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rock‘n‘popmuseum / Thomas Mania (Hrsg.)
Techno
Ein Blick zurück in die Zukunft
Telos Verlag Dr. Roland Seim M.A.
Verlag für Kulturwissenschaft
Münster
2009
Bibliografische Information der Deutschen Bibliothek:
Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie, detaillierte bibliografische
Daten sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar.
1. Auflage, November 2009
Katalogbuch zur gleichnamigen Ausstellung im Rock‘n‘Popmuseum 08.11.2009 - 18.04.2010,
Udo-Lindenberg-Platz 1, D-48599 Gronau, www.rock-popmuseum.de
Copyright © 2009 rock‘n‘popmuseum Gronau
Telos Verlag Dr. Roland Seim M.A. • Im Sundern 7-9 • D-48157 Münster/Westf.
www.telos-verlag.de • [email protected] • Tel/Fax 0251-326160
Alle Rechte vorbehalten
Die Urheberrechte der Texte bzw. der Abbildungen liegen bei den Rechteinhabern. Die Reproduktionen verstehen sich als
Bild- bzw. Großzitate im Sinne von § 51 des Urheberrechts.
Herausgeber und Ausstellungskurator: Dr. Thomas Mania
Layout: Frank Schürmann • pressebüro & medienservice schürmann • Hullerner Str. 9 • D-45721 Haltern am See •
www.schuermann.ws
Coverdesign: Frank Schürmann
Text- und Bildredaktion: Thomas Mania / Frank Schürmann
Druck und Verarbeitung: Möllers Druck und Medien GmbH • Markusstraße 6-10 • 48599 Gronau-Epe •
www.moellers-druck.de
Printed in Germany 2009
ISBN-13/EAN: 978-3-933060-32-7
INHALT
Thomas Mania
On the Road
Friedrich von Borries / Jens-Uwe Fischer
Country made in GDR
Michael Ahlsdorf
Biker-Musik
Peter Ellenbruch
Auf den Straßen des Kinos
Josef Spiegel
The Magical Mystery Tour
Peter Bischoff
Es hängt ein Pferdehalfter an der Wand
Michael Kleff
„All you can write is what you see” – Woody Guthrie
Peter J. Kraus
On the Road with the Blues
Peter Bischoff
The Road Is Life
Carsten Kümmel / Rhea Marstaller / Gunther Matejka
16
42
62
78
102
130
162
184
214
Schwielen für die Stars
246
Autorenverzeichnis
270
Literaturverzeichnis
279
Die Geschichte der Elektronischen Musik bis 1989
Thomas Mania
Techno
Ein Blick zurück in die Zukunft
Genau vor zwanzig Jahren geschah es. Mit der ersten
Loveparade verließ Techno seine Kellerlöcher und ergoss sich wie Trockeneisnebel über die staunende Republik. Das, was mit 150 ravenden Teilnehmern begann,
sollte sich zu einem fast karnevalesken Spektakel mit 1,5
Millionen Besuchern auswachsen. In der Geschichte der
Popmusik sucht man seitdem vergebens nach neuen,
wirklich bewegenden Ereignissen. So hat sich Techno als letzte Revolution in die Geschichtsbücher
Populärer Musik eingetragen und sich damit – wie
all die anderen vom Rock’n’Roll bis zum HipHop - der Zirkularität des Popgeschehens vom
Underground über den Mainstream bis zur
kommerziellen Ausschlachtung anheim
gestellt; genug Stoff für eine Dokumentation des rock’n’popmuseums. Schrille,
„weltoffene“ Outfits, provokative Musik,
60-stündige Partys sind die Eckpunkte
des Drehbuchs einer Jugendkultur, die
ihren Kritikern als Perfektionierung
des Hedonismus, seelenlos und vollkommen apolitisch daherkam.
Techno als eine spezifische Form der Elektronischen Musik blickt auf eine lange Tradition zurück. Mit
der Entdeckung des elektrischen Stroms wuchs der Wunsch nach der Entwicklung elektrisch betriebener
Musikinstrumente. Auch in der Musik strebte der Mensch nun nach der Beherrschung der Natur. Unter
dem Wappenschild eines ungebrochenen Fortschrittsglaubens stand die völlige Kontrolle der Töne durch
den Spieler und die Erweiterung der Soundskalen im Vordergrund aller folgenden Erfindungen auf dem
langen Weg bis zur heutigen Elektronischen Tanzmusik.
Bereits um 1900 schuf Thaddeus Cahill mit dem Dynamophone eine elektrische Orgelmaschine, die gewaltige 200 Tonnen wog und die Ausmaße eines Güterwaggons einnahm. Das Dynamophone fußte auf
den theoretischen Vorarbeiten des Mathematikers Helmholtz. Dieser hatte in seiner „Lehre von den Tonempfindungen“ (1863) erkannt, dass komplexe Töne durch Addition von Sinusschwingungen erzeugbar
sind. Cahills überdimensionale Orgelmaschine benötigte für jeden einzelnen Ton einen riesigen dampfgetriebenen Wechselstromerzeuger zur Erzeugung der sinusförmigen Ausgangsspannung. Sein Prinzip
des Zahnradgenerators sollte gut dreißig Jahre später in der Hammond-Orgel kommerziell erfolgreichen
Einsatz finden. Erste Konzerte des Dynamophones wurden in Ermangelung anderer Übertragungsformen
via städtisches Telefonnetz übertragen. Die 35 Stromgeneratoren erzeugten eine Leistung von 10 Kilowatt, die die ständigen Spannungsverluste im Telefonnetz ausgleichen sollten.1
Es folgten viele weitere Erfindungen, beseelt von Ingenieursgeist und optimistischer Zukunftsorientierung. Mit dem Theremin, ein „Schwebungsummer“ (1921), der Berührungslos gespielt wird, dem Trautonium, entwickelt von Friedrich Trautwein (erstes Konzert 1930), der Hammond-Orgel (1934) und dem
Moog-Synthesizer (1964) seien nur einige wenige Stationen der Entwicklung genannt. Begleitende, aber
elementar wichtige Erfindungen waren die der Elektronenröhre, des Transistors und schließlich des Mikroprozessors. Sie ermöglichten eine Miniaturisierung und kostengünstigere Produktion der Instrumente
und sorgten damit für ihren Durchbruch im alltäglichen Einsatz.
Neben der Findigkeit kreativer Ingenieure begab man sich auch von musikalischer Seite auf die Suche
nach der Erweiterung akustischer Ausdrucksformen. Wichtige Arbeiten erledigte die Musique concrète
um Pierre Schaeffer und Pierre Henry. Ende der 1940er Jahre begannen sie, in der Tradition des italie1
6
Ruschkowski 1989, S. 18 f
7
nischen Futurismus, mit dem Mikrofon Töne aus Natur, Technik und
Umwelt aufzunehmen. Der italienische Futurist, Luigi Russolo, hatte
bereits 1913 das Manifest „L‘arte
dei rumori“ (Die Kunst der Geräusche) veröffentlicht, in dem er die
musikalische Arbeit mit Geräuschpegeln von Maschinen und moderner Städte theoretisch entwarf.
Schaeffer und Henry veränderten
ihr Klangmaterial durch Montage,
Schnitt, Collage, Veränderung der
Bandgeschwindigkeiten oder durch
Loopen und bildeten damit eine
bedeutende Grundlage dafür, was
sich dann Techno nennen sollte. In
späteren Jahren arbeitete Henry an
der Verbindung von Rockmusik mit
elektronischen Einflüssen der Konkreten Musik. Unter anderem stand
er mit Spooky Tooth auf der Bühne. 1967 entstand sein Werk „Messe pour le temps présent“, das ihn,
nach seiner Wiederveröffentlichung
im Jahr 1997, zu einer Vaterfigur
des Technosounds krönte.
Hugh Le Caine‘s Multi Tracker
© Library & Archives Canada
8
Ähnliche Ansätze verfolgte der Pionier vieler Entwicklungen auf dem Gebiet der Elektronischen Musik, der Kanadier Hugh Le Caine, dessen Werk in Europa bisher nicht den ihm gebührenden Platz einnehmen durfte. Aus dem Jahr 1955 stammt seine Bandmaschine „Multi Tracker“. Mit ihr produzierte
er den Titel „Dripsody“. Dabei handelt es sich um die Aufnahme des Aufpralls eines einzigen Wassertropfens, den Le Caine in oben beschriebener Form bearbeitet, um ihn in unterschiedlichen Geschwindigkeiten wiederzugeben. Die klangliche Nähe zu Techno ist frappierend. Hier zeichnen sich deutlich
die Grundzüge Elektronischer Musik ab. Klänge und Geräusche werden elektroakustisch, elektronisch
oder digital aufgenommen, gesamplet, synthetisiert, collagiert und montiert.
Wie eng die Verzahnung zwischen avantgardistischer Neuer Musik und Techno dabei ist, beweist abschließend eindrucksvoll John Cages Installation 33 1/3. Sie gilt als „Rohentwurf der DJ-Culture“2. In
seiner Installation gab er 1969 Besuchern die Möglichkeit, willkürlich Platten als Kreativmaterial aus
einem Ständer zu nehmen und auf mehreren Schallplattenspielern abzuspielen. Cage formulierte seine
Intention in beeindruckenden Worten: „Deshalb ist die einzige lebendige Sache, die mit einer Schallplatte geschehen kann, dass man sie auf eine Weise gebraucht, die etwas Neues entstehen lässt. Wenn
man zum Beispiel mit Hilfe einer Schallplatte ein anderes Musikstück machen könnte, indem man eine
Schallplatte oder andere Geräusche der Umwelt oder andere Musikstücke einbezieht, dann würde ich
das interessant finden.“3
Auch die Deutschen trugen ihr Schärflein zur Entwicklung der Elektronischen Musik bei. Von Karlheinz
Stockhausen und dessen Experimente im Kölner Studio für Elektronik hatten bereits zwei Mitglieder
der deutschen Avantgarde-Band CAN profitiert. Doch aus einem umfangreichen Pool experimenteller
Musiker des Krautrocks gehen Ende der 1960er Jahre mit Ralf Hütter und Florian Schneider-Essleben
zwei weitere Bewunderer Stockhausens hervor. Sie lassen mit ihrer Kompromisslosigkeit alle anderen
experimentellen Synthesizer- Bands der deutschen Szene meilenweit hinter sich. Ihre Idee: „Die Musik der technisierten Welt lässt sich nur auf einem Instrumentarium der technisierten Welt darstellen“4.
Konsequent setzen sie auf elektronische Musikinstrumente, Sequenzer und Effektgeräte, um einen ausschließlich synthetischen Sound zu kreieren. Mit ihrem Album „Menschmaschine“ (1978) nennen sie
2
Poschardt 1997, S. 110
3
Zitiert nach: ebenda
4
Zitiert nach: Feige 2000, S. 20
9
Kraftwerk auf T-Mobile-INmusic Festival in Sagrep, 2009
© NIKOLA SOLIC / Reuters / Corbis
10
11
ihren puristischen Technik-Positivismus dann auch endlich beim Namen. Nachdem Kraftwerk diesen
Damm einmal geöffnet hatte, erbrachen sich ganze Fluten von Synthesizer und Sequenzerbands in das
elektronische Brachland der Popmusik. Industrial, Neue Deutsche Welle, Electric Body Music (EBM),
New Wave oder Elektro Pop trieben die einmal von Kraftwerk initiierte Entwicklung entschlossen
voran.5
Zeitgleich mit den ersten Krautrockversuchen der jungen Kraftwerker entwickelte sich jenseits des
großen Ozeans ein neues Undergroundphänomen homosexueller Afroamerikaner, die jeglichem Avantgardegeist unverdächtige Disco-Music. Bereits gegen Ende der 1960er Jahre mischten DJs aus den
Quellen schwarzen Musik wie Soul, Funk und Rhythm & Blues ein neue Musik, mit Unterstützung
von Synthesizern und Rhythmusgeräten gelang auch ihnen die Kreation eines synthetischen Sounds.
Als erster DJ-Autor gilt Francis Grosso, er entwickelte 1970 im New Yorker Club Sanctuary das slipcueing, das Anhalten einer Platte mit dem Daumen bis der Beat des anderen Stückes endet. Doch ging
Grosso weit darüber hinaus, lediglich ein Stück in das andere überfließen zu lassen. Mit Hilfe zweier
Plattenspieler und dem Mischpult legte er Soundsequenzen übereinander und erfand damit die DiscoMusic.Grosso selbst mangelte es aber am Selbstverständnis als Künstler, er sah sich als reinen Dienstleister. Für ihn war es nur Disco, solange es auf dem Dancefloor funktionierte.6
Werk hervorbrachte. Das Sampling als dritte Qualität, die Speicherung und Manipulation von Geräuschen, wie sie schon gegen Ende der 1940er Jahre von der Musique concrète betrieben wurden, krönte
dann den DJ zu dem, was er nun tatsächlich war, ein eigenständiger Autor.8
Ihren endgültigen Durchbruch feierte diese Kunstform im neuen Chicagoer Discotempel Warehouse.
Aus der urbanen afroamerikanischen Musiktradition und
einer Begeisterung für deutsche Bands
wie Kraftwerk oder Tangerine Dream kreiert Frankie
Knuckles in Verbindung mit dem
nun entwickelten Handwerk des DJing die HouseMusik. Nachdem sich der überhitzte erste Disco-Hype Mitte der siebziger Jahre spätestens mit Saturday Night Fever
totgelaufen hatte, betrieb Frankie Knuckles gegen
Anfang der 1980er Jahre nun die
Reanimation von Disco als schwules UndergroundPhänomen. In der House-Musik
à la Frankie Knuckles schwingt noch deutlich der
Soul mit, die schwarze Seele
der Popmusik. Der Sound dieser Jahre kam eher
reduziert daher. Er wurde mit
einfachsten Synthies und Drumboxen erzeugt.
Ansgar Jerrentrup beschreibt ihn als einen „primitiv dürftigen
Grundsound, als sei
er von alten Analogsynthesizern und
Sequenzern produziert“, der klinge wie „ein billiges
Computerspiel“9.
Die Maxisingle stellte Mitte der 1970er Jahre als eigenständiges Format den ersten greifbaren Beleg
der DJ-Kultur dar. Es gab nun ein Medium, geschaffen für den Remix und den Dancefloor.7 Die breiteren Rillen des neuen Formats ermöglichten eine wesentliche höhere Sounddynamik mit fetten Bässen
und schneidenden Höhen. Mit dem Remixing, eine für den Dancefloor bearbeitete Form eines bereits
existierenden Tracks, hatten die DJs eine Fertigkeit ihrer Kunst nachgewiesen. Zur Entwicklung ihres
kompletten Repertoires bedurfte es der Innovationen der HipHop-DJs, die es verstanden, zwei Turntables zu einem veritablen Instrument umzuwidmen. Die ersten Künstlern dieses neugeborenen Genres
sind Mitte der 1970er Jahre die New Yorker DJs Kool DJ Herc und Grandmaster Flash. Zum Remixing
kam das Mixing zweier Tracks hinzu, deren kunstvolles Ineinandermischen nun ein eigenständiges
Mitte der 1980er Jahre drängt
Phänomen auf die Bühne der
Auftritt erfolgt von zwei Seiwird die House-Music zum
weiterentwickelt und in Detroit
von dem Juan Atkins später erit techno. Beiden Stilen war der
Songeinheiten hin zur Kreation
Strukturen gemein.10 Nicht zubeide fast gleichzeitig in verfallen-
5
Kurze und präzise Darstellungen dieser Stilarten finden sich bei Anz / Walder 1999
8
Ebenda, S. 34 f
6
Ebenda, S. 111
9
Jerrentrup 1993, S. 49
7
Poschardt 1997, S. 363
10
Poschardt 1997, S. 260
12
sich ein neues
Popmusik. Der
ten. In Chicago
Acid
House
entsteht
das,
zählt: we called
Abschied von
von abstrakten
fällig entstanden
den Städten des
Frankie Knuckles auf dem
20. Geburtstag des Def Mix
House Labels, 2007
© Getty Images
13
Juan Atkins, einer der „Belleville Three“
© Tofa / Chris Noelle
wirtschaftlichen Niedergangs. Detroit Techno und Acid House produzierten nun den maschinellen
Beat einer „urbanen Industriewüste, (…) nicht zur Verschönerung des Alltags gedacht, sondern eher
eine Reproduktion des Schreckens (…), zwar ohne Text (…), aber mit schrillen Soundcollagen, in
deren Dissonanzen die sozialen Brüche ästhetisch aufbereitet wieder auftauchen“11. Intention ist nicht
die vordergründige Auseinandersetzung mit sozialen Missständen, sondern der Erhalt eines hedonistischen Paralleluniversums, „einer zweiten Welt der Sinneslust und des Vergnügens, in die sich das
Abtauchen lohnt“12.
In Detroit war es das Dreigestirn Derrick May, Kevin Saunderson und Juan Atkins, die sich als „Belleville Three“ in das Geschichtsbuch von Techno als Gründer eingeschrieben haben. Alle drei besuchten
zusammen in einem Detroiter Vorort die Belleville Highschool. Derrick May wird das Zitat zugeschrieben „Techno ist wie Detroit, ein kompletter Fehler. Es ist, als wenn man George Clinton und
Kraftwerk in einen Fahrstuhl einsperrt“13. Der philosophische Hintergrund aller drei basiert auf den
Werken des Schriftstellers und Futorologen Alvin Toffler. Mit seinen zukunftsskeptizistischen Werken
„Future Shock“ (1970) und „Third Wave“ (1980) legt Toffler das Fundament für das Selbstverständnis
des Detroit Techno als Techno Rebel. House, Acid House und Detroit Techno waren dennoch konzeptionell nie etwas anderes als Körper- und Tanzmusik14 in einer „industrialisierten Überfluss- und
Freizeitgesellschaft“15.
Acid House verdankt sein Entstehen einer äußerst unansehnlichen und unspektakulären Box. Die
Rhythmusmaschine TB 303, eigentlich eine nur kurzzeitig produzierte Fehlgeburt der Firma Roland,
verlieh dem Acid House den so typisch fiependen und zirpenden Sound. Die Ehre des Erstlingswerks
dieser neuen Musikrichtung ist umstritten, doch verlieh DJ Phuture mit dem Titel „Acid Trax“ dem
Kind seinen Namen.16
14
11
Klein 2001, S. 171
12
ebenda
13
http://de.wikipedia.org/wiki/Derrick_May
14
Klein 2001, S. 172
15
Jerrentrup 2001, S. 187
16
Anz / Meyer 1999, S. 24
15
16
17
Der Siegeszug des Acid House begann auf der hippen Insel Ibiza, die Ende der 1980er Jahre neben einem
internationalen Publikum und auch von vielen jungen Briten besucht wurde. Hier feierte sich eine bemerkenswerte Melange aus Alt-Hippies und den neuesten Club-Trends aus den USA. „Diese Mischung
aus Künstlern, Musikern und Paradiesvögeln war einmalig. Dazu lief Musik, die ich so noch nie gehört
hatte: eine eklektische Mischung aus Italo-Disko-Sounds, afrikanischen Percussion-Beats, New Wave
und frühen Elektro-Titeln. In diesen Momenten auf der Tanzfläche wurde mir klar, ich will DJ werden“17,
bechreibt der deutsche DJ-Papst Sven Väth die musikalisch aufgeschlossene Atmosphäre der BalearenInsel bereits zu Anfang der 1980 Jahre. „Später (…) kam ich wieder auf die Insel - und sah auf einmal alle
möglichen Leute mit Smiley-T-Shirts und Stirnbändern herumlaufen. (…) In London gab es bereits AcidPartys, aber auf Ibiza erlebte die Musik ihren Durchbruch. Das wurde zur größten Jugendbewegung seit
Punk. Die britischen Medien nannten den Sommer ’88 bald den zweiten ‚Summer of Love’ (…) Wir nahmen die neuen Töne begeistert auf, dieses Geblubber und Gequietsche aus dem Roland 303-Synthesizer
war eine völlig neue Musik. (…) Es gab keine Struktur mehr, die Sounds gingen wild durcheinander.“18
Der weitere Weg auf die britische Insel nahm nur wenige Flugstunden in Anspruch. Die „schnelle, elektronisch erzeugte, weitgehend atonale Tanzmusik“ schmuggelte dabei eine Reihe aufputschender Drogen
wie Speed, Kokain oder Ecstasy nach Großbritannien „und mit diesen Beschleunigern auch eine neue
Art zu tanzen“ 19. 1987 gab es in London vermehrt private Partys der Ibiza-Urlauber, um die einzigartige,
drogengeschwängerte Stimmung zu konservieren. Schnell sprangen Clubs auf den Zug auf, das „Shoom“
und „Future“ veranstalteten entsprechende Abende. Die Club-Besucher gaben sich lässig und trugen legere Freizeitkleidung. Zunächst handelte es sich um einen kleinen, überschaubaren Kreis Eingeweihter,
der sich jedoch mit dem Club-Abend „Spectrum: The Theatre of Madness“ in der Londoner Diskothek
Heaven einer breiteren Öffentlichkeit öffnete und weitere Club-Abende an anderen Orten animierte. Der
Zulauf zur Szene war gewaltig. Schon bald reichte das Angebot der Clubs nicht mehr aus. So genannte
„warehouse parties“, illegale Veranstaltungen in verlassenen Lagerhallen, wurden schon bald zum Ziel
britischer Moralhüter. Acid House und extensiver Drogenkonsum wurden zu Synonymen. Auch die britischen Medien verfielen der öffentlichen Hysterie, die BBC verzichtete auf die Aufführung von Songtiteln, die das Wort „Acid“ enthielten.20
17
Lippitz 2008
18
ebenda
19
Klein 1999, S. 7
20
Meyer 2000, S. 52 f
18
Maxi-Single „Blue Monday“ von New Order. 1988
Die Szene reagierte äußerst flexibel auf
den zunehmenden Verfolgungsdruck
der britischen Polizei. Räume wurden
unter Vorwand angemietet, Eintrittskartenbesitzer erst bei der Anreise telefonisch über den genauen Ort informiert.
Illegale Piratensender bewarben dieses
neue Veranstaltungsformat, das mit
aufwendigen Lichtinstallationen und
mehreren DJs auf verschiedenen Floors
aufwartete. Der „Rave“, das „Toben“
oder das „Fantasieren“ war als Format
und als Begriff geboren und ging später
sogar als solcher in die britische Rechtsprechung ein. Paragraf fünf des britischen Strafgesetzbuches stellte „Versammlungen von hundert oder mehr
Personen unter freiem Himmel, die dort
zu einer elektronisch verstärkten Musik
tanzen, welche sich vor allem durch ‚repetitive beats’ auszeichnet“21 unter eine
Strafe von bis zu drei Monaten.
Gleichzeitig entstand in der englischen Stadt Manchester eine Musikrichtung, die als Rave betitelt
wurde. Die Mischung aus Independent, Psychedelia und Ibiza Dance-Tunes fand ihr Zentrum in der
Diskothek Fac 51 Haçienda. Das Haçienda war europaweit einer der ersten Orte, an dem House-Musik
aufgelegt wurde. Zu den herausragenden Vertretern des später so betitelten „Madchester“-Sounds zählen Bands wie The Charlatans, New Order (in Kooperation mit DJs), aber auch elektronische Acts wie
zum Beispiel 808 State. Deren Namensgebung ist eine Anspielung auf den Roland Drumcomputer TR
808, der oft in Verbindung mit der Bassline TB 303 eingesetzt wurde. Die Band 808 State gilt als einer
der Wegbereiter des Acid House im Vereinigten Königreich.
21
ebenda
19
der seine Tracks getestet und popularisiert werden sollten.23
Das „Erwachen“ Deutschlands
Einer der ersten, die sich mit dem neuen Phänomen auseinandersetzten, ist der Frankfurter Andreas Thomalla, der
sich später Talla 2 XLC nennen sollte. 1983 arbeitete er in
dem Frankfurter Plattenladen „City Music“ und war hier für
den Bereich Dance, Rap, Soul, Electronic bis Wave zuständig. Seinem Verkaufserfolg war es zu verdanken, dass „City
Music“ einen spezielle Abteilung „Elektronische Musik“
einrichtete und damit führende Entwicklungsarbeit in der
Republik leistete. Mit dem Projekt Moskwa TV, 1984, produzierte Thomalla den Titel „Tekno Talk“, eine Verbindung
aus Elektro, Electric Body Music (EBM) und dem neuen
Trend aus den USA: House. Später gründete er in der Diskothek des Frankfurter Flughafens, im Dorian Gray, den so
genannten Techno-Club, eine wöchentliche Veranstaltung
mit „einem futuristischen Geplänkel aus EBM, Elektro und
den US-Beats“22. Der neue Underground-Tempel faszinierte die Jugend und regte sie zu eigenem Tun an, die vergleichsweise unaufwendige Produktion mit Synthesizern
und Computern eröffnete nun ganz neue Möglichkeiten an
Klanguniversen.
