FP Programmheft 2010
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FP Programmheft 2010
2010 DEUTSCHER FILMPREIS 2010 im FriedrichstaDtpalast 23. APRIL 2010 Die bedeutendste Auszeichnung für den deutschen Film, der Deutsche Filmpreis, feiert in diesem Jahr sein 60. Jubiläum. Für mich ist es immer wieder ein ganz besonderes und spannendes Ereignis, wenn die Mitglieder der Deutschen Filmakademie die künstlerischen Höhepunkte des Jahres küren. Die 60. Filmpreisverleihung wartet dabei gleich mit mehreren Neuerungen auf. So wird in diesem Jahr zum ersten Mal eine LOLA für die Kategorie „Bestes Maskenbild“ vergeben. Ohne Frage trägt das Maskenbild entscheidend zur künstlerischen Qualität eines Films bei. Iris Berben und Bruno Ganz geben als Präsidentenpaar darüber hinaus der Deutschen Filmakademie seit Anfang des Jahres ein neues Gesicht. Ich bin sicher, dass mit ihnen ausgezeichnete Botschafter für den Deutschen Film gewonnen wurden. Wieder einmal können wir auf ein außerordentlich erfolgreiches Kinojahr zurückblicken. Der deutsche Film hat sich längst einen festen Platz im Herzen des Publikums erobert – und das auch im Ausland. Beweis hierfür sind die 2 zahlreichen Auszeichnungen, die deutsche Filme bei internationalen Wettbewerben und Festivals erhalten haben. Und wer sich das Filmschaffen des vergangenen Jahres einmal in Erinnerung ruft, weiß auch, warum. Denn die Originalität und Qualität deutscher Filme ist wirklich bemerkenswert. Lassen wir uns nun gemeinsam überraschen, wer die begehrte LOLA Trophäe in diesem Jahr erhalten wird. Ich danke allen, die den heutigen Abend in organisatorischer Hinsicht möglich machten – allen voran natürlich der Deutschen Filmakademie und ihren neuen Präsidenten. Allen Gästen und Nominierten wünsche ich viele anregende Begegnungen und einen unterhaltsamen Abend. Foto: © Seekamp, Bremen GruSSwort Bernd Neumann, MdB Staatsminister bei der Bundeskanzlerin Der Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien Deutscher Filmpreis 2010 GruSSwort Die Verleihung des Deutschen Filmpreises, die in diesem Jahr zum sechzigsten Mal stattfindet und dabei zum sechsten Mal unter der Federführung der Deutschen Filmakademie, ist eine Veranstaltung, bei der es naturgemäß auch um Respekt, Reputation und Repräsentation geht. Vor allem aber geht es um die Filme, und um die, die diese Filme machen. Es geht darum, auf ein Jahr zurückzublicken, das wieder ein gutes Jahr für den deutschen Film war. Der Erfolg unserer Filme, mal in künstlerischer, mal in wirtschaftlicher und auch nicht selten in beider Hinsicht, ist schon seit Jahren nicht mehr die Ausnahme, die die Regel bestätigt, sondern die Regel, von der es kaum noch eine Ausnahme gibt. Dafür ist die Deutsche Filmakademie nicht verantwortlich. Sie ist natürlich nicht der Ort, an dem diese Filme entstehen. Aber die Deutsche Filmakademie ist der Ort, an dem sich viele von denen, durch die diese Filme entstehen, treffen und aufgehoben fühlen. Der Ort, an dem sie sich austauschen, diskutieren, streiten können. Der Ort, an dem die Filme, ihre Inhalte und ihre Schöpfer, ihre Formen und ihre Wirkung ein ständiges Thema sind. Nicht nur, wenn es darum geht, den Deutschen Filmpreis auszuloben. Foto: © Mathias Bothor Der 14. Februar 2010 war für uns beide ein schöner Tag. Nicht, weil wir an diesem Sonntag in ein Amt gewählt wurden, das mit Respekt, Reputation und Repräsentation verbunden ist – das auch, ja. Aber weit mehr noch war es ein Gefühl, ein wunderbares Gefühl, uns auf diese Weise akzeptiert zu sehen. Wir bedanken uns herzlich dafür. Die Akademie hat uns Vertrauen geschenkt und wir haben Respekt erlebt. Unser Respekt dem Amt gegenüber soll nun in die Akademie und damit in den deutschen Film zurückfließen. Iris Berben Präsidentin Bruno Ganz Präsident 3 60 Jahre DEUTSCHER FILMPREIS 4 In besonders guten Jahren war für den allerbesten Spielfilm auch noch eine „Goldene Schale“ drin. Aber deren Herausgabe wurde von der Expertenkommission, die von der Bundesregierung zur Ermittlung der Preisträger eingesetzt wurde, auffällig oft verweigert. Foto: © Arne Schambeck Foto: © Heinz Köster - Deutsche Kinemathek Eine kleine Geschichte in Fakten und Anekdoten Georg Witt Film eine Silberne Vase mit nach Hause nehmen, weil sie mit MODEBUMMEL Das Schönste an den ersten Jahren des (Regie: Werner Jacobs) einen weiteren „BesonDeutschen Filmpreises waren aus heutiger ders wertvollen Kulturfilm“ vorgelegt hatte. Sicht die Namen der Nebenpreise und die Gestal- 1952 war man dann schon so weit, den tungen der Trophäen. Schon als am 6. Juni 1951 „Besten Problemfilm“ zu ehren. Folgerichtig mit zum ersten Mal der DEUTSCHE FILMPREIS ver- einem „Kopf mit Flügeln“. Den hätten sich die geben wurde – an DAS DOPPELTE LOTTCHEN ausgezeichneten Schauspieler in diesem Jahr unter der Regie von Josef von Baky in Form sicherlich auch gewünscht. Aber Grady Garnass, des „Goldenen Leuchters“ –, durfte die Firma Gertrud Kückelmann und Jan Hendriks mussten sich mit je einer „Dose“ (Gold oder Silber) begnügen. Und wenn ein Film „zur Förderung des demokratischen Gedankens“ beitrug, konnte er wie DON CAMILLO UND PEPONE (1953) auch mal aus Frankreich kommen und bekam, natürlich, einen „Silbernen Becher“. Da musste man sich bei einer „neuartigen (avantgardistischen) filmischen Leistung“ etwas mehr einfallen lassen. Die Lösung war eine „Vase mit goldenem Zweig“. Aber den Weg in die Zukunft wies dann doch der „Film, der das soziale Problem besonders eindrucksvoll behandelt“, nämlich Alfred Weidenmanns WEG IN DIE FREIHEIT, denn er Der Sekt der frühen Jahre: Horst Buchholz begießt den bekam schlicht ein „Filmband in Silber“. Diesen Deutschen Filmpreis Preis gab es von 1954 bis einschließlich 1998. Der DEUTSCHE FILMPREIS, der die längste Zeit seines bisherigen Lebens in der Branche und beim Publikum als Bundesfilmpreis durchging, war eine erstaunliche und geschickte politische Erfindung. Er war das erste institutionelle Deutscher Filmpreis 2010 während der damals im Sommer stattfindenden Berlinale veranstaltet wurden – gerne mal politische Akzente, die die Branche eher verwirrten. Was zu beweisen ist mit einer Geschichte, die den TV-Kritiker des „Spiegel“ namens Telemann in der Ausgabe vom 6. Juli 1960 zu einer (film)politischen Minister in der Apotheke: Die Filmpreisträger 1960 unter sich Satire inspirierte. Man muss wissen, dass in diesem Jahr zwei der inte- für Musik ein unwirscher Fremdling, sagte, sein ressantesten deutschen Nachkriegsfilme, nämlich Meister lasse schön grüßen, und hob an, den ROSEN FÜR DEN STAATSANWALT (Regie: Wolf- deutschen Spielfilm abzukanzeln. gang Staudte) und DIE BRÜCKE (Regie: Bernhard Das machte: Der Bundesinnenminister war auf Wicki) zu den großen Preisträgern zählten. Grund dem Apothekertag. genug für den damaligen Innenminister Gerhard Warum war er dort? rätselte Telemann, nicht Schröder (sic!), der Veranstaltung fernzubleiben: ohne den Pharmazeuten diese Bereicherung „Doch das zentrale Ereignis, die Überreichung ihres Treffens von Herzen zu gönnen. Warum der „Goldenen Schale“ und der „Filmbänder“, hatte er seinen Staatssekretär Dr. Georg Anders, brachte ein Novum: statt des gewohnten Gerhard den Wegbereiter des 131er-Gesetzes, nach Berlin Schröder stand da im Konzertsaal der Hochschule geschickt? Foto: © Heinz Köster - Deutsche Kinemathek Instrument zur Förderung deutscher Filmproduktionen. Die Preise für Filme waren und sind großzügig dotiert und werden zweckgebunden, also zur Herstellung neuer Filme, vergeben. Daran hat sich bis heute bekanntlich nichts geändert. Seit 1999 sieht der Preis anders aus. Und seit 2005 wird er nicht mehr von einer vom Staatsminister für Kultur und Medien eingesetzten Jury ausgelobt, sondern von den Mitgliedern der Deutschen Filmakademie. Aber den besagten Staatsminister gibt es ja auch noch nicht so lange. Bevor der Alt-Bundeskanzler Gerhard Schröder diesen Posten ins Kabinett einführte und als klare Geste unter seinem Dach residieren ließ – nämlich im Jahr 1998 – lag die Filmförderung des Bundes in den Händen des Ministers, der auch heute noch für die innere Sicherheit und den Sport zuständig ist, der Bundesminister des Inneren. Dieser (eine weibliche Version ist in der bisherigen Geschichte der Republik nicht bekannt) hatte nicht immer eine ausgeprägte Liebe zum Kino, nannte bei Interviews anlässlich der Filmpreis-Verleihung, wenn es hoch kam, den neuesten Disney-Film als letzten Kontakt zum Kino und setzte anlässlich der Verleihungen – die übrigens bis Ende der Siebziger 5 Wer feine Ohren hatte, der vermochte schon aus des Stellvertreters gleichnishafter Rede zu entnehmen, was Schröders Pressereferent später unverschlüsselt kundtat: Der Bundesminister des Inneren „wollte sich mit der Preisverteilung nicht identifizieren“. Da es schwerlich die Dokumentarfilme „Andalusische Wallfahrt“ oder „Tanzende Hände“ sein konnten, mit deren Belobigung übereinzustimmen Gerhard Schröder sich scheute, bestanden kaum Zweifel, worauf Dr. Anders mit seinem Hinweis auf das „fatale Pathos“ mancher Kriegsfilme hinaus wollte: auf Bernhard Wickis preisüberhäufte BRÜCKE. Und mit der „gefährlichen Vereinfachung von Geschehnissen aus der nationalsozialistischen Zeit“ und der „verallgemeinernden Weise“, in der „unerfreuliche Begleiterscheinungen unserer Lebensform“ oftmals geschildert würden, konnte der Sendbote nur auf den Wolfgang-Staudte-Film ROSEN FÜR DEN STAATSANWALT angespielt haben. Besonders über des Staudte-Filmwerks Ehrung, erfuhr Telemann, sei der Minister so erzürnt gewesen, daß sein Filmreferent, der Ober6 regierungsrat Fuchs, mancherlei Mühsal gehabt habe, dem Chef die Entlassung des unabhängigen Preisrichterkollegiums auszureden, obwohl solche Eigenmächtigkeit wider die Satzungen verstoßen hätte. Kurz und gut, im deutschen Bundes-Inneren wuchern Probleme heran, die sogar der Vorstellungswelt eines Volljuristen im Kabinettsrang nicht immer gemäß sind. Man denke: eine unabhängige Jury, Menschen, die ein Jahr vor den Bundestagswahlen nach freiem Gutdünken über etwas urteilen, das von ein paar hämischen, politisch höchst zweifelhaften Subjekten als „Satire“, „notwendige Zeitkritik“, „Auseinandersetzung mit der unbewältigten Vergangenheit“ oder gar als Filmkunst ausgegeben wird – da muss man doch zu den Apothekern flüchten und seinen Vize-Filmpreisspender weisungsgemäß verkünden lassen: „Das Wesen der Politik ... erheischt, dass in dem künstlerischen Werk wirklich der Künstler spricht und nicht der auf der Woge des Opportunismus reitende Geschäftsmann.“ Was auf gut Umgangsdeutsch heißen soll: Nicht, dass dergleichen Filme gedreht werden, ist die ministerielle Misslichkeit, sondern dass die Leute sich so etwas anschauen. Immerhin hat der Minister in seiner Sorge, man könnte ihn mit linksgekehrten Filmbelichtern für identisch halten, ein wahrhaft drakonisches Druckmittel gefunden: die Gefahr seines Nichterscheinens. Welcher Preisrichter, und sei er noch so ein freier und unabhängiger Schöngeist, möchte wohl riskieren, daß der Schirmherr des Festivals schier gar nicht mehr für den deutschen Film, sondern nur noch für den Notstand oder das Zweite Fernsehprogramm Interesse hätte?“ (aus „Der Spiegel“ Nr. 28/1960) Heute freut sich die Bundeskanzlerin, die Gala zu besuchen. Und ihr Beauftragter für Kultur und Medien kennt fast jeden aktuellen deutschen Filmjahrgang aus eigener Anschauung und ist ein ansprechbarer Advokat sowohl links- wie rechtsgekehrter „Filmbelichter“. Den Mitgliedern der Deutschen Filmakademie vertraut er (und auch schon seine Vorgängerin) die fast drei Millionen Euro Preisgeld an. Und diese versuchen damit verantwortungsvoll und mit dem für Kreative typischen Mut Deutscher Filmpreis 2010 zum Risiko umzugehen. Sie treffen aber nicht nur die Entscheidungen. Sie verantworten nun schon genau ein Zehntel der bislang gelaufenen Verleihungen des Deutschen Filmpreises. Sechs von sechzig Jahren liegt die Gala für die LOLA Die bislang letzten Worte zur LOLA 2010 verlor der Berliner „Tagesspiegel“ in seiner Ausgabe vom 20. März anlässlich der Verkündung der Nominierungen durch die Präsidenten der Deutschen Filmakademie Iris Berben und Bruno Ganz, durch den Vorstandsvorsitzenden Thomas Kufus und den Staatsminister für Kultur und Medien Bernd Neumann: „So kann’s gehen. Und so kann’s künftig gern weitergehen mit der Filmakademie, so unsteif wie kreativ.“ Vielleicht ein neues Kapitel in Sachen „Deutsche Kultur“. Foto: © Florian Liedel Foto: © Heinz Köster - Deutsche Kinemathek Kein Geschäft wie das Showgeschäft: Hilde in einer Nebenrolle in den Händen der Filmkünstler selbst. Die Aufmerksamkeit für das Ereignis stieg im Verhältnis zum Unterhaltungswert. Wenn Hildegard Knef heute in Begleitung eines gut aussehenden britischen Schauspielers die LOLA für die „Beste darstellerische Leistung – weibliche Nebenrolle“ erhalten würde, schilderte besagter Begleiter die Veranstaltung anders. 1959 hatte die Knef an der Seite von Hansjörg Felmy in der Reporterballade DER MANN, DER SICH VERKAUFTE geglänzt und dafür ein „Filmband in Silber“ bekommen. Ihr frisch gebackener Freund und späterer Ehemann David Cameron verfolgte die Verleihung mit ironischem Staunen, das er in seinen Memoiren so zum Ausdruck brachte: „Ein ernster, festlich gekleideter, schwitzender Mann kam auf die Bühne, ging zum Rednerpult, redete mir Unverständliches ernst und tropfend eine Stunde lang, das schwitzende Orchester legte sich wieder ins ernste, klassische Zeug. (...) Auch die Preisträger waren ernst und festlich gekleidet, keiner sah aus, als sei er im Showgeschäft tätig, und so erhielt ich meine erste Lektion in Sachen „Deutsche Kultur“. (David Cameron in „Auf die Füsse gefallen“, Wien 1987). Unsteif und kreativ: Die erste Filmakademie-LOLA 2005 7 Leben Sie ruhig mittendrin. Live peacefully in the middle of it all. www.livingbauhaus.de DEUTSCHER FILMPREIS 2010: DIE NEUERUNGEN 1. Die Vorauswahl Die wichtigste Neuerung betrifft das Konzept für die Zusammensetzung der Vorauswahlkommissionen. Bislang gab es Vorauswahlkommissionen für alle Einzelleistungen, besetzt mit Mitgliedern der jeweiligen Sektionen. Und drei gemischt besetzte Kommissionen für die Hauptkategorien. Die immer wieder auftretende Diskrepanz zwischen vorausgewählten Einzelleistungen und vorausgewählten Filmen hat stets zu größeren Zweifeln an der Tauglichkeit des bisherigen Vorauswahlverfahrens geführt. Das neue Konzept bietet ganz klar die praktische Überwindung dieser Diskrepanz. Und so gibt es nun statt der sektionsbezogenen kleinen Einzelkommissionen insgesamt drei Vorauswahlkommissionen, die zusammen 33 Mitglieder haben. Erstens: eine größere, alle Sektionen nach einem bestimmten Schlüssel repräsentierende Vorauswahlkommission, die aus insgesamt 18 Personen (inklusive zwei Mitgliedern des Bundestages) besteht und die Spielfilme vorauswählt. Diese Vorauswahl beinhaltet automatisch sowohl das Angebot für die Besten Spielfilme als auch für die Einzelleistungen. Zweitens: eine siebenköpfige Kommission für den Besten Dokumentarfilm mit drei Vertretern aus der Sektion Dokumentarfilm, zwei Vertretern aus anderen Sektionen, einem Mitglied des Bundestages und – auf ausdrücklichen Wunsch der Sektion selbst – einem branchenerfahrenen Kommissionsmitglied, das nicht aus der Filmakademie kommt. Auch die in dieser Kommission vorausgewählten Filme können für die Einzelleistungen berücksichtigt werden. Drittens: eine Vorauswahlkommission für den Besten Kinderfilm mit acht Mitgliedern – also Vertretern aus allen Sektionen und einem MdB. Spielfilm (von unten links nach oben rechts) Foto: © Florian Liedel Nach einer gründlichen und von leidenschaftlichen, kontroversen und am Ende äußerst konstruktiven Debatten begleiteten Evaluierung der bisherigen Theorie und Praxis des Vorauswahlverfahrens zum DEUTSCHEN FILMPREIS hat die Mitgliederversammlung der Deutschen Filmakademie im November 2008 ein neues Verfahren beschlossen. Die Richtlinien für dieses Verfahren wurden im Sommer 2009 veröffentlicht. Bei der Vorauswahl zum DEUTSCHEN FILMPREIS 2010 wurden sie erstmalig angewendet und umgesetzt. Maximilian Geller, Fritzi Haberlandt, Gudrun Schretzmeier, Wolfgang Treu, Vivian Naefe, Anne Fabini, Monika Griefahn (MdB a.D.), Henriette Piper, Sabine Hehnen-Wild, Susann Bieling, Philip Voges, Dagmar Hirtz, Christoph Darnstädt, Joachim von Vietinghoff, Wolfgang Schukrafft, Douglas Wolfsperger, Petra Zieser 9 Foto: © Florian Liedel Kinderfilm Kit Hopkins, Barbara Hennings, Martin Kukula, Peter Timm, Monika Bauert, Gustav Peter Wöhler, Christoph Müller 10 Hier gilt ebenfalls: Die gewählten Filme gehören auch zum Angebot für die Einzelleistungen. Die Vorauswahlkommission Spielfilm muss nun aus den eingereichten und zugelassenen Produktionen mindestens 20 Filme auswählen. Höchstens kann eine Anzahl von Filmen ausgewählt werden, die 40 Prozent der angemeldeten Produktionen entspricht. (Bei einer gebrochenen Zahl in der Summe der Filme wird aufgerundet.) Die Vorauswahlkommission Dokumentarfilm muss mindestens fünf Filme vorauswählen. Die Vorauswahlkommission Kinderfilm wählt mindestens vier Filme aus. Die oben beschriebene Prozent-Regelung gilt in diesen Kategorien entsprechend. Sollten im Bewusstsein einzelner Mitglieder der Vorauswahlkommissionen am Ende der Entscheidungen wesentliche Kandidaten für Einzelleistungen übersehen worden sein, so haben diese Mitglieder die Möglichkeit, jeweils einen Kandidaten für jeweils das Gewerk, das sie in der Kommission vertreten, nachzubenennen. Eine besondere Neuerung beim Vorauswahlverfahren besteht darin, dass die Mitglieder der Kommissionen deutlich mehr gemeinsame Zeit miteinander und mit den angemeldeten Filmen verbringen. Zwar wird jedes Kommissionsmitglied unmittelbar nach Anmeldeschluss mit DVDs der angemeldeten und zur Anmeldung auch berechtigten Filme versorgt, so dass jedem persönlich genügend Zeit bleibt, alle Filme angemessen zu sichten. Darüber hinaus gibt es aber für die Vorauswahlkommission Spielfilm zwei Wochen, in denen die Filme gemeinsam in einem Kino gesichtet und diskutiert werden können (statt bisher drei Tage nur Diskussion nach individueller Sichtung). Die Vorauswahlkommission Dokumentarfilm hat dafür eine komplette Woche, die Vorauswahlkommission Kinderfilm drei Tage zur Verfügung. 