die Arbeiten der Preisträger der renommierten Wettbewerbe für Nachwuchsfotografie, den BFF-Förderpreis (Bund Freischaffender Foto-Designer), Reinhart-Wolf-Preis und Kodak Nachwuchs Förderpreis. Publikumsmagnete: G+J-Ausstellungen finden große Resonanz Sieger: Stefan Willeke (Die Zeit) gewann den ErwinEgon-Kisch-Preis 2003 Zusätzlich veranstaltet Gruner + Jahr gemeinsam mit dem Freundeskreis der Photographie Hamburg e.V. zweimal im Jahr die Portfoliosichtung für Nachwuchsfotografen. Tageszeitungen und Magazinen am Wettbewerb, um den renommiertesten deutschen Journalistenpreis zu ergattern. Ebenfalls um die Kraft der Worte geht es beim Bettina-von-Arnim-Literaturpreis, der alle zwei Jahre von der Zeitschrift BRIGITTE ausgelobt wird. Zu den Gewinnern des Wettbewerbs für deutschsprachige Kurzprosa gehörten bisher unter anderem Dories Dörrie, Christiane Krause und Markus Ramsmeier. KULTURELLE VIELFALT Gruner + Jahr engagiert sich für den Erhalt der kulturellen Vielfalt am Standort Hamburg. Neben der Kooperation mit dem Internationalen Haus der Photographie ist der Verlag langjähriger Förderer der Hamburgischen Staatsoper und der Deutschen Stiftung Musikleben. Auch kleine Kunstprojekte in der Nachbarschaft und die Aktivitäten der Hamburgischen Kulturstiftung werden von Gruner + Jahr unterstützt. NACHWUCHSFÖRDERUNG KUNST, KULTUR UND FOTOGRAFIE FÖRDERN „Als größter Zeitschriftenverlag Europas haben wir die Förderung der Qualitätsfotografie auf unsere Fahnen geschrieben. Unsere Magazine STERN und GEO stehen international für die ungebrochene Bedeutung und Macht des Fotos”, sagte Bernd Kundrun, Vorsitzender des Vorstandes von Gruner + Jahr anlässlich der Deutschland-Premiere von World Press Photo. Gruner + Jahr fördert besonders den fotografischen Nachwuchs. 1998 hat der Verlag zusätzlich zu den Ausstellungsaktivitäten im G+J-Foyer die Galerie 11 ins Leben gerufen und gibt damit bereits seit sechs Jahren dem fotografischen Nachwuchs eine Plattform für künstlerisch experimentelle Fotografie. Ein großes Echo fanden in der Galerie 11 unter anderem die „Automatenbilder” des Fotokünstlers Jan Wenzel und die „Sommersprossen”-Portraits von Michael Neugebauer. SCHREIBKULTUR Die G+J-Zeitschriften haben bereits viele hochkarätige Preise und Wettbewerbe ins Leben gerufen. So steht die Reportage jedes Jahr aufs Neue im Mittelpunkt, wenn vom STERN der EgonErwin-Kisch-Preis, benannt nach dem gleichnamigen „rasenden Reporter”, vergeben wird. Jedes Jahr beteiligen sich hunderte Journalisten von WISSENSCHAFT UND BILDUNG Die Frauenzeitschrift BRIGITTE verbessert seit 2001 mit der „IT-Akademie für Frauen“ die Chancen von Frauen auf dem Arbeitsmarkt. Mit Lehrgängen können Berufseinsteigerinnen, berufstätige und arbeitslose Frauen ihre IT-Kenntnisse vertiefen und ihre Potenziale in den neuen Berufsbildern erkennen und ausbauen. Zum bundesweiten Netzwerk der IT-Akademie für Frauen gehören mittlerweile 36 Bildungsträger mit einem Angebot von insgesamt mehr als 130 Lehrgängen. Partner der IT-Akademie für Frauen ist das Technologiezentrum Siegen; gefördert wurde die Initiative der Zeitschrift BRIGITTE vom nordrhein-westfälischen Wirtschaftsministerium. GRUNER + JAHR 63 64 GRUNER + JAHR I JAHRESBERICHT 2003 Mut gegen rechte Gewalt: Familienministerin Schmidt unterstützt die STERN-Aktion Weihnachtsbasar: G+J-Chef Bernd Kundrun überreicht die Einnahmen JUGEND FORSCHT auf Nachhaltigkeit angelegte Maßnahmen und Beratungen wird aussteigewilligen Rechtsextremisten geholfen, sich aus Neonazi-Gruppen und -Organisationen zu lösen. Aus der STERN-Idee „Jugend forscht” ist der europaweit größte Bundeswettbewerb für Naturwissenschaften und Technik geworden. Wegen des großen Erfolgs und der respektablen wissenschaftlichen Ergebnisse wurde im Jahr 1975 die gemeinnützige Stiftung „Jugend forscht e.V.” begründet. Der Preis wird jedes Jahr für besonders originelle und ausgefallene Arbeiten vergeben, im Jahr 2003 beispielsweise für einen solarbetriebenen Walkman, einen digitalen Wachhund für den Computer oder einen lösungsmittelfreien Naturkleber. An der STERN-Initiative beteiligen sich neben dem Bundesministerium für Bildung und Wissenschaft sowie dem Bundesministerium für Forschung und Technologie auch zahlreiche Patenfirmen der Industrie. KAMPF GEGEN FREMDENHASS Als Reaktion auf die besorgniserregende Zunahme neonazistischer Aktivitäten in Deutschland geht das Magazin STERN mit der Aktion „Mut gegen rechte Gewalt” entschieden gegen Hass, Ausgrenzung, Rassismus und Intoleranz vor. Eines der erfolgreichen Pilotprojekte im Rahmen der STERN-Aktion ist EXIT. Durch individuelle, BLINDEN DAS LESEN ERMÖGLICHEN Gruner + Jahr engagiert sich mit dem Magazin STERN bereits seit fast 40 Jahren für Blinde und Sehbehinderte. 1968 entwickelten Henri Nannen und Gerd Bucerius eine gemeinsame Blindenzeitschrift. Seitdem erscheinen in dem Non-ProfitProjekt alle 14 Tage ausgewählte Artikel aus dem STERN und der Zeit. Das 52 Seiten umfassende Heft geht regelmäßig an rund 2.500 blinde und stark sehbehinderte Leser sowie an zahlreiche Hilfseinrichtungen. Mittlerweile bieten auch die Zeitschriften BRIGITTE und GEO ein Leseangebot für Blinde an. Bei der BRIGITTE sind alle Texte in Blindenschrift gesetzt und werden per Diskette oder per E-Mail verschickt. Blinde können die Texte durch eine an der Computertastatur installierte Blindenschriftzeile in Punktschrift lesen oder sie sich per elektronischer Sprachausgabe vorlesen lassen. Die Zeitschrift GEO erscheint einmal im Monat als Hörzeitschrift von der Aktion „TonbandZeitung für Blinde”. CORPORATE RESPONSIBILITY I Unicef-Foto des Jahres: Schirmherrin Christina Rau im Gespräch Service: Alle 14 Tage erscheint eine gemeinsame Blindenzeitschrift MENSCHEN HELFEN Einnahmen des selbst organisierten Weihnachtsbasars leisten sie seit 25 Jahren einen wohltätigen Beitrag für Hamburger Hilfsorganisationen. GEOLINO unterstützt seit Erscheinen des ersten Heftes (1996) die UNICEF-Arbeit durch monatliche Berichterstattung. Eine weitere erfolgreiche Partnerschaft mit der Hilfsorganisation ist der Fotowettbewerb „UNICEF-Foto des Jahres”, der 2001 und 2002 von GEOLINO und seit 2003 von GEO ausgelobt wird. Der internationale Wettbewerb prämiert Fotografien, die die Lebensumstände von Kindern besonders eindringlich schildern. Aber nicht nur auf internationaler Ebene leistet Gruner + Jahr Hilfe für andere: 1996 entstand auf Initiative der SÄCHSISCHEN ZEITUNG der Verein „Lichtblick – Menschen helfen Menschen e.V.”, der 2003 in eine Stiftung umgewandelt wurde. In Zusammenarbeit mit über 330 karitativen Einrichtungen wird vor allem Gewaltopfern, Behinderten oder auch psychisch und chronisch Kranken in Sachsen geholfen. KARITATIVE SPENDEN Neben den Non-Profit-Projekten unterstützt Gruner + Jahr verschiedene soziale Einrichtungen und Stiftungen durch karitative Spenden und Spendenanzeigen. Auch bei den Mitarbeitern wird soziale Verantwortung groß geschrieben. Mit den DER INTERNATIONALITÄT VERPFLICHTET Um die Vorzüge internationaler Kontakte insbesondere für junge Menschen erlebbar zu machen, fördert Gruner + Jahr den weltweiten Jugendaustausch mit seinem Projekt „Come on!”