Ganz früh war Sven Väth mit dabei. Seine DJ-Karriere begann bereits Anfang der 1980er Jahre in der Frankfurter Diskothek seines Vaters. Väth war zunächst
Gast im Dorian Gray, arbeitete sich aber schnell zum Stamm-DJ hoch. 1986, das Movement steht noch
an seinem Anfang, gelingt ihm zusammen mit Michael Münzing und Luca Anzilotti in dem Projekt
OFF (Organisation For Fun) und dem Titel „Electric Salsa“ ein kaum für möglich gehaltener Hitparadenerfolg. Der Spaßfaktor verstand sich nun als das Erfolg versprechende Paradigma der Szene. Doch
sollte mit diesem Spaß natürlich auch Geld verdient werden. Wichtig war den Beteiligten deshalb eine
eigenständige Vermarktung. 1988 gründete Väth das Label „Logic Records“ und die Disko Omen, in
22
20
Feige 2000, S. 43
Aus der westfälischen Metropole Münster zog es Maximilian Lenz in das von einem avantgardistischen Flair
umwehte Berlin. Im Gepäck trägt er die Faszination für
afroamerikanisches DJing, wie es Grandmaster Flash
oder Afrika Bambaataa zelebrierten. Westfalia Bambaataa, kurz WestBam, erkannte früh, dass das Mixing den
Künstler vom schlichten Plattenaufleger unterscheidet.
1985 bereits konnte er mit seinem ersten Hit „This Is Not
A Boris Becker Song“ Zeugnis von seiner persönlichen
Mischkunst ablegen. Zusammen mit Klaus Jankuhn und
William Röttger gründete er in West-Berlin das legendäre
Label „Low Spirit“. Später stießt noch WestBams Bruder,
Fabian Lenz alias DJ Dick, zum Label hinzu. Die vier des
„Low Spirit“ zeichneten dann auch für die Veranstaltung
der ersten deutschen House-Party im Jahr 1985 verantwortlich.24
Für den endgültigen Durchbruch der Elektronischen
Tanzmusik in Deutschland sorgten Acid House und Detroit Techno, die bereite 1988 auf Ibiza und in London mit
dem Summer Of Love für eine große Hysterie und BeDJ Dr. Motte auf dem Technofestival „Nature One“,
geisterung gesorgt hatten. DJ Matthias Roeingh, alias Dr.
2009 © ullstein bild - imagebroker.net
Motte, gehörte mit seinen Clubabenden in der Diskothek
„Turbine Rosenheim“ zu den Pionieren des neuen Acid- und Techno-Hypes. Dimitri Hegemann, bereits als Veranstalter der legendären Berliner Atonal Festivals in der avantgardistischen Szene Berlins
umtriebig, ging noch einen Schritt weiter und übernahm das konspirative britischen Veranstaltungsfor23
Meyer 2000, S. 55
24
Feige 2000, S. 44 f
21
mat. In einem Kreuzberger Keller, dem „UFO“ finden erste Acid House-Partys statt, zu denen Dimitri
Hegemann ab 1989 auch Vertreter der neuen Elektronischen Tanzmusik des Frankfurter Techno-Clubs,
aus Großbritannien, und den USA einlädt. „Es war ein toller Kontrast (im UFO, Anm. d. Autors): dieses Morbide in Kombination mit dem sehr ekstatischen Happy-House, diesem fröhlichen Gefühl, das
in Acid House drin ist“25, beschreibt Dr. Motte die Atmosphäre im UFO.
Auch die Zeitgeschichte leistete das Ihrige zum Siegeszug von Techno. 1989 öffnete sich die deutschdeutsche Mauer und gab Locations frei, die einen schnellen Durchbruch des Undergrounds besorgten.
Wiederum war es Matthias Roeingh, der inspiriert von den Raves britischen Charakters, die erste
Loveparade 1989 initiierte und damit Techno und House an das Licht der Öffentlichkeit führte. Seine
Idee war es, die Veranstaltung als Demonstration unter dem Motto „Friede, Freude, Eierkuchen“ zu
tarnen.
Ab1990 fanden in den leer stehenden Örtlichkeiten Ost-Berlins nun offiziell nicht genehmigte Partys
statt. „Tekknozid“ war der erste Rave dieses Musters, der von mehreren Tausend Besuchern gefeiert
wurde. Tim Renner beschreibt den schrillen Flair dieser Partys: „Da fand zum Beispiel einmal dieser
Rave um so einen alten DDR-Wachturm statt. Oben legte WestBam auf und unten auf dem ehemaligen
Todesstreifen wurde geravet. Das war ganz großartig! Man hat sich einfach die Freiheit genommen, die
in dem Chaos damals noch bestand.“26 1991 eröffnete Dimitri Hegemann den Club „Tresor“ im ehemaligen Tresorraum des Kaufhauses Wertheim am Potsdamer Platz in Berlin. Aus der engen Zusammenarbeit mit DJs aus Detroit entstand das Label „Tresor Records“, das dem Detroit Techno noch einmal
eine ganz besondere Plattform in Deutschland bereitete.27 Zu Beginn der 1990er Jahre verstand sich
dann Techno endgültig als Sammelbegriff der zeitgemäßen Elektronischen Tanzmusik, die sich danach
in die verschiedensten Subgenre und regionale Stilistiken ausdifferenzierte, für die findige Journalisten
immer neue Begrifflichkeiten erfanden – immer auf der Suche nach dem neuen Hype.
Die Technoiden entwickelten ihre schrille Jugendkultur, die ihr provokatives Material in ihrer scheinbar angepassten Sprachlosigkeit, im ausschweifenden dreitägigen Partytaumel und freizügiger BekleiImpressionen aus dem neuen „Tresor“, der 2007 in Berlin eröffnet wird © Tofa / Chris Noelle
22
25
Dr. Motte. In: Bublitz / Ballin 1999, S. 28
26
Bublitz / Ballin 1999, S. 29
27
Meyer 2000, S. 56 f
23
dung suchte. Ein dichtes Fanzine-Netzwerk und die Übernahme der Flyerkultur aus Großbritannien sorgen für die
kommunikative Verknüpfung der Technokultur.
Mit der Musik kam die Modedroge. Die aufputschenden Droge Ecstasy hielt nach britischem
Vorbild ihren Einzug in die Bundesrepublik Deutschland. Seit Jahren ist der Konsum
von Ecstasy allerdings rückläufig und bietet
damit auch Anlass zu Interpretationen der Bedeutung von Techno heute.28 Der Impetus des
Techno verliert in den 2000er Jahren an Schwung
und Durchschlagskraft längst haben die üblichen
Marktmechanismen gegriffen.
Die letzte Loveparade im vergangenen Jahr in
Dortmund, „Highway To Love“, hatte nur noch
herzlich wenig damit zu tun, was Mattias Roeingh vor 20 Jahren vorschwebte. Aus jeder ImbissBude schallte Techno, oder besser das, was sich
die griechischen und türkischen Besitzer darunter vorstellen konnten. Dennoch scheint sich eine gewisse Reorganisierung der Techno-Szene anzudeuten. Intellektuellere Projekte erobern sich den erkalteten Markt. Dimitri
Hegemann bastelt weiter an seinem Kunstprojekt
„Raumformationen“ und in Mannheim hat sich in der
einwöchigen Veranstaltung Time Warp die DJ-Kunst
längst mit anderen kreativen Köpfen des künstlerischen Schaffens verbandelt.
28
24
Vgl. Studien der Deutsche Beobachtungsstelle für Drogen und Drogensucht 2008
25
Der Katalog
Der vorliegende Katalog soll nur einige Schlaglichter auf die Kultur des Techno werfen. Mit ihm wird
ein Rückblick auf eine Bewegung versucht, die weitgehend unreflektiert dem Klischee des Futurismus
huldigte. Die Einleitung von mir, Kurator des rock’n’popmuseums und der gleichnamigen Ausstellung,
verweist auf die Grundstrukturen der musikalischen Entwicklung hin zur Elektronischen Tanzmusik,
wie sie sich in unserem eben begonnenen Jahrtausend darstellt.
Grundlegende Ergebnisse und intensive Einblick in die Jugendkultur präsentiert der Beitrag von Prof. Dr. Ronald Hitzler: Erlebniswelt Techno. Aspekte
einer Jugendkultur. Ronald Hitzler, 1950 geboren, ist seit 1997 Inhaber des
Lehrstuhls für Allgemeine Soziologe an der Technischen Universität Dortmund. Insbesondere vor der Jahrtausendwende hat Ronald Hitzler zahlreiche Publikationen zur Erforschung der Techno-Szene vorgelegt.
Mit der Dokumentation zum Essener Club „Rote Liebe“ wendet sich
der Blick einmal ab von den Zentren Berlin und Frankfurt.
Der Autor Thomas Geier, Jahrgang 1968, ist Bildungswissenschaftler, Musiker und DJ. Er lebt und arbeitet in Essen.
Neben seiner Tätigkeit als Dozent der Universität DuisburgEssen ist er seit langem auch popkulturell aktiv. Bereits Ende
der Achtziger Jahre spielte er in der Band „Die Regierung“
Schlagzeug und 1992 gründete er zusammen mit anderen
Gleichgesinnten in Essen den House-Club „Rote Liebe“,
der national und international große Beachtung fand, und
in dem er fünf Jahre lang Resident-DJ war. Nachdem es
mit seinen Projekten „Freischwimmer“ und „Radio Gruga“ immer wieder gelang, die lokale und regionale elektronische Musikszene zu vernetzen, gründete er die Band
„Festland“, deren Debütalbum 2006 viel beachtet und
kontrovers diskutiert wurde.
26
Berthold Socha, 1940 geboren, hat 1996 und 1999 die Loveparade in Berlin mit seiner Fotokamera begleitet. In Text und Bild gelang ihm eine bemerkenswerte Dokumentation, die nicht nur das Außergewöhnliche und
Spektakuläre, sondern eben auch einen eher repräsentativen Querschnitt
von Besuchern in den Fokus nimmt. Seit 1982 wurde das umfangreiche
Werk des Münsteraners in vielfältigen Ausstellungen präsentiert. 2002
erhielt Berthold Socha die Berufung zum Mitglied der Deutschen Gesellschaft für Photographie. Seine hervorragenden fotografischen Leistungen krönen internationale Auszeichnungen in Narvik und Tokio.
Mit der Visualisierung von Techno, die in den 1990er Jahren eminent an
Bedeutung gewonnen hat, beschäftigt sich der Beitrag von Roger Hoffmann. Roger Hoffmann wurde 1970 in Essen geboren. Nach Abschluss
seines Studium der Kommunikationswissenschaft, Philosophie und Psychologie arbeitet er als Regisseur, Autor und Filmemacher. Sein Werk
umfasst Arbeiten in den Bereichen Film, Video, Installationen, Theater
und Elektronische Musik. Von 1999-2001 agierte er als Mitherausgeber
der kommunikationswissenschaftlichen Zeitschrift „SEMA“. Er ist Autor zahlreicher Veröffentlichungen zu den Themen Film und Elektronische
Musik. Als Mitinitiator und Mitbegründer des elektronischen Musikprojekts
„SUPERCITY“, das sich der Vernetzung von Musikern und Künstlern der
Essener elektronischen Kulturszene widmet und diese über eine gleichnamige CD- und Veranstaltungsreihe präsentiert, macht er sich auch aktiv um die
Szene in der Ruhrstadt verdient.
Den abschließenden Beitrag bildet ein Interview mit Thomas Koch, 1968 geboren. Thomas Koch bietet als DJ (DJ T), Produzent, Veranstalter, Club-Betreiber, Labelmanager, Verleger, Journalist und Gründer des Szenemagazins
Groove einen sehr intimen und kenntnisreichen Blick auf die Entwicklung
„Mainhattans“. Das Interview führte Sean Nye anlässlich dieses Ausstellungsprojektes. Nye, Jahrgang 1978, ist seit 2008 Kurator der Sammlung zu
den Techno- und Gothic-Szenen im Archiv der Jugendkulturen.
27
Ronald Hitzler
TECHNO
Erlebniswelt Techno
Aspekte einer Jugendkultur1
Wieder einmal (und noch immer): Ein Gespenst geht um – nicht nur in Europa, und natürlich nicht nur,
aber doch nach wie vor gerade in Deutschland: das Gespenst diesmal einer juvenilen Spaß-Kultur. Sein
Name ist ‚Techno’. ‚Techno’ meint einen bestimmten kollektiven Lebensstil2, der sich – sozusagen
‚kultisch’ – in einer ausdifferenzierten Art von stark repetitiver, elektronisch erzeugter Musik, in besonderen Tanzformen, speziellen Konsumgewohnheiten, auffälligen Attitüden und habituellen Eigenarten
und in signifikanten Arten von Geselligkeiten äußert.
Diese Jugendkultur verdient unsere professionelle Aufmerksamkeit allein schon wegen ihrer quantitativen Gewichtigkeit: Die Zahl der Techno-Enthusiasten war in den Neunziger Jahren nicht nur exponentiell gewachsen, sondern förmlich explodiert. Die Idee ‚Techno’ mobilisiert (hierzulande und weltweit) Jugendliche nach wie vor derart massenhaft wie kaum eine andere musikzentrierte Bewegung
zuvor. Einer – allerdings bereits 1995 durchgeführten – Repräsentativerhebung des Münchner Instituts
für Jugendforschung (IJF) zufolge reden wir allein in Deutschland von ca. eineinhalb bis zwei Millionen Jugendliche, die regelmäßig an Techno-Veranstaltungen teilnehmen, und wir reden von weiteren
zwei Millionen, die dies gelegentlich tun bzw. die zumindest auch öfter mal Techno-Musik hören (vgl.
Sautner 1996a; 1996b).3
1
Durch eine „Nachbemerkung“ ergänzter Abdruck des Aufsatzes, der in: Hitzler, Ronald / Pfadenhauer, Michaela (Hrsg): TechnoSoziologie. Erkundungen einer Jugendkultur. Leske + Budrich: Opladen 2001, S. 11 – 30 erstmalig veröffentlicht wurde.
2
Mit ‚Lebensstil’ meinen wir alltagssprachlich eine bestimmte Art zu leben, eine besondere, meist auffällige Lebensweise, die wir
anderen über Sprachcodes, Kleidung, Frisuren und Accessoires, Konsum- und Freizeitverhalten usw. vermitteln. Etwas abstrakter formuliert
sind Lebensstile thematisch übergreifende, integrative, gemeinsamen (ästhetischen) Kriterien folgende Überformungen (und Überhöhungen)
des Lebensvollzugs überhaupt (vgl. Hitzler 1994).
3
Diese Jugendlichen, von denen achtzig Prozent zwischen 15 und 24 Jahren alt sind, haben signifikant mehr Geld zur freien
Verfügung als ihre Altersgenossen. Einen Großteil dieses Geldes geben sie für ihre Teilhabe an dem aus, was Techno als einem kollektiven
Lebensstil konnotiert. Daraus resultiert ein jährliches Gesamtbudget dieser Szene, das in die Zig-Milliarden Euro geht.
28
Die Loveparade, 1996 in
Berlin. © Berthold Socha
29
1. Events
Als Kollektivinszenierung manifestiert sich die Idee ‚Techno’ am augenfälligsten in einem musik- und
tanzzentrierten sozialen Zeit-Raum, der im Jargon dieser Szene ‚Event’ genannt wird.4 Unter der Bezeichnung ‚Event’ versammeln sich zum Beispiel Techno-Club-Nächte, Partys in Diskotheken und auf
Kreuzfahrten, wochenendliche Gemeinschaftsausflüge oder die sogenannten ‚Paraden’, d.h. Straßenumzüge mit Techno-Musik, und natürlich Raves – sowie mancherlei anderes mehr.
An den ‚Paraden’ nehmen oft Zigtausende bis Hunderttausende Techno-Fans teil. Bei diesen Paraden
setzen sich die Techno-Enthusiasten öffentlich und medial in Szene, stellen sich offenkundig lustvoll
zur Schau, zeigen Kreativität und Phantasie – und haben sichtlich großen Spaß dabei und miteinander: Mode-Stile werden ‚geplündert’, Körper werden exhibitioniert, Bewegungslust und Lebensfreude
werden demonstriert. Kurz: Der Wille zur Selbst-Stilisierung ist bei fast allen Parade-Gängern kaum
übersehbar.5 Jede und jeder ist Darsteller und Zuschauer, Spieler und Publikum zugleich. Showtime ist
‚angesagt’ auf diesen Paraden, die dergestalt als aufsehenerregende Spektakel inszeniert werden; als
Spektakel, die die Existenz der einen Techno-Gemeinschaft zumindest ‚nach außen’ vorführen.6 Paraden enden in aller Regel mit sogenannten ‚Kundgebungen’ auf entsprechend dimensionierten Plätzen,
auf denen dann noch stunden- oder auch eine ganze Nacht lang gemeinsam gefeiert wird.
Gegenüber der Massenbewegung dieser großen Straßen-Umzüge, insbesondere bekanntermaßen der
Berliner ‚Loveparade’7, hie und der relativen Exklusivität vieler Techno-Clubs und des technoiden
Party-Tourismus da, nehmen die Raves, als die für die Techno-Community signifikantesten Events,
sozusagen eine Mittelstellung ein:
4
Zur theoretischen und empirischen Annäherung an das Phänomen ‚Event’ siehe die Beiträge in Gebhard/Hitler/Pfadeshauer 2000.
5
Birgit Richard (2001) zufolge zeigt sich gerade auf den Paraden eine Vorliebe der Techno-Fans für militärische Stilelemente.
Raves sind Tanzveranstaltungen, die in oder auf ‚locations’ stattfinden, welche groß genug sind, dass
etliche Tausend bis Zigtausend Liebhaber von Techno-Musik zusammenkommen und raven, d.h. sich
tanzvergnüglich austoben und dabei ihren ‚Spaß haben’ können. Die Location für einen Rave ist also
typischerweise eine Großhalle bzw. ein Hallenkomplex oder auch ein Open Air Gelände, wie z.B. ein
stillgelegter Militärflughafen, ein überdimensionales Sonnenblumenfeld und dergleichen mehr. Raves zeichnen sich üblicherweise dadurch aus, dass den Teilnehmern mehrere ‚areas’, also mehrere
Tanzbereiche zur Verfügung stehen, die normalerweise auch mit unterschiedlichen Stilrichtungen von
Techno-Musik beschallt werden.
Nicht nur quantitativ und logistisch, sondern auch sozusagen ‚atmosphärisch’ unterscheidet sich der
Rave von z.B. einer typischen Partynacht im Techno-Club8: Während die Club-Nacht in der Regel die
institutionalisierte Form einer z.B. wöchentlich oder monatlich sich wiederholenden, typischerweise
thematisch bzw. stilistisch fokussierten Veranstaltung mit der Option zum Abhängen oder Tanzen ist,
ist der Rave eben ein besonderes, ein aus dem Alltag auch der Techno-Szene herausgehobenes Ereignis
zum dezidierten ‚Abfeiern’.
Die habituelle Grundstimmung bei der Club-Nacht ist Coolness, Vertrautheit mit der Situation. Die
Grundstimmung beim Rave hingegen ist Ausgelassenheit, Sensationslust, Exhibitionismus. Kurz: Die
Club-Nacht ist ein ‚Treff’, der Rave ist ein ‚Fest’9, ein Fest, auf dem man symptomatisch eine besondere Form der Verdichtung des technoiden Lebensgefühls erfährt: Techno als technische Hyper-Installation, Techno als postmodernes Gesamtkunstwerk und Techno als zeremonieller Quasi-Sakralraum
(vgl. hierzu auch Oliver Dumke 2001). Bei dieser Art von Event wird das gesamte Spektrum dessen
zugleich komprimiert und entfaltet, was sich an technischen und stilistischen, ästhetischen und musikalischen, aber auch an sozialen und ökonomischen Ideen und Optionen mit dem Phänomen ‚Techno’
verbindet.
6
Unserem Verständnis nach ist die (Selbst-)Beschreibung der Szene als „Raving Society“ irreführend. Adäquater erscheint es uns,
von „Raving Community“ zu sprechen. Zur Unterscheidung von ‚Gesellschaft’ und ‚Gemeinschaft’ generell vgl. Gebhardt 1999.
8
Die besonderen Erlebnisqualitäten einer Partynacht im Techno-Club beschreibt Julia Werner (2001) auf der Basis ihrer ethnographischen Untersuchung der Berliner Techno-Club-Szene.
7
Die „Loveparade“ 1989 in Berlin gilt bei Szene-Insidern als Geburtsstunde der Massenbewegung ‚Techno’, auch wenn (oder vielleicht auch gerade weil) diesem ersten Aufruf nur 150 Raver folgten. Inzwischen tanzt jedes Jahr etwa eine Million Menschen um die schier
endlose Abfolge von mit phonstarken Musikanlagen ausgestatteten Lastwagen. Obwohl Umzüge dieser Art auch in vielen anderen Metropolen organisiert werden, hat die Berliner Parade den Charakter eines Kult-Ereignisses und ist als ‚Event der ersten Stunde’ quasi eine Pflichtveranstaltung für die meisten bekennenden Raver. – Zur Interpretation der Berliner Loveparade als politische Veranstaltung in der Tradition
sozialer Bewegungen vgl. Erik Meyer 2001
9
Allerdings ist der Rave ein Fest mit einigen strukturellen Besonderheiten, die ihn signifikant von anderen Festen bzw. Partys unterscheiden. Der Rave weist – jedenfalls von der Idee her – keine fest-typische ‚Verlaufskurve’ auf – mit Beginn, Aufwärmphase, Höhepunkt(en),
Auskühl- bzw. Ausklangphase und Schluss (vgl. Lacrosse 1978). Der Rave konnotiert vielmehr idealerweise ein Andauern, nicht des Gleichen,
aber des Gleichartigen, das lange genug ist, um das Teilhabe-Bedürfnis des Einzelnen zu überdauern. Insofern fungieren die sogenannten
„After Hours“ gleichsam als ‚Verlängerungsprothesen’ für diejenigen, die dem ‚eigentlichen’ Event konditionell ‚überlegen’ bzw. die ‚zu spät’ in
die Party eingestiegen sind.
30
31
Die „Sensation White“ in Lissabon, 2009. © NACHO DOCE / Reuters / Corbis. Die White Sensation wird von einer niederländischen Agentur seit 2000 veranstaltet. Alle Besucher erscheinen in weißer Kleidung.
32
Ein Blick in
die Berliner
Club-Legende
„Tresor“. Jens
Kalaene ©
dpa
33
2. Szene-Macher
Bei derartigen, hochkomplexen Massenveranstaltungen – unter denen die „Mayday“ in den Dortmunder Westfalenhallen
mit jährlich ca. 20.000 Teilnehmern eine der wohl in nachgerade jeder Hinsicht imposantesten überhaupt ist – wird nun
auch besonders augenfällig, dass heutzutage jeder einigermaßen anspruchsvolle Rave unabdingbar auf relativ hohem
Kapitaleinsatz und auf vielerlei organisatorischen und logistischen Vor-, Begleit- und Nacharbeiten basiert (vgl. Pfadenhauer 1998 und 2000) – entgegen dem vor allem im sogenannten „Underground“ der Techno-Szene perpetuierten Mythos,
demzufolge sich eine gute Party quasi urwüchsig, spontan und
womöglich ‚kostenlos’ aus der Situation heraus zu konstituieren habe.10
Infolgedessen hat sich in den Neunziger Jahren, sozusagen auf
der Ressourcenbasis des finanziellen Potentials der Ravermassen, eine von uns so genannte „Organisationselite“ in der Techno-Szene ausgebildet. Sie organisiert
bzw. beschafft unter anderem auf vielfältige Arten und Weisen (z.B. durch Aktivierung von Sponsoren, durch Verkauf von Medienrechten, durch Merchandising) die finanziellen Resourcen, die über die
Eintrittsgelder hinaus für die Planung, Koordinierung und Durchführung von Techno-Veranstaltungen
unabdingbar sind.
Es fällt auf, dass sich diese Organisationselite – jedenfalls in Deutschland – tatsächlich weitgehend
aus der Techno-Szene selber rekrutiert und reproduziert. Das lässt sich vermutlich dadurch erklären,
dass sich diese Szene in den Neunziger Jahren so rapide entwickelt und verändert hat, dass nahezu nur
Insider das organisatorisch-technisch erforderliche Know-how erwerben und zugleich eine hier sozial
10
Über die ‚Anfänge’ der Techno-Kultur wissen wir nur das, was in den (in Texte geronnenen) Ursprungs-Mythen der Szene transportiert und prolongiert wird (vgl. dazu z.B. Beiträge in Anz/Walder 1995, Die Gestalten u.a. 1995). Diesen zufolge gab es zu Beginn, d.h. Mitte
bis Ende der 80er Jahre, spontane, von den Teilnehmern ‚selbst’ organisierte Partys an nur ‚Eingeweihten’ bekannten, mehr oder weniger
‚abgelegenen’ Orten, bei denen nächtelang zu rhythmischen Klangteppichen von Tracks elektronisch erzeugter Musik getanzt wurde.
34
akzeptable Form der Selbstinszenierung (als „welche von uns“) betreiben konnten bzw. können. Denn
wie sich immer wieder zeigt, reicht eine unspezifische organisatorisch-technische Kompetenz in der
Regel nicht aus, um in der Techno-Szene einigermaßen dauerhaft erfolgreich zu sein. Das spezifische
Erfolgskriterium der Szene-Elite scheint vielmehr darin zu liegen, das Gespür für den – sich durchaus
wandelnden – Techno-Geist nicht zu verlieren. Und das heißt ganz praktisch eben: solche Events zu
planen, zu koordinieren und zu realisieren, von denen die Teilnehmer den Eindruck gewinnen, dass sie
ihren individuell-kollektiven Erwartungen an Spaß-Haben optimal entsprechen.11
3. Tanzen
Bei dieser Spaßerwartung geht es offensichtlich zunächst einmal ganz wesentlich darum, zugleich unter Gleichgesinnten und mit und unter diesen Gleichgesinnten etwas ‚Besonderes’ zu sein. Es geht in
einem um ‚unity’ und um ‚difference’. Es geht um das Gefühl der Zusammengehörigkeit, und es geht
um den Auftritt, um Selbst-Stilisierung und Selbst-Inszenierung.12 Sich unterscheiden, auffallen, seine
je eigene ‚Party in der Party’ abfeiern, seine persönliche Show durchziehen, damit aber – wissentlich
– gerade das tun bzw. tun wollen, was – mehr oder weniger – ‚alle anderen’ auch tun bzw. intendieren,
also: Sein wie niemand, um so zu sein, wie alle, oder sein wie alle, um gerade dadurch etwas Besonderes zu sein: In eben diesem scheinbar paradoxen Verhalten liegt wohl der Schlüssel für jenes kollektive
Körper-Spiel auf den für die Techno-Szene so symptomatischen Massen-Tanz-Vergnügen.