2. Die Nominierungen Im nächsten Schritt, dem Nominierungsverfahren, wählen nun sämtliche Mitglieder der Deutschen Filmakademie in den für die jeweiligen Nominierungen zuständigen Sektionen in geheimer Wahl die Filme bzw. Einzelleistungen. In der Kategorie Bester Spielfilm sind sechs Nominierungen vorgesehen. In den Kategorien Bester Dokumentarfilm und Deutscher Filmpreis 2010 Foto: © Florian Liedel Dokumentarfilm Ulla Kösterke, Angelika Krüger-Leißner (MdB), Dagmar Knöpfel, Hans Helmut Prinzler, Michael Hammon, Hubertus Siegert, Jörg Langer Bester Kinderfilm jeweils zwei. Für die Einzelleistungen bietet die Richtlinie einen Spielraum zwischen drei und fünf Nominierungen. Der Vorstand hat sich für den Filmpreis 2010 auf vier Nominierungen festgelegt. Sollten unter diesen Kandidaten mehrere mit gleicher Stimmenanzahl sein, so muss die Anzahl der Nominierungen entsprechend angehoben werden. Die Vorauswahl kann im Nominierungsverfahren durch den Einsatz einer „Wild Card“ durch die stimmberechtigten Mitglieder ergänzt werden. Das heißt: Jedes Mitglied ist berechtigt, auf seinem Wahlschein einen nicht vorausgewählten, aber angemeldeten Film oder eine Einzelleistung aus nicht vorausgewählten, aber angemeldeten Filmen durch handschriftliche Eintragung zu benennen. Die Gesamtzahl der abzugebenden Stimmen darf sich dabei aber nicht erhöhen. Der Einsatz der „Wild Card“ erfolgt also automatisch zuungunsten eines vorausgewählten Filmes. Die Nominierungen werden nach folgendem Schlüssel ermittelt: Die Einzelleistungen werden durch die jeweiligen Mitglieder der Sektion nominiert, in der das auszuzeichnende Gewerk beheimatet ist. Beispiele: Männliche und weibliche Ehrenpreisjury Peter R. Adam Dieter Ulrich Aselmann Regine Baschny Iris Berben Marlies Heppeler Michael Bully Herbig Mathias Schwarz Manuela Stehr Thomas Thieme Carl Woebcken Haupt- und Nebenrolle durch die Mitglieder der Sektion Schauspiel. Schnitt, Ton, Musik durch die Mitglieder der Sektion Musik/Schnitt/Ton. Kamera durch die Mitglieder der Sektion Kamera/Bildgestaltung. Drehbuch durch die Mitglieder der Sektion Drehbuch usw. Für die drei Hauptkategorien stimmen Mitglieder mehrerer Sektionen ab. Konkret sind das beim Besten Spielfilm die Mitglieder der Sektionen Produktion, Regie und Drehbuch; beim Besten Dokumentarfilm die Mitglieder der Sektionen Dokumentarfilm, Produktion, Regie, Kamera/Bildgestaltung sowie Musik/Schnitt/ Ton und beim Besten Kinderfilm wiederum die Sektionen Produktion, Regie und Drehbuch. 11 3. Wahl der Preisträger In der dritten Stufe des Wahlverfahrens, der Wahl der Träger des DEUTSCHEN FILMPREISES, wird in der Gesamtheit der stimmberechtigten Mitglieder der Deutschen Filmakademie abgestimmt – und zwar in allen und für alle Kategorien. Die neuen Kategorien Da in den letzten Jahren die fließenden Grenzen zwischen Kinderfilm und Jugendfilm, vor allem aber zwischen Jugendfilm und klassischem Spielfilm nicht mehr deutlich wahrzunehmen waren, hat sich der Vorstand der Deutschen Filmakademie in Abstimmung mit dem BKM darauf geeinigt, die Preiskategorie klarer zu definieren. Ab 2010 gibt es nur noch einen Preis für den Besten Kinderfilm. Die Anmeldung für diese Kategorie liegt immer noch in den Händen des Produzenten. Ganz neu ist die Einführung eines zusätzlichen Preises für eine Einzelleistung (wie alle anderen auch dotiert mit € 10.000). Ab 2010 gibt es einen DEUTSCHEN FILMPREIS für das Beste Maskenbild. Damit sind – entsprechend der Sektion 12 regierung für Kultur und Medien schon beantwortet. Bei der Frage, wie eine – wie es die Richtlinien zum DEUTSCHEN FILMPREIS formulieren – erhebliche deutsche kulturelle Prägung des Filmes aussieht, sind drei Kriterien zu erfüllen: 1. die Originalsprache des Films ist Deutsch oder der/die Regisseur/in ist Deutsche(r) oder dem deutschen Kulturkreis zuzurechnen, Foto: © Thilo Härdtlein 2. der/die persönliche Produzent/in oder ein(e) persönliche/r Produzent/in des Films ist Deutsche/r oder dem deutschen Kulturkreis zuzurechnen, Musik/Schnitt/Ton – auch alle Gewerke der Sektion Szenenbild, Kostümbild und Maskenbild 3. die finanzielle Beteiligung der deutschen Promit einem Filmpreis berücksichtigt. duktionsfirma an dem Film ist mindestens so groß wie die einer jeden anderen an der ProdukWas ist ein deutscher Film? tion beteiligten Co-Produzentin. Mit dieser Frage wird sich die Deutsche Filmakademie sicherlich und hoffentlich noch Es ist die Aufgabe des Vorstandes der Deutschen lange, wenn auch nicht ausschließlich beschäf- Filmakademie, die Erfüllung dieser Kriterien tigen. Im Zusammenhang mit der Vergabe des zu überprüfen und das Ergebnis mit dem BKM DEUTSCHEN FILMPREISES wurde sie indes abzustimmen. Danach kann ein Film zum Auszusammen mit dem Beauftragten der Bundes- wahlverfahren zugelassen werden. Deutscher Filmpreis 2010 Lang haftend. In drei innovativen Texturen. Double Wear Makeup SPF 10 15 Stunden perfekter Halt Im Beruf, bei Sport oder Freizeit jede Double Wear Textur garantiert einen makellosen Teint, den ganzen Tag lang. esteelauder.de Deutscher Filmpreis 2010 Wir gratulieren allen Nominierten! Interview mit den Künstlerischen Leitern Filmakademie entwickelt hat, wie sehr wir da Benjamin Herrmann und Florian Gallenberger. hinein gewachsen sind. Also indirekt tatsächlich auch mit den Preisen des vergangenen ?? Die Preisträger des Vorjahres sind die aktu- Jahres. So etwas schafft natürlich noch einellen Künstlerischen Leiter, das könnte ja ein mal eine ganz andere Verbundenheit mit der Filmakademie. Und es gibt Selbstvertrauen. Modell für die Zukunft sein? Denn eine solche Aufgabe fordert auch ein Benjamin Herrmann: Da muss sich Michael gewisses Verantwortungsbewusstsein. Haneke jetzt schon mal was überlegen. Stefan Arndt und Michael Haneke machen die 61. LOLA- ?? Kannten Sie zum Zeitpunkt Ihrer Zusage Verleihung in Schwarz-Weiß. Es wird auf jeden schon den neuen Austragungsort? Fall eine ganz andere Show. Herrmann: Nein, das war zu dem Zeitpunkt ?? Wie ist es denn wirklich zu der Zusammen- noch offen. Aber es war bald klar, dass wir über ein geringeres Budget als unsere Vorgänarbeit gekommen? ger verfügen würden – und dass daraus neue Herrmann: Wir haben vor Jahren mal im Small Ideen entstehen mussten. Was wir eigentlich Talk darüber geredet, dass wir uns vorstellen super fanden. So kam es ja auch zum Friedkönnten, auch mal so eine Verleihung zu entwi- richstadtPalast. Für uns war es gut, dass wir ckeln. Daran hat man sich offensichtlich im letz- als neue Künstlerische Leiter auch von den ten Sommer bei der Deutschen Filmakademie Umständen her gleich mit Neuerungen zu tun hatten. Und der FriedrichstadtPalast ist in vieerinnert und uns angerufen. lerlei Hinsicht eine attraktive und interessante Florian Gallenberger: Aber es hat auch et- Neuerung. Von der Lage mitten in der Stadt her. was damit zu tun, wie sich das Verhältnis zur Und weil es durch die Berlinale auch seit zwei 14 Foto: © Mathias Bothor MIT SCHLITTSCHUHEN DURCH DEN FEUERREIFEN Florian Gallenberger Jahren einen klaren Filmbezug gibt. Ansonsten können wir aber davon ausgehen, dass die Schnittmenge der Leute, die ins normale Programm des FriedrichstadtPalastes gehen, und der Gäste des Deutschen Filmpreises Deutscher Filmpreis 2010 ?? Wie denn? eine Show zu machen, die sozusagen standesgerecht ist für den Deutschen Filmpreis. Herrmann: Es ist eine Feier. Eine Feier für den deutschen Film. Eine Feier für die und mit den außergewöhnlich tollen Kreativen, die wir haben. Das ist der Sinn der Veranstaltung, die vielleicht auch noch kurzweilig und unterhaltsam für die Gäste ist. Herrmann: Es wird der Rote Teppich mit den meisten Ecken und Kurven aller Zeiten werden. ?? Aber richtig langweilig war es doch in den letzten Jahren sowieso nicht. ?? Haben Sie sich eigentlich auch als FilmeGallenberger: Wir sind auch nicht angetreten, macher herausgefordert gefühlt? weil wir vorher alles schlecht und langweilig Gallenberger: Ja natürlich. Wir hatten Lust, fanden. das zu probieren, und haben das tatsächlich als neue Herausforderung gesehen. Es ist was Herrmann: Aber die Dramaturgien von Preisveranderes als Filmemachen, aber es ist auch leihungen sind an sich sehr schwierig, egal, ob eine Form der Unterhaltung – und es zeigt es der Oscar ist oder der Deutsche Filmpreis. sich als tolle Erfahrung. Das Ziel war, eine Gerade beim Deutschen Filmpreis ist es Show zu machen, die locker ist, eine Kombi- jetzt öfter gelungen, es locker zu machen. Und nation von Glamour, Unterhaltung und Emo- das möchten wir auch – eben an neuem Ort, mit tion. Und die besondere Herausforderung in neuem Personal und Elementen, die hoffentlich diesem Jahr war, trotz budgetärer Zwänge überraschend sind. Aber die Vorgaben bleiben Foto: © Mathias Bothor nicht groß ist. Aber allein die Chancen, die dieses eigentlich intime Auditorium bietet, sind spannend. Dass wir vor der Tür ein paar Probleme mit dem Roten Teppich kriegen werden, war uns noch gar nicht bewusst. Aber die lösen wir auch. Benjamin Herrmann gleich. Es sind siebzehn Preise, die voller Respekt präsentiert werden müssen. Wir haben diesmal in den Einzelkategorien vier statt drei Nominierungen. Wir haben einen zusätzlichen, einen neuen Preis für das Beste Maskenbild. 15 ?? Mit anderen Worten: Es muss noch mehr ?? Noch mehr Überraschungen? Information in Unterhaltung und Emotion Herrmann: Als wir die Künstlerische Leitung transformiert werden. im letzten Jahr zugesagt haben, war eine unHerrmann: Aber an einem neuen Ort, der auch serer Bedingungen, dass Barbara Schöneberger was Frisches hat und ein paar Eigenheiten bie- die Verleihung schwanger moderiert. Sie hat tet, die man in anderen Locations so gar nicht diese Bedingung sofort in die Tat umgesetzt und wird an diesem Tag drei Wochen vor der nutzen könnte. Geburt ihres Kindes sein. Leider kein Mädchen, ?? Diese Eigenheiten sind also auch ein Vorteil was die Frage der Namensgebung schwieriger macht. Eine Lola wird es jedenfalls nicht. für Ihre Arbeit? Gallenberger: Ich glaube, die Show, die wir entwickelt haben, hätten wir nirgendwo anders entwickeln und machen können als im FriedrichstadtPalast. Da ist eben das Varieté zu Hause. Und wenn du, wie gesagt, eine große vorgegebene Dramaturgie und nur ein paar Stellschrauben hast, an denen du etwas drehen kannst, dann bietet der Ort dazu die Möglichkeiten. ?? Ist ein Arzt im Saal? Herrmann: Mehrere. Bekanntlich sind ja auch einige Schauspieler Ärzte. Unter deren Sitzen befinden sich die entsprechenden Notfallköfferchen. ?? Wenn denn die Verleihung eine Feier des Deutschen Films sein wird, wie viel deutscher Herrmann: Die Präsidenten der Deutschen Film ist denn in der Gala? Filmakademie in Schlittschuhen durch einen Feuerreifen springen zu lassen – das geht eben Herrmann: Florian Gallenberger hat das neunur im FriedrichstadtPalast. lich in einem Gespräch mal schön auf den Punkt 16 gebracht. Wir wollen in dieser Veranstaltung den Familiengedanken betonen, die Verbundenheit der Filmschaffenden miteinander. Es wird also keine Show für eine Moderatorin. Barbara Schöneberger wird durch einen Abend führen, der die Film-Familie in den Vordergrund stellt. Und zwar die Familie in mehreren Generationen. Es ist der 60. Filmpreis. Auch dieser Tatsache wollen wir in der Show Respekt zollen. Wir wollen ein Zugehörigkeitsgefühl wecken. Gallenberger: Wir haben sehr bewusst und stark nach persönlichen Beziehungen gesucht. Es ging bei der Wahl der Paten nicht in erster Linie darum, ob jemand ein bekanntes Gesicht hat (was immer wichtig ist bei so einer Show), sondern darum, was haben die Nominierten und ihre Paten tatsächlich miteinander zu tun, persönlich, beruflich. Wir wollen das kollegiale Element betonen. Die Botschaft ist: Klar sind wir im Wettbewerb. Aber erstens ist schon die Nominierung eine Auszeichnung. Und zweitens schätzen wir uns und unsere Arbeit gegenseitig – bei aller Konkurrenz. Deutscher Filmpreis 2010 Herrmann: Und das ist ja auch eines der wichtigen Merkmale und ein Sinn der Akademie, dass sich die Kreativen des Films – bei aller künstlerischen Kontroverse – als eine Gruppe verstehen. Das soll die Show auch erzählen. Gallenberger: Wir wissen das von allen Treffen bei der Deutschen Filmakademie. Das Thema ist immer wieder: Wir haben uns besser kennen gelernt, wir haben uns schätzen gelernt. Wir kennen und schätzen die Arbeit der Kollegen. Dieser Erfahrung wollen wir Rechnung tragen. Herrmann: Aber dabei wollen wir natürlich auch den Gästen, die nicht in der Akademie sind oder sein können, Lust auf die Filme machen. Und ganz besonders auch dem Fernsehpublikum. Es ist eine Promotionveranstaltung für den deutschen Film. ?? Was sind denn die Elemente, mit denen Promotion betrieben werden kann? Es wird ja keine Trailershow geben. Herrmann: Letztlich wird viel von der Wahl bewegend vor. Unterhaltsam und lustig kann etwas wirklich dann nur sein, wenn das ernste der Personen auf der Bühne abhängen. Gegenüber auch stimmt. Gallenberger: Aber die Show soll eben die Elemente des Kinos selber beinhalten. Das heißt, sie soll lustig sein und glamourös und auch bewegend. Und wenn ich daran denke, was bewegend sein kann, dann ganz sicher die Verleihung des Ehrenpreises an Bernd Eichinger, weil er deutsche Filmgeschichte geschrieben und das deutsche Filmschaffen geprägt hat wie kein anderer. Außerdem werden wir heuer die Erinnerung an die verstorbenen Kollegen mit Live-Musik begleiten. Das stelle ich mir auch Foto: © Florian Liedel 17 EHRENPREIS FÜR BERND EICHINGER Wenn es nach Bernd Eichingers Vater gegangen wäre, hätte er eine Arzt-Praxis auf dem Land irgendwo in Bayern eröffnet. Es ging bei Bernd Eichinger nicht nach dem Vater. Natürlich nicht. Es geht eigentlich nie nach den anderen. Auch deshalb verbrachte er wohl seine Schulzeit zum großen Teil im Internat – wo er nach eigenem Bekunden eher unauffällig war. Oder – wie er selbst und selbstbewusst sagt: „Zum Rebellieren war ich viel zu schlau. Wenn ich weiß, dass die anderen am längeren Hebel sitzen, rebelliere ich nicht, das macht keinen Sinn. Dann warte ich, bis meine Chance kommt.“ Seine Chance kam mit der Gründung der Hochschule für Fernsehen und Film in München. „Ich hatte das große Glück, dass zu jener Zeit die Münchner Filmhochschule gegründet wurde. Ich bewarb mich und wurde genommen. Wenn ich ehrlich bin, wusste ich nicht, ob die Filmhochschule wirklich etwas für mich war, bis ich dort meine Bestimmung gefunden habe. Ich war nie der Typ, der mit einer Super8-Kamera in der Hand herumgelaufen ist. Fotografieren, das schon, ich habe viel gemalt, 18 viel gelesen und geschrieben. Schreiben, ja, das war immer mein Ding.“ Bernd! Ohne dich wäre ich nicht beim (Beide Zitate aus „Die Zeit“ Nr.4/2005) Film. Ich habe dir verdammt viel zu verSchreiben ist sein Ding geblieben. Regie führen danken. Deine Sturheit, mit der du die und Filme produzieren, Filmstoffe finden, sich Projekte durchsetzst, sucht seines Gleivon ihnen anspringen und infizieren zu laschen. Und dein Riecher auch. Du weißt, sen. Das sind seine Dinge geworden. Dinge, mit was läuft. Eigentlich etwas, das, wie du denen er die letzten dreißig Jahre das Kino in mir selber gesagt hast, niemand weiß. Deutschland wesentlich mitgeprägt hat. Nicht Du weißt es. Deine Filme sind immer groß. selten über die Bande internationaler (Ko-)ProDeine Filme sind immer fürs Publikum. duktionen – vom NAMEN DER ROSE über den Und dann, verdammt, schlägst du mich BÄR, DAS GEISTERHAUS bis zu FRÄULEIN noch in meinem Metier, dem DrehbuchSMILLAS GESPÜR FÜR SCHNEE. In einigen dieschreiben. Du bist ein echter Filmfreak ser Jahre hat er das Geschehen im deutschen und die ehrlichste Haut, die ich kenne. Kino wirtschaftlich und inhaltlich geradezu beMach bitte weiter so. Ich freue mich auf stimmt. Nicht selten ging ein gestiegener deutjeden Film von dir! scher Marktanteil fast allein auf sein Konto und das seiner Constantin Film, die ihm so viel Natja Brunckhorst, Autorin und verdankt, dass er ihr verbunden blieb, ohne ihr Schauspielerin ausgeliefert zu sein. Ins Bewusstsein der Branche und der Öffentlichkeit kam Bernd Eichinger mit einer wahren und war ein Erfolg. Der Regisseur Uli Edel ging Geschichte: WIR KINDER VOM BAHNHOF ZOO danach nach Amerika. Bernd Eichinger hat dort war 1981 ein Wagnis, für viele eine Zumutung – ein Haus, ein Büro. Er arbeitet in Hollywood Deutscher Filmpreis 2010 Als „Der Spiegel“ ihn unlängst ausführlich porträtierte und ihm dabei sehr viel Persönliches entlockte, brach das Unverständnis über diesen Widerspruch regelrecht aus ihm heraus: „Sagen Sie mir, wie kommt dieses Bild von mir zustande, das viele Leute von mir haben? Warum ist da immer so eine Vibration in der Luft? Ich nehme nicht hin, dass man mir die Integrität abspricht. Nicht integer ist jemand, dem man nicht vertrauen kann, weil er käuflich ist, sich bestechen lässt. Der ein Thema an sich reißt, um es auszuschlachten, sensationslüstern, ohne Tiefe. Den Vorwurf lasse ich mir nicht gefallen!“ Er sagt, er sei empfindlich, wenn jemand den Respekt vermissen lässt, wenn ihm jemand an die Würde geht. Er bevorzugt diesen Begriff gegenüber dem Begriff Ehre. So kann der Ehrenpreis des Deutschen Filmpreises ihn in seinem Verständnis zum Würdenträger des deutschen Films machen. Über diesen Begriff wiederum würde Bernd Eichinger eher laut lachen. Das macht er übrigens gerne. Und auch das ehrt ihn. Foto: © Jim Rakete und mit Hollywood. Aber er ist immer einer Produzent des deutschen Kinos geblieben. Und Uli Edel hat er nach fünfundzwanzig Jahren wieder dorthin zurückgeholt, von wo er selbst nicht wegging. Bernd Eichinger ist ein bodenständiger Kosmopolit. Und damit ein Einheimischer des Kinos. Denn das spricht eine internationale Sprache, die dann am besten verstanden wird, wenn man ihre Herkunft hört. Bernd Eichinger hat Filme für die Filmgeschichte gemacht und Filme für den Augenblick. Nicht zuletzt an dieser Spannung sind seine Filme als Eichinger-Filme zu erkennen. Die Liste der Regisseure, Produzenten, Autoren, Schauspieler (inklusive und ganz besonders der Schauspielerinnen), die es nicht abwarten können, Bernd Eichinger zu ehren, weil sie ihm so viel verdanken, ist so lang, dass wir nicht einmal anfangen wollen, sie hier zu erstellen. Aber Bernd Eichingers Beliebtheit, die so berechtigt ist wie tatsächlich, steht in einem merkwürdigen Widerspruch zu seinem Image, an dem er nicht bewusst arbeitet. 19 1970 begann das Filmleben für Bernd Eichinger an der Hochschule für Fernsehen und Film in München. Er studierte dort bis 1973 und beendete das Studium mit dem Abschlussfilm CANOSSA. Der Gang nach Canossa blieb ihm während des nun folgenden langen Filmweges nicht immer erspart. 