Schuldrecht BT II Dienstvertrag

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Schuldrecht BT II Dienstvertrag
Schuldrecht Besonderer
Teil II
- vertragliche Schuldverhältnisse Dr. Sebastian Mock, LL.M.(NYU)
Attorney-at-Law (New York)
dienstags, 10.15 – 11.45, ESA A
freitags, 10.15 – 11.45, Phil B
A. Überblick
Tätigkeitsbezogene
Schuldverhältnisse
Dienstvertrag
Werkvertrag
§§ 611-630 BGB
§§ 631-651 BGB
Sondertypus
Arztvertrag
Sondertypus
Reisevertrag
§§ 651a-651m BGB
Sondertypus
Beförderungsverträge
Sonstige Verträge
• Auftrag (§§ 662-674
BGB)
• Entgeltliche Geschäftsbesorgung
(§§ 675-676h BGB)
• Maklerverträge
(§§ 652-656 BGB)
• Verwahrungsverträge
(§§ 688-704 BGB)
B. Abgrenzung zum Werkvertrag
§ 631 II BGB
„herbeizuführender Erfolg“
Dienstvertrag
Werkvertrag
• Erbringung einer Tätigkeit
Schulden eines Bemühens
• Erbringung eines
bestimmten Erfolges
• Entlohnung grundsätzlich
auch bei Fehlschlagen der
Bemühungen
• Entlohnung grundsätzlich
nur bei erfolgreicher
Fertigstellung
• Abgrenzungskriterien
o vertragliche Risikoverteilung für die Vergütung
o Einflussmöglichkeit des Schuldners auf Erfolgseintritt
o Schwerpunkt der Tätigkeit ggf. getrennte Betrachtung
• Abgrenzung entscheidend aufgrund unterschiedlichem Mängelgewährleistungsrechts
o Dienstvertrag allgemeines Leistungsstörungsrecht
o Werkvertrag besondere Mängelgewährleistungsvorschriften (§§ 631 ff. BGB)
C. Überlagerung durch das Arbeitsrecht
• dienstvertragliche Regelungen der §§ 611 ff. BGB basierend auf der
Privatautonomie Notwendigkeit eines besonderes Schutzes für
Arbeitnehmer in Arbeitsverhältnissen
• keine Schaffung eines „Arbeitsgesetzbuches“ aber zunehmende Überlagerung und Modifizierung des Dienstvertragsrechts bei Arbeitsverträgen
Dienstvertrag
freier Dienstvertrag
• keine persönliche Abhängigkeit
• keine Weisungsgebundenheit
• Bsp.: Freiberufler,
Handelsvertreter, freie
Mitarbeiter
Anwendung der §§ 611 ff.
BGB
Arbeitsvertrag
• persönliche Abhängigkeit
Eingliederung in die
Arbeitsorganisation des
Dienstberechtigten
• Weisungsgebundenheit
umfangreiche Regelungen
zum sozialen Ausgleich im
Arbeitsrecht
D. Zustandekommen des Dienstvertrags
• Grundsatz der Vertragsfreiheit eingeschränkt durch:
o Verbot der Kinderarbeit
o Abschlussgebot zugunsten von Schwerbehinderten
o Diskriminierungsverbot und Gleichbehandlungsgebot nach dem Allgemeinen
Gleichbehandlungsgesetz (AGG)
• keine Formerfordernisse Sonderregelungen im Tarifrecht
• Anwendung der Vorschriften des allgemeinen Vertragsrechts
o insbesondere Sittenwidrigkeit (§ 138 BGB) und Verbotsgesetze (§ 134 BGB)
o Sonderregelung bei Minderjährigen (§§ 112 f. BGB)
o „Recht zur Lüge“ bei nicht durch ein berechtigtes schutz-würdiges
Interesse des Arbeitnehmers gerechtfertigten Fragen bei der Einstellung
kein Vorliegen einer arglistigen Täu-schung (Bsp. Schwangerschaft,
ggf. Vorstrafen)
• Fehlerhaftigkeit von Arbeits- und Dienstverhältnissen