. Kinder von Verlagsangehörigen können so den Sommer bei einer Gastfamilie in Frankreich, Italien, Spanien, Polen, Russland, den USA oder Deutschland verbringen und den Umgang mit einer anderen Sprache und Kultur spielerisch erlernen. Darüber hinaus fördert der Verlag den journalistisch-transatlantischen Dialog mittels finanzieller Unterstützung des Arthur F. Burns Journalistenaustauschprogramms. Auf internationaler Ebene ist besonders das Engagement der Mitarbeiter von G+J USA hervorzuheben. Sie geben einmal die Woche Leseunterricht für leseschwache Kinder an einer Primary School in Manhattan. Die französische Gruner + Jahr-Tochter Prisma Presse unterstützt beispielsweise den Verein „A chacun son Everest”, der für krebskranke Kinder erlebnisreiche Bergtouren organisiert, finanziell und durch Berichterstattung über die Initiative. GRUNER + JAHR 65 66 GRUNER + JAHR I JAHRESBERICHT 2003 CORPORATE RESPONSIBILITY I GRUNER + JAHR 67 DIE MACHT DER BILDER Wie Gruner + Jahr mit seinem Pressehaus am Baumwall zu einer anerkannten Institution für zahlreiche Kunst- und Fotoausstellungen wurde. Eine Ikone für das Jahr 2003: Das Foto aus dem Irak von Jean-Marc Bouju gewann den World Press Photo Award CORPORATE RESPONSIBILITY I FOTOS GEHÖREN ZUM LEBEN VON RUTH EICHHORN. Aber rund 23.000 Fotos in fünf Tagen sich- ten, bewerten und die Besten auszuwählen bleibt auch für die Fotochefin der GEO-Magazinfamilie eine außergewöhnliche Erfahrung. „Das war eine emotionale Achterbahnfahrt”, sagt Eichhorn, die dieses Jahr erstmals zur Jury von World Press Photo gehörte, dem größten und renommiertesten Preis für Fotojournalismus weltweit. Denn was die neunköpfige, internationale Jury aus Fotografen, Bildredakteuren und Agenturprofis zu sehen bekommt, zeigt nicht immer die schöne Seite der Welt. Häufig sind es Bilder von Kriegen und Konflikten, von verletzten, getöteten oder verstümmelten Menschen. Bilder die Elend, Schmerz, Verzweiflung und Hilflosigkeit ausdrücken. „Bilder, vor denen ich manchmal lieber die Augen verschlossen hätte”, sagt Eichhorn. Dabei bekommen die Juroren nur etwa ein Drittel aller rund 63.000 Einsendungen zu sehen, weil bei einer ersten Sichtung einer Vorjury bereits 40.000 Bilder die hohen Maßstäbe an technische Perfektion, bildliche Komposition und nachrichtliche Relevanz nicht erfüllen konnten. Die Zeit läuft: Gerade mal zwei Tage hat das Ausstellungsteam, um alle 200 Fotos des World Press Photo Awards aufzuhängen Seit 47 Jahren wird der Preis mit dem Ziel vergeben, die Arbeit professioneller Pressefotografen zu honorieren und den Nachwuchs der Branche zu fördern. In Deutschland wird die Arbeit des World Press Photo Awards seit zehn Jahren von Gruner + Jahr unterstützt. Fotografie ist ein besonderer Schwerpunkt der Ausstellungen des Verlages, der dabei jeweils mit G+J-Zeitschriften (STERN, GEO, etc.) kooperiert. Dazu gehören neben World Press Photo auch der BFF-Förderpreis und der ReinhartWolff-Preis oder Einzelausstellungen junger Nachwuchsfotografen in der so genannten Galerie 11. Beleg für den hohen fotografischen Anspruch von Magazinen wie STERN oder GEO sind die regelmäßigen Auszeichnungen beim World Press Photo Award. So gewann 2003 die Fotoserie „Megacities of Asia” von Peter Bialobrzeski den 1. Platz in der Kategorie „Kunst und Unterhaltung”, aus der Bilder in der GEO-Reportage „Die Turbo-Cities” publiziert wurden. Ebenfalls in GEO wurde das Foto „Die Rote Couch: Die Reiseführerin Klara Sigurdottir” von Horst Wackerbarth veröffentlicht, das den 3. Preis in der Kategorie „Kunst und Unterhaltung” gewann. Während in Amsterdam die Juroren Ende Februar manchmal bis tief in die Nacht diskutieren, laufen in Hamburg bereits erste Vorbereitungen für GRUNER + JAHR 69 AUSSTELLUNGEN IM PRESSEHAUS AM BAUMWALL (AUSWAHL) A MAGIC WEB – DER WALD VON BARRO COLORADO Fotografien von Christian Ziegler Galerie 11 AUTOMATENBILDER Fotografien von Jan Wenzel Galerie 11 WORLD PRESS PHOTO 2002 Foyer SOMMERSPROSSEN Fotografien von Michael Neugebauer Galerie 11 MAGIE DER COUCH. BLICKE INS ALLERHEILIGSTE DER PSYCHOANALYSE Fotografien von Claudia Guderian Galerie 11 „ERZÄHL MIR VOM LEBEN” Eine BRIGITTE-Ausstellung mit Fotografien von Ilse Thoma IM GARTEN Fotografien von Ulrike Thiele Galerie 11 FUTUR EINS Fotografien von Marcus Höhn Galerie 11 70 GRUNER + JAHR Das nackte Elend: die World Press PhotoAusstellung zeigt erschütternde Bilder. Im Vordergrund: Straßenjunge in der Mongolei (Foto: Jacob Ehrbahn) I JAHRESBERICHT 2003 CORPORATE RESPONSIBILITY die große Deutschland-Premiere des World Press Photo Awards an, zu der Ende April regelmäßig bis zu 1000 geladene Gäste ins Gruner + Jahr-Pressehaus am Baumwall kommen. Tischler, Maler, Tonund Lichttechniker, Dekorateure, Sicherheitsdienst und natürlich der Caterer müssen gebrieft werden. Einladungen verschicken und Meetings mit Sponsoren gehören ebenso zum Aufgabenspektrum wie die Vorbereitung der Pressekonferenz. Aber die schwierigste Aufgabe wartet noch. Zwei Tage vor Ausstellungseröffnung treffen die prämierten Fotos per Luftfracht, gerahmt und verpackt in Spezialkisten, in Hamburg ein. Gemeinsam mit einer Vertreterin von World Press Photo macht sich das Aufbauteam von Gruner + Jahr an das Hängen der Bilder. Keine leichte Aufgabe bei rund 200 Fotos in unterschiedlichen Formaten, die zudem aus neun oft gegensätzlichen Kategorien wie „Menschen in den Schlagzeilen”, „Alltagsleben”, „Natur” oder „Kunst und Unterhaltung” kommen. Können Bilder aus dem liberianischen Bürgerkrieg neben Sportfotos hängen? Wie passen Schwarzweißbilder neben Farbaufnahmen? „Nur durch die richtige Platzierung der Bilder nimmt man den Besucher an die Hand und führt ihn durch die Ausstellung”, erklärt Karen Fromm vom Referat Ausstellungen der G+J-Öffentlichkeitsarbeit. Dabei greift sie auf bestimmte Erfahrungswerte zurück. So werden die Bilder in einer mittleren Höhe von 1,65 Metern so gehängt, dass der Blick von links nach rechts wandert. „Das ist wie beim Lesen”, sagt Fromm. Geschickt wird der Blick auf bestimmte Highlights der Ausstellung gelenkt. Bevor die Bilder an die Wand kommen, werden sie an die I Stellwände gelehnt. Mal hier mal dorthin geschoben und immer wieder umgruppiert. Bis die zwei Kuratorinnen zufrieden sind, ist es schnell Mitternacht. Am Tag der Vernissage beginnen die Vorbereitungen schon im Morgengrauen. Fassadenkletterer bringen auf der Hafenseite des Pressehauses ein neun mal sieben Meter großes Ausstellungsplakat an. Zur Pressekonferenz erscheinen am Vormittag 40 Journalisten und vier Kamerateams. Ab Mittag liefert der Catering-Service Essen und Getränke. Wenn der Abend