Offenkundig löst Techno-Musik symptomatischerweise starke körperliche Empfindungen aus und
ruft (zumindest bei den Ravern) physisch-psychisches Wohlbefinden hervor. Ganz wesentlich hierfür scheinen Dauer, Lautstärke und Klangqualität der akustischen Emanationen zu sein (vgl. Ansgar Jerrentrup 1993 und in Hitzler 2001): Man tanzt nicht zur, man tanzt vielmehr sozusagen in der
Techno-Musik, die den Körper zu überfluten und zu durchströmen und die Welt ringsumher vergessen
11
Zu den besonderen Kompetenzanforderungen und Professionalitätskriterien unter den Bedingungen des postmodernen „Erlebnismarkts“ (Schulze 1992) vgl. nochmals Pfadenhauer 2000.
12
Mittels Selbststilisierung und Selbstinszenierung positionieren sich Barbara Stauber (2001) zufolge junge Menschen heutzutage im
Generationen- ebenso wie im Geschlechterverhältnis.
35
Ein Dancefloor der Selbstinszenierung,
die Loveparade, 1996. © Berthold
Socha
zu machen scheint.13 Um diesen Effekt hervorzurufen, muß tatsächlich
ein technisch hochgradig voraussetzungsvoller Klang-Raum erzeugt
werden, in dem und durch den man sich eben überall gleich gut
bewegen kann.
Dieser Klang-Raum wird zwar immer wieder auch mit Musik beschickt, die tatsächlich in der Veranstaltung selber in der Regel
mittels Soundcomputern generiert wird (sogenannte ‚live acts’).
Wesentlich typischer (und auch allgemein bekannter) für die Erzeugung des Rave-Sounds ist jedoch die Arbeit der DJs und DJanes.
Diese, die männlichen und die weiblichen Virtuosen am sogenannten Turntable, sind keine Discjokeys. Sie spielen nicht
etwa nacheinander einzelne ‚Stücke’ und geben dazu womöglich irgendwelche mehr oder minder launigen Kommentare ab.
Sie führen vielmehr die wesentlich elektronisch ‚erzeugten’ bzw.
per Computer gesampleten und bearbeiteten Tracks sozusagen zusammen, lagern sie aufeinander, schieben sie ineinander und achten dabei idealerweise darauf, Bass-Frequenz-Differenzen zwischen
den einzelnen Tracks so auszugleichen, dass dadurch Unterbrechungen im Rhythmus des Beats vermieden werden. In diesen Akten der
situativen Neuschöpfung durch Durchmischung, Rekombination und
Modifizierung verweben DJs und DJanes das zuhandene Soundmaterial, reichen auch oft wie beiläufig die ‚losen Enden’ ihres Sets untereinander weiter und erzeugen dadurch den Eindruck eines durchgehenden
Stückes, eines oft stundenlang dauernden, komplexen ‚Klangteppichs’,
auf dem die Teilnehmer an Techno-Partys dann sozusagen durch Zeit und
Raum davonfliegen.
13
Die herausragende Bedeutung des Tanzens im Techno (ebenso wie im Hiphop) unterstreicht Gabriele Klein (2001), dessen kollektive Steigerung zum Trance-Erleben sich mit Helmut Rösing (2001) als „Massen-F1ow“ beschreiben lässt.
36
Paul van Dyk, einer der
international erfolgreichsten
deutschen DJs, Beirut 2007.
© Ayman Saidi/Reuters/Corbis
Wesentlich unterstützt bzw. verstärkt wird diese zugleich betäubende und aufputschende Wirkung
durch – mitunter gigantische – Light-Shows, die mit Begriffen wie Videoanimation, Laseroptik, Kunstnebel und Stroboskop Bestrahlung allenfalls technisch, hinsichtlich ihrer Erlebnisqualität jedoch gänzlich unzureichend identifiziert sind. Es geht dabei um oft sehr rasch wechselnde Hell-Dunkel-Effekte,
um kaleidoskopartige Eindrücke, um stehende, zerfließende, repetitive Bilder, um schöne Bilder, um
grausame Bilder, um sich überlagernde, einander aufzehrende Bilder in gänzlich unerwarteten Aufeinanderfolgen. Es geht um die Kombination vor allem von Diffusität – exemplarisch realisiert in den
alles umhüllenden Nebelschwaden – und von Präzision, mit der die bunten, scharfen Laserstrahlen das
Diffuse durchschneiden.
Der Tanz in diesem verrückten ‚Raum im Raum’ entrückt jedoch nicht nur die Tänzer. Wie bereits
angedeutet führt er deren Körper auch vor, stellt sie zur Schau, präsentiert sie, sei es absichtsvoll oder
beiläufig, allen, die geneigt sind, hinzuschauen. Und mehr oder weniger alle scheinen eben geneigt,
sowohl in sich versunken, sich selber zu genießen, als auch Ausschau zu halten nach allen anderen, die
zu sehen ihnen offenbar Vergnügen – erotisches Vergnügen allzumal – bereitet.14
14
Der jeweilige Rhythmus (beats per minute) gibt zwar so etwas wie einen Rahmen an Bewegungsmöglichkeiten vor, ansonsten aber
geht beim Techno-Tanz praktisch alles – vom Quasi-Stillstand bis zum exzessiven, ja ekstatischen Körpereinsatz (vgl. auch Klein 1999).
37
Technoide Partygänger verkörpern dergestalt im wahrsten Wortsinne also zugleich eine allgemeine
Lust an der autoerotischen Selbstbezogenheit und ein immerwährendes, omnipräsentes sich Necken,
Reizen, Animieren, Stimulieren – und ein sinnliches Auf-sich-Einwirken-lassen all dieser Stimulationen. Sie spielen ein Wechselspiel sozusagen zwischen Die-anderen-Genießen und Sich-zum-Genußder-anderen-machen. Dieses Spiel intensiviert alles Erleben, sozusagen ‚auf allen Kanälen’ bzw. ‚mit
allen Fasern des Körpers’ – und färbt es erotisch ein. Der Körper fungiert als Lustempfänger und
Lustspender, als Medium und als Instrument zugleich.15 Die dergestalt erotisierte Gesamtatmosphäre,
die aus Dauer, Rhythmik und Lautstärke sich entwickelnde Intensität des Musik-Erlebens, die enthusiastisch-ekstatischen Körpererfahrungen beim Tanzen – all das und vieles andere mehr sind Komponenten, auf die sich jenes symptomatische kollektive Wohlbefinden zurückführen lässt, das diese
‚Spaßkultur’ kennzeichnet.16
4. Drogen
Bei all diesem Spaß am ‚Feiern’ lässt sich nun der Gebrauch auch von illegalen Drogen keinesfalls
übersehen, denn atmosphärisch geprägt ist das typische Event tatsächlich durch aktivitätssteigernde,
erlebnisintensivierende, ausdauererhöhende und kontaktneigungsverstärkende Substanzen legaler und
illegaler Art. Wann genau sich in der Techno-Szene die Idee verbreitet hat, Tanzlust und Durchhaltevermögen durch den Konsum solcher, hierfür dienlicher Substanzen zu befördern, ist uns nicht bekannt,
ebenso wenig, wie die Antwort auf die Frage, wann die besondere diesbezügliche Eignung bestimmter
15
Der Körper des Ravers, exemplarisch für den Körper in der Postmoderne, wandelt sich vom Schicksal zur Aufgabe, vom Gefäß der
Gewohnheiten zum Gegenstand der Gestaltung (vgl. dazu auch Hitzler 1997a). Dabei geht es vor allem um die Dialektik von Körper-Gefühl
hie und körperlicher Appräsentation und Demonstration da, denn seine leibhaftige Körperlichkeit ist, ob der Akteur es will oder nicht, ein –
von ihm nur beschränkt kontrollierbares – Anzeichenfeld für jeden, der ihn erblickt. Das Erleben des Körpers changiert unablässig zwischen
„Leib sein“ und „Körper haben“ (vgl. Plessner 1981; dazu auch Soeffner 1990). Dergestalt können wir den Rave schlechthin tatsächlich als
eine Art kollektives Körper-Spiel – im Sinne des Imperativs „Let your body take control!“ – begreifen: als körper-kontrolliertes Spiel der Körper mit sich selbst und miteinander (vgl. Hitzler/Pfadenhauer 1998b).
16
Mit dem Problem, diese Erlebnisqualitäten medial zu vermitteln, befaßt sich Jo Reichertz (2001). Michaela Pfadenhauer (2001)
analysiert den Techno-Videoclip „Sonic Empire“ als ästhetisch mehrschichtig verfremdete Repräsentation szenetypischer Relevanzen.
38
Amphetaminderivate entdeckt worden
ist.17
Bekannt ist uns aber, dass insbesondere
die Zunahme des Konsums (nicht nur,
aber vor allem) von Ecstasy und die Ausweitung der Techno-Szene in den Neunziger Jahren hochgradig korrelieren, dass
die meisten Ecstasykonsumenten sich als
Techno-Anhänger bezeichnen, und dass
Techno-Fans, die Drogen konsumieren,
eben oft Ecstasy bevorzugen.18 Gleichwohl lässt sich daraus keineswegs folgern, dass mehr oder weniger alle oder
auch nur größere Teile der Raver ‚auf
Droge’ sein müßten, damit jene für Technoveranstaltungen signifikante, aggressionsarme Party-Stimmung entsteht. Es
bedeutet lediglich, dass hier die sozialen
Verkehrsformen weder die alltagsübli17
Einige Hinweise haben wir hingegen auf
Unterschiede zwischen der Organisationsselite und der
übrigen Szene im Hinblick auf Einstellungen zu und Verhalten bei Drogenkonsum: Zumindest bei den Leistungsund Verantwortungsträgern (also bei DJs, Veranstaltern
und Magazinmachern) wird in jüngerer Zeit relative
Drogen-Abstinenz propagiert – und zum Teil funktional,
zum Teil aber auch moralisch begründet. Wenn von Angehörigen der Leistungselite Drogen konsumiert werden,
dann oft teure Alkoholika und Kokain.
18
Zum Drogenkonsum in der Techno-Szene vgl.
Saunders/Walder 1995, Neumeyer/Schmidt-Semisch
1997, Walder/Amendt 1997 sowie Schroers/Schneider
1998 und Schroers in diesem Band.
Ecstasy-Konsum. © Scott Houston/Sygma/Corbis
39
chen sind, noch dass sie denen entsprechen, die entstehen, wenn Geselligkeiten durch andere Drogen
(z.B. durch Alkohol) geprägt sind.19
Nach allem, was wir wissen, korreliert der Drogenkonsum in der Techno-Szene augenfällig mit Aktivitäts-, Wohlfühl- und Vergemeinschaftungs-Elementen: mit Spaß haben, Energie haben, mit intensiven
Sinneserfahrungen, mit Lust- und Glücksgefühlen, usw. D.h., dass sich der spezifische Ausschnitt aus
der in unserer Gesamtkultur mehr oder weniger gut verfügbaren Drogenpalette, den wir in der TechnoSzene finden, im wesentlichen eben aus den in dieser Szene ‚gültigen’ Wertorientierungen erklären
lässt: aus dem sozusagen kollektiven Willen, zusammen mit anderen Spaß zu haben, gemeinsam zu
feiern, sich der Musik und der ganzen ‚Show’ zu öffnen.20 Konkreter gesprochen geht es nicht zuletzt
darum, fit zu sein, um den Tanz-Marathon durchzuhalten; und gegebenenfalls geht es auch darum,
Hemmungen im expressiven Ausleben der eigenen Körperlichkeit abzustreifen.
19
Die Analyse des Drogenkonsums muß u.E. immer von zwei Seiten her erfolgen: zum einen ausgehend vom Drogenkonsum als
einem generellen Kulturphänomen, zum anderen eben vom Drogenkonsum als einem spezifischen Phänomen der Groß-Party-Kultur der
Techno-Szene (vgl. Hitzler 1997b).
20
Vor diesem Hintergrund erscheint es uns analytisch nicht sinnvoll, die Techno-Szene als Drogenkultur zu bezeichnen, denn es
gibt offenkundig andere ‚Wichtigkeiten’, die das kulturelle ‚Gesamtgeschehen’ in dieser Szene deutlicher prägen als der Drogenkonsum (vgl.
Hitzler/Pfadenhauer1997).
5. Unity
In der Chance, seine Körperlichkeit auszuleben, ohne – wie exemplarisch in Diskotheken – Gefahr zu
laufen, sich gleich exhibitiv zu blamieren, liegt wohl auch wenigstens ein Grund für die Bedeutung
der relativen Massenhaftigkeit der Teilnehmer an Techno-Events: Die Menschendichte auf dem ganzen Party-Arreal muß relativ hoch sein, damit sich je subjektiv der Eindruck aufrecht erhalten lässt,
weniger vor anderen zu agieren, als vielmehr Teil eines ‚Ganzen’ zu sein und jederzeit selber das Maß
seiner Exponiertheit bestimmen zu können.
Gerade die – logistisch und damit eben ‚normalerweise’ auch im Hinblick auf individuelles physisches
Wohlbefinden problematische – Massenhaftigkeit der Teilnehmer wird mithin als eine ganz wesentliche Voraussetzung dafür wahrgenommen, dass es mehr oder weniger ‚allen’ Ravern gelingt, zusammen
Spaß zu haben. Und zusammen ‚Spaß haben’ ist nun einmal die oberste Maxime in der Techno-Szene.
Deshalb wird auf den Events Friedfertigkeit im Umgang miteinander, im Umgang also zwischen den
Geschlechtern, zwischen den Lebensformen, zwischen den (nicht sehr breit streuenden) Altersgruppen, zwischen Personal und Gästen usw. nicht nur relativ selbstverständlich vorausgesetzt, sondern
auch auf mannigfaltige, oft sehr subtile Arten und Weisen sozial ‚kontrolliert’ und stabilisiert.
Die sozialintegrative Wirkung des technoiden Miteinanders ist somit durchaus mit der traditionellen
Funktion eingelebter Milieus vergleichbar: Es stellt ein festes Repertoire an Relevanzen, Regeln und
Routinen zur Verfügung, das vom individuellen Teilnehmer zumindest in dem Maße, wie er in diesem
Kontext akzeptiert sein will, geteilt und befolgt werden muß.21 Ansonsten ist die Art von Gemeinschaft,
die die Technoiden bilden, nicht mehr als eine diffuse und labile ‚Idee’. Anders gesagt: Diese Gemeinschaft existiert sozusagen nur durch den und im Glauben an ihre Existenz; sie besitzt nur Autorität,
weil ihr und solange ihr Autorität zugestanden wird. Denn in die Techno-Szene und ihre kulturellen
Eigenheiten wird man ja gewiß nicht hineingeboren, und typischerweise wird man auch nicht fraglos
in die Techno-Szene hineinsozialisiert. Vielmehr entscheidet man sich gleichsam ästhetisch – und prinzipiell vorläufig – dafür, dazuzugehören.
21
Vor dem Hintergrund der für das (post-)moderne Dasein unter Individualisierungsbedingungen symptomatischen „dislocation“ (vgl.
dazu Lifton 1970, Hitzler 1991) verspricht die – wenn auch gegenüber ‚naturwüchsigen’ Gesellungsgebilden strukturell labile – posttraditionale, d.h. vororganisierte und ‚professionell’ stabilisierte (Teilzeit-) Gemeinschaft immerhin eine wenigstens relative Sicherheit und Fraglosigkeit – und damit eine Entlastung von jener von Peter Gross (1994; 1999) wieder aufgeworfenen und forcierten Sinnfrage „Wohin soll ich mich
wenden?“
40
41
Diese Zugehörigkeit, wie sie sich exemplarisch in der Bekundung „We are one family“ (dem Motto
der Loveparade 1996) spiegelt, gründet folglich nicht auf Zwang und Verpflichtung, sondern auf Verführung, auf der freiwilligen emotionalen Bindung der sich selbst als Mitglieder erwählenden TechnoAnhänger an diesen von ihnen - vorübergehend - präferierten Lebensstil. Die Zugehörigkeit zur Techno-Szene ist somit zwar prinzipiell unbeständig und unverlässlich. Gleichwohl: „In den Augenblicken
ihrer Verdichtung“, so Zygmunt Bauman (1995a, 20), „kann sie eine buchstäblich atemberaubende
Intensität erreichen“.22
Allerdings ist die Frage der Zu„posttraditionalen
GemeinPfadenhauer 1998a) der Techzu beantwortende Frage:
rent“ kann man wenigstens
Idee als einen gemeinsaAnschein nach im ZweifelsSzene beipflichten können.
herkömmlichen, in der traIntegrations- als auch Distinkrung und Stabilisierung eiInnen-Außen-Verhältnisses
tionalen Gemeinschaft symnach Innen ebenso wie nach Außen
„We are different“, auf der Dortmunder Mayday, 2002. Bernd Thissen © picture-alliance / dpa
gehörigkeit in der von uns so genannten
schaft“ (vgl. Hitzler 1998a; Hitzler/
noiden, eine prinzipiell ambivalent 23
Den ‚Mayday’-Slogan „We are diffeebenso wie die „We are one family“men Nenner ansehen, dem allem
fall alle Mitglieder der TechnoDas heißt: Während in der
ditionalen Gemeinschaft sowohl
tionsbestrebungen auf die Etablienes klar definierten und geregelten
abzielen, werden in der posttradiptomatischerweise die Grenzen
fließend, variabel und instabil.
22
Derartige Momente der Intensität scheinen sich, unseren Beobachtungen zufolge, in ihrer Spezifität für Zigtausende bis Hunderttausende von Techno-Fans eben vor allem bei solch spektakulären Ereignissen wie den Mega-Raves und den Straßen-Paraden einzustellen
– offenbar weil sich gerade hier durch die Präsentation von ‚außergewöhnlichen’ Emblemen, Symbolen, Zeichen und Signalen aller möglichen
Art (vgl. dazu Soeffner 1989) Zusammengehörigkeitsgefühle expressiv inszenieren und durch die damit einhergehende Exotik-Show die öffentliche Aufmerksamkeit fesseln lassen (vgl. hierzu auch Luhmann 1996: 92f). Damit wird nun aber die Existenz der Techno-Gemeinschaft
eben nicht nur ‚nach außen’ vorgeführt, sondern, auch szene-intern, tatsächlich – im Sinne von Berger/Luckmann (1969) – als Realität
konstruiert.
23
Zum Ambivalenzgedanken generell vgl. Bauman 1995c sowie, präzisierend, Junge 2000. Anhand eines Vergleichs der Techno- und
der Wagner-Szene zeigt Winfried Gebhardt (2001), dass sich die Ambivalenz von ‚difference’ und ‚unity’ keineswegs auf jugendkulturelle
Phänomene beschränkt.
42
43
Die je ‚eigene’ Techno-Gemeinschaft wird, abhängig vom individuellen Standort und Bezugspunkt, sowohl sehr pointiert definiert – und umfaßt dann oft nur den engsten Freundeskreis, die sogenannte ‚Pozze’, in deren Begleitung bzw. ‚Schutz’ man sich mehr oder
weniger getrost dem Partyvergnügen hingibt – als auch existiert zugleich (bzw. eben in
einer dialektischen Gegenbewegung) in der Szene die Idee einer tatsächlich globalen,
im konventionellen Sinne dislozierten Techno-Gemeinschaft, derzufolge es (anscheinend) ‚völlig irrelevant’ ist, aus und in welchem Club, aus und in welcher Stadt, aus
und in welchem Land die Raver zu einem Event zusammenkommen.24
So gesehen ist das Miteinander in der Techno-Szene also wesentlich dadurch
geprägt, dass jede ‚Markierung’ von Integration ebenso wie von Distinktion sogleich ideologisch durch eine ‚Gegenbewegung’ in die andere Richtung
‚korrigiert’ bzw. konterkariert wird: Die Betonung von Einheit und Gemeinschaft provoziert Verweise auf Differenzen – und umgekehrt.
6. Difference
Abgrenzungen innerhalb der Techno-Szene verweisen im wesentlichen auf zwei
Dimensionen: auf Ausdifferenzierungen der Szene einerseits und auf Schließungsprozeduren in der Szene andererseits. Im Hinblick auf sozusagen horizontale Ausdifferenzierungen beobachten wir in Deutschland z.B. vor allem die Entstehung
und Stabilisierung diverser Techno-Teil-Szenen - nämlich von a) stilspezifischen
Teil-Szenen wie Avantgarde-Szene, Musikstil-Subszenen (Goa, Gabber, House,
Technolektro usw.) und Partyszene, von b) lokalspezifischen Teil-Szenen (wie z.B.
Münchner, Frankfurter, Hamburger und natürlich Berliner Szene), und schließlich
auch von c) clubspezifischen, labelspezifischen bzw. DJ-spezifischen Teil-Szenen
24
Die ‚Party People’ in der Techno-Szene verkörpern nachgerade exemplarisch den von Bauman (1995b: 357-364) skizzierten
postmodernen (Arche-)Typus des „Touristen“. Die Postmoderne, weniger als Epoche, denn als Kultur-Deutungsmuster verstanden, erscheint
uns als die Hoch-Zeit der individualisierten Existenzbastler, die auf der Suche nach (irgend-)einer Sinnheimat – strukturell zwangsläufig vorübergehend – im provisorischen Lager (irgend-)eines Neo-Tribes (vgl. Maffesoli 1988) bzw. im Wanderzirkus (irgend-)einer posttraditionalen
Gemeinschaft einen – typischerweise kostenpflichtigen – Unterschlupf finden können.
44
(wie z.B. die um den Berliner „Tresor“, das Münchner „Ultraschall“, usw., um Organisationen wie die
„Partysanen“ (München) oder „Low-Spirit“ (Berlin), um Sven Väth, Westbam, Marusha usw.). Diese
Ausdifferenzierungen gehen einher mit mehr oder weniger ‚naturwüchsigen’, mehr oder weniger rigiden Schließungsprozeduren wie z.B. im Zusammenhang mit Authentizitätsansprüchen und Kommerzialisierungsverdikten, mit Koalitions- bzw. Achsenbildungen zwischen verschiedenen Zentren (z.B.
München-Frankfurt vs. Berlin usw.), und mit Pozze-Bildungen, d.h mit Dazugehörigkeits-Zirkeln, innerhalb derer Optionen eröffnet bzw. weitergegeben werden.
Einer der führenden Köpfe
der deutschen TechnoSzene, Sven Väth, 1996. ©
ullstein bild - CARO/Jandke
Wesentlich
interessanter erscheinen uns
allerdings
vertikale
Ausdifferenzierungen, wie wir sie bei
unseren Untersuchungen laufend vor allem
in der Techno-PartySzene registrieren.
Unter vertikalen Ausd i ff e r e n z i e r u n g e n
verstehen wir unterschiedliche ‚Niveaus’
der Erbringung von
Leistungen, die in der
Szene anerkannt bzw.
relevant (nachgefragt) sind, wie z.B. die Organisation von Events, das Betreiben von Clubs, das Management von Labels, die Produktion und Distribution von Musik, den Einsatz von logistischer, technischer, graphischer, schriftstellerischer Kompetenz, das Anbahnen und die Vermittlung von wichtigen
45
„Ausgewähltes Publikum“ auf der Abschlussparty des alten Tresor, 2005. © ullstein bild - Schroth
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47
Kontakten, die Vielseitigkeit und Kreativität im Hinblick auf die Bewältigung diffuserer Probleme
sowie eine hohe allgemeine Einsatzbereitschaft.
Die dergestalt vielfach in sich ausdifferenzierte und abgestufte Leistungselite ist, wie bereits angedeutet, der ‚Motor’ der Techno-Szene bzw. zumindest der Techno-Party-Szene.25 An diese ‚eigentliche’ Elite angelagert und mit ihr verwoben sind Menschen, die zwar nicht notwendig eine Funktion
im Sinne erkennbarer Leistungserbringungen haben, die aber aus mannigfaltigen Gründen ebenfalls
wichtig sind (z.B. aufgrund mehr oder weniger enger Freundschaft oder anderer intimer Beziehungen zu Leistungsträgern, aufgrund andersgearteter, nicht immer durchschaubarer
‚Nützlichkeit’, aufgrund besonders
guten Aussehens oder besonders hohen
Unterhaltungswertes,
mitunter
sogar einfach aufgrund hinlänglich langer ‚Präsenz’ in der Szene). Dieser Anhang bildet zusammen mit der
eigentlichen Leistungselite den
Kern der Szene, um den herum sich Aspiranten und Mitläufer anlagern.
Dahinter difundiert die Szene dann allmählich im weiten Umfeld der
Gelegenheitsteilnehmer, Randgänger
und Sympathisanten.
