April–Juni 2015 - Deutsches Historisches Museum
Transcription
April–Juni 2015 - Deutsches Historisches Museum
ZEUGHAUSKINO PROGRAMM Zeughauskino Deutsches Historisches Museum Unter den Linden 2 10117 Berlin T +49 30 20304-421 (Büro) T +49 30 20304-770 (Kinokasse) [email protected] www.zeughauskino.de April–Juni 2015 → 1945 – Niederlage. Befreiung. Neuanfang → Agnieszka Holland → Glut der Erinnerung I N H A LT Höhepunkte VORWORT 2 Noch einmal: Robert Siodmak Cobra Woman Filmreihen 1945 – Niederlage. Befreiung. Neuanfang Europäische Filme der Nachkriegszeit 4 Agnieszka Holland 22 Aus dem Fernseharchiv 34 Berlin.Dokument 38 Cinema of Outsiders: Part II US-amerikanisches Kino der 1990er Jahre 42 Die Welt in Waffen: Kapitulation 54 FilmDokument 60 Glut der Erinnerung Retrospektive deutsch-palästinensischer Koproduktionen 62 S wie Sonderprogramm 72 Wiederentdeckt 76 Aktuelle Ausstellungen Sonderausstellungen im Deutschen Historischen Museum 79 Kalender Alle Termine im Überblick 80 Filmwerkstatt Angebote für Schulklassen 88 Service & Impressum Tickets, Verkehrsverbindung & Parken, Impressum Titel: Body Snatchers (Stiftung Deutsche Kinemathek) 1 89 Mehr als 15 Jahre nach der letzten Retrospektive präsentierte das Zeughauskino zwischen April und Juni 2014 nahezu das gesamte Werk Robert Siodmaks. Nun liegt ein im Schüren Verlag erschienener Sammelband vor, der die meisten im Rahmen der Retrospektive gehaltenen Vorträge versammelt und mit Lukas Foersters Text über den Film Noir Christmas Holiday einen zusätzlichen Beitrag enthält. Wolfgang Jacobsen beginnt mit einer Annäherung an Werk und Biografie Siodmaks. Alle weiteren Beiträge sind darauf angelegt, sich dem Œuvre von den Rändern zu nähern und unbekanntere Filme jenseits der kanonisierten Klassiker in den Blick zu nehmen; denn Siodmak war, das macht der Band deutlich, bei weitem nicht nur ein Meister des Film Noir. Ein Schwerpunkt liegt auf Siodmaks Sprach versionsfilmen, die insgesamt drei Beiträge untersuchen. Ein Text von Frederik Lang ist der Wiederentdeckung der verloren geglaubten deutschen Fassung von Stürme der Leidenschaft gewidmet, die im Rahmen der Retrospektive erstmals nach 80 Jahren wieder in einem deutschen Kino gezeigt werden konnte. Am 21. April stellen wir die Publikation Robert Siodmak vor und zeigen im Anschluss die schweizerische Fernsehproduktion Bei sich zu Hause in Ascona: Robert Siodmak, Filmregisseur. Wir freuen uns auf Ihren Besuch. Ihr Zeughauskino-Team 2 HÖHEPUNKTE HÖHEPUNKTE 3 Wiederentdeckt Der kleine Prinz Die 1965/66 von der DEFA im Auftrag des Deutschen Fernsehfunks produzierte Adaption von Saint-Exupérys berühmtem Buch zählt zu den am wenigsten bekannten Arbeiten Konrad Wolfs. Am 3. April gibt es die Gelegenheit, den selten gezeigten Film im Kinosaal zu erleben. In den Hauptrollen: Christel Bodenstein und Eberhard Esche. Ankündigung auf Seite 77 Die Welt in Waffen: Kapitulation Hans – Ein Junge in Deutschland Er gehört zu den wenig bekannten, unbedingt wiederzuentdecken den Filmregisseuren: Sohrab Shahid Saless. Der aus dem Iran stammende Filmemacher lebte von 1974 bis 1994 in der Bundesrepublik. 1985 adaptierte er Hans Fricks Roman Die blaue Stunde für das Fernsehen. Wir zeigen Hans – Ein Junge in Deutschland am 13. Mai im Rahmen der Reihe Die Welt in Waffen. filmPOLSKA Agnieszka Holland Die Retrospektive der diesjährigen Ausgabe von filmPOLSKA ist der polnischen Ausnahmeregisseurin Agnieszka Holland gewidmet. Wir zeigen 12 Produktionen ihres internationalen Œuvres und freuen uns, Agnieszka Holland zur Eröffnung der Retrospektive am 23. April im Zeughauskino begrüßen zu dürfen. Ankündigung auf Seite 22 Ankündigung auf Seite 57 Retrospektive Glut der Erinnerung Langzeitbeobachtung Der Wittstock-Zyklus von Volker Koepp Begleitend zur Ausstellung Alltag Einheit zeigt das Zeughauskino bis Mitte Oktober in unregelmäßiger Folge Langzeitbeobachtungen ostdeutscher Dokumentarfilmregisseure. Den Auftakt macht Volker Koepps berühmter Wittstock-Zyklus, der vom 25. bis 28. Juni an vier aufeinanderfolgenden Kinoabenden zu sehen sein wird. Ankündigung auf Seite 73 Der 1984 auf der Grundlage eines Kulturabkommens zwischen der DDR und der PLO entstandene Film Palästina – Chronik eines Volkes ist am 28. Mai Eröffnungsfilm der Retrospektive Glut der Erinnerung, die erstmals einen umfassenderen Einblick in die filmische Zusammenarbeit der Palästinensischen Befreiungsorganisation mit den beiden deutschen Staaten gibt. Zahlreiche Regisseurinnen und Regisseure werden anwesend sein und für Publikumsgespräche zur Verfügung stehen. Ankündigung auf Seite 62 4 1945 – NIEDERL AG E. BEFREIUNG. NEUANFANG 1945 – NIEDERL AG E. BEFREIUNG. NEUANFANG 5 Berlin Lang ist der Weg UdSSR 1945, R: Juli Raisman, B: Juli Raisman, Nikolai Schpikowski, 65' · 35 mm, OmU FR 08.05. um 17 Uhr ritt E i nt e i fr Vorfilm: Das Mahnmal DDR 1949, R: Max Jaap, 10' · 35 mm 1945 – Niederlage. Befreiung. Neuanfang Europäische Filme der Nachkriegszeit Am 8. Mai 1945 endete mit der Kapitulation der Wehrmacht der Zweite Weltkrieg in Europa. Sechs Jahre Krieg hatten Millionen Opfer gefordert und ein bis dahin ungekanntes Ausmaß an Zerstörung gebracht. Krieg, Besatzungsregime, Massenver brechen, Flucht, Vertreibung und Zwangsumsiedlung prägten das Leben der Menschen in Europa. Welche Bilder, Töne und Erzählungen hat das europäische Kino angesichts dieser Erfahrungen in der zweiten Hälfte der 1940er Jahre gefunden? Wie hat es sich an den Zweiten Weltkrieg erinnert? Welche Perspekti ve(n) hat es unmittelbar nach dem Ende des Kriegs eingenommen, welche Motive und Erklärungsmuster favorisiert, welche Gefühle des Publikums adressiert? Die ausstellungsbegleitende Retrospektive 1945 – Niederlage. Befreiung. Neuanfang bringt Spiel- und Dokumentarfilme zusammen, die in 11 europäischen Ländern zwischen 1945 und 1950 entstanden sind und die in den jeweiligen nationalen Kinematografien zu den ersten Werken einer gerade wieder einsetzenden Filmproduktion gehören. Als filmhistorische Doku mente sind sie Teil sowohl eines vielstimmigen Ringens um die Deutung des soeben erst Vergange nen als auch der Suche nach einem Neuanfang, eines Blicks in die Zukunft. Am 16. April 1945 begann an der Oder die sowjetische Großoffensive auf Berlin. 38 über die ganze Front verteilte Kameraleute doku mentierten das Vorrücken der Truppen vom Brückenkopf bei Küstrin bis zur Eroberung des Reichstags und der Unterzeichnung der deutschen Kapitulation. In nur 16 Tagen fertiggestellt, wurde der „historische Bericht über den letzten entscheidenden Kampf gegen das faschistische Deutschland“ schon im Juli in den Berliner Kinos aufgeführt, um den Bildern der NS-Propaganda in den Köpfen der Deutschen die Version der Sieger entgegenzusetzen. Die Besiegten sahen die akribischen Vorbereitungen und das unaufhaltsame Voranschreiten einer gewaltigen Kriegsmaschinerie, erbitterte Straßenkämpfe in den Vororten Berlins, tote Soldaten und Zivilisten – und sich selbst: als versprengte Landser im aussichtslosen Kampf und als notleidende Bevölkerung in den Trümmern der zerschossenen Hauptstadt. Historische Rückblenden mit Szenen aus Nazi-Wochen schauen führten ihnen dazu plastisch vor Augen, wer die Verant wortung für das Grauen trug, das nun auf sie selbst zurückgeschlagen war. (jr) 6 1945 – NIEDERL AG E. BEFREIUNG. NEUANFANG 1945 – NIEDERL AG E. BEFREIUNG. NEUANFANG 7 A Matter of Life and Death Die Mörder sind unter uns GB 1946, R/B: Michael Powell, Emeric Pressburger, K: Jack Cardiff, D: David Niven, Kim Hunter, Roger Livesey, Marius Goring, 104' · DCP, OF D (Ost) 1946, R: Wolfgang Staudte, K: Friedl Behn-Grund, M: Ernst Roters, D: Ernst Wilhelm Borchert, Hildegard Knef, Erna Sellmer, Arno Paulsen, 90' · 35 mm SA 09.05. um 21 Uhr SO 10.05. um 20.30 Uhr + SA 16.05. um 19 Uhr Der englische Geschwaderführer Peter und die amerikanische Fluglotsin June verlieben sich bei einem letzten Funkgespräch inein ander, bevor er ohne Fallschirm aus seiner zerschossenen Maschine springt. Wider Erwarten überlebt Peter, halluziniert aber aufgrund einer Gehirnverletzung von einem Himmelsboten, der ihn wegen seines illegalen Überlebens zum Übertritt ins Jenseits auffordert. Während in der Realität ein Neurologe mit Peters Symptomen kämpft, beantragt dieser eine Revision vor dem obersten Himmelsgericht… „Abzurechnen, wachzurütteln, aufzuräumen, Seelenschutt beiseite zu schaffen und vor allem, die neue deutsche Haltung zu dokumen tieren“ (Werner Fiedler, Neue Zeit, 17.10.1946): Das hatte sich Wolfgang Staudte mit dem ersten deutschen Spielfilm nach dem Krieg – realisiert bei der gerade erst in der SBZ gegründeten DEFA – vorge nommen. Der durch das Erlebnis einer Geiselerschießung in Polen traumatisierte Kriegsheimkehrer Hans Mertens versinkt im Nach kriegsberlin in Depressionen, aus denen ihn auch die junge, aus einem Konzentrationslager zurückgekehrte Susanne Wallner nicht befreien kann. Als er seinen totgeglaubten ehemaligen Kommandeur wiedertrifft, will er ihn am Weihnachtsabend 1945 erschießen, um endlich Gerechtigkeit zu schaffen. Die ursprüngliche Anregung des Informationsministeriums, die interkulturellen Reibereien zwischen der Bevölkerung und den US-Soldaten humorvoll zu entschärfen, wird im Duell zwischen US-Ankläger und britischem Verteidiger abgehandelt, das alle gegenseitigen Vorurteile ironisch durchdekliniert. Die romantische Komödie kreist um die Gegensätze zwischen Verstand und Gefühl, Pflicht und Liebe, Gesetz und Gerechtigkeit – symbolisiert durch das Schwarz-Weiß des futuristisch gestalteten Himmels und die Technicolor-Farbenpracht des Lebens auf der Erde. (jr) Den Bruch mit dem Ufa-Ablenkungskino markiert die expressionis tische Bildsprache, die die Ruinen des Nachkriegsberlin in düstere Seelenlandschaften verwandelt und die ästhetischen Maßstäbe für die nachfolgenden Trümmerfilme setzt. „Dass dieser Film jedem Deutschen etwas zu sagen hat, steht außer Zweifel. Wir möchten diese Feststellung sogar erweitern und sagen: Ein guter Deutscher ist förmlich daran zu erkennen, ob und wie er von diesem Film gepackt wird.“ (Walter Lennig, Berliner Zeitung, 17.10.1946) (jr) 8 1945 – NIEDERL AG E. BEFREIUNG. NEUANFANG Der Engel mit der Posaune A 1948, R: Karl Hartl, B: Karl Hartl, Franz Tassié, K: Günther Anders, D: Paula Wessely, Paul Hörbiger, Attila Hörbiger, Maria Schell, Oskar Werner, 138' · 35 mm DO 14.05. um 20 Uhr Vergangenheitsbewältigung auf österreichisch: Basierend auf dem Roman des jüdischen Exilanten Ernst Lothar von 1946 entfaltet die repräsentative Großproduktion die wechselhafte Chronik einer Klavierbauer-Dynastie Alt. Zwei Generationen erleben und erleiden den Niedergang der österreichisch-ungarischen Monarchie, den Ersten Weltkrieg und die Erste Republik, den „Anschluss“ und die Folgen des Krieges. Im Mittelpunkt des Films steht die jüdische Frau des Firmenchefs, die sich dem Zugriff der Gestapo durch einen tödlichen Sprung aus dem Fenster entzieht. Der Engel mit der Posaune spart die Kriegszeit einfach aus und „stellt den Nationalsozialismus in einer fatalistischen Blickweise als eine Art Naturgewalt dar, die über Österreich hinweggefegt ist“ (Maria Fritsche, film.at). Die Stars der ehemaligen Wien-Film wie Attila und Paul Hörbiger nutzten das vom Publikum als „Rehabilitierung des Österreichertums“ (Franz Antel) gefeierte Epos, um sich von der Mitwirkung am NS-Film zu distanzieren. (jr) Bataille du rail F 1946, R: René Clément, K: Henri Alekan, 87' · 35 mm, OmeU FR 15.05. um 21 Uhr Das Trauma der fast fünfjährigen Okkupation und die Kollaboration des Vichy-Regimes mit Nazi-Deutschland waren schwere Hypothe ken für den politisch-gesellschaftlichen Neuanfang in Frankreich. Die populärste Strategie zu ihrer Bewältigung bestand darin, die Arbeit der Résistance zu glorifizieren und den unbeugsamen Widerstands kämpfer zum nationalen Leitbild zu stilisieren. Besonders ein drucksvoll gelang dies René Clément schon 1945: Bataille du rail schildert den Widerstand der französischen Eisenbahner ohne jegliche Psychologisierung als präzise arbeitende Maschinerie und geschlossene Front aus vielen namenlosen Einzelnen. Laiendarsteller und Originalschauplätze, neorealistische Bildsprache und nüchterne Beobachtung der Widerstandsaktionen in der Tradition von Cavalcanti und Grierson sollten dem Film die Authenti zität und Wahrhaftigkeit eines historischen Dokuments verleihen. Gleichzeitig bot Cléments Film auch genug Spannung und Pathos, um das zeitgenössische Publikum emotional zu packen: In der zweiten Hälfte entwickelt sich Bataille du rail zu einem actiongeladenen, furios montierten Reißer um den Versuch, einen deutschen Militär zug zu stoppen. (jr) 1945 – NIEDERL AG E. BEFREIUNG. NEUANFANG 9 Ostatni etap Die letzte Etappe PL 1948, R: Wanda Jakubowska, B: Wanda Jakubowska, Gerda Schneider, K: Borys Monastyrski, D: Wanda Bartówna, Huguette Faget, Tatjana Górecka, 105' · 35 mm, OmU SA 16.05. um 21 Uhr + SO 17.05. um 20.30 Uhr Die „Mutter aller Holocaustfilme“ (Hanno Loewy), realisiert zwei Jahre nach Kriegsende von einer ehemaligen Lagerinsassin am „Originalschauplatz“ unter Mitwirkung von Künstlern des Polnischen Theaters, Einwohnern von Oświęcim und ehemaligen Häftlingen, die zum Teil ihre einstigen Bewacher darstellten. Die seit 1942 im Frauenlager Auschwitz-Birkenau inhaftierte Filmregisseurin Wanda Jakubowska plante schon lange vor der Befreiung, die erlebten Gräuel filmisch zu dokumentieren, und erstellte 1945 mit der deutschen Kommunistin Gerda Schneider aus eigenen Erlebnissen, Berichten von Lagerinsassinnen und schriftlichen Zeugnissen ein Drehbuch. Die in Filmen über die Shoa immer wieder zitierten Aufnahmen des Eisenstein-Schülers Borys Monastyrski fügen sich zu einer Chronik des Lageralltags, die zwar eindringlich von Gewalt und Ängsten, Anpassung und Kollaboration berichtet, aber vor allem die Solidari tät und den Überlebenswillen der internierten Frauen betont. „Wir sehen Menschen, die zerfetzt und langsam zu Tode verbrannt werden, aber sie können nie zerbrochen werden. Dieser Film ist nicht nur die schrecklichste Anklage in der Geschichte der Mensch heit, er ist auch das inspirierendste Zeugnis der moralischen Statur der Menschheit.