vorbei ist, werden die Gäste unter anderem rund 5000 Häppchen, 450 Liter Wasser sowie je 200 Liter Wein, Orangensaft und Bier verzehrt haben. Am Nachmittag beginnen Umbau und Dekoration des Foyers. In letzter Minute wird entschieden, dass die bereits aufgestellte Blumendekoration wieder entfernt wird: „Die üppigen Bouquets passen einfach nicht zu den teils erschütternden Bildern.” Die ersten Gäste treffen um 19 Uhr ein. Auch Ruth Eichhorn ist natürlich dabei. Hätte sie nur für sich entschieden, hätte wahrscheinlich ein anderes Foto gewonnen. Das prämierte World Press Photo zeigt einen irakischen Kriegesgefangenen hinter Stacheldraht, der mit einem Sack über dem Kopf seinen vierjährigen Sohn tröstet. Fotografiert von dem französischen Fotografen Jean-Marc Bouju im Südirak. Trotzdem ist Ruth Eichhorn mit der Entscheidung der Jury einverstanden, denn beim World Press Photo komme es auch darauf an, die Bedeutung für sehr unterschiedliche Betrachter zu berücksichtigen: „Der Gewinner ist eine Ikone für das Jahr 2003. Ein Bild, das in den Köpfen der Menschen hängen bleibt.” Hohe Aufmerksamkeit: Der diesjährige Sieger Jean-Marc Bouju (rechts) im ZDF-Interview GRUNER + JAHR 71 „AUSGEZEICHNET” 14. BFF-Förderpreis, Reinhart-Wolf-Preis und 15. Kodak Nachwuchs Förderpreis MULTIPLE 216 Fotografien von Christoph Siegert Galerie 11 WORLD PRESS PHOTO 2003 Foyer 72 GRUNER + JAHR I JAHRESBERICHT 2003 JAHRESABSCHLUSS WELTBILANZ GEWINN- UND VERLUSTRECHNUNG zum 31. Dezember 2003 1. Januar 2003 bis 31. Dezember 2003 AKTIVA in Tausend Euro 31.12.2003 31.12.2002 in Tausend Euro Immaterielle Vermögensgegenstände 261.619 408.619 Umsatzerlöse Sachanlagen 614.219 662.287 Bestandsveränderung Finanzanlagen Anlagevermögen Vorräte Forderungen aus Lieferungen und Leistungen 47.059 50.563 922.897 1.121.469 Sonstige betriebliche Erträge 4.245 85.392 119.145 2.566.503 2.930.340 -802.168 -927.587 -763.586 -847.816 gegenstände des Anlagevermögens und Sachanlagen -187.114 -255.036 Sonstige betriebliche Aufwendungen -697.820 -819.465 301.778 Personalaufwand Abschreibungen auf immaterielle Vermögens- 96.110 50.703 842.094 933.619 13.278 12.730 Veräußerungsgewinne /-verluste 8.627 10.062 Ergebnis der betrieblichen Tätigkeit 1.786.896 2.077.880 Ergebnis aus assoziierten Unternehmen Beteiligungsergebnis Vertragliche Festeinlagen / Gezeichnetes Kapital 2.806.950 409 Materialaufwand 160.152 PASSIVA in Tausend Euro 2.480.702 91.133 177.468 Rechnungsabgrenzungsposten 2002 329.853 200.342 Aktive latente Steuern 2003 80.206 Übrige Vermögensgegenstände Umlaufvermögen GRUNER + JAHR 73 287.968 Forderungen gegen verbundene Unternehmen Liquide Mittel I 31.12.2003 31.12.2002 51.469 184.976 167.284 265.412 3.313 -9.364 11.018 -9.695 Ergebnis vor Finanzergebnis und Steuern 181.615 246.353 -62.382 77.307 77.307 Rücklagen 114.140 108.124 Zinsergebnis -40.320 Bilanzverlust -25.661 -53.884 Steuern vom Einkommen und vom Ertrag -48.362 -58.026 Eigenkapital (vor Fremdanteilen) 165.786 131.547 Jahresüberschuss vor Fremdanteilen 92.933 125.945 Anteil anderer Gesellschafter -13.055 22.754 Jahresüberschuss nach Fremdanteilen 79.878 148.699 Fremdanteile Eigenkapital (inkl. Fremdanteilen) Genusskapital Pensionen und ähnliche Verpflichtungen Steuerrückstellungen 62.159 104.415 227.945 235.962 40.903 40.903 551.390 532.367 1.671 13.960 Sonstige Rückstellungen 177.788 195.915 Rückstellungen 730.849 742.242 10.504 7.093 Leasingverbindlichkeiten 132.575 137.931 Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen 199.142 195.003 Verbindlichkeiten gegenüber verbundenen Unternehmen 206.538 441.083 98.595 123.541 647.354 904.651 10.356 15.229 Verbindlichkeiten gegenüber Kreditinstituten Übrige Verbindlichkeiten Verbindlichkeiten Passive latente Steuern Rechnungsabgrenzungsposten 129.489 138.893 1.786.896 2.077.880 74 GRUNER + JAHR I JAHRESBERICHT 2003 JAHRESABSCHLUSS GRUNER + JAHR IN ZAHLEN Zeitschriften – Zeitungen – Druckereien in Mio. Euro 2003 2002 Umsatzerlöse 2.481 2.807 Operating EBITA 238 233 Cash flow 1) 236 253 1.787 2.078 228 236 Bilanzsumme Eigenkapital (inkl. Fremdanteilen) Fremdkapital 1.559 1.842 Anlagevermögen 923 1.121 Umlaufvermögen 864 957 Personalaufwand 764 848 11.352 11.862 Mitarbeiter am Bilanzstichtag 2) 1) Ermittlung nach DVFA/SG 2) ab 2003 neue Zählweise, 2002 Mitarbeiterzahlen vergleichbar dargestellt ANHANG ZUM WELTABSCHLUSS ZUM 31. 12. 2003 ALLGEMEINE GRUNDLAGEN Die Gruner + Jahr AG & Co KG und die Druck- und Verlagshaus Gruner + Jahr AG, Itzehoe, (Gruner + Jahr AG) gehören mehrheitlich der Bertelsmann AG und sind einschließlich ihrer Tochtergesellschaften in den Bertelsmann Konzernabschluss einbezogen. Die Gruner + Jahr AG ist als geschäftsführende Komplementärin mit 2 Prozent an der Gruner + Jahr AG & Co KG beteiligt. Insbesondere für die im Ausland ausgeübten Druckund Verlagstätigkeiten der Gruner + Jahr-Gruppe, die rechtlich weitgehend deren Gesellschaftern zugeordnet sind, liegt die Leitungsmacht bei der Gruner + Jahr AG. Obwohl keine rechtliche Verpflichtung besteht, stellen die Gruner + Jahr AG & Co KG und die Gruner + Jahr AG als gemeinsame Obergesellschaft freiwillig einen Weltabschluss für die Gruner + Jahr-Gruppe auf, in welchen ihre in- und ausländischen Tochtergesellschaften einbezogen sind. Die Weltbilanz und Welt-Gewinn- und Verlustrechnung der Gruner + JahrGruppe für das Geschäftsjahr vom 1.Januar bis 31. Dezember 2003 wurden nach den International Financial Reporting Standards (IFRS) und den vom Standard Interpretations Committee/International Financial Reporting Interpretations Committee (SIC/IFRIC) des IASB herausgegebenen Auslegungen erstellt. Eine Eigenkapitalveränderungsrechnung liegt zum 31. Dezember 2003 vor. Der Konzernanhang zum 31. Dezember 2003 enthält dagegen nicht alle durch die IFRS geforderten Angaben. Auch wurde keine Kapitalflussrechnung erstellt. Es liegt damit kein vollständiger Abschluss der Gruner + Jahr-Gruppe nach den IFRS vor. Das Geschäftsjahr entspricht dem Kalenderjahr vom 1. Januar bis zum 31. Dezember 2003. Der Weltabschluss wird in Euro aufgestellt, alle Angaben erfolgen in Tausend Euro (T€). Um die Übersichtlichkeit der Darstellung zu verbessern, werden einzelne Posten der Bilanz sowie der Gewinn- und Verlustrechnung zusammengefasst. Diese Posten werden im Anhang detaillierter ausgewiesen und erläutert. Die Gewinn- und Verlustrechnung ist nach dem Gesamtkostenverfahren gegliedert. Aufgrund ihrer Bedeutung werden die Gewinne und Verluste aus dem Verkauf von Tochterunternehmen separat ausgewiesen. KONSOLIDIERUNG KONSOLIDIERUNGSGRUNDSÄTZE Alle wesentlichen Tochtergesellschaften, die von der Gruner + Jahr AG sowie der Gruner + Jahr AG & Co KG gemäß IAS 27 direkt oder indirekt beherrscht werden, sind in den Konzernabschluss einbezogen. Unternehmen unter gemeinschaftlicher Führung im Sinne des IAS 31 werden quotal konsolidiert. Wesentliche assoziierte Unternehmen