Die Schließungsprozeduren im
Zusammenhang mit dieser vertikalen
Ausdifferenzierung beginnen im
Grunde bereits bei der Einlasspolitik der
Türsteher an Clubs. Dabei können z.B. erkennbare ethnische Zugehörigkeiten ebenso wie als zu hoch
angesehenes Alter oder dezidiert uncooles Outfit oder gar die Kombination verschiedener derartiger Faktoren
durchaus dazu führen, dass – zumindest Männern – der Eintritt in einen
Club verwehrt wird. Bei Großraves, bei den Massen-Events hingegen gilt als Kriterium für Zurückweisung in aller Regel allenfalls deutliche Aggressivität oder ein als solcher erkennbarer, erheblicher
Rauschzustand (gleich durch welche Art von Drogen verursacht).
25
Unter dem Begriff der „Leistungselite“ versammeln wir – im Anschluß an Dreitzel (1962) – die Erbringer sozial erwünschter
bzw. nachgefragter Leistungen (wie z.B. der der Organisation eines Events, aber auch der Repräsentation der Szene als einem in der Regel
diffusen, gleichwohl unterscheidbaren Kollektivs sowie der Reflektion dieses Kollektivs bzw. der ‚Idee’ dieses Kollektivs), denen aufgrund bzw.
infolge ihrer Aktivitäten (signifikante) Privilegien, Optionen, Ressourcen und/oder Wertschät-zung zuteil werden. Wir gehen davon aus, dass
die Mitglieder der so verstandenen, heuristisch in Organisations-, Repräsentations- und Reflektionselite funktional differenzierbaren, je szenespezifischen Leistungselite einen wesentlichen, komplexen (aber erst anhand nachmalig vorliegender Daten spezifizierbaren) Einfluss auf die
Entwicklung und Ausgestaltung ‚ihrer’ Szene haben.
48
Innerhalb der Veranstaltung stellt sich dann allerdings wiederum die Frage, bei welcher Party man
denn nun eigentlich tatsächlich dabei ist bzw. sein kann. Für Partypeople gibt es nämlich - außer jener
Party ‚für alle’, d.h., für all diejenigen, welche eben irgendwie zusammengehören, weil sich als ‚irgendwie anders’ begreifen - symptomatischerweise Partys in der Party; und mitunter gibt es auch noch
Partys zur Party.
7. Freunde
Offizielle Partys in der Party sind Geselligkeiten in den sogenannten V.I.P.-Lounges. Die V.I.P.-Lounge
ist ein besonderer Raum oder ein sonst wie abgetrennter Bereich innerhalb der Location, in der normalerweise ein gewisses Kontingent an Freigetränken bereitsteht und die eben ‚wichtigen’ Menschen
vorbehalten ist. Wichtige Menschen, das sind im wesentlichen solche, die für die Veranstaltung keinen
Eintritt bezahlen, sondern Gästestatus haben, weil sie für den jeweiligen Veranstalter eben aus irgendeinem Grunde – direkt oder indirekt – wichtig genug sind, dass er ihnen diese Privilegien zukommen
lässt. VIPs sind in der Regel Personen aus dem Szene-Kern und – in begrenztem Umfang – wiederum
Freunde von diesen bzw. Freunde der je relativ ‚wichtigeren’ von diesen. Menschen in den V.LP.Lounges sind sozusagen prototypisch für das, was man in der Techno-Szene „Freunde“ nennt. Nicht
selten besteht deshalb der größte Reiz an V.I.P.-Lounges auch darin, Zutritt zu ihnen zu erlangen. Die
Fragwürdigkeit und Fraglosigkeit dieses Zutritts nämlich ist wiederum ein wichtiger, sichtbarer, ja im
Hinblick auf Selbstverortung im relevanten Sozialraum unverzichtbarer Gradmesser für das Maß der
je eigenen Zugehörigkeit zu denen, die eben ‚dazugehören’.
Inoffizielle Partys in der Party allerdings beginnen eigentlich erst sozusagen ‚jenseits’ der V.I.P.-Lounge:
im sogenannten backstage-Bereich. Als „backstage“ bezeichnet man eigentlich Funktionsräume: Umkleide- und Ruheräume für die „artists“, Büros der Veranstalter, Lagerräume für Equipment, Material,
Getränke usw. Backstage ist folglich nochmals wenigstens ebenso hermetisch gegen die V.I.P.-Lounge
abgeriegelt wie diese gegen die für den gemeinen Raver zugänglichen Verkehrsflächen. Backstage
bewegen sich Personen, die tatsächlich Entscheidungen treffen, Aufgaben verteilen, organisatorische
Probleme lösen, kurz: Personen, die arbeiten müssen, und Personen, die z.B. vor oder nach ihrem Auftritt wirklich Ruhe brauchen – und dazu noch einige wenige Personen, die diejenigen Personen bei sich
bzw. um sich haben wollen, für die ‚backstage’ eigentlich gedacht und gemacht ist.
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Inoffizielle Partys zur Party finden in Hotelzimmern, gelegentlich auch in Privatwohnungen von Personen statt, deren Freundes-Status außer Zweifel steht. Die Kriterien für Inklusion und Exklusion bei
dieser Art von Geselligkeit orientieren sich zwar grob an denen für V.I.P.-Lounge und backstage, werden allerdings naheliegenderweise nochmals stark spezifiziert durch situative Opportunismen hie und
durch idiosynkratische Vorlieben und Abneigungen da. Den Erfahrungshorizont des gemeinen Ravers
jedenfalls dürfte das Hotelleben des Szenekerns bei Großveranstaltungen entschieden transzendieren.
Aber auch dieser pflegt durchaus seine kleinen, sozusagen situativen Partys in und auch zur GesamtParty: Situative Partys in der Party veranstalten typischerweise Cliquen und Freundeskreise, sogenannte Posses, die sich auf irgendeine Weise (mental oder auch faktisch) im Rahmen des Events absentieren
und ‚nach innen’ wenden, also vorwiegend intern interagieren. Situative Partys zur Party entstehen z.B.
aus vorübergehenden oder auch dauerhaften Rückzügen aus der ‚location’ (etwa daraus, dass ein paar
Leute in Ruhe einen Joint rauchen und dabei nicht gestört werden wollen).
Anhand derlei Hinterbühnen- und Nebenschauplatzgeschichten über OffLimit-Areas und ExklusivZirkel lässt sich also zeigen, dass Schließungsprozeduren in der Techno-Szene – die zumindest ideologisch ja dezidiert ‚kommunitär’ gedacht wird, wie sich auch in Interviews mit langjährigen Szenegängern immer wieder bestätigt (vgl. Michael Corsten 2001) – allgegenwärtig sind. Wenngleich sie
sicherlich immer auch dem Wohlergehen einer privilegiert-parasitären Minderheit dienen, lassen sie
sich doch zu einem guten Teil funktional erklären (vgl. dazu auch Pfadenhauer 1999). Wesentlich
erscheint uns vor allem, dass sich auch am Beispiel der szenetypischen Schließungsprozeduren noch
einmal die Technokultur-typische Gleichzeitigkeit von Integration, von Einbezogenheit, hie und von
Differenz, von Besonderung, da bestätigt – beides jedoch, im Gegensatz zu Traditions-Gemeinschaften, ohne die Last der Frage nach einem spezifischen Wogegen und einem substantiellen Worin.
Auf einer privaten „after party“ in den USA. © Scott Houston / Sygma / Corbis
50
51
8. Fazit
Das kollektive Selbstverständnis der Technoiden impliziert also – inzwischen durchaus reflektiert (vgl.
exemplarisch Westbam 1997) – nicht mehr als das von dezidiert hedonistischer Zusammengehörigkeit
aufgrund explizit nichtexplizierter Andersartigkeit. D.h. Technoide begreifen sich ‚einfach’ als anders.
Und sie insistieren offenkundig ganz praktisch darauf, dieses Anderssein zu leben, zu feiern, zu zelebrieren – statt es zu artikulieren oder gar zu definieren. Technoide wollen, nicht nur der Außenwahrnehmung, sondern auch ihrer kollektiven Selbststilisierung nach, tatsächlich vor allem ‚gut drauf sein’ und
‚gut abfeiern’ – jederzeit, allerorten und auch unter den abstrusesten Umständen. Diese Attitüde markiert den kollektiven Habitus, der die TechnoGeneration gegenüber historisch vorgängigen (und möglicherweise auch einmal gegenüber nachfolgenden) politischen Emanzipations-Bewegungen nachhaltig
abgrenzt: Die General-Attitüde moralisch-betroffener Empörung über etwelche Welt-Zustände wird
hier konterkariert durch die Grundsatz-Haltung, sich durch die Zustände der Welt nicht auch noch das
eigene Leben nehmen, sprich: den Spaß an und in der Party vermiesen zu lassen.26
Gleichwohl sind Technoide ihrem Selbstverständnis nach nicht affirmativ. Sie intendieren zwar nicht
unbedingt, die ‚Verhältnisse’ zum Tanzen zu bringen. Aber sie tanzen ganz ungeniert in und auch mit
den ‚Verhältnissen’. Und gerade dadurch, dass sie sich in ihrer kollektiven Vollzugspraxis allen überkommenen Erwartungen – auch denen, rebellisch zu sein – entziehen, nehmen sie sich aus dem ihnen
angetragenen kulturellen Erbe ihr Leben sozusagen als ihr eigenes heraus (vgl. zu derart „existentiellen
Strategien“ Hitzler/Pfadenhauer 1998c; 1999).
Ob diese ‚andere’ Erlebniswelt im Konzert jugend- und musikkultureller Teilhabe-Optionen allerdings
auf Dauer mehr wird einnehmen können als eine ghetto-kulturelle Randstellung, das wird sich wohl
vor allem an der Frage nach dem spezifischen Event-Potential der Techno-Szene-Macher entscheiden
(vgl. Hitzler 1998b; 2000). Der Goldgräber-Rausch der Neunziger Jahre scheint derzeit jedenfalls einigermaßen verflogen zu sein. Während in dieser zurückliegenden Dekade nämlich, fast wie nach dem
Schneeballprinzip, tagtäglich und allerorten neue Fans hinzu kamen, gewinnt man am Beginn des neuen Millenniums mehr und mehr den Eindruck, dass die Szene ‚in die Jahre’ kommt, dass die Jüngeren,
die heutigen ‚Kids’, sich deutlich verstärkt an Musikstilen orientieren, die sich nicht ohne weiteres und
„Einfach anders“,
Loveparade 1996.
© Berthold Socha
26
In diesem Sinne grenzt auch Holger Herma (2001) die Generationsmentalität der ‘89er’ von den generationsspezifischen Bewußtseinslagen der 68er und 78er Generation ab.
52
53
zum großen Teil auch gar nicht mehr unter dem Etikett ‚Techno’ subsumieren lassen.27 Rein quantitativ
betrachtet befindet sich das Gespenst ‚Techno’ inzwischen also allem Anschein nach auf dem Rückzug
(vgl. Sautner 1999).28
Aber auch wenn infolgedessen der Techno-Markt, zumindest in Deutschland, spürbar enger und komplizierter wird, auch wenn die Gewinnaussichten schwinden, die – zumindest für kompetente Organisatoren – praktisch ein Jahrzehnt lang mit Techno-Veranstaltungen aller möglicher Art fast automatisch verbunden waren: Gesamtkulturell gesehen erweist sich die Idee ‚Techno’, erweist sich das hier
technologisch perfektionierte Prinzip des Samplens, Verfremdens, Permutierens (vgl. Hutcheon 1993;
Pesch/Weisbeck 1995 sowie Waldemar Vogelgesang 2001) – nicht zuletzt aufgrund ihres Fetischcharakters bzw. eines generellen Fetischierungstrends (vgl. Franz Liebl 2001) – zusehends als sozusagen
‚freibleibendes’ Stil-Angebot für alle möglichen ästhetischen Bereiche – in Fragen der Selbststilisierung, im Bereich visueller Gestaltung, bei der Entwicklung von Event-Know-How usw. Dieses ästhetische Stil-Angebot diffundiert seit geraumer Zeit nicht nur in die allgemeine Populär-Ästhetik, sondern
wird längst auch wiederum von der Kunst-Ästhetik im engeren (‚hochkulturellen’) Sinne vereinnahmt
und weiterverarbeitet.
Techno ist längst im etablierten Pop-Kanon angekommen und hat die pop-typischen Entwicklungen
(etwa interne Diversifizierung und Hierarchisierung, Subszenenbildung, Kommerzialisierung, Standardisierung etc.) durchlaufen. Die Grundidee von Techno als einer auf elektronischer Musik basierenden Partykultur hat sich veralltäglicht, der Nimbus des Frischen, Aufbruchsartigen ist verschlissen.
Überall dort aber, wo sich hektische Aufmerksamkeit in stille Betriebsamkeit wandelt, eröffnen sich
Möglichkeiten für eine ‚Wiederkehr’: Techno wird ‚revivalreif’ und dient als Folie für allerlei Stilisierungen und Verfremdungen, was ein deutliches Zeichen dafür ist, dass ein Genre in die Annalen der
Popkultur eingegangen ist, aber auch Chancen für neue Entwicklungen birgt. Aktuell lassen sich dabei
vor allem wieder Ambitionen registrieren, Techno in Gestalt einer digitalen Kunstmusik ein intellektuelleres Image und eine künstlerische Note zu verleihen. Aber auch einer ‚Neu-Auflage’ des ‚banaleren’
(Massen-)Spaßes steht nicht grundsätzlich etwas im Wege: Gemeint sind damit Techno-Partys mit den
‚guten alten’ Rave-Signalen, bei denen sich DJs nicht zu schade sind dafür, den ‚track’ mit dem besonders hohen ‚Abgehfaktor’ hervorzuholen und zum überschäumenden Vergnügen der dann in der Tat
wieder ravenden Horde das aufzulegen, was man in der Branche (bislang allzu verächtlich) „Schweine-Techno“ nennt. „Zwischen Zitat und Revival“ scheint uns damit die treffendste Beschreibung der
Situation zu sein, in der ‚Techno’ bzw. der Spaß der Technoiden derzeit angekommen ist.
9. Nachbemerkung: Zwischen Zitat und Revival
Seit dem Aufkommen von Techno als musikalischer Stilrichtung und Jugendkultur in den frühen 1990er
Jahren ist Vieles und viel Kontroverses geschrieben worden. Kaum ein anderes popmusikalisches Phänomen scheint die populäre Kultur des ausgehenden 20. Jahrhundert stärker geprägt und treffender
repräsentiert zu haben als Techno: Traditionelle Gegensätze wie Spaß und Widerstand, Kommerz und
Individualität, Konsum und Ideologie sowie Technik und Körper scheinen sich hier neu miteinander
verbunden zu haben.
Zweifelsohne hat diese ‚Bewegung’ – wie die erweiterte Techno-Szene unter Einschluss ihrer Mitläufer ebenso häufig wie ungenau bezeichnet worden ist – mittlerweile ihren (ersten?) Zenit überschritten:
27
Antworten auf die Frage, was nach Techno kommt, sind (noch) dünn gesät; vgl. aber z.B. Hitzler/Pfadenhauer 2000 und 2001.
28
Zur Einschätzung der aktuellen Situation bereiten wir derzeit standardisierte Befragungen vor - zum einen ‚vor Ort’ unter den
Teilnehmern der Mayday 2001, zum anderen unter den Besuchern einer einschlägigen website im Internet.
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55
Thomas Geier
Rote Liebe
Die
und die Technoszene des Ruhrgebiets in den 1990er Jahren
Techno und House im Ruhrgebiet?
Über Aufmerksamkeiten zwischen Zentren und Peripherien
Wohl kaum ein Ereignis der 1990er Jahre wird im medial vermittelten Aufmerksamkeitsspektrum mehr
mit Techno und House oder Elektronischer Musik, wie sie heute üblicherweise benannt wird, identifiziert als die Loveparade. Und wer sich heute aktuell nach Techno im Ruhrgebiet erkundigen möchte,
stößt zunächst unweigerlich wiederum darauf. Denn seit 2006 findet die Loveparade im Ruhrgebiet
statt. 2009 sollte sich das etwas angestaubte Rieseneventungetüm zum 20. Mal jähren. Aber was 1989
mit etwa150 Ravern, fand in ihrem Jubiläumsjahr gar nicht erst statt. Kurzerhand von den Verantwortlichen abgesagt, ließen sie verlautbaren, es mangele an Sicherheit und Platz, denn der Bochumer
Bahnhof verfüge nicht über die für so ein Großereignis notwenige Kapazität.
Nachdem die Parade seit 2003 nicht mehr in Berlin veranstaltet werden konnte und sollte, suchte deren
Veranstalter-GmbH einen neuen Ort, um nach zwei Jahren diesen neuen Ort ausgerechnet im Ruhrgebiet zu finden. Aus der sich gerade erholenden Metropole Berlin zog die Parade in ein großstädtisches
Dorf nahe den Niederlanden. Aus dem Osten in den Westen Deutschlands. In eine Region, über die
die Industrialisierung des 19. Jahrhunderts hinweg gefegt war. Hier waren Landschaft und menschliche Arbeitskraft so lange ausgebeutet worden, bis die letzten Kohl- und Stahlkrisen der 1970er/80er
deren Bewohner mit einem neuen Monstrum bekannt machten: dem Strukturwandel. Vom produzierenden zum dienstleistenden Gewerbe sollte fortan die Entwicklung gehen, um hohe Arbeitslosigkeit
zu bekämpfen und so genannte ökonomische Strukturschwächen auszugleichen. In diesen Prozess
lässt sich auch gut die Loveparade eintragen. Wenn die dort in Berlin eben keiner mehr will, warum
denn dann nicht an Rhein und Ruhr raven, mag man sich gedacht haben. Immerhin ist das Ruhrge-
56
biet ein städtischer Ballungsraum mit mehr als 5
Millionen Menschen, wenn man das Umland hinzu zählt, lassen sich sogar mehr als 10 Millionen
zählen. Die räumliche Nähe zu den Niederlanden,
ein Land, in dem sich Techno ebenso großer Beliebtheit erfreut, mag mit ausschlaggebend gewesen sein, dem Plan, die Loveparade im Ruhrgebiet
stattfinden zu lassen, zuzustimmen. Das schafft
intern und extern Aufmerksamkeit und, vielleicht
auch dauerhaft, so etwas wie Tourismus – ein für
den Pott gänzlich neues Phänomen! Denn vom klischeehaften Schmuddelimage hat sich die Region, trotzdem der Himmel inzwischen wieder blau
wurde, großflächige Renaturierungen erfolgten
und die verwaisten Industrieanlagen neu genutzt
werden, immer noch nicht befreien können. Wer
will aber schon im Pott Urlaub machen? Zunächst
muss also, so die offizielle Logik, die Außenwahrnehmung korrigiert werden, denn mit dem Struktur- soll schließlich auch ein Imagewandel einher
gehen. So in etwa lässt sich, kurz skizziert, die
symbolische Strategie hinter den Kulissen zusammenfassen.
Da das Ruhrgebiet jedoch über keine zentrale politische Verwaltung verfügt und ihre Administration daher in die Zuständigkeit der Einzelstädte
fällt, sollte die Loveparade jährlich jeweils in einer anderen Stadt ihre Kreise ziehen, obwohl die
städteverbindende Autobahn A 40 für eine solche
Veranstaltung sinnfällig doch am besten geeignet
Tänzerin in der Roten Liebe, 1994 © Stefanie Haarkamp
57
wäre. Aber deren Sperrung wird erst anlässlich eines weiteren Großereignisses, zur Ruhr 2010, im Kulturhauptstadtjahr möglich werden. Essen machte also 2007 den Anfang, die Loveparade auszurichten,
und Dortmund, in deren Westfalenhalle bereits seit den frühen 90ern die andere Technogroßveranstaltung namens Mayday stattfindet, schloss nahtlos an, Bochum setzte nun aus und 2010 und 11 sollen
Paraden in Duisburg und Gelsenkirchen folgen. In Essen und Dormund nahmen jeweils wohl bis zu 1,6
Millionen Menschen teil. Dies wird allerorten als Erfolg gewertet.
Bezeichnet man die Loveparade mit dem gebräuchlichen Begriff Event, der wie kein zweiter die Marketingsprache der Neunziger Jahre bis heute geprägt hat, lässt sich allerdings deutlich heraus hören,
wie ältlich und überholt das Ganze inzwischen klingt. Eingeholt von den Produkten einer riesigen
Sensationsindustrie und dem Ausbau der Eventkultur in fast allen gesellschaftlichen Teilbereichen.
Auch ist spätestens seit medialen Großereignissen, wie etwa der Fußballweltmeisterschaft 2006, die
Vorstellung von Massen, die sich an sich selbst berauschen und friedlich miteinander, ja, feiern auch in
Deutschland niemandem mehr fremd. Inzwischen schweigen sogar diese Kritiker, die ansonsten überzogen habitualisiert, des Deutschen politische Vergangenheit monoton mit jeder Massenveranstaltung,
ganz gleich ob im Fußballstadion oder bei Konzerten identifizieren.
Interessant wird hingegen aus aktueller Sicht eine popkulturelle Betrachtung von Techno erst dann,
wenn man seine Aufmerksamkeit weg von den Großereignissen lenkt. Es stellt sich die grundsätzliche
Frage, ob Techno als Kulturform in einem solchen Rahmen wie der Loveparade, ungeachtet dessen, ob
sie nun in Berlin oder im Ruhrgebiet stattfindet, überhaupt noch relevant repräsentiert werden kann und
nicht vielmehr an ganz anderen Orten stattfindet. Die Loveparade mithin also bloß eine vermarktbare
Ausnahme darstellt. Denn die Seite der Musik, welche nicht massenmedial verbreitet und damit nicht
bis an die Grenze des Erträglichen erheblich kommerzialisiert werden kann und muss, wird seit jeher
im Club zelebriert und konsumiert. Ein Ort, abgeschieden vom übrigen sozialen Raum und seinen
Zeitrhythmen, der üblicherweise zu später Nachtzeit aufgesucht und nicht eher verlassen wird, bis sich
draußen das Sonnenlicht des nächsten Tages bereits wieder ausgebreitet hat.
Wesentlich für Techno bleibt auch heute, was dort im Club geschieht, und dortige Entwicklungen aktuell einmal zu beschreiben hat jüngst taz- und Spiegel-Journalist Tobias Rapp in seinem Buch Lost and
Plakat der Loveparade 2008
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59
Sound – Berlin, Techno und der Easyjetset (Suhrkamp 2009) unternommen. Sein Fokus bildet zwar
wiederum die Stadt Berlin, jedoch nun dasjenige Berlin der Nuller Jahre, das sich mit seiner Clubkultur
von der Eventkultur der 90er Jahre augenscheinlich in wesentlichen Teilen verabschiedet hat und momentan dank Billigfluganbieter so etwas wie eine europäische Ausgehmetropole darstellt. Sie nimmt
Wochenende um Wochenende viele junge Leute in ihre Clubs auf, um ihre popmusikalischen Sehnsüchte zu stillen. Ekstase, Euphorie, Körperlich- und Sinnlichkeit sind deren Elemente, seit jeher die
Grundbausteine tanzender Lust. Berlin denn auch als Metropole europäischer Clubkultur zu beschreiben, lässt sich sicherlich belegreich illustrieren und ist somit auch durchaus empirisch gerechtfertigt.
Mit dieser stark fokussierten Perspektive wird aber trotz europäischen Rahmens gleichzeitig auch die
symbolisch-kulturelle Hegemonie Berlins bestätigt und abermals fortgeschrieben. Die Hauptstadt gilt
spätestens seit Beginn dieses Jahrzehnts1 in der öffentlichen Wahrnehmung nicht nur als Zentrum der
politischen Vertretung Deutschlands, sondern ebenso als Mittelpunkt der kulturell-symbolischen Produktion und Konsumtion. Unter der Hand werden damit aus Beschreibungen stillschweigend Normierungen. Etwas muss dann plötzlich, damit es gut ist, aus Berlin kommen. Ein Diskurszusammenhang,
der vor allen denjenigen deutlich vor Augen steht, die nicht in den Metropolen, sondern in den so
genannten Peripherien leben und arbeiten – wie auch der Autor dieser Zeilen.
dessen Schließung 1997 habe ich in verschiedenen Konstellationen, Elektronische Musik produziert
und präsentiert. Es sollen einige Schlaglichter auf Entstehung und Geschichte dieses Clubs geworfen werden, vielleicht stellvertretend für andere Clubs im damaligen Ruhrgebiet, respektive aller Unterschiede der Szene im Pott. Dies geschieht im Selbstverständnis und Bewusstsein um kontingente
biografische Umstände, aber dennoch ebenso im systematischen Kontext kultureller, modischer und
politischer Zusammenhänge, die selbstverständlich damit einhergehen.
Entstehung und Entwicklung des Clubs Rote Liebe sind verknüpft mit derjenigen Phase von House
und Techno, in der sie in den Neunzigern stilistisch explodierten, sich musikalisch und technologisch
schnell entwickelten und auch ebenso rasch kommerzialisiert wurden. Gerade in dieser Dekade war
aber zu spüren, wie rasant Produzenten und Aktivisten der Musik neue Strategien wählten, sich nicht
ins große Mainstream-Kontinuum eintragen zu lassen.
