„Unverschämt gute Blasmusik“ genossen

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„Unverschämt gute Blasmusik“ genossen
KÜLSHEIM
Freitag
30. DEZEMBER 2011
Ta/We
Auslandspraktikum in Tansania: Steinbacherin Stefanie Münkel will die nach dem ersten „Kulturschock“ gesammelten Erfahrungen nicht missen
KÜLSHEIM. Stefanie Münkel aus
Steinbach studiert „Internationales
Tourismus Management“ in Heide.
Zu einem solchen Studium gehört
ein Auslandspraktikum, das die junge Frau bei einem kleinen Reiseveranstalter in Tansania absolvierte. Ihr
„Ich habe gesehen, dass die
Spenden immer direkt in den
Bau des Waisenhauses
geflossen sind.“
STEFANIE MÜNKEL
Interesse, vor Ort Hintergründe kennenlernen zu wollen, brachte sie in
engen Kontakt mit der kleinen
Nichtregierungsorganisation „Path
to Africa“.
Die Steinbacherin wollte sich
nach dem Fachabitur, einer Ausbildung zur Industriekauffrau und einem Jahr in den USA mit College und
Arbeit weiter qualifizieren. Sie entschied sich für ein Fach, das im Anschluss die Möglichkeit bietet, „einen sehr abwechslungsreichen, organisatorischen, planerischen Job
zu finden und internationale Möglichkeiten zu haben“, wie sie im Gespräch mit den FN erklärte.
Bei ihrem Internationalen-Tourismus-Management-Studium
stand es ihr völlig offen, wohin sie für
das Auslandspraktikum gehen wolle. „Es war schon immer mein
Traum, den afrikanischen Kontinent
kennen zu lernen“, bekannte die
sympathische junge Frau. Sie habe
das „typische“ Afrika erfahren wollen und nicht die sehr westlich geprägten Länder. So sei schnell klar
gewesen, dass Nord- und Südafrika
nicht infrage kämen. Die Überlegungen konzentrierten sich darauf, „in
welchem Land ist viel Tourismus
und welches interessiert mich einfach persönlich“. So kam Stefanie
Münkel auf Tansania.
Vor der Abreise informierte sie
sich ausführlich über das Land und
dessen Kultur, um das Verhalten der
Einheimischen besser verstehen zu
können. Außerdem lernte sie ein
bisschen die Landessprache Suaheli.
Parallel dazu liefen eine aufwändige
Bewerbung und anschließend das
erfolgreich abgeschlossene Auswahlverfahren für ein Stipendium.
Hinzu kamen verschiedene notwendige Impfungen. „So konnte ich mir
den Traum Tansania verwirklichen“, sagte die Frau Mitte 20 mit
immer noch leuchtenden Augen.
Stefanie Münkel hat in Moshi
mitten in der Stadt gewohnt, hatte
viel Kontakt zu Einheimischen und
damit die Möglichkeit, Land und
Leute hautnah zu erleben. Die ersten
beiden Wochen empfand sie als
„Kulturschock“ und Zeit des Gewöhnens an die Umstände. Sie sei immer
im Mittelpunkt gestanden und auf-
Ein Haus für Waisen- und Straßenkinder wird von der Nicht-Regierungsorganisation
„Path to Africa“ bei Moshi in Tansania gebaut. Im Moment fehlt aber das Geld, um das
Gebäude fertigstellen zu können.
IN KÜRZE
Feuerwehr wählt
STEINBACH. Die Jahreshauptver-
sammlung der Freiwilligen Feuerwehr Steinbach findet am Donnerstag, 5. Januar, im Gemeindezentrum
statt. Beginn ist um 19.30 Uhr. Auf
der Tagesordnung stehen auch
Wahlen und Beförderungen. Wünsche und Anträge sind bis Samstag,
31. Dezember, beim Abteilungskommandanten Bloos einzureichen. Alle Aktiven und Alterskameraden sind willkommen. Anzug:
Uniform.