“ (Béla Balázs, 1948) (jr) 10 1945 – NIEDERL AG E. BEFREIUNG. NEUANFANG 1945 – NIEDERL AG E. BEFREIUNG. NEUANFANG Der Verlorene Die Brücke BRD 1950, R: Peter Lorre, B: Peter Lorre, Benno Vigny, Axel Eggebrecht, K: Václav Vích, D: Peter Lorre, Karl John, Eva-Ingeborg Scholz, Gisela Trowe, 98' · 35 mm D (Ost) 1949, R/B: Arthur Pohl, K: Fritz Arno Wagner, D: Fritz Wagner, Jeanette Schultze, Arno Paulsen, Karl Hellmer, Ilse Steppat, 85' · DCP FR 22.05. um 21 Uhr + SO 24.05. um 19 Uhr SO 24.05. um 21 Uhr + DI 26.05. um 20 Uhr In seiner einzigen Regiearbeit konfrontierte der aus dem amerikani schen Exil zurückgekehrte Schauspieler Peter Lorre in der Hauptrolle des Wissenschaftlers Dr. Rothe die Deutschen mit quälenden Fragen nach Schuld und Sühne. Obwohl Rothe 1943 im Affekt seine Verlobte umgebracht hat und eine weitere Frau ermordet, wird er gegen seinen Willen von seinem skrupellosen Assistenten, dem Gestapo Mann Hoesch, gedeckt, weil Rothes Forschungen kriegswichtig sind. Als sich beide nach dem Krieg unter falschen Namen in einem Flüchtlingslager treffen, stellt Rothe seinen Widersacher zur Rede. Inhaltlich und ästhetisch ebenso radikal wie persönlich und vom tschechischen Kameramann Václav Vích in einer eindringlichen Mischung aus Film Noir und Reportage-Naturalismus fotografiert, blieb der erste Prädikatsfilm der Filmbewertungsstelle ein einsamer Monolith im westdeutschen Nachkriegskino. (jr) Padenije Berlina Der Fall von Berlin UdSSR 1949, R: Michail Tschiaureli, D: Michail Gelowani, Fjodor Blasewitsch, Wiktor Ljubimow, Boris Andrejew, 167' · Beta SP, OmU SA 23.05. um 19.30 Uhr Pathos, Kitsch und Heroismus in Agfacolor: Das monumentale Kriegsepos in zwei Teilen schildert die Ereignisse der Jahre 1941 bis 1945 vom Überfall auf die Sowjetunion bis zur deutschen Kapitu lation und verschränkt dabei die „kleine“ mit der „großen“ Geschichte. Der Stahlschmelzer Alescha zieht mit der Roten Armee siegreich nach Westen, um seine nach Deutschland verschleppte Geliebte zu befreien. Gleichzeitig lenkt Stalin unaufgeregt und mit unfehlbarem Geschick die militärischen Operationen, während Churchill und Roosevelt sich als unzuverlässige Verbündete erweisen und Hitler als monströse Karikatur zunehmend dem Wahnsinn verfällt. Für ihr Geschenk zum 70. Geburtstag des Diktators scheute Mosfilm keinen Aufwand: Die Schlacht um Berlin wurde mit Hilfe von fünf Artillerie- und Infanterie-Divisionen, vier Panzerbataillonen, 193 Flugzeugen, 10.000 Statisten und einem Miniaturmodell der Stadt von über einem Quadratkilometer Größe nachgestellt. Es entstand die finale Apotheose des filmischen Personenkults um Stalin als genialem Feldherrn, allwissendem Landesvater und gottgleichem Weltenretter. (jr) 11 Das Schicksal der Heimatvertriebenen – in der DDR als „Umsiedler“ bezeichnet – hatte die DEFA wegen des gesellschaftlichen Konflikt potentials und der Rücksicht auf die sozialistischen „Bruderländer“ nicht zu interessieren. Eine seltene Ausnahme ist das Regiedebüt des schon 50jährigen Arthur Pohl, der die Konflikte zwischen Einheimischen und Ostflüchtlingen bei der Eingliederung in der frühen Nachkriegszeit erstaunlich offen schildern durfte. Eine Flüchtlingsgruppe wird in einer mitteldeutschen Kleinstadt von der engherzigen Bevölkerung mit unverblümter Feindseligkeit empfangen. Nur zwischen dem Neffen des Bürgermeisters und einem patenten Flüchtlingsmädchen entwickelt sich eine Romeo-und- Julia-Geschichte, die jedoch fast von den Intrigen der eifersüchtigen Wirtsfrau durchkreuzt wird. Die erotisch motivierte Kolportage ist die eigentliche Triebfeder der dramatischen Zuspitzungen, führt aber letztlich zur gemeinsamen Bewährung von Einwohnern und Flüchtlingen bei der Bekämpfung der abschließenden Brandkatastrophe. Politisch bleibt Pohl dabei weitgehend unideologisch, zeigt weder Altnazis noch Jungkommunisten, sondern plädiert für Solidarität, menschliche Wärme und Vernunft. (jr) 12 1945 – NIEDERL AG E. BEFREIUNG. NEUANFANG 1945 – NIEDERL AG E. BEFREIUNG. NEUANFANG Ulica Graniczna Die Grenzstraße Le 6 juin à l’aube Der 6. Juni bei Tagesanbruch PL 1948, R: Aleksander Ford, K: Jaroslav Tuzar, D: Mieczysława Ćwiklińska, Jerzy Leszczyński, Władysław Godik, 126' · 35 mm, OmeU F 1945, R: Jean Grémillon, 57' · 35 mm, OmeU, restaurierte Fassung MI 27.05. um 20 Uhr 13 Le retour Die Rückkehr F 1945, R: Henri Cartier-Bresson, 34' · 16 mm, OmU MI 03.06. um 20 Uhr · Einführung: Jeanpaul Goergen Aus der Sicht der Kinder, die in einer Grenzstraße zum Warschauer Ghetto leben, schildert der jüdische Regisseur Aleksander Ford die Ereignisse vom Beginn der deutschen Besetzung bis zum blutig niedergeschlagenen Aufstand. In neorealistisch-dokumentarischen Bildern, die an Rossellinis Paisà und Lindtbergs Die letzte Chance erinnern, inszeniert er einen Straßenzug als gesellschaftlichen Mikrokosmos, in dem nach der Okkupation alle Spielarten mensch lichen Verhaltens sichtbar werden. Die Grenzstraße zeigt die Leiden der Opfer ebenso wie die Aktionen des Widerstands, erzählt aber auch von Kollaborateuren, Kriegsgewinnlern und Polen, die sich über Nacht als „Volksdeutsche“ entpuppen. Die differenzierte Sicht auf das Verhalten seiner Landsleute brachte Ford im Ausland Respekt und Anerkennung, in der Heimat jedoch Vorwürfe wegen „antipolnischer Tendenzen“ ein. „Von der Ehrlich keit, mit der in der Wiedergabe dieser negativen Erscheinungen hier Gericht gehalten wird, könnte der deutsche Nachkriegsfilm sehr vieles lernen.“ (Hans Ulrich Eylau, Tägliche Rundschau, 8.8.1949) (jr) Mit freundlicher Unterstützung des Polnischen Instituts Berlin. Zwei Klassiker des französischen Dokumentarfilms über die Endpha se des Zweiten Weltkriegs und die Rückkehr der Deportierten und Kriegsgefangenen. In Le 6 juin à l’aube zeichnet Jean Grémillon die Landung der Alliierten in der Normandie am 6. Juni 1944 nach, die in eine blühende Landschaft einbricht und diese reichste Provinz Frankreichs mit Zerstörungen, Not und Leid überzieht. Mit dem siegreichen Vorrücken der Alliierten werden nach und nach auch die nationalsozialistischen Lager befreit. In seinem Dokumentarfilm Le retour konzentriert sich der vor allem als Fotograf bekannt gewordene Henri Cartier-Bresson auf die befreiten Kriegsgefangenen, Zwangsrekrutierten und deportierten Antifaschisten. Teilweise bis auf die Knochen abgemagert, können sie sich erst allmählich über die wiedergewonnene Freiheit freuen. Dann der lange und beschwerliche Weg zurück nach Frankreich, über endlos scheinende Wege, durch das Chaos der Nachkriegszeit. An der Elbe treffen sich die Ströme der Befreiten; der eine Strom zieht gen Osten, der andere gen Westen. Aber für alle ist es der Weg zurück in die Heimat, der Weg der wiedergewonnenen Freiheit. Am Gare de l’Est in Paris liegen sich Rückkehrer und Verwandte in den Armen. (jg) 14 1945 – NIEDERL AG E. BEFREIUNG. NEUANFANG Le banquet des fraudeurs Das Bankett der Schmuggler B/BRD 1952, R: Henri Storck, B: Charles Spaak, Henri Storck, K: Eugen Schüfftan, D: Françoise Rosay, Christiane Lénier, Kurt Grosskurth, Karl John, 101' · 35 mm, DF FR 05.06. um 21 Uhr + SO 07.06. um 20.30 Uhr Mit der auf Anregung der Filmabteilung des Marshallplans gedrehten deutsch-belgischen Koproduktion sollte erstmals ein Spielfilm für die europäische Einigung und den Abbau von Handelsgrenzen werben. Die Satire auf kleinkarierten Chauvinismus und engstirnige Zoll gesetzgebung spielt die möglichen Folgen der geplanten Zollunion innerhalb der Benelux-Staaten im holländisch-belgisch- deutschen Dreiländereck durch. In der fiktiven Gemeinde Dorpfeld gründen rivalisierende Schmugg lerbanden die „Deutsch-Belgische Schmugglerunion“ und plädieren wie die Zollbeamten für die Beibehaltung des Status quo. Der Bürgermeister muss die Grenzöffnung begrüßen, kann als Fabrik besitzer aber seine Firma nach Wegfall der Schutzzölle nur durch eine abenteuerliche Schmuggelaktion vor dem finanziellen Ruin retten. Und die Zöllnerstochter Siska verliebt sich in den Schmuggler Pierre, der aber das deutsche Mädchen Ilse liebt. Mit deutschen, belgischen und französischen Darstellern besetzt und in drei Sprachen von einem Team aus insgesamt zwölf Nationen aufgenommen, war der Film schon ein kleines EU-Projekt für sich. (jr) 1945 – NIEDERL AG E. BEFREIUNG. NEUANFANG 15 LO/LKP NL 1949, R/B: Max de Haas, K: Peter Staugaard, Jan Scheers, E. J. Everwijn Lange, D: Frans van der Laan, Wolfgang Cordan, Jaap Buyst, 79' · 35 mm, engl. Fassung mit ndl. UT SO 07.06. um 18.30 Uhr Max de Haas ist vor allem als Regisseur von Kurz- und Kulturfilmen bekannt. Sein Spielfilm über den Widerstandskampf in den Nieder landen während des Zweiten Weltkriegs enthält dokumentarische Elemente und ist größtenteils mit Laiendarstellern besetzt. Der Metallarbeiter Willem Visser muss seine Familie verlassen, als er zum Arbeitsdienst nach Deutschland geschickt werden soll. Auf einem Bauernhof findet er Schutz. Dort lernt er untergetauchte amerikani sche Piloten und Juden kennen. Visser realisiert, dass er in einem Zentrum der Widerstandsbewegung Unterschlupf gefunden hat… Der Titel vereint die Abkürzungen zweier wichtiger antifaschistischer Widerstandsorganisationen während der deutschen Besatzung – die auch die Auftraggeber des Films waren. LO bezieht sich auf die Landelijke Organisatie voor Hulp aan Onderduikers (deutsch: Landesweite Organisation für die Hilfe für Untergetauchte), LKP auf die Landelijke Knokploegen (landesweite Rollkommandos). Det gælder din frihed Es geht um deine Freiheit DK 1946, R/B: Theodor Christensen, M: Kai Rosenberg, 102' · 35 mm, OmU MI 10.06. um 20 Uhr Genau ein Jahr nach dem Ende der deutschen Okkupation Dänemarks brachte der „Vater des dänischen Dokumentarfilms” einen brisanten Kompilationsfilm ins Kino, der im Land umgehend heftige Debatten über das Verhalten von Politik und Bevölkerung in den zurückliegenden Jahren auslöste. Im Auftrag des Frihedsrådet, der zentralen Leitung des dänischen Widerstands, rekapitulierte Christensen die dänische Appeasement-Politik vor dem Krieg und die Zeit unter der deutschen Besatzung mit einer Mischung aus Wochen schaumaterial, heimlich gedrehten Szenen von Widerstandsaktionen sowie (historisch nicht immer akkuraten) Re-Inszenierungen wichtiger Ereignisse mit Laiendarstellern. Dynamisch geschnitten, mit dramatischer Musik und einem leidenschaftlichen Kommentar unterlegt, ist der Film keine um Objektivität bemühte Rekonstruktion der Ereignisse, sondern ein politisches Manifest, das die Kollaborations politik der Regierung scharf kritisiert und die Aktionen des dänischen Widerstandes feiert. (jr) 16 1945 – NIEDERL AG E. BEFREIUNG. NEUANFANG Europa im Wiederaufbau Suita Warszawska PL 1946, R: Tadeusz Makarczyński, 18' · 35 mm, stumm, OF Aufbau Berlins D (Ost) 1946, 2' · 35 mm Give Them Hope USA 1947, R: Otto Robert Hauser, 15' · DigiBeta, OF Alltag nach dem Krieg D (West)/BRD 1948/1981, R: Elisabeth Wilms, 15' · DVD Gjennombrudd / Aura, Strom aus dem Norden N 1950, R: Lauritz Falk, 13' · 16 mm, DF Somewhere to Live / Neubau Europa GB 1950, R: Jacques Brunius, 16' · 16 mm, OF 1945 – NIEDERL AG E. BEFREIUNG. NEUANFANG 17 Daleká cesta The Long Journey ČSR 1948, R: Alfréd Radok, K: Josef Střecha, M: Jirí Steřnwald, D: Blanka Waleská, Otomar Krejča, Eduard Kohout, Viktor Očásek, 108' · 35 mm, OmeU FR 19.06. um 21 Uhr + SA 20.06. um 19 Uhr MI 17.06. um 20 Uhr · Einführung: Jeanpaul Goergen Alltag nach dem Krieg Hoffnung und Vertrauen, Optimismus und Zuversicht spiegeln sich in den „Wiederaufbaufilmen“ des kriegszerstörten Europas. Zur Musik von Witold Lutosławski zeigt Suita Warszawska (1946) in elegischen Bildern erst das Unglück, das Warschau getroffen hat, dann die Rückkehr zum Leben und schließlich symbolisch den Aufbruch zu einem neuen Frühling. In der sowjetisch besetzten Zone wirbt die SED mit dem Zeichentrickfilm Aufbau Berlins (1946) für die Mitarbeit am Wiederaufbau. Mit dem Film Give Them Hope (1947) und Aufnahmen der ersten Hilfsmaßnahmen sammelt die Wohltätigkeitsorganisation American Relief for Germany Spenden für Westdeutschland. In Dortmund bannt die Privatfilmerin Elisabeth Wilms nicht nur den Alltag nach dem Krieg auf 16mm-Schmalfilm, sondern begleitet auch die ersten Schritte auf dem Weg zum Wiederaufbau ihrer Heimat stadt. Der 1948 stumm aufgenommene Film wurde 1981 mit einem Kommentar versehen. Die schnelle Rekonstruktion Westeuropas wäre ohne die Hilfe des Marshallplans kaum möglich gewesen. Mit Marshallplan-Geldern wird das Kraftwerk Aura am Sunndals-Fjord in Norwegen fertigge stellt, das auch die Nachbarländer mit Strom versorgt. Der ebenfalls vom Marshallplan in Auftrag gegebene Film Aura, Strom aus dem Norden (1950) stellt diese Aufbauleistung vor. Am Beispiel von Caen und Rotterdam zeigt ein Marshallplanfilm mit dem programma tischen Titel Neubau Europa (GB 1950) verschiedene Wege, um der drängenden Wohnungsnot Herr zu werden. (jg) Der erste Spielfilm über das „Vorzeige-Konzentrationslager“ Theresienstadt, das die internationale Öffentlichkeit über die wahren Absichten der Nationalsozialisten täuschen sollte. Radok, dessen jüdischer Vater in Terezín ermordet worden war, erzählt die melodra matische Liebesgeschichte zwischen der jüdischen Ärztin Hanna und ihrem nichtjüdischen Kollegen Antonín, vom wachsenden Antisemitismus nach der deutschen Okkupation der Tschechoslowakei über die Deportation und das zermürbende Leben in Theresienstadt bis zur Befreiung des Lagers. Radok kontrastiert Dokumentarmaterial aus Wochenschauen und Sequenzen aus Nazifilmen mit expressionistisch-surrealen Spielsze nen, die das Konzentrationslager als „absurde Welt des Todes, als Zwischenreich der Unwirklichkeit zwischen der Realität von Prag und dem Nichts von Auschwitz“ (Hanno Loewy, Schwarze Ironie der Frühe, 2012) erscheinen lassen. Auch ideologisch weit entfernt von den Anforderungen des Sozialistischen Realismus wurde der Film als „existentialistisch“ und „formalistisch“ gebrandmarkt und verschwand nach kurzer Laufzeit für 40 Jahre in Archiven. (jr) 18 1945 – NIEDERL AG E. BEFREIUNG. NEUANFANG 1945 – NIEDERL AG E. BEFREIUNG. NEUANFANG Liebe 47 Lang ist der Weg D (West) 1949, R/B: Wolfgang Liebeneiner, K: Franz Weihmayr, D: Hilde Krahl, Karl John, Grethe Weiser, Erich Ponto, Albert Florath, 110' · 35 mm D (West) 1949, R: Herbert B. Fredersdorf, Marek Goldstein, K: Franz Koch, Jakub Joniłowicz, D: Israel Beker, Bettina Moissi, Berta Litwina, 78' · 35 mm SA 20.06. um 21 Uhr + FR 26.06. um 21 Uhr SO 21.06. um 21 Uhr + SO 28.06. um 21 Uhr 19 Inspiriert von den Erlebnissen des Hauptdarstellers Israel Beker schildert der von einem deutsch-jüdischen Team realisierte DokumentarSpielfilm die dramatische Odyssee polnischer Juden durch das Kriegsund Nachkriegseuropa. Hanne Jelin und ihr Sohn David erleben den deutschen Einmarsch und das Warschauer Ghetto, David entkommt der Deportation nach Auschwitz und schließt sich einer Partisanen gruppe an, während seine Mutter bis zum Kriegsende in Dachau überlebt. Es folgt eine langwierige Suche der beiden nacheinander und das zermürbende Warten auf die Einwanderungserlaubnis nach Palästina in einem Lager für Displaced Persons. Der traumatisierte Kriegsheimkehrer, der erst durch weiblichen Beistand wieder ins Leben zurückfindet, gehörte nach Wolfgang Staudtes Die Mörder sind unter uns zum festen Typenarsenal des zeitkritischen „Trümmerfilms“. Seine letzte und bis heute gültige Ausprägung erhielt er 1949 in Wolfgang Liebeneiners Liebe 47. Die hoffnungslose Grundstimmung der Vorlage Draußen vor der Tür, Wolfgang Borcherts bereits im Spätherbst 1946 entstandenem Hörspiel, musste Liebeneiner dem Zeitgeist nach der Währungsreform entsprechend ins Optimistische modifizieren. Dem depressiven Unteroffizier Beckmann stellte er die junge Witwe Anna Gehrke zur Seite, die von ihrem schweren, aber pragmatisch bewältigten Schicksal berichtet. Die Zusammenführung der beiden Geschichten in einem zaghaften Happy End machte die quälenden Reminiszenzen an die frühe Nachkriegszeit – in expressionistischer Bildsprache und surrealistischen Traumsequenzen erzählt – für das Publikum jedoch nicht erträglicher: Der Film wurde an den Kinokassen ein Flop. „Liebe 47 ist der ehrlichste, sauberste, künstlerisch überzeugendste und aufrichtigste deutsche Nachkriegsfilm.