Neben diesen skizzierten Aufmerksamkeiten, die sich um Großevents oder metropolitane Zentren wie
Berlin drehen, existieren wirklich bemerkenswerte kulturelle Peripherien, die nicht nur wert sind, bloß
beschrieben zu werden. Nein, gerade und besonders in ihnen zeigt sich eine spezifische lokale Aneignung eines globalen Phänomens, wie es Techno darstellt. Obwohl dies nicht mehr im Vertrauen
auf eine subkulturelle symbolisch-kulturelle Produktion der Marginalität oder Peripherie geschieht,
gehorcht doch eine solche Opposition viel zu starr einem Modell von Underground und Mainstream,
dessen ökonomische Bedingungen so seit den 90ern nicht mehr existieren.2 DJs und Produzenten,
Trackschrauber oder Klötzchenschieber, wie sie sich oftmals selbst bezeichnen, Clubbetreiber, Partyveranstalter sind deren Subjekte. Ihre Produktivität und Kreativität sind etwa für Menschen, die im
Ruhrgebiet von einer durch ihre Arbeit entstandenen und weiter zu entwickelnden Urbanität leben,
entscheidend. Auch ich arbeite seit Jahren in solchen Zusammenhängen: zunächst in den Neunziger
Jahren u.a. als DJ im Essener Club Rote Liebe, für dessen Gründung ich verantwortlich zeichne. Seit
1
Zur Vorgeschichte dessen siehe: Diederichsen1999.
2
Siehe einschlägig dazu die These vom Mainstream der Minderheiten in gleichnamigen Buch von Holert / Terkessidis 1996.
60
61
Aus zerstreuter Partysammlung zur Konzentration eines Clubs
So versuche ich mich nun also aus meiner Sicht zu erinnern, wie die Sache anfing und was eigentlich
ihre Ursachen waren.
Der zweite, eher scherzhaft genannte Summer of Love brachte in England Rave, eine frühe Bezeichnung für einen Musikstil, der später Madchester genannt wurde, hervor und zwar durch House, AcidHouse. Musik die vor allem tanzend auf Großveranstaltungen, den Raves, im Freien rezipiert wurde.
Dies stellte nicht nur ein neues Tanzparadigma dar, sondern verdrehte den Gitarrenbands, z.B. aus
Manchester, den Kopf und die dort üblichen mittels Drumcomputer erzeugten Rhythmen hielten ästhetisch und produktionstechnisch Einzug in die britische Gitarrenmusik. Man traf sich auf Ibiza und
tanzte – legendär sind die Geschichten, die über den Sänger der Happy Mondays, Shaun Ryder, erzählt
werden – und auch auf der britischen Insel hinterließ, ähnlich wie in Deutschland, Acid-House damit
seine Spuren. Es ging also zunächst erst mal gar nicht um Techno in meiner damaligen Wahrnehmung,
sondern um House, Acid-House. Und das sollte eine Urszene für mich bleiben.
Ich spielte zu der Zeit, Ende der 80er, Anfang der 90er Jahre, in einer Band namens Die Regierung, von
der nicht wenige behaupten, sie sei Inspiration für viele Bands der sogenannten Hamburger Schule wie
Tocotronic gewesen. Neben Schlagzeug spielen, faszinierte mich aber das DJ-Handwerk nicht minder,
was zu der Zeit wieder einmal eine Aufwertung durch den damaligen Hip Hop erfuhr. Seit Teenagerzeiten legte ich auf und ging, sofern mir als damals noch nicht Volljährigem Einlass gewährt wurde, in
die Discotheken der Stadt: Siggis Kalei, das Logo, aber auch in weitere Läden mit klingenden Namen
wie Ambassador, Librium oder East Side.
Rave bzw. die Musik der Bands von Madchester waren für mich dann auch eine der Brücken, Tanzen
und Gitarren zusammen erleben zu können. Eine stilistische Brücke. Denn gerade zu dieser Zeit wurde
die Gleichung, Gitarre bedeute eine vornehmlich weiße, mittelständische Indiehörerschaft (vor allem
Seattle) und Funk oder Disco und House meist schwarze - in Deutschland zumeist migrationskulturelle
- Hörerschaft doch in ihrem rassistischen Essentialismus von vielen Bands oder Hip Hop-Künstlern dekonstruiert und in Frage gestellt. Doch genau solche Musik wurde bis auf wenige Ausnahmen kaum in
den etablierten Discos der Region gespielt. Das Logo in Bochum stellt da eine Ausnahme dar. Es hatte
ein relativ offenes Konzept und mittels zweier Tanzflächen die Möglichkeit, die damaligen Gitarren-
62
spielarten auf der einen, aber auch Hip Hop und Raregrooves, Funk, Soul auf der anderen zu spielen,
wie man sie auch aus der Wuppertaler Beatbox kannte. In einem kleineren separaten Clubraum, dem
Hi-Jack, gab es eben auch House. Ralf Odermann bespielte den großen Raum. Im kleinen wirkten:
Arndt Schebstadt, dem anschließend Oliver von Felbert und Ingo Sänger folgten, die sich als Son of
Sirius einen Namen gemacht hatten, also ein generativer Ableger des legendären Sirius Soundsystems
war, dem die beiden Spexautoren und Hans Nieswandt, dem späteren Mitglied von Whirlpool Productions3, und Dirk Scheuring4, einem Gründungsmitglied der Spex, angehörten.
Doch dies allein reichte mir nicht aus und ich sollte alsbald Mitstreiter finden. Denn Acid House und
Rave forderten uns heraus, selbst Parties zu veranstalten. Und hier hinein steckten wir fortan unsere
gesamte kreative Energie. Präsentationsformen zu entwickeln, um Musik zu spielen, Räume zu dekorieren, Leute einzuladen mittels Flyer - denn diese waren da ja noch ein ziemlich neues Medium - deren Gestaltung, und schließlich am Abend selbst aufzulegen und den Ärger mit Nachbarn und Polizei
zu deeskalieren. Wir begriffen unsere hedonistischen Versammlungen als eminent politisch und übertrugen die Ideen der Ravebewegung in England eins zu eins auf unsere Situation: raus aus den Clubs
zu gehen, deren Eintrittspreise zu umgehen, Drogen zu konsumieren,. Wir wollten selbst bestimmen,
welche Musik gespielt werden sollte und welchen dazugehörigen Inhalten wir uns aussetzen wollten.
Anfänglich fanden unsere Parties deshalb auch in halb privaten oder auch ganz privaten, später dann
aber zunehmend auch in öffentlichen Räumen statt. Gemäß unseres Ansatzes geschah dies überwiegend ohne gastronomische Schankerlaubnis, wir zahlten weder anfallende Gema-Gebühren noch entrichteten wir Vergnügungsteuer. Stets luden wir buntgemischt und weit gestreut dazu ein. Die Musik
korrespondierte zwar stets mit Techno, doch bezog sie anfänglich durchaus noch Gitarrenhardcore und
ebenso Disco, Hip Hop und House mit ein. „Open mindness“ sollte herrschen, wie auf den Parties etwa
von David Mancuso, die er seinerzeit in den 70ern im New Yorker Loft veranstaltet hatte.5
Nachdem wir mit diesem offenen Konzept allmählich Stadtgespräch wurden, erhielten wir das Angebot von Norbert Bethscheider, einem im Vergleich zu uns etwas älteren Gastronomen, der in der Spon3
Hans Nieswandt hat später einige Geschichten um Whirlpool in Plusminus 8, Köln, 2002 erzählt.
4
Dirk Scheuring veranstaltete u.a. mit Lothar Gorris die wohl erste Houseparty im Ruhrgebiet am 22.12. 1988 in der Dortmunder
Livestation am Hauptbahnhof, wie sich Tobias Koth zu erinnern wusste.
5
Siehe das überaus lesenswerte Buch: Lawrence, Tim: Love saves the day. A history of american dance music culture, 1970-1979.
Durham und London, 2003.
63
DJ Hell,
1993 ©
Stefanie
Haarkamp
64
65
ti-Szene der Siebziger groß geworden war, in Essen-Rüttenscheid, einem südlich gelegenen Stadtteil,
selbst einen Laden aufzumachen. Zu unseren Aufgaben zählte das Raumdesign und schließlich auch
die programmgestalterisch Verantwortung. Dies brachte uns in die äußerst günstige Lage, uns einerseits
auszutoben zu können und gleichzeitig, bei Erfolg, andererseits finanzieren zu können. Wir bezogen
nun auch unser weiteres soziales Umfeld mit ein und schafften damit auch für viele unserer Freunde
Gelegenheiten, sich zu vergnügen und ebenfalls ökonomisch über Wasser zu halten. Die einen studierten zu der Zeit, die anderen jobbten oder befanden sich in der Ausbildung. Ein Name musste noch her
und ich schlug Rote Liebe vor, nicht nur Titel des gleichnamigen Songs der Band Ideal, sondern auch
eine ironisch gebrochene Reminiszenz an hiesige gastronomische Lokale wie die Heimliche Liebe.
Wir eröffneten am 28.11.1992 in der Karstadtpassage, Nähe Alfredstraße und damit begann eine für
uns zu dieser Zeit überhaupt nicht zu erahnende Ära, in der wir, zunächst völlig unbeabsichtigt, stilbildend wurden. Das Konzept beinhaltete anfangs, schlicht eine Bar mit Musik zu sein und, damals
noch ein Distinktionsmerkmal, sie abendweise durch wechselnde DJs präsentieren zu lassen. Das Musikprogramm sollte unterstützt werden durch Konzerte von Bands auf der einen und Parties mit ganz
unterschiedlichen Soundsystems und DJs auf der anderen Seite. Unter den Bands gaben u.a. die Sterne
eines ihrer ersten Konzerte im Ruhrgebiet und Soundsystems wie vom Fanzine Buzz, das u.a. von
Tobias Koth und Johannes Ehmann ursprünglich als Schülerzeitung in Hagen gegründet worden war
und inzwischen in den Schallplattenläden und Bars des Ruhrgebiets verkauft wurde, sowie das mittlerweile gegründete Mekkasoundsystem mit Ingo Sänger, Ramin und Oliver von Felbert spielten House.
Bereits 1993 legten neben Hans Nieswandt und Eric D. Clarke auch internationale DJs wie George
Morel und John Acquaviva bei uns auf. Die Enge unserer Räumlichkeiten und sein unaufdringlicher,
bisweilen improvisierter Charme, am meisten jedoch die tanzenden Leute und ihre Euphorie trugen
die ekstatische und doch konzentrierte Stimmung der Abende und Nächte. Und so entwickelte sich
allmählich aus einer Bar mit Musik ein Club für ein tanzendes, ausgehwilliges und offenes Publikum.
v.l.n.r. Thomas Geier, Ramin Köhn, Ingo Sänger, Rote Liebe 1993
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Es kam damals auch zu wirklich schönen transatlantischen Missverständnissen. George Morel etwa
bemerkte, als er mit Ramin nachmittags in unseren Club ging, um ihn für sein Set am Abend schon
einmal zu begutachten, was er sehe, sei ja ganz schön, aber wo sich denn nun dieser Club Rote Liebe
befände. Bei ihm weckte Club augenscheinlich ganz andere räumliche Assoziationen. Er war zu der
Zeit das erste Mal überhaupt in Deutschland. Größere Hallen, sogar Flugzeuge zum Air-Rave sollten
für ihn alsbald als Auftrittsorte folgen.
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Gestaltung der Flyer: Tino Valentinitsch
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George Morel ist überhaupt durchaus eine exemplarische Figur, an der sich unsere damalige Perspektive
auf Techno deutlich machen lässt. Denn er kam aus New York, stammte aus den Puertoricanischen Vierteln und seine Musik veröffentlichte das damals weltweit distribuierende Label namens Strictly Rhythm.
House der amerikanischen Ostküste, nicht so kaputt wie Chicago, nicht so deep wie in der Nachbarschaft
New Jersey und auch nicht so düster wie die Trax aus Detroit, dabei ein wenig Discoid, doch keinesfalls zu verwechseln mit Discohouse, was erst später über Frankreich zum ‚rulenden’ Sound wurde,
aber mit weltoffenem, stets geheimnisvollem Sound, der einen unmissverständlichen Sog ausübte. Verwendet wurden vor allem midigesteuerte Produktionsmittel, wie Sequenzer und Drummachines. Viel
weniger als heute, bzw. überhaupt nicht digitalisiert zogen Samples aus Jazz, Funk, Disco, Latin ihre
Loops. Cut up und filtering waren die vorherrschenden Montage- und Bearbeitungstechniken. Mit seinen historischen Wurzeln in der Discomusik der 70er
verdeutlichte House uns nach dem totalem Ausverkauf jener – die „Disco sucks!“ Happenings, auf denen in amerikanischen Stadien Discoplatten vor den
Augen des grölenden Publikums verbrannt wurden.
Sie bilden quasi den traurigen Endpunkt dieser Ära
– zum Ende der 70er seine subkulturelle Tiefenstruktur, Ausdruck der schwulen afroamerikanischen und
puertoricanischen Community zu sein. Neben dem
historisch-mythischen Paradise Garage und dem
namensgebenden Warehouse in Chicago hatte New
York seine Factory, die hymnisch im gleichnamigen
Track von DJ Duke alias Sound Man gefeiert wurde.
Rückblickend betrachtet, war zu dieser Zeit für uns
Techno doch vor allem House. Obwohl wir durchaus auch technoide Musik aus Sheffield vom Label
Warp hörten, Bleeps und subsonische Bässe liebten
und uns die Ästhetik von Underground Resistance
aus Detroit mit dem in den Neunzigern erfolgreichsten, globetrottenden Techno-DJ Jeff Mills vertraut
war. Deren Riot Ep lief auf unseren Plattentellern
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und dennoch schlug unser Herz doch mehr für Moodymann, dem Detroiter Hustler, der so einmalig
dreckige und deepe Housetracks produzierte. Es lag auch daran, dass die für Techno wesentliche Härte
für uns weniger eine Rolle spielte. Ganz im Gegensatz zu Berlin, wo DJ Tanith Härte in der Musik
geradezu als Gütekriterium für möglichst kompromisslosen Techno ausrief. Die überaus sehenswerte
Dokumentation „We call it Techno“6 macht in der Rückschau entschieden deutlich, wie in den Anfangstagen von Techno in Deutschland seit 1988 zwischen den Technozentren Berlin und Frankfurt
Härte, mittlerweile auch an der Begriffsbildung Tekkno, am Wort selbst, abzulesen, stilbildend wurde.
Expansion und Booking
Besagter DJ Duke sollte dann auch alsbald bei uns auflegen, nur war inzwischen unser kleiner Club,
die ehemalige Bar am Rande der Einkaufspassage des Karstadtwarenhauses, zu klein geworden, alle
Interessierten aufzunehmen. Zudem häuften sich Beschwerden der Anwohner über Lärmbelästigungen. Ein in Essen bis heute andauerndes und enervierendes Problem sowohl für alle, die sich gern an
lauter Musik im Nachtleben erfreuen, als auch ganz zum Nachteil derer, die davon leben müssen. Wie
viele Gastronomen müssen ihre Läden schließen, weil teilweise nur eine Anwohnerpartei sich dauerhaft beschwert? Dieser Abend also mit DJ Duke setzte eine Zäsur und machte uns deutlich, wie dringend wir räumlich expandieren mussten. Das taten wir in Folge dann auch zweimal und spätestens in
der letzten Roten Liebe, inzwischen zwar an einer anderen Stelle, aber wieder zum ursprünglichen Ort
im Umkreis des Rüttenscheider Sterns, einem Platz im Essener Süden, zurückgekehrt, hatten wir unsere Lehrjahre hinter uns gebracht und konnten nun mit professionellen Clubs national und international
mithalten. Das Clubumfeld hatte sich nicht nur im Ruhrgebiet unterdessen stark verändert. Wir standen
nicht mehr allein da und auch in die Bookingszene hatten härtere Konkurrenzmechanismen Einzug
gehalten. Plötzlich wurde man damit konfrontiert, verstärkt aufs Wirtschaften achten zu müssen, denn
die Gagen auswärtiger DJs waren immens angestiegen. Es galt nun einerseits sein Programm so auszurichten, dass es interessant für viele blieb, von auswärts zu uns zu kommen, und andererseits aber auch
die lokale Szene zufrieden zu stellen, unsere spezifische Identität aufrecht zu erhalten. Wie oft nämlich
blieben Clubs doch gerade deswegen uninspirierend und steril, weil sie sich nur noch aufs Booking
irgendwie angesagter DJs verließen. Dies ging nur durch intensive Beziehungspflege zu Agenturen und
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We call it techno – a documentary about germany’s early techno scene and culture. DVD, Rough Trade Distribution GmbH, 2008.
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Tanzfläche der Roten Liebe, 1992
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DJs, was meisterhaft und stets beseelt Ramin Köhn besorgte, der noch ein paar Jahre zuvor das Essener
Publikum mit seinem eigenen Club, dem Spock in Essen-Steele, kulturell überfordert hatte. Respekt
dafür! Josh Wink, der einen Riesen-Acid-Hit Higher state of consciousness Mitte der Neunziger hatte,
sagte mir später, wie selig doch die Zeiten in der Roten Liebe gewesen seien und wie gern er dahin zurückkehren wolle. All das funktioniert jedoch nicht ohne ein treues Publikum. Christoph Kohl, damals
Stammgast der Roten Liebe und heute Galerist, bilanziert, die Zeit sei vor allem deswegen so schön
gewesen, weil man sich als Gast ganz sicher sein durfte, dass alle mindestens ebenso ein Freak waren
wie man selbst. Ein schönes Kompliment!
Aber ohne die internationale Ausrichtung7 wäre die Rote Liebe weder so bekannt geworden, noch hätte
sich lokal diese besondere Art der Publikumszustimmung ergeben. Denn es war schon ein interessantes Phänomen, zu beobachten, wie vor allem Essener darauf reagierten, wenn sie auf dem Parkplatz
vor der Liebe, wie sie jetzt nur noch kurz, ganz im Zeichen intimen Vertrauens zwischen Gästen und
Clubmanagement, bzw. lokalen DJs genannt wurde, Autokennzeichen anderer Städte wahrnahmen und
sich und ihre Stadt erst dadurch aufgewertet sahen. Soviel zur Bedeutung des symbolischen Raums.
Die clubkulturelle Szenerie des Ruhrgebiets hatte sich inzwischen, Mitte der 90er, stark gewandelt.
Techno und House hatte in all seinen Spielarten breit Einzug gehalten und in Clubs institutionalisiert,
beispielsweise im Phuture Club im Landschaftspark, der sich im Norden Duisburgs befindet, oder
das Planet, dem Nachfolgeladen des Logo in Bochum, in dem viele tolle Detroit-techno-DJs dank
geschmacksicherem Booking, für das u.a. auch Tobias Koth sorgte, auflegten. Ausdifferenzierungsprozesse begannen nun auch auf Clubebene wirksam zu werden. Es ergaben sich Freundschaften, aber
auch Feindschaften zwischen den einzelnen Clubs. Das Konkurrenzprinzip hinterließ seine Spuren.
7
Eine kleine Liste derjenigen Djs aus aller Welt, die in der Roten Liebe aufgelegt haben, womit jedoch keinesfalls Vollständigkeit
beansprucht wird, soll hier kurz zur Illustration angefügt werden: G-man, DJ Deep, Dimitri from Paris, Sneak, Terrence Parker, Carl Cox,
Armand van Helden, Eric Morillo, Laurent Garnier, Josh Wink, Stickmen, John Acquaviva, George Morell, Richie Hawtin, Steve Bug, DJ Duke,
Towa Tei, Pressure Drop, Skatemaster Tate, DJ EFX, DJ Digit, DJ Pierre, Lavette, Ce Ce Rogers, Whirlpool, Hans Nieswandt, Eric D. Clarke,
Woody Mcbride, Ian Pooley, Michael Reinboth, Masters at Work, Felix da Housecat, Robert Hood, Ingo Sänger, Oliver von Felbert, Sascha
Sashay, Ramin, Tobias K.
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Differenz und Weltumarmung
Kulturelle Sezession war für uns enorm wichtig, wir wollten uns unterscheiden. Das rockistische Umfeld, in dem
nicht nur das Ruhrgebiet anfänglich noch steckte, sollte
verlassen werden, die Zukunft – denn ‚Future’ war doch
das zentrale Motto von Techno – hatte, das war uns unmissverständlich klar, bereits begonnen. Wir wollten sie
bauen, die neue Stadt, und wenn wir werktags morgens
aus dem Club stolperten und in die Gesichter der sich zur
Arbeit schleppenden Menschen sahen, wussten wir, diesem
Ziel zumindest ein Stück näher gekommen zu sein. Denn
zuvor hatte sich eine dieser Nächte ereignet, die uns
voller Musik zurückließ. Unsere Seelen waren erfüllt
mit Glück. Wieder einmal hatte ein DJ unsere
Körper bewegt, wir überließen uns ihm und
darum konnte er sich ganz auf uns verlassen. Vertrauen. Kommunikation ohne
Worte. Es konnte einfach zu dieser Zeit
nichts Besseres geben. Und wenn sich
wiederum heute ‚clubbende’ Menschen
aus ganz Europa etwa in Berlin oder Barcelona treffen, dann suchen und finden sie
Master At Work, Rote Liebe 1994 © Stefanie Haarkamp
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in Clubs wie dem Berghain und seiner Panoramabar für Stunden, bisweilen ganze Tage abseits des
Sonnenlichts genau diese Momente, in denen sie ihre Existenz als solche sinnlich feiern. Release bleibt
ihr Programm. Was Rainald Goetz zur Bedeutung der Loveparade 1997 schrieb, eine Gesellschaft
finde sich dort im Glück ihrer sinnlichen Existenz, bemerkte ich in diesen stolpernden Momenten im
Anschluss an solch gelungenen Clubnächte auf meine Art. „Der Augenblick, wo die Gesellschaft sich
als Ganzes sinnlich wahrnehmbar zeigt, wahrnimmt, und - ohne all ihr Leid vergessen zu müssen - sich
trotz allem, irgendwie, ganz diffus bejaht“8 (Die Zeit, 11.07.1997). Wie recht er doch damit hatte!
Felix Da House Cat,
Rote Liebe 1994
© Stefanie Haarkamp
Auch wenn Rainald Goetz hier fast die ganze Welt, zumindest die Gesellschaft, umarmen will, war
das jedoch für mich dann bei aller Zustimmung bloß die halbe Wahrheit. Denn die Loveparade feierte
ebenso die körperliche Fitness massenhaft trainierter Körper, das Durchhalten um des Durchhalten
willens. In die medialen Bilder des körperlichen Glücks mischten sich auch die gestählten Körper in
all ihrer pornographisch sexualisierten Künstlichkeit. Dadurch wurde die direkte, über das Erleben
der Musik vermittelte und auch zum Teil ungestaltete Körperlichkeit, wie auch der stilistische Wildwuchs der Anfangstage den perfekten Oberflächeninszenierungen voller Hochglanz geopfert, nein,
noch mehr, durch sie ersetzt und damit letztlich auch zum Verschwinden gebracht. Bilder schoben sich
vor das musikalische Erleben. Fortan machten sich nämlich schon allmählich die Vorboten der neuen
Dekade bemerkbar. Die Tänze in den Clubs wurden alsbald unterbrochen vom Blitzen der Kameras
auf den Tanzflächen. Nein, dies waren nicht die vermeintlich bösen Medienvertreter in ihrer professionellen Gier nach Bildern, das besorgten die Tanzenden schon selbst, in dem sie sich gegenseitig
fotografierten. Wenn es also in einem Club wie dem Berghain seinen Besuchern heute nicht gestattet
ist, Fotos zu machen, so kann ich dem viel abgewinnen. Intensität kann nur entstehen, indem man sich
auf den Augenblick konzentriert, sich ihm überlässt. Nicht umsonst spricht Rainald Goetz von Augenblicklichkeitskunst.9
8
An solchen Äußerungen entzünden sich i.d.R. die Debatten um den politischen Stellenwert von House und Techno. Vertretern
eines starken Begriffs des politischen Subjekts, etwa im Sinne eines kritischen Bewusstseins, ist die offenkundige Deindividualisierung und
Ich-Auflösung ein Dorn im Auge, während poststrukturalistische Autoren gerade solche Momente begrüßen, in denen etablierte diskursive
Subjektstrukturen erlebbar verlassen werden können.
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In: Rave. FfM, 1998. Empfehlenswert ist dazu auch der poetologische Essay Gerade Eben Jetzt - Schreibweisen der Gegenwart.
FfM, 2003. Eckhard Schumacher arbeitet dort heraus, wie es Goetz gelingt, Techniken der DJ-Kunst oder ihr musikalisches Erleben in Literatur zu übersetzen. Gerade durch seine Form einer Übertragungsarbeit lässt sich der Text Rave aber auch umgekehrt als ein literarisches
Dokument der Musik und ihres gegenwärtigen Erlebens lesen, indem in der Sprache eher musikalische Rhythmisierungen in die Konstitution
des Textes eingreifen, als dass versucht wird, dem Erlebten eine nachträgliche Bedeutung zu geben.