werden gemäß IAS 28 nach der Equity-Methode bilanziert, wenn ein maßgeblicher Einfluss ausgeübt werden kann. Dies ist grundsätzlich bei einem Stimmrechtsanteil zwischen 20 und 50 Prozent der Fall. Die zu konsolidierenden Abschlüsse der Gruner + Jahr AG & Co KG und der Gruner + Jahr AG als Muttergesellschaft und der einbezogenen Tochtergesellschaften werden nach einheitlichen Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden aufgestellt. Die Kapitalkonsolidierung erfolgt nach der Erwerbsmethode, bei der zum Zeitpunkt des Erwerbs die Anschaffungskosten der Beteiligung mit dem anteiligen Eigenkapital verrechnet werden. Auf stille Reserven und Lasten, die im Rahmen der Erstkonsolidierung aufgedeckt werden, werden latente Steuern angesetzt, sofern diese Aufdeckung nicht auch steuerlich nachvollzogen wird. Ein verbleibender aktiver Unterschiedsbetrag zwischen Anschaffungskosten und dem anteiligen zum Zeitwert bewerteten Reinvermögen wird als Firmenwert aktiviert und über die voraussichtliche Nutzungsdauer planmäßig linear abgeschrieben. Aufgedeckte stille Reserven und Lasten werden in den Folgejahren entsprechend der Behandlung der korrespondierenden Vermögensgegenstände und Schulden fortgeführt, abgeschrieben bzw. aufgelöst. Negative Unterschiedsbeträge werden, soweit sie nicht aus erwarteten Verlusten resultieren, planmäßig gemäß den Vorschriften des IAS 22 aufgelöst. Die Kapitalkonsolidierung quotal konsolidierter Unternehmen erfolgt nach den gleichen Grundsätzen. Die nach der Equity-Methode einbezogenen assoziierten Unternehmen werden mit dem anteiligenEigenkapital der jeweiligen Beteiligung bilanziert. Für den sich ergebenden Unterschiedsbetrag zwischen den Anschaffungskosten im Erwerbszeitpunkt und dem anteiligen Eigenkapital gelten die Grundsätze der Vollkonsolidierung. Verluste aus assoziierten Unternehmen, die den Beteiligungsbuchwert übersteigen, werden nicht erfasst, sofern keine Nachschusspflicht besteht. Alle konzerninternen Gewinne und Verluste, Umsatzerlöse, Aufwendungen und Erträge sowie Forderungen und Verbindlichkeiten bzw. Rückstellungen innerhalb des Konsolidierungskreises werden eliminiert. Die quotale Konsolidierung erfolgt anteilsmäßig nach den gleichen Grundsätzen. Zwischenergebnisse aus Lieferungen und Leistungen unter einbezogenen Unternehmen konnten vernachlässigt werden, weil sie hinsichtlich der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage der Unternehmensgruppe von untergeordneter Bedeutung waren und die Ermittlung der Wertansätze einen unverhältnismäßig hohen Aufwand erfordern würde. ANGABEN ZUM KONSOLIDIERUNGSKREIS Der Konsoliderungskreis einschließlich der Muttergesellschaften umfasst 88 vollkonsolidierte Unternehmen (Vorjahr: 90). In den Weltabschluss wurden alle in- und ausländischen verbundenen Unternehmen mit Ausnahme von 30 Gesellschaften (Vorjahr: 28) einbezogen. Dabei handelt es sich um Gesellschaften ohne nennenswerten Geschäftsbetrieb, die wegen ihrer insgesamt untergeordneten Bedeutung für die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage nicht in den Weltabschluss einbezogen wurden. Der Konsolidierungskreis hat sich im Geschäftsjahr wie folgt verändert: Einbezogen zum 31. Dezember 2002 Zugänge Abgänge Einbezogen zum 31. Dezember 2003 Inland 57 4 4 57 Ausland Gesamt 33 90 3 7 5 9 31 88 2 Gemeinschaftsunternehmen (Vorjahr: 2) wurden quotal in den Konzernabschluss einbezogen. Von den 15 assoziierten Unternehmen (Vorjahr: 25) wurden 9 (Vorjahr: 11) nach der Equity-Methode bilanziert. Die übrigen wurden wegen ihrer untergeordneten Bedeutung für den Konzernabschluss zu Anschaffungskosten angesetzt. Die Abschlüsse der im Wege der Vollkonsolidierung einbezogenen Unternehmen sind von den jeweiligen Abschlussprüfern nach den Prüfungsgrundsätzen des jeweiligen Landes geprüft worden. Für die nach dem jeweiligen Landesrecht erstellten Jahresabschlüsse lagen Bestätigungsvermerke vor. Außerdem wurden von den ausländischen Tochterunternehmen Handelsbilanzen II nach gruppenweit einheitlichen Bilanzierungs- und Bewertungsgrundsätzen nach IAS/IFRS aufgestellt. Auch diese Berichterstattungsabschlüsse (Reporting Packages) einschließlich der Anhangsangaben wurden grundsätzlich der Prüfung durch die jeweiligen Prüfer unterzogen, die die Anpassung der Jahresabschlüsse an die konzerneinheitliche Bilanzierung und Bewertung schriftlich bestätigt haben. I GRUNER + JAHR 75 WÄHRUNGSUMRECHNUNG Im Weltabschluss werden die Jahresabschlüsse ausländischer Tochterunternehmen gemäß IAS 21 nach dem Konzept der funktionalen Währung in Euro umgerechnet. Da sämtliche Tochterunternehmen ihre Geschäfte in finanzieller, wirtschaftlicher und organisatorischer Hinsicht selbständig betreiben, ist die jeweilige Landeswährung die funktionale Währung, so dass zur Währungsumrechnung die modifizierte Stichtagskursmethode angewandt wird. Die Umrechnung der Vermögensgegenstände und Schulden erfolgt daher zum Mittelkurs am Bilanzstichtag, während die Gewinn- und Verlustrechnung mit dem Durchschnittskurs des Jahres umgerechnet wird. Unterschiede aus der Währungsumrechnung bei den Bilanzposten gegenüber der Umrechnung des Vorjahres sowie Umrechnungsdifferenzen zwischen Gewinn- und Verlustrechnung und Bilanz werden ergebnisneutral im kumulierten übrigen Eigenkapital verrechnet. Zum Zeitpunkt der Entkonsolidierung von Konzerngesellschaften werden die jeweiligen kumulierten Umrechnungsdifferenzen erfolgswirksam aufgelöst. Für die aus der Sicht des Weltabschlusses wichtigsten Länder wurden für Zwecke der Währungsumrechnung folgende Euro-Wechselkurse zu Grunde gelegt (Fremdwährung für 1 EURO): Durchschnittskurs 1.1.-31.12.03 1.1.-31.12.02 US-Dollar ( USD) 1,1312 0,9416 Polnische Zloty (PLN) 4,4053 3,8344 Stichtagskurs 31.12.03 31.12.02 1,2630 1,0487 4,7019 4,0210 BILANZIERUNGS- UND BEWERTUNGSMETHODEN IMMATERIELLE VERMÖGENSGEGENSTÄNDE Selbst erstellte immaterielle Vermögensgegenstände des Anlagevermögens werden mit ihren Entwicklungskosten aktiviert, wenn dafür die Voraussetzungen nach IAS 38 erfüllt sind. Erworbene immaterielle Vermögensgegenstände des Anlagevermögens werden mit ihren Anschaffungskosten bilanziert. Die immateriellen Vermögensgegenstände werden grundsätzlich linear über die betriebliche Nutzungsdauer abgeschrieben. Aktivierte Software wird über drei bis vier Jahre, Lizenzen werden entsprechend der Vertragslaufzeit, Belieferungsrechte und Abonnentenstämme wurden über maximal 15 Jahre abgeschrieben. Firmenwerte aus Akquisitionen werden in Übereinstimmung mit IAS 22 aktiviert und linear über ihre voraussichtliche wirtschaftliche Nutzungsdauer von 5 bis 15 Jahren abgeschrieben. Firmenwerte aus der Kapitalkonsolidierung werden mit den Wechselkursen zum Zeitpunkt der Erstkonsolidierung umgerechnet und zu historischen Wechselkursen fortgeschrieben. SACHANLAGEN Sachanlagen werden zu Anschaffungs- oder Herstellungskosten vermindert um