“ (Willy Thiem, Abendpost/ Frankfurt, 2.4.1949) (jr) Unter Verzicht auf plakative Schuldzuweisungen sollte Lang ist der Weg vor allem auch das internationale Publikum auf die unerträgliche Lage der jüdischen Displaced Persons in Deutschland aufmerksam machen und die Kampagne für die Gründung Israels unterstützen. Für die notwendige Authentizität sorgten Laiendarsteller, Original schauplätze, eingeschnittenes Dokumentarmaterial und ein Sprachgemisch aus Deutsch, Polnisch und Jiddisch. (jr) De dijk is dicht NL 1950, R/B: Anton Koolhaas, K: Piet Buis, D: Kees Brusse, Henny Alma, Jan Teulings 100' · OF DI 23.06. um 20 Uhr Der junge Bert Verbloeme ist psychisch gebrochen, seit britische Bomber im Oktober 1944 die Deiche auf der Halbinsel Walcheren zerstörten und seine Frau, eingeschlossen in einer Mühle, in den hereinbrechenden Fluten ertrank. Als er nach Jahren in seine Heimat zurückkehrt, versinkt er – immer wieder von den Erinnerungen an die Kriegszeit heimgesucht – noch tiefer in seinen Depressionen. Allmählich lässt er sich jedoch vom ungebrochenen Aufbauwillen der Inselbewohner anstecken und fasst neuen Lebensmut. Die prächtigen Aufnahmen der zeeländischen Küstenlandschaft und die frischen Bilder vom Wiederaufbau kontrastieren wirkungs voll mit den düsteren Rückblenden in die Okkupationszeit. Die erste größere Spielfilmproduktion der nur langsam wieder anlaufenden niederländischen Filmindustrie hatte eine klare Botschaft an das Publikum, die den Zeitgeist authentisch wiedergab: Es ist an der Zeit, das Kapitel „Krieg“ zu beschließen, den Deich „dicht zu machen“, die Ärmel hochzukrempeln und nach vorne zu schauen. (jr) 20 1945 – NIEDERL AG E. BEFREIUNG. NEUANFANG Forçats d’honneur Prisoners of Honour – We Lived Through Buchenwald B 1946, R: Emile-Georges de Meyst, Georges Lust, B: Herman Closson, D: Maurice Auzat, André Bernier, Henri Billen, Nelly Corbusier, 106' · 35 mm, OmeU 1945 – NIEDERL AG E. BEFREIUNG. NEUANFANG 21 Der Ruf D (West) 1949, R: Josef von Báky, B: Fritz Kortner, D: Fritz Kortner, Rosemarie Murphy, Johanna Hofer, Lina Carstens, 104' · 35 mm SA 27.06. um 21 Uhr + DI 30.06. um 20 Uhr MI 24.06. um 20 Uhr Belgien unter deutscher Okkupation: Vereinzelt erlebt man Kollaborateure, Kriegsgewinnler und Denunzianten, in der Hauptsache aber aufrechte Patrioten und mutige Widerständler, die jedoch nach und nach von Gestapo und SS verhaftet und nach Buchenwald ver schleppt werden. Hier durchleiden sie den grausamen Lageralltag, kämpfen jedoch unbeirrt gegen die Schikanen der Bewacher und die eigene Verzweiflung, unternehmen Fluchtversuche und schmieden Widerstandspläne, bis sie von der US-Armee befreit werden. Im letzten Teil seiner Trilogie über das Schicksal der belgischen Widerstandskämpfer und Kriegsgefangenen zeichnet de Meyst seine Protagonisten nicht als ohnmächtige Opfer, sondern als „Häftlinge der Ehre“ und standhafte Märtyrer des Kampfes gegen den National sozialismus. Ein Drehbuch auf Basis von Augenzeugenberichten, akribisch rekonstruierte Lagerkulissen, eingeschnittenes Wochen schaumaterial und echte Sherman-Panzer bei den Befreiungsszenen sollten für Authentizität sorgen, doch das wahre Ausmaß des Grauens wurde nur in einigen Szenen angedeutet. (jr) Vom Scheitern eines gutwilligen Rückkehrers: Autor und Hauptdar steller Fritz Kortner, als Jude nach 1933 über Wien und London in die USA geflohen und Ende 1947 nach Berlin zurückgekommen, verarbeitete im Drehbuch seine persönlichen Erfahrungen mit der deutschen Nachkriegsgesellschaft. Der emigrierte Philosophie-Professor Mauthner folgt gegen den Rat seiner Freunde einem Ruf an seine alte Universität, trifft dort jedoch auf kaum verhohlenen Judenhass, neofaschistische Studenten und missgünstige Kollegen. Durch Zufall findet er seine geschiedene Frau wieder, ohne zu wissen, dass der gemeinsame, in Nazi-Deutschland aufgewachsene Sohn einer der Studenten ist, die ihm jetzt feindlich gegenüberstehen. Keine Pauschalabrechnung mit den Deutschen, sondern eine differenzierte Absage an die Kollektivschuld-These und eine eindringliche Warnung vor dem Fortwirken von Antisemitismus und Nationalsozi alismus. Aber auch ein Aufruf zur Versöhnung und Kortners Vision eines von der Freiheit des Geistes getragenen gesellschaftlichen Neuan fangs, die Mauthner in einer brillanten Rede vor seinen deutschen Studenten entwirft. (jr) 22 AGNIESZK A HOLL AND AGNIESZK A HOLL AND 23 Aktorzy prowincjonalni Provinzschauspieler PL 1978, R: Agnieszka Holland, B: Agnieszka Holland, Witold Zatorski, K: Jacek Petrycki, D: Halina Łabonarska, Tadeusz Huk, Iwona Biernacka, Ewa Dałkowska, Sława Kwaśniewska, Kazimiera Nogajówna, Janina Ordężanka, Krystyna Wachelko-Zaleska, 104' · 35 mm, OmeU DO 23.04. um 20 Uhr · Zu Gast: Agnieszka Holland Agnieszka Holland Eine Werkschau Polens wichtigste Regisseurin ist sie ohne jeden Zweifel, ihre Bedeutung ist damit jedoch nur ansatz weise beschrieben. Die 1948 in Warschau geborene Agnieszka Holland kann als Ausnahmeerscheinung nicht nur des polnischen, sondern des internationalen Kinos gelten. Ihre Ende der 1970er Jahre in ihrem Heimatland entstandenen und auf internationalen Festivals ausgezeichneten Filme sind zentrale Werke des für die damalige polnische Kinematografie typischen Kinos der moralischen Unruhe. Seit Anfang der 1980er Jahre entstehen ihre Filme jedoch vor allem außerhalb Polens – in verschiedenen Ländern, unter wechselnden Produktionsbedingungen, für unterschiedliche Zuschauerschaften. Hollands an Motiven und Themen reiche Arbeiten, die sowohl abendfüllende Produktionen als auch für das Fernsehen inszenierte Serienepisoden umfassen, adaptie ren filmische Traditionen aus verschiedenen Kultur kreisen. Sie sind Teile eines kosmologischen Werks, eines transnationales Œuvres. Eine Retrospektive im Rahmen des Festivals filmPOLSKA. Als ein Theaterregisseur aus Warschau an eine Provinzbühne kommt, sieht der für die Hauptrolle vorgesehene Darsteller eine Chance zum Aufstieg gekommen. Doch der Regisseur, der in dieser Inszenie rung lediglich eine routinierte Auftragsarbeit sieht, zügelt den Enthusiasmus des Schauspielers. Dessen hartnäckige Ambitionen kosten ihn nicht nur seine Ehe, sondern auch seinen Rückhalt im Betrieb. Holland verfolgt eine veristische Ästhetik: Gedreht wurde an Originalschauplätzen unter beengten räumlichen Bedingungen. Entspre chend wirken die Bilder gedrängt und überfüllt, die Kamera rückt oft dicht an die Gesichter und fängt die Belastungen der Schauspieler unmittelbar ein: Eine direkte Allegorie auf die repressiven Bedingungen, die Kulturschaffende hinter dem Eisernen Vorhang erdulden mussten. Holland gelingt nicht nur ein „intimer Blick in das Innen leben einer Provinzbühne“ (Hans C. Blumenberg, Die Zeit, 16.05.1980), sondern auch „ein liebevoll-kritisches bis ironisch-sarkastisches Bild des polnischen Kulturbetriebes“. (Josef Schnelle, film-dienst, 20/1980). Die lakonische Komödie eröffnete 1980 die „Semaine de la Critique“ in Cannes, wo sie mit dem FIPRESCI-Preis ausgezeichnet wurde. (thg) 24 AGNIESZK A HOLL AND AGNIESZK A HOLL AND Powrót Agnieszki H. The Return of Agnieszka H. Kobieta samotna Eine alleinstehende Frau PL/CZ 2013, R/B: Krystyna Krauze, Jacek Petrycki, K: Jacek Petrycki, 77' · Blu-ray, OmeU PL 1981, R: Agnieszka Holland, B: Agnieszka Holland, Maciej Karpiński, K: Jacek Petrycki, D: Maria Chwalibóg, Bogusław Linda, Paweł Witczak, Sława Kwaśniewska, 93' · 35 mm, OmeU FR 24.04. um 19.30 Uhr + FR 01.05. um 21 Uhr Ausgehend von Agnieszka Hollands Arbeit an der HBO-Mini serie Burning Bush über die Ereignisse des Prager Frühlings, wirft The Return of Agnieszka H. einen Blick auf die Jahre zwischen 1966 und 1971, die Holland als Studentin der tschechischen Filmhochschule FAMU in Prag und einige Monate davon wegen ihrer Unterstützung des Prager Frühlings in Haft verbrachte. Nicht nur die tschechoslowakische Neue Welle und ihr Studium bei Miloš Forman erweisen sich dabei als prägend für ihr Schaffen. Auch die unmittel baren Erfahrungen unter einem repressiven System schärften ihr Gespür für die Mechanismen der Macht und den Wert eines würde vollen Daseins in persönlicher Freiheit. Im persönlichen Gespräch mit ihrem langjährigen Freund und Kameramann Jacek Petrycki legt der vielschichtige Porträtfilm die biografischen und politischen Grundlagen des mittlerweile 40 Jahre umfassenden, internationalen Schaffens einer Filmemacherin frei, die in ihren zahlreichen historischen Filmstoffen immer wieder auf den reibenden Konflikt zwischen vorherrschenden Überzeugungen und der Freiheit des Individuums zurück kommt. (thg) 25 FR 24.04. um 21 Uhr + SA 02.05. um 19 Uhr Wrocław, frühe achtziger Jahre: Am Rande der Stadt versucht die von ihrem gewalttätigen Ehemann verlassene Postbotin Irena mit ihrem verhaltensauffälligen Sohn über die Runden zu kommen. Als sie an der Haustür des frühpensionierten Bergarbeiters Jacek zusammen bricht, lässt sie sich in der Hoffnung auf eine Vaterfigur für ihren Sohn und auf etwas Zuneigung auf eine Affäre ein. In ihrer finanziel len Not stiehlt sie Pensionsschecks und verstrickt sich in ein Netz aus Lügen. Kurz vor der geplanten Flucht nach West-Berlin ereignet sich eine Katastrophe. In Eine alleinstehende Frau erweist sich Holland als engagierte Chronistin der sozialen Realität des Polens der frühen achtziger Jahre. Die erschütternde Milieustudie wurde rasch aus dem Verkehr gezogen, nachdem die Jaruzelski-Regierung im Dezember 1981 zur Zerschlagung der Solidarność-Bewegung das Kriegsrecht ausge rufen hatte. Erst 1988 erfuhr der Film eine späte Anerkennung durch das polnische Filmfestival in Gdynia, das ihn mit dem Spezialpreis auszeichnete. „Ich war sehr zufrieden mit diesem Film. In formaler Hinsicht entspricht er genau dem, was ich im Sinn hatte.“ (Agnieszka Holland, Faces of Agnieszka Holland, 2013). (thg) 26 AGNIESZK A HOLL AND AGNIESZK A HOLL AND 27 Europa Europa Hitlerjunge Salomon Washington Square Die Erbin vom Washington Square BRD/PL/F 1990, R/B:Agnieszka Holland, K: Jacek Petrycki, D: Marco Hofschneider, André Wilms, Ashley Wanninger, Klaus Abramowsky, Michèle Gleizer, Delphine Forest, René Hofschneider, Julie Delpy, Hanns Zischler, Martin Maria Blau, 113' · 35 mm, DF USA 1997, R: Agnieszka Holland, B: Carol Doyle (nach dem Roman von Henry James), K: Jerzy Zieliński, D: Jennifer Jason Leigh, Albert Finney, Maggie Smith, Ben Chaplin, Judith Ivey, Jennifer Garner, Robert Stanton, Nancy Daly, Peter Maloney, Lauren Hulsey, 116' · 35 mm, OF SA 25.04. um 18.30 Uhr SA 25.04. um 21 Uhr „Kein Drehbuchschreiber hätte die Geschichte von Schlomo Perel erfinden können.“ (Andreas Kilb, Die Zeit, 31.01.1992). Erst ein Zeitungs bericht machte daher den Berliner Produzenten Artur Brauner auf Salomon Perels abenteuerliche (Über-)Lebensgeschichte aufmerk sam: Unter dem falschem Namen Josef Peters gab er sich gegenüber der Wehrmacht als „Volksdeutscher“ aus und überlebte die Shoah auf diese Weise inmitten antisemitischer Häscher. Hollands Adaption von Henry James' Roman von 1881 wurde als Bestandteil einer ganzen Welle prächtig ausgestatteter Filme wahrgenommen, die auf Grundlage von Romanen aus dem 19. Jahrhundert im Allgemeinen, von James-Romanen im Besonderen entstanden. Wahrscheinlich auch gründend auf der Tatsache, dass Regisseurinnen für diese Welle verantwortlich zeichneten, erkundet jene nicht so sehr das romantische Potenzial und die liebreizenden Dekors, sondern fokussiert vor allem auf die Frauenf iguren und deren gesellschaftliche Zwangslage im 19. Jahrhundert. So auch Holland: Die für ihre Leistung gefeierte Jennifer Jason Leigh spielt die Tochter eines wohlhabenden Arztes, die sich wegen Liebesan gelegenheiten zusehends vom Druck in der Familie und der Gesell schaft emanzipieren muss. „Der Kampf um Selbstfindung und Emanzipation – nicht im klassischen Sinne der Gleichberechtigung, sondern als Überwindung überkommener Konventionen – weitet den psychologischen Konflikt von Catherine zu einem universellen Drama aus. [...] Atmosphärisch dicht entwirft [Holland] ein episches Sittengemälde des neuenglischen Großbürgertums, das die Kamera in verhaltenen Bildern mit sensibler Farbdramaturgie und in nahezu perfektionistischer Kalligrafie eines Milieus einfängt.“ (Margarete Wach, film-dienst, 07/1998). (thg) Noch während der gemeinsamen Produktion von Bittere Ernte schlägt Brauner Agnieszka Holland den Stoff für einen Film vor. Ihr zweiter Film über persönliche Schicksale während der Judenverfolgung begeistert insbesondere die internationale Kritik, gefolgt von einer Auszeichnung mit dem Golden Globe als bester ausländischer Film. Die deutsche Filmkritik reagierte unterdessen verhalten bis abweh rend. Die Weigerung der deutschen Oscarkommission, den Film als Kandidaten für die Academy Awards einzureichen, zog einen Eklat nach sich: Zahlreiche deutsche Filmschaffende solidarisierten sich in einem öffentlichen Brief mit der Regisseurin und ihrem Film, der sich für sie als Sprungbrett in die USA erweisen sollte. (thg) 28 AGNIESZK A HOLL AND The Secret Garden Der geheime Garten USA 1993, R: Agnieszka Holland, B: Caroline Thompson (nach dem Roman von Frances Hodgson Burnett), K: Roger Deakins, D: Kate Maberly, Heydon Prowse, Andrew Knott, Laura Crossley, Maggie Smith, John Lynch, Irène Jacob, 101' · 35 mm, DF AGNIESZK A HOLL AND 29 Olivier, Olivier F 1992, R: Agnieszka Holland, B: Agnieszka Holland, Régis Debray, Yves Lapointe, K: Bernard Zitzermann, D: François Cluzet, Emmanuel Morozof, Grégoire Colin, Faye Gatteau, Brigitte Roüan, Jean-François Stévenin, 110' · 35 mm, OmeU SO 26.04. um 18 Uhr SO 26.04. um 15 Uhr Adaption von Frances Hodgson Burnetts gleichnamigem Kinderbuch klassiker von 1911: Ein junges, in Indien aufgewachsenes Mädchen gelangt nach dem Tod der Eltern in die Obhut ihres im britischen Hinterland lebenden Onkels, der sich zwar wenig für es interessiert, es ihm aber auch an nichts mangeln lässt. Auf sich alleine gestellt, stößt das Mädchen beim Erkunden des umfangreichen Guts auf einen verborgenen, verwilderten Garten, dessen Geheimnisse es gemein sam mit einem Spielgefährten ergründet. In ihrer ersten amerikanischen Produktion, von Oscar-Preisträger Roger Deakins elegant fotografiert, erweist sich Holland aufs Neue als sensible Regisseurin von Kinder- und Jugendstoffen, die existentielle Fragen stellen: Der geheime Garten bietet den Kindern eine magische Welt, die sie zugleich auf das Erwachsenendasein vorberei tet. Vor allem die darstellerischen Leistungen der Kinder und das liebevolle Produktionsdesign begeisterten die Filmkritik. „Ein Werk voller Schönheit, Poesie und tiefer Geheimnisse. Wenn man es sieht, könnte man meinen, für eine Zeitlang eine verschlossene Welt zu betreten, in der sich einem das eigene Schicksal offenbart.“ (Roger Ebert, Chicago Sun-Times, 13.08.1993). (thg) Eine im idyllischen französischen Hinterland lebende, in ihrem Kern bereits erschütterte Familie zerbricht endgültig, nachdem eines Tages der kleine Sohn Olivier spurlos verschwindet. Jahre später greift die Pariser Polizei einen Stricherjungen auf, in dem sie den verlorenen Sohn wiederzuerkennen meint. Während die Eltern ihr Glück nicht fassen können, bleibt die Schwester skeptisch. Bereits der Filmtitel wirkt wie an Europa Europa, den Originaltitel von Hitlerjunge Salomon, angelehnt. Auch das sich behutsam ent faltende Thriller-Drama Olivier, Olivier kreist um die Identität eines verschwundenen Kindes, doch unterfüttert Holland ihren ebenfalls auf einer wahren Begebenheit fußenden Film insbesondere in den Schilderungen des Landlebens mit märchenhaften Untertönen und führt dabei Schritt für Schritt ins schwelende Neurosen-Unterholz einer Kleinfamilie. „Olivier, Olivier ist ein Stück Fin de Siècle Volks kunst, geschickt und verstörend zusammengesetzt aus Vermissten anzeigen auf Milchkartons, Entführungen durch Außerirdische und sexuell devianten Menschen. Wo andere Themen für Talkshows finden, entdeckt Holland das Material für moderne Mythen.