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Der Schallplattenladen
Die DJs, die Techno, House, Hip Hop, auch Reggae, auch seine Modernisierungen Ragga und Dancehall dürfen nicht vergessen werden, auflegten, bescherten den Neunzigern eine Renaissance der Vinylschallplatte. Sie wurde zum zentralen Medium für Distribution der Musik und zum gestalterischen
Mittel. Zu Beginn der Dekade dachte die Musikindustrie sie durch das CD-Format bereits vollständig
ersetzt zu haben. Welch fataler Irrtum, heute gar ein Treppenwitz, sollte doch ausgerechnet die Compact Disc den ökonomischen Tod für die Industrie schleichend vorbereiten, der dann durch die neuen
Distributionswege des Internets endgültig besiegelt wurde. Die Aufwertung des Vinylformats verdankte sich dessen Funktionalität als Tonträger. Denn mit Schallplatten und zweier per Mixer verbundener
Schallplattenspieler, zumeist der Marke Technics-Mk II, in deren Umlaufgeschwindigkeit eingegriffen
werden konnte, ließen sich die Tracks synchronisieren und somit ineinander mischen oder aneinander
binden, ohne dass der musikalische Fluss für die Tanzenden beeinträchtigt werden sollte. Ein Verfahren, das keineswegs neu war, denn schon in den us-amerikanischen Clubs, wie dem Warehouse in Chicago oder der New Yorker Paradise Garage, versuchten damalige DJs, wie Larry Levan, den gesamten
Abend in einem musikalischen Fluss zu gestalten. Die Dauer eines im Club gespielten Stückes war ja
bereits durch die Erfindung der Maxisingle enorm ausgedehnt worden. Hieran lässt sich sehen, wie
die Entwicklung eines technischen Mediums Hand in Hand geht mit der Entstehung neuer Räume, in
denen Musik rezipiert wird. Vom radiotauglichen Singleformat (7“), auf dem in knapp drei Minuten
ein Song präsentiert werden musste hin zur Maxi-Single (12“), die im Club, dessen Ursprünge sich bis
in die Zeiten der Prohibition zurück verfolgen lassen, gespielt, bzw. der damaligen Discothèque ihren
Namen gab. Sang Sam Cooke noch “Having a Party, dancing to the music, playing by the DJ on the
radio”, war das Radio spätestens in den siebziger Jahren durch den neuen Präsentations- und Rezeptionsrahmen des Clubs abgelöst worden.
Damit verband sich aber auch der Schallplattenladen als einem besonderen sozialen Ort, der eine völlig eigene Art von ästhetischer Kommunikation ermöglichte. Heute ist man gewohnt, Musik über das
Internet zu beziehen, entweder als Download in Form von Mp3- oder Wav-Dateien über Netzanbieter
wie Itunes oder Beatport, oder in Blogs oder in virtuellen Netzoberflächen von realen Schallplattenläden wie Hardwax aus Berlin oder Rushhour in Amsterdam, bzw. Phonica-Records aus London. Aber
zu der Zeit ging man zum diggen, wie es heißt, wenn DJs Ausschau nach aufregenden Neuerscheinungen und obskuren Raritäten halten, noch in physische Räume, eben Schallplattenläden. Derer gab
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es einige im Ruhrgebiet. Channel Jam beispielsweise in Dortmund, aber auch Important Records (ein
Wortspiel aus dem Import von Platten und deren Bedeutung) in Essen, der auch zwischenzeitlich ein
gleichnamiges Label betrieb. Letzterer war für einige Zeit zudem so erfolgreich, dass er sein Angebot
auf drei kleinere Läden in der nördlichen Innenstadt aufteilen musste; neben dem Houseshop, dessen
Angebot sich über alle Spielarten von House erstreckte, gab es noch Raveworld, in dem eher Massentaugliches wie Scooter oder Faithless feil geboten wurde, und Klangwelt, wo besonderes Augenmerk
auf der künstlerischen Qualität von Techno lag.
In jedem dieser drei Läden fand sich stets ein äußerst stilsicheres Publikum ein. Neben handwerksbezogenem Fachpublikum, also den DJs, traf man dort vor allem auch auf die sogenannten Desksharks,
meist männliche Jugendliche, deren Ehrgeiz darin bestand, am Vorabend im Club von den Vinylplatten
das Etikett, Label, zu betrachten, um den Namen des begehrten Tracks heraus zu finden, und es anschließend im Laden kaufen zu können. Heute ein kaum noch vorstellbarer Aufwand angesichts einer
unüberschaubaren Fülle von Tracklists im Netz. Insgesamt hatte das Ganze den Charakter zwischen
einem Marktplatzstand und einem lebendigen Diskussionsforum, in dem die vorgespielten Tracks den
Kommentaren durch die Anwesenden ausgesetzt wurden. Dabei handelte es sich allerdings um äußerst
rare Güter, denn die Stückzahl des schwarzen Goldes, wie wir es augenzwinkernd nannten, belief sich
ja höchstens auf ein- bis zweitausend Einheiten, die weltweit gehandelt werden.
Ein Spezifikum hatte insbesondere der Laden in Essen. Für gewöhnlich konnte man sich die Platten
selbst aus den Regalfächern nehmen und an extra zu diesem Zweck bereit gestellten Schallplattenspielern über Kopfhörer anhören, denn es musste entschieden werden, ob das Stück ins Set passt oder nicht,
auch an welcher Stelle es vielleicht zum Einsatz kommen könnte. Doch anstelle dieses intimen Moments, in dem ein DJ zum ersten Mal die Platte anspielt und hört, bekam er sie bei Important Records
von den Verkäufern vorgespielt, die auf diese Weise zu beinahe religiösen Weihepriestern wurden. Getauft und damit in den Kreis aufgenommen, wurde derjenige, der nach den besonders guten Platten – in
den Augen der Verkaufspriester – fragte. Das öffentliche Vorspiel bedeutete zum einen zwar eine im
Vergleich zu anderen Läden hohe Schwellenangst vor allem für Novizen, nach dieser oder jener Musik
zu fragen, aber zum anderen auch eine gewisse soziale Meinungs- und Kommentarfreude. Kaum dass
ein Stück, meistens relativ laut, gespielt wurde, kam es zu Beifalls- sowie heftigen Unmutsäußerungen.
Diese zogen Stilkämpfe und Streitereien nach sich, ob ein Track etwa nun noch authentischen Techno
repräsentierte oder schon Kommerz war oder ob es sich um ein ‚Brett’ bzw. ‚Niete’ handelte. Je nach
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Laden verfügte das Publikum über die entsprechenden Kategorien, dies je spezifisch zu beurteilen. Für eine
Zeit lang ersetzten diese Diskussionen auch für mich die Kommentare aus den Redaktionen der Szenezeitschriften. Die Produktion war spätestens Mitte der Neunziger sowieso derart beschleunigt, dass der Fülle
an Veröffentlichungen journalistisch im Rahmen etwa einer Monatszeitschrift niemand mehr Herr werden
konnte.
Die Zukunft der Vergangenheit
tieren und erlebbar machen. Sucht
man also nach Manifestationen
der Szene, sind diese vor allem als
sinnliche Erlebnisse solcher Nächte
in den Erinnerungen der Protagonisten, der DJs und der Tanzenden,
der Club- und Labelbetreiber gespeichert.
Heute steht Techno wieder einmal mehr im Zeichen von House. Deepness ersetzt weitestgehend den vorausgegangenen kühl-abstrakten Minimalismus, der viele Tanzflächen lange Zeit bestimmt hatte. Auch aus dem
Ruhrgebiet, speziell aus Essen zum Beispiel, gibt es mit Dplay, Manuel Tur und Langenberg wieder einige
Protagonisten, die von sich Reden machen und dadurch eine kleine Traditionslinie von House und Techno
fortschreiben, was sie in Interviews auch explizit machen (De:Bug 133, 2009). Mit dem Goethebunker, in
dem sie einen monatlichen eigenen Clubabend haben, aber auch dem Hotel Shanghai, sind Clubs als Präsentationsorte vor Ort, die Techno und House auf ihre je eigene Art interpretieren.
Weitere Spuren aus der Szenerie der Neunziger lassen sich finden und z.T. auch weiter verfolgen. Mit dem
aktuellen Label Farside etwa wird beharrlich an die House-Tradition in Dortmund angeknüpft, gab es doch
dort schon in den Neunzigern mit dem Draft-Label einen Vorläufer, True Housemusic zu veröffentlichen.
Nicht zu vergessen sind für mich ebenso die obskuren und lustigen Releases auf Honolulu-United, einem
bereits schon länger eingestellten Label von bereits erwähntem Ramin, das mit recht schrägem Witz versuchte, House und Techno lokaler Protagonisten in einen globalen Kontext einzuführen.
Wer die Flyerausstellung, die Anfang dieses Jahres in der Essener Banditenbar präsentiert wurde, gesehen
hat, konnte die ungeheure Vielfalt des Clubgeschehens im Ruhrgebiet am Beispiel Essens, speziell der
Neunziger Jahre, eindrücklich nachvollziehen. Dies können jedoch nur Schleifen der Erinnerung sein, denn
ihr spezifisches Moment, welches House und Techno vor anderen Musikstilen auszeichnet, ist der stets vergängliche Clubabend, der sich auf seine Art nur einmal so ergibt und sofort wieder verschwindet. Dies stand
wohl auch Andrian Kreye in der SZ vor Augen, als er dort von House als einem globalen Underground sprach.
Überall auf der Welt werde diese Musik gespielt und doch bringe sie weder große Stars wie etwa Madonna
noch wirklich charttaugliche Hits hervor. Denn nur ein Abend im Club könne House angemessen präsen-
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Abschiedsveranstaltung der Roten Liebe am
Freitag, den 18.07.1997
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Berthold Socha
Loveparade
Berlin
Erinnerungen an 1996 und 1999
Ich liebe es, dort einzutauchen und mitzuschwimmen, dort wo
Menschen feiern, zusammen sind, gemeinsam Erlebnisse teilen. Dann aber auch allein mit meiner Leica. Ohne jede Hektik
und vor allem ohne Auftrag, mein fotografisches Auge austoben
lassen, neugierig, beobachtend. Das Pulsierende solcher Veranstaltungen auf der Straße bietet ein fantastisches Feld wunderbarer Momente, die auf meine S/W-Filme gebannt, für mich, über die Erinnerung
hinaus, Lebenseinstellungen, Moden, einfach Zeitgeschichte dokumentieren.
Bei der Loveparade haben mich weder die Clubs noch die Labels und auch nicht
die Raver interessiert, sondern die einzelnen Menschen, die bereit sind, eine Nacht und einen Tag nach
dieser Musik sich zu bewegen, zu tanzen. Sie in ihrer Freude oder einem gewolltem Ausdruck einzufangen, das stellte ich mir vor.
Mehr zufällig kam ich 1996 zu meiner ersten Loveparade. Über verschiedene Medien auf eine etwas
obszöne, drogendurchflutete Veranstaltung eingestellt, näherte ich mich zurückhaltend dem Brandenburger Tor, der Siegessäule und schlenderte in Richtung Ernst-Reuter-Platz, entlang der neuen Strecke
der Loveparade. Nichts merkte ich von einem schmuddeligen Fest sondern empfand alles als lockeres,
ausgelassenes Ereignis. Locker schon am Brandenburger Tor. Nur meine Äußerung „witzig“ reichte,
um für einen Augenblick eine Jeans mit fast blankem Po gezeigt zu bekommen. „Wir kamen heute mit
dem Nachtzug aus Nürnberg, wir möchten auch ein Foto“. Nicht mehr ganz junge Mädchen formu-
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lierten diesen Wunsch. Nie
erlebte ich eine solch positive Korrespondenz mit den
Personen, auf die ich meine
Kamera richtete. Ein Augenzwinkern reichte aus, um
gemeinsam zu einem Foto
zu kommen. Inszeniert habe
ich dabei nichts, mir wurde
vieles einfach so präsentiert.
Ein wenig warten und dann
zu dem Zeitpunkt auslösen,
der die Stimmung spiegelt,
das war mein Sport. Selbst
die beiden Jungen, kahl geschoren und wild frisiert, gaben für mich einen Moment
das kleine Schauspiel. Nicht
den Motiven nachlaufen, sie
kommen zu Dir, das sagte ich
mir auch hier. Der Junge mit
geballter Faust und dickem
Ring, fast brutal und einen
Augenblick später lachend
den Fotografen umarmend.
Geradezu
herausfordernd
Mädchen, die durch Fotos
in die Welt hinausgetragen
werden wollten, wie sie sagten.„We Are One Family“,
das Motto dieser Loveparade
schien einfach zu stimmen.
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So war auch die Stimmung am 10. Juli 1999, dem 10. Geburtstag der Loveparade. Ein heißer Sommertag und blauer Himmel, ausgelassene junge Raver und älter gewordene Fans. Sich bewegen oder auch
ruhig bleiben, bei 30 Grad im Schatten war dies egal. Vor der Parade flanierte man zur Siegessäule.
Doch wohin sollte ich mich wenden. Nie habe ich so viele Menschen gesehen. An allen Plätzen, auf
fast jedem Rasenstück im Tiergarten ruhten Raver, die wohl die Nacht durchgetanzt hatten. 1,5 Mio.
sollen es gewesen sein. Alle aber warteten auf die Trucks. Dann kam die Musik auch näher. „Music Is
The Key“, das Motto 1999 und so war es auch. Noch lauter, noch härter die fetten satten Bässe, die
ich in Erinnerung hatte. Flower Power mit Sonnenblumen im Haar, war immer noch bei den Mädchen
angesagt. Viele aber noch schriller als vermutet. Doch alle bewegten sich zu diesem Beat, diesen recht
harten Rhythmen die von den raverbeladenen Trucks ausgespuckt wurden. Dann ein „Muß“ in diesem
Jahr: Trillerpfeifen wohin ich auch schaute. Lärm gehört zu diesem Spaß wohl zwingend dazu. Und
wieder diese Offenheit der Kamera gegenüber. Doch es vibrierte nicht nur mein Bauch. Ich hatte Bedenken, dass selbst die Kamera und der Film in Schwingungen versetzt und damit die Aufnahmen nicht
scharf wurden. Unsinn, doch diese Techno-Musik haute schon durch und das Trommelfell tat richtig
weh.
Unvergessen bleibt für mich die Party rund um die Siegessäule. Ein Kommen, ein Gehen, als wenn
eine große Welle die Menschen hin und her bewegen würde. In Erinnerung bleiben für mich Veranstaltungen, die lockerer, schöner gewesen sind, als alle Karnevalsumzüge, bei denen ich stets viel mehr
angetrunkene Jugendliche sah. Auf der Straße des 17. Juni und um die Siegessäule war es ein ausgelassenes Fest.
Eine leider nicht wegzudiskutierende Nebenerscheinung großer Veranstaltungen ist dann allerdings
doch der hinterlassene viele Müll in den Parks und auf der Strecke der Trucks wie auch Jugendliche,
die mit Rauschmitteln entgleisten. Für den Außenstehenden jedoch nicht augenscheinlich wahrnehmbar und für mich kein fotografisches Motiv.
Wird es in den kommenden Jahren dennoch eine solch unbeschwerte Loveparade geben können oder
hat sich diese einfach überlebt? Für die jungen Leute möchte ich hoffen, dass solch ein gemeinsam
erlebtes Ereignis mit positiver Erinnerung wieder kommen wird. Dann aber hoffe ich auch, dass der
Kommerz nicht zu sehr die Loveparade diktiert.
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Roger Hoffmann
Filmische Visualisierungen
in der Technokultur
20 Jahre Technokultur in Deutschland - die erste „Loveparade“ von 1989 als Markstein genommen bedeuten auch 20 Jahre der visuellen Darstellung und Auseinandersetzung.
Technokultur verstehe ich in diesem Kontext als eine Bewegung, die alle Arten künstlerischer bzw.
kreativer Arbeit umfasst (Musik, Mode, Graphik, Programmierung, Film etc.) und deren Charakteristik
die Verwendung moderner Technologie bei der Produktion sowie eine positiven Zukunftsausrichtung
(futuristische Utopie) ist.
nierungen und Konzepten, die eine Nähe zur Videokunst aufweisen.
Visuals zählen zu den frühen filmischen Formen, die eng mit der Technokultur verbunden sind. Bereits in
den 1980er Jahren kommen sie in einigen Clubs und auf Veranstaltungen zum Einsatz. Historisch lassen
sich Entwicklungslinien bis in die 1960er Jahre zurück verfolgen, in denen z.B. mit Filmprojektionen bei
Konzertaufführungen experimentiert wurde.
Neben Musik, Lichtgestaltung und Dekoration sind Visuals inzwischen ein fester Bestandteil des Clubund Veranstaltungsgeschehens und tragen im idealen Fall zur Intensivierung von auditiven und visuellen
Sinneseindrücken bei.
Verwendet werden dabei Laptops (inkl. spezieller Software + Animationen 2D/3D und Filmaufnahmen),
DVD-Player, Livecams, Videomischer, Projektoren (Beamer), Monitore (Fernseher) und Leinwäande.
Innovative technologische Entwicklungen eröffnen in diesem Feld immer wieder neue und interessante
Gestaltungs- und Einsatzmöglichkeiten.
Im Sinne des Ausstellungstitels „Blick zurück in die Zukunft“ möchte ich im Folgenden einen kurzen,
strukturierenden Überblick über Aspekte und Formen filmischer Visualisierung in der Technokultur
geben. Als filmische Visualisierung bezeichne ich dabei das bewegte Bild im weiteren Sinne; aufgezeichnet, bearbeitet und präsentiert auf Medien wie Film, Video und neuen elektronisch-digitalen
Formen.
1. Visuals
Unmittelbar mit dem Club- und Aufführungsgeschehen verbunden sind sogenannte Visuals, die parallel zur Musik des DJs oder Liveacts, von einem VJ (Visual Jockey) gestaltet bzw. arrangiert und direkt
an die Wand oder auf speziell installierte Leinwände im Raum projiziert werden. Den Bildinhalten,
sowie der Form ihrer Gestaltung und Komposition sind dabei keine Grenzen gesetzt. Sie hängen allein
von der Auswahl und der Kreativität des jeweiligen VJs im Umgang mit den Mitteln ab. Das Dargebotene kann dabei variieren zwischen „flimmernder Bildtapete“ und Atmosphäre schaffenden Bildinsze-
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2. Fernseh-, Internet- und DVD-Magazine
Mit steigender Popularität der Technokultur - vor allem in Deutschland - wird auch das Fernsehen auf
die Entwicklung aufmerksam und nimmt TV-Magazine ins Programm, die sich ausschließlich technoreleavanten Themen mit Features über Musik, DJs, Veranstaltungen, Mode und der Präsentation von
Musikvideos und Livegästen im Studio widmen. Die Sendungen orientieren sich dabei an der, im Szenekontext entwickelten, Mode und Bildern, als Bestandteil einer Jugendbewegung.
2.1 Fernsehmagazine
Die zunächst im Ostdeutschen Rundfunk Brandenburg (ORB), später auch von der ARD im Nachtprogramm ausgestrahlte Sendung „Feuerreiter“, mitentwickelt und moderiert von Marusha - in den
1990ern eine der bekanntesten Rave-Ikonen der deutschen Techno-Szene - orientierte sich von der
Aufmachung noch stark an den damaligen Fernseh-Jugendmagazinen und hatte durch die Spezialisierung auf die Techno-Szene ihren Bezug zur Technokultur..
Ein Schritt weiter ging das Magazin „Housefrau“, das ab 1994 im wöchentlichen Turnus auf VIVA ausgestrahlt wurde, und das Aspekte der Techno-Szene auch in die visuelle Gestaltung der Show übernahm.
Entwickelt wurde das Format von Andrea Junker, moderiert von Mate Galić und Sabine Christ. Ziel der
Sendung war es, in ihr alles zu integrieren, was die damalige Technoszene charakterisierte.
Das Studiodesign ähnelte einem runden Lüftungsschacht, an dessen Seiten Kunstnebel ausströmte.
Am Ende des Schachtes war ein großer, permanent rotierender Ventilator angebracht war, der von
hinten beleuchtet zur Lichtstimmung beitrug. Neben einer Theke bzw. Bank, von der aus moderiert
wurde, standen in der Mitte des Studios - auf zwei Waschmaschinen platziert - zwei Plattenspieler
und ein Mixer, an denen Mate Galić die neusten Schallplattentipps vorspielte oder hin und wieder ein
Studiogast ein Set auflegte. Das Studio erinnerte in seinem Aufbau dadurch entfernt an eine stilisierte
Undergroundlocation.
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Das Bild von Techno als massenwirksames Jugendphänomen wurde durch dieses Magazin und weitere
Sendungen mit Bezug zur Elektronik- und Clubszene, die VIVA und MTV in der Folgezeit produzierten, entscheidend mitgeprägt. Da lag es nicht fern, dass auch die Werbeindustrie auf die neue Zielgruppe aufmerksam wurde und, in Übernahme ästhetischer Stilmittel, bunte und laute Technowerbeclips
produzierte. Beworben wurde von der Techno- und Ravecompilation über Energydrinks bis hin zum
Konto bei der Sparkasse alles, was für diese Zielgruppe relevant schien. Sie spiegeln darin einen Zeitgeist der 1990er Jahre wider.
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Liveübertragungen von Großveranstaltungen wie der „Loveparade“ oder der „Mayday“ waren ebenfalls ein Zeugnis der Popularität der Technobewegung, die Mitte der 1990er Jahre ihren kommerziellen
Höhepunkt erreichte, spätestens um die Jahrtausendwende jedoch als Jugendbewegung nach und nach
aus den Medien verschwand.
Internet und DVD sind neue bzw. weitere Distributionsformen für filmische Visualisierungen und Formen der Technokultur, die sich vom Fernsehen abgenabelt haben.
Ab 2001 brachte VIVA in der Nachfolge von „Housefrau“ mit „Electronic Beats“ ein weiteres Magazin
auf den Sender, das sich ausschließlich elektronischer Musik widmete und neben „Fast Forward“ eine
wichtige Präsentationsplattform für unabhängige Musik- und Videoproduzenten war. Nachdem die
Sendung auf VIVA eingestellt worden war, wurde „Electronic Beats“ in Kooperation mit einem Großsponsor als Internetplattform fortgeführt und bringt u.a. regelmäßig DVD-Magazine heraus, worauf
ich gesondert noch einmal eingehen werde.
Ein letztes TV-Format, das ich in diesem Zusammenhang erwähnen möchte, sind Sendungen, die
unkommentierte Filmbilder mit elektronischer Musik kombinierten. Zu nennen sind hier die Sendung
„Space Night“ des Bayerischen Rundfunks, die NASA-Aufnahmen aus dem Weltraum mit Ambientund Chilloutmusik verknüpfte und die Sendung „Rave around the World“, gesendet von VOX, die
einen Zusammenschnitt von Techno-Veranstaltungen aus aller Welt in Verbindung mit dancefloororientierter Musik bot.
Ein zusätzlicher Aspekt hierbei ist, dass vor allem die „Space Night“ von so manchen Partygängern
nach durchfeierter Nacht zum entspannten Ausklingen („Chillout“) genutzt wurde.
2.2. Internet und DVD-Magazine
In den letzten Jahren haben sich neue Vertriebswege und Formate mit Bezug zur Technokultur herausgebildet. Neben dem Internet - als zentralem Medium - vor allem die DVD. Ich möchte hier exemplarisch das DVD-Magazin „Slices“ nennen, das als Ableger der Internetplattform „Electronic Beats“
vor allem von Holger Wick gestaltet wird und dank eines Hauptsponsors seit 2005 vierteljährlich als
freie Kopie in den Plattenläden bzw. über die Webseite gegen Versandgebühr per Post zu bekommen ist. Die DVD beinhaltet jeweils mehrere Kurzporträts (inkl. Interviews) von Elektronikkünstlern,
kleine Features zu ausgewählten Themen wie Label und Produktionstechniken sowie Musikvideos.
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3. Dokumentationen
Von der Anfangsphase der Technokultur existieren kaum Film- bzw. Videoaufnahmen. Ein Grund dafür ist darin zu sehen, dass der technische Aufwand der filmischen Dokumentation höher und nicht so
verbreitet war wie heute, wo z.B. fast jedes Handy mit einer kleinen Kamera ausgestattet ist. Entscheidender aber war die Tatsache, dass es damals galt, den Abend bzw. den Event im Hier und Jetzt zu
erleben und nicht vermittelt über das Bild.
Techno war im Anfang eine Gegenkultur im Sinne einer positiven Utopie. Das Hierarchieverhältnis
von Star und Publikum war aufgehoben und die Musik bzw. die Veranstaltung stand im Mittelpunkt.
Alle Mitwirkenden waren gleichberechtigter Teil eines Ganzen. Dadurch gab es keine Leitfigur, die es
zu dokumentieren galt und auch keine Geschichte, die erzählt werden konnte. Techno war in diesem
Sinne zu Beginn ein abstraktes Phänomen.
Dies sollte sich mit zunehmender Popularität und Kommerzialisierung schnell ändern und auch gegenseitig bedingen. Der DJ nahm den Platz des Stars ein und es kristallisierten sich wiederkehrende Themen und Storylines, Moden und Stile heraus, die halfen, das Phänomen darzustellen und auch zu vermarkten. Topoi (man kann auch sagen Klischees) dieser Art waren 1. der DJ als Star und Mittelpunkt
2. das durchgefeierte Wochenende und 3. der exzessive Drogenkonsum. Sie prägten in der Folgezeit
entscheidend das Bild von Techno in den Medien.
Zwei frühe Dokumentationen sind in der Reihe „Lost in Music“ von Christoph Dreher und Rotraut
Pape erschienen mit den Titeln „Tekknotrance“ (1992) und „Electronic Jam“ (1996). Besonders „Tekknotrance“ ist mit der Darstellung verschiedener künstlerischer und kultureller Aspekte (Musik, Feierkultur, Mode, Clubs, Geschichte, Technik und Künstler etc.) ein gelungenes Beispiel früher dokumentarischer Auseinandersetzung. „Electronic Jam“ widmet sich vier Jahre später ausgesuchten Künstlern
der Technokultur im Porträt, wie z.B. Aphex Twin, Scanner und Oval und gibt so einen Überblick über
verschiedene musikalische Fassetten.
Eine weitere frühe Dokumentation, ist „Berlin - Techno City“ (1993) von Joachim Haupt, die ebenfalls
verschiedene Aspekte der Technokultur behandelt: Von der Musikproduktion über die Distribution
(Plattenladen und Verkäufer), den DJ bei der Arbeit, den Club bis hin zum Publikum (Raver).