Abschreibungen bilanziert. Den planmäßigen Abschreibungen liegen folgende konzerneinheitlichen Nutzungsdauern zu Grunde: Gebäude Maschinen und technische Anlagen Betriebs- und Geschäftsausstattung 10 bis 50 Jahre 5 bis 15 Jahre 3 bis 12 Jahre LEASING Soweit ein in den Weltabschluss einbezogenes Unternehmen im Rahmen von Leasingverträgen alle wesentlichen Chancen und Risikten trägt und somit als wirtschaftlicher Eigentümer anzusehen ist (Finance Lease), wird der Leasinggegenstand bei Vertragsabschluss mit dem Marktwert oder dem niedrigeren Barwert der zukünftigen Leasingzahlungen aktiviert. Die aus dem Finance Lease resultierende Zahlungsverpflichtung wird in gleicher Höhe unter den Finanzverbindlichkeiten passiviert. Ist der spätere Eigentumsübergang der geleasten Vermögensgegenstände hin- 76 GRUNER + JAHR I JAHRESBERICHT 2003 Nutzungsdauer. Anderenfalls wird als Abschreibungsdauer die Laufzeit des Leasingvertrages zugrunde gelegt. Die vom Leasingnehmer zu zahlenden Leasingraten verändern sich bei den Leasingverträgen in Abhängigkeit von Zinsänderungen beim Leasinggeber. Neben den Finance-Lease-Verträgen sind Mietverträge abgeschlossen worden, die als Operating-Lease-Verträge zu qualifizieren sind. Dies führt dazu, dass die Leasinggegenstände wirtschaftlich gesehen dem Vermieter zuzuordnen sind und die Leasingraten Aufwand der Periode darstellen. Die Summe der Leasingzahlungen während der unkündbaren Grundmietzeit ist unter den sonstigen finanziellen Verpflichtungen ausgewiesen. AUSSERPLANMÄSSIGE ABSCHREIBUNGEN AUF IMMATERIELLE VERMÖGENSGEGENSTÄNDE UND AUF SACHANLAGEN Immaterielle Vermögensgegenstände sowie Sachanlagen werden zum Bilanzstichtag gemäß IAS 36 außerplanmäßig abgeschrieben, wenn der erzielbare Betrag der Vermögensgegenstände unter den Buchwert gesunken ist. Der erzielbare Betrag wird als der jeweils höhere Betrag aus Nettoveräußerungswert und Barwert der erwarteten zukünftigen Cash Flows der Vermögensgegenstände ermittelt. Sind die Gründe für vorgenommene außerplanmäßige Abschreibungen entfallen, werden Zuschreibungen vorgenommen. Dabei wird höchstens auf den Betrag zugeschrieben, der sich ergeben hätte, wenn die außerplanmäßige Abschreibung nicht vorgenommen worden wäre. BETEILIGUNGEN UND WERTPAPIERE Wesentliche assoziierte Unternehmen werden nach der Equity-Methode bilanziert; alle übrigen Beteiligungen und sonstigen Wertpapiere des Anlage- und Umlaufvermögens sind als veräußerbare Wertpapiere (available-for-sale) zu qualifizieren. Veräußerbare Wertpapiere (available-for-sale) werden gemäß IAS 39 mit ihrem jeweiligen Börsenkurs (fair value) am Bilanzstichtag bewertet, sofern dieser zu ermitteln ist. Die daraus resultierenden unrealisierten Gewinne und Verluste werden erfolgswirksam erfasst. Fallen die Grundlagen einer außerplanmäßigen Abschreibung weg, werden entsprechende Zuschreibungen vorgenommen. Ist der Börsenkurs nicht zu ermitteln, werden die entsprechenden Beteiligungen und Wertpapiere mit fortgeführten historischen Anschaffungskosten bilanziert. VORRÄTE Die Vorräte werden zu Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten bilanziert, soweit diese nicht über dem Marktwert liegen. Die Herstellungskosten umfassen neben dem Material- und Fertigungseinzelkosten auch diejenigen Gemeinkosten, die durch den Produktionsprozess veranlasst sind. Liegen die Anschaffungs- oder Herstellungskosten am Abschlussstichtag über dem Marktwert, werden die Vorräte auf den Nettoveräußerungserlös („net realizable value”) abgewertet. Die Vorräte werden grundsätzlich mit ihren Anschaffungs- oder Herstellungskosten angesetzt. Gleichartige Vorräte werden zu Durchschnittskosten oder nach dem FIFO-Verfahren („first in first out”) bewertet. FORDERUNGEN Übrige Forderungen und sonstige Vermögensgegenstände werden grundsätzlich mit ihrem Nennwert oder gegebenenfalls mit ihrem beizulegenden Zeitwert bilanziert. Eine Abzinsung erfolgt bei langfristigen Forderungen. Fremdwährungsbestände werden grundsätzlich mit dem Stichtagskurs umgerechnet. Bestehende Risiken werden durch Wertberichtigungen berücksichtigt. LATENTE STEUERN Aktive und passive latente Steuern werden nach IAS 12 für sämtliche temporäre Differenzen zwischen den Wertansätzen der Steuerbilanz und der IAS-Konzernbilanz – mit Ausnahme von steuerlich nicht ansetz- JAHRESABSCHLUSS baren Firmenwerten – sowie für steuerliche Verlustvorträge angesetzt. Aktive latente Steuern werden durch Sicherheitsabschläge nur in der Höhe berücksichtigt, in der sie später genutzt werden können. Bei der Berechnung werden diejenigen Steuersätze angewendet, die nach der jeweils aktuellen Rechtslage zukünftig gelten werden. Die Auswirkung von Steuersatzänderungen auf aktive bzw. passive latente Steuern werden grundsätzlich in der Periode ergebniswirksam vereinnahmt, in der die entsprechenden Vorschriften verabschiedet worden sind. KUMULIERTES ÜBRIGES EIGENKAPITAL Im kumulierten übrigen Eigenkapital werden die Unterschiede aus der Währungsumrechnung sowie die Effekte aus der Fair Value-Bewertung der Cash-Flow Hedges erfolgsneutral bilanziert. RÜCKSTELLUNGEN Die Rückstellungen für Pensionen und ähnliche Verpflichtungen werden gemäß IAS 19 nach dem versicherungsmathematischen Anwartschaftsbarwertverfahren („projected unit credit method”) ermittelt. Bei diesem Verfahren werden neben biometrischen Berechnungsgrundlagen insbesondere der jeweils aktuelle langfristige Kapitalmarktzinssatz sowie aktuelle Annahmen über zukünftige Gehalts- und Rentensteigerungen berücksichtigt. Der im Pensionsaufwand enthaltene Zinsanteil wird im Finanzergebnis ausgewiesen. Sonstige Rückstellungen werden gemäß IAS 37 zu dem Zeitpunkt gebildet, an dem es sowohl wahrscheinlich ist, dass eine Verpflichtung entstanden ist und damit zu einem zukünftigen Vermögensabfluss führen wird, als auch ihr Betrag vernünftig bestimmbar ist. Die Ermittlung von Gewährleistungsrückstellungen und von Rückstellungen für drohende Verluste erfolgt zu herstellungsbezogenen Vollkosten. Langfristige Rückstellungen werden abgezinst. VERBINDLICHKEITEN Verbindlichkeiten werden mit ihrem Nennwert bilanziert, langfristige Verbindlichkeiten werden abgezinst. Fremdwährungsverbindlichkeiten werden grundsätzlich mit dem Stichtagskurs umgerechnet. DERIVATIVE FINANZINSTRUMENTE Nach IAS 39 werden alle derivativen Finanzinstrumente in der Bilanz zum Marktwert erfasst. Der Ansatz der Finanzinstrumente erfolgt beginnend mit dem Abschlusstag des Geschäfts. Bei Vertragsabschluss eines Derivates wird festgelegt, ob dieses zur Absicherung einer Bilanzposition (fair value hedge) oder zur Absicherung künftiger Zahlungsströme (cash flow hedge) dient. Einzelne Derivate erfüllen nicht die Voraussetzungen von IAS 39 für eine Bilanzierung als Sicherungsgeschäft, obwohl sie bei wirtschaftlicher Betrachtung eine Sicherung darstellen. Die Änderungen des Marktwertes von Derivaten werden wie folgt erfasst: FAIR