“ (Rita Kempley, Washington Post, 19.03.1993). (thg) 30 AGNIESZK A HOLL AND Total Eclipse Total Eclipse – Die Affaire von Rimbaud und Verlaine F/GB/B 1995, R: Agnieszka Holland, B: Christopher Hampton, K: Giorgos Arvanitis, D: Leonardo DiCaprio, David Thewlis, Romane Bohringer, Dominique Blanc, Bruce Van Barthold, Christopher Hampton, Felicie Pasotti Cabarbaye, Nita Klein, 108' · 35 mm, OF SO 26.04. um 20.30 Uhr + MI 29.04. um 20 Uhr War die innige Beziehung zwischen Arthur Rimbaud und Paul Verlaine rein platonischer oder auch sexueller Natur? In seinem 1967 geschriebenen Theaterstück Total Eclipse, 1995 nach seinem eigenen Drehbuch von Agnieszka Holland verfilmt, beantwortet Christopher Hampton diese Streitfrage ganz eindeutig. Das künstlerische Schaffen der beiden Autoren rückt dabei zugunsten der Dynamiken innerhalb der zusehends zerstörerischen Dreieckskonstellation zwischen Rimbaud, Verlaine und dessen Gattin in den Hintergrund. Nicht die Kunst macht ihre Autoren interessant, sondern deren Abgründe ihre Kunst, scheint dieser Film, der einerseits die B ohemeAspekte des Stoffs betont, andererseits aber wenig in die Sympa thiebildung investiert, ausdrücken zu wollen. Der junge Leonardo DiCaprio verleiht „dem halbwüchsigen Rimbaud die Erotik eines durchtriebenen Straßenjungen.“ (Katja Nicodemus, Die Zeit, 20.01.1995). „Es hat den Anschein, als erblickt Holland in Rimbaud den Vorläufer späterer Rebellenkünstler; er wirkt wie ein Jim Morrison des 19. Jahrhunderts – ein Rockstar vor seiner Zeit.“ (Hal Hinson, Washington Post, 03.11.1995). (thg) AGNIESZK A HOLL AND 31 Gorączka Fieber PL 1981, R: Agnieszka Holland, B: Krzysztof Teodor Toeplitz (nach dem Roman von Andrzej Strug), K: Jacek Petrycki, D: Barbara Grabowska, Adam Ferency, Bogusław Linda, Olgierd Łukaszewicz, Tomasz Międzik, Aleksiej Awdiejew, Wiktor Grotowicz, Tadeusz Huk, Michał Juszczakiewicz, Krzysztof Kiersznowski, 122' · 35 mm, OmeU DI 28.04. um 20 Uhr + FR 01.05. um 18.30 Uhr Polen, frühes 20. Jahrhundert: Eine Gruppe von Sozialisten plant einen Bombenanschlag. Das Vorhaben schlägt fehl. Doch die Bombe kursiert fortan unter den Umstürzlern und inspiriert zu weiteren, neuerlich misslingenden Aktionen. Erstmals greift Agnieszka Holland ein historisches Sujet auf und legt damit den Grundstein für eine fortan tragende Konstante in ihrem Werk, das sich wiederkehrend mit der Geschichte insbesondere Osteuropas befassen wird. Vor dem Hintergrund seiner in Polen politisch bewegten Entstehungs zeit werden die Schilderungen fortlaufend scheiternder Aktionen einer Gruppe sozialistischer Aufständischer rasch als ein im histori schen Gewand codierter Kommentar mit akutem Zeitbezug lesbar: Als Chiffre für militanten Terror erweist sich die Bombe als ein jeden politischen Kampf zersetzendes Instrument. Ob sich dies als Warnung an Solidarność verstehen lässt oder als Menetekel an die Gewaltherrschaft der sozialistischen Machthaber, bleibt offen. In jedem Fall handelt es sich um einen Film „in den Kostümen der Jahrhundertwende, der besonders in dem Land verstanden werden dürfte, in dem er gedreht wurde.“ (Rolf-Ruediger Hamacher, film-dienst, 06/1982). (thg) 32 AGNIESZK A HOLL AND AGNIESZK A HOLL AND 33 W ciemności In Darkness Shot in the Heart Schuss ins Herz PL/D/CDN 2011, R: Agnieszka Holland, B: David F. Shamoon (nach dem Roman von Robert Marshall), K: Jolanta Dylewska, D: Robert Więckiewicz, Benno Fürmann, Agnieszka Grochowska, Maria Schrader, Herbert Knaup, Marcin Bosak, Julia Kijowska, Kinga Preis, Michat Zurawski, Weronika Rosati, 144' · DCP, OmU USA 2001, R: Agnieszka Holland, B: Frank Pugliese (nach dem Buch von Mikal Gilmore), K: Jacek Petrycki, D: Elias Koteas, Giovanni Ribisi, Anne Kathryn Parma, Ashley Edwards, Evyn Clark, Kim Abunuwara, Rick Macy, Terry Beaver, Lee Tergesen, Brett Fleisher, Sam Shepard, 90' · DVD, OF DO 30.04. um 20 Uhr SA 02.05. um 21 Uhr Lvov, 1943: Nur dem Engagement eines kleinkriminellen, von hehren Überzeugungen weit entfernten Kanalarbeiters ist es zu verdanken, dass eine Gruppe polnischer Juden in den Kanälen unter der Stadt die Judenverfolgung unter strapaziösen Bedingungen gleichsam zu überwintern imstande ist. Ihren dritten Film über eine Überlebens geschichte in der Shoah begriff Agnieszka Holland auch als ästhetische Herausforderung: Weite Teile des Films tragen sich in der nahezu undurchdringlichen Schwärze der Kanalisation zu. Der alptraumhafte Aspekt dieser von einer wahren Begebenheit inspirier ten Geschichte schlägt sich somit auch im Bild unmittelbar nieder. Den ursprünglichen Plänen der Investoren, den Film aus kommer ziellen Gründen auf Englisch zu drehen, verweigerte sich Holland energisch. Sie setzte eine authentisch multilinguale Produktion durch. „Dass die Fähigkeit zu menschlichem Handeln dem Menschen inhärent ist, in Zeiten der Finsternis und der organisierten Bestialität aber zu einer enormen Leistung wird: Dies unprätentiös und eindringlich erfahrbar zu machen ist das Verdienst dieses großartigen Films.“ (Robert Zimmermann, critic.de, 25.01.2012). (thg) Die Hinrichtung von Gary Gilmore besiegelte im Januar 1977 das endgültige Ende des bis dahin zehn Jahre währenden De-facto-Mora toriums für die Todesstrafe in den USA. Gerahmt von den Gefan genenbesuchen in den letzten Tagen vor Gilmores Exekution, wirft Agnieszka Holland in einer Abfolge von Flashbacks Schlaglichter auf eine von Gewalt und traumatischen Erlebnissen geprägte Biogra fie, die nicht nur in ein gewaltsames Verbrechen, sondern auch in einen gewaltsamen Tod gipfelt. Basierend auf den Memoiren von Gilmores Bruder Mikal gelingt ein einfühlsames Porträt, das die zum Zeitpunkt seines Entstehens noch sichtlichen stilistischen Beschrän kungen des Fernsehfilms mit Gewinn ummünzt: „In den zahlreichen Close-Ups und der beengten Kadrierung ist die Ästhetik des kleinen Bildschirms zwar allgegenwärtig. Doch Holland versteht es, sie in ihrem Sinn zu nutzen. Wenn sich der Film stets aufs Neue für Utahs Postkartenlandschaften öffnet, ist die Desorientierung greifbar. In Amerika sind wir alle verloren.“ (J. Hoberman, Village Voice, 26.03.2002). (thg) Hořící keř Burning Bush – Die Helden von Prag CZ 2013, R: Agnieszka Holland, B: Štĕpan Hulík, K: Rafał Paradowski, Martin Štrba, D: Tatiana Pauhofová, Jaroslava Pokorná, Petr Stach, Vojtĕch Kotek, Patrik Dĕrgel, Martin Huba, Igor Bareš, Adrian Jastraban, Jan Budař, Ivan Trojan, Denny Ratajský, 84' + 72' + 78' (mit kurzen Pausen) · OmeU SO 03.05. um 18 Uhr Prag, 1969: Wenige Monate nach der Besetzung der Tschechoslowakei durch die Sowjetunion setzt sich der Student Jan Palach auf dem Wenzelsplatz in Brand. Diesen späten ikonischen Moment der Prager Proteste nimmt Agnieszka Holland in Burning Bush zum Ausgangs punkt einer rückblickenden Rekonstruktion der Ereignisse rund um den Prager Frühling, den sie als Studentin selbst vor Ort erlebte. Neben dem Fundus dieser persönlichen Erfahrungen sind es vor allem die in die Produktion eingeflossenen, umfangreichen Recherche arbeiten, die Burning Bush nicht nur als akkurate, sondern auch dramaturgisch überzeugend aufbereitete Darstellung eines zentralen Moments der tschechischen Geschichte bestehen lassen. (thg) Der Eintrittspreis beträgt 10,- Euro. 34 AUS DEM FERNSEHARCHIV AUS DEM FERNSEHARCHIV 35 Heiratskandidaten Heiratskandidaten BRD 1975, R: Klaus Emmerich, B: Gabriele Wohmann, Klaus Emmerich, Klaus Voswinckel, K: Frank Brühne, M: Friedrich Scholz, D: Kyra Mladeck, Klaus Herm, Marianne Hoppe, Wilhelm Borchert, Mathias Müller, Maria Körber, 90' · DigiBeta MI 15.04. um 20 Uhr + SO 19.04. um 18.30 Uhr · Einführung: Jan Gympel Aus dem Fernseharchiv In den Archiven der öffentlich-rechtlichen Fernseh sender Deutschlands liegt ein kaum bekannter Schatz: Spielfilme teils prominenter Regisseure und/oder Drehbuchautoren, entstanden hauptsächlich in den sechziger und siebziger Jahren, als die Rundfunkanstal ten zugleich ein Übungs- und Experimentierfeld auch für Nachwuchsfilmemacher boten. Reine TV-Produk tionen, die in aller Regel auch nur im Fernsehen gezeigt wurden, dort allerdings ein Millionenpublikum erreichten. Auf diesen weitgehend vergessenen Teil der deutschen Filmgeschichte möchte die von Jan Gympel initiierte und mitkuratierte Reihe Aus dem Fernseh archiv hinweisen: Monatlich wird ein Fernsehspielfilm präsentiert, der seit langem nicht mehr gezeigt wurde und anderweitig nicht verfügbar ist. Arbeiten von bemerkenswerter Qualität und Vielfalt, was um so mehr erstaunt, als die thematisch und ästhetisch zum Teil eher „schwierigen“ Werke ihre Erstausstrahlung im Hauptabendprogramm der ARD erlebten. Im zweiten Quartal des Jahres 2015 stehen ein weiteres Mal Produktionen des Senders Freies Berlin, der 2003 im Rundfunk Berlin-Brandenburg aufgegangen ist, auf dem Spielplan. Die Veranstaltungen der Reihe Aus dem Fernseharchiv finden bei freiem Eintritt statt. Anders als heute beschäftigte das bundesdeutsche Fernsehen in den sechziger und siebziger Jahren gern renommierte Schriftsteller als Drehbuchautoren. So war denn dieser teils in Spanien gedrehte Film auch nicht die erste Arbeit von Gabriele Wohmann. Abermals stellte die Autorin eine Frau und deren Emanzipationsversuch in den Mittelpunkt. In Heiratskandidaten hat die aus gutbürgerlichen Kreisen stammende Protagonistin mittleren Alters einen Ausbruch (oder Fehltritt?) bereits hinter sich: Als ledige Mutter eines heftig puber tierenden Sohnes lebt sie mit diesem und ihren Eltern in einem West-Berliner Villenviertel. Angesichts ihres Umfeldes und ihrer eigenen psychischen Deformationen, aber auch der Unfähigkeit, sich von all dem zu befreien, führt ihr Vorhaben einer späten Familien gründung zu einem unhappy happy end. Der junge Regisseur Klaus Emmerich und sein Assistent Klaus Voswinckel hatten Gabriele Wohmanns Drehbuch in einer Weise ver- ändert, die der Autorin wenig behagte. Manch Kritiker wunderte sich warum: „In Emmerichs Inszenierung (…) geriet das Spiel zu einem glänzenden Psychogramm der Vergeblichkeit, in dem der Humor nicht zu kurz kam. Die Sache hatte bei aller Betroffenheit Witz – wann sieht man schon mal so etwas im Fernsehen.“ (T.T., Frankfurter Rundschau, 23.1.1975). (gym) 36 AUS DEM FERNSEHARCHIV AUS DEM FERNSEHARCHIV 37 Jeder stirbt für sich allein Tramp BRD 1962, R: Falk Harnack, B: Robert A. Stemmle, Falk Harnack, K: Heinz Pehlke, M: Peter Sandloff, D: Alfred Schieske, Edith Schultze-Westrum, Anneli Granget, Hartmut Reck, Friedrich Siemers, Martin Hirthe, Werner Peters, Benno Hoffmann, Friedrich Schoenfelder, 100' · DigiBeta BRD 1968, R: Peter Lilienthal, B: Barry Bermange, K: Gérard Vandenberg, D: Franciszek Pieczka, Vadim Glowna, Aca Stojković, Relja Bašić, Jelena Leskovar, Ingo Thouret, Rolf Zacher, 74' 74' · DigiBeta MI 20.05. um 20 Uhr + FR 22.05. um 18.30 Uhr · Einführung: Jan Gympel Hans Falladas 1947 erschienener Roman über ein Berliner Arbeiter ehepaar, das nach dem „Heldentod“ seines einzigen Sohnes verzwei felt-hilflos gegen den Nationalsozialismus zu opponieren beginnt, ist in Deutschland seit langem berühmt. International hat er erst in jüngster Zeit Aufsehen erregt. Nahezu vollständig in Vergessenheit geraten ist die 1962 entstandene erste Filmadaption, über die Ralph Giordano in der Berliner Allgemeinen vom 3.8.1962 urteilte, das deutsche Fernsehen habe sich mit ihr „ein Verdienst erworben, das nicht genug zu loben ist“. Mit Falk Harnack (1913–1991) zeichnete für sie nicht nur einer der bedeutendsten politisch engagierten Filmemacher der jungen Bundesrepublik verantwortlich. Harnack war auch selbst im Widerstand gegen die Nazis aktiv gewesen, hatte das „Dritte Reich“ jedoch mit viel Glück überlebt – im Gegensatz zu seinem Bruder Arvid Harnack, dessen Frau Mildred oder seinen Cousins Ernst von Harnack und Dietrich Bonhoeffer. Nachdem Falk Harnacks Arnold-Zweig-Adaption Das Beil von Wandsbek in der DDR angegriffen worden war und sich weitere DEFA-Projekte zerschlagen hatten, versuchte er in der westdeutschen Filmindustrie Fuß zu fassen, wo er jedoch nur wenige Werke inszenieren konnte. Ab Ende der 1950er Jahre arbeitete er, außer am Theater, fast ausschließlich für das Fernsehen – weshalb sein ebenso umfangreiches wie bedeutendes Schaffen mittlerweile kaum mehr zu sehen ist. (gym) DO 18.06. um 20 Uhr + SO 21.06. um 19 Uhr · Einführung: Jan Gympel „Der 39jährige Lilienthal war stets ein eigenwilliger Außenseiter unter den jungen Filmemachern. Von der Wiedergabe platter Realität hat er nie etwas gehalten, doch sind für ihn die seltsamen, merk würdigen Leute, die in seinen gern ‚absurd‘ oder ‚kafkaesk‘ titulierten Filmen erscheinen, durchaus real“, erklärte Kurt Habernoll in der West-Berliner Mittagszeitung Der Abend vom 10.12.1968. Bevor er Kinofilme realisieren konnte, hatte sich Peter Lilienthal einen Ruf als Schöpfer avantgardistischer TV-Produktionen erworben. Mit Tramp bestätigte er diesen nachdrücklich. Der im damaligen Jugoslawien gedrehte Film schildert fragmenta risch die Geschichte des Reisenden oder auch Flüchtlings Josef (der wohl nicht zufällig den Vornamen mit dem Protagonisten aus Kafkas Der Prozess teilt), welcher einen Verwundeten und einen Toten findet. Einige Männer, die in die Tat verwickelt scheinen, reden ihm ein, er dürfe nicht zur Polizei gehen, und er schließt sich ihnen an. Ponkie stellte in der Abendzeitung vom 12.12.1968 fest: „die ‚Hand lung‘, die Fluchtreise eines Außenseiters mit einer Gruppe Fremder, wird nur als Gerüst für Irrationales benutzt“ und „Lilienthals ohnehin gefährlicher Hang zur Manier hat hier die Grenze des Originalen überschritten“. Die Parabel sei „eine fast groteske Fehlleistung“. Habernoll fand hingegen: „Übrigens kann man den von Gerard Vandenberg fast zu brillant und kunstvoll fotografierten Film auch als schwarzen Krimi, als böse, tödliche Intrige genießen.“ (gym) 38 BERLIN.DOKUMENT BERLIN.DOKUMENT 39 West-Berlin: Einzug der Moderne FR 10.04. um 18.30 Uhr + SO 12.04. um 18.30 Uhr · Einführung: Jeanpaul Goergen Eine Stadt ist optimistisch BRD 1957, R: Rudi Flatow, 10' · 35 mm Projekt: Schnellstraße BRD 1957, R: Rudi Flatow, 11' · DVD Berlin – Hauptstadt Deutschlands BRD 1958, R: Bodo Menck, 15' · 35 mm Stadtautobahn Nr. 1 BRD 1959, R: Rudi Flatow, 11' • DVD Hauptstadt Berlin GB 1959, R: John McHale, 12' · DigiBeta, OF Die Stadt BRD 1960, R: Herbert Vesely, 36' · DigiBeta Berlin.Dokument Berlin.Dokument – unter diesem Titel präsentiert das Zeughauskino in chronologischer Folge monatlich ein Programm mit dokumentarischen Aufnahmen von Berlin. Die Programme erzählen mosaikartig eine Geschichte Berlins, wie sie in oft unbekannten, an den Rändern der kommerziellen Filmindustrie entstande nen Aufnahmen überliefert ist. Im April widmet sich Berlin.Dokument dem West-Berlin der späten fünfziger Jahre und seinem Aufbruch in die Moderne. Das Programm versammelt vor allem Kurzfilme über städtebauliche Projekte und präsentiert mit Herbert Veselys Filmessay Die Stadt einen ersten radikalen Stadtfilm, der die ausgetretenen Pfade des Kulturfilms verlässt. Dokumentarische Arbeiten über Ostberliner Straßen und Plätze bringt Berlin. Dokument im Mai zusammen. Das Juni-Programm versammelt bundesdeutsche Informationsfilme aus den Jahren 1958 und 1959, die West-Berlin als „Vorposten der Freiheit“ charakterisieren. Berlin.Dokument entsteht in Zusammenarbeit mit dem Bundes archiv-Filmarchiv und wird von Jeanpaul Goergen kuratiert. West-Berlin, Ende der 1950er Jahre: Die Teilstadt bekennt sich zur Moderne. In Eine Stadt ist optimistisch (1957) arbeiten die Stadtplaner an klaren und durchdachten Wohngebieten als scharfe Absage an das unorganisch gewachsene Häuser- und Straßenlabyrinth Berlins. Noch haben sie die gesamte Stadt im Blickfeld, der geplante Schnellstraßenring endet aber an den Sektorengrenzen. Projekt: Schnellstraße (1957) und Stadtautobahn Nr. 1 (1959) d okumentieren den ersten Bauabschnitt zwischen Hohenzollerndamm und Halensee. Berlin – Hauptstadt Deutschlands (1958) stellt die mit Bundesmitteln und Marshallplangeldern realisierte Aufbauleistung im Westteil der Stadt vor. Der Anspruch auf Berlin als Hauptstadt eines wiedervereinigten Deutschland drückt sich auch in dem städtebaulichen Ideenwettbewerb „Hauptstadt Berlin“ von 1957/58 aus. Der gleichnamige britische Film Hauptstadt Berlin (1959) präsentiert am Beispiel von London die nicht realisierte Vision der Architekten Alison Smithson, Peter Smithson und Peter SigmondeWonke. 