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Andere Dokumentationen fokussierten sich auf einen Aspekt und neigten dabei oft zur Klischeebildung bzw. -bestätigung. Die Dokumentation „Im Techno Rausch – 60 Stunden Dauerparty“ (1996)
von Roberto Cappelluti und Broka Herrmann konzentriert sich auf den Topos des Durchfeierns und
begleitet eine Gruppe jugendlicher Raver beim 60 Stunden Feiermarathon. Sie steht in ihrer Inszenierung und biederen Kommentierung stark in der Tradition öffentlich-rechtlicher Dokumentationen der
1980er Jahre. Ebenso die Dokumentation „Raver, Rausch und Risiko - Technokids und ihre Drogen“
(1997) von Dietrich von Ruffer, die ihren Schwerpunkt auf den Drogenkonsum legt.
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BERLIN
Mit dem Abstand der Zeit betrachtet, geben diese Dokumentationen dennoch einen Einblick in die
damalige Auseinandersetzung mit dem Technophänomen.
Filmische Porträts bekannter Clubs und Veranstaltungen ermöglichen weitere interessante Einblicke.
So wirft die Kurzdokumentation „Omen - 15 Stunden Tekkno“ (1994) von Lilian Franck, einen unkommentierten Blick hinter die Kulissen des Frankfurter Clubs „Omen“; vom Türsteher bis zur Küchenhilfe.
Die Dokumentationen „Feiern“ (2006) von Maja Classen und „We call it Techno“ (2008) von Maren
Sextro & Holger Wick, nähern sich dem Feld vor allem über gefilmte Interviews. Vor allem „We call
it Techno“ gelingt es dabei mit zahlreichen Protagonisten der Anfangstage und zum Teil seltenen privaten Film- und Photoaufnahmen, ein aufschlussreiches und im Rahmen der Möglichkeiten authentisches Bild der Entwicklung der Technokultur in Deutschland der Jahre 1988 - 1993 zu geben.
Die bisher genannten Dokumentationen setzen sich vor allem aus deutscher Perspektive mit der Technokultur auseinander. Die Dokumentation „Equinox - Rave New World“ (1994) von Paul Sen widmet
sich im Schwerpunkt der englischen Technoszene. Sie beschäftigt sich mit Themen wie dem Cluberlebnis und der Drogenthematik (speziell der Beschaffenheit und Wirkung von Ecstasy), aber auch mit
der kreativen Seite, wie z.B der Gestaltung und den Einsatz von Visuals im Club oder der Arbeit des
Musikproduzenten.
Jon Reiss legt in der Dokumentation „Better Living Through Circuitry“ (1999) ebenfalls den Schwerpunkt auf die englische Elektronikszene und montiert zahlreiche Aussagen von Protagonisten (Musiker, DJs, VJjs , Graphiker, Raver u.a.) mit dokumentarischen Aufnahmen von Veranstaltung, Liveauftritten, Bühnenaufbauten etc. Er nimmt dabei auch Entwicklungslinien wie den Acidhouse der
1980er Jahre mit in den Blick und lässt frühe Protagonisten wie Genesis P-Orridge (Throbbing Gristle, Psyche TV) und Wolfgang Flür (Kraftwerk) zu Wort kommen. Partygänger berichten von ihren
Empfindungen und ihrem Bezug zur Technokultur. So gelingt es Reiss über die Montage verschiedener Aussagen, ein Mosaik der Technokultur (Stand 1999) mit ihren diversen Fassetten zu gestalten.
Eine weitere Herangehensweise ist die Betrachtung der historischen Entwicklungslinien der Technokultur. Diese hat ihren konzeptuellen Ursprung in Detroit (USA), wo die Musiker Juan Atkins, Der-
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rick May und Kevin Saunderson ein neues Fundament für elektronische (Club-) Musik kreierten.
Die Dokumentation „Universal Techno – Der Sound, der aus der Maschine kommt“ (1996) von Domenique Deluze nimmt die Loveparade des Jahres 1996 - die mit ihren Hunderttausenden Besuchern
Synonym für den Erfolg der Technobewegung war - zum Ausgangspunkt, um im Rückblick eine historische Entwicklungslinie dorthin zu zeichnen. Im Hauptteil wird Detroit und die hiesige ElektronikSzene eingehender porträtiert, um anschließend den Einfluss auf Europa und Japan zu skizzieren. Die
Dokumentation ist ein erster Versuch, musikalische Einflusslinien und Entwicklungen, auch jenseits
der Rave- und Partykultur, aufzuzeigen.
Einen ähnlichen Ansatz verfolgt die Dokumentation „Modulations - Cinema for the Ear“ (1998) von
Iara Lara Lee, die gleichfalls Entwicklungslinien und ihren Einfluss auf die weltweite elektronische
Musikentwicklung aufzeigt. Sie erweitert dabei den Rahmen um zusätzliche historische Einflüsse auf
die Technokultur, wie z.B. die „Musique concrète“ von Pierre Schaeffer und Pierre Henry und die elektronischen Werke von Karlheinz Stockhausen, oder auch technologische Entwicklungen, wie die Erfindung des Moog-Synthesizers in den 1960er Jahren. Die Dokumentation gibt eine tiefergehende Analyse
der musikalischen Wurzeln
der Technomusik.
Die Dokumentation „High
Tech Soul - The Creation of
Techno Music“ (2006) von
Gary Bredo setzt sich noch
einmal detailliert mit der
Entwicklung der Technomusik in Detroit auseinander und lässt alle wichtigen
Detroit-Protagonisten in Interviews zu Wort kommen.
Auch sie ist ein Beispiel
filmischer Geschichtsschreibung.
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Abschließend möchte ich noch Dokumentationen nennen, die sich einzelnen Künstlern der
Technokultur widmen. So beobachtet der Filmemacher Romuald Karmakar in seiner Dokumentation „196 bpm“ (2003) DJ Hell (Helmut Geier) bei der Arbeit im WMF-Club (Berlin).
Jeff Mills, ein einflussreicher Protagonist der zweiten Generation von Detroitproduzenten (u.a. Underground Resistance), gibt auf der DVD „Exibitionist“ (2004) einen Einblick in die Gestaltung eines
Musiksets und lässt sich beim Auflegen aus drei feststehenden Kameraperspektiven aufnehmen, die
vom Betrachter der DVD im „Multi-Angle“-Modus selbst ausgewählt werden können.
Ein drittes Beispiel ist die Dokumentation „Pioneers Of Electronic Music: Vol. 01: Richie Hawtin“
(2006) von Maren Sextro & Holger Wick, die ein filmisches Porträt des DJs, Produzenten und Labelbetreibers Richie Hawtin zeichnet, der die Entwicklung der Technokultur entscheidend mitgeprägt hat.
4. Spielfilme
Beim Spielfilm als Form filmischer Visualisierung lassen sich zwei unterschiedliche Bezüge bzw. Zugangsweisen zur Technokultur aufzeigen.
Zunächst gibt es eine Reihe Spielfilme, die mit ihrer Geschichte vordergründig im Techno-/ Clubmilieu angesiedelt sind. Diese Filme bzw. ihre Autoren nutzen den Techno-Kontext meist als dekorative
Szenerie oder sie begnügen sich damit, die Topoi „DJ“, „Feierkult“ und „Drogenexzess“ mit wechselnden Schwerpunkten in ein narratives Gewand zu packen. Oft verlieren sie sich dabei in Klischees
und den immer gleichen Bildern. Im positiven Sinne könnte man festhalten, dass hier versucht wird,
ein bestimmtes Lebensgefühl zu vermitteln. Meines Erachtens aber ist die filmische Dokumentation
geeigneter als der Spielfilm, einen Zugang zur Technokultur und so etwas wie einem Lebensgefühl zu
vermitteln.
Auf einer anderen Ebene, die mir weitaus interessanter erscheint, lassen sich Spielfilme identifizieren, die indirekt auf formaler Ebene (durch ihre Produktionsweise) oder auf inhaltlicher Ebene
(durch ihren visionären bzw. futuristischen Charakter) einen programmatischen Bezug zur Technokultur haben. Dieses sind Filme die a) im Einsatz neuester Technologien (digitale Bearbeitung
des Filmbildes, Spezialeffekte etc.) originelle Bildideen und ästhetische Konzepte umsetzen oder
b) die sich in ihrer narrativen Struktur mit möglichen Zukunftsvisionen auseinandersetzen. Filme wie „Metropolis“ (Regie: Fritz Lang/ 1925-26), „Ghost in the Shell“ (Regie: Mamoru Oshii/
1995), „Matrix“ (Regie: Andy und Larry Wachowski/ 1999) oder „Elektroma“ (Thomas Bangalter und Guy-Manuel De Homem-Christo/ 2006) sind meiner Meinung in diesem Sinne der Technokultur näher, als Filme die ihre Geschichten offensichtlich im Club- und Ravekontext erzählen.
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Ein anderer wichtiger Aspekt und ein weites Feld in der Beziehung zwischen Spielfilm und Technokultur, ist die Komposition und der Einsatz elektronischer Filmmusik.
Ich möchte in diesem Rahmen nur auf ein Projekt von Jeff Mills hinweisen, der im Jahr 2000 einen
elektronischen Soundtrack für den Film „Metropolis“ von Fritz Lang gestaltete (veröffentlicht auf dem
Label Tresor/ 2000) und damit eine direkte Verbindungslinie zwischen Spielfilmen im oben genannten
Sinne und der Technokultur gezogen hat.
5. Musikvideos
Im Musikvideo finden sich alle der genannten filmischen Aspekte wieder. Ziel und Aufgabe des Musikvideos ist es, ein Musikstück mit filmischen Mitteln umzusetzen. Aufgrund der formalen Freiheiten,
die der Videoclip dabei besitzt, reicht die Spannbreite vom abstrakten bzw. experimentellen Video, dessen Bilder an die Visuals im Club erinnern, über Videoclips mit dokumentarischen Charakter z.B. im
Konzert- bzw. Performance-Clip und Videos mit narrativen Bildfolgen, die eine Geschichte erzählen,
bis zu Videos, die neueste technologische Entwicklungen zur Bildproduktion nutzen. Aufführungsplattformen für Musikvideos sind unter anderem das Fernsehen, das Internet und DVDs.
Spätestens seit Anfang der 1980er Jahre sind Musikvideos ein zentrales Promotionsmittel für Musik. Der Sender MTV, der 1981 mit dem programmatischen Clip „Video killed the Radiostar“ auf Sendung ging, hat zur Popularisierung des Videoclips entscheidend beigetragen.
Innerhalb kurzer Zeit profilierten sich Musikvideos als eigene Kunstform und als ein Experimentierfeld für
neueTechnologien und Erzählformen, die auch die Gestaltung von Spielfilmen nachhaltig beeinflusst haben.
Videoclips sind ein Teil der Vermarktungsstrategie. So ist es nicht verwunderlich, dass mit zunehmender Popularität der elektronischen Tanzmusik auch die Anzahl der dazu produzierten Videos anstieg.
Frühe „Techno“-Clips wie z.B. Tricky Disco: „Tricky Disco“ (1990) oder LFO: „LFO“ (1991) arbeiteten oft mit Animationen (sowohl Stop-Motion und Zeichentrick als auch Computeranimation), bzw.
der Kombination von verschiedenen visuellen Stilen und Techniken (Animationen, Filmausschnitte,
selbst produzierte Filmsequenzen etc.).
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Wurden Stimmen bzw. Gesang in die Stücke integriert, entschied man sich oft im Sinne des klassischen Performance-Clips, den Sänger oder die Sängerinnen in einer Szenerie agieren zu lassen. Das Video zu Inner City: „Big Fun“ (1988) - das darüber hinaus auch ein Beispiel für die
Stilkombinationen im frühen Technoclip ist - oder das Video zu Goldie: „Inner City Live“ (1994)
sind Beispiele hierfür. In beiden Videos sind jeweils Impressionen aus dem Clubleben integriert. Dieses war eine gängige Vorgehensweise früher Clips, um auf die Herkunft und den Kontext
(Tanzfläche) der Musik zu verweisen. Die gleiche Intention verfolgte auch das Bild des „DJs an
den Plattentellern“, das als ikonisches Zeichen in zahlreichen der damaligen Videos Eingang fand.
In der zweiten Hälfte der 1990er Jahre trat eine Generation von Regisseuren in Erscheinung, die das
narrative Potential elektronischer Musik erkannten und neue Ideen und Aspekte in ihren Clips umsetzten. Bekannte Vertreter sind hier Chris Cunningham (u.a. Aphex Twin: „Come to Daddy“ (1997) und
„Windowlicker“ (1999), Squarepusher: „Come on my Selector“ (1998)), Michel Gondry (u.a. Daft
Punk: „Arround the World“ (1997), Chemical Brothers: „Let forever be“ (1999)), Floria Sigismondi
(u.a. Amon Tobin: „4 Ton Mantis“ (2000)), Jonathan Glazer (u.a. Unkle „Rabbit in Your Headlight“
(1998)) und viele mehr.
Sie repräsentieren eine kurze Phase der Renaissance des Musikvideos, in der auch außerhalb der elektronischen Musik zahlreiche herausragende Videos entstanden. Um 2004 jedoch versank die Musikindustrie zunehmend in eine Krise. Die ehemaligen Musiksender MTV und VIVA strukturierten sich um
und räumten der Musik immer weniger Anteil ein. Dadurch fielen wichtige Sendeplätze für Musikvideos weg. Die Musikverkäufe gingen zurück und im Gegenzug wurden die Budgets extrem reduziert.
All dieses hatte entscheidende Auswirkungen auf die Produktion von Musikvideos zur Folge.
Schon bald setzte sich im kommerziellen Sektor die Computeranimation als die offenbar adäquate
Form für die Umsetzung von elektronischer Musik durch und sollte es einige Jahre bleiben. Exemplarisch sei das Video zu Sven Väth: „Harlequin - The Beauty And The Beast“ (1994) genannt, das alle
Elemente damaliger Computerclips aufweist.
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Im Jahr 2009 befinden wir uns in einer Zeit des Umbruchs und der Veränderung. Neue Strukturen und Formen (des Vertriebs, der Produktion etc.) bilden sich heraus. Das Internet hat inzwischen eine Leitfunktion bei der Präsentation filmischer Formen wie dem Musikvideo übernommen.
Auf technologischer Ebene - sowohl im Hardware- als auch im Softwarebereich - gibt es regelmäßig
Innovationen, die Potentiale für neue Ideen und Experimente bieten. Gleichzeitig sind die Produktionsmittel noch erschwinglicher, als z.B. vor 20 Jahren, obwohl bereits damals eine technologische
Revolution den finanziellen Aufwand enorm reduziert hatte und die Technobewegung entscheidend
geprägt und vorangebracht hat.
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Der Möglichkeitsraum ist offen. Things to come...
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Thomas Koch
Mainhattans Musik:
im Gespräch mit Thomas Koch über Groove und die Frankfurter
Techno-Szene.
Thomas Koch kennt die Geschichte der Frankfurter Technoszene wie kaum ein anderer. Er war von
1989 bis 2004 Herausgeber und Inhaber des Groove Magazin’s, einer der ersten Zeitschriften für Elektronische Musik in Europa überhaupt und das wichtigste Sprachrohr der Frankfurter Szene und der
Rhein-Main-Region während ihrer entscheidenden Phasen. Als DJ T . ist er bekannt für seine TechnoHouse-Sets und Musikproduktionen. 2002 hat er mit Freunden das Label Get Physical Music gegründet, das 2005 vom britischen DJ Mag zum “Label des Jahres” erklärt wurde. Ebenfalls 2005, nach mehr
als 30 Jahren in Frankfurt am Main, ist er nach Berlin gezogen, und arbeitet dort als DJ, Produzent und
A&R für die Labels Get Physical, Get Digital un Kindisch.
Sean Nye: Hallo, Thomas Koch. Ich freue mich auf das Gespräch. Ich denke, es wird interessant, vor
allem für mich als Amerikaner und jüngeren Menschen, der zwar niemals die Frankfurter Szene erlebt,
aber viel darüber recherchiert und davon geträumt hat.
TK: Geträumt?
SN: Ja, doch, wenn ich z.B. Videos aus dem Dorian Gray oder Omen sehe, aus einer Zeit, als ich noch
viel zu jung war, um das mitzuerleben. Die Musik von damals hat mich sehr beeindruckt. Frankfurter
Elektronische Musik von z. B. Logic, Harthouse und Mille Plateaux war in den Staaten sehr einflussreich. Sie schien ganz anders zu sein als die Musik, die wir kannten. Daher ist es für mich sehr spannend, mit jemandem zu sprechen, der diese Szene durch alle Phasen hindurch erlebt und mit gestaltet
hat Kannst du in einigen wichtigen Stichpunkten erwähnen, wie du Frankfurt als Musikstadt in deiner
Kindheit erlebt hast? Wann bist du mit erstmals mit Dance Music in Kontakt gekommen, und wann
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Thomas Koch
hast du dein Interesse für Elektronische Musik entwickelt?
TK: Ich bin 1969 in Düsseldorf geboren, und bin 1974 mit meinen Eltern in die Nähe von Frankfurt
gezogen. Meine Jugend habe ich in verschiedenen Vororten von Frankfurt verbracht und bin dann 1991
in die Frankfurter Innenstadt gezogen. Erste Berührungen mit Dance Music hatte ich lange bevor es
mit Elektronischer Musik losging. Schon in ganz jungen Jahren wurde ich Breakdancer, meine Roots
lagen in schwarzer Musik. 1983 bin ich als damals 14-jähriger immer aus den Vororten in die Großstadt
gefahren und habe da mit Freunden getanzt. Ich bin sogar auf eine Tanzschule gegangen, die Kurse für
Breakdance und Akrobatik angeboten hat. Das war für mich die erste Berührung mit Frankfurt – für
mich bedeutete es damals die große weite Welt. Ab 1987 habe ich dann hobbymäßig bei Schulparties
usw. als DJ aufgelegt. Damals habe ich auch zum ersten Mal von den angesagten Diskotheken in
Frankfurt gehört, dazu zählte damals neben Dorian Gray, Nouvelle, Plastik und Uno auch das Vogue,
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das Ende 1987 geschlossen und
umgebaut, und im September 1988
als Omen wieder aufgemacht wurde.
Zu dieser Zeit war es zunächst
einmal eine Herausforderung, in
diese In-Läden überhaupt reinzukommen. Ganz im Gegensatz zu
Berlin ist die elektronische Musikszene Frankfurts dann in den 90ern
in diesen eher, wie der Engländer
sagen würde, “Posh Clubs” herangewachsen.
SN: Ich habe gehört, dass das Dorian Gray vom Studio 54 in New
York inspiriert war. Das Studio 54
hatte ja 1977 eröffnet und das Dorian Gray nur ein Jahr danach. Und
entsprechend seinem Vorbild wollte das Dorian Gray so “posh” wie
möglich sein.
TK: Ja, so war das. Die Betreiber
Schüler & Presinger waren damals
die Diskotheken-Könige im Rhein
Main-Gebiet, an denen kam man
nicht vorbei, die hatten auf dem
Flyer des Clubs Dorian Gray
in Frankfurt am Main
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Höhepunkt ihres Schaffen ca. 60 gastronomische Betriebe unter sich. Die hingen einer DiskothekenKultur an, die aus den amerikanischen Metropolen kam, eine internationale Party-Jetsetkultur der Reichen, wie man sie heute allenfalls noch in Resten in Marbella, St. Tropez und Ibiza beobachten kann. In
dieser Szene trieben sich Stars und Starlets aus allen Bereichen des Entertainements, Sport und Kultur
rum. Diese damals zu einem großen Teil aus Leuten gehobenen Alters bestehende Klientel würde heute vielleicht eher ins Theater oder in die Oper gehen, oder einen Presseball besuchen. Damals war es
tatsächlich noch ein Status-Ding, sich regelmässig in solchen Diskotheken blicken zu lassen.
SN: Selbst in den Technoclub?
TK: Nee, der kam erst später. Ich spreche gerade von den Zeit Ende der 70er bis Mitte/Ende der 80er,
danach wurde das Durchschnittsalter des Publikums in diesen Läden immer jünger.
SN: Ach so. Diese Kultur ist jedenfalls interessant, denn Frankfurt ist ja einerseits als Börsenstadt bekannt. Es gibt aber auch andere wichtige soziale Seiten dieser Stadt: denn Frankfurt ist auch als “rotes
Frankfurt”, als Verlags- und Uni-Stadt, als Stadt von Suhrkamp, dem Musikphilosophen Theodor W.
Adorno und der Frankfurter Schule, der erfolgreichen Frankfurter Oper, usw. usw. bekannt. Es scheint
mir vielleicht einige Anknüpfungspunkte aus der älteren kulturellen und wirtschaftlichen Geschichte
Frankfurts zu geben, vielleicht in Form eines Studenten- oder Punkpublikums. Siehst Du besondere
Aspekte der Geschichte Frankfurts, die Einfluss auf die Diskoszene hatten?
TK: Eher nicht. In den ersten 10 Jahren des Dorian Gray’s war das Publikum nicht so gemischt und
damals gab es auch eine ganz strenge Kleiderkontrolle in diesen Läden. Klar hatte diese Klientel auch
ihre Paradiesvögel, aber keine Leute, die mit Punk zu tun hatten. Es spricht für sich: die großen Aushängeschilder im Dorian Gray waren Playboy- und Formel-1 Parties, Misswahlen und ähnliche High
Society-Events.
SN: Hast Du dann selber erlebt, wie aus einem solchen Publikum ein Techno-Publikum wurde? Ich
meine, wie war es möglich, sich innerhalb von ein paar Jahren von einem „Schicki-Micki-PlayboyPublikum“ zu einem „Rave-Underground-Publikum“ zu wandeln? War es eine rasche Entwicklung
oder gab es tatsächlich eine Übergangszeit, in der sich die Szenen gemischt haben?
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FRANKFURT
TK: Das war ein ganz langer fliessender Übergang, der sich über zehn Jahre hingezogen hat. Ich bin
erst ab 1988 regelmäßig ins Gray reingekommen und da war dieser Prozess schon in vollem Gang. Acid
House ging los in diesem Jahr, ab dann begann sich alles immer mehr um die Musik zu drehen und immer
weniger um das Drumherum. Man konnte dann über Jahre die Vermischung der alten und der neuen Klientel sehen. Samstags abend fiel der Startschuss zu der berüchtigten Marathon-Feierei im Gray, damals
haben Diskotheken noch um 22 Uhr aufgemacht…
SN: Haha!
TK: …und da hatte man eine bestimmte Szene bis sechs oder sieben Uhr morgens. Dann kamen immer
mehr andere Leute und mit denen veränderte sich die Musik. Im kleinen Club, wo ich auch Mitte der Jahre für eine zeitlang Resident war, liefen zunächst Soul, Funk und die üblichen Dance Classics, ich habe
dann ab sechs Uhr morgens mit House weitergemacht. Ab dann tauschte sich das Publikum innerhalb von
einer Stunde komplett aus. Diese jüngere, hippere, Szene, die im Gegensatz zu der „Frühschicht“ auch
viel mehr Drogen konsumierte, hat dann bis Sonntag Nachmittag weitergefeiert.
SN: Interessant. Kannst du bitte erzählen, wie sich deine Karriere als DJ entwickelt hat, bis du am Ende
Resident-DJ im Dorian Gray geworden bist?
TK: Ende 1988 hatte ich meinen ersten ernstzunehmenden DJ-Job, wo ich an exponierter Stelle saß und
mir in der Szene einen Namen machen konnte, das war in der Music Hall. Das war eine Großraumdiskothek, die etwas ausserhalb der Innenstadt lag. Da war ich ein Jahr lang der Mittwochs-Resident. In der
Music Hall hatte z.B. auch Michael Münzing schon vorher aufgelegt. Danach hatte ich eine Residenz im
Plastic, wo ich u.a. mit Ata zusammen gespielt gespielt habe, der heute das Robert Johnson betreibt. Das
waren noch keine Elektronischen Musik-Sets, die wir da gespielt habe, wir mischten damals noch House,
Hip House, avantgardistischen Dance, Pop, HipHop, Soul, der große Gemischtwarenladen des Dance
eben damals.
SN: Und als Du House spieltest, hat es eine Weile gedauert, bis das Publikum diese Art von Musik wirklich akzeptiert hat?
TK: Naja, selbst Sven Väth hat bis 1992-/93 auch im Omen noch keine rein elektronischen Sets gespielt.
In Berlin dagegen haben DJs wie Kid Paul, Dr. Motte, Jonzun usw. schon ab 1989 die ganze Nacht aus-
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schliesslich mit House und Acid House bestritten.
SN: Das bringt mich zu einer anderen Frage, die mich als Amerikaner sehr interessiert. Du hast vorhin
von deinem Interesse an Breakdancing erzählt. Ich habe auch es auch so verstanden, dass Ende der 80er/
Anfang der 90er House und HipHop schwer von einander zu trennen waren. Es gibt auch bekannte
Geschichten von afroamerikanischen GIs, die ihre Musik nach Frankfurt und in andere Teile der Besatzungszone mitgebracht haben. Der berühmteste war wahrscheinlich der Rapper Turbo-B von SNAP!
Inwiefern waren amerikanische GIs oder andere Minderheiten präsent in der Szene?