o Lehre vom fehlerhaften Arbeitsverhältnis Geltendmachung der
Fehlerhaftigkeit nur mit Wirkung für die Zukunft bei Arbeitsverhältnissen
o Anwendung bei freien Dienstverträgen umstritten jedenfalls bei
arbeitnehmerähnlichen Personen
E. Pflichten des Dienstverpflichteten
• Erbringung der versprochenen Dienste aufgrund der vertraglichen
Vereinbarung
• ggf. Direktions- und Weisungsrecht des Dienstberechtigten
• persönliche Erbringung der Pflicht (§ 613 S. 1 BGB)
o Arbeitsverträge Übertragung grundsätzlich ausgeschlossen
o Dienstverträge Übertragung grundsätzlich ausgeschlossen aber
Einschaltung von Gehilfen zulässig
o im Zweifel keine Abtretung des Anspruchs (§ 613 S. 2 BGB)
o Sonderregelung in § 613a BGB beim Betriebsübergang – Fall des
gesetzlichen Vertragsübergangs
• Nebenpflichten
o Aufklärungs- und Verschwiegenheitspflichten je nach Intensität
des Vertrauensverhältnisses
o Konkurrenz- oder Wettbewerbsverbote aufgrund von § 241 II BGB Notwendigkeit einer engen Vertragsbeziehung
o zusätzliche Anwendung berufsständischer Regelungen
F. Haftung des Dienstverpflichteten
•
grundsätzliche Anwendung von §§ 280 ff. BGB aufgrund fehlender
besonderer Vorschriften in den §§ 611 ff. BGB
•
Ausschluss der Beweislastumkehr des § 280 I 2 BGB durch § 619a BGB
bei Arbeitsverträgen
•
Problem der Haftung des Arbeitnehmers
o Missverhältnis zwischen Risiko der Schadensverursachung und Vergütung –
Entwicklung von Haftungserleichterung durch die Rechtsprechung bei
betrieblicher Tätigkeit
o leichte Fahrlässigkeit
keine Haftung
o normale Fahrlässigkeit
Abwägung im Einzelfall
o grobe Fahrlässigkeit
grundsätzlich keine Haftungserleichterung
Prüfung im Rahmen des § 276 BGB beim Arbeitnehmer als Anspruchsgegner
o Freistellungsanspruch gegenüber dem Arbeitgeber bei deliktischen
Ansprüchen von Dritten gegen den Arbeitnehmer
•
Schlechtleistung
o grundsätzliche Anwendung der §§ 280 ff. BGB
o Schadenersatz statt der Leistung nach § 281 BGB – jedenfalls bei
Verpflichtung zur Herbeiführung eines bestimmten Erfolges
•
Unmöglichkeit und Verzögerung der Leistung meist als Fixschuld mit
der Folge der Anwendung von §§ 275 I, 326 I 1 BGB und ggf. §§ 280, 283 BGB
•
Minderung bei mangelhafter Leistung nicht vorgesehen (str.) aber
ggf. Aufrechnung mit Schadenersatzansprüchen aus §§ 280 ff. BGB
G. Pflichten des Dienstherren
• Vergütung des Dienstverpflichteten
o Gewährung der vereinbarten Vergütung
o stillschweigende Vergütung Üblichkeit der Vergütung als Maßstab
- kleinere Dienstleistungen im Familienkreis (-)
- umfangreiche Dienstleistungen im Freundeskreis (+/-)
- Behandlung durch einen Arzt (+)
o Bestimmung der Höhe anhand der taxmäßigen Vergütung (§ 612 II BGB) Abstellen auf allgemeine Vergütungsregelungen oder –regeln
o Fälligkeit nach Erbringung der Leistung (§ 614 BGB)
• Vergütung bei Leistungshindernissen
o Verantwortlichkeit des Dienstberechtigten für das Leistungshindernis §
326 II 1 alt. 1 BGB
o Annahmeverzug § 615 S. 1, 2 BGB (Problem der Nachholbarkeit der