1960 nimmt Herbert Vesely West-Berlin als Anlass für eine soziologische Filmstudie zum Thema Stadt – ein erster radikaler Versuch, einen Städtefilm jenseits der ausgetretenen Pfade des Kulturfilms zu komponieren. (jg) 40 BERLIN.DOKUMENT BERLIN.DOKUMENT 41 Ost-Berlin: Straßen, Plätze, Milieus West-Berlin: Stadt und Vorposten der Freiheit SO 10.05. um 18 Uhr + DI 12.05. um 20 Uhr · Einführung: Jeanpaul Goergen SO 14.06. um 20 Uhr + DI 16.06. um 20 Uhr · Einführung: Jeanpaul Goergen Maiparade 1956 DDR 1956, R: Günter Klein, 14' · 35 mm Eine Nacht wie jede andere DDR 1957, R: Joachim Hadaschik, 15' · 35 mm Mehr als eine Straße DDR 1959, R: Helmut Schneider, 31'· 35 mm Pankow – ein Bezirk in Berlin DDR 1957, 8' · DVD Zille und sein Berlin DDR 1959, R: Wernfried Hübel, 23' · 35 mm Berlin – Vorposten der Freiheit BRD 1958, 25' · 35 mm Berlin – Stadt der Freiheit BRD 1959, R: A. Werner Uhlig, 31' · 35 mm Ifage-Magazin Nr.24. Berlin gehört zu Europa BRD 1959, 12' · 35 mm Deutschlandspiegel – Sonderbericht Berlin BRD 1959, 17' · 35 mm Am 1. Mai 1956 paradieren erstmals Einheiten der neu aufgestellten Nationalen Volksarmee auf dem Marx-Engels-Platz; der Bedeutung dieser Machtdemonstration entsprechend wird die Maiparade 1956 auf Farbfilm festgehalten. Eine Nacht wie jede andere (1957) begleitet den Funkwagen „Toni 14“ auf einer nächtlichen Streifenfahrt durch Berlin. Wir erleben die Volkspolizei bei der Festnahme eines Autodiebs, aber auch als Freund und Helfer, der ein schwer krankes Kind schnellstmöglich in die Notaufnahme bringt. Mehr als eine Straße (1959) zeichnet anhand der Karl-LiebknechtStraße die Geschichte der Arbeiterbewegung nach. Pankow – ein Bezirk in Berlin (1957) präsentiert nicht nur die Pankower Kandidaten der Nationalen Front zu den Gemeinde- und Kreistagswahlen in der DDR am 23. Juni 1957, sondern stellt auch die volkseigenen Güter und sozialen Einrichtungen des Bezirks vor. Zille und sein Berlin (1959) besticht durch klug eingesetzte Animationen und kulissenartige Inszenierungen von Zilles berühmten Zeichnungen des Berliner Milieus. (jg) Ein zentrales Motiv der bundesdeutschen Informationsfilme über West-Berlin ist die Charakterisierung der Stadt als „Vorposten der Freiheit“. Hinzu kommt eine scharfe antikommunistische Rhetorik. Berlin – Vorposten der Freiheit (1958) adressiert die arabische Welt und hebt vor allem auf Berlin als Industriestandort ab. Berlin – Stadt der Freiheit (1959) rekapituliert die wichtigsten Stationen der Berliner Nachkriegsgeschichte. Der Regierende Bürgermeister Willy Brandt stellt die Stadtplanung vor und lobt die beim Wiederaufbau bereits erbrachten Leistungen. In Berlin gehört zu Europa (1959) reist Willy Brandt nach New York und Tokio sowie nach Brüssel, um für Verständnis für die besondere Lage West-Berlins zu werben. Der Deutschlandspiegel, ein vor allem für das Ausland bestimmtes monatliches Filmmagazin, listet in einem Sonderbericht Berlin (Oktober 1959) wesentliche Merkmale der Teilstadt auf: die Versor gung der Stadt über Fernlastzüge, der Zeitungsdruck im Druckhaus Tempelhof, West-Berlin als Industrie-, Kongress- und Modestadt, Wohnen in der Siemensstadt, Tourismus, Brückenbau und Stadtauto bahn, schließlich das grüne Berlin mit Grunewald und Strandbad Wannsee, der Flughafen Tempelhof. Die Berliner aber bleiben in ihrer Stadt, so der Kommentar, „weil sie Berlin lieben und ihre Freiheit, die besonders kostbar ist, wenn sie bedroht wird.“ (jg) 42 CINEMA OF OUTSIDERS: PART II CINEMA OF OUTSIDERS: PART II 43 Memoirs of an Invisible Man Body Snatchers USA 1992, R: John Carpenter, B: Robert Collector, Dana Olson, William Goldman, K: William A. Fraker, D: Chevy Chase, Daryl Hannah, Sam Neill, 99' · 35 mm, OF MI 01.04. um 20 Uhr · Einführung: Hannes Brühwiler Cinema of Outsiders: Part II US-amerikanisches Kino der 1990er Jahre Die Komödie The Muse erzählt von einem erfolgreichen Drehbuchautor, der mit einem Mal nicht mehr gefragt ist. Albert Brooks inszeniert Hollywood als einen Ort, der Erfolg an den Einspielergebnissen der gerade aktuellsten Produktion misst und in dem hochnäsige studio executives Künstlern das Leben zur Hölle machen. Diesen prekären Status des Autors nimmt der zweite Teil der Retrospektive Cinema of Outsiders zum Ausgangspunkt für einen Blick auf die US-amerika nische Filmproduktion der 1990er Jahre. Gleichzeitig fragt die Reihe: Was für eine Bedeutung kann „unabhän giges Filmeschaffen“ innerhalb einer Medienland schaft, in der „Indie“ nur ein Marktsegment unter vielen ist, überhaupt noch haben? Die Filmauswahl knüpft an das Ende 2013 präsentierte erste Kapitel von Cinema of Outsiders an, das sich auf die an den Rändern der Filmindustrie entstandenen Independent-Filme der 1980er Jahre konzentriert hatte. Die ebenfalls von Hannes Brühwiler kuratierte Nachfolgereihe untersucht einen anderen Modus von Außenseiterschaft: Cinema of Outsiders: Part II stellt ambitionierte Filmemacherinnen und Filmemacher ins Zentrum, die den Versuch unternahmen, weiterhin innerhalb der Major-Studios zu arbeiten, und die dafür oftmals erbitterte Streitereien mit den finanzieren den Studios ausfochten. Anstatt einer Shareholder-Versammlung beizuwohnen, zieht es der verkaterte Börsenmakler Nick Halloway vor, sich in der Sauna der Firma auszuruhen. Als es in einem nuklearen Forschungslabor des Unternehmens zu einem Zwischenfall kommt, verschläft er sprich wörtlich die Katastrophe - und erwacht als Unsichtbarer. Doch selbst die Durchsichtigen können sich dem Zugriff der Macht nicht lange entziehen: Die Regierung sieht in Halloway den Soldaten der Zukunft. John Carpenter übernahm die Regie zuerst nur, weil sich sonst niemand fand, der Chevy Chase in einer seriösen Rolle filmen wollte. Chase schwebte ein Film über die Einsamkeit eines unsichtbaren Mannes vor. Carpenter dagegen interessiert sich mehr für am Sur realismus orientierte Spezialeffekte und für eine Liebesgeschichte, deren Leichtigkeit und Verträumtheit an Starman (1984) und Big Trouble in Little China (1986) anknüpft. Memoirs of an Invisible Man ist ein früher Höhepunkt einer Serie von Filmen der frühen 1990er Jahre, deren Protagonisten heimatlos und unruhig durch die Erzäh lungen geistern. „Die Unsichtbarkeit wird einerseits zum tragischen Stigma, andererseits zum bitteren Hilfsmittel zur Selbsterkenntnis, das Nick die Profillosigkeit seines bisherigen Daseins vor Augen führt: keine Familie, keine wirklichen Interessen, keine politische Überzeugung - Nick ist in jeder Hinsicht ein „moderner“ amerikani scher Durchschnittsbürger, genormt und vorgestanzt, schon nicht auffallend, bevor er unsichtbar wurde.“ (Horst Peter Koll, film-dienst, 19/1992). (hb) 44 CINEMA OF OUTSIDERS: PART II CINEMA OF OUTSIDERS: PART II 45 Mad Dog and Glory Body Snatchers USA 1993, R: John McNaughton, B: Richard Price, K: Robby Müller, M: Elmer Bernstein, D: Robert De Niro, Bill Murray, Uma Thurman, David Caruso, 97' · 35 mm, OF USA 1992, R: Abel Ferrara, B: Larry Cohen, Stuart Gordon, Dennis Paoli, Nicholas St. John, D: Gabrielle Anwar, Terry Kinney, Meg Tilly, Forest Whitaker, 87' · 35 mm, OF DO 02.04. um 20 Uhr + SO 05.04. um 21 Uhr Ein trauriger Film voller lustiger Figuren. Robert De Niro spielt einen Polizeifotografen, der eigentlich lieber künstlerisch wertvolle Bilder gestalten möchte, Bill Murray verkörpert einen Gangster, der auf absurd-rücksichtslose Art über sein Reich wacht. Mad Dog and Glory ist ein im besten Sinne bescheidener Film, den man als einen romantic crime thriller bezeichnen könnte. McNaughton versteht es, seinen beiden Hauptdarstellern, die er sozusagen in vertauschten Rollen auftreten lässt (Murray als de Niro, De Niro als Murray), freien Lauf zu lassen. Diese spezielle Form von Freiheit schlägt sich auch im Drehbuch von Richard Price nieder: „Mad Dog and Glory wirkt kalkuliert und versponnen zugleich, konstruiert und verspielt. Ein Film der dramatischen Reduktion wie der clownes ken Zuspitzung. Ein Film des Nachklangs auf ein Kino, das das Immer gleiche immer wieder anders erzählte. Nicht, dass John McNaughton die üblichen Geschichten miede; er unterläuft sie nur. Wie er auch den gängigen Blick nicht meidet, sondern ihn durch ein doppelbödiges ästhetisches Kalkül erweitert. In gewisser Weise wirkt der Film wie ein Konzentrat der ewigen New Wave: wie eine Außenseiter-Imagina tion, die das Traditionelle nicht scheut, um tiefer ins Innere ihrer selbst zu kommen, um über das Techtelmechtel mit dem Kommerz die eigenen Grenzen auszuloten – und, nicht zuletzt, um endlich größere Kreise zu ziehen.” (Norbert Grob, Die Zeit, 30.7.1993). (hb) FR 03.04. um 21 Uhr Abel Ferraras Body Snatchers ist die dritte Verfilmung von Jack Finneys gleichnamigem Roman. In Ferraras Film ist die Handlung nicht mehr, wie in den Versionen von Don Siegel und Philip Kaufman, in einer Kleinstadt angesiedelt, sondern auf einer Militärbasis. Aliens haben sich dort unbemerkt eingeschlichen und bereiten eine all mähliche Übernahme der Menschheit vor, indem sie die Opfer bis ins kleinste Detail (ausgenommen allerdings deren Emotionen) kopieren. Body Snatchers ist Ferraras düsterster, vielleicht auch härtester Film, ein Film, der die Intimität der Familie mit der Kälte des militärischen Apparats konfrontiert. „Body Snatchers beinhaltet mindestens drei Dimensionen: eine Familiengeschichte, ein futuristisches Pamphlet über die industrielle Verschmutzung und Militarisierung der Welt so wie ein Blick auf die Menschheit nach Hiroshima, in der alles im Schat ten liegt, wo jede Silhouette ausschließlich aus dem Gesichtspunkt ihres eigenen Verschwindens betrachtet wird.” (Nicole Brenez). (hb) 46 CINEMA OF OUTSIDERS: PART II CINEMA OF OUTSIDERS: PART II 47 Gremlins 2: The New Batch The Bridges of Madison County USA 1990, R: Joe Dante, B: Charles S. Haas, D: Zachary Galligan, Phoebe Cates, John Glover, Christopher Lee, 99' · 35 mm, OF USA 1995, R: Clint Eastwood, B: Richard LaGravenese, D: Clint Eastwood, Meryl Streep, Annie Corley, Victor Slezak, 135' · 35 mm, OF SA 04.04. um 19 Uhr SA 04.04. um 21 Uhr + DI 07.04. um 20 Uhr Wo Gremlins (1984) die US-amerikanische Main Street unsicher machte, zieht Gremlins 2: The New Batch in die nicht minder i konische Skyline von New York um. Sechs Jahre sind seit dem ersten Teil vergangen. Billy lebt nun in der Metropole und arbeitet in einem Hightech-Wolkenkratzer, der dem Medienmogul Daniel Clamp gehört. Inmitten dieses technologischen Paradieses lebt der gutmütige Mogwai Gizmo. Doch wieder gelingt es seiner Umgebung nicht, das Plüschwesen von dem gefährlichen Wasser fernzuhalten, und so ist es nur eine Frage der Zeit, bis erneut andere, bösartige Mogwais aus seinem Fell schlüpfen. Die Karriere von Clint Eastwood gehört zum Beständigsten, was das jüngere US-amerikanische Kino zu bieten hat. Schlossen seine frü heren Filme an das Werk von Sergio Leone, Don Siegel und vor allem William A. Wellman an, so erinnert The Bridges of Madison County an die Melodramen Douglas Sirks. Der Film basiert auf dem gleichnami gen Buch von Robert James Waller. Eastwood nimmt allerdings eine wichtige Änderung vor: Er erzählt die Geschichte aus Sicht der Frau. Nach dem Erfolg des ersten Teils drängte Warner Bros. Joe Dante zu einer Fortsetzung, zu der er nach anfänglichem Zögern bereit war. Kaum hatten jedoch die Arbeiten begonnen, kam es schon zu Konflik ten mit dem Studio, vor allem wegen der Gewaltdarstellungen: „Make it less gruesome and goopy”, lautete die Anweisung. Doch Dante setzte sich durch. „Gremlins ist in einer fundamentalen Division der amerikanischen Populärkultur verankert, zwischen der Lieblich keit und Geselligkeit der Disney Filme und dem hemmungslosen Es der Warner Bros. Looney Tunes. Gewinnen die Kräfte von Disney den ersten Teil, so dominieren die barbarischen Horden von Warner Bros. die Fortsetzung.” (Dave Kehr). (hb) Nach dem Tod von Francesca Johnson finden ihre beiden Kinder Tage bücher, in denen die Mutter von einer leidenschaftlichen Liebes geschichte erzählt, die sie Mitte der 1960er Jahre mit dem Fotografen Robert Kincaid erlebte. Der Film ist als eine einzige große Rückblende organisiert, in der sich den Kindern das unbekannte Leben einer Frau offenbart, die aus Italien nach Iowa gezogen war, die sich dort immer etwas fremd gefühlt hatte und die schließlich mit dem Fotografen Kincaid einen Moment gemeinsamen Glücks genoss. Wie in allen Filmen Eastwoods herrscht das Gebot der Nüchternheit. Michael Henry Wilson schreibt: „Kincaid dreht den Rücken zur Kamera, sobald Tränen in seine Augen steigen. Emotionale Verwüstung verlangt allergrößte Nüchternheit; Herzschmerz erfordert radikalen Minima lismus.” (hb) 48 CINEMA OF OUTSIDERS: PART II CINEMA OF OUTSIDERS: PART II Clueless Carlito’s Way USA 1995, R/B: Amy Heckerling, D: Alicia Silverstone, Paul Rudd, Stacey Dash, Dan Hedaya, 97' · 35 mm, OF USA 1993, R: Brian De Palma, B: David Koepp, D: Al Pacino, Sean Penn, Penelope Ann Miller, John Leguizamo, 140' · 35 mm, OmU SO 05.04. um 19 Uhr DO 09.04. um 20 Uhr + FR 10.04. um 21 Uhr Das Leben der jungen Cher findet zwischen einem prall gefüllten Kleiderschrank und der High School statt, wo sie die Beliebtheitsskala anführt. Shopping mag wichtig sein, doch so richtig glücklich ist sie nur, wenn sie Gutes tun kann. Entweder für sich selbst, indem sie Lehrer bezirzt, um ihre ursprünglich mäßigen Noten zu verbessern, oder für ihre Mitschüler. Zum Beispiel für eine neue Mitschülerin, die in Windeseile in Chers Clique integriert und fortan kompetent in Stilund Liebesfragen beraten wird. Amy Heckerling erzählt vom (Liebes-) Leben junger Frauen. Die narrative Struktur gibt Jane Austens Emma vor, allerdings wird das England des frühen 19. Jahrhunderts durch das Beverly Hills der 1990er ersetzt. Clueless ist ein rasant e rzählter Film, der in der popkulturgesättigten Erfahrungswelt seiner Heldinnen schwelgt. Es wäre jedoch falsch, Heckerlings bisher letzten großen Mainstream-Erfolg als schrille Satire abzutun. Clueless ist ein aufrichtiger Film über das Erwachsenwerden, der – wie jede gute Komödie – seine Figuren in jeder Sekunde ernst nimmt. (hb) Showgirls USA 1995, R: Paul Verhoeven, B: Joe Eszterhas, K: Jost Vacano, D: Elizabeth Berkley, Kyle MacLachlan, Gina Gershon, 128' · 35 mm, OF MI 08.04. um 20 Uhr Die 1990er Jahre waren das Jahrzehnt von Paul Verhoeven. Seine Filme gingen überfallartig auf die Zuschauer los - und auf die Filmkritik, die seine Werke mal als Gewaltorgien (Total Recall, 1990), mal als männliche Sexphantasien (Basic Instinct, 1992) verschrie. Jeder neue Film war ein neues Ringen mit dem Publikum, das spätestens bei Hollow Man (2000) erschöpft am Boden lag. Showgirls, genau in der Mitte des Jahrzehnts entstanden, ist bis heute sein umstrittenstes – und exzessivstes – Werk. Der Traum von einer Karriere als Tänzerin führt Nomi Malone nach Las Vegas. Zuerst arbeitet sie in einem billigen Striplokal, doch schnell wird man auf sie aufmerksam. Nomi wird als Tänzerin für eine der großen Shows engagiert … Showgirls ist der Film eines Regisseurs, der alles riskiert. Nur Wenigen gelang bisher eine solch fiebrige Darstellung kapitalistischer Kräfte. „Es ist der beste amerikanische Film von Verhoeven und sein persönlichster. Das Drehbuch zeichnet sich durch eine große Ehrlichkeit aus. Wie alle seine Film ist auch dieser sehr unangenehm: es geht ums Ü berleben in einer Welt, die von Arschlöchern bevölkert ist und dies ist auch Verhoevens Philosophie.” (Jacques Rivette). (hb) 49 