VALUE HEDGE Marktwertänderungen dieser Derivate, die zur Absicherung von Vermögensgegenständen bzw. Schulden dienen, werden in der Gewinn- und Verlustrechnung spiegelbildlich zu den gegenläufigen Wertänderungen der gesicherten Bilanzpositionen erfasst. CASH FLOW HEDGE Änderungen des Zeitwerts dieser Derivate, die zur Absicherung künftiger Cash Flows dienen, werden erfolgsneutral im kumulierten übrigen Eigenkapital erfasst. Die hier eingestellten Werte werden dann erfolgswirksam ausgebucht, wenn auch das abgesicherte Grundgeschäft erfolgswirksam wird. BESCHEINIGUNG DES WIRTSCHAFTSPRÜFERS Zum Weltabschluss der Gruner + Jahr - Gruppe haben die Abschlussprüfer eine Bescheinigung erteilt. I GRUNER + JAHR 77 WICHTIGE BETEILIGUNGEN 100 % INLANDSUNTERNEHMEN AUSLANDSBETEILIGUNGEN Gruner + Jahr AG & Co KG, Hamburg Berliner Presse Vertrieb GmbH, Berlin Börse Online Verlag GmbH & Co. KG, München DPV Deutscher Pressevertrieb GmbH, Hamburg Ehrlich & Sohn GmbH & Co. KG, Hamburg G+J Corporate Media GmbH, Hamburg G+J Electronic Media Service GmbH, Hamburg G+J Electronic Media Sales GmbH, Hamburg G+J Wirtschaftspresse Online GmbH, München G+J Woman Verlag GmbH, Hamburg G+J Zeitschriften-Verlagsgesellschaft mbH, Hamburg IPV Inland Presse Vertrieb GmbH, Hamburg Living At Home Multi Media GmbH, Hamburg MVF Magazin-Verlag am Fleetrand GmbH, Hamburg Norddeutsche Verlagsgesellschaft mbH, Hamburg Picture Press Bild- und Textagentur GmbH, Hamburg stern.de GmbH, Hamburg Neon Magazin GmbH, Hamburg Gruner + Jahr/Mondadori S.p.A., Mailand, Italien Gruner + Jahr Polska Sp. z.o.o. & Co., Spolka Komandytowa, Warschau Polen Gruner + Jahr Printing and Publishing Company, New York/Waseca, USA Gruner + Jahr (Schweiz) AG, Zürich, Schweiz Gruner + Jahr Verlagsgesellschaft m.b.H., Wien, Österreich Gruner + Jahr ZAO, Moskau, Russland GyJ España Ediciones S.L., S. en C., Madrid, Spanien GyJ Revistas y Communicaciones S.L., Madrid, Spanien GyJ Publicaciones Internacionales S.L. y Cia., S. en C., Madrid, Spanien G+J Clip (Beijing) Publishing Consulting Co.Ltd., Peking, China G+J/RBA Publishing C.V., Amsterdam, Niederlande G+J/RBA S.N.C., Paris, Frankreich G+J RBA Sp. z.o.o. & Co., Spolka Komandytowa, Warschau, Polen Prisma Presse S.N.C., Paris, Frankreich Shanghai G+J Consulting and Service Co.Ltd., Shanghai, China Verlagsgruppe NEWS Ges.m.b.H., Tulln, Österreich VSD S.N.C., Paris, Frankreich INLANDSBETEILIGUNGEN Dresdner Druck- und Verlagshaus GmbH & Co.KG, Dresden Financial Times Deutschland GmbH & Co.KG, Hamburg G+J/RBA GmbH & Co.KG, Hamburg Hamburger Journalistenschule Gruner + Jahr-DIE ZEIT GmbH, Hamburg manager magazin Verlagsgesellschaft mbH, Hamburg SPIEGEL-Verlag Rudolf Augstein GmbH & Co.KG, Hamburg Vereinigte Motor-Verlage GmbH & Co.KG, Stuttgart 60 % 50 % 50 % 95 % 24,9 % 24,75 % 17,14 % 50 % 100 % 100 % 100 % 100 % 100 % 100 % 100 % 50 % 51 % 50,5 % 100 % 100 % 100 % 100 % 56,03 % 100 % Stand: 1. April 2004 AUFSICHTSRAT VORSTAND Dr. Gunter Thielen, Gütersloh, Vorsitzender (seit 30.10.2003) Gerd Schulte-Hillen, Hamburg, Vorsitzender (bis 30.10.2003) Klaus Unger, Hamburg, Stellvertretender Vorsitzender Birgit Breuel, Hamburg Dr. Jochen Frangen, Hamburg Dorit Harz-Meyn, Hamburg Dr. Tessen von Heydebreck, Frankfurt/Main Klaus Hillmer, Itzehoe Bernd Köhler, Dresden Dr. Siegfried Luther, Gütersloh Rolf Schmidt-Holtz, Gütersloh John Vinocur, Paris Michael Walter, Hamburg Dr. Bernd Kundrun Vorsitzender des Vorstandes der Gruner + Jahr AG Dr. Bernd Buchholz Leiter des Unternehmensbereiches Zeitschriften Deutschland Axel Ganz Leiter des Unternehmensbereiches Zeitschriften Frankreich und USA Angelika Jahr-Stilcken Journalistisches Vorstandsmitglied der Gruner + Jahr AG Dr. Torsten-Jörn Klein Leiter des Unternehmensbereiches Zeitschriften International Dr. Martin Schuster Leiter des Unternehmensbereiches Zentrale Dienste Martin Stahel Leiter des Unternehmensbereiches Zentrale Unternehmensentwicklung Achim Twardy Leiter des Unternehmensbereiches Zeitungen/Wirtschaftspresse Deutschland Stand: 1. Januar 2004 78 GRUNER + JAHR I JAHRESBERICHT 2003 CHRONIK I GRUNER + JAHR 79 CHRONIK 1948 – 2003 1948: Die Bundesrepublik ist noch nicht ge- 1976: G+J beteiligt sich mit 33,3 Prozent am gründet, da erscheint am 1. August im Verlag Henri Nannen GmbH die erste Ausgabe des STERN mit einer Druckauflage von 130.735 Exemplaren. 1980 erreicht die Druckauflage mit 2.021.115 Exemplaren ihren Höhepunkt. Lübecker Verlag Ehrlich & Sohn KG (FRAU IM SPIEGEL). Die Bertelsmann AG übernimmt die 5-Prozent-Beteiligung von Ernst Naumann und hält nun insgesamt 74,9 Prozent der Anteile. GEO erscheint mit einer Startauflage von 100.000 Exemplaren. 1996 erreicht die Druckauflage mit 783.386 Exemplaren ihDie Zeitschriften-Verleger John Jahr ren Höhepunkt. (CONSTANZE, BRIGITTE, SCHÖNER WOHNEN, CAPITAL) und Dr. Gerd Bucerius (STERN, Die Zeit G+J geht als erstes deutsches Verlagsu. a.) schließen sich mit dem Drucker Richard Gruner haus auf den internationalen Zeitschriftenmarkt: In (Gruner & Sohn, Gruner Druck GmbH) zur Gruner + Spanien wird der Verlag Cosmos Distribuidora S.A. Jahr GmbH & Co. zusammen. Gruner hält 39,5 Pro- (DUNIA, SER PADRES HOY) übernommen. In den zent, Jahr 32,25 Prozent und Bucerius 28,25 Prozent USA erwirbt G+J den Verlag Parents Magazine Enterprises Inc. mit den Titeln PARENTS und YM. der Anteile. In Deutschland startet das von Gerhard Peter MoosRichard Gruner verkauft seine Anteile. Die leitner entwickelte populärwissenschaftliche MagaEigentumsverhältnisse des Verlags werden neu ge- zin P.M. In Hamburg wird die G+J-Journalistenschule ordnet: Jahr und Bucerius halten je 37,5 Prozent. ins Leben gerufen, die 1984 anlässlich des 70. GeReinhard Mohn (Bertelsmann) beteiligt sich mit 25 burtstags des STERN-Gründers in Henri-NannenProzent. Gruner + Jahr übernimmt 90 Prozent des Schule umbenannt wird. Münchner Verlags Kindler & Schiermeyer (JASMIN, ELTERN, TWEN). Die restlichen 10 Prozent bleiben In den USA kauft G+J die Tief- und Offsetbeim dortigen geschäftsführenden Gesellschafter druckerei Brown Printing Company in Waseca, Ernst Naumann, der sie später gegen 5 Prozent der Minnesota. In Paris erscheint in dem 1978 gegrünG+J-Anteile tauscht. deten Verlag Participations Edition Presse S.A. (später Prisma Presse S.N.C.) die französische GEO-Ausgabe. G+J beteiligt sich mit 24,75 Prozent am HÄUSER und ART werden in Deutschland eingeführt. Spiegel-Verlag (Der Spiegel). John Jahr (Jahrgang 1900) und Dr. Gerd Bucerius (Jahrgang 1906) ziehen sich aus Das Wirtschaftsmagazin IMPULSE kommt der aktiven Geschäftsführung zurück. Die BRIGITTE auf den Markt. erreicht eine verkaufte Auflage von 1,4 Millionen und wird damit zur größten Frauenzeitschrift Europas. GEO bekommt einen Ableger: GEO SPECIAL, das monothematische Reisemagazin. Nach der G+J erwirbt 15 Prozent an der Vereinigten erfolgreichen Einführung von GEO in Frankreich Motor-Verlage GmbH & Co. KG (Auto Motor Sport). bringt G+J einen Titel nach dem Konzept von P.M. Aus der Gruner + Jahr GmbH & Co. wird das Druck- auf den französischen Markt: das monatliche und Verlagshaus Gruner + Jahr AG & Co. Die erste Magazin ÇA M‘INTÉRESSE. Auch Spanien begeisAusgabe der Monatszeitschrift ESSEN & TRINKEN tert sich für populärwissenschaftliche Themen: erscheint. MUY INTERESANTE wird erfolgreich gestartet. 