1974 gründete er seine eigene Filmproduktion, die Solaris Film. Er produzierte hauptsächlich Autorenfilme, unter anderem von Wim Wenders, Alexander Kluge, H.J. Syberberg, Roland Klick oder Edgar Reitz und er verhalf so dem Neuen Deutschen Film zu Ansehen. Seinen nächsten Schritt in die deutsche Filmgeschichte machte er, indem er nach dem Zusammenbruch der Constantin Film Anteile kaufte und so als geschäftsführender Gesellschafter die Neue Constantin Film übernahm. Dort entstanden Filme wie DIE UNENDLICHE GESCHICHTE, DER NAME DER ROSE oder DAS GEISTERHAUS. Immer auf der Suche nach neuen Talenten, Geschichten, Wagnissen ist Bernd Eichinger eine Person, ohne die der deutsche Film kaum 20 vorstellbar ist, und dessen Werdegang er maßgeblich mitgestaltet hat. Von CHRISTIANE F., DER BEWEGTE MANN bis zu DER UNTERGANG oder DER BAADER MEINHOF KOMPLEX. Bernd Eichinger glaubt an das Kino. An die Magie des Kinos. Sein Bewerbungsfilm an der Hochschule hatte übrigens den Titel DIE SONNE SCHIEN, DA SIE KEINE ANDERE WAHL HATTE, AUF NICHTS ANDERES. Die Sonne scheint auch heute, da können Sturm und Unwetter, die von Zeit zu Zeit auftreten, nichts dran ändern, auf Bernd Eichinger. Auf seine Lust, auf seine Liebe und auf seine Leidenschaft für das deutsche Kino. Er hat vielen von uns Wege ermöglicht, auf denen wir ebenfalls von den Sonnenstrahlen gewärmt wurden, dafür sind wir ihm dankbar und hoffen, ihn noch lange an unserer Seite zu haben. Lieber Bernie: Auf dem Felde der Ehre bist du glorreicher, unschlagbarer Sieger! Und das Beste kommt noch: Mit dieser Auszeichnung hast Du Dich qualifiziert für das strenge Auswahlverfahren zum Erwerb des Dackel-Verdienst-Ordens am goldenen Riemen, verliehen vom Kölner Teckel-Club Kalk 1881 e.V. Wenn Du DAS noch schaffst, bist Du endgültig unsterblich. Meine Stimme ist Dir sicher!!! Ich verneige mich und gratuliere! Dein Tom Tom Gerhardt, Komödiant und Autor Iris Berben im Namen der Ehrenpreisjury Deutscher Filmpreis 2010 Die Nominierungen zum DEUTSCHEN FILMPREIS 2010 Programmfüllende Spielfilme ALLE ANDEREN Janine Jackowski, Dirk Engelhardt, Maren Ade – Komplizen Film – Regie: Maren Ade DIE FREMDE Feo Aladag, Züli Aladag – Independent Artists Filmproduktion – Regie: Feo Aladag SOUL KITCHEN Fatih Akin, Klaus Maeck – corazón international – Regie: Fatih Akin STURM Britta Knöller, Hans-Christian Schmid – 23|5 Filmproduktion – Regie: Hans-Christian Schmid DAS WEISSE BAND WÜSTENBLUME Stefan Arndt – X Filme Creative Pool, wega Filmproduktionsgesellschaft, Les Films du Losange, Lucky Red – Regie: Michael Haneke Peter Herrmann – Desert Flower Filmproductions – Regie: Sherry Hormann Programmfüllende Dokumentarfilme DIE FRAU MIT DEN Thomas Tielsch – 5 ELEFANTEN Filmtank – Regie: Vadim Jendreyko DAS HERZ VON JENIN Ernst Ludwig Ganzert, Ulli Pfau – EIKON Südwest – Regie: Marcus Vetter, Leon Geller Programmfüllende Kinderfilme LIPPELS TRAUM Ulrich Limmer – collina filmproduktion – Regie: Lars Büchel VORSTADTKROKODILELena Olbrich, Christian Becker – Westside Filmproduktion mit Rat Pack Filmpro duktion und Constantin Film Produktion – Regie: Christian Ditter 21 Bestes Drehbuch Feo Aladag DIE FREMDE Michael Haneke DAS WEISSE BAND Wolfgang Kohlhaase WHISKY MIT WODKA Bernd Lange, STURM Hans-Christian Schmid Beste Regie Maren AdeALLE ANDEREN Feo Aladag DIE FREMDE Michael Haneke DAS WEISSE BAND Hans-Christian Schmid STURM Beste darstellerische Leistung – weibliche Hauptrolle Corinna Harfouch THIS IS LOVE Sibel Kekilli DIE FREMDE Susanne Lothar DAS WEISSE BAND Birgit MinichmayrALLE ANDEREN 22 Beste darstellerische Leistung – männliche Hauptrolle Fabian Hinrichs SCHWERKRAFT Henry HübchenWHISKY MIT WODKA Burghart Klaußner DAS WEISSE BAND Devid Striesow SO GLÜCKLICH WAR ICH NOCH NIE Beste darstellerische Leistung – weibliche Nebenrolle Maria Victoria Dragus DAS WEISSE BAND Hannah Herzsprung VISION – AUS DEM LEBEN DER HILDEGARD VON BINGEN Jördis Triebel DIE PÄPSTIN Nadja Uhl MÄNNERHERZEN Beste darstellerische Leistung – männliche Nebenrolle Rainer Bock DAS WEISSE BAND Justus von Dohnányi MÄNNERHERZEN Ulrich Noethen HENRI 4 Settar Tanriögen DIE FREMDE Beste Kamera/Bildgestaltung Christian Berger DAS WEISSE BAND Hagen Bogdanski HILDE Jana Marsik LIPPELS TRAUM Reinhold Vorschneider DER RÄUBER Bester Schnitt Andrew Bird Andrea Mertens Andreas Radtke Hansjörg Weißbrich Monika Willi SOUL KITCHEN DIE FREMDE DIE TÜR STURM DAS WEISSE BAND Deutscher Filmpreis 2010 Bestes Szenenbild Thomas Freudenthal HILDE Christoph Kanter DAS WEISSE BAND Bernd Lepel DIE PÄPSTIN Matthias MüsseWICKIE UND DIE STARKEN MÄNNER Bestes Kostümbild Lucie Bates Moidele Bickel Esther Walz Ursula Welter HILDE DAS WEISSE BAND DIE PÄPSTIN VISION – AUS DEM LEBEN DER HILDEGARD VON BINGEN Bestes Maskenbild Wolfgang Böge, HILDE Heiko Schmidt Georg KorpásWICKIE UND DIE STARKEN MÄNNER Waldemar Pokromski, DAS WEISSE BAND Anette Keiser Gerhard Zeiss HENRI 4 Beste Filmmusik Ali N. Askin SALAMI ALEIKUM The Notwist STURM Fabian Römer DIE TÜR Ralf WengenmayrWICKIE UND DIE STARKEN MÄNNER Beste Tongestaltung Michael Kranz, WICKIE UND DIE Ben Rosenkind, STARKEN MÄNNER Mario Hubert, Chrissi Rebay Jörg Krieger, DIE TÜR Richard Borowski, Kai Storck Guillaume Sciama, DAS WEISSE BAND Jean-Pierre Laforce Roland Winke, DIE PÄPSTIN Stefan Busch, Michael Kranz ES FOLGEN DIE NOMINIERUNGEN NACH FILMEN (in alphabetischer Reihenfolge der Filmtitel) 23 Alle Anderen Und sie liebt ihn doch! Wenn Gitti (Birgit Minichmayr, Beste darstellerische Leistung – weibliche Hauptrolle) zum Ende des Films zu ihrem Freund (Lars Eidinger) sagt: „Ich liebe dich nicht mehr“, dann meint sie es nicht wirklich ernst. Jedenfalls weiß sie noch nicht, ob sie es ernst meint. Auf alle Fälle ist irgendwas anders als zu Beginn des Urlaubs: Sie schaut ihn anders an, sie hört ihm anders zu, sie stellt sich andere Fragen. Und vielleicht verlässt sie ihn jetzt tatsächlich. Aber wahrscheinlich erst später. Irgendwann. Urlaub ist für jede Beziehung eine harte Bewährungsprobe. Wenn man den ersten Einpack-, Losfahr-, Nichts-Vergessen-Stress hinter sich hat, beginnt – am Urlaubsziel angekommen – erst einmal das infantile Paar-Geplänkel – und alles ist noch schön. Aber bald geht der Ärger los. Zum Beispiel, wenn man auf der ersten gemeinsamen Bergwanderung ist und merkt, wie unterschiedlich groß der Kräftehaushalt ist. Oder wenn frau findet, dass zu einem Urlaub auch ein bisschen Romantik und schöne Worte gehören, die Mann nicht so parat hat. Aber spätestens, wenn zufällige oder alte Bekanntschaften Einladungen zum Essen oder Bootfahren aussprechen. Dann ist man schon mittendrin – in der Krise. Alles das führt uns Regisseurin und Produzentin Maren Ade (Beste Regie, Bester Spielfilm) in ihrem Film ALLE ANDEREN schmerzhaft realistisch in einem wunderbaren Sommerauf-Sardinien-Licht vor Augen. Das Leben von Gitti und Chris ist psychologisch, sprachlich und gestisch so präzise beobachtet, dass man sich selbst schnell als Teil dieser Szenerie erlebt. Maren Ade studierte von 1998 bis 2004 an der Münchner Hochschule für Fernsehen und Film (HFF) Produktion- und Medienwirtschaft sowie Film- und Fernsehregie. Ihr erster Kurzfilm EBENE 9 (2000) hatte seine Premiere auf den Internationalen Hofer Filmtagen und lief danach auf vielen anderen Festivals. Im gleichen Jahr gründete sie mit ihrer Studienkollegin Janine Jackowski (Bester Spielfilm) die Produktionsfirma Komplizenfilm, zu der 2006 Dirk Engelhardt (Bester Spielfilm) als weiterer Produzent hinzukam. Ades Abschlussfilm an der HFF über eine Bester Spielfilm – Janine Jackowski – DIE SCHLAFKRANK HEIT (2010) –ALLE ANDEREN (2009) – HOTEL VERY WELCOME (2007) – DER WALD VOR LAUTER BÄUMEN (2003) Foto: © Gunnar Hämmerle 24 DEUTSCHER Filmpreis Deutscher FILMPREIS 2010 2008 junge Lehrerin (DER WALD VOR LAUTER BÄUMEN, 2003) lief auf vielen internationalen Filmfestivals und war ebenfalls für den DEUTSCHEN FILMPREIS nominiert. Wenn Maren Ade von den Verbiegungen und Kompromissen erzählt, die die Liebe von einem fordert, dann ist es vor allem das berührende Spiel ihrer beiden großartigen Hauptdarsteller Birgit Minichmayr und Lars Eidinger, die aus einer kleinen Liebesgeschichte ein großes Kinoerlebnis machen. Man hat das Gefühl, dass die beiden in ihren Szenen sehr viel improvisiert haben, so überzeugend lebensnah kommt es beim Zuschauer an. Birgit Minichmayr empfindet das als großes Kompliment. Es war nämlich genau das Gegenteil: Es stand alles im Drehbuch. Birgit Minichmayr kann beides: Viel reden und wunderbar schweigen, mal amüsiert, mal vorwurfsvoll. Mit ihrer rauchigen Stimme gibt sie als Gitti hier den Ton an. Ihrer Filmnichte bringt sie bei, Emotionen laut rauszubrüllen, auch wenn sie von Hass geschürt sind. Bester Spielfilm – Dirk Engelhardt Bester Spielfilm / Beste Regie – Maren Ade –ALLE ANDEREN (2009) – OCEANUL MARE (2009) – DU BRUIT DANS LA TÊTE (2008) – HOTEL VERY WEL COME (2007 – ASSO CIATE PRODUCER) – DIE SCHLAFKRANK HEIT (2010) –ALLE ANDEREN (2009) – HOTEL VERY WELCOME (2007) – DER WALD VOR LAUTER BÄUMEN (2003) Foto: © Gerald von Foris Und ihrem Freund erklärt sie immer wieder schmollend, dass „Ich liebe dich“ eine Antwort braucht. Und die ist ganz klar: „Ich liebe dich auch“. Gitti lässt sich da nicht mit einem Kuss abspeisen. Aber wenn Chris ihr eine großartige, gnadenlos peinliche Tanznummer vorführt, um sich vor dem Ausgehen zu drücken, dann sitzt Gitti amüsiert, mit verschränkten Armen auf dem Sofa – und ist sprachlos. Beste weibliche Hauptrolle – Birgit Minichmayr – DAS WEISSE BAND (2009) –ALLE ANDEREN (2009) – DER KNOCHEN MANN (2009) – HANAMI – KIRSCH BLÜTEN (2008) Foto: © Manfred Klimek 25 DIE FREMDE Der Auslöser war ihre Arbeit für Amnesty International, wie die bisher vor allem als Schauspielerin und Drehbuchautorin arbeitende Feo Aladag (Bester Spielfilm, Bestes Drehbuch, Beste Regie) in Interviews zu ihrem ersten abendfüllenden Film DIE FREMDE erzählt. Als Amnesty vor sechs Jahren bei Feo Aladag anfragte, ob sie für die Kampagne „Gewalt gegen Frauen“ einige Spots entwickeln und inszenieren würde, hat sie sich sehr gefreut und war auch ein bisschen stolz, dass man sie dafür ausgeguckt hat, obwohl sie bisher noch nicht selbst gedreht hatte. In diesem Zusammenhang ist auch der kurze Werbefilm POLIZEI entstanden, bei dessen Recherchearbeit sich die Bilder und Berichte wie kleine Widerhaken in Aladags Kopf festsetzten, als hätten sie zu dem Zeitpunkt schon gewusst, dass sie bald wieder abgerufen und als Grundlage für das Drehbuch DIE FREMDE dienen würden. Zu der Zeit begannen sich auch in den Medien die Berichte über Ehrenmorde zu häufen, die Feo Aladag in ihre Recherchen mit einbezog. Sie ist in Frauenhäuser gegangen und hat viel mit Journalistinnen gesprochen, die zu dem Thema berichtet und geschrieben haben. Sie hat Betroffene und Sozialarbeiter aufgesucht, die mit ihren Erzählungen Szenen in ihr hervorgerufen haben, die sie dann später auch für den Film verwenden konnte. All das ist mit in ihr Drehbuch eingeflossen, und das merkt man dem Buch auch an. Hier gibt es kein Gut und Böse, hier gibt es kein Schwarz und Weiß. Es ist eine Geschichte, bei der niemand moralisch verurteilt wird, sondern bei der die Zwänge, in denen sich die Figuren bewegen, sichtbar und erfahrbar werden. Und die damit verbundene Tragik wird emotional nachvollziehbar. Aladags Intention war es, Empathie zu schaffen, jenseits von medialen Vorurteilen und religiösen Verurteilungen. Für sie war es das Schönste zu sehen, wie in der Regiearbeit alles zu ihrer Gesamtvision zusammenfließt: Das, was sie sich vorher auf dem Papier ausgedacht hat, das, was die einzelnen Schauspieler einbringen, und natürlich die gesamte Arbeit Bester Spielfilm / Bestes Drehbuch / Beste Regie – Feo Aladag – DIE FREMDE (2008) Foto: © Brigitte Dummer / Internationale Filmfestspiele Berlin 27 der verschiedenen Gewerke. Konsequent hat sie mit ihrem Mann Züli Aladag (Bester Spielfilm) zusammen den Film dann auch noch produziert, so dass die ganze künstlerische Kontrolle bei Aladag lag. Züli Aladag feierte 2002 sein Kinodebut mit ELEFANTENHERZ, danach folgten hauptsächlich Fernsehproduktionen für verschiedene Serien. 2006 gewann sein viel diskutiertes Integrationsdrama WUT etliche Preise. Ihre gemeinsame Firma Independent Artists Filmproduktion gründeten die beiden 2005 – und sind nun mit ihrer ersten Produktion für den DEUTSCHEN FILMPREIS nominiert. DIE FREMDE erzählt von der leidenschaftlichen jungen Türkin Umay (Sibel Kekilli, Beste darstellerische Leistung – weibliche Hauptrolle), die zwischen den traditionell verankerten Ansprüchen ihrer Familie und dem emanzi- 28 pierten Leben in Berlin zerrieben wird. Sie verlässt ihren Mann und seine Familie in der Türkei, nimmt ihren gemeinsamen Sohn mit nach Berlin zu ihren Eltern und ihren Brüdern. Sie will wieder bei ihnen leben, zu Hause, wie sie es nennt. Am Ende wird sie ihren Ausbruch in die Freiheit teuer bezahlen, wie alle in der Familie, die sinnlos zum Opfer werden. Sibel Kekilli spielt diese junge Mutter als eine energische Frau, die mit ihrem Kopf durch die Wand will und gleichzeitig ist sie still, zurückgenommen, liebevoll. Man möchte sie umarmen und beschützen. Wenn sie rebellisch wird, dann funkelt es aus ihren leicht zusammengekniffenen Augen, und sie schiebt ihr Kinn etwas nach vorn. Und wenn sie glücklich ist, dann strahlen ihre weiten Augen, ein Lächeln liegt in ihrem Gesicht, alles ist ganz weich und offen. Dann ist sie die schönste Frau der Welt. Am eindrucksvollsten sind Umays Begegnungen mit ihrem Vater (Settar Tanriögen, Beste darstellerische Leistung – männliche Nebenrolle). Wie der Vater kämpft, die „Schande“ von seiner Familie fernzuhalten, und versucht, die Liebe zu seiner Tochter im Inneren einzuschließen. Das ist Verzweiflung, Trauer, Wut auf der einen Seite und auf der anderen Verankerung, Ergebenheit, Verlorensein und Starrsinn, um den Erwartungen der traditionellen türkischen Gesellschaft an das Familienoberhaupt gerecht Bester Spielfilm – Züli Aladag – DIE FREMDE (2008) Deutscher Filmpreis 2010 zu werden. Die Zerrissenheit seiner Figur macht Settar Tanriögen in jeder Szene auf seinem Gesicht lesbar. Zu Beginn des Films bekommt man die Ahnung von einem grausamen Ende. Jedenfalls glaubt man das zu wissen, wenn man die ersten zwei Minuten des Films gesehen hat. Dann gibt es einen Schnitt und die Geschichte springt zurück und entwickelt sich bis hin zu jenem Höhepunkt, der uns zu Beginn des Films diese grausame Ahnung gab. Dann löst sich diese Ahnung auf und es dauert nur noch wenige Sekunden bis man weiß, dass das wirkliche Ende noch viel grausamer ist, als man es sich vorstellen konnte. Dass diese Filmklammer so funktioniert, dass der Zuschauer zwar zu wissen glaubt, dass es ein schreckliches Ende geben wird, aber noch nicht genau weiß, was passiert, ist vor allem eine Leistung der Cutterin Andrea Mertens (Bester Schnitt). Es gibt viele, dem Zuschauer auffallende Schnitte, die die Zuspitzung der Dramatik mit dem Vergehen der Beste weibliche Hauptrolle – Sibel Kekilli Beste männliche Nebenrolle – Settar Tanriögen – DIE FREMDE (2008) – PLAYGROUND (2008) –WINTERREISE (2005) – GEGEN DIE WAND (2003) – DIE FREMDE (2008) – TAKVA - GOTTES FURCHT (2006) – YAZI TURA - KOPF ODER ZAHL (2004) – EŞKIYA - DER BANDIT (1996) Zeit deutlich machen. Oft unterstützt der Schnitt die Erzählung aus der Perspektive Umays und lässt ihr Innenleben präsenter werden. Andrea Mertens ist seit 1996 als Cutterin tätig und hat für zahlreiche Kinofilme wie KAI RABE GEGEN DIE VATIKANKILLER (R: Thomas Jahn, 1998) oder Christian Züberts LAMMBOCK (2001) den Schnitt übernommen. 2008 erhielt sie den Deutschen Fernsehpreis für ihre Arbeit an DAS JÜNGSTE GERICHT von Urs Egger. Bester Schnitt – Andrea Mertens – SCHLAFLOS (2008) – DAS JÜNGSTE GERICHT (2007) – TRUE NORTH (2006) – LAMMBOCK (2000) Foto: © Gerhard Kassner 29 HENRI 4 „Was für ein tapferes Gesicht“, sagt der legendäre Hellseher Nostradamus zu Beginn des Films über den kleinen protestantischen Prinzen aus der südfranzösischen Provinz Navarra, die dem katholisch beherrschten Königshaus in Paris schon lange ein Dorn im Auge ist. Der Höhepunkt der Glaubenskriege Ende des 16. Jahrhunderts, die ja eigentlich Konfessionskriege waren und of- 30 fenbar doch viel mehr – nämlich der Kampf um freiheitliches Denken, Handeln und Regieren – war das große Thema der späten Romane von Heinrich Mann, die sich mit dem Leben eben dieses kleinen Prinzen beschäftigten. Denn die Geschichte dieses Prinzen war eine Geschichte, die erzählte und vielleicht auch erklärte, was europäische Zivilisation ausmacht: der Konflikt zwischen Humanismus und Barbarei. Für die Berliner Produzentin Regina Ziegler ist dieser Stoff schon seit ihrer Schulzeit ein Faszinosum, seine Verfilmung ein Lebenstraum, den sie mit einer aufwändig finanzierten, aufwändig besetzten und von Regisseur Jo Baier ebenso inszenierten deutsch-französischen Ko-Produktion verwirklichte. Der französische Schauspieler Julien Boisselier spielt den Hugenotten, der es tatsächlich auf den Thron von Frankreich bringt. Seine deutschen Kollegen Joachim Król und Andreas Schmidt sind die treuen Vasallen Agrippa und Du Bartas, während die Antagonisten der Titelfigur gleich eine ganze Familie bilden. Angeführt und angestachelt von Hannelore Hoger als despotische Königin Katharina von Medici, die eine Horde missratener Kinder zur Welt gebracht hat, die einen ganzen Katalog von Extravaganzen repräsentieren. Da ist die promiskuitive Tochter Margot (Armelle Deutsch), durch deren Heirat mit dem Prinzen sich Katharina die Befriedung der Protestanten verspricht. Da ist der schwule Masochist D´Anjou Deutscher Filmpreis 2010 (hingebungsvoll: Devid Striesow), der eigentlich König werden will. Da ist sein kleiner Bruder D´Alencon (Adam Markievicz), den eine chronische Krankheit zur kompletten Untätigkeit verdammt hat. Und da ist schließlich der älteste Bruder Karl IX, den alle für komplett verrückt halten – und der gegenüber dem Prinzen behauptet, keine andere Wahl zu haben, als dies zu spielen. Ganz so ging es seinem Darsteller Ulrich Noethen (Beste darstellerische Leistung – männliche Nebenrolle) übrigens nicht, „denn ich war zunächst irritiert über die Rolle, weil König Karl IX Mitte zwanzig ist und ich bin mehr als doppelt so alt. Aber schließlich habe ich mich überzeugen lassen“, sagt Noethen in einem Interview. Diese Überzeugung legte er in sein Spiel, das genau diese von der Figur beschriebene Spannung erzählt. Ein mimischer ParforceRitt zwischen Wahnsinn und Kalkül, zwischen echtem Leid und geheuchelter Empörung – und schließlich zwischen Leben und Tod. Wenn Noethen als Karl in der furchtbaren Bartholomäus-Nacht buchstäblich Blut und Wasser schwitzt, ist das nur eine der Herausforderungen für den Maskenbildner Gerhard Zeiss (Bestes Maskenbild), der eben solche liebt, Beste männliche Nebenrolle – Ulrich Noethen – EIN FLIEHENDES PFERD (2006) – DAS WAHRE LEBEN (2005) – DAS SAMS (2001) – COMEDIAN HARMONISTS (1997) weil ihm historische Masken und Frisuren besonders liegen. Der ausgebildete Friseur und begnadete Perückenbauer, der sein Handwerk als Maskenbildner am Staatstheater in Wiesbaden gelernt hat, verfällt aber nie den Reizen, einfach nur in der Vergangenheit zu schwelgen. Er arbeitet eher nüchtern, um dann nicht nur Akzente zu setzen, sondern diesen auch noch eine Nachhaltigkeit zu geben. Man achte nur einmal auf Devid Striesows Kopf. Bestes Maskenbild – Gerhard Zeiss – HARDCOVER (2007) – DAS WUNDER VON BERN (2002) – BOAT TRIP (2001) – ISLAND ON BIRDSTREET (1997) Foto: © Joachim Gern 31 HILDE „Dass Hildegard Knef eine Heroine der deutschen Kulturgeschichte wurde, machte ihr Leben, äußerlich betrachtet, zu einem Erfolg. Dass dieses Leben wichtigere Dinge verfolgte als den Erfolg, machte es reich“, hat Roger Willemsen einmal über die Frau geschrieben, deren Leben natürlich auch danach rief, sie eines Tages zu einer Heroine eines deutschen Kinofilms werden zu lassen. Kai Wessel hat diesen Film gedreht und sich – nach einem Drehbuch von Maria von Heland – dabei auf die ersten vierzig Jahre eines knapp achtzig Jahre währenden Lebens beschränkt. Er erzählt von ihren Anfängen am Ende des Zweiten Weltkrieges bis zu ihrem legendären Konzert in der 32 Berliner Philharmonie, das eigentlich 1968 stattfand, im Film aber auf den Todestag des deutschamerikanischen Produzenten Erich