Die von Extremen geprägte Karriere von Brian De Palma ist eine der spannendsten im US-amerikanischen Kino. Von den einen wird er als bloßer Epigone Alfred Hitchcocks verspottet, der seinem Meister blind nacheifere; von den anderen wird er als einer der wichtigsten Hollywoodregisseure seiner Zeit verehrt, weil er wie kaum ein an derer Filmemacher in der Lage sei, auf höchstem technischen Niveau abgründige Bildwelten zu erschaffen. In Carlito’s Way erzählen De Palma und sein Drehbuchautor David Koepp in klassischer Manier die Geschichte einer Wiedergeburt. Als der Drogendealer Carlito aus dem Gefängnis entlassen wird, schwört er seinem früheren Leben ab und ist fest entschlossen, sich eine neue Existenz aufzubauen. Doch sein Ruf als berüchtigter Dealer lässt ihn nicht los, und als er durch unglückliche Umstände in eine Schießerei gerät, hat ihn die Straße endgültig zurück. De Palmas kontrollierte und konzentrierte Regie verwandelt die vertraute Geschichte in einen der schönsten Filme der neunziger Jahre. „Carlito’s Way ist ein mythischer, im Fummel eines 70er Jahre Thrillers steckender W estern über einen Mann, der realisiert, dass das Gangster-Leben, für das er früher einmal tötete, tatsächlich nur die Imitation des Lebens ist – es ist nicht nur unmoralisch, sondern auch albern und langweilig.” (Matt Zoller Seitz). (hb) 50 CINEMA OF OUTSIDERS: PART II CINEMA OF OUTSIDERS: PART II 51 Cookie Out of Sight USA 1989, R: Susan Seidelman, B: Alice Arlen, Nora Ephron, D: Peter Falk, Dianne Wiest, Emily Lloyd, Jerry Lewis, 94' · 35 mm, OF USA 1998, R: Steven Soderbergh, B: Scott Frank, D: George Clooney, Jennifer Lopez, Dennis Farina, Ving Rhames, 123' · 35 mm, OmU SA 11.04. um 19 Uhr SA 11.04. um 21 Uhr + DI 14.04. um 20 Uhr Als Susan Seidelman Ende der 1970er Jahre ihr Filmstudium beendete, durchlebte New York eine schwere Rezession, unzählige Gebäude verfielen, ganze Straßenzüge verwahrlosten. Ihre ersten Filme Smithereens (1982) und Desperately Seeking Susan (1985) sind wichtige Zeugnisse dieser Ära. Schon Ende der 1980er Jahre jedoch wandte sich Seidelman von der punkigen Ästhetik des Frühwerks ab. Vor allem Cookie schließt stattdessen ans klassische Hollywoodkino an. Basierend auf einem Drehbuch von Alice Arlen und Nora Ephron, die im gleichen Jahr When Harry Met Sally… (1989) schrieb, kreist der Film um den Mafioso Dominick Capisco und dessen Tochter Carmela „Cookie” Voltecki, die er als Fahrerin einstellt. Als Capisco nur knapp dem Anschlag eines Rivalen entgeht, schlägt ihm seine Tochter vor, seinen Tod vorzutäuschen. Der Bankräuber Jack Foley entführt bei seiner Flucht aus dem Gefängnis die Polizistin Karen Sisco. Man tauscht geschliffene Dialoge aus und verliebt sich. Während Jack plant, die Villa eines Millionärs auszurauben, wird Karen einer Gruppe von Polizisten zugewiesen, die Jack fassen sollen. Der Charme von Cookie basiert nicht zuletzt auf der spielerischen Art und Weise, mit der Seidelman Genreelemente variiert. Rückbli ckend lässt sich Cookie einer Sorte Film zuordnen, die wenig später zwischen dem neu aufkommenden, mit wenig Geld produzierten Independent-Film und den exorbitant teuren Blockbustern zerrieben wurde. (hb) „Well, I guess it’s all downhill from here”, mutmaßte der 26jährige Steven Soderbergh in Cannes, nachdem er die Goldene Palme für Sex, Lies, and Videotape (1989) erhalten hatte. So richtig bergab ging es dann doch nicht, der junge Filmemacher arbeitete kontinuierlich weiter und drehte mit King of the Hill (1994) und Schizopolis (1996) zwei seiner schönsten Filme. Mit der Elmore Leonard-Verfilmung Out of Sight läutete er eine neue Phase ein. Der Film wirkt wie ein Scharnier in Soderberghs Œuvre, weil er Hollywoods Star-Kino, das der Regisseur später mit der Ocean’s-Reihe (2001-2007) gleichzeitig perfektionierte und ad absurdum führte, mit seiner die ganze Karrie re prägenden Ambition, narrative Konventionen zu unterwandern, verbindet. „Soderbergh braucht keine langen Expositionen, um Stimmungswechsel herbeizuführen, sondern versteht es, das Heitere aus dem Spannenden zu entwickeln – und umgekehrt. So entstand eine überaus intelligente Krimiunterhaltung, die im positiven Sinne aus dem Rahmen fällt und deren Geschichte immer wieder für überra schende Wendungen gut ist.” (Hans Messias, film-dienst, 19/1998). (hb) 52 CINEMA OF OUTSIDERS: PART II CINEMA OF OUTSIDERS: PART II 53 Do the Right Thing The Muse USA 1989, R/B: Spike Lee, D: Spike Lee, Danny Aiello, Ruby Dee, Ossie Davis, 119' · 35 mm, OmU USA 1999, R: Albert Brooks, B: Albert Brooks, Monica Johnson, D: Albert Brooks, Sharon Stone, Andie MacDowell, Jeff Bridges, 97' · 35 mm, OF SO 12.04. um 21 Uhr + FR 17.04. um 21 Uhr SA 18.04. um 19 Uhr + SO 19.04. um 21 Uhr Mit Sex, Lies, and Videotape von Soderbergh und Do the Right Thing von Spike Lee trafen 1989 im Wettbewerb des Filmfestivals von Cannes zwei Filme aufeinander, die zwei unterschiedliche Pfade für das unabhängige Filmschaffen in Zeiten einer sich stetig ausdifferen zierenden Medienlandschaft aufzeigten. Während Soderberghs Film zum kommerziellen Durchbruch des Independent-Kinos beitrug, er innerte der von einem Studio produzierte Do the Right Thing in seiner Ästhetik an das New-Hollywood-Kino der 1960er und 1970er Jahre. In seinem dritten Spielfilm kondensiert Lee 24 Stunden im Leben der Bewohner von Bedford-Stuyvesant in Brooklyn zu einer wütenden Intervention gegen urbanen Rassismus. Do the Right Thing ist kein Film der leisen Töne. Die brütende Sommerhitze und der pulsierende Soundtrack tragen ihren Teil dazu bei, dass sich die Konflikte auf den unvermeidlich erscheinenden Knall hin zuspitzen. Lees Filme basieren nicht auf dem sonst so verbreiteten Glauben, dass eine erfolgreiche Erzählung universell lesbar sein müsse. Stattdessen heben sie auf das Detail und die spezifischen, lokal begründeten Eigenheiten der Figu ren ab und öffnen sich der Realität in all ihrer oft widersprüchlichen Vielfalt. (hb) Als ein erfolgreicher Drehbuchautor für sein Lebenswerk mit einem humanitären Preis ausgezeichnet wird, wähnt er sich auf dem Höhe punkt seiner Karriere. Doch kaum hat er die Auszeichnung entge gengenommen, setzt ihn Hollywood vor die Tür – mit der Begründung, er habe seinen Biss verloren. In seiner Verzweiflung nimmt er die Dienste einer Muse in Anspruch. The Muse ist weniger eine Satire als ein Porträt im Gewand der Komödie. Brooks nutzt das Musen-Motiv, um eine alternative Geschichte Hollywoods zu erzählen, in der besagte Muse die heimliche Ideengeberin zahlreicher Hits ist („Vielen Dank für Hallo, Mr. President“, ruft ihr Rob Reiner nach). Brooks ehr geiziger Film ist ein großes Panorama der Absurditäten, gespickt mit komischen Gastauftritten, unter anderem von James Cameron und Martin Scorsese. Doch je absurder die Handlung gerät, desto deut licher entsteht der Eindruck, dass The Muse nichts anderes vorführt als den ganz normalen Wahnsinn à la Hollywood. (hb) Eyes Wide Shut USA/GB 1999, R: Stanley Kubrick, B: Stanley Kubrick, Frederic Raphael, D: Nicole Kidman, Tom Cruise, Sydney Pollack, Todd Field, 159' · DCP, OmU SA 18.04. um 21 Uhr + MI 22.04. um 20 Uhr Am Anfang steht eine scheinbar glückliche Ehe; man gibt sich liberal und aufgeschlossen, raucht gemeinsam Joints. Doch als die Frau von einem geträumten Seitensprung erzählt, begibt sich ihr verstörter Ehemann auf eine Irrfahrt durch New York, die ihn schlussendlich in eine rauschhafte Orgie führt. Notizen von Stanley Kubrick über eine mögliche Verfilmung von Arthur Schnitzlers Traumnovelle reichen weit zurück. Bereits 1968 fasste er erste Pläne und erkundigte sich nach den Rechten. Doch erst Mitte der 1990er Jahre beginnt er mit der Arbeit. Strebten frühere Filme Kubricks in Richtung Oper, so zieht es Eyes Wide Shut zur Kammermusik hin. Die eigentümlichen Räumlichkeiten bieten den Figuren keine Geborgenheit. Kubricks präzise Inszenierung erschafft eine von Sexualität, Schuld und Obsessionen getränkte Atmosphäre, in der die Wahrnehmung selbst prekär wird: Was ist Traum, was ist Realität? Oder ist alles nur ein großes (Rollen-)Spiel? Eyes Wide Shut, Stanley Kubricks letztes Werk, ist ein ebenso intimes wie majestätisches Erlebnis. (hb) 54 D I E W E LT I N WA F F E N Germania anno zero D I E W E LT I N WA F F E N 55 Die Brücke BRD 1959, R: Bernhard Wicki, B: Michael Mansfeld, Karl-Wilhelm Vivier (nach einer Romanvorlage von Manfred Gregor), K: Gerd v. Bonin, M: Hans-Martin M ajewski, D: Folker Bohnet, Fritz Wepper, Günther Hoffmann, 105' · 35 mm MI 06.05. um 20 Uhr + SA 09.05. um 18.30 Uhr · Einführung am 06.05: Fabian Tietke Vorprogramm: Deutsche Wochenschau, Nr. 755 vom 22.3.1945 D 1944, 11' · 35 mm Es war einmal – Eine wahre Geschichte von höherer Vogelwarte aus gesehen BRD 1957, R: Gerhard Fieber, B: Boris von Borresholm, 11' · 16 mm Die Welt in Waffen: Kapitulation In unregelmäßiger Folge erzählt die Reihe Die Welt in Waffen eine Geschichte des Zweiten Weltkriegs. Dabei folgt Die Welt in Waffen weniger der Idee eines radikalen historischen Bruchs, als welcher die bedin gungslose Kapitulation der deutschen Wehrmacht am 8. Mai 1945 im öffentlichen Bewusstsein nach wie vor präsent ist. Vielmehr interessiert sie sich für einen Zusammenhang unterschiedlicher Konflikte, der mit der Niederlage der deutschen Wehrmacht und dem Ende des nationalsozialistischen Vernichtungspro gramms keineswegs gelöst war und der die Geschichte Europas und der Welt zum Teil bis heute prägt. Kapitulation, Niederlage, Befreiung, Stunde Null – die Begriffe, mit denen das Kriegsende am 8. Mai 1945 bezeichnet und gedeutet wird, sind zahlreich. Anlässlich des 70. Jahrestags der deutschen Kapitulation präsentiert Die Welt in Waffen sieben Programme, die unterschiedliche Sichtweisen auf das Kriegsende einnehmen. Die Reihe Die Welt in Waffen wird kuratiert von The Canine Condition. Kriegsende in Bayern: Sieben Jungen erhalten den Befehl, eine Brücke gegen die vorrückenden US-Truppen zu verteidigen. Sechs von ihnen sterben bei dem Auftrag. Anders als die meisten zeitgenössi schen Kriegsfilme zeigt Bernhard Wickis zweite Regiearbeit den Krieg nicht als heroisches Strategiespiel oder Technikspektakel, sondern als Provinztragödie. Jeder Junge steht gerade am Beginn seiner Jugendzeit und wird alsdann im Abgesang des Zweiten Weltkriegs verheizt. Wickis Film lebt von den Aussparungen. Er findet in der Beschränkung auf eine Kriegsepisode eine überzeugende erzähle rische Form, spart aber auch die Täter in der Wehrmacht weitgehend aus – ein Umstand, der dem Film dabei geholfen haben dürfte, ein Klassiker zu werden. Nur wenige Filmdokumente sind später so oft wiederverwendet worden wie die Aufnahmen der letzten Ausgabe der NS-Wochenschau vom 22. März 1945. Von den Bildern des „Volkssturms“ über die Aufnahmen von Hitlers Auszeichnung der jüngsten Soldaten bis zur Warnung vor dem vermeintlichen Wüten der vorrückenden Roten Armee – die Deutsche Wochenschau Nr. 755 ist für die filmische Erinnerung an das Kriegsende von zentraler Bedeutung. (ft) 56 D I E W E LT I N WA F F E N Giorni di gloria I 1945, R: Luchino Visconti, Giuseppe De Santis, Marcello Pagliero, Mario Serandrei, B: Mario Serandrei, Kommentar: Umberto Calosso, Umberto Barbaro, K: Gianni Di Venanzo, Angelo Jannarelli, Giovanni Pucci u.a., M: Costantino Ferri, 71' · 35 mm, OmeU DO 07.05. um 20 Uhr D I E W E LT I N WA F F E N 57 Germania anno zero Deutschland im Jahre Null I/D (West) 1948, R: Roberto Rossellini, RA: Carlo Lizzani, B: Roberto Rossellini, Max Kolpé, K: Robert Juillard, M: Renzo Rossellini, D: Edmund Meschke, Ingetraud Hinze, Franz Grüger, 78' · 35 mm, DF FR 08.05. um 21 Uhr · Einführung: Ulrich Döge Berlin, nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs. Der 12jährige Edmund lebt in den Trümmern der Stadt. Er muss sich um den Unterhalt sei ner Familie kümmern. Sein Vater ist herzkrank. Der Bruder, ein Kriegs heimkehrer, hat Angst vor Repressionen der Alliierten. Edmunds Schwester versorgt tagsüber den Vater, abends prostituiert sie sich. Giorni di gloria ist eines der zentralen filmischen Dokumente der Befreiung Italiens vom Faschismus und Nationalsozialismus. Aus der Perspektive des Widerstands gegen die deutsche Besetzung Italiens, der Resistenza, rekonstruiert der Film den Alltag und das Leben in den letzten Kriegsjahren. Er dokumentiert die Öffnung des Massen grabs mit den Erschossenen der Fosse Ardeatine, den Prozess gegen den römischen Polizeichef Pietro Caruso und das Lynchen des ehemaligen Direktors des Gefängnis Regina Coeli, Donato Carretta. Diese Aufnahmen aus der unmittelbaren Nachkriegszeit werden ergänzt durch die raren dokumentarischen Aufnahmen des Kampfes der Resistenza sowie um einige Reenactments von Aktionen ver schiedener Partisanengruppen. „Ich glaube, dass das der revolutio närste Film ist, der existiert. [...] Die Idee, einen Dokumentarfilm zu machen, einen Film mit diesen eindrucksvollen Sachen, und das schon 1945. Für mich ist auch das Resistenza. Hätte es nicht zuvor die Resistenza gegeben, hätte ein solcher Film, der einem schon durch die ungewohnte Struktur vermittelt, dass es in einer neuen Welt auch ein anderes, neues Kino geben kann, nicht entstehen können.“ (Paolo Gobetti). (ft) Rossellinis Tragödie eines zermürbten deutschen Volkes lebt von der Verschränkung der Erzählung mit den Bildern des zerbombten Berlin. Ab Sommer 1947 entstanden die Außenaufnahmen an Original schauplätzen, die Innenaufnahmen fanden produktionsbedingt in Rom statt. Germania anno zero ist nach Roma città aperta und Paisà der dritte Film, den Rossellini über das Ende des Zweiten Weltkriegs drehte. „Das größte Lob, das man [Rossellini] machen kann, ist, dass er verstanden hat, sich mit seiner erfundenen Tragödie auf der Höhe der realen Tragödie der deutschen Bevölkerung zu bewegen.“ (Alberto Moravia). (ft) Hans – Ein Junge in Deutschland BRD/F/ČSSR 1985, R/B: Sohrab Shahid Saless (nach der Romanvorlage Die blaue Stunde von Hans Frick), K: Ramin Reza Molai, K: Thomas Etzold, Jiří Čap, D: Martin Paško, Imke Barnstedt, Yane Bittlová, 148' · DigiBeta MI 13.05. um 20 Uhr Wie Rossellinis Knabe Edmund, so erlebt auch die Hauptfigur Hans von Sohrab Shahid Saless‘ Film als Jugendlicher das Kriegsende in Deutschland. Jedoch anders als Edmund wird Hans von der Gesell schaft daran erinnert, nicht dazuzugehören. Wann immer Hans auf die Straße geht, wird er beschimpft und bedroht. Auch die Mutter erhält anonyme, antisemitische Drohungen. Die Großmutter lebt in ständiger Panik. Daran ändert auch die Befreiung durch die Ameri kaner nichts, denn die Nachbarschaft bleibt schließlich dieselbe. In einer erschütternden Szene gegen Ende des Films fordert Hans eine Nachbarin auf, ihm endlich zu verraten, wohin er ihrer Meinung nach gehöre: „Erziehungsanstalt oder gleich ins KZ?