1965: 1978: Deutschland, 1948 1969: 1979: 1971: Deutschland, 1965 1980: 1981: 1972: 1973: Bucerius tauscht seine G+J-Anteile ge- 1982: Die in Frankreich neu eingeführte Frauengen Aktien der Bertelsmann AG, die mit 60 Prozent zeitschrift PRIMA erreicht innerhalb eines Jahres Mehrheitsgesellschafter von G+J wird. Die rest- eine Verkaufsauflage von einer Million Exemplaren lichen Anteile halten John Jahr (35 Prozent) und . Ernst Naumann (5 Prozent). Einstieg in die elektronischen Medien mit einer 50-Prozent-Beteiligung an der Ufa Film- und John Jahr verkauft 9,9 Prozent seiner An- Fernseh-GmbH. G+J wird damit im Laufe der Jahre teile an die Bertelsmann AG und behält 25,1 Prozent. unter anderem Partner der privaten Fernsehsender 1984: 1975: Deutschland, 1975 RTL, RTL2 und VOX, des Pay-TV-Programms Pre- Hamburger Hafen in das Pressehaus am Baumwall. miere sowie verschiedene Radiosender. In Frankreich Der G+J-Vorstand verankert umweltbewusstes Verhalten als Unternehmensgrundsatz. wird FEMME ACTUELLE gestartet. 1985: G+J beschließt den Bau eines neuen Verlagshauses am Baumwall in Hamburg. Der Verlag Ehrlich & Sohn wird zu 100 Prozent übernommen. An der Manager Magazin Verlagsgesellschaft (Manager Magazin) erwirbt G+J eine 24,9-Prozent-Beteiligung. Bei den Zeitschriften kommen SCHÖNER ESSEN und FLORA hinzu. In London gründet G+J den Verlag Gruner + Jahr of the U.K. 1986: 1991: Das Zeitungsgeschäft wird weiter ausgebaut: Der Berliner Verlag wird im Rahmen eines Joint Ventures übernommen. In dem Verlag erscheinen BERLINER ZEITUNG, BERLINER KURIER, WOCHENPOST und die Programmzeitschrift F.F. G+J erwirbt auch die Mehrheit am Dresdner Druck- und Verlagshaus, in dem die SÄCHSISCHE ZEITUNG erscheint, sowie eine Beteiligung von 27,5 Prozent am Druckhaus Friedrichshain. Außerdem engagiert sich G+J bei Anzeigenzeitungen in den Ballungsgebieten Ostdeutschlands. Der ursprünglich ostdeutsche Titel NEUES WOHNEN erscheint auch in den alten Bundesländern.In Frankreich wird CAPITAL direkt nach der Einführung Marktführer unter den Wirtschaftstiteln. Mit dem Kauf der HAMBURGER MORGENPOST gelingt es, einen Fuß in das Zeitungsgeschäft zu bekommen. Auf Basis des Grundkonzepts der französischen Zeitschrift wird PRIMA nach Deutschland und England exportiert. In Frankreich wird Télé LOISIRS gestartet. In Spanien wird die Frauenzeitschrift MIA eingeführt. Über die Ufa beG+J übernimmt die restlichen 50 Prozent teiligt sich G+J an Radio Hamburg, einer der ersten am Berliner Verlag und stockt seine Beteiligung am privaten Rundfunkstationen in Deutschland. Druckhaus Friedrichshain auf 55 Prozent auf. Die LEIPZIGER MORGENPOST wird eingeführt.In Italien Kauf der kalifornischen Druckerei Riverside und Großbritannien erscheint der populärwissenCounty Publishing Company durch die G+J-Tochter schaftliche Titel FOCUS, der in Italien schnell zur Brown Printing Company. SPORTS (später SPORTS größten monatlichen Publikumszeitschrift wird. LIFE) und GEO WISSEN kommen in Deutschland auf den Markt. In Großbritannien startet G+J die FrauenG+J Polska mit Sitz in Warschau wird gezeitschrift BEST, in Frankreich das People-Magazin gründet. Das Frauenmagazin CLAUDIA erscheint VOICI. Auch in Spanien kommt GEO an die Kioske. auf dem polnischen Markt. G+J erwirbt eine 49-Prozent-Beteiligung an Nice Presse Invest (NPI), die G+J gründet in Mailand eine italienische über eine Tochtergesellschaft in Ungarn die TagesTochterfirma. In Deutschland wird das Reisemagazin zeitungen DÉLMAGYARORSZÁG und DÉLVILÁG GEO SAISON auf den Markt gebracht. Am 16. No- herausgibt. In Frankreich wird die Prominentenzeitvember, eine Woche nach dem Fall der Mauer, er- schrift GALA eingeführt. G+J beteiligt sich zu 50 scheint die STERN-Sonderausgabe „Deutschland – Prozent an der spanischen Ausgabe von MARIE Grenzenlose Freude“ mit Fotos der friedlichen Revo- CLAIRE und LA CASA DE MARIE CLAIRE. lution in der DDR, die insbesondere in Ostdeutschland reißenden Absatz findet. Die G+J-Beteiligung am Druckhaus Friedrichshain wird auf 100 Prozent aufgestockt. Das Start der CHEMNITZER, DRESDNER und People-Magazin GALA, die Info-Illustrierte TANGO MECKLENBURGER MORGENPOST. In einem Joint und die Programmzeitschrift TV TODAY werden in Venture mit dem Mailänder Verlag Mondadori star- Deutschland gestartet. G+J übernimmt das Anlagetet G+J in Italien die Frauenzeitschrift VERA. In einem magazin BÖRSE ONLINE. In Amerika erwirbt G+J von Gemeinschaftsunternehmen mit Marie Claire Album der New York Times Company sieben Frauenzeitbringt G+J die deutsche MARIE CLAIRE auf den schriften, darunter FAMILY CIRCLE und Mc CALL’s. Markt. G+J España erhält die Lizenz für die spanische In Polen kommt die Frauenzeitschrift NAJ auf den Ausgabe der COSMOPOLITAN. Beim Privatsender Markt. G+J beteiligt sich mit 51 Prozent an der sloRTL startet das Magazin STERN-TV. G+J zieht an den wakischen Tageszeitung NOVY ČAS. Deutschland, 1979 1992: 1987: 1993: Frankreich, 1984 1989: 1994: 1990: Spanien, 1990 80 GRUNER + JAHR I JAHRESBERICHT 2003 1995: BRIGITTE YOUNG MISS, die seit 1990 Deutschland, 1996 als Sonderheft herausgegeben wird, erscheint als eigenständiger Titel. LEIPZIGER MORGENPOST und TANGO werden eingestellt. SPORTS LIFE und die WOCHENPOST werden jeweils zu 75 Prozent verkauft. Mit geo.de, mopo.de, pm-magazin.de, stern.de und tvtoday.de startet G+J die ersten Internet-Angebote. In Frankreich wird die Unternehmenszeitschrift L’ESSENTIEL DU MANAGEMENT eingeführt. In Polen kommen die Frauenzeitschrift HALO und die Kochzeitschrift MOJE GOTOWANIE auf den Markt. 1996: In Polen startet FOCUS, in Deutschland ELTERN FOR FAMILY und das Kindermagazin GEOLINO. Die französische G+J-Tochter Prisma Presse übernimmt die wöchentliche Illustrierte VSD. Die G+J Funk- und Fernsehproduktions GmbH wird gegründet. Die Berliner Titel bei G+J, BERLINER ZEITUNG, BERLINER KURIER, BERLINER ABENDBLATT und TIP, gehen mit berlinonline.de ins Netz. Die Illustrationsdruckerei im G+J-Druckzentrum in Dresden und die neue Zeitungsdruckerei in Berlin-Lichtenberg nehmen den Betrieb auf. Der Betrieb im Druckhaus Friedrichshain wird eingestellt. 1997: Die Deutschland, 2000 Electronic Media Service GmbH (EMS) startet die deutschsprachige Suchmaschine FIRE BALL.DE. Auch BRIGITTE geht online. In Deutschland kommt die Internet-Programmzeitschrift TV TODAY ONLINE + COMPUTER (später ONLINE TODAY) auf den Markt. Die US-Druckereien Riverside County Publishing Company in Kalifornien sowie die Brown Printing Division in Kentucky werden verkauft. Brown Printing erwirbt im Gegenzug die auf Fachzeitschriften spezialisierten Druckereien PennWell und Graftek in Woodstock. 