Pommer am 8. Mai 1966 gelegt wird. Der Film erzählt also von ihrer Entdeckung durch Joseph Goebbels und ihrer ersten Liebe zu dem linientreuen Tobis-Produktionschef Ewald von Demandowsky, von ihren Auftritten im Schlosspark-Theater, ihrer Hochzeit mit dem deutschstämmigen US-Filmoffizier Kurt Hirsch. Er erzählt von ihren ersten, frustrierenden Jahren in Hollywood, vom bigotten Skandal um ihren harmlosen Nacktauftritt in Willi Forsts DIE SÜNDERIN, von ihrer Broadway-Karriere und ihrer rettenden Begegnung mit dem britischen Schauspieler David Cameron, der ihr außergewöhnliches Talent als Texterin und Sängerin entdeckt und fördert. HILDE, die von Heike Makatsch mit Energie und Esprit gespielt und interpretiert wird, ist also auch eine Heroine der Zeitgeschichte. Eine Wanderin zwischen den Trümmern von Berlin und den von den feindli- chen Bombern wegen Eigenbedarfs verschonten Villen von Zehlendorf, zwischen den Einheitsbungalows der Hollywoodschen Mittelschicht und der Neun-Zimmer-Villa in Dahlem, zwischen dem damaligen Nobel-Hotel Kempinski und einem schottischen Blindenheim Ende der fünfziger Jahre. Mit anderen Worten: HILDE, der Film, ist auch ein Eldorado für Szenenbildner. Thomas Freudenthal (Bestes Szenenbild) ist zwar kein ausgewiesener Spezialist für historische Stoffe. Die meisten seiner Kinoprojekte, die er seit Mitte der neunziger Jahre betreut, waren im Hier und Jetzt angesiedelt. Doch die Freude daran, Räume für Kinogeschichten zu erfinden, zu definieren, zu inszenieren, ohne sie der Erzählung überzustülpen, wird bei seiner Arbeit immer sichtbar. Egal, ob es um die düsteren Winkel und verzweifelt gestalteten Oasen im Elend geht wie in Nico Hofmanns SOLO FÜR KLARINETTE oder um die Parodie auf ein germanisches Dorf in SIEGFRIED mit Tom Gerhardt. In HILDE kommt Freudenthal zum einen der handwerk- Deutscher Filmpreis 2010 lichen Notwendigkeit nach, die Ruinen der zerbombten Stadt und Kriegsschauplätze authentisch nachzuerzählen. Spannender wird es aber für ihn und die Zuschauer jedoch, wenn er über die unterschiedlichsten Innenräume – wie das Restaurant im Kempinski oder das Wohnzimmer von Hildes Villa (wo er der Versuchung widersteht, auch noch alle ihre dort eigentlich versammelten Haustiere auflaufen zu lassen) – den Zeitgeist ebenso sichtbar macht wie die Haltung der Figur zu dieser Zeit, also auch ihr Innenleben. Wenn Hildegard Knef wirklich bei sich ist, oder vermeintlich mit sich allein, lässt das Szenenbild ihr auffällig viel Raum. Damit ist viel über einen Charakter erzählt. Wenn die Orte und Schauplätze eines Films die Protagonisten desselben sowohl schützen, beschreiben als auch in Gefahr bringen können, gelten Kostüm und Maske als gleichwertige Partner, denen dieselben Effekte gelingen können. Lucie Bates (Bestes Kostümbild), die am Theater als Bühnen- und Kostümbildnerin an- gefangen hat, gehört seit Jahren zu den meist beschäftigten und äußerst vielseitigen KostümDesignerinnen des deutschen Kinos. Ihre selbstverständliche Zusammenarbeit mit so unterschiedlichen Regisseuren wie Rainer Kaufmann, Vadim Glowna, Rudolf Thome und Dani Levy, für dessen Tragikomödie ALLES AUF ZUCKER! sie 2005 den Deutschen Filmpreis gewann, macht dies deutlich. Bei HILDE hat sie sich nicht ausgetobt, auch wenn der Stoff es durchaus angeboten hat. Aber allein der Blick darauf, wie sie Beste Kamera – Hagen Bogdanski – CASE 39 (2009) – YOUNG VICTORIA (2009) – DAS LEBEN DER ANDEREN (2006) – DIE UNBERÜHR BARE (2000) die Hauptfigur sowohl be- als auch entkleidet, macht ihre Entschiedenheit klar. Hilde ist nicht vordergründig glamourös. Ihre öffentliche Garderobe ist von schlichter Eleganz. Und privat ist sie nicht selten nur unvollständig, nachlässig bekleidet. Ein Zeichen von Offenheit und Verletzlichkeit zugleich. Wolfgang Böge und Heiko Schmidt (Bestes Maskenbild) hatten noch eine zusätzliche Herausforderung zu bewältigen. Die Figur der Hilde wird durchgehend von Heike Makatsch gespielt, Bestes Szenenbild – Thomas Freudenthal – HILDE (2008) – EFFI BRIEST (2007) – BELLA MARTHA (2001) – SOLO FÜR KLARINETTE (1997) 33 die ihr das Gesicht einer Neunzehnjährigen ebenso leiht wie das einer Dreiundvierzigjährigen. Spielen kann das Heike Makatsch souverän und glaubwürdig. Dieses Talent muss die Maske unterstützen – ohne Übertreibung, ohne Mummenschanz. Die erfahrenen Maskenbildner Böge (DER TOTMACHER, ROSSINI, STRAIJK) und Schmidt (L´AMOUR, L´ARGENT, L´AMOUR, ALTER UND SCHÖNHEIT, DIE GRÄFIN) wussten um Hildegard Knefs stets auffälliges Make-up. Aber sie stellen es nicht zur Schau. Sie machen 34 die Maske zur Maskerade, wo die Knef selbst es als solche benutzt hat. Und sie benutzen sie als Koloration der Figuren, wo diese in ihrer Zeit als Figuren derselben erkennbar sein sollen. Hagen Bogdanski (Beste Kamera / Bildgestaltung) schaut ihnen dabei zu. Der renommierte Kameramann, der als Assistent bei Jürgen Jürges, Gernot Roll und Xaver Schwarzenberger angefangen hat und für die nachhaltig wirkenden Bilderwelten eines Oskar Roehler verantwortlich war, hat bereits Mitte der neunziger Jahre mit dem Regisseur Kai Wessel zusammengearbeitet. In HILDE hat er sowohl seiner Vorliebe als auch seinem Talent für exquisite Kinobilder sowie seiner Neigung zu ungewöhnlichen, durch Irritation zum Verstehen führenden Einstellungen frönen können. Er lässt den Film gut aussehen. Und erzeugt dabei trotzdem und absichtlich nicht immer ein gutes Gefühl für den Zuschauer. Bestes Kostümbild – Lucie Bates Bestes Maskenbild – Wolfgang Böge Bestes Maskenbild – Heiko Schmidt – EFFI BRIEST (2007) – EIN FLIEHENDES PFERD (2007) – LIEBESLEBEN (2007) –ALLES AUF ZUCKER! (2005) – STRAJK (2005) – TAKING SIDES (2000) – ROSSINI (1996) – DER TOTMACHER (1995) – ZANAN-E-BEDUN E-MARDAN (2009) – THE COUNTESS (2008) –WAS NÜTZT DIE LIEBE IN GEDANKEN (2004) – GROSSE MÄDCHEN WEINEN NICHT (2001) Deutscher Filmpreis 2010 MÄNNERHERZEN Ihre Wege kreuzen sich zufällig an einem Ort, an dem sich Menschen entweder schämen oder wichtig machen. In der Fitnessbude kommen Stärken und Schwächen von Menschen ganz schnell und im wahrsten Sinne der Worte auf den Punkt. Aber Frauen lernt man als verklemmter Gewerbeaufsichtsbeamter dort nicht kennen. Und Schlager werden auch nicht gesungen. Aber die MÄNNERHERZEN in Simon Verhoevens gleichnamigem Ensemblefilm schlagen nach zwei Stunden an der Kraftstation oder auf dem Ergo-Bike auf jeden Fall etwas höher. Susanne Feldberg, gespielt von Nadja Uhl (Beste darstellerische Leistung – weibliche Nebenrolle) hat keine Zeit, ins Studio zu gehen. Sie arbeitet immer lange im Supermarkt für Tiernahrung und kümmert sich um ihren Sohn, der schon im Kindergarten Liebeskummer hat. Nadja Uhl, geboren in Stralsund, ausgebildet in Leipzig, erfolgreich am Theater in Potsdam und im Kino spätestens seit SOMMER VORM BALKON, eine Ikone des modernen Berlin, spielt Susanne als starke, lebenskluge Frau. Sie tröstet ihren Kleinen, hält sich den Vater vom Hals, der als U-Bahn Fahrer an einem Unfalltrauma leidet und nicht zu beherrschen ist. Und sie weiß mit den ungeschickten Flirtversuchen des Hamster haltenden Kunden Günther sensibel umzugehen. Mit anderen Worten: Bei Nadja Uhl sind gleich drei Männerherzen gut versorgt. Foto: © Joachim Gern Zum Glück lernt sie nicht auch noch Bruce Berger kennen. Der will nämlich durch seine kitschigen Schlager bewirken, was Susanne mit einem Lächeln schafft – die Welt zu retten. Justus von Dohnányi (Beste darstellerische Leistung – männliche Nebenrolle) gibt in der Rolle von der Tragödie eines lächerlichen Mannes dem Affen richtig Zucker. Er spielt einen Schlagerstar, dessen Leben eine Lüge ist, so hemmungslos am Limit, dass er – und hier kommt das Können zur Kunst – in jeder Sekunde erschreckend glaubwürdig ist. Beste weibliche Nebenrolle – Nadja Uhl Beste männliche Nebenrolle – Justus von Dohnányi – MOGADISCHU (2008 / TV) – DER BAADER MEIN HOF KOMPLEX (2008) – SOMMER VORM BALKON (2005) – DIE ZWILLINGE (2002) – – – – JUD SÜSS (2010) MÄNNERHERZEN (2009) BIS ZUM ELLENBOGEN (2007) DAS EXPERIMENT (2001) Foto: © Christian Schoppe 35 DIE PÄPSTIN Die Vorgeschichte zu dieser Produktion ist hinlänglich bekannt. Die aufwändige Adaption des Weltbestsellers DIE PÄPSTIN aus der Feder von Donna Cross, die eigentlich Literaturwissenschaftlerin ist und Sachbücher und Ratgeber geschrieben hat, wurde unter der Regie von Sönke Wortmann erfolgreich realisiert und ins Kino gebracht. Es ist die Geschichte einer ganz eigenen Emanzipation. Also ist es auch die Geschichte einer Unterdrückung. Im tiefsten Mittelalter entdeckt die Tochter eines Dorfpfarrers ihre geisteswissenschaftlichen, theologischen und sprachlichen Interessen und Begabungen, deren Entwicklung der strenge Vater natürlich nicht zulassen, geschweige denn fördern will. Unterstützt von dem fremden Gelehrten Aeskulapius und über 36 viele steinige und spannende Umwege gelangt Johanna, die sich natürlich in der männlich dominierten Welt der katholischen Erziehungsinstrumente Johannes nennen und als junger Mann ausgeben muss, bis nach Rom, wo sie dem Papst nicht nur das Leben, sondern auch die Ehre rettet. Schließlich wird sie seine Nachfolgerin. Aber ihr Glück hätte vielleicht etwas ganz anderes sein können. Im ersten Kapitel dieses Films spielt die Beziehung Johannas zu ihrer Mutter eine entscheidende Rolle. Die Frauen der Familie müssen gegen den gewalttätigen Vater zusammenhalten, der den vermeintlich allgegenwärtigen Teufel in Frauengestalt mit Fäusten oder einer Rute bekämpfen zu müssen meint. Johannas Mutter Gudrun ist eine noch nicht bekehrte Heidin, die ihrer Tochter zum Trost auch gerne mal Geschichten von Thor und Odin erzählt. Jördis Triebel (Beste darstellerische Leistung – weibliche Nebenrolle) spielt diese archaische Figur in wenigen intensiven Szenen – die buchstäblich von der Wiege bis zur Bahre, von der Geburt eines bis über den Tod eines anderen Kindes hi- nausreichen – mit einer nachhaltig wirkenden Mischung aus Kraft und Liebe, die sich in wenigen Blicken und Gesten auszudrücken vermag. Und selbst wenn ihr Mund einmal die Tochter zu verraten scheint, haben ihre Augen gleichzeitig Versöhnung und Rettung angeboten und bekommen. Jördis Triebel, die die Schauspielkunst an der Ernst-Busch-Schule in Berlin lernte und einige Jahre in Bremen, später in Zürich und Köln Theater spielte, gehört seit ihrem Auftritt in Sven Taddickens Tragikomödie EMMAS GLÜCK zu den interessantesten Kinoschauspielerinnen der jüngsten Zeit. Sie ist robust und sanft zugleich, stark, aber nicht furchteinflössend. Sie ist kein Opfer, auch wenn sie oft einstecken muss. So auch in der PÄPSTIN. Für Jördis Triebels Kostüm musste sich die erfahrene Szenen- und Kostümbildnerin Esther Walz (Bestes Kostümbild) vielleicht am wenigsten ins Zeug legen. Aber die Bandbreite vom einfachsten Wollgewand in einem verarmten Dorf am Rande der Zivilisation bis zu den pompösen Kaiser- und Bischofsroben im prunkvollen Rom lässt genügend Herausforderungen für das Ge- Deutscher Filmpreis 2010 werk aufblitzen. Die in Paris lebende Designerin, die in New York auch Schmuckdesign gelernt hat, verfügt über ein außergewöhnliches Spektrum bei der Wahl ihrer Filme. Zu ihren frühen Arbeiten gehören die grotesken Kostüme in Dominik Grafs Frühwerk DREI GEGEN DREI aus der Mitte der achtziger Jahre. Sie hat die Alltagsmode in Beziehungskomödien und TV-Krimis verwendet und die schreiend künstlichen und unvergesslichen Outfits des Personals von Oskar Roehlers LULU & JIMI entworfen. Beste weibliche Nebenrolle – Jördis Triebel – DIE PÄPSTIN (2008) – KDD - KRIMINAL DAUERDIENST (2006 / TV) – EINE GUTE MUTTER (2006 / TV) – EMMAS GLÜCK (2006) Für DIE PÄPSTIN dürfte sich die Kostümbildnerin, die auch immer wieder Szenenbilder entworfen hat, unter anderem empfohlen haben, weil sie bereits für Jean-Jacques Annauds IM NAMEN DER ROSE ins Kloster gegangen war. Wie sie im Vatikan die Figuren – ihre Demut, ihren Hochmut und, im Falle des Kaisers Lothar, ihren Übermut – über die Gestaltung und Farbgebung ihrer Gewänder erzählt, ist beeindruckend. Natürlich hat der Filmarchitekt Bernd Lepel (Bestes Szenenbild) sein Rom nicht an einem Tag erbaut. Aber das Wichtigste war nicht Rom selbst, sondern die Räume in Rom. Das Schlafzimmer des Papstes zum Beispiel, das selbst schon wie ein eigener Palast wirkt. Ansonsten hatte Bernd Lepel, der wie viele seiner Kollegen am Theater angefangen hat und nun seit über dreißig Jahren bei einigen der größten und erfolgreichsten deutschen Kinofilme (von der BLECHTROMMEL bis zum UNTERGANG) das Set Design entwarf, die gleiche Herausforderung wie seine Kollegen in Kostüm und Maske: Bestes Szenenbild – Bernd Lepel Bestes Kostümbild – Esther Walz – DIE PÄPSTIN (2009) – DER BAADER MEIN HOF KOMPLEX (2008) – DER UNTERGANG (2004) – DER ZEMENT GARTEN (1993) – ELEMENTAR TEILCHEN (2005) – RESIDENT EVIL (2001) – POLA X (1998) – JENSEITS DER WOLKEN (1994) Foto: © Mathias Bothor 37 Die Reibung zwischen der Schlichtheit des kargen, schmutzigen, armen Landlebens und dem Pomp des Vatikans buchstäblich an Orten und Stellen spürbar zu machen. Kein Mensch weiß, wie das Mittelalter geklungen hat. Aber es war mit Sicherheit nicht leise in einer Zeit, in der beispielsweise die Wände Ohren hatten, weil sie zu Hütten gehörten und viel zu dünn waren. Oder sie waren dick, weil sie zu einem Palast gehörten und erzeugten somit Hall und Echos. Andererseits muss der Klang 38 des Mittelalters auch ein sehr natürlicher gewesen sein. Künstliche Nebengeräusche, akustische Ablenkung oder elektronische Dauerberieselung dürften nicht stattgefunden haben. Die Tongestalter Roland Winke, Stefan Busch und Michael Kranz (Beste Tongestaltung) konnten und mussten deshalb in ihrer Arbeit starke Akzente setzen. Die permanente Bedrohung der Titelfigur, die ja nicht nur Angst haben muss, dass ihre körperliche und intellektuelle Maskerade einfach auffliegen könnte, sondern sich dabei auch ständig in Lebensgefahr befindet, hat auf der Tonspur eine physisch spürbare Präsenz. Andererseits muss zum Beispiel das Beseitigen von mit Tinte geschriebenen Buchstaben von der Seite eines geliebten Buches so leise klingen, wie es klingen muss, und dennoch auch akustisch wie eine Gewalttat anmuten. Authentizität ist hier nicht nur nicht möglich, sie ist auch nicht erwünscht. Beste Tongestaltung – Roland Winke Beste Tongestaltung – Stefan Busch Beste Tongestaltung – Michael Kranz – DER BAADER MEIN HOF KOMPLEX (2008) – DAS PARFUM (2006) – SOPHIE SCHOLL (2005) – DER UNTERGANG (2004) – DER BAADER MEIN HOF KOMPLEX (2008) – KEINOHRHASEN (2007) – DER UNTERGANG (2004) – SCHLAFES BRUDER (1995) – DER BAADER MEIN HOF KOMPLEX (2009) – DAS PARFUM (2006) – MORTAL TRANSFER (2000) – DAS GEISTERHAUS (1993) Deutscher Filmpreis 2010 DER RÄUBER „Man kann sich entscheiden, daran glaube ich. Und wenn man es nicht tut, dann heißt das was.“ Mit diesen Worten setzt Erika (Franziska Weisz) ihren Freund Johann (Andreas Lust) vor die Tür, als sie erfährt, dass er wiederholt Banken ausgeraubt hat. Regisseur Benjamin Heisenberg inszenierte seinen zweiten Spielfilm DER RÄUBER so, dass der Zuschauer das Gefühl hat, seine Hauptfigur Johann kann nichts entscheiden: Er tut, was er tun muss. Animalisch getrieben, geht er jeden Tag mehrere Kilometer laufen und überfällt beinahe genauso selbstverständlich verschiedene Geldinstitute. Wieder zu Hause protokolliert er zufrieden seine Pulsschlag-Kurve und legt das Geld routiniert in eine Tüte unter das Bett. Das Geld scheint ihn nicht zu interessieren, ihm geht es nur um den Endorphin-Kick. Seit Lola in Gestalt Franka Potentes ist niemand mehr so gerannt im Kino! Der Unterschied ist: Lola musste rennen, weil sie nur 20 Minuten Zeit hatte; Johann muss laufen, weil er nicht anders kann. Für Kameramann Reinhold Vorschneider (Beste Kamera/Bildgestaltung) war die Figur des besessenen Marathonmannes Johann eine besondere Herausforderung. Ihm mit einer Kamera immer das richtige Tempo zu geben, seine Schnelligkeit erfahrbar zu machen, so dass der Zuschauer beinahe selbst außer Atem gerät, das sah Vorschneider als seine Aufgabe an. Eine Steadycam macht es möglich mitzuhalten, wenn Johann im Park joggt. Und eine gehetzte Handkamera begleitet den Räuber, wenn er durch Kneipen, Keller, Treppenhäuser, über Höfe und Mauern auf der Flucht vor der Polizei ist. Man sieht, wie sich die Kamera für die Bewegung begeistert, und fliegt mit ihr in Parallelfahrten durch die Bäume ohne anzustoßen. Was für ein Parcour! Vorschneiders Bilder sind kalt und schön. Durch sein Gefühl für Raum und Licht unterstreicht er das Gefühl von Einsamkeit und Verlorenheit. Vorschneider hat übrigens in gleich drei herausragenden Filmen der diesjährigen Berlinale die Kamera geführt: DER RÄUBER; ORLY (Regie: Angela Schanelec) und IM SCHATTEN (Regie: Thomas Arslan). Ein Blick auf die stilistische Differenz etwa zwischen DER RÄUBER und ORLY macht noch einmal die Bandbreite der kinematografischen Begabung des Kameramannes deutlich. Beste Kamera – Reinhold Vorschneider – DER RÄUBER (2010) – MADONNEN (2006) – DER ARME VERSCHWENDER (2004) – MARSEILLE (2003) Foto: © Thomas Hedrich 39 „Das Erste Fernsehen, mit dem ich groß geworden bin.