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Königschießen
KÜLSHEIM. Das Königschießen des
Schützenvereins Külsheim findet
am Donnerstag, 5. Januar, ab 18 Uhr
im Schützenhaus am Haidberg statt.
Gleichzeitig ist ab 19 Uhr Kesselfleischessen für alle Mitglieder mit
Familien und Freunde. Hierzu ist
eine Anmeldung bis Freitag, 30.
Dezember, im Schützenhaus erforderlich, teilt der Schützenverein
Külsheim mit.
Leben in Tansania
쮿 Stefanie Münkel verbrachte das
Eine komplett
andere
Lebensweise
Von unserem Mitarbeiter
Hans-Peter Wagner
15
Praxis-Semester drei Monate lang bei
einem kleinen Reiseveranstalter in
Moshi, einer Stadt im Nordosten von
Tansania am Südhang des Kilimandscharo. Danach verbrachte sie drei
Monate auf einer Lodge in Arusha im
Nordosten des Landes, etwa 80 Kilometer entfernt von Moshi.
쮿 In beiden Unternehmen ging es
darum, den täglichen Ablauf, die
Arbeitsgänge und Hintergründe kennen zu lernen und aktiv mitzuarbeiten. Manchmal war Stefanie Münkel
auch als deutschsprachige Reiseleiterin auf Safaris oder Tagesausflügen
unterwegs.
쮿 Insgesamt war es, wie sie sagte,
„eine andere Kultur, eine andere
Arbeitsweise, eine andere Denkweise“ mit vielen Unterschieden zu
Deutschland und Europa.
쮿 Während Stefanie Münkel in einem
„Volunteer Hostel“ des Reiseveranstalters wohnte, erfuhr sie von ihrer
Chefin auch viel über die von dieser
geleitete Nicht-Regierungsorganisation „Path to Africa“.
Touristik-Studentin Stefanie Münkel aus Steinbach hat sich für ihr Auslandspraktikum eine Arbeit in Tansania gesucht. Dabei lernte
sie nicht nur das Land kennen. Sie kam auch mit zahlreichen Einheimischen in Kontakt. Darunter waren auch Mädchen und Jungen,
REPRO: FN
die sie unterrichtete.
gefallen, wenn sie sich durch die
Stadt bewegt habe. „Mir wurde ständig Mzungu, Weiße, nachgerufen“,
andauernd sei jemand neben ihr gelaufen, der etwas erzählen oder verkaufen wollte.
In Moshi angekommen ist sie in
der Regenzeit, der Nebensaison für
den Tourismus. Es habe oft Tage gegeben, an denen sie in der Stadt keinen einzigen Weißen getroffen habe.
„Bürgersteige gibt es nur entlang der
Hauptstraße“, in den Nebenstraßen
kenne man diesen Luxus nicht. Also
geht es immer irgendwo am Straßenrand entlang halb im Graben, im
Staub, über Stock und Stein oder im
tiefen Matsch, wenn es kräftig geregnet hat. Der Unterschied zwischen
Regenzeit (alles matschig, schwer zu
laufen) und Trockenzeit (überall
Staub) sei extrem, unterstrich die
Steinbacherin, die sich jedoch nach
eigener Aussage gleich wohl gefühlt
hat: „Nach einiger Zeit wurde alles
zur Normalität.“
In Moshi werde alles mit Hand
gewaschen, es gebe fast jeden Tag
Reis und Bohnen, das teure Fleisch
vielleicht ein Mal in der Woche. Man
werde immer herzlich und freundlich von allen gegrüßt und empfangen. Sie habe sich nie unsicher gefühlt, wenn sie in der Stadt – auch alleine – unterwegs gewesen sei, berichtete Stefanie Münkel weiter von
ihrem Leben in Tansania. Natürlich
müsse man sich an manche Regeln
halten, wie „immer ein Taxi nehmen“ und nicht bei Dunkelheit zu
Fuß unterwegs sein. Der Umgang
mit Wertsachen sei nicht anders wie
in deutschen Großstädten auch.