TK: Bis das Kontingent der Soldaten immer weiter abgebaut wurde, waren afroamerikanische Musikkultur und Schwarze, die nachts rausgegangen sind, relativ präsent in Frankfurt. Und es gab auch Clubs, die
fast auschliesslich von Schwarzen besucht wurden wie z. B. das Funkadelic. Da bin ich schon regelmässig hingegangen, bevor ich in die ganzen anderen Clubs reingekommen bin, teilweise bin ich da ganze
alleine hin, das war die Zeit, in der ich mich wie ein Schwarzer im Körper eines Weißen gefühlt habe. Ich
war da zum Teil als einziger die ganze Nacht hindurch mit einem komplett scharzen Publikum auf der
Tanzfläche und fand das total super.
SN: Und dein Breakdancing-Talent war da auch bekannt?
TK: Ich habe da ein paarmal bei Wettbewerben mitgemacht. Da war eine relativ kleine Szene von Breakern, Rappern und DJs. Da war auch Moses P dabei, der später mit seinem Rödelheim Hartreim Projekt
zu einem der erfolgreichsten deutschen Rapper wurde. In den späten 80ern trat er noch mit einer Truppe
namens We Were the Crown auf, das zweite Release auf Logic Records war von ihm und machte ihn
zu einer lokalen Berühmtheit. Er war damals eine Schlüsselfigur in der Frankfurter Szene für dieses
HipHop-Dance-Crossover. Zwischen 1988 und 1992 gab es also definitiv eine Vermischung zwischen
der schwarzen HipHop-Szene und der weißen Dance-Szene, danach hat sich das eher wieder separiert.
SN: OK. Also, ich möchte jetzt zurückkommen zu deiner Karriere als DJ und wann du entschieden hast,
Groove herauszugeben.
TK: Die Idee hatte ich Anfang 1989. Es gab damals noch die Network Press hieß, das war das erste
Magazin, das als Fachzeitschrift für Dance Musik aller Couleur im deutschsprachigen Raum erhältlich
war. Es war auch das erste mir bekannte Printmedium, das DJ-Charts gefeatured hat. Ich fand diese Idee
131
total super, und mir war sofort klar, dass das darin
Zukunft lag. Als ich mit Groove angefangen habe,
waren die Charts von DJs und Recordsshops der
Hauptbestandteil der ersten Ausgaben.
SN: Ab Heft 6 hieß es mit vollem Namen “Groove:
Sound of Frankfurt”-Magazin. Wie kam es dazu?
TK: Unter „Sound of Frankfurt” verstand ich zunächst grundsätzlich einmal alle Arten von Musik,
die in der Rhein-Main-Region zu finden waren,
meinte also nicht nur die Elektronische Musik. Erst
ab 1993/94 wurde dieses Aushängeschild „Sound
of Frankfurt” vor allem von aussen als rein elektronisch verstanden.
SN: Die folgenden einflussreichen Labels, die direkt
vor und nach der Gründung von Groove selber gegründet wurden: Logic Records 1988, Planet Core
Productions (PCP) 1989, Suck Me Plasma 1989,
Eye Q 1990, Force, Inc. 1991, Harthouse 1992 und
Mille Plateaux 1993. Hast du wirklich geglaubt,
dass es zu einer solchen Vielfalt kommen würde?
TK: Ja, schon. 1988 war das Jahr des Acid House, in dieser kurzen Hochphase war eine unglaubliche
Energie in den Clubs zu spüren. Durch die Repressionen in England ebbte diese Welle ja dann leider
6-9 Monate später schon wieder ab, aber ich erinnere mich genau daran, wie ich und die Leute in meinem Umfeld spürten, dass das nicht das Ende einer Musik war, die immer härter, schneller und groovebetonter wurde. Dafür gab es einfach zu viele kreative Leute in dieser Szene, die Blut geleckt hatten, es
herrschte eine unheimliche Aufbruchsstimmung. Alle fühlten, dass da noch etwas nackkommen würde,
aber keiner war sich sicher, wie es sich genau anhören würde.
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Groove-Titelblatt mit
Comic von Hotze, berühmte Comic-Serie der
Techno-Szene, gezeichnet von Bringmann und
Kopetzki. Die HotzeComics tauchten immer
wieder über die Jahre in
den Groove-Heften auf.
Ausgabe 34, Juni / Juli
1995
134
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SN: Und die nächste Explosion kam dann auch.
TK: Ja, zunächst mal im kommerzielleren Bereich.1990 erschien „The Power“ von SNAP! Es ist
schwer zu beschreiben, was dieser Track damals in der ganzen Region ausgelöst hat. Der weltweiter
Chart-Erfolg brauchte Frankfurt auf die internationale Landkarte – in UK stand er auf Platz 1 und in
den USA sogar auf Platz 2. Da sah man zum ersten Mal, was möglich war. Dieser Erfolg hat natürlich
alle möglichen Nachahmer auf den Plan gebracht. Und danach kamen dann schließlich ab 1991 die
ersten Technoplatten.
SN: Nach dem Erfolg von Eye-Q, Harthouse usw. war der „Sound of Frankfurt” ab 1993 ziemlich
eng mit Trance als Musikstil verbunden. Das entspricht aber nicht der großen Vielfalt von Labels in
Frankfurt, die ich vorhin erwähnt habe. Du warst auch ziemlich kritisch bezüglich Trance als Genre in
deinem Beitrag zum Buch Techno von Philipp Anz und Patrick Walder.
Rapper Tubo B., anfangs das Gesicht
von SNAP!, Hamburg 2004
© ullstein bild-Jazz Archiv
Hamburg
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TK: Als kritisch habe ich meinen Text nicht in Erinnerung, er war viel mehr als eine Bestandsaufnahme aller Splitterstile gedacht,
die zu dieser Zeit schon unter
dem Oberbegriff Trance existierten. Damals war das Wort Trance
noch nicht so verpönt wie heute, da gab es ganz tolle Musik
in den ersten Jahren, nicht nur
aus Frankfurt, sondern international, vor allem aus
England natürlich. Erst
ab Mitte der 90er hat
sich Trance zu dem
Mainstram-Phänomen entwickelt, wie
wir es seitdem kennen.
SN: Was waren die Gründe dafür, dass du Groove ab Ende
1994 dann nicht mehr mit dem
Untertitel “Sound of Frankfurt”
veröffentlicht hast?
TK: Ganz einfach, ab da war es
mir endlich möglich die Auflage
sukzessive zu erhöhen und den
Vertrieb über das Rhein-MainMagazin hinaus zu erweitern bis
es eben irgendwann flächendeckend in ganz Deutschland verfügbar war.
SN: Können wir kurz zurück zu
diesen Subszenen und der enormen Vielfalt von Musikgenres
in Frankfurt kommen? Was für
eine Rolle spielten Labels wie
Force Inc./Mille Plateaux von
Achim Szepanski und PCP von
Marc Acardipane, die nicht unbedingt mit Trance und Techno
verbunden waren?
TK: Die intellektuelle MusikFraktion in Frankfurt, der auch
Letztes Heft der Groove mit dem
Untertitel „Sound of Frankfurt“
137
Leute wie Force Inc-Betreiber Achim Szepanski angehörten, hatte eine sehr starke Bindung zur Uniund Kunst-Szene, die hat sich weitgehend abgeschottet und auch an anderen Orten entwickelt als den
erwähnten gängigen Clubs.
SN: Und wie präsent war das Label PCP in Frankfurt? Es ist heute immer noch wenig bekannt, dass
Marc Acardipane und die Frankfurter Szene prägend, wenn nicht zentral für die Entwicklung von Gabber und Hardcore waren, und nicht unbedingt Rotterdam, wie meistens angenommen wird.
TK: Beide Orte waren wichtig. Die Frankfurter waren vielleicht ein wenig früher dran, aber in Holland
gab es eine viel grössere Szene, da wurde das ein richtiges Massenphänomen. Ich denke schon, dass die
ersten Platten, die dann wirklich unter dem Begriff Gabber firmierten, aus Benelux kamen. Witzigerweise kannte ich die Jungs von PCP mal sehr gut, schon bevor sie mit eigenen Poduktionen angefangen haben. Marc Acardipane und Torsten Lambart haben damals im Cookies-Club gekellnert. Deren
Roots lagen ja eher im HipHop und Industrial, solche Bands wie Consolidated waren da ein wichtiger
Einfluss. Das war für mich eine der kompromisslosesten und härtesten Acts, die es damals gab. In ihrer
Frühphase haben die PCPler dann HipHop mit elektronischem Einschlag gemacht. Später kamen kann
diese ganzen 150 BPM- Hardcore-Platten heraus, ich weiß aber nicht mehr genau, wann das war.
SN: Für manche fängt die Hardcore-Zeitrechnung in Frankfurt mit Marc Acardiapanes Track “We
Have Arrived” von 1990 an, die er unter dem Alias Mescalinum United veröffentlicht hat, wobei dieser
Track wesentlich langsamer ist als die wirklich harten Tracks, die er so ab 1992 produziert hat.
TK: Ganz wichtig für Frankfurt war auch die Frankfurt Trax Compilation-Serie, die er zusammen mit
seinen Partner zusammengestellt hat. Sie war wahnsinnig erfolgreich, denn für diese Compilations haben sie alle verschiedenen Lager aus Frankfurt zusammengeführt, Sven Väth, Atta, usw. Das war nicht
nur Hardcore, sondern sozusagen PCPs Beitrag zu einer Art Lokalpatriotismus – eben Frankfurt als eine
inetrnationale Musikmetropole zu stilisieren. Wenn man PCP damals live gesehen hat, haben die ihren
Hardcore mit einer ganz klassischen HipHop-Attitüde rübergebracht: mit ihren Hoodies, Gesichter
maskiert, alle die gleichen Jacken mit den gleichen Logos bestickt. Und dann eben auch bei den LiveAuftritten immer Frankfurter Rapper dabei gehabt, keine US-Amerikaner, eher Jugoslawen und Türken.
Diese ganze Posse hat ständig mit ihren Identitäten gespielt. Die haben Bandnamen inkl. kompletter
Geschichten von angeblichen Mexikanern oder Amerikanern in die Welt gesetzt, obwohl es eigentlich
138
immer dieselben Leute waren,
die dahintersteckten.
SN: Nun komme ich zu einer
eher abstrakten und vielleicht
auch sehr schwierigen Frage.
Wir feiern ja 20 Jahre Loveparade, 20 Jahre Technoszene in diesem Jahr. Es scheint
klar zu sein, warum Berlin als
Stadt eine solche Szene und
eine solche Aufbruchsstimmung um 1989 haben konnte.
Klar: Mauerfall, Wiedervereinigung, neue Locations in
Ostberlin usw. Frankfurt hatte
aber in dieser Zeit eine genauso vitale Szene wie Berlin.
Die Frankfurter Posse war ja
auch berüchtigt für ihre extreme Feierkultur.. Ist denn
möglich zu beschreiben, warum diese Musik ausgerechnet
in Frankfurt so groß werden
konnte? Was hat den Frankfurter getrieben?
20 Jahre Techno - auch ein Thema in
der Groove, Ausgabe 118, Mai / Juni
2009
139
TK: Das ist in der Tat eine komplexe Frage. Da kommen mehrere Faktoren zusammen. Zum einen war
da die internationale Anbindung Frankfurts. Es gab den Flughafen einen der grössten Europas und auf
diesem Flughafen war das erwähnte Dorian Gray als Dreh- und Angel-Punkt europäischer Clubkultur beheimatet. Auch der Bahnhof war verkehrsmässig eine zentrale Transit-Stelle innerhalb Europas.
Zweitens, das Business in der Stadt. Die Frankfurter waren einfach tough und konnten gut organisieren. Ende der 80er waren da all diese Leute zwischen 18 und 22, die die Szene angefangen aufzubauen. Die hatten einfach den Mut zu sagen: ich leihe mir jetzt mal Geld von Mama und Papa, um einen
Plattenladen, ein Label, eine Bookingsagentur oder was auch immer aufzumachen. Nicht zuletzt haben
sich ja dann im Rhein Main-Gebiet fast alle großen Vetriebe angesammelt. Drittens hatte die Region
das Privileg charismatische Ikonen wie Sven Väth, Dag, Münzing & Anzilloti, Thorsten Fenslau und
Talla 2 XLC zu haben, die alle die nötige Präsenz besaßen, um einer Szene einen gewissen Charakter
zu verleihen und immer wieder neue Generationen von Nacheiferern hinter sich her zu ziehen. Viertens würde ich jetzt etwas anführen, was eher in den metaphysischen Bereich gehört. Du weißt ja, es
gibt unheimlich viele Überlegungen zu der Frage, warum die Musik aus bestimmten, musikalisch sehr
prägenden Städten wie z. B. auch Detroit so klingt, wie sie klingt...da gibt es auch gewisse Parallelen
zu dem „Sound of Frankfurt“. Ich meine, Frankfurt war eben eine sehr enge, kalte und sterile Stadt, in
der gewisse Sehnsüchte und Mentalitäten einen ganz spezifischen, musikalischen Ausdruck gefunden
haben, und nur deshalb konnte der Sound aus dieser Stadt so klingen und so eng mit ihr verbunden sein.
SN: Enorm interessant. Da du Detroit erwähnt hast, hat es mich daran erinnert, was für eine Beziehung
Detroit und Berlin in den frühen 90ern hatten. Tresor kam mit seiner Compilation Berlin – Detroit: A
Techno Alliance heraus. Und anscheinend eine ähnlich industrielle Kälte der Stadt und der Musik hat
Detroit und Berlin verbunden. Was aber mit Frankfurt? Gab es eine spezielle Stadt, die Frankfurt als
eher musikalische Partnerstadt gesehen hat? Vielleicht Chicago? Oder New York mit dem Studio 54
als Vorbild?
TK: Hm, ich würde das eher nicht sagen. Zumindest musikalisch kamen die Einflüsse für Frankfurt
eher aus der frühen europäischen Elektronik in Europa. z.B. für Trance z.B. war diese frühere Ambientmusik von Tangerine Dream und Brian Eno wichtig.
SN: Ich möchte mit einer Frage schließen, die einen großen zeitlichen Sprung macht. Du bist 2005
nach vielen Jahren in Frankfurt. nach Berlin gezogen Wie siehst du die Frankfurter Szene heutzutage?
140
Im Zeichen der Zentralisierung. Erste Ausgabe
der Groove, die nach dem
endgültigen Umzug nach
Berlin erschien.
Ausgabe 90, OktoberNovember 2004
141
Harthouse und Eye-Q sind Mitte der 90er pleite gegangen, andere wichtige Companies dann später. Was
wären denn deine Bemerkungen nach all diesen Entwicklungen und Problemen, künstlerisch und wirtschaftlich, nach Mitte der 90er in Frankfurt?
TK: Das ist sehr schwer zu beantworten, wenn ich dieser Tage nach Frankfurt zurückkomme, habe ich
dort sehr gemischte Gefühle, einerseits freue ich mich in meiner alten Heimat zu sein und ein paar gute
alte Feunde zu treffen, anderseits fühle ich dort auch eine geistige Enge, die mich bedrückt. Es macht
mich immer ein bisschen traurig, weil dort einiges stehen geblieben ist. Das gilt insbesondere für das
Nachtleben und die Clubkultur. Da müsste man mal tiefgreifende sozio-kulturelle Studien betreiben, um
die Frage zu beantworten, wie das einer Stadt passieren konnte, die da mal so weit vorne war. Es sind
nicht genug Leute nachgewachsen, die ihre kleinen Revolutionen losgetreten haben und deswegen gibt
es auch zuwenig frisches, inspiriertes Publikum. Stattdessen ist weitestgehend das gleiche Establishment
am Ruder geblieben, das schon immer alles gemacht und beherrscht hat. Jedenfalls für mich, wenn ich
aus Berlin nach Frankfurt zurückkomme. Trotzdem werde ich wahrscheinlich nirgendwo auf der Welt
jemals noch einmal so tief verbundenes heimatliches Gefühl entwickeln wie ich es zu Frankfurt hatte und
immer noch habe, ganz einfach weil ich dort 30 Jahre meines Lebens verbracht, gearbeitet und gefeiert
habe. Deswegen komme ich trotzdem immer wieder für zwei bis drei Tage vorbei, aber bin danach auch
genauso wieder froh, wenn ich wieder nach Berlin zurück kann. In Berlin herrscht einfach ein anderes
geistiges Klima gegenwärtig, eine nicht enden wollende Aufbruchsstimmung, eine Internationalität und
Offenheit, die auf der Welt ihresgleichen sucht, das hatte Frankfurt in den 90ern auch mal auf seine Art
und das hat es leider verloren.
20 Labels und ebenso viele
Produzenten und DJs, die
man da nennen könnte, Leute, die ich schon vor 10-15
Jahren gesehen habe, wenn
sie in ganz jungen Jahren in
die Clubs gekommen sind,
in denen ich aufgelegt habe
und die jetzt genauso die
Welt bereisen wie wir DJOpas.
SN: Es sind eben auch wie du, viele Menschen aus dieser früheren Szene mittlerweile aus Frankfurt
weggezogen.
TK: Stimmt schon, das darf man nicht vergessen. Wir erleben in Deutschland eine ähnliche kulturelle
Zentralisierung wie es sie in England oder Frankreich schon lange gibt. Die anderen Regionen und Großstädte bluten auf eine Weise aus, weil all die guten, kreativen Köpfe in die Hauptstädte abwandern. Lass
uns die unsere Betrachtungen über Frankurt und dieses Interview also mit etwas positivem enden, eines hat
Frankfurt zum Glück offensichtlich nicht verloren, nämlich gute Musik hervorzubringen, da ist umheimlich viel nachgewachsen in dem Koordinaten-System zwischen Frankfurt, Offenbach und Mannheim, das
freut mich sehr. Eine junge Szene, die es innerhalb von nur zwei Jahren geschafft hat, eine international
führende Rolle für einen bestimmten Bereich in der Housemusik einzunehmen. Da gibt es mindestens 15-
142
Groove, Ausgabe 120, September /
Oktober 2009
143
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Budrich 2001, S. 31 - 50
150
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Thomas Mania / Rock‘n‘Popmuseum (Hrsg.)
Merle Mulder
On the Road
Unterwegssein – ein Mythos der Popkultur
Straight Edge
Subkultur, Ideologie, Lebensstil?
Folks, Hippies, Rocker, durchgeknallte Trucker, alle sind sie unterwegs – auf der Suche nach sich
selbst, einem Abenteuer oder auch nur dem One-Night-Stand. Die Versprechungen der Straße sind
vielfältig, gleichzeitig Chance aber auch Gefahr.
„Don´t drink / Don´t smoke / Don´t fuck / At least I can fucking think“, sang Ian MacKaye, Frontmann
der Washingtoner Band Minor Threat, 1981 in seinem Song „Out of Step (with the World)” und sprach
damit nicht nur vielen jugendlichen Altersgenossen aus der Seele, sondern formulierte auch die Grundgedanken eines Phänomens, das sich mehr als 25 Jahre später auf inzwischen allen Kontinenten der
Erde wiederfinden lässt: Straight Edge.
Unterwegssein bedeutet den Gegenentwurf zur bürgerlichen, in sich selbst ruhenden Sesshaftigkeit.
Wer sich on the road begibt, den umweht der Hauch des Rebellen. In Amerika geboren, transportiert
die Popkultur den Mythos vom Unterwegssein des Individualisten über den Atlantik. Hier hinterlässt er
zunächst deutliche Spuren in der Jugendkultur mit lang angelegter Sprengkraft für die bundesdeutsche
Gesellschaft. Individualität, Flexibilität und Mobilität in sozialer und physischer Hinsicht haben in
heutigen Zeiten unser Zusammenleben tiefgreifend verändert.
Das Begleitbuch zur gleichnamigen Ausstellung des rock’n’popmuseum beschäftigt sich mit den zahlreichen Facetten dieses komplexen Themenbereiches, wie sie sich im Film, der Literatur und natürlich
auch der Musik niederschlagen.
Thomas Mania / Rock‘n‘Popmuseum (Hrsg.): On the Road. Unterwegssein – ein Mythos der
Popkultur; Münster 2008, 21x21 cm, 800 g, 282 S., über 200 Farb- und Sw-Abb., Farbcover, br.,
ISBN 978-3-933060-24-2, € 19,95
Vor allem die Zurückweisung von Alkohol, Tabak, Drogen und Promiskuität, der Wunsch nach Kontrolle über den eigenen Körper und Geist, eine positive Grundeinstellung und die Liebe zur Musik
zeichneten Straight Edge insb. in seiner Anfangszeit aus.
Im wissenschaftlichen Diskurs ist Straight Edge bisher weitestgehend unbeachtet geblieben. So wurde auch die grundlegendste Frage bislang außer Acht gelassen: Was ist Straight Edge überhaupt? Und
damit ist nicht nur die Frage nach den Inhalten oder einer Definition von Straight Edge gemeint, sondern auch die Frage nach einer sinnvollen theoretischen Einordnung. So soll das bisher Versäumte in
der vorliegenden Arbeit nachgeholt werden. Hierfür wurden die am häufigsten verwendeten Begriffe in
Zusammenhang mit Straight Edge ausgewählt: „Subkultur“, „Lebensstil“ und „Ideologie“.
Welche Konzepte stecken hinter diesen Kategorisierungen und sind sie überhaupt geeignet, um ein
Phänomen wie Straight Edge angemessen zu erfassen? Diese ausgezeichnete Diplomarbeit bietet nicht
nur eine ausführliche Darstellung des Phänomens Straight Edge, sondern auch eine umfangreiche und
dennoch kompakte Einführung in die wichtigsten Subkultur-, Ideologie- und Lebensstilansätze.
Merle Mulder: Straight Edge: Subkultur, Ideologie, Lebensstil? Münster 20094, 172 S., 5 Tabellen, Farbcover, br., ISBN 978-3-933060-29-7, € 18,90
Erhältlich im Buchhandel oder direkt beim:
Telos Verlag Dr. Roland Seim M.A. - Verlag für Kulturwissenschaft Im Sundern 7-9 • D-48157 Münster • Tel/Fax 0251-32 61 60 • www.telos-verlag.de • [email protected]
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Roland Seim, Josef Spiegel (Hrsg.)
„The Sun Ain‘t Gonna Shine Anymore“
Tod und Sterben in der Rockmusik
Musik als flüchtige Kunstform ist ein Symbol für Vergänglichkeit. So liegt die Verbindung mit dem
Thema Tod und Sterben nahe. Erstaunlich ist allerdings, wie vielfältig sich die vorwiegend an Jugendliche gerichtete Rockmusik damit befasst. In welcher Form das in den unterschiedlichen Stilrichtungen
geschah, soll dieses Buch zeigen. Vom Psychedelic Rock der 1960er Jahre über Punk, Death Metal,
Gothic bis hin zu HipHop werden anhand von relevanten „Leitfossilien“ markante Stationen nachgezeichnet. Zahlreiche Farbabbildungen von themenrelevanten Covern, Flyern usw. illustrieren die
einzelnen Aufsätze.
Nach einer Einleitung von Josef Spiegel zeichnen weitere Texte markante Stationen der Rock- und
Popgeschichte vom Ende der 50er Jahre bis heute anhand dieses wichtigen Themas nach. Leitlinie ist
dabei das Verhältnis von Musikgenre, Szene und Jugendbewegung auf der einen und der existentiellen
Erfahrung von Tod auf der anderen Seite. Zeitgeist, Genre und Stilart der Musik bewirkten jeweils
einen ganz eigenen Umgang mit dem Thema.
Andreas Meier
Tabubrüche in der Musik
Über den Zusammenhang zwischen gezielten Tabubrüchen
und dem Käuferverhalten in der Musikbranche
Tabubrüche kann man in der Musikgeschichte weit zurückverfolgen. Die Beatles, Johnny Cash, Jimi
Hendrix, Rolling Stones, Alice Cooper machten es. Die aktuellsten Ableger sind wohl Sido, Bushido
und die neue Generation des deutschen Gangsta-Rap.
„Die vorliegende Untersuchung löst das Phänomen des Tabubruchs aus der emotionalen und affektiven
Wahrnehmungsebene und führt es einer wissenschaftlichen und differenzierten Betrachtung zu. Dem
Autor gelingt es dabei sehr anschaulich, das Phänomen der Tabubrüche in seinen vielfältigen Wirkmechanismen zunächst in einem historischen Kontext zu relativieren und es gleichzeitig aus der Sicht des
Marktgeschehens mit seinen Implikationen für das Konsumentenverhalten zu betrachten.“ (Prof. Dr.
Christoph Brake).
Andreas Meier: Tabubrüche in der Musik; Münster 2009, 150 S., Abb. & Tab., Farbcover, br.,
ISBN 978-3-933060-30-3, € 19,80
Roland Seim, Josef Spiegel (Hrsg.): „The Sun Ain‘t Gonna Shine Anymore“, Münster 2009, 267
S., ca. 185 Farbabb., Farbcover, kt., ISBN 978-3-933060-26-6, € 16,80
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Roland Seim, Josef Spiegel (Hrsg.)
„Nur für Erwachsene“
Rock- und Popmusik: zensiert, diskutiert, unterschlagen
Pop und Provokation gehören zusammen wie Rock und Roll. Sex, Gewalt und Political Correctness
sind einige der Gründe für Musikkontrolle. Dieses farbig illustrierte Buch zeigt anhand von zensierten
oder diskutierten Covern seit den Anfängen des Rock über Beat, Punk bis hin zu Death Metal und HipHop, wie sich Werte und Grenzen verschoben haben.
Roland Seim, Josef Spiegel (Hrsg.): „Nur für Erwachsene“ – Rock- und Popmusik: zensiert,
diskutiert, unterschlagen; 246 S., br., ca. 250 Farbabb.; Münster 2004, ISBN 978-3-933060-16-7;
jetzt nur noch € 12,40
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