“ Volker Herres Wir wünschen gute Unterhaltung beim Deutschen Filmpreis 2010. DasErste.de SALAMI ALEIKUM Im Ganzen klingt es skurril: Ein softer Metzgersohn aus Köln mit iranischen Wurzeln (Navid Akhavan) trifft im verschlafenen ostdeutschen Dörfchen Oberniederwalde auf die Ex-Kugelstoßerin Ana (Anna Böger) und findet mit ihr die große Liebe. Im Detail ist es noch verrückter: Der Metzgersohn Mohsen Taheri kann kein Blut sehen, und wenn er Beruhigung braucht, strickt er zur Entspannung am Schal seines Lebens. Und Ana, die als Leistungssportlerin in der DDR gedopt wurde, ist größer und massiver von Gestalt als Mohsen. Entsprechend arbeitet sie als Automechanikerin. Regisseur Ali Samadi Ahadi präsentiert dem Zuschauer eine Komödie als farbenfrohes und verspieltes persisches Märchen, in dem verschiedene Kulturen mit ihren Geschichten, ihren Eigenheiten und ihren Wunschvorstellungen aufeinanderprallen. In der ostdeutschen Provinz beäugte man nach dem Fall der Mauer erstmal alles Neue und Fremde mit Argwohn. Und so braucht auch Mohsen ein paar Sympathie auslösende Lügen, um Anas Vater (Wolfgang Stumph) zu einem Satz wie: „Gefühle wie Freude, Liebe und Trauer und so sind doch bei uns allen gleich“ zu bewegen. Alle Familienmitglieder sind auf der Suche nach ihrer verloren gegangenen Heimat und jeder versucht mit viel Phantasie und Einfallsreichtum, sich eine neue zu erschaffen. Dieses Religionen und Grenzen überwindende Land der Phantasie, das hier in knallbunten animierten Zeichnungen in verschiedenen Traumblasen der Filmfiguren visualisiert wird, inspirierte den vielseitigen Komponisten Ali N. Askin (Beste Filmmusik) zu einem Score, der verschiedene Einflüsse der Weltmusik aufgreift und hervorragend mit dem Seelenleben der Figuren korrespondiert. Als sich z.B. die beiden Väter des jungen Paares bei einer Flasche Schnaps ihre jeweiligen Landes-Uniformen vorführen, bläst der Soundtrack der Szene buchstäblich und mit ironischer Intonation den Marsch. Und wenn sich Mohsen seine Zukunft mit Ana vorstellt, mutet es an wie eine Szene aus einem Bollywood-Film mit der entsprechenden Musik zu einer indischen Tanzformation. Askin arbeitete hier bereits zum dritten Mal mit der Produktionsfirma Dreamer Joint Venture zusammen (LOST CHILDREN, 2006 und LEROY, 2008), die ihm erneut die Gelegenheit bot, die Story des Films mit seinem originellen Musikkonzept zu verweben. Hier öffnet sie den Raum zur Phantasie und das Herz des Zuschauers. Beste Filmmusik – Ali N. Askin –AYLA (2010) – SALAMI ALEIKUM (2009) – LEROY (2007) – LOST CHILDREN (2005) Foto: © Uwe Stratmann 41 SCHWERKRAFT Er ist so ein Typ, der sich erstmal die Getränkekarte kommen lässt, wenn er in einer Kneipe am Tresen sitzt und was bestellen möchte. Und da, wo alle Bier trinken, bestellt er das „Blaue Wunder“ – irgendein giftig ausschauendes Mixgetränk. Dieser Typ ist Frederik Feinermann (Fabian Hinrichs, Beste darstellerische Leistung – männliche Hauptrolle), ein feiner Mann, Bankangestellter, akkurat mit Anzug und Krawatte, in seiner Wohnung ist alles zwanghaft sortiert: Die Hemden auf den Kleiderbügeln im Schrank – eins wie das andere, die Küchenmesser an der entsprechenden Vorrichtung an der Wand – nach der Größe ausgerichtet, und das Bettzeug sorgfältig auf Kante gelegt. Bei seinem Versuch, normal zu leben, verschafft sich Feinermann eine berechenbare Umwelt, aber sein irrlichtender Blick verrät das Unberechenbare. Als sich ein bankrotter Bankkunde vor seinen Augen erschießt, kündigt er innerlich, hebt alle Schranken auf und gibt seiner Sehnsucht nach einem ganz anderen, intensiven Leben freien Lauf. Regisseur Maximilian Erlenwein hat die Wandlung des sich selbst kontrollierenden Bankangestellten zum lebenswütigen Anarchisten für Fabian Hinrichs geschrieben. Seit der Zusammenarbeit zu seinem Kurzfilm BLACKOUT (Berlinale, Perspektive Deutsches Kino 2005) stand für Erlenwein fest, dass er noch einmal einen Film mit Fabian Hinrichs in der Hauptrolle machen wollte. Damals haben sie zusammen in einer WG in Berlin-Prenzlauer Berg gewohnt, wo Erlenwein die Spannbreite der nebeneinander liegenden Gefühlsregungen in Hinrichs Gesicht optimal studieren und als Inspiration für die Rolle nutzen konnte. Wenn Hinrichs als Feinermann sich die Unterlippe wegbeißt, dass nur noch ein Strich zu sehen ist, möchte man seine Gedanken lesen können. Er bleibt rätselhaft. Hinrichs ist groß, jedenfalls nicht klein, dünn, sein Körper ist voller Spannung, er wirkt kontrolliert in seinen Bewegungen und hat trotzdem noch etwas sehr Kindliches. Die Berliner „taz“ fand, dass er mit Strickmütze und Rucksack aussieht „wie ein Schuljunge nach einem grotesken Wachstumsschub“. Diese Eigenheiten gepaart mit dem schauspielerischen Potenzial, das Hinrichs auch regelmäßig auf der Theaterbühne unter Beweis stellt, prädestinieren ihn für den Feinermann. Beste männliche Hauptrolle – Fabian Hinrichs – 66/67 (2009) – BELLA BLOCK „BLACKOUT“ (2006 / TV) – SOPHIE SCHOLL (2005) – SCHUSSANGST (2003) Foto: © Thomas Leidig 42 Deutscher Filmpreis 2010 SO GLÜCKLICH WAR ICH NOCH NIE In die Boutique stolzierend, mit seinem grünen Pullöverchen über die Schultern gebunden, sieht er aus wie der gutgelaunte Gewinner-Typ. Irrtum. Später weiß man, es ist eines seiner vielen Spielchen. Er wollte reich, lässig und generös aussehen, um ganz souverän mit seiner ungedeckten Kreditkarte einkaufen zu können. Devid Striesow (Beste darstellerische Leistung – männliche Hauptrolle) spielt in Alexander Adolphs Film SO GLÜCKLICH WAR ICH NOCH NIE den Hochstapler Frank Knöpfel, der eine „neue Geschäftsidee“ entwickelt hat. So nennt er es jedenfalls, als er der hübschen Kundin Tanja (Nadja Uhl) in der Boutique die Scheu nehmen will, sein Geschenk anzunehmen, ihr diesen wahnsinnig schönen (und wahnsinnig teuren) Mantel zu kaufen, den sie gerade anprobiert. Knöpfel hat einfach zu viel Phantasie, die ihn in den verschiedensten Rollen kreativ werden lässt, immer auf Abruf, spontan überzeugend. So macht er sich mit seinen Geschichten das Leben schön und sichert damit auch seine Existenz. Als Knöpfel in seinem Job bei „Blitzputz“ bei einem Anwalt das erste Mal putzen geht, sagt dieser zu ihm: „Sie haben so ein ganz altmodisches, offenes, feines Gesicht. Großartig.“ Ja, großartig. Devid Striesow gibt seinen und damit Knöpfels Rollen die verschiedensten Gesichter, jedes eine Visitenkarte. Es ist ein betroffenes und schuldbewusstes Gesicht, wenn er seinen Bruder im Krankenhaus besucht; ein ehrgeiziges und überzeugendes, wenn er den Anlageberater mimt; bei Tanja, die ihn als einzige durchschaut, hat er jedes Mal ein anderes – und am Ende hat er das selige Gesicht zu dem Satz: „So glücklich war ich noch nie!“ Welches von all den Gesichtern zu Frank Knöpfel gehört, kann der Zuschauer in wenigen Szenen erahnen. Einmal fragt die Frau seines Bruders, warum er so oft in den Spiegel schaut. Natürlich ist er eitel und testet die Wirkung seiner Spielchen. Aber vielleicht sucht er einfach nur sich selbst. Devid Striesow gab 2000 unter der Regie von Rainer Kaufmann in KALT IST DER ABENDHAUCH sein Kinodebüt. Seitdem hat er in unzähligen Fernseh- und Kinofilmen mitgespielt, 2007 erhielt er den Deutschen Filmpreis für seine Rolle als SS-Offizier Friedrich Herzog in Stefan Ruzowitzkys Oscar-Gewinner DIE FÄLSCHER. Beste männliche Hauptrolle – Devid Striesow – DREI (AT) (2009) – YELLA (2006) – DIE FÄLSCHER (2006) – LICHTER (2003) Foto: © Max Trebus 43 SOUL KITCHEN Super Tausch: Kitchen gegen Kittchen! Der Deal ist, wenn Zinos (Adam Bousdoukos) das Papier seines Bruders Illias (Moritz Bleibtreu) unterschreibt, dass er in der Küche seines Restaurants Soul Kitchen arbeitet, wird Illias zum Freigänger und kann jeden Tag raus aus dem Kittchen, solange die Kitchen geöffnet ist. Selbstverständlich will Illias gar nicht arbeiten, er braucht nur die Unterschrift – und bekommt sie auch. Fatih Akin (Bester Spielfilm) wollte mit SOUL KITCHEN einen Film über das Feeling in seiner Heimatstadt Hamburg drehen, die so inszeniert in keinem Reiseführer der Stadt zu finden ist. Das Restaurant Soul Kitchen legte Akin ins Arbeiterviertel Hamburg- 44 Wilhelmsburg, ein Bezirk, der ihn ein bisschen an Ottensen (wo er lebt) erinnert, wie es vor zwanzig Jahren noch war: ohne schicke Cafés, ohne die hohen Mieten, ohne das, was Stadtsoziologen als Gentrifizierung bezeichnen. Tatsächlich ist das Soul Kitchen von Adam Bousdoukos’ griechischem Restaurant in Hamburg-Altona inspiriert, das sein Freund aus Jugendtagen und Hauptdarsteller in seinem Film noch bis vor zwei Jahren besessen und geführt hat. Neun Jahre lang waren Fatih Akin und seine Freunde Stammkunden in diesem Restaurant, das Treffpunkt eines ganz gemischten Publikums war. Viele Musiker, Künstler, Arbeiter und Studenten kamen hier zum Essen, Bier trinken und reden. SOUL KITCHEN ist eine Produktion der Firma corazón international, die Fatih Akin 2004 mit seinen Kollegen Andreas Thiel und Klaus Maeck (Bester Spielfilm) gründete, um zukünftig eigene Projekte und die talentierter Autoren und Regisseure möglichst unabhängig realisieren zu können. Bei GEGEN DIE WAND, für den Fatih Akin 2004 den Goldenen Bären, den Deutschen und den Europäischen Filmpreis gewann, war corazón schon Co-Produzent an der Seite von Wüste Film. Freund und Firmenpartner Andreas Thiel ist leider am 23.9.2006 in Istanbul verstorben, kurz vor Ende der Dreharbeiten zu AUF DER ANDEREN SEITE (R: Fatih Akin). Seitdem produzieren Fatih Akin und Klaus Maeck, der früher u.a. Manager der Einstürzenden Neubauten war, zu zweit die Filme, die ihnen am Herzen liegen. In einem Interview zu SOUL KITCHEN sagte Akin, dass das sein schwierigster Film überhaupt war: „Beim ersten Entwurf 2003 dachten wir noch, da machen wir mal einen Film zwischen Tür und Angel, drehen in 14 Tagen auf Video, nur kein Stress, es sollte fließen wie Wasser über Steine. Aber bis zu acht Hauptdarsteller im Bild verlangen sehr viel Konzentration und Zeit. In Spitzenzeiten hielten sich in dem großen Restaurant 250 Leute auf und nicht in ein, zwei Szenen, sondern fast täglich.“ Und Komödien zu drehen, ist auch schwierig. Komödie kann nicht jeder. Fatih Akin kann es! Zum ersten Mal seit seiner Studentenzeit hat Deutscher Filmpreis 2010 Akin eine Komödie gedreht – und kommt damit beim Publikum und der Presse sehr gut an. Zur Weltpremiere beim Filmfestival in Venedig letztes Jahr erhielt SOUL KITCHEN den Spezialpreis der Jury. Wenn am Ende eines Fatih-Akin-Films der Abspann läuft, kann man sicher sein, dass sein Name auftaucht: Andrew Bird (Bester Schnitt). Der Brite, Wohnsitz in Hamburg, hat bisher alle Spielfilme von Fatih Akin geschnitten und arbeitete mit Juli Delpy (DIE GRÄFIN) ebenso zu- Foto: © Achim Kröpsch sammen wie mit dem globetrottenden Dokumentarfilmer Uli Gaulke (COMRADES IN DREAMS). Sein Handwerk lernte Bird als Schnittassistent und sammelte anschließend erste Erfahrungen bei Low Budget-Projekten. Mitte der Neunziger machte Produzent Ralph Schwingel (Wüste Film) ihn mit Fatih Akin bekannt, als der einen Cutter für seinen ersten Kurzspielfilm SENSIN – DU BIST ES! (1995) suchte. Seitdem wissen die beiden, was sie aneinander haben, vor allem, wenn es um das richtige Timing geht. Ob eine Komödie funktioniert, hängt natürlich von vielen Faktoren ab, aber vor allem vom Schnitt. Oft kann man beim Drehen am Set noch gar nicht beurteilen, ob der Lacher an der richtigen Stelle sitzt. Szenen, die am Set lustig sind, bei denen alle gelacht haben, können – im Film falsch platziert – zum Rohrkrepierer werden. Doch da muss man sich bei Andrew Bird keine Sorgen machen: Hier passt alles, wackelt und hat Luft zum Lachen! Bester Spielfilm – Fatih Akin Bester Spielfilm – Klaus Maeck Bester Schnitt – Andrew Bird – SOUL KITCHEN (2009) –AUF DER ANDEREN SEITE (2007) – CROSSING THE BRIDGE (2005) – GEGEN DIE WAND (2004) – SOUL KITCHEN (2009) –AUF DER ANDEREN SEITE (2007) – CROSSING THE BRIDGE (2005) – GEGEN DIE WAND (2004) – SHE, A CHINESE (2009) – THE COUNTESS (2008) – COMRADES IN DREAMS (2006) – GEGEN DIE WAND (2004) Foto: © Achim Kröpsch Foto: © FFHSH/Mano Schröer 45 STURM Es beginnt idyllisch. Also trügerisch. Auch wenn noch niemand den Regisseur HansChristian Schmid auf ein Genre festlegen konnte, so wusste man von seinem ersten auf europäischer Ebene aufwändig produzierten Film, dass er Genreelemente enthalten musste. Das hat schon das Thema verlangt. Ein Film über eine Staatsanwältin am Kriegsverbrechertribunal in Den Haag: Das ist ein Polit-Thriller. Oder ein Court-Room-Drama. Oder beides. Oder, weil es auch ein Film von Hans-Christian Schmid ist, beides und eine menschliche Tragödie mit einem Hoffnungsschimmer. Also ein trügerischer Beginn. An einem spanischen Urlaubsstrand spielt eine scheinbar ganz normale Familie. Doch aus der amüsierten Beobachterperspektive des Publikums wird bald der unerbittliche Blick der internationalen Fahndung. 46 Schon am nächsten Morgen wird der Vater im vermeintlich gemütlichen Urlaubsbett überwältigt und verhaftet. Er wird eines schweren Kriegsverbrechens im Bosnien-Krieg angeklagt. Und hat von diesem Moment an ein anderes Gesicht. Nicht nur – und vor allem nicht nur –, weil sein Bart abrasiert wurde. Und noch etwas ist trügerisch. Nämlich die juristische Ausgangssituation. Für die Staatsanwältin (großartig gespielt von Kerry Fox) sieht der Fall anfangs noch nach Routine aus. Die Fakten sind recherchiert – und die Aussage eines Kronzeugen wird die gerechte Verurteilung beschleunigen. Doch der Kronzeuge sagt eine Wahrheit, die er nicht belegen kann. Er zerstört dadurch den Prozess anstatt ihn nach vorne zu bringen. Als er sich umbringt, dreht sich der Wind – gegen die Staatsanwältin, die nun erst beginnt, den Fall wirklich und bedingungslos aufzuklären. In der Schwester des toten Zeugen sucht sie die Verbündete, die der Bruder sein wollte – und findet sie schließlich auch in ihr. Dass jetzt die Zwänge EU-eigener Außen- und Integrationspolitik neue Hürden bauen, macht die Geschichte nicht weniger spannend. In diesem im Leben oft nicht vermittelbaren, im Kino umso aufregenderen Geflecht von Fakten, Gefühlen, Konditionen und Imponderabilien verschafften sich Hans-Christian Schmid und Bernd Lange (Bestes Drehbuch) erst einmal in jahrelangen Recherchen einen Überblick, um diesen dann nicht nur bis Drehschluss zu behalten, sondern auch noch mit der raffinierten Kombination der beschriebenen Elemente dramaturgisch zuzuspitzen. Die Geschichte zweier Frauen – nämlich der sowohl moralisch als auch vom Ehrgeiz getriebenen Staatsanwältin und der Zeugin, die zwischen ihrem neuen, endlich friedlichen Leben und der schmerzlichen Erinnerung an das ungesühnte Verbrechen gegen die Menschlichkeit hin- und hergerissen ist – haben sie zu einem Kinofilm geformt, der spannend und aufwühlend zugleich ist. Zu einem Film, der mindestens so viele Fragen aufwirft wie er beantwortet, aber dabei nie seinen Fokus verliert: „Die Reisen nach Den Haag und Bosnien und die Gespräche und Eindrücke nützten uns, um unsere Geschichte auf ihre Wahrhaftigkeit zu prüfen. Stimmt unsere Vorstellung mit der Realität überein? Bezieht sich unser Drehbuch auf Deutscher Filmpreis 2010 wirkliches Leben? Dadurch kann man im fertigen Film gar nicht explizit zwischen Fiktion und Realität unterscheiden, denn wir versuchen nur so etwas wie eine verdichtete Realität herzustellen“, beschreibt der Autor Bernd Lange, mit dem Schmid schon für das Buch zu REQUIEM zum Deutschen Filmpreis nominiert war, den Weg dorthin. Was schon auf dem Papier gelungen war, hat Hans-Christian Schmid (Beste Regie) als Regisseur auf einer auch für ihn handwerklich neuen Ebene umgesetzt. Als Spezialist für das Einzigartige im Provinziellen war er natürlich in den weit wirkenden, aber eng begrenzten Ebenen der europäischen Bürokratie bei seinem Thema in multinationaler Anmutung angekommen. Aber die eigentlich merkwürdigen Orte – wie zum Beispiel Gerichtssäle von der Dimension einer Lokalredaktion – und eine außergewöhnliche Mischung an Schauspielern aus aller Damen und Herren Länder, stellten für den Regisseur neue, aber äußerst reizvolle Herausforderungen dar. „Es war uns wichtig, dass sich die Internationalität des Tribunals auch in der Besetzung widerspiegelt“, macht Schmid klar. „Beim Dre- hen versuche ich in erster Linie darauf zu achten, dass man den Figuren das, was sie tun und sagen, glaubt. Die ganze Arbeit der letzten Monate verdichtet sich in dem Augenblick, in dem eine Szene tatsächlich gedreht wird. So wach und aufmerksam, wie alle Beteiligten in diesem konzentrierten Moment sind, so gut wird später auch das Ergebnis sein.“ Zu diesem Ergebnis trägt der Schnittmeister Hansjörg Weißbrich (Bester Schnitt) seit NACH FÜNF IM URWALD ununterbrochen bei. Weißbrich, der genau seit dieser Zeit als freier Cutter auch stets für Marco Kreuzpaintner und Florian Gallenberger, aber auch für Vivian Naefe und Leander Haußmann gearbeitet hat, saß bislang bei jedem Film von Hans-Christian Schmid am Schneidetisch und ist nicht unmaßgeblich daran beteiligt, dass sich Schmids Filme durch einen sanften, aber zwingenden Rhythmus auszeichnen. Weißbrich schneidet nicht spektakulär, sondern präzise und besonnen. Für eine Geschichte mit vielen emotionalen Informationen genau richtig. Bester Spielfilm – Britta Knöller Bester Spielfilm / Bestes Drehbuch / Beste Regie – Hans-Christian Schmid – LA LISIÈRE (2010) – DIE WUNDERSAME WELT DER WASCH KRAFT (2009) – STURM (2009) –AM ENDE KOMMEN TOURISTEN (2007) Foto: © Gerald von Foris – STURM (2009) – REQUIEM (2006) – LICHTER (2003) – 23 (1999) Foto: © Gerald von Foris 47 Genau dieser Ästhetik und Arbeitsweise zollen die Mitglieder der ungewöhnlichen Independent-Band The Notwist (Beste Filmmusik) ihren musikalischen Tribut. Micha und Markus Acher sowie Martin Gretschmann, die Soundtüftler aus der bayerischen Provinz, lieferten zu STURM sicherlich einen der sparsamsten Soundtracks des Filmjahrgangs ab. Mit minimalistisch instrumentierten und produzierten Klanginstallationen mischen sie sich nur ein, wenn es dramaturgisch notwendig ist. Aber das mit Nachhaltigkeit. Hans-Christian Schmid und Britta Knöller (Bester Spielfilm) gründeten vor fünf Jahren in Berlin die Produktionsfirma 23|5 Film, für die zunächst das Exorzismus-Drama REQUIEM entstand. Danach produzierten Knöller und Schmid den in Cannes gezeigten zweiten Spielfilm des jungen Berliner Regisseurs Robert Thalheim AM ENDE KOMMEN TOURISTEN. Noch vor der europäischen Co-Produktion STURM, bei der 23|5 vor allem mit den dänischen Dogma-Erfindern von Trust Films zusammenarbeiteten und die Bestes Drehbuch – Bernd Lange Bester Schnitt – Hansjörg Weissbrich – STURM (2009) –AM ENDE KOMMEN TOURISTEN (2007) – RABENBRÜDER (2006) – REQUIEM (2004) Foto: © Sibylle Baier 48 das bislang umfangreichste Projekt der Firma darstellt, kehrte Schmid noch einmal zu seinen Anfängen als Dokumentarfilmer zurück und begleitete in dem Film DIE WUNDERBARE WELT DER WASCHKRAFT nur vermeintlich ein paar Bettlaken von Berlin in die polnische Provinz. Im Mittelpunkt auch dieser Geschichte standen – wie immer bei ihm – die Menschen. Beste Filmmusik – The Notwist – STURM (2009) – LICHTER (2003) –ABSOLUTE GIGANTEN (1998) – JOHN RABE (2008) – KRABAT (2008) – REQUIEM (2006) – LICHTER (2003) Foto: © Marco Nagel Foto: © Jon Bergman Deutscher Filmpreis 2010 THIS IS LOVE „Realität ist eine Illusion, hervorgerufen durch den Mangel an Alkohol.“ Maggie (Corinna Harfouch, Beste darstellerische Leistung – weibliche Hauptrolle) kennt sich damit gut aus. Seit ihr Mann vor 16 Jahren verschwunden ist, flüchtet sie sich gern in die eigene Welt des Alkohols, um der stupiden, oft einsamen Realität zu entgehen. Tagsüber in ihrem Job muss sie funktionieren, zum Feierabend trifft sie einen austauschbaren Liebhaber, betrinkt sich mit ihm und lässt sich gehen. Jeden morgen denkt sie dann: „Abends is’ schön, aber früh is’ scheiße.“ Maggie ist Kommissarin und braucht dafür einen klaren Verstand. So trennt sie das Tages- von ihrem Nacht-Leben relativ erfolgreich – bis ihr eines Tages Chris (Jens Albinus) im Verhör gegenübersitzt. Er ist eines Mordes verdächtig – und pflegte eine undurchschaubare Beziehung zu einem vietnamesischen Kind. Maggie spürt eine tiefere Verbindung zu dem Verdächtigen, deren Ursprung sie nicht klar bestimmen kann. Vielleicht ist es die Liebe zu einem Menschen, der nicht mehr da ist, dessen Verlust nur ein brennendes Gefühl in der Brust hinterlassen hat. Diese Ahnung gibt Maggie die Kraft, erstmals von ihrer Leidensgeschichte zu erzählen, und Chris damit aufzuschließen, auch sein Geheimnis preiszugeben. Corinna Harfouch spielt diese alkoholabhängige Frau mit einer sichtbaren Freude an dem kurzen Moment, der alle Schranken fallen lässt und ihrem Übermut genug Raum gibt. Sie rempelt gegen Türrahmen und Regale, kichert und ist laut. Aber sie fühlt sich wacher und lebendiger – wie auf einem Boot, das eine kurze Reise unternimmt. Und wenn es nicht die belebende Wirkung des Alkohols ist, der Maggies Körper außer Kontrolle bringt, dann sind es die Entzugserscheinungen danach: der Entzug der Droge, der Entzug von Liebe und die vollständige Abwesenheit von Hoffnung. Dann kneift sie die Augen zusammen und zuckt in ihren Bewegungen, alle Geschmeidigkeit ist dahin. Corinna Harfouch ist exzellent in beiden Zuständen. Beste weibliche Hauptrolle – Corinna Harfouch – THIS IS LOVE (2009) – GIULIAS VER SCHWINDEN (2009) –WHISKY MIT WODKA (2009) – FREI NACH PLAN (2009) Foto: © Dirk Dunkelberg 49 Ausgezeichnet in der Kategorie: Stil & Mode. DIE TÜR Ein lakonischer Titel für eine vielschichtige Story. Regisseur Anno Saul nennt seinen Film ein Mystery-Drama. Ein ungewöhnliches Genre für einen deutschen Film. Jedoch ein schönes Genre, um eine Geschichte, in der es um die Bewältigung einer großen Schuld geht, spannend zu erzählen. „Aber“, sagt Saul in einem Gespräch mit epd-Film, „Genrefilme sind schon schwierig in Deutschland. Man muss weit zurückgehen, um zehn erfolgreiche deutsche Genrefilme zu finden.