“. Die Nach barin schweigt. Wie viele andere Filme von Sohrab Shahid Saless blickt Hans – Ein Junge in Deutschland von den Rändern her auf die deutsche Gesellschaft und entwirft dabei ein Bild der deutschen Nachkriegsgesellschaft, das sich von liebgewonnenen Vorstellungen distanziert. (ft) 58 D I E W E LT I N WA F F E N D I E W E LT I N WA F F E N 59 Das Jahr 1945 DDR 1985, R/B: Karl Gass, Kommentar: Klaus Wischnewski, K: Dieter Kühne, S: Christel Gass, 90' · 35 mm FR 15.05. um 18.30 Uhr + SO 17.05. um 18.30 Uhr Vorfilm: Es muss ein Stück vom Hitler sein BRD 1963, R/B: Walter Krüttner, K: Fritz Schwennicke, 12' · 35 mm Anfang der 1980er Jahre wendet sich Karl Gass zunehmend zeitge schichtlichen Themen zu. Kurz nacheinander entstehen Dokumenta tionen über die Atombombenabwürfe auf Hiroshima und Nagasaki, über die Bombenangriffe auf Berlin 1944 und über die letzten Monate des Kriegs. Gass’ Film Das Jahr 1945, der den Untertitel Die letzten 128 Tage des Krieges in Europa und die ersten Tage danach trägt, prä sentierte seinerzeit weitgehend unveröffentlichtes Archivmaterial. Er entwirft ein Panorama, das neben Alltagsszenen Aufnahmen vom Kriegsgeschehen stellt, in vielen Passagen mit Originalton unterlegt, mitunter jedoch auch von einem selten didaktischen, oft lako nischen Kommentar begleitet. Als Vorfilm zeigen wir Es muss ein Stück vom Hitler sein, Walter Krüttners polemische Miniatur über den Tourismusbetrieb auf Hitlers Berghof auf dem Obersalzberg. (ft) L'autre 8 mai 1945 F 2008, R: Yasmina Adi, K: Laurent Didier, M: Pierre Carrasco, 53' · DigiBeta, engl. Fassung DI 19.05. um 20 Uhr · Einführung: Fabian Tietke Anlässlich der offiziellen Feiern zum Kriegsende in Europa finden am 8. Mai 1945 in Algerien wie schon einige Tage zuvor, am 1. Mai, in mehreren Städten Demonstrationen statt. In Sétif nehmen an den Aufmärschen etwa 10.000 Menschen teil. Es kommt zu gewalttätigen Aktionen. Schießereien zwischen Demonstranten und französi schen Polizisten münden in einen Aufstand. In den folgenden Tagen beginnen die französische Armee und französische Siedler mit einem zweiwöchigen Massaker, dem zwischen 10.000 und 45.000 Algerier zum Opfer fallen. Das Massaker von Sétif gilt als eines der zentralen Ereignisse der Vorgeschichte des Algerienkriegs, der 1962 mit der Unabhängigkeit Algeriens endet. (ft) DO 21.05. um 20 Uhr Humphrey Jennings und die Crown Film Unit Während Propagandafilme oft eine vereinfachte Weltsicht und klare Botschaft in effektvollen Bildern vermitteln, existieren auch ganz andere Formen propagandistischer Arbeit. In seinen Arbeiten für die Crown Film Unit realisierte Humphrey Jennings eine Reihe von Produktionen, die – durchaus als Propaganda filme gedacht – nachdenklich, leise und ohne jeden Bombast daherkommen; Filme, die zeigen, wie die britische Bevölkerung den aufgezwungenen Krieg erträgt. The First Days hat die ersten Tage nach dem Kriegseintritt Großbritanniens zum Thema. Eine Sequenz, in der die berühmte Radioübertragung von Chamberlains Erklärung, nach Verstrei chen des Ultimatums befände sich Großbritannien nun im Krieg mit Deutschland, mit den Aufnahmen leerer, sonniger Straßen und einiger nachdenklicher Zuhörer kombiniert wird, gibt den Ton für die folgenden Filme des Programms vor. In A Diary for Timothy verdichtet Jennings diesen Blick auf den Krieg zu einer Flaschenpost, die für seinen am 3.9.1944 geborenen Sohn bestimmt ist. Der Film entfaltet ein Panorama des Kriegsgesche hens der Jahre 1944/45, um schließlich die Zukunft in die Hände der nachfolgenden Generation zu legen. (ft) The First Days A Diary for Timothy GB 1939, R: Humphrey Jennings, Harry Watt, Pat Jackson, B: Robert Sinclair, 23' · 35 mm, OF GB 1945, R: Humphrey Jennings, B: E. M. Forster, K: Fred Gamage, M: Richard Addinsell, Sprecher: Michael Redgrave, 39' · 35 mm, OF London Can Take It GB 1940, R: Humphrey Jennings, Harry Watt, Kommentar: Quentin Reynolds, K: Jonah Jones, H. E. Fowle, 9' · 35 mm, OF Victory Parade GB 1946, P: Colonial Film Unit, 22' · 35 mm, OF 60 FILMDOKUMENT FILMDOKUMENT 61 Martin Luther, Thomas Müntzer und die DDR Thomas Müntzer FR 17.04. um 19 Uhr · Einführung: Michael Grisko Credo: Martin Luther – Wittenberg 1517 DDR 1967, R: Rudolf Müller, B: Rudolf Müller, Manfred Freitag, Jochen Nestler, Irmgard Ritterbusch; K: Rudi Müller, 17' · 35 mm Copyright by Luther DDR 1983, R/B: Lew Hohmann, Klaus Schollbach, K: Helmut Mai, 17' · 35 mm Thomas Müntzer DDR 1988, R/K: Klaus Schulze, B: Rolf Scholz, Klaus Schulze, 31' · DVD FilmDokument FilmDokument präsentiert wenig bekannte, non-fiktionale Filme aus verschiedenen Epochen der deut schen Filmgeschichte. Die im Zeughauskino alle zwei Monate stattfindenden Veranstaltungen berücksichtigen ganz unterschiedliche dokumentarische Formen, Arbeitsweisen und Produktionszusammen hänge. Das Spektrum reicht vom Reise- und Interviewfilm über die Reportage und das Porträt bis zum Kompilations- und Archivfilm, Privat- und Amateurfilme stehen neben Industrie- und Imagefilmen sowie den an deutschen Filmhochschulen entstandenen Arbeiten. In enger Zusammenarbeit mit dem Bundes archiv-Filmarchiv und der Deutschen Kinemathek werden die Programme von Mitgliedern des Vereins CineGraph Babelsberg kuratiert und eingeführt – mit dem Ziel, das non-fiktionale Filmschaffen in Deutschland in seiner ästhetischen Vielfalt und zeithistorischen Bedeutung zu erfassen. Die beiden Reformatoren Martin Luther und Thomas Müntzer stehen im Mittelpunkt dreier DEFA-Dokumentarfilme aus den Jahren 1967, 1983 und 1988. Credo: Martin Luther – Wittenberg 1517, Copyright by Luther und Thomas Müntzer sind Teil einer Auseinandersetzung mit dem Reformator und dem Revolutionär in der DDR, die – vor allem zu Jahrestagen der Reformation oder zu Jubiläen der Reformatoren – immer auch eine Auseinandersetzung mit der Deutung der eigenen Staatsgeschichte, dem Verhältnis zur Religion und zur frühbürger lichen Revolution im 16. Jahrhundert waren. (mg) Der Prozeß Huppenkothen BRD 1955/58, R: Borris von Borresholm, P: Staatsbürgerliche Bildungsstelle Nordrhein-Westfalen, 38' · 16 mm KZ-Schergen: Sorge, Schubert Prozeß BRD 1959, P: Staatsbürgerliche Bildungsstelle Nordrhein-Westfalen, 33' · 16 mm FR 19.06. um 19 Uhr · Einführung: Götz Lachwitz Der Frankfurter Auschwitz Prozess (1963-1965) gilt als Auslöser einer öffentlichen Auseinandersetzung mit den Verbrechen des National sozialismus in der Bundesrepublik Deutschland. Trotz einer in den Jahren zuvor von der Adenauer-Regierung praktizierten „Vergangen heitspolitik“ (Norbert Frei), die die von den Alliierten betriebene juristische Ahndung von NS-Verbrechen nahezu zum Erliegen brachte, fanden auch in den 1950er Jahren Prozesse wegen nationalsozia listischer Gewaltverbrechen statt. Das Filmprogramm bündelt zwei kurze Dokumentarfilme, die einen Einblick in frühe NS-Prozesse geben und exemplarisch zeigen, welche Tatkomplexe in Bezug auf den Nationalsozialismus in den 1950er Jahren in der Medienöffentlichkeit wahrgenommen und diskutiert wurden. Der Prozess Huppenkothen thematisiert die Verhandlung gegen zwei ehemalige NS-Juristen, die noch kurz vor Ende des Zweiten Welt kriegs an Todesurteilen gegen einige Mitglieder des konservativen Widerstands gegen Adolf Hitler beteiligt waren. KZ-Schergen zeigt den Prozess gegen zwei ehemalige Aufseher des Konzentrations lagers Sachsenhausen, die wegen zahlreicher schwerer Gewaltver brechen vor Gericht gestellt wurden. (gl) 62 GLUT DER ERINNERUNG GLUT DER ERINNERUNG 63 war in Israel bis 1993 verboten und daher die Einreise für Filmteams der PLO nicht möglich. … vom Olivenbaum Die Dokumente der Erinnerung an den palästinen sischen Befreiungskampf finden sich nach wie vor dort, wo die PLO in der Fremde wirkte. Dies erklärt sich durch die Entwaffnung und Transformation der PLO Anfang der 1990er Jahre, das Ende ihres Exils, den seit über zwanzig Jahren andauernden Interimsstatus der mit limitierten Rechten ausgestatteten Autonomie behörde und die Abwesenheit eines eigenen Staates. Koproduzierte Filme lagern unter anderem deshalb im Ausland, weil gemeinschaftlich produzierte Werke anteilig allen beteiligten Produktionspartnern gehören. Die Internationale Leipziger Dokumentar- und Kurz- filmwoche für Film und Fernsehen (heute DOK Leipzig) und ihr Archiv spielen für das Filmerbe der PLO eine herausragende Rolle. In Leipzig wurden zahlreiche ihrer (Ko-)Produktionen uraufgeführt, hier vergab die PLO eine eigene Ehrung, den Hani-Jawhariya-Ehrenpreis der PLO für den besten Film über ein Okkupations regime, hier begegnete man den Koryphäen des dokumentarischen Films und bekam Inspiration, Kontakte und Zuversicht. Die meisten Werke dieses Programms wurden in Leipzig präsentiert und prämiert. Manche Kopien lagert die PLO bis zur Befriedung Palästinas als Depositum in Berlin. Glut der Erinnerung Retrospektive deutsch-palästinensischer Koproduktionen Die Retrospektive Glut der Erinnerung gibt einen Einblick in die filmische Zusammenarbeit der 1964 gegrün deten palästinensischen Befreiungsorganisation PLO mit beiden deutschen Staaten. In ihrer Hochzeit, den 1970er und 1980er Jahren, war die nationale Befreiungsorganisation eine internationalistische Bewegung. Zahlreiche Ausländerinnen und Ausländer haben sich in ihr engagiert, viele mit ihr kooperiert. Für die Informationspolitik der PLO, die Schaffung einer Gegenöffentlichkeit im Zeitalter der Etablierung des Fernsehens als Massenmedium, spielten doku mentarische Filme eine bedeutende Rolle. Mit ihnen sollte die Weltöffentlichkeit von der Lebensrealität der palästinensischen Flüchtlinge erfahren und die PLO (Bild-)Hoheit über das Narrativ palästinensischer Politik und Geschichte erlangen. Von den späten 1960er Jahren bis zu ihrem Abzug aus Beirut 1982 lud die Befreiungsorganisation immer wieder auslän dische Filmschaffende ein, um das Leben der Palästinenserinnen und Palästinenser in den Flücht lingslagern zu dokumentieren. Ihre Erzählweise machte dem Publikum in den jeweiligen Herkunfts ländern das Anliegen des palästinensischen Kampfes leichter zugänglich. In Israel und den von ihm besetz ten Gebieten konnten ausschließlich verbündete Filmschaffende drehen. Die Befreiungsorganisation Die von Irit Neidhardt kuratierte Retrospektive Glut der Erinnerung bietet die seltene Gelegenheit einen repräsentativen Teil dieses Filmerbes, das auf palästinensischer Seite zahlreichen Mystifizierungen unterliegt und in Deutschland weitgehend vergessen ist, gemeinsam mit den Regisseurinnen und Regis seuren zu sehen und zu kontextualisieren. Tag des Bodens 64 GLUT DER ERINNERUNG GLUT DER ERINNERUNG Glut der Erinnerung beinhaltet einen Teil Berliner Stadtgeschichte und wirft die Frage auf, wie sich der Blick auf deutsche Filmgeschichte verändert, wenn ihr internationalistischer Teil miterzählt wird. Ebenso was es für die Einwanderungsgesellschaft bedeutet, dass ihre interkulturelle Historie bisher weitgehend untradiert bleibt. Aida Nach den Vorführungen stehen die Regisseurinnen und Regisseure für Publikumsgespräche zur Verfügung (nicht jedoch bei Wiederholungen). Die meisten Filme liegen in deutscher Sprache, ohne Untertitel vor. Bis auf wenige Ausnahmen finden die Publikumsge spräche ebenfalls auf Deutsch statt. FR 29.05. um 19 Uhr + DO 04.06. um 20 Uhr ∙ Zu Gast am 29.05.: Marwan Salamah, Einführung am 04.06.: Irit Neidhardt 65 PLO/DDR 1985, R: Marwan Salamah, K: Marwan Salamah, 25' ∙ DigiBeta, DF … vom Olivenbaum … Shajarat Zeytoun PLO/DDR 1987, R: Marwan Salamah, K: Marwan Salamah, 28' ∙ DigBeta, DF Die vom Hauptstadtkulturfonds geförderte Retro spektive wird unterstützt von der DEFA-Stiftung, dem Goethe-Institut, DOK Leipzig und dem ALFILM Festival. Palästina – Chronik eines Volkes Filistin – Sijillu sha’b PLO/DDR 1984, R/B: Kais al-Zubaidi, K: N. Yavlov, Fakhri Malkavi, 110' ∙ Beta SP, DF DO 28.05. um 19.30 Uhr + SA 13.06. um 20 Uhr ∙ Zu Gast am 28.05.: Kais al-Zubaidi, Einführung am 13.06.: Irit Neidhardt „Palästina bestand keinesfalls nur aus unfruchtbarem Gebirge und Wüsten, wie es westliche Orientalisten und zionistische Theoretiker darzustellen suchten. Es gab aufblühende arabische Städte, die von pulsierendem Leben erfüllt waren“, heißt es zu Beginn des Films. Kais al-Zubaidis arabisch-palästinensisches Narrativ Palästinas widerlegt diese westliche Vorstellung mit europäischen Archivbildern. Seine Chronik beschäftigt sich schwerpunktmäßig mit dem briti schen Mandat in Palästina (1917-48), das die Weichen für die israelische Unabhängigkeit und die palästinensische Vertreibung stellte. Über Produktionsmittel für eigene filmische Aufnahmen verfügte die arabische Bevölkerung Palästinas damals nicht. Den historischen Filmdokumenten fügt al-Zubaidi Interviews mit palästinensischen Historikern und Politikern hinzu, von denen einige an den zahlreichen Palästinakonferenzen der 1930er und 1940er Jahre teilgenommen haben. (in) Aida heißt die 17-Jährige Betreuerin in einem Waisenheim der PLO in Tunis. 1976 war sie selbst als Waise in das erste Heim der Befreiungs organisation in Beirut gekommen. Jetzt betreut und erzieht sie eine Gruppe von Kindern, die ihre Eltern 1982 beim Massaker von Sabra und Schatila verloren haben. Der Film erhielt 1985 den Preis der Demokratischen Jugend bei der Internationalen Leipziger Dokumentarund Kurzfilmwoche für Film und Fernsehen. ... vom Olivenbaum erzählt von dem im Pariser Exil lebenden palästinensischen Maler Samir Salamah. Salamah reflektiert seine Malerei im Kontext der persönlichen Erinnerung an die palästinensische Heimat ebenso wie in Bezug auf den Beitrag der Kunst für den lebendigen Erhalt und Ausdruck von Geschichte, Kultur und Traditionen. Der an der Hochschule für Film und Fernsehen der DDR ausgebildete Kameramann Marwan Salamah hat als Ein-Mann-Filmteam zwei intime, ruhige und tief politische Portraits geschaffen. Die empa thische Präzision der Dokumente wirkt wie ein Innehalten, ein aufmerksames Befragen des Kampfes; Vergewisserung getragen von revolutionärer Zuversicht. (in) 66 GLUT DER ERINNERUNG Tag des Bodens Yaum al ard SAMED (PLO-Wirtschaftsorganisation) 1978, R: Ghaleb Shaath, K: westdeutsches Team, 30' ∙ Beta SP, DF FR 29.05. um 21 Uhr ∙ Zu Gast: Ghaleb Shaath GLUT DER ERINNERUNG 67 Die Kinder Palästinas DDR 1981, R: Kurt Tetzlaff, B: Kurt Tetzlaff, Jochen Niebelschütz, K: Jürgen Greunig, 54' ∙ 35 mm SA 30.05. um 19 Uhr + DI 09.06. um 20 Uhr ∙ Zu Gast am 30.05.: Kurt Tetzlaff, Einführung am 09.06.: Irit Neidhardt Jedes Jahr am 30. März begeht die palästinensische Bevölkerung Israels den Tag des Bodens, um zu bekunden, dass sie das Recht auf ihr Land nicht aufgeben wird. Am 30.3.1976 streikte und demonst rierte sie gegen massive Landenteignungen palästinensischer Bauern im Galiläa durch die israelische Regierung. Die Sicherheitskräfte griffen gewaltsam ein, sechs Menschen kamen um, Hundert Palästinenserinnen und Palästinenser wurden verletzt. Das Komitee zur Verteidigung des arabischen Territoriums in Israel brachte ein Schwarzbuch zu den Ereignissen dieses Tages heraus. Tag des Bodens ist seine filmische Umsetzung. Zum 30. März 1977 reist ein westdeutsches Filmteam im Auftrag der palästinensischen Filmemacher nach Israel und nimmt die Zeugnisse palästinensischer Bürgermeister, Regionalräte, Bauern und Familien auf. „Die Journalisten fotografieren nur immer unser Elend, aber helfen tut uns niemand.“ Mit diesen Worten lässt eine junge Witwe das DEFA-Team über deren PLO-Begleiter wissen, dass sie nicht ge sprächsbereit sei. Bereits seit 30 Jahren gibt es die palästinensischen Flüchtlingslager im Libanon, als das Team aus der DDR sie bereist. Was bedeutet der Befreiungskampf im Alltag und wie beeinflusst er das Leben der Kinder? Mit solidarischer Nähe und respektvoller Distanz beobachtet der Film palästinensisches Leben im Libanon, familiäres ebenso wie institutionelles. Die subjektive Erzählung lässt das Publikum an den Beobachtungen der Filmemacher teilhaben. Ohne sich anzumaßen, Wahrheit erkannt zu haben, führt sie in die Infrastruktur der PLO ein, die ein würdevolles Über- und Weiterleben ermöglichen will. „Der 1978 gedrehte Tag des Bodens über den Widerstand in den besetzten Gebieten hat die Nachdrücklichkeit eines Dokuments, die Leidenschaftlichkeit eines kämpfenden Liedes und die Intensität klugen Nachdenkens.