1998: In Polen bringt G+J die Frauenzeitschrift Polen, 2001 GRACJA an die Kioske und übernimmt die Wohnzeitschrift MOJE MIESZKANIE. In Italien folgt TOP GIRL, das Magazin für Mädchen und junge Frauen. In Frankreich erscheint das wöchentliche PeopleMagazin ALLO. In Russland erscheint das bereits in Deutschland, Frankreich und Spanien erfolgreiche Magazin GEO. Auch in China kommt ein G+J-Titel auf den Markt: CAR & MOTOR. Mit der Beteiligung an der Wiener NEWS-Gruppe (NEWS, TV MEDIA) in Höhe von 75 Prozent gelingt der Einstieg in den österreichischen Markt. Im Herbst folgt mit FORMAT der CHRONIK dritte Titel der NEWS-Gruppe. Die G+J-Wirtschaftspresse wird durch BIZZ, das Wirtschaftsmagazin für eine jüngere Klientel, ergänzt. Der Zeitungsbereich wird durch die 50-Prozent-Beteiligung am Bukarester Verlag Expres ausgebaut. Expres gibt die überregionale Kaufzeitung EVENIMENTUL ZILEI heraus. Eltern geht mit ELTERN.DE online. EMS startet die Tageszeitungs-Suchmaschine PAPERBALL.DE. Die neue Zeitungsdruckerei im G+J-Druckzentrum in Dresden nimmt den Betrieb auf. 1999: Nach 13 Jahren verkauft G+J die HAMBURGER MORGENPOST an zwei Hamburger Medienunternehmer. Die GEO-Familie wächst weiter: GEO EPOCHE, das Magazin für Geschichte, erscheint. In Lizenz der National Geographic Society bringt G+J in einem Joint Venture mit dem spanischen Verlag RBA das NATIONAL GEOGRAPHIC MAGAZINE und komplementäre Produkte auf den Markt. Von der ersten Ausgabe an wird das Magazin, das in französischer, deutscher und polnischer Sprache an die Kioske von sechs Ländern kommt, ein großer Erfolg. Auf dem französischen Markt eröffnet Prisma Presse mit der Internet-Zeitschrift WEB MAGAZINE ein neues Zeitschriftensegment. Das Internet-Reisebüro TRAVELCHANNEL.DE wird gestartet. YOUNG MISS, ART und NATIONAL GEOGRAPHIC gehen online. 2000: In einem Joint Venture mit dem Londoner Medienkonzern Pearson bringt G+J die FINANCIAL TIMES DEUTSCHLAND an die Kioske. Seit mehreren Jahrzehnten ist dies die erste Neueinführung einer überregionalen Tageszeitung in Deutschland. In Österreich setzt E-MEDIA neue Akzente im Segment der Internet-Zeitschriften. Der Unternehmensbereich „Zeitschriften International“ startet drei neue Titel: das Wirtschaftsmagazin CAPITAL in Spanien, das technologieorientierte Consumer-Magazin JACK in Italien und NATIONAL GEOGRAPHIC in den Niederlanden. Die Aktivitäten im englischsprachigen Raum werden auf die USA konzentriert: In Amerika gelingt G+J mit dem Erwerb von INC. und FAST COMPANY der Einstieg in das Segment der Wirtschaftszeitschriften. Aus dem britischen Markt zieht sich G+J aus strategischen Gründen zurück. Mit der Zeitschrift LIVING AT HOME und dem gleichnamigen Internet-Portal startet G+J eine integrierte, multimediale Plattform rund um Haus, Garten, Küche und Gastlichkeit. 2001: In den USA ist G+J USA Publishing mit dem Kauf der Wirtschaftstitel FAST COMPANY und INC. sowie dem Relaunch fast aller Titel unter die fünf größten Zeitschriftenverlage vorgerückt. Die Internationalisierung erfolgreicher Zeitschriftenmarken wird mit GALA in Polen und Russland und NATIONAL GEOGRAPHIC in Ungarn fortgesetzt. Nach dem Zusammenschluss mit der Kurier-Gruppe und dem Start der Frauenzeitschrift WOMAN verlegt die Verlagsgruppe NEWS in Österreich 14 Magazine. GEOlino, das innovative Kindermagazin von G+J, erscheint ab Januar 2001 monatlich. GEO wird 25 Jahre alt. Die Jubiläumsausstellung „Die Erde von oben“ lockt 800.000 Besucher an. BRIGITTE WOMAN erscheint regelmäßig viermal im Jahr. 2002: In Deutschland wird im Oktober das 14tägliche Frauenmagazin WOMAN gelauncht. Unter dem Dach des STERN erscheint ab Sommer STERN SPEZIAL BIOGRAFIE. In Frankreich kommt das Jugendmagazin GEO Ado auf den Markt. Die Elternzeitschrift FUMU PARENTS ist der zweite Schritt bei der Erschließung des chinesischen Zeitschriftenmarktes. Wegen fehlender Perspektiven werden in Deutschland BIZZ und ONLINE TODAY sowie HOME STYLE und ROSIE in den USA eingestellt. Die FINANCIAL TIMES DEUTSCHLAND kann als einzige überregionale Tageszeitung an Auflage gewinnen. Die Berliner Zeitungsaktivitäten werden an die Verlagsgruppe von Georg von Holtzbrinck verkauft. Zahl- I GRUNER + JAHR 81 reiche G+J-Titel feiern 2002 Geburtstag. In Deutschland wird CAPITAL 40 und ESSEN & TRINKEN 30 Jahre alt. In Frankreich hat VSD 25. und VOICI 15. Jubiläum. FOCUS in Italien wird zehn Jahre alt. 2003: Mit TÉLÉ 2 SEMAINES startet die G+JTochter Prisma Presse im November eine für den französischen Markt völlig neuartige 14-tägliche TVProgrammzeitschrift. Der innovative Ansatz trägt bereits nach wenigen Ausgaben Früchte: Die verkaufte Auflage steigt auf zwei Millionen Exemplare. TÉLÉ 2 SEMAINES ist damit einer der erfolgreichsten Magazin-Starts der letzten Jahrzehnte. Die in Lizenz gestartete GLAMOUR wird 2003 zur erfolgreichsten Neueinführung des Jahres in Polen. Mit einer Auflage von über 276.000 Exemplaren schafft sie auf Anhieb den Sprung an die Spitze der hochwertigen Frauenzeitschriften. Für Begeisterung bei jungen Leserinnen und Lesern in Deutschland sorgt das Magazin NEON, das 2003 mit zwei Pilotausgaben erfolgreich getestet wird. Seit Februar 2004 erscheint NEON elfmal pro Jahr. NATIONAL GEOGRAPHIC WORLD wird im November 2003 als zweisprachiges Wissensmagazin für Kinder gestartet: Es ist präsent in Print, TV und im Internet. Der internationale Ausbau des Wissenssegments von G+J wird mit dem Launch von GEOFOCUS in Russland vorangetrieben. Aus strategischen Gründen veräußert Gruner + Jahr zum 31. Dezember 2003 seine Zeitungsgeschäfte in Osteuropa an den Schweizer Ringier-Verlag. Deutschland, 2002 Frankreich, 2003 IMPRESSUM Herausgeber: Gruner + Jahr AG & Co. KG Öffentlichkeitsarbeit + Unternehmenskontakte Am Baumwall 11 20459 Hamburg [email protected] Fotograf: Dirk Stewen, Hamburg Artdirektion/Gestaltung: Büro Hamburg Texte: Stefan Michalk, Kurt Otto Realisation: G+J Corporate Media GmbH Griegstaße 75 22763 Hamburg Endredaktion: Thomas Huber Litho: p.r.o. medien Druck: Appl Druck GmbH & Co. KG Senefelderstraße 3-11 86650 Wemding Weitere Bilder: Andreas Teichmann (S. 6); Jason Todd (S. 28); Karin Rocholl (S. 42, 47); Grund und Flum (S. 43-44, 46, 48-50); Andreas Fechner (S. 51); Meffert/ Stern (S. 52-55); Archiv Gruner + Jahr (S. 63-65); Frank Richter (S. 56); Odile Hain (S. 58); mauritius (S. 65); 82 GRUNER + JAHR I JAHRESBERICHT 2003 WELTWEITE PRÄSENZ Über 11.000 Mitarbeiter produzieren in zehn Ländern auf drei Kontinenten über 110 Zeitschriften und Zeitungen G+J Hauptsitz, Hamburg G+J Polen, Warschau G+J Russland, G+J China, Moskau Peking Verlagsgruppe News, Wien G+J/Mondadori, Mailand G+J Niederlande, Amsterdam G+J USA, New York Prisma Presse, Paris G+J Spanien, Madrid