“ Man muss aber auch weit zurückgehen, um einen deutschen Genrefilm zu finden, der das Genre und seine Gesetze so ernst und wichtig nimmt wie dieser Film, der auf einem Roman von Akif Pirinçci („Die Damalstür“) basiert, also seinerseits wieder aus einer Kunstform kommt, in der man in diesem Land noch nie Schwierigkeiten mit Genres hatte. Saul – und sein Drehbuchautor Jan Berger – erzählen die Geschichte eines Malers (Mads Mikkelsen) mit großbürgerlicher Kleinfamilie, der seine Tochter durch einen Unfall verliert, den er hätte verhindern können, wenn er nicht zu lange und zu intensiv bei der Nachbarin (Heike Makatsch) geblieben wäre. Die Tochter ist in seiner Abwesenheit im Swimmingpool ertrunken. Der Mann hat den Tod seines Kindes nicht verhindern können, weil er seine Frau (Jessica Schwarz) betrogen hat. Aus dieser Schuld bietet der Film nur den Weg über eine Tür, die zum Übergang zwischen Wirklichkeit, Wunsch und Selbsttäuschung führt. Der Film spielt auf all diesen Ebenen. Aber Genre funktioniert nicht nur über die richtige Mischung inhaltlicher Elemente. Genre braucht die handwerklich-künstlerische Unterstützung im Bild, im Rhythmus, im Ton und gerne, ja sehr gerne auch in der Musik. Anno Saul hat mit der Kamerafrau Bella Halben zusammengearbeitet, die ihm mehr Bewegungsmöglichkeiten angeboten hat als im Genre üblich. Fast die Hälfte des Films ist mit Handkamera gedreht und lässt uns den Protagonisten in Bewegung erleben. Das gab dem Schnittmeister Andreas Radtke (Bester Schnitt) die Gelegenheit, seinerseits wieder strenger in der Genreregel zu bleiben. Denn Sprünge aus den Bewegungen und extreme Perspektivwechsel steigern die Spannung. Der Film ist nicht schnell im Schnitt. Aber äußerst überraschend. Andreas Radtke, der seit knapp zehn Jahren als Filmeditor arbeitet und dabei eine auffällige Affinität zu eher unkonventionellen Filmen und Filmemachern an den Tag legt (NARREN, SCHWARZE SCHAFE, 1. MAI) hat sich mit dem Schnitt von DIE TÜR zusammen mit Berger und Saul auf ein neues Terrain begeben, in dem er sich offenbar nicht nur herausgefordert, sondern auch wohl gefühlt hat. Der Filmkomponist Fabian Römer (Beste Filmmusik) ist mit 37 Jahren schon ein echter 51 Routinier für Soundtracks im Kino wie im Fernsehen. Wobei er sich bei Letzterem auf das Lieblingskind der öffentlich-rechtlichen Fiction spezialisiert hat, den Kriminalfilm. Römer, der in Zürich geboren und als Musiker ausgebildet worden ist (Hauptinstrument: Violine), ist ein vielseitiger Komponist, der Konventionen genauso gut bedienen wie durchbrechen kann. Was gut gemachten TV-Formaten wie dem „Tatort“ oder „Der Kriminalist“ recht ist, muss einem waghalsigen Kinofilm wie DIE TÜR nicht billig sein. Regisseur Anno Saul hatte auch fürs Fernsehen schon mit Fabian Römer gearbeitet (für die Reihe „Der Kommissar und das Meer“), aber für das Mystery-Drama wollten sie etwas Neues ausprobieren. „Spannung ist auch durch Nicht-Musik herstellbar“, hat Fabian Römer einmal in einem Radio-Interview gesagt und beschreibt damit zwar nicht sein Credo, aber eine Methode der musikaischen Begleitung einer filmischen Erzählung. Musik kann auch mal genau da aufhören oder aussetzen, wo es spannend ist. In DIE TÜR geht beides. Klänge zur Spannung. Und Spannung ohne Klänge. Auf jeden Fall ist Römers Filmmusik hier besonders wirkungsvoll, weil sie anders klingt als erwartet oder gewohnt. Der Komponist hat ein Stück moderner E-Musik für ein Orchester geschrieben, das auch kontrapunktisch zur Dramatik des Films eingesetzt wird, und entsprechende technische Elemente verwendet, zum Beispiel das Schlagen der Violinsaiten mit dem Holz des Bogens, über dessen Effekt Römer in einer Bester Schnitt – Andreas Radtke Beste Filmmusik – Fabian Römer Beste Tongestaltung – Jörg Krieger – DIE TÜR (2009) – FINNISCHER TANGO (2007) – SCHWARZE SCHAFE (2005) (Montage zusammen mit Sarah Clara Weber) – EINE ANDERE LIGA (2004) – INSOUPÇONNABLE (2010) – DIE TÜR (2009) – LES FRAGMENTS D`ANTONIN (2006) – KATZE IM SACK (2004) – HIER KOMMT LOLA! (2009) – DIE TÜR (2008) – ROBERT ZIMMER MANN WUNDERT SICH ÜBER DIE LIEBE (2007) – GEGEN DIE WAND (2003) Foto: © Petra Schramböhmer 52 Deutscher Filmpreis 2010 Rezension seiner Musik so zitiert wird: „In den Suspense-Momenten erinnert dies an Ameisen, die dem Zuschauer den Rücken emporkrabbeln, kann aber in Kombination mit einem der Hauptthemen auch sehr zart sein.“ Für diese Musik hat Fabian Römer unlängst bereits den Preis der Deutschen Filmkritik erhalten. Für die Ton- und Mischmeister Richard Borowski, Jörg Krieger und Kai Storck (Beste Tongestaltung) muss es auch spannend gewesen sein, einem Film den richtigen Sound zu geben, der auch in ihrem Gebiet Neues oder zumindest Ungewöhnliches (oder besser Ungewohntes) verlangt. Und ebenso wie ihre Kolleginnen und Kollegen aus der Bild-, Schnitt- und Musikabteilung sind sie nicht der Versuchung des rein Konventionellen erlegen. Sie trimmen die Geschichte nicht vordergründig auf Spannung, sondern folgen und begleiten ihn auf der Suche nach dem Erlebnis von emotionaler Tiefe und psychologischer Dysfunktion. Beste Tongestaltung – Richard Borowski Beste Tongestaltung – Kai Storck – DIE TÜR (2009) – SOUL KITCHEN (2009) – GEGEN DIE WAND (2004) – STAMMHEIM (1986) – 12 METER OHNE KOPF (2009) – DAS FREMDE IN MIR (2008) – EMMAS GLÜCK (2006) – GOLDENE ZEITEN (2005) Foto: © Michael Bahlo 53 VISION – AUS DEM LEBEN DER HILDEGARD VON BINGEN Hildegard von Bingen gehörte zu den faszinierendsten Frauenfiguren des Mittelalters. Sie war Äbtissin, Seherin und Heilkundige. Beim Papst setzte sie die Akzeptanz ihrer Visionen als göttliche Gnade durch und gründete ein eigenes Frauenkloster. Margarethe von Trotta hat Hildegard von Bingen mit dieser aufwändigen Inszenierung erstmals ein filmisches Denkmal gesetzt. Barbara Sukowa ist Hildegard von Bingen, Hannah Herzsprung (Beste darstellerische Leistung – weibliche Nebenrolle) spielt die Novizin Richardis. Als Richardis im Alter von 16 Jahren ins Kloster kommt, hat sie mit ihrer lebendigen Offenheit zunächst ein wenig mit dem Schweigegebot zu kämpfen. Mönch Volmar (Heino Ferch) kommentiert: „So einen kleinen Dämon können wir hier sicher gut gebrauchen.“ Hannah Herzsprung als liebevolle und doch ei54 genwillige Schülerin tut diesem Klosterleben gut. Für die Leute vom Szenen- und Kostümbild ist jeder historische Stoff eine besondere Herausforderung. Zumal, wenn die Geschichte im 12. Jahrhundert spielt. Als Überlieferungen und Zeugnisse dieser Zeit können nur wenige Schriften und Gemälde dienen. Die Kostümbildnerin Ursula Welter (Bestes Kostümbild) und ihre jahrelange Assistentin Esther Amuser haben im Vorfeld lange recherchiert und sich viele Bilder angeschaut. Ursula Welter gilt als eine Expertin für historiBeste weibliche Nebenrolle – Hannah Herzsprung – VISION – AUS DEM LEBEN DER HILDE GARD VON BINGEN (2009) – LILA, LILA (2009) – 4 MINUTEN (2006) – DAS WAHRE LEBEN (2005) sche Kostüme und wusste genau, was sie hier tat. Nonnen sind, von hinten und von der Seite angesehen, kaum unterscheidbar. Jedes Gewand ist gleich, der Rest Individualität bleibt nur in den Augen und im Gesicht zu lesen. Auch das war eine Herausforderung. Nur wenn die Geschichte die Klostermauern verlässt, konnte die Kostümbildnerin mit bunten Gewändern, schönen Hüten, Schmuck und Handschuhen farbliche Akzente setzen. Leider verstarb Ursula Welter vor drei Monaten, am 29. Januar 2010, viel zu früh. Bestes Kostümbild – Ursula Welter (†) – VISION – AUS DEM LEBEN DER HILDE GARD VON BINGEN (2009) – DER RÄUBER HOTZENPLOTZ (2005) – DAS WUNDER VON BERN (2002) – DIE FLAMBIERTE FRAU (1982) Foto: © Mathias Bothor Deutscher Filmpreis 2010 DAS WEISSE BAND Der Regisseur und Autor Michael Haneke (Beste Regie, Bestes Drehbuch) hat sich bekanntlich schon immer für menschliche Abgründe, für die Untiefen der Psyche, ihre Auswirkung auf die Gesellschaft und umgekehrt interessiert. Seine Filme wurden gern – und manchmal ein wenig vordergründig – als kalt, kopflastig und gefühlsarm charakterisiert. Wobei nicht selten die Themen, die Protagonisten oder ihre im Film erzählten Taten mit den Vorlieben und Eigenschaften des Filmemachers selbst allzu leichtfertig identifiziert oder gar verwechselt wurden. Keine Frage: Die Filme von Michael Haneke, des in Deutschland geborenen Österreichers, der auch und besonders in der französischen Kinematografie zu Hause ist, sind streng, sie sind beobachtend und analytisch, sie verlangen dem Publikum mehr ab als den Wunsch zur Zerstreuung, aber sie können all das, weil Haneke selbst die Mittel des Kinos im mehrfachen Wortsinn beherrscht und sie mitunter auf eigenwillige Weise anwendet. Aber das bedeutet nicht, dass seine Filme sich vom Kino entfernen. Sie machen es reicher. Und sie lassen eben neben den Gedanken und den Irritationen doch Gefühle zu. Wie anders wäre es zu erklären, dass man zum Beispiel in den Szenen, in denen der zu Beginn des Films verletzte Arzt nach seiner Rückkehr aus dem Sanatorium seine Haus- und Liebesdienerin behandelt wie ein Stück Vieh, beim Zuschauer solche Sympathien, Antipathien, Wut oder gar verzweifeltes Lachen evozieren. Haneke hat diesen Unmenschen mit Rainer Bock (Beste darstellerische Leistung – männliche Nebenrolle) besetzt, was besagte Wirkung ebenso verstärkt wie die Besetzung der Haushälterin (die auch die Nachbarin ist) mit Susanne Lothar (Beste darstellerische Leistung – weibliche Hauptrolle). Bock ist das Böse nicht ins Gesicht geschrieben. Bester Spielfilm – Stefan Arndt Beste Regie / Bestes Drehbuch – Michael Haneke – CACHÉ (2004) – DIE KLAVIER SPIELERIN (2000/2001) – CODE INCONNU (1999/2000) – FUNNY GAMES (1997) Foto: © Jim Rakete Foto: © Brigitte Lacombe 55 Bocks Figur eröffnet den Film als Opfer – und wirkt anfangs genau so, wie man sich einen vertrauenswürdigen Arzt auf dem Lande vorstellt. Während Susanne Lothar äußerlich wie ein Opfer wirkt, als solches ganz offensichtlich auch von dem Arzt missverstanden wird und sich als starke Frau und Mutter erweist – und ein Geheimnis behält. DAS WEISSE BAND kommt daher wie eine Kriminalgeschichte. In einem kleinen, protestantischen Dorf irgendwo in Norddeutschland kurz Foto: © Elfie Semotan 56 vor Beginn des Ersten Weltkrieges mehren sich geheimnisvolle Greueltaten vor allem an Kindern. Die Polizei steht vor einem Rätsel. Die Dorfbewohner verdächtigen die üblichen Verdächtigen – und der junge Dorflehrer nähert sich der möglichen Wahrheit deutlich, aber unbewusst. Im Mittelpunkt steht die Familie des Dorfpfarrers, gespielt von Burghart Klaußner (Beste darstellerische Leistung – männliche Hauptrolle), der seine Familie führt wie der Teufel die armen Seelen – streng, selbstgefällig, herzlos, Beste weibliche Hauptrolle – Susanne Lothar Beste männliche Hauptrolle – Burghart KlauSSner – DAS SCHLOSS (KAFKA) (1997) – FUNNY GAMES (1997) – ENGELCHEN (1996) – EISENHANS (1983) – DER MANN VON DER BOTSCHAFT (2006) – REQUIEM (2006) – DIE FETTEN JAHRE SIND VORBEI (2004) – KINDERSPIELE (1992) Foto: © Getty Images / Andreas Rentz grausam. Klaußner macht nicht nur den Filmkindern Angst. Er spielt die für diese Zeit und diese Schicht so typische und verhängnisvolle Mischung aus Bigotterie und Brutalität präzise, leise und mit einer irritierenden Tragik. Auf den ersten Blick scheinen sich die Kinder zu fügen. Vor allem die älteste Tochter, gespielt von Maria Victoria Dragus (Beste darstellerische Leistung – weibliche Nebenrolle), verhält sich, als könne sie kein Wässerchen trüben. Und doch ist sie es, die aus der Kriminalgeschichte „eine deutsche Beste weibliche Nebenrolle – Maria Victoria Dragus – DANCE ACADEMY (2009 / TV) – DAS WEISSE BAND (2008) – SOKU LEIPZIG (2007 / TV) – DU BIST NICHT ALLEIN (2006) Foto: © Anette Daugardt Deutscher Filmpreis 2010 Kindergeschichte“ macht – und umgekehrt. Die heute Fünfzehnjährige wurde vor zwei Jahren bei einem aufwändigen Kindercasting entdeckt, möchte eigentlich Tänzerin werden und war schon in verschiedenen TV- und Kinoproduktionen zu sehen. Ihre enigmatische Mimik wird natürlich durch die filmische Welt, die Michael Haneke hat erschaffen lassen, sehr stark unterstützt. Alle Kinder in dieser Geschichte, die so nachhaltig von deren Zukunft erzählt, indem sie deren Gegenwart auseinandernimmt, hinterlas- sen einen ungeheuren und ungeheuer starken Eindruck. Das ist die einmalige Verbindung von schauspielerischer Begabung, inszenatorischer Genauigkeit und einem Masken- und Kostümbild-Konzept, das klar ist, zurückhaltend und auf den Punkt. Anette Keiser und Waldemar Pokromski (Bestes Maskenbild) haben hier mit der theatererfahrenen Kostümbildnerin Moidele Bickel (Bestes Kostümbild) hervorragend zusammengearbeitet. Keiser und Pokromski (Letzterer übrigens seit nunmehr fünfundzwanzig Jahren Beste männliche Nebenrolle – Rainer Bock – UNKNOWN WHITE MALE (2010) – VICTOR KAUFMANN (2009) – IM SCHATTEN (2009) – DAS WEISSE BAND (2008) Foto: © Thomas Dashuber Foto: © WEGA Film Wien auch als Experte für sehr spezielle Masken im deutschen und internationalen Kinogeschäft unterwegs) geben den Figuren und ihren Gesichtern in den Schwarz-Weiß-Bildern von Kameramann Christian Berger (Beste Kamera / Bildgestaltung) eine schmutzige Unschuld, die eben auch das Gegenteil sein kann. Moidele Bickel, die viel an der Berliner Schaubühne gearbeitet hat und 1994 für das Kostümbild des Patrice-Chereau-Films LA REINE MARGOT für einen Oscar nominiert war, macht aus dem naturgemäß kargen Angebot Beste Kamera – Christian Berger Bester Schnitt – Monika Willi – CACHÉ (2005) – LA PIANISTE (2001) – HANNA MONSTER, LIEBLING (1988/1989) – RAFFL (1983/1984) – WORKINGMAN´S DEATH (2004) – DIE KLAVIER SPIELERIN (2001) – NORDRAND (NORT HERN SKIRTS) (1999) – SUZIE WASHINGTON (1997) Foto: © Stefan Olah 57 von Kostümen zu dieser Zeit an diesem Ort einfach das Beste. Strenge und Nachlässigkeit, Dekadenz und pure Armut kleiden die Figuren wie sie sind. Diese Kargheit, die ja sowohl etwas mit der Landschaft, in der der Film spielt, als auch mit dem Geist, den er erzählt, zu tun hat, gibt natürlich auch das Kriterium für die Arbeit von Christoph Kanter (Bestes Szenenbild) vor. Der Wiener Filmarchitekt arbeitet seit Anfang der achtziger Jahre als Set-Designer für Kino und TV Beste Tongestaltung – Guillaume Sciama – DIE KLAVIER SPIELERIN (2001) – CAMILLE CLAUDEL (1989) – DIE BARTHOLO MÄUSNACHT (1994) – INDOCHINE (1992) in ganz Europa und hat die Arbeit von Michael Haneke in eigentlich jeder Phase begleitet. Für DAS WEISSE BAND erschuf er Orte und Räume, in denen eine Bedrohung für Leiber und Seelen buchstäblich zu Hause war. Ob in der Kirche oder der Küche, ob im Arbeitszimmer oder im Musiksalon. All dies hat sein Landsmann, der Kameramann Christian Berger, in seinen großartigen SchwarzWeiß-Bildern nicht nur abgebildet, sondern erzählt und spürbar gemacht. Berger, der wie Kanter zum festen Team Hanekes gehört, aktiver Professor an der Filmakademie Wien sowie auch Produzent und Autor ist, dem es als Kameramann wichtig ist, alles selbst zu gestalten und beim Drehen „mit den Schauspielern zu atmen“, hat die Entscheidung seines Regisseurs, den Film in Schwarz und Weiß zu denken (gedreht wurde ja auf Farbmaterial), von Anfang an verstanden: „Es ist einfach eine größere Abstraktion. Der Zuschauer muss mehr im Kopf fertigstellen.“ Ihn dabei zu unterstützen, anzuregen und Beste Tongestaltung – Jean-Pierre Laforce Bestes Szenenbild – Christoph Kanter – SHADOW OF THE SWORD (2004) – ERBSEN AUF HALB 6 (2003) – DIE KLAVIER SPIELERIN (2000) – FUNNY GAMES (1997) – DIE KLASSE (2008) – FUNNY GAMES U.S. (2007) – POLA X (1999) – DAS LEBEN IST EIN CHANSON (1997) Foto: © Alexander Fischerkoesen 58 Deutscher Filmpreis 2010 dem Film den Rhythmus zu geben, der den Kopf und auch das Herz berührt, war die Aufgabe der Schnittmeisterin Monika Willi (Bester Schnitt). Auch für Willi, die auch öfter mit Michael Glawogger zusammengearbeitet hat, ist das nicht die erste Kooperation mit Haneke. Das Verständnis für die Welt des Regisseurs als Wille und Vorstellung ist auch im Schnitt spürbar. DAS WEISSE BAND kündigt das kommende Getöse in Europa und dem Rest der Welt in der ersten Hälfte des Jahrhunderts an – und ist dabei doch ein stiller Film. Für den Klang der Stille vor den Schüssen und die Kakophonie in der Scheinidylle waren Guillaume Sciama und Jean-Pierre Laforce (Beste Tongestaltung) zuständig. Mit Sorgfalt – und in aller Ruhe. Für den Produzenten Stefan Arndt (Bester Spielfilm), der bereits für die US-Version von FUNNY GAMES mit Haneke gearbeitet hatte, war diese Produktion eine besondere Erfahrung. Nicht wegen der vielen Preise, die der Film international bereits errungen hat. Bestes Kostüm – Moidele Bickel Beste Maske – Waldemar Pokromski – DAS WEISSE BAND (2008) – DIE BARTHOLO MÄUSNACHT (1994) – DIE MARQUISE VON O... (1976) Foto: © RUTHWALZ – DAS WEISSE BAND (2008) – KATYN (2007) – DER PIANIST (2002) – FUNNY GAMES (1997) Arndt berichtet voller Enthusiasmus von der Zusammenarbeit mit seinen österreichischen (Veit Heiduschka) und französischen Partnern (Margaret Menegoz). Er habe hier gemeinsames Filmemachen in Europa mit gegenseitigem Respekt und auf Augenhöhe erleben dürfen, sagt Arndt, der eine außergewöhnlich starke deutsche Beteiligung für dieses Projekt gestemmt hat – finanziell und kreativ. Beste Maske – Anette Keiser – DIE PERLMUTTER FARBE (2008) – BAADER MEINHOF KOMPLEX (2007) –ANONYMA (2007) – (T)RAUMSCHIFF SURPRISE (2003) Foto: © Josef Fischnaller 59 WHISKY MIT WODKA Das Drehbuch zu diesem Film hat die Wirklichkeit geschrieben. Aber erstens ist das fast immer so, und zweitens trifft es auf die Drehbücher von Wolfgang Kohlhaase (Bestes Drehbuch) besonders zu. Das liegt vor allem daran, dass es kaum ein Autor so gut versteht, aus der Wirklichkeit Kunst zu machen. Seine unerreichten Dialoge klingen, als seien sie dem Volk direkt aus dem Mund geraubt, und können doch nur so klingen, weil der Autor Kohlhaase ihnen seinen ganz eigenen Sound verpasst hat. Die Geschichte von WHISKY MIT WODKA hat sich natürlich auch nicht so zugetragen, wie Andreas Dresen sie in seiner Satire über den Jahrmarkt der Eitelkeiten und Kränkungen erzählt, aber Wolfgang Kohlhaase kennt eine