Ärmliche Verhältnisse
Besonders im Gedächtnis haften
blieb der Steinbacherin, wie es sie
vor allem zu Beginn ihres Aufenthalts erschreckte, in welch ärmlichen Verhältnissen die Menschen
leben, wie viele Kinder einfach nicht
zur Schule gehen können, weil die
Eltern kein Geld haben. Es gebe viele
Mütter, die ihre kleinen Kinder zurücklassen, bei Großeltern, sonstigen Verwandten oder bei den Nachbarn. Die Mütter gingen einfach in
eine andere Region zum Arbeiten,
beginnen woanders ein neues Leben
und fragen nicht mehr nach den Kindern. Und es gebe viele Waisenkinder, die bei ihren sehr alten Großeltern aufwachsen und sich um diese
kümmern müssen.
Die Tourismusstudentin meinte,
„mir war klar, ich will auf jeden Fall
irgendwie helfen, diesen Kindern
eine bessere Zukunft zu ermöglichen“. Die entstandenen Kontakte
zum Hilfsprojekt von „Path to Africa“ gaben ihr immer wieder Einblicke in den aktuellen Stand beim Bau
eines Waisenhauses mit Unterstützung der Nichtregierungsorganisation.
Am Bau herrscht momentan aber
Stillstand, da kein Geld mehr zur
Verfügung steht. „Als Nächstes muss
ein Brunnen gebaut werden, Strom
gelegt beziehungsweise eine Solaranlage installiert, Fenster müssen
gekauft werden“, fasste Stefanie
Münkel die noch anstehenden Arbeiten zusammen.
Mittlerweile ist die Steinbacherin
nach sechs Monaten in Tansania
wieder zurück und setzt ihr Studium
in Heide fort. Zurückblickend sagte
sie: „Es ist interessant, beide Erfahrungen machen zu können, auf der
einen Seite das ,richtige’, ursprüngliche Leben mit Land und Leuten
und auf der anderen Seite das typische Touristenleben.“ Sie will die dabei gesammelten vielfältigen Erfahrungen und die Zeit in dem Land
nicht missen. Es war „eine komplett
andere Lebensweise als in Deutschland“.
Nun will Stefanie Münkel das Projekt von „Path to Africa“ von
Deutschland aus unterstützen, denn
„ich habe gesehen, dass die Spenden, die bisher gekommen sind, immer direkt in den Bau des Waisenhauses geflossen sind. Ich bin mir sicher, dass das auch weiterhin der
Fall sein wird“.
쮿 Die junge Frau erhielt einen Tag in
der Woche die Gelegenheit, zu den
von der Organisation betreuten Projekten zu fahren. Dabei besuchte sie
auch Schulen außerhalb von Moshi,
um dort Kinder zu unterrichten und
um den einheimischen Lehrern zu helfen.
쮿 Das Waisenhaus, das gegenwärtig
von „Path to Africa“ gebaut wird, soll
einmal das Zuhause für 30 bis 40 Waisen- und Straßenkinder werden, welche die künftig angeschlossene
Schule kostenlos besuchen können.
Zudem sollen in dem Gebäude Nähkurse, Englischunterricht und HIVAufklärung für die umliegende Bevölkerung angeboten werden.
쮿 Das Projekt wurde im August 2009
mit einer geplanten Bauzeit von drei
bis vier Jahren begonnen. Die
Gesamtkosten betragen zirka
120 000 Euro. Mit bereits gespendeten 70 000 Euro sind der Rohbau, die
Installation der Toiletten und
Duschen, das Dach und die Türen
finanziert worden.
쮿 Um das Waisenhaus fertigstellen zu
können, werden weitere Spenden
benötigt. Dazu hat Stefanie Münkel
bei der Volksbank Main-Tauber ein
Konto mit folgenden Daten eingerichtet: Bankleitzahl: 673 900 00, Kontonummer: 2 716 019 406, Verwendungszweck: Tansania. hpw
Konzert mit Vlado Kumpan und seinen Musikanten: Publikum erlebte einen besonderen Abend
„Unverschämt gute Blasmusik“ genossen
KÜLSHEIM. Für viele der Besucher
war es ein verspätetes Weihnachtsgeschenk, für alle „unverschämt
gute Blasmusik“, für die Eiersheimer
Musikanten als Veranstalter der Höhepunkt des Vereinsjahres: Die
tschechische Formation „Vlado
Kumpan und seine Musikanten“
spielte am Mittwochabend über vier
Stunden lang in der Külsheimer
Festhalle auf und begeisterte einen
inklusive Empore knallvollen Saal.