Dienstleistungen) – Fortbestand des Vergütungsanspruchs unter Anrechnung
anderweitiger Verwendung der Dienste
o Sonderreglung für das Betriebsrisiko des Arbeitnehmers (§ 615 S. 3 BGB)
- Risikosphäre des Arbeitsgebers Stromausfall, Rohstoffmangel
- Risikosphäre des Arbeitnehmers Streik, Ausfall der öffentlichen
Verkehrsmittel
o persönliche Verhinderung des Dienstverpflichteten § 616 BGB
• Nebenpflichten
o Verkehrssicherungspflichten
o arbeitsrechtliches Gleichbehandlungsgebot
o Anspruch auf tatsächliche Tätigkeit jedenfalls im Arbeitsrecht, ansonsten
ausreichende Absicherung durch § 615 BGB
H. Beendigung des Dienstvertrags
• Tod des Dienstverpflichteten Erlöschen der Dienstleistungspflicht
(§ 613 BGB) – aber Eintreten der Erben in das Dienstverhältnis – aber
meist Anwendung von § 275 I BGB aufgrund der persönlichen
Dienstleistungspflicht Zweckfortfall
• Zeitablauf
o Erlöschen des Dienstvertrages (§ 620 BGB)
o Sonderregelungen für Arbeitsverträge (§ 620 III BGB) nach dem Teilzeit- und
Befristungsgesetz
o Verlängerung bei fehlendem Widerspruch bei stillschweigender Fortsetzung (§
625 BGB)
• Kündigung
o ordentliche Kündigung unterschiedliche Regelungen für Dienst- und
Arbeitsverträge (§§ 621 f. BGB)
o außerordentliche Kündigung (§§ 626 f. BGB)
- ultima ratio Notwendigkeit einer Abmahnung
- Interessenabwägung im Einzelfall (Bsp. Störung des Betriebsfriedens,
Diebstahl, Internetnutzung am Arbeitsplatz, Alkoholismus)
o Überlagerung durch das Kündigungsschutzgesetz (z.Bsp. Beschränkung durch
Sozialauswahl) und Grundrechte (z.Bsp. Religionsfreiheit)
o Schriftformerfordernis (§ 623 BGB)
o Teilvergütungsanspruch und ggf. Schadenersatzpflicht (§ 628 BGB)
o Gewährung angemessener Zeit zur Stellensuche (§ 629 BGB) und Anspruch auf
ein qualifiziertes (!) Zeugnis
• Aufhebungsvertrag Schriftformerfordernis (§ 623 BGB)
I. Arztvertrag
• Sondertypus des Dienstvertrags ohne ausdrückliche gesetzliche
Regelung weit gehend durch Richterrecht fortentwickelt
• Verpflichtung des Arztes zur kunstgerechten medizinischen Behandlung
kein Heilungserfolg – Ausnahme für kosmetische Operationen
• Pflichten des Arztes
o umfassende Aufklärungspflicht Kenntnis über eigene Verhaltensweise des
Patienten und Einwilligung in die Vornahme des ärztlichen Eingriffs (§§ 223
ff. StGB)
o Dokumentationspflicht Abmilderung der Beweisschwierigkeiten für den
Patienten
o Schweigepflicht aus § 241 II BGB
• Haftung des Arztes
o Haftung aus § 280 I BGB und § 823 I BGB, § 823 II BGB i.V.m. §§ 223 ff.
StGB
o Regeln der ärztlichen Kunst als Maßstab für die im Verkehr erforderliche
Sorgfalt (§ 276 II BGB)
o Beweiserleichterung bei groben Behandlungsfehlern
• Pflichten und Obliegenheiten des Patienten
o Zahlung der Vergütung (Privatpatienten) bei Kassenpatienten die
kassenärztliche Vereinigung
o Obliegenheit der Befolgung der Hinweise des Arztes – ansonsten ggf.
Minderung des Schadenersatzanspruches wegen Mitverschulden