solche aus der Historie der DEFA. Ende der fünfziger Jahre musste der große Regisseur Kurt Maetzig tatsächlich einmal dieselbe Maßnahme ergreifen wie sein von Sylvester Groth gespielter Kollege beim Film im Film an der Ostsee: Weil der Hauptdarsteller seine Trinkgewohnheiten nicht unter Kontrolle hatte, wurde der Film doppelt gedreht – mit einem weniger bekannten Ersatz, der zwar immer auch vor der Kamera stehen musste, aber womöglich am Ende nie auf der Leinwand zu sehen sein wird. Eine demütigende Situation für beide Schauspieler übrigens. Wie der Star mit dieser Demütigung umgeht, zeigt Henry Hübchen (Beste darstellerische Leistung – männliche Hauptrolle) als Otto Kullberg in einer Paraderolle. Der Schauspieler, der wie kaum ein Zweiter für das von Persönlichkeiten geprägte Theater des VolksbühnenHelden Frank Castorf steht und gleichzeitig seit den siebziger Jahren sowohl im DEFA-Kino als auch im deutschen Film nach der Wende seine unverkennbaren Spuren hinterlassen hat, scheint all diese Erfahrungen in die Rolle des eitlen und begabten Säufers zu legen. Er lässt niemanden im Team zu kurz kommen – vom ProBestes Drehbuch – Wolfgang Kohlhaase – SOMMER VORM BALKON (2005) – DER AUFENTHALT (1982) – SOLO SUNNY (1980) – ICH WAR NEUNZEHN (1968) Foto: © Inge Zimmermann 60 Deutscher Filmpreis 2010 duzenten über den Regisseur bis zu den Hauptund Nebendarstellerinnen – und hat am Ende selbst am meisten davon. Und er hält sich den Konkurrenten vom Leib, indem er ihn besonders heftig umarmt. Er spielt den Besoffenen, wenn er nüchtern ist – und steht wie eine Eins bei über zwei Promille. Henry Hübchen hat Übung mit der Rolle des Stehaufmännchens. Für ALLES AUF ZUCKER! von Dani Levy gab es dafür eine LOLA. In WHISKY MIT WODKA ist es fast noch schwerer, die Würde zu wahren. Hübchen schafft das. Beste männliche Hauptrolle – Henry Hübchen – LILA, LILA (2009) –ALLES AUF ZUCKER! (2005) – SONNENALLEE (1998) – JACOB DER LÜGNER (1975) Dabei stehen ihm die besagten Sätze von Wolfgang Kohlhaase kollegial zur Seite. Kohlhaase, der nun seit weit über fünfzig Jahren Drehbücher und dabei immer auch ein bisschen Filmgeschichte schreibt (von Konrad Wolfs ICH WAR NEUNZEHN oder SOLO SUNNY über Frank Beyers DER AUFENTHALT bis zu Andreas Dresens SOMMER VORM BALKON), konnte natürlich ebenso aus dem Vollen schöpfen wie die der Hauptdarsteller. Er kennt die psychischen Sollbruchstellen eines Filmteams, hat die Diskussionen zwischen Produktion und Regie im Ohr und somit im Hirn – und weiß ganz genau, wo Schauspieler und KameraAssistenten plötzlich zu Konkurrenten werden. Obwohl er das eher aus seiner Arbeit als Regisseur (INGE, APRIL UND MAI) kennt. Als Autor ist er nicht oft am Set, weil „Autoren, die am Drehort auftauchen, von einem Teil der Veranstaltung oft als störend empfunden werden“, wie er dem „Spiegel“ einmal verriet. Hauptsache, sie schreiben Sätze wie diesen: „Ich hab mich damals auf dem Klo gebildet. Leider konnte ich nicht so viel scheißen, wie ich hätte lesen sollen“, lässt Kohlhaase Hübchens Figur sagen. Foto: © Thomas Leidig/Roba Press 61 WICKIE UND DIE STARKEN MÄNNER Eigentlich ist das alles ganz einfach: Michael Bully Herbig denkt daran, was ihm gefällt oder in seiner Kindheit besonders gut gefallen hat. Dann denkt er daran, was anderen daran heute noch gefallen könnte. Dann denkt er daran, was er besonders gut kann. Und dann setzt er das, was er besonders gut kann, besonders gut mit Liebe und Witz um. Daraus wurden bisher immer Filme, die besonders gut gemacht waren, besonders gut aussahen, besonders gut ankamen und besonders beliebt waren: WICKIE UND DIE STARKEN MÄNNER ist dafür wieder ein besonders gutes Beispiel. Und noch einfacher das Prinzip: Never change a winning team! Für die reale Adaption einer liebevoll, aber ziemlich einfach animierten Zeichentrickserie aus den 70er Jahren, in der ein Held im Mittelpunkt stand, der Angst vor Wölfen und Piraten hatte, aber immer eine gute Idee (hier wehte der Zeitgeist mit Windstärke 13), arbeitete er wieder mit den Leuten zusammen, die schon seine ersten Erfolge zum Glänzen, zum Klingen und zum Swingen gebracht hatten. Nur der Production Designer Matthias Müsse (Bestes Szenenbild) war neu. Allerdings hatte der Filmarchiekt, der als bevorzugte Arbeitsbereiche „Historisches, Skurriles und Mysteriöses“ angibt, auch schon das Schloss gebaut, durch das Bully dereinst als Gespenst Hui Buh toben durfte. Um sich für den Bau des Wikingerdorfes Flake inspirieren zu lassen, ging er allerdings nicht ins Völkerkundemuseum, sondern schaute genau auf die alten Zeichentrickfilme. Und gebaut wurde auch nicht an norwegischen Fjorden. Und auch nicht in der mitunter noch unberührten wilden Natur Schottlands oder Irlands, wo man sich zunächst von Filmen wie BRAVEHEART hingezogen fühlte. Gebaut wurde am Ende vor der Haustür, am Walchensee in Oberbayern. Schließlich hatte hier bereits vor fünfzig Jahren Kirk Douglas ein Wikingerboot für Hollywood gesteuert. Bestes Szenenbild – Matthias Müsse – WICKIE UND DIE STARKEN MÄNNER (2009) – HUI BUH (2006) – NAPOLA (2004) – DAS JESUSVIDEO (2002 / TV) 63 Georg Korpás (Bestes Maskenbild) hatte schon vor Jahren Apahachi die Perücke gemacht und Winnetouch (vermutlich) die Fingernägel. Die Masken für Halvars verrückte Truppe kamen natürlich auch vom Storyboard der Serie – und schafften den Wiedererkennungseffekt derselben bei kindlichen Fans schon im Kinotrailer. Da zu den Lieblingsaufgaben des Münchner Maskenbildners mit der Vorliebe für selbstgebaute Special Effects nach eigenen Angaben un- 64 ter anderem „Narben, Messerstiche, Hautkrankheiten, Mutationen oder besonders schöne oder hässliche, vergilbte Zähne oder Zahnfehlstellungen“ gehören, mussten die Frisuren, Bäuche und Gesichter der Kinder und Männer aus Flake und rund um den schrecklichen Sven ja geraten. Der Filmemacher Bully Herbig und sein Filmkomponist Ralf Wengenmayr (Beste Filmmusik) passen und arbeiten auch deshalb so gut zusammen, weil sie mindestens eine künst- lerische Gemeinsamkeit haben – sie machen aus Adaptionen immer etwas Eigenes, etwas Originäres. Natürlich gab es auch für WICKIE bereits die Schlüsselmelodien aus der Serie. Aber Ralf Wengenmayr – der vor seiner Zusammenarbeit mit Bully auch als Barpianist gearbeitet und Musiken für Arztserien im TV ebenso schrieb wie für die Augsburger Puppenkiste – hat sie souverän neu arrangiert und benutzt. So wird aus dem etwas zurückgebliebenen Bestes Maskenbild – Georg Korpás Beste Filmmusik – Ralf Wengenmayr Beste Tongestaltung – Michael Kranz – KRABAT (2008) – HUI BUH (2006) – (T)RAUMSCHIFF SURPRISE-Periode 1 (2004) – SUNSHINE - EIN HAUCH VON SONNENSCHEIN (1999) – WICKIE UND DIE STARKEN MÄNNER (2009) – LISSI UND DER WILDE KAISER (2007) – (T)RAUMSCHIFF SURPRISE-Periode 1 (2004) – DER SCHUH DES MANITU (2001) – DER UNTERGANG (2004) – SMILLA`S SENSE OF SNOW (1997) – FARAWAY, SO CLOSE (1993) – HOMO FABER (1989) Deutscher Filmpreis 2010 Titellied (damals gesungen von den Vorgängern der Bläck Fööss) plötzlich im Remix ein mitreißender Surf-Song, während die Score-Musik genau die richtige Mischung aus konventioneller Abenteuer-Dramatik und dramaturgischer Ironie bietet, die den ganzen Film ausmacht. Und bekanntlich macht auch der Ton die Musik eines Films. Bei Bully Herbig, dem Liebhaber filmischer Details, überraschender Effekte, dem Perfektionisten technischer Möglichkeiten im Dienste guter Unterhaltung, gilt das besonders. Seine künstlerischen Dienstleister auf diesem Gebiet, die Sound-Designer, Mischtonmeister und Tontechniker Michael Kranz, Chrissi Rebay, Mario Hubert und Ben Rosenkind (Beste Tongestaltung) haben auch in der Welt der heulenden Wölfe, krachenden Balken, klirrenden Schwerter, blubbernden Dialoge und brummenden Schädel wieder ganze Arbeit geleistet. Beste Tongestaltung – Ben Rosenkind Beste Tongestaltung – Mario Hubert Beste Tongestaltung – Chrissi Rebay – HIER KOMMT LOLA (2010) – SWANSONG:STORY OF OCCI BYRNE (2009) – DER BAADER MEIN HOF KOMPLEX (2008) – LISSI UND DER WIL DE KAISER (2007) – THEMBA (2010) – VORSTADT KROKODILE (2009) – JOHN RABE (2009) – (T)RAUMSCHIFF SURPRISE-Periode 1 (2004) – WICKIE UND DIE STARKEN MÄNNER (2009) – JOHN RABE (2009) – HUI BUH (2006) – (T)RAUMSCHIFF SURPRISE-Periode 1 (2004) 65 WÜSTENBLUME Mit über einer Million Kinobesuchern zählte WÜSTENBLUME zu den erfolgreichsten deutschen Filmen 2009. Der Film beruht auf dem gleichnamigen autobiografischen Roman von Waris Dirie, die in der Wüste Somalias aufwuchs, dann mit 13 Jahren vor einer Zwangsheirat in die Hauptstadt Mogadischu floh, von dort nach London weiterreiste und da einige Jahre später von einem Starfotografen entdeckt wurde. Auf dem Höhepunkt ihrer Model-Karriere erzählt sie in einem Interview von der grausamen Tradition der Frauenbeschneidung in ihrer Heimat, unter deren Folgen sie heute noch leidet. Waris Dirie ist eine Frau, deren Weiblichkeit weggeschnitten und die nun zu einer Ikone der Modewelt wurde. Ihre Autobiografie erschien 1999 in Deutschland und wurde sehr schnell zu einem 66 Bestseller. Zunächst hatte Elton John mit seiner Firma Rocket Pictures die Rechte zur Verfilmung des Stoffes erworben, scheiterte aber an den Vorstellungen Diries, und so wurden die Rechte wieder frei. Als Produzent Peter Herrmann (Bester Spielfilm) davon hörte, machte er sich auf nach London, um Waris Dirie zu treffen und zu erkunden, inwieweit sie bereit sei, die Filmrechte ihrer sehr intimen Lebensgeschichte erneut zu vergeben. Er konnte sie überzeugen, nach neun Monaten Gesprächen und Planungen unterzeichneten sie einen Vertrag. Schnell war klar, dass Peter Herrmann Sherry Hormann als Drehbuchautorin und Regisseurin für diesen Film wollte. Er gründete 2005 die Desert Flower Filmproduktion, suchte sich viele geeignete Partner und Gleichgesinnte, u.a. Benjamin Herrmann (Majestic Filmproduktion) und Danny Krausz (Dor Film), zur Finanzierung des umfangreichen Projekts. Im März 2008 konnten die Dreharbeiten am Horn von Afrika beginnen – mit Liya Kebede und Sally Hawkins in den Hauptrollen. Es gibt ein altes somalisches Sprichwort, das heißt: „Das letzte Kamel in einer Karawane geht so schnell wie das erste.“ Waris Diries verwendet dieses in einer Rede vor der UN, um zu sagen: „Was immer auch dem Letzten von uns geschieht, wirkt sich auf uns alle aus.“ Es ist ein Aufruf, sich weltweit zu engagieren. Peter Herrmanns Unbeirrbarkeit und das Engagement aller Beteiligten haben es möglich gemacht, das Thema der weiblichen Genitialverstümmelung als emotional anrührenden, fiktionalen Stoff einem breiten Publikum zugänglich zu machen. Bester Spielfilm – Peter Herrmann – NIRGENDWO IN AFRIKA (2001) – EINE HAND VOLL GRAS (1999) – FETTE WELT (1997) – DER TOTMACHER (1995) Foto: © Walter Wehner Deutscher Filmpreis 2010 www.volkswagen.de Erobert „Männerherzen“ und „Alle Anderen“ im „Sturm“. Der Passat CC. Volkswagen, offizieller Partner des Deutschen Filmpreises, wünscht allen Gästen eine spannende Preisverleihung. LIPPELS TRAUM Im Grunde genommen sind alle Filme des Regisseurs Lars Büchel Geschichten aus Tausendundeiner Nacht. Sie sind märchenhaft, phantasievoll, irgendwie abenteuerlich und machen die Realität erträglich, weil sie sich in der richtigen Position neben diese stellen. Insofern war es gar keine Überraschung, dass der Produzent Ulrich Limmer (Bester Kinderfilm) für die Verfilmung von LIPPELS TRAUM auf den Mann verfiel, dessen Personal in den bisherigen Filmen deutlich älter war. Die Geschichte von Lippel, dem vom vielbeschäftigten Vater allein erzogenen Sohn, der gegen seine Kinderfrau kämpft, indem er sich in die fantastische Welt der berühmten arabischen Märchen begibt, ist nicht die erste Adaption eines Buches von Paul Maar. Der Bamberger Kinderbuchautor lieferte bereits die Vorlagen zu den ersten, 68 äußerst erfolgreichen Kinderfilmen, die Ulrich Limmer mit seiner Firma Collina Film produzierte, nämlich DAS SAMS (Regie: Ben Verbong). Ulrich Limmer, der nicht nur Produzent, sondern auch ein erfolgreicher Drehbuchautor ist, gründete die Collina Film, deren alleiniger Gesellschafter er ist, im Jahr 2002 und hat sich bisher mit einer selbstbewussten Mischung aus TV- und Kinofilmen und einem ausgewiesenen Faible für die intelligente Adaption populärer Kinderstoffe (DER RÄUBER HOTZENPLOTZ, HERR BELLO) behauptet. Foto: © Bernd Spauke Lippels Träume verfrachten den scheuen, phantasiebegabten Jungen von der beschaulichen Altstadt Passaus in die abenteuergeladene Hitze einer mittelalterlichen Wüstenfestung. Das sind nicht nur sehr verschiedene Lebens-, sondern auch Lichtverhältnisse. Radikale Motivwechsel. Für die Kamerafrau Jana Marsik (Beste Bildgestaltung), Absolventin der Filmhochschule Babelsberg, eine spannende Herausforderung, die sie nutzte, um ihr Publikum auch auf eine visuelle Reise durch die Zeiten zu nehmen. Bester Kinderfilm – Ulrich Limmer Beste Kamera – Jana Marsik – DIE FRISEUSE (2009) – FRECHE MÄDCHEN (2007) – DAS SAMS (2000) – SCHTONK! (1991) – LIPPELS TRAUM (2009) – SAME SAME BUT DIFFERENT (2009) – ROBERT ZIMMER MANN WUNDERT SICH ÜBER DIE LIEBE (2008) – HÄNDE WEG VON MISSISSIPPI (2007) Foto: © Gunnar Fuss Deutscher Filmpreis 2010 VORSTADTKROKODILE Der gelernte Maurer und Hauer Max von der Grün, der in den sechziger und siebziger Jahren zu den Ikonen der bundesrepublikanischen Arbeiterliteratur gehörte, hat 1976 ein Kinderbuch geschrieben, das noch heute zu den Klassikern seines Genres gehört und wegen seiner klugen Mischung aus Abenteuergeschichte und Milieustudie eine beliebte Schullektüre (falls es so etwas überhaupt geben kann) geblieben ist. Über dreißig Jahre später entdeckten die Produzenten Lena Olbrich und Christian Becker (Bester Kinderfilm) die VORSTADTKROKODILE neu und versetzten die Geschichte einer Jugendbande in der sozial angespannten Welt des Ruhrpotts in die heutige Zeit. Immer noch stehen eine lebensgefährliche Mutprobe und das sozusagen mit kriminalistischen Mitteln gelöste Problem der Integrati- on eines behinderten Jungen im Mittelpunkt. Mit Hilfe des Regisseurs Christian Ditter (FRANZÖSISCH FÜR ANFÄNGER) und des Autors Neil Ennever schufen Olbrich und Becker ein zeitgemäßes und cooles Kinoabenteuer mit Kultpotenzial, dessen Fortsetzung bereits jetzt in den Kinos läuft. Christian Becker, ein Absolvent der Hochschule für Fernsehen und Film in München, begann bereits an der Hochschule seine Zusammenarbeit mit dem Regisseur Peter Thorwarth, für den er mit seinem damaligen Partner Thomas Häberle 1998 den Kultfilm BANG BOOM BANG produzierte. Mit seiner 2001 gegründeten Firma Rat Pack entwickelte und produzierte der umtriebige Fan origineller Fernsehunterhaltung und gut gemachter Kino-Kost so unterschiedliche Stoffe wie DIE WELLE oder den Kinderfilm-Hit WICKIE UND DIE STARKEN MÄNNER. Seine langjährige Dramaturgin und Producerin Lena Olbrich, eine gelernte Kommunikationswissenschaftlerin, arbeitete für die VORSTADTKROKODILE erstmals als Ausführende Produzentin für einen Kinofilm. Ein guter Einstand. Bester Kinderfilm – Lena Olbrich – VORSTADT KROKODILE 2 (2010) – VORSTADT KROKODILE (2009) Bester Kinderfilm – Christian Becker –WICKIE UND DIE STARKEN MÄNNER (2009) – DIE WELLE (2008) – HUI BUH (2006) – BANG BOOM BANG (1999) 69 DIE FRAU MIT DEN 5 ELEFANTEN Auch wenn gerade dieser Film gar nicht ohne Worte auskommen kann – seien es die O-Töne der Titelfigur oder die Off-Töne des Regisseurs –, sein heimliches Motto klingt anders, und er hat es sich aus dem Mund seiner Protagonistin geholt: „Ich finde es schön, wenn man etwas Wortloses sagen kann. Dann braucht man es nicht zu übersetzen.“ Die das sagt, ist Übersetzerin. Vielleicht die bedeutendste Übersetzerin russischer Literatur ins Deutsche. Sie heißt Swetlana Geier, ist mittlerweile 86 Jahre alt – und die fünf Elefanten sind die großen Romane von Fjodor M. Dostojewskij, dem wichtigsten russischen Erzähler, der ziemlich genau hundert Jahre vor Swetlana geboren wurde. 70 Der Filmemacher Vadim Jendreyko ist an der Arbeit dieser Frau interessiert. Aber er erzählt von ihrer Arbeit, indem er über sie selbst erzählt, sie erzählen lässt und ihr Leben und ihre Lebensweise darstellt. Und er lässt sich für alle diese Elemente Zeit. Es gibt tatsächlich viele, auffällig und angenehm viele Passagen, in denen der Film „etwas Wortloses“ sagt. Das ist spannend und berührend. Zugfahrten, Blickwechsel, Küchenarbeiten, Momente der Nachdenklichkeit, Momente der Trauer, Momente der leisen Freude. Und es gibt zum Beispiel eine Szene, in der all diese Elemente zusammenzukommen scheinen. Swetlana Geier bügelt. Sie ordnet die Fasern, stellt einen logischen Zusammenhang zwischen Text und Textil her – und ist plötzlich bei sich selbst und ihrer Arbeit zugleich. Dass der Film auch ein Roadmovie ist, das von einer historischen und sehr persönlichen Reise berichtet, ist vielleicht gar nicht so wichtig, aber gut für das Verständnis einer Frau, die die Ukraine erst nach der deutschen Besatzung während des Zweiten Weltkrieges verlassen hatte – und aufgrund ihrer guten Deutschkenntnisse zunächst in Dortmund und dann in Freiburg Fuß fassen konnte. Der von Thomas Tielsch (Bester Dokumentarfilm) und seinem Schweizer Partner Hercli Bundi produzierte Film begleitet Swetlana Geier auf dem Weg zum Grab ihrer Mutter, das sie seit über sechzig Jahren nicht besucht hat. Und das Publikum begleitet eine faszinierende alte Frau, für deren Weisheit und Güte diese beiden schönen Wörter hätten erfunden werden müssen, wenn es sie nicht schon gäbe. Bester Dokumentarfilm – Thomas Tielsch – DER PFAD DES KRIEGERS (2007) – DAS MOSQUITO PROBLEM UND ANDERE GESCHICH TEN (2007) – YES I AM! (2006) – DIE FINSTERNIS (2005) Deutscher Filmpreis 2010 DAS HERZ VON JENIN Im November 2005 wird der 12-jährige Palästinenser-Junge Ahmed Khatib im israelisch besetzten Jenin von Kugeln israelischer Soldaten getroffen. Im Krankenhaus von Haifi können die Ärzte nur noch seinen Hirntod feststellen. Um anderen Kindern helfen zu können, entscheidet Ahmeds Vater Ismael Khatib, die Organe seines Sohnes israelischen Kindern zu spenden. Es ist die Friedensvision eines Palästinensers, die fünf israelischen Kindern das Leben rettet und bewusst macht, dass es nicht darum gehen kann, ob das Organ spendende Kind jüdischen, islamischen oder christlichen Glaubens ist. Es geht allein um Lebensrettung. Auf dem Berlinale Talent Campus 2006 stellte der junge israelische Regisseur Leon Geller diese Geschichte vor und lernte dort die Produktions- firma EIKON kennen, die sich sehr für das Projekt interessierte. Dann stellte EIKON einen Kontakt zu dem deutschen Regisseur Marcus Vetter her, den das Thema und die Zusammenarbeit mit einem israelischen Regisseur sehr reizten. 