Unter den Gästen, deren Herzen
an diesem Abend sicherlich im Takt
der Blasmusik schlugen, waren viele
Leute vom Fach. Solche, die selber in
Musikvereinen spielen oder sich als
Anhänger der traditionellen böhmisch-mährischen Blasmusik verschrieben haben. Manche nahmen
eine größere Anreise auf sich, um die
13 Vollblutmusiker erleben zu können.
Perfektion
Alle wurden für ihr Kommen belohnt, denn die Spitzenleute beherrschen ihre jeweiligen Instrumente in
hoher Perfektion und jeden Musikstil bis ins Detail, ob zusammen, als
Solisten oder in Kleingruppen.
Die Kapelle entzündete musikalische Feuerwerke, servierte blasmusikalische Leckerbissen und heizte
die Stimmung bis zum Siedepunkt
an. Die Zuhörer kamen oft aus dem
Staunen über die technische Brillanz
nicht mehr heraus, besonders diejenigen, die dem Hobby des Musizierens selber nachgehen.
Spielfreude
Was bei Vlado Kumpan und seinen
Musikanten so leicht aussieht, setzt
enormes Können voraus, bestechende Fingerfertigkeit, beträchtliches Lungenvolumen und viel, viel
Übung. Hinzu kommen bestechende Spielfreude, große Spontaneität
und perfekte Ausführung.
Darüber hinaus überzeugen die
musikalischen 13 in Külsheim auch
durch feine Showeinlagen. Die Ankündigung „Europameister der
Blasmusik“ hatte wahrlich nicht zu
viel versprochen. So entwickelte sich
der Abend zu einer Sternstunde für
die Freunde der Blasmusik.
„Oft kopiert, nicht erreicht“,
meinte dazu der stets locker moderierende Helmut Kiefer, der das Publikum mit einem großen Vorrat an
Witzen und Anekdoten durch das
Programm führte. Ein besonderes
Ereignis war das Konzert für Kurt
und Eddy Hauck, beide bereits 50
Jahre bei den Eiersheimer Musikanten dabei. Sie durften zusammen ein
Stück gemeinsam mit den Gästen
spielen.
Die Besucher beließen es nicht
nur beim Zuhören, sondern mischten den ganzen Abend lang kräftig
mit durch Klatschen, Johlen und
sonstigen Ausdrücken purer Freude
an den Darbietungen. Gegen Ende
hielt es viele nicht mehr an ihren
Plätzen. Sie rückten ganz nach vorne
an die Bühne, um den Ausnahme-
musikern noch näher zu sein. Der
musikalische Abend endete erst
nach einigen Zugaben – und nach
Mitternacht.
Kompliment
„Das können nur wenige“, kommentierte ein Besucher nach dem
Konzert, die Leistung sei weltmeis-
terlich, „die beherrschen ihre Instrumente sagenhaft“. Begeistert sei er
auch von dem hervorragenden Spielen in der Bewegung und im freien
Vortrag, „das hat mir besonders gut
gefallen“. Es war insgesamt ein Fest
für die Anhänger beeindruckender,
auf höchstem Niveau gespielter
Blasmusik.
hpw
Vlado Kumpan (Mitte) und seine Musikanten begeisterten am Mittwochabend bei dem vom Eiersheimer Musikverein veranstalteten Konzert in der Külsheimer Festhalle. Gegen Ende des Abends hielt es viele Besucher nicht mehr auf ihren Plätzen. Sie rückten
BILD: HANS-PETER WAGNER
ganz vorne an die Bühne, um den Ausnahmemusikern noch näher zu sein.