2007, wieder während der Berlinale, trafen sich Geller und Vetter erstmals, um über die gemeinsame Arbeit zu sprechen. Schnell einigten sich beide auf den Fokus des Films: Eine Reise von Ismael Khatib zu den Kindern zu begleiten, die mit den gespendeten Organen leben dürfen. Für die beiden Produzenten Ernst Ludwig Ganzert und Ulli Pfau (Bester Dokumentarfilm) passte das inhaltliche und künstlerische Konzept der Regisseure gut zur Philosophie ihrer Firma EIKON, einer gemeinnützigen Film- und Fernsehproduktionsgesellschaft, deren größter Gesellschafter die Evangelische Kirche in Deutschland ist. EIKON versteht sich als Vermittlerin der christlichen Botschaft, als Stimme der Schwachen, als Fenster nach Osteuropa und in die Dritte Welt. In diesem Jahr feiern sie übrigens ihr 50-jähriges Bestehen. Bester Dokumentarfilm – Ernst Ludwig Ganzert – DER VERLORENE VATER (2009) – SO GLÜCKLICH WAR ICH NOCH NIE (2009) – DAS HERZ VON JENIN (2008) – UNTER DEM EIS (2005) Bester Dokumentarfilm – Ulli Pfau – JOHANNES CALVIN REFORMATOR UND REIZFIGUR (2009 / TV) – DAS REICHSORCHES TER (2007) – SEE WHAT HAPPENS (2001 / TV) – BLUE NOTE A STORY OF MODERN JAZZ (1996 / TV) 71 done by WE DO Nominated in 3 Categories: Style, Style, Style. Hôtel Concorde Berlin Augsburger Straße 41 · 10789 Berlin Tel: +49 (0)30 800 999 0 [email protected] concorde-hotels.com/concordeberlin Unseren Gästen des Deutschen Filmpreises wünschen wir eine angenehme, wenn auch vielleicht zu kurze Nachtruhe. Viel Spaß bei der Verleihung und herzlichen Glückwunsch allen Preisträgern. Bonne nuit et bonjour im Hôtel Concorde Berlin! Das Catering-Konzert – live beim Deutschen Filmpreis 2010 Essen beim Filmpreis ist Essen wie beim Film. Für das leibliche Wohl im Rahmen der Verleihung des Deutschen Filmpreises 2010 sorgen diesmal diejenigen, die sonst gerne und gut für das leibliche Wohl beim Drehen der Filme sorgen. Acht in Berlin ansässige und aktive Cateringfirmen und Restaurants haben sich spontan ent- schlossen, für die Gäste der LOLA 2010 zu kochen. Für diese konzertierte Aktion steigen sie aus ihren Catering-Wagen oder verlassen die angestammten Herde, um gemeinsam am Ort der Verleihung kulinarisch kreativ zu werden. Ein Beispiel, das Schule machen und ein Modell für die Zukunft der Filmpreis-Buffets werden könnte. Wir möchten uns bei den diesjährigen Unterstützern ganz herzlich bedanken, freuen uns auf ungewöhnliche Kombinationen und auf das nächste Jahr. 73 Fördermitglieder ARRI Arnold & Richter Cine Technik GmbH & Co. Betriebs KG die film gmbh HKR Hollmann Knappe Reimert drei d medien service GmbH cic group immobilienprojektentwicklungsgesellschaft mbH Just Publicity GmbH e27 gbr Kinowelt GmbH CineMedia Film AG CineStar-Gruppe CMS Cinema Management Service GmbH Entertainment Value Associates GmbH Estée Lauder Companies GmbH Kodak GmbH Entertainment Imaging maz & movie GmbH Falcom Media GmbH Concorde Filmverleih GmbH Okapi GmbH Filmpark Babelsberg GmbH Constantin Film AG PKF Fasselt Schlage Partnerschaft FPS Fritze Wicke Seelig DFG Deutsche FilmversicherungsGemeinschaft 74 Rialto Film GmbH Highlight Communications AG Deutscher Filmpreis 2010 Saxonia Media Filmproduktion GmbH Senator Film Produktion GmbH Walt Disney Studios Moti- zial beitragen, fühlen sich der Filmakademie on Pictures Germany GmbH sehr verbunden. Sie sind Fördermitglieder Warner Bros. Entertainment GmbH SKW Schwarz Rechtsanwälte X Verleih AG Studio Babelsberg GmbH Die Deutsche Filmakademie hat ein klares Ziel: die Kreativen des deutschen Kinos unter einem Dach zu vereinen. Das bringt nicht nur Bewegung in die Kommunikation untereinander, es schafft auch eine größere Wirkung nach außen. Thinking Networks AG In dieser Konstellation können die Kreativen ihre Interessen besser austauschen und vertreUniversal Pictures Inter- ten – und sie können dem Publikum noch einmal national Germany GmbH anders nahekommen. Seit 2005 entscheiden die Mitglieder der Deutschen Filmakademie auch über die Vergabe des DEUTSCHEN FILMPREISES, Universum Film GmbH der vom BKM gestiftet wird. Viele Macher, die zur Entstehung eines deutschen Films ihr handwerkliches und kreatives PotenStudio Hamburg GmbH und unterstützen die gemeinsame Arbeit auch materiell. In einem kleineren finanziellen Rahmen, aber mit ebenso viel Engagement, sorgt auch der größere Kreis der Freunde der Deutschen Filmakademie dafür, dass die Akademie lebens- und handlungsfähig bleibt. Aber aus den Mitgliedsbeiträgen allein könnte die Akademie nicht so aktiv sein, wie sie ist. Durch die jährlichen Zuwendungen der Fördermitglieder kann die Akademie lebendig arbeiten, also Personal bezahlen, Projekte initiieren, Veranstaltungen organisieren, ihre Aussenwirkung verstärken. Freunde und Fördermitglieder werden in das aktive Leben der Filmakademie mit einbezogen. Sie können ausgewählte Veranstaltungen wie die LOLA Sichtungen und LOLA Visionen besuchen, erhalten den exklusiven Akademie-Newsletter EXTRABLATT, werden in Publikationen genannt und nehmen immer wieder gerne an internen Treffen der Akademie-Mitglieder teil. 75 Freundeskreis Freunde und Fördermitglieder tun das, was ihre Namen sagen: Sie fördern die Arbeit der Deutschen Filmakademie und leisten damit dem deutschen Film und seinen Kreativen einen großen Freundschaftsdienst. Nicole Ackermann Geschäftsführerin | Wally Ahrweiler Agentin | Franziska Aigner-Kuhn Casting-Director | Delia Albrecht SchauspielerAgentin | Georg Alexander Journalist | Katrin Anders Agentin | Christian Angermayer Unternehmer | Elke Apelt Agentin | Gabriela Bacher Produzentin | Simone Bachofner Junior Publicist | Rolf Bähr Ex FFA Vorstand | Anke Balzer Agentin für Schauspieler | Frank Barner Steuerberater, Rechtsanwalt | Julia Bartelt PR-Agentin | Regine Baschny PR Beraterin | Iris Baumüller-Michel Casting Director | Caroline Beil Schauspielerin | Astride Bergauer Agentin | Ute Bergien Agentin | Evi Bischof Agentin | Mathias Bothor Fotograf | Oliver Boy Produzent | Elke Brand Medienagentin | Karin Brandner Agentin | Frank Brauner Rechtsanwalt | Alice Brauner Produzentin | Wolfgang Brehm Filmanwalt | Bettina Breitling Leitung Lizenzen, Filmrechte | Wolf Dietrich Brü76 cker Redakteur | Gero Brugmann Rechtsanwalt | Stephan Bürgi Agent / Schauspieler | Christoph Caesar PR-Agent | Bernd Capitain Schauspieler | Christina Capitain Schauspielerin | Xavier Chotard Marketingberater | Margit Chuchra Produzentin | Daniel Tobias Czeckay Rechtsanwalt | Martin Danner | Cathy de Haan Dramaturgin, Dozentin | Max Dehmel Ministerialrat a.D. | Ulf Dobberstein Rechtsanwalt | Marion Döring Geschäftsführerin | Alexander van Dülmen CEO ACompany Consulting & Licensing AG | Michael Düwel Geschäftsführer | Pete Dwojak Schauspieler | Frank Eickmeier Rechtsanwalt/Filmrecht | Dorothea Eickmeier Autorin | Jürgen Elbers Schauspielcoach | Katharina Elias TV-Redakteurin | Matthias Elwardt Gesellschafter | Jürgen Fabritius | Lutz Fassbender CEO i2i Musikverlag | Cordula Fassbender Wissenschaftlerin | Dirk Fehrecke Agent für Film, TV und Theater | Claudia Fehrenbach Fitz Schauspielagentin | Milena Fessmann Musicsupervisor | Nicole Fischer Casting Director | Philipp Fleischmann Trailer-Produzent, Regisseur | Susanne Franke Theaterkunst | Egon F. Freiheit Drehbuchautor/ TV-Consultant | Silke Fuhrmann Geschäftsfüh- rerin | Stefan Gärtner Leiter Koproduktion und Kofinanzierung | Gero Gandert Filmhistoriker | Christina Gattys Agentin | Georg Georgi Schauspielagent | Reinhard Gerharz Rechtsanwalt | Anna Gerloff Schauspielerin | Max Gertsch Schauspieler | Norbert Ghafouri Schauspieler | Maren Gilzer Schauspielerin | Gerhard Groß Filmtheaterbetreiber | Heinke Hager Agentin für Filmrechte | Winfried Hammacher Produzent | Britta Hansen Produzent | Birgit Hass Geschäftsführerin | Sabine Hemstedt Schauspielerin | Marlis Heppeler Agentin | Wolfgang Hielscher Jurist | Max Höhn Hair & Make Up Artist | Alexandra Hölzer Rechtsanwältin | Bernhard Hoestermann Agent für Schauspieler | Gerti Hofmann Gastronomin | Mechthild Holter Inhaber/ Geschäftsführerin Players | Nicole Houwer Autorin | Eva Hubert Geschäftsführerin FFHSH | Ilona Hüttersen Presseagentin | Patrick Jacobshagen Rechtsanwalt | Marielouise Janssen-Jurreit Filmautorin | Bianca Junker Presseagentin | Christine Kabisch Regisseurin | Till KapostyBliss Werbegrafiker | Anja Karmanski Schauspielerin | Ringo Kaufhold Schauspielagent | Klaus Keil Direktor Erich Pommer Institut | Uschi Keil Deutscher Filmpreis 2010 Agentin | Rainer Keller Lobbyist, Strategisches Management | Nicole Kellerhals Dramaturgin | Senta Dorothea Kirschner Schauspielerin | Georg Kloster Yorck Gruppe | Thomas Kluge Fotograf | Michael Konstabel Archivrechercheur | Heide Kortwich Maskenbildnerin | Detlev Krüger Sprecher der GF Martin-Braun-Gruppe | Hildburg Krüger Fachbereichsleiterin Kunst & Kultur | Karin Kruse Manager/Agent | Adrian Kutter Diplom-Kaufmann | Sandra Lampugnani Agentin | Renate Landkammer Agentin | Claudia Lehmann TV-Produzentin | Thomas Letocha Autor | Silvana Liebich Agentin für Schauspieler | Amélie Linder PR-Berater | Claudia Loewe GF DFA Produktion GmbH | Yutah Lorenz Schauspielerin und Artistin | Stefan Lütje Rechtsanwalt | Lars Meier Künstlermanager | Ulrich Meinhard Agent | Henner Merle Rechtsanwalt | Susanne Mertins Geschäftsführerin | Günther Mertins Kinobetreiber | Philipp von Mettenheim Rechtsanwalt | Kristin Meyer Schauspieler | Carsten Meyer-Grohbrügge Regisseur | Caroline Millahn Agentin | Benjamina Mirnik Produzentin | Benedict Mirow Regisseur, Produzent | Fabian Mittermüller | Marketa Modra Agentin | Stefan von Moers Rechtsanwalt | Petra Maria Müller Medienboard Berlin-Brandenburg | Katrin Näher Agentin | Azizeh Nami PR-Agentin | Sigrid Narjes Agentin | Michaela Niemeyer | Maren Niemeyer Produzentin, Regisseurin | Christoph Ott Verleiher | Volker Otte Rechtsanwalt für Filmförderungsrecht | Erik Paulsen Dialogautor & Synchronregisseur | Sabine Peters Pädagogin | Gabriele Pfennigsdorf FilmFernsehFonds Bayern | Michal Pokorny Produzent | Margit Preiss PR-Agentin | Hans Helmut Prinzler Filmhistoriker | Katja Proxauf Agentin | Inga Pudenz Manager/Agentur | Wiebke Reed Agentin | Josef Reidinger Leiter der Postproduktion | Susanne Reinker Autorin | Mario Rempp Filmtheaterbetreiber | Mariette Rissenbeek PR Managerin | Renate Roginas Geschäftsführerin der Villa Kult OHG | Renate Rose European Film Promotion | Stefan Rüll Rechtsanwalt | Nadja Runge Publicist | Klaus Schaefer FilmFernsehFonds Bayern | Thorsten Schaumann Filmkaufmann | Christian Schertz Rechtsanwalt | Thomas Scheuble Bankkaufmann (Prokurist) | Antje Schlag Agentin für Schauspiel, Regie, Filmkomponisten | Michael Schmid-Ospach Filmstiftung NRW | Marie-Luise Schmidt Agentin | Josephine Schmidt Schauspielerin | Steffen Schmidt-Hug Rechtsanwalt | Sonja Schmitt Delphi Filmverleih | Lutz Schmökel Agent | Norbert Schnell Agent | Marc Schötteldreier Casting Director | Peter Schulze PR-Manager | Sibylle Seidel-Gieth Agentin | Christian Senger Schauspieler | Sebastian Sieglerschmidt Geschäftsführer | Ulla Skoglund (Schauspieler)agentin | Inka Stelljes Agentin für Schauspieler | Volker Störzel Agent Theater, Film und Fernsehen | Christiane Stützle Rechtsanwältin für Film- und Medienrecht | Conny Suhr PRAgentin | Judith Sutter Schauspielagentin | Gisela Tatsch-Daust Schauspielagentin | Sonya Tuchmann Schauspielerin | Michaela von Unger Filmproduzentin | Burkhard Voiges Geschäftsführer | Magnus Vortmeyer Marketingleiter Tobis Film | Christiane von Wahlert Geschäftsführerin SPIO | Christiane Waldbauer Schauspieleragentin | Katrin Wans Agentin | Steffen Weihe Agent | Simone Wernet Lektorin & Dramaturgin | Thomas Weymar Telepool München | Albert Wiederspiel Filmfestleiter | Rafaela Wilde Rechtsanwältin | Harald Will Agent für Film Fernsehen & Theater | Sylvia Wolf Medienberater | Beate Wolgast Agentin | Ute Zahn Geschäftsführerin 77 DAS TEAM VERANSTALTER/AUFTRAGGEBER Der DEUTSCHE FILMPREIS ist eine Veranstaltung der Deutschen Filmakademie in Zusammenarbeit mit dem Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien, produziert von der DFA Produktion GmbH. Deutsche Filmakademie e.V. Präsidium: Iris Berben, Bruno Ganz Vorstandsvorsitzender: Thomas Kufus Geschäftsführung: Alfred Holighaus, Christiane Teichgräber Team: Katja Hevemeyer, Karina Pasternak, Stephan Pless, Susann Pocha, Tanja Riehn, Stefanie Röders PRODUZENTIN Claudia Loewe AUTOREN Johanna Adorján, Dr. Christof Mannschreck PRODUCERIN Marion Gaedicke REGIE Utz Weber PRODUKTIONSLEITUNG MBTV Produktions GMBH Matthias Börner, Carsten Lehmann REGIEASISTENZ Stefanie Herrmannsdörfer PRODUKTIONSKOORDINATION Dorothee Hufschmidt KOORDINATION ZUSPIELER Heike Hütt BKM/Filmreferat K35 Stefanie Hasler, Ulrike Schauz PRODUKTIONSASSISTENZ Friederike Fröhner MODERATION Barbara Schöneberger AUFNAHMELEITUNG Martin Hoffmann, Alex Braun, Julia Haupt KÜNSTLERISCHE LEITUNG Florian Gallenberger, Benjamin Herrmann GÄSTEMANAGEMENT Sigrun Hauer GmbH 78 REDAKTION Claudia Voelker, Andrea Poulios ZUSPIELER Arnd von Rabenau BÜHNENBILD Hassler Entertainment Architecture KOSTÜMBILD Heike Stemmler Collection MASKE Matthias Klemenz (Maske B. Schöneberger) Estée Lauder Deutscher Filmpreis 2010 IMPRESSUM LICHTSETZENDER KAMERAMANN Didi Garsoffky TITELMUSIK Loy Wesselburg, Bernhard Eichner EINSPIELUNG TITELMUSIK Berliner Philharmoniker unter der Leitung von Sir Simon Rattle MUSIKALISCHE BEGLEITUNG GALA Tobias Kremer Big Band PR Just Publicity Regine Baschny, Anja Oster, Sandra Bellin BETREUUNG PARTNER/DRUCKERZEUGNISSE Verena Herfurth DRUCKERZEUGNISSE/INTERNET e27 Berlin, www.e27.com RECHTSBERATUNG Dr. Frank Brauner Prof. Dr. Mathias Schwarz NOTAR Hellmut Sieglerschmidt SENDEPARTNER Das Erste Rundfunk Berlin Brandenburg rbb Redaktion: Rosemarie Wintgen, Katrin Mandel Herstellungsleitung: Torsten Klein Produktionsleitung: Jörgen Radach LOLA PARTY Fast Forward Communications GmbH Daniel Kloß, Katja Riemann AUF DEM WEG ZUR LOLA Deutsche Filmakademie e.V. Projektkoordination: Gisela Liesenfeld (DFA Produktion GmbH) HERAUSGEBER Deutsche Filmakademie e.V. Köthener Straße 44 10963 Berlin Alfred Holighaus (V.i.S.d.P), Christiane Teichgräber CHEFREDAKTION UND TEXTE Alfred Holighaus TEXTE Linda Söffker PRODUKTION Verena Herfurth LAYOUT/GESTALTUNG e27 Berlin, Robert Neumann Abdruck der Texte nur nach vorheriger Genehmigung und mit Quellenhinweis „DEUTSCHE FILMAKADEMIE / DEUTSCHER FILMPREIS 2010“ 79 Wir danken von Herzen allen treuen Freunden und Unterstützern des deutschen FilmPREISES 2010 medienboard Berlin-Brandenburg GmbH Den beteiligten Produzenten für die Bereitstellung des Filmmaterials und die fortwährende Kooperationsbereitschaft, den Paten für ihr individuelles und großartiges Engagement für die nominierten Kollegen, allen Vorständen für ihr unermüdliches Engagement, den Akademiemitgliedern für ihre Kreativität und ihren Einsatz in der Deutschen Filmakademie und für den Deutschen Film, Unser ganz persönlicher Dank gilt: Iris Berben und Bruno Ganz, Thomas Kufus, Senta Berger und Günter Rohrbach, Stefan Arndt, den Kinobesitzern, Verleihern und beteiligten Benjamin Herrmann und Florian Gallenberger, Filmschaffenden, die aktiv AUF DEM WEG ZUR Tania Miglietti und Max Höhn, LOLA dabei waren und die LOLA VISIONEN und Mathias Bothor das LOLA FESTIVAL geprägt haben. Besonders Heiner Heller allen Mitstreitern aus Bad Freienwalde, Maik Uwe Hinkel und unserem wunderbaren Team für die beständige Motivation und Leidenschaft. DEUTSCHER FILMPREIS 2010 2 0 t Akh s e l s Ge aus ndo nde s k i cha unc Bür neg t i n von Eck n d ay F abel Gun Den r Ma G l a Wol Mic H e i er v ring Hoe b e r er E bs H ann K l a r Re H G r a u Har lexa eit J as S isel Mar r Ma N i e tian Eva r ü c a Re hler ra R n e r e r g - O s t Sc olfg erbe de S fani u r e na T h To r UF Vac oigt Gun oma i Ro cha h Ce avan man rd B Baus cchi r Be Hark el Br khor g e r a t e D a n D o h elka Emm echt sber ter F n i s rei G s Ma f Gr hael di H on H I r m se Ur g Su va H anne Chri us K inha B En skop a l d ndra an J tefa a Ma c u s rtin m e y e Pa Poet kner itz U Cath udni Gmb Norb pach hnei a n g rt Sc imon e Sta ns S halb ma G A Fil ek D Mag tber s We land rias ntur Fati n Mi altu chul -Alv y e r B o h a n d st Fr Glor Gmb n e r nány mp J eric J a n g G ried G a n erke tthi emm G w i ando eere H e r sula sann uber s Ja stin eil U rd K tert f Da Kügl Mari osef n Lu y Jea Mitt Müll er Ul ul In sch J Pete lrich y Ro k Lar H No ert S Barb der P Schu hwer Bern ppen trau a c h yula m & a n a n u s t Wa yma W i n Man y Fo h Ak chae s Ba te Ba es D Oliv m Cl n e r anzi ia B H Ja Katj i Kl ürge h Ut Fehs mbH rich sel B n Ma as G Sabi sdek rf Ul man man H ö f e Ho t Ral enic a Ka schi loos ainm n n y er Jo a La Lief ksch nine erme er M rich a Pei oern r Prz Reut hnke s Ru rber cher a r a eter kraf i n g hard beck b Stu Kath Treb TV P Vavr Vort rns J r Jör ke A fred x of in H l vo nd P vari avid er Bi a u s Heid s k a urke k o b a Da a u s n Eg e Em e Ma & Co Clau runo tthi lasn ne G Jürg i Ha Man n Pet Andr pf Ki f Hu ke Vi llas Keil s Ge ent I Krau chen ra Di ers U y Fra Meer ier F a t z Noet c h l Poet ygod er Ri Günt dolp t Sa er Ni S c h Schn ft W Ralp Sink Gero d i o arin itsc rodu o v a m e y ohan g Wi dolf Zapa G e r elge n Au ro M a Fil Benn ehle Boje r u n Buch rt Fa Clau now Dold g e r meri rtin . 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Bringmann Elena Bromund O ann Johann von Bülow Vicco von hristian Bussmann Mareike Carri AG Hansa Czy pionka d.i.e.film.gm mel DFG De utsche Filmversi drich M. D osch Dirk D o t z e r rank Eick meier A ndré Ei t EuroArts Medi en Gmb es Milena F ess mann F Susanne Fra n ke Nina Monika Funk e Stern tina Gat tys Mar ouri He nning v e Frank Göhre C lvester Groth I n Hage r Rochu orinna Harfou nicke Winfrie ons c/o Rainbow Hofma nn Nina Hog änzel S herry Horm no Huth Birgit Hutt eisch Bi anca Junk ke, West phal Than ch Kinow elt GmbH O naup Mari a Knilli Jü Konerman n Ingelore Joachim K ról Konsta Kusche Di ethard Küs rtin Lehw ald Anne L meyer Chr istian Lon Vessela M artschewsk s Hans-We rner Meyer H mmartz Ur sela Monn To Westernha gen Hana Mü rtmanns Ch ristoph Ott Petri Claus Jürgen Pfeif orbert Preu ss Chris Pric uhaus Torst en Reglin Us oland Suso Richter Elke l Renate Ro se Marc Rothe Rusnak Gud run Ruzickov Schaefer He inrich Schafm o Schlauch Dieter Schleip dt Marie-Lu ise Schmidt Joc e Schön Ric hard Schöps Ma humacher J an Schütte Olive rie-Lou Se llem Rita Ser om Spi eß May Sp zer Si mone Ste a Szy szkowitz ann N adja Till e t h e von Trott lmkeSmeaton I him v on Vietin n Wal ser Connie nsjörg Weißbrich lf Wie nrich Kai Johan na Wokale obert Z immerman Pete Arnd ra H uers Beck man Mus etlef liver Bülo ère K bh St cher t An serm H Be i l m Fran B e n tina on G hris lona s Ha ch R d He Vide er Lo a n n er Il er E assi tto K rgen Köni ntin ter G eppi k An i Eva enri bias llner Götz fer G e Ha c h i Ried mun á-St eiste Volk h e n ria S r Sc ra-R ils M w e n J a s er Pe a Ver dil Ü ghof Walt Gila Wies k Syl n An r R. t Bo arry feld man n Ch ic P Both Brou w Jö ä t e efan ungs drea a n n r n d & En osze no F Gede ierk tian Grüb hn E einh nnig o AG thar M a r o n a berh s Ka inze Knol g Ste Krön ünte n Da na L Matt k Me M o r Matt Otto abri ns H Reic T h o d Ma eine r Pet er Sc S c h chra hütt oll H arce s Ma m i n ter T a Ts n e r f Jo h e r v o n inge v i a ke Zi A d a b Ar Baer Mon n Bi risti ubli e Ma m i s rg B Casp D ä h Gem s Dr Kari Eusc tert k Ha ü r m ck Cl e Ol M. 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