“ (Rolf Richter, Sonntag, 14.6.1981) Tag des Bodens wurde 1978 mit der Goldenen Taube der Internationalen Leipziger Dokumentar- und Kurzfilmwoche für Film und Fernsehen ausgezeichnet. (in) Die Kinder Palästinas ist einer von zwei Filmen, die im Rahmen eines Koproduktionsvertrags zwischen der Abteilung Information und Kultur der PLO und dem DEFA-Studio für Dokumentarfilme entstan den. Teil des Abkommens war, sich gegenseitig nicht im Abspann zu nennen. Auf der Internationalen Leipziger Dokumentar- und Kurzfilmwoche für Film und Fernsehen wurde Die Kinder Palästinas 1980 mit dem Hani-Jawharyia Ehrenpreis der PLO ausgezeichnet. (in) 68 GLUT DER ERINNERUNG GLUT DER ERINNERUNG 69 Schatila – Auf dem Weg nach Palästina Warum? BRD 1988, R: Medienwerkstatt Freiburg, K: Yussuf Ali Naffa, 45' ∙ DVD, DF Palästinensischer Roter Halbmond 1982, R: Monica Maurer, Abdel Rahman Bseisso, K: Samir Nimer, Mohamed Awwad, Tawfik Musa, 23' ∙ DF SA 30.05. um 21 Uhr ∙ Zu Gast: Mike Schloemer (ehem. Medienwerkstatt Freiburg SO 31.05. um 18 Uhr ∙ Zu Gast: Monica Maurer Im Sommer 1982 fliegt die israelische Luftwaffe massive Angriffe gegen die palästinensische und libanesische Zivilbevölkerung in Beirut. Drei Kameramänner filmen in den Feuerpausen die Toten, die Verwundeten und die zerstörte zivile Infrastruktur. Sie dokumen tieren, wie die Volkskomitees auf der Straße nach Grundwasser boh ren, um die Bevölkerung zu versorgen. Wie Müllmassen verbrannt werden, um den Ausbruch von Seuchen zu verhindern. Die Kameras halten auf Wunden. Halten aus, muten zu, sammeln Beweise. 1985 bis 1987 herrschten in den palästinensischen Flüchtlingslagern im Libanon die sogenannten Lagerkriege der von Syrien unterstütz ten schiitischen Amal-Miliz gegen den palästinensischen Widerstand. Die PLO hatte den Libanon 1982 verlassen müssen. Berichterstattung gab es aus den abgeriegelten Orten so gut wie keine. Yussuf Ali Naffa, Besitzer eines Hochzeitsvideo-Ladens im Lager Schatila, doku mentierte den Alltag der Belagerung, die Versorgungsstrukturen im Untergrund, die Kämpfer, die Frauen und Kinder in den Bunkern. Die Zerstörung. Das Weiterleben. Die Videobänder gab er an medico international mit der Bitte, sie zu veröffentlichen. medico wandte sich an die Medienwerkstatt Freiburg, die holte die PLO zur Mitfinan zierung ins Boot. Das bundesdeutsche Medienkollektiv und Yussuf Ali Naffa kennen sich bis heute nicht. Naffas würdevollen Bilder und der Freiburger Text bilden eine ebenso ungewöhnliche wie beeindruckende politische Erzählung, ein Dokument von Not, Wagnis, Vertrauen und Solidarität. Schatila – Auf dem Weg nach Palästina wurde 1988 zur Videowerkstatt der Internationalen Leipziger Dokumentar- und Kurzfilmwoche für Film und Fernsehen eingeladen. (in) Nach internationalem Kriegsrecht dürfen Zivilpersonen niemals angegriffen werden, Flächenbombardements in Großstädten sind verboten. Zu welchem Zweck wurden die Bilder aufgenommen? Was wird dokumentiert? Und wie tun sie dies? Wieviel kann, was muss gezeigt werden? Während der Montage haben Monica Maurer und Abdel Rahman Bseisso diese Fragen immer wieder diskutiert. (in) Der Traum al-manam SYR/PLO 1987, R:/B: Mohamad Malas, K: Hazem Bayya’a, Hanna Ward, 45' ∙ Beta SP, OmU SO 31.05. um 20 Uhr ∙ Zu Gast: Mohamad Malas, Filmgespräch in arabischer Sprache mit deutscher Übersetzung Alltag in palästinensischen Flüchtlingslagern im Libanon, Menschen gehen ihrer Routine nach. Sie arbeiten im Haus, in Fabriken, in Werk stätten, im Kampf, im Büro, am Meer. Sie erzählen von ihrem Leben und ihren Träumen. Wir hören Lieder und Geschichten aus dem Radio. Alles vermischt sich zu einem wahrhaftigen Bild surrealer Wirk lichkeit. Der Traum wurde 1981 gedreht und erst 1987 fertiggestellt. Nach den Massakern vom Sommer 1982 ließ der Regisseur das Mate rial liegen, da er nicht wusste, ob die Menschen, die sich ihm so sehr geöffnet hatten, noch am Leben waren. Die Koproduktion mit der PLO ermöglichte, den Film beim DDR-Fernsehen in Berlin-Karlshorst zu vollenden. Der Traum wurde 1987 auf der Internationalen Leipziger Dokumentar- und Kurzfilmwoche für Film und Fernsehen mit dem Preis des Solidaritätskomitees der DDR ausgezeichnet. Mohamad Malas, der in der arabischen Welt auch als Schriftsteller bekannt ist, veröffentlichte den Essay Berlin-Tagebuch über seinen Aufenthalt in der Hauptstadt der DDR in den Winterwochen 1986/87. Im Rahmen der Veranstaltung wird er Passagen daraus lesen. (in) 70 GLUT DER ERINNERUNG Rückkehr nach Haifa A’id ila Haifa PLO 1982, R: Kassem Hawal, B: Kassem Hawal K: Kamal Haddad, D: Hanan al Haj Ali, Paul Mattar, Christine Schorn, 73' ∙ DVD, OF mit engl./arab. UT DI 02.06. um 20 Uhr + DO 11.06. um 20 Uhr ∙ Zu Gast am 02.06.: Kassem Hawal, Filmgespräch in englischer Sprache, Einführung am 11.06.: Irit Neidhardt GLUT DER ERINNERUNG 71 Freiheit – Wie meine ich das? RL/BRD 1982, R: Wolfgang Bienek, Robert Krieg, Thomas Reuter, Brigitte Schulz, K: Robert Krieg, 42' ∙ DVcam, DF Intifada – Auf dem Weg nach Palästina BRD 1989, R: Robert Krieg, K: Peter Petrides, 52' ∙ DigiBeta, DF SA 06.06. um 20 Uhr ∙ Zu Gast: Robert Krieg „Damaskus (ADN). Der erste Spielfilm der Palästinensischen Befrei ungsorganisation PLO, Rückkehr nach Haifa, ist dieser Tage im ‚AI Kindi’-Filmtheater von Damaskus erstmalig aufgeführt worden. Unter der Regie von Kassem Hawal war der Film im Sommer 1981 unter äußerst komplizierten Bedingungen in Libanon entstanden. Der Streifen, in dem die DDR-Schauspielerin Christine Schorn eine Hauptrolle spielt, stellt das Schicksal einer palästinensischen Familie unter den Bedingungen der israelischen Aggressions- und Okkupationspolitik dar. Palästinensische Bürger aus den Lagern in Libanon sowie Angehörige der national-progressiven Bewegung Libanons wirken aktiv in diesem Kunstwerk mit.“ (Neues Deutschland, 28.8.1982) Rückkehr nach Haifa, die Adaption des gleichnamigen Kurzromans von Ghassan Kanafani (1969), erzählt die Geschichte des palästinen sischen Ehepaares Said und Safeyya (Paul Mattar und Hanan al Haj Ali), das 1948 aus Haifa floh und ihren Säugling zurück ließ. Nach der Besatzung des Westjordanlands im Junikrieg 1967 kann das Paar nach Haifa zurückkehren, um den Sohn, Khaldun, zu suchen. Er ist im Haus geblieben und wurde von der neuen Bewohnerin, Miriam, einer polnischen Jüdin (Christine Schorn), erzogen. Khaldun/Dov dient als Soldat in der israelischen Armee. Vater und Sohn stehen sich fremd gegenüber. Miriam hatte auf die Eltern gewartet und möchte, dass der Sohn entscheidet, wohin er gehören will. (in) Zwei Filme über palästinensischen Alltag und Widerstand, über die Selbstorganisation in Volkskomitees und den Aufbau autarker öko nomischer Strukturen. Freiheit – wie meine ich das? dokumentiert die palästinensische Revolution im Libanon. Männer und Frauen erklären ihren Befreiungskampf vom Imperialismus und der Diskriminierung im Gastland. Der Aufbau von Milizen gehört dazu. Sie beschreiben die Vision des neuen palästinensischen Menschen. Die Kamera beob achtet den Alltag aus der Distanz. In Intifada – Auf dem Weg nach Palästina ist die Kamera nah dran. Der Aufstand im Westjordanland und in Gaza, der 1987 begann, richtete sich gegen die israelische Besatzungsmacht und teilweise gegen die PLO-Regierung im Exil. Hier waren die Waffen Steuer boykott, Steine und der Aufbau von Kooperativen. In den 1967 be setzten Gebieten, seinerzeit Israels zweitwichtigster Exportmarkt, war unabhängiges palästinensisches Wirtschaften marginalisiert und während der Intifada weitgehend verboten. Intifada – Auf dem Weg nach Palästina zeigt illegale Landwirtschaft, Kliniken, eine Nähwerkstatt, eine Schreinerei, politische Treffen. Einen Moment von Freiheit. Freiheit – wie meine ich das? und Intifada – Auf dem Weg nach Palästina wurden von der PLO mitfinanziert. (in) 72 S WIE SONDERPROGRAMM S WIE SONDERPROGRAMM Bei sich zu Hause in Ascona: Robert Siodmak, Filmregisseur Wittstock, Wittstock 73 h B uc + F im CH 1971, R: Heiner Gautschy, Walter Klapper, Max Sieber, 60' DI 21.04. um 20 Uhr · Einführung: Frederik Lang Zwischen April und Juni 2014 präsentierte das Zeughauskino nahezu das gesamte Werk Robert Siodmaks. Nun liegt ein Sammelband vor, der die meisten im Rahmen der Retrospektive gehaltenen Vorträge versammelt und mit Lukas Foersters Text über den Film Noir Christmas Holiday einen zusätzlichen Beitrag enthält. Frederik Lang, der Kurator der Filmreihe, wird die im Schüren Verlag erschienene Publikation vorstellen. Im Anschluss zeigen wir die schweizerische Fernsehproduktion Bei sich zu Hause in Ascona: Robert Siodmak, Filmregisseur, in der uns Siodmak durch sein Haus führt und über das Filmemachen an verschiedenen Stationen seiner Karriere spricht. Mit freundlicher Unterstützung von Schweizer Radio und Fernsehen S wie Sonderprogramm Der Wittstock-Zyklus von Volker Koepp Sammelsurium. Ein ostelbischer Kulturfilm h B uc + F im Mädchen in Wittstock DDR 1975, R: Volker Koepp, 19' · 35 mm Wieder in Wittstock DDR 1976, R: Volker Koepp, 22' · 35 mm Wittstock III DDR 1978, R: Volker Koepp, 32' · 35 mm Leben und Weben DDR 1981, R: Volker Koepp, 28' · 35 mm DO 25.06. um 20 Uhr D 1992, R: Volker Koepp, K: Thomas Plenert, P: Frank Löprich, Katrin Schlösser, 108' · 35 mm Leben in Wittstock DDR 1984, R: Volker Koepp, 85' · 35 mm FR 26.06. um 19 Uhr DO 16.04. um 20 Uhr · Einführung und Buchvorstellung (in englischer Sprache): Brigitta B. Wagner Neues in Wittstock D/F 1992, R: Volker Koepp, 100' · 35 mm SA 27.06. um 19 Uhr Eine Reise gen Osten kurz nach der Wende, beginnend an der ehemaligen deutsch-deutschen Grenze und endend an der Oder. Ein Landstrich, der sich von heute auf morgen in eine Ansammlung von Kuriositäten verwandelt hat. Ein Schäferhund aus dem Grenzgebiet. Die alten Münzen. Eine FDJ-Bluse. Der Kopf von Lenin. Sie tauchen alle auf in Volker Koepps erstem Langfilm nach dem Untergang der DEFA und in dieser frühen Arbeit der Ö-Filmproduktion. Wie kaum ein anderer Dokumentarfilm jener Zeit gewährt Sammelsurium einen Blick auf die sich alltäglich wandelnde Kultur im Osten des wieder vereinten Deutschland: eine Musealisierung der Zeit, der Menschen und ihrer Objekte, kurz: der DDR. Wittstock, Wittstock D 1997, R: Volker Koepp, 117' · DigiBeta SO 28.06. um 18.30 Uhr Wir zeigen Koepps Film anlässlich der Veröffentlichung der englisch sprachigen Publikation DEFA after East Germany, die wissen schaftliche und autobiografische Aufsätze sowie Interviews und zeitgenössische Rezensionen versammelt und deren Filmanalysen ein Bild der (ost)deutschen Filmlandschaft in der Wende- und Nachwendezeit zeichnen. (bw) Unter den Langzeitbeobachtungen nehmen die im DEFA-Studio für Dokumentarfilme entstandenen Produktionen eine prominente Stellung ein. Die über oft mehrere Jahrzehnte hinweg p roduzierten Filme haben Menschen in ihrem Alltag, bei der Arbeit und in der Freizeit, dokumentiert. Dichte Beschreibungen des Lebens in der DDR sind dabei entstanden, Beobachtungen, die glücklicherweise in der Wende- und Nachwendezeit fortgesetzt worden sind. Anlässlich der Ausstellung Alltag Einheit, die vom 28. Mai bis 3. Januar im Deutschen Historischen Museum gezeigt wird, präsentiert das Zeughauskino in unregelmäßiger Folge mehrere Langzeitbeobach tungen ostdeutscher Dokumentarfilmregisseure. Den Auftakt macht Volker Koepps berühmter Wittstock-Zyklus, der Arbeiterinnen des VEB Obertrikotagenbetriebs „Ernst Lück“ porträtiert, beginnend 1974, als die Protagonistinnen ihre ersten Berufsjahre in der DDR erleben, und endend in den Umbruchsjahren der 1990er Jahre, 22 Jahre nach dem ersten Film Mädchen in Wittstock. 74 S WIE SONDERPROGRAMM S WIE SONDERPROGRAMM 75 Don Juan, Karl-Liebknecht-Str. 78 DDR 1980, R/B: Siegfried Kühn, K: Claus Neumann, D: Hilmar Thate, Ewa Szykulska, Beata Tyszkiewicz, Helmut Straßburger, Trude Bechmann, Hertha Thiele, 99' · 35 mm FR 12.06. um 18.30 Uhr · Einführung: Ralf Schenk Der Berliner Opernregisseur Andrej Wischnewsky, kraftvoll dargestellt von Hilmar Thate, inszeniert in der Provinz Mozarts Don Giovanni. Sein Bestreben, konventionelle Arbeitsweisen zu überwinden, führt zum Zusammenprall mit dem Sänger der Titelrolle. Doch während sich die beiden Männer schließlich zusammenraufen, ist das mit dem Liebesleben des Regisseurs schon schwieriger: Soll er sich für seine alte Liebe Donna Anna entscheiden, oder lockt nicht vielmehr Donna Elvira, die er neu zu erobern gedenkt? Siegfried Kühns Film vereint opulente Opernszenen sowie melo dramatische und komische Elemente zu einem unterhaltsamen, expressiven Reigen. Seiner Vorliebe für groteske Überhöhungen entsprechen auch die Darsteller bis hinein in die Nebenrollen. So verneigt sich der Film vor Schauspielerinnen wie Hertha Thiele und Trude Bechmann, denen Siegfried Kühn noch einmal ein Podium für skurrile Auftritte gab. Nach der Vorführung findet ein Filmgespräch mit Siegfried Kühn und Paul Werner Wagner statt. FR 12.06. um 18.30 Uhr Ein Abend für Siegfried Kühn Die DEFA-Stiftung und das Zeughauskino widmen dem Film regisseur Siegfried Kühn einen Abend zu seinem 80. Geburtstag. Kühn gehörte zu den DEFA-Regisseuren, die in den 1970er und 1980er Jahren das Gesicht des Babelsberger Studios wesentlich prägten. Seine oft subversiven, auch stilistisch aufregenden Arbeiten forderten Kritiker wie Zuschauer gleichermaßen heraus. Nach einer Pause im Anschluss an das Filmgespräch laden DEFA-Stiftung, Zeughauskino und Siegfried Kühn zu einem literarisch-musikalischen Programm ein. Geplant sind Auftritte des Schauspielers und Pianisten Christian Steyer, des Konzert pianisten Ronny Kaufhold und der Geigerin Barbara Sadowski, eine Lesung aus dem von Regine Kühn verfassten Drehbuch des kurz vor Drehbeginn aus politischen Gründen gestoppten Films Schwarz-weiß und Farbe sowie aus den geplanten, aber ebenfalls nicht realisierten Filmen Geschenk für Kinder (Erich Köhler) und Volks Entscheid (Karl Mickel). Mitwirkende werden Hermann Beyer, Katrin Sass und Carmen-Maja Antoni (Änderun gen vorbehalten) sein. Der Eintrittspreis beträgt 10,- Euro. 76 WIEDERENTDECKT Ich war Jack Mortimer WIEDERENTDECKT 77 Der kleine Prinz DDR 1966/1972, R: Konrad Wolf, B: Angel Wagenstein, K: Günter Marczinkowsky, D: Christel Bodenstein, Eberhard Esche, Inge Keller, Klaus Piontek, Wolfgang Heinz, Horst Schulze, Fred Düren, Jürgen Holtz, 77' · DigiBeta FR 03.04. um 19 Uhr · Einführung: Jan Gympel Wiederentdeckt Wiederentdeckt – so heißt unsere filmhistorische Reihe, kuratiert von CineGraph Babelsberg e.V., die einmal im Monat vergessene Schätze der deut schen Filmgeschichte vorstellt. Zu sehen sind Werke, die oftmals im Schatten jener Filme stehen, die den deutschen Filmruhm begründet haben. Sie sind Zeugnisse einer wirtschaftlich leistungsfähigen und handwerklich ambitionierten Filmindustrie. Erstaunlich viele dieser Filme „aus der zweiten Reihe“ sind erhalten. In enger Zusammenarbeit mit dem BundesarchivFilmarchiv, der Deutschen Kinemathek – Museum für Film und Fernsehen und der Friedrich-Wilhelm- Murnau-Stiftung recherchieren die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von CineGraph Babelsberg e.V. Spielfilme, die einer Wiederentdeckung harren. Sie analysieren die Filme im historischen Kontext, erstellen Begleitblätter für das Publikum, führen in die Programme ein und dokumentieren ihre For schungsergebnisse im Filmblatt, der Zeitschrift von CineGraph Babelsberg e.V. Die 1965/1966 von der DEFA im Auftrag des Deutschen Fernsehfunks produzierte Adaption von Saint-Exupérys berühmtem Buch zählt zu den am wenigsten bekannten und auch am wenigsten beachteten Arbeiten Konrad Wolfs: Wegen urheberrechtlicher Probleme erlebte sie ihre Erstaufführung erst Pfingsten 1972, kurz nach der Premiere von Wolfs und Wagensteins Goya, und konnte seither nur sehr selten gezeigt werden. Die prominent besetzte und recht kostspielige Produktion, ursprünglich sogar im Gespräch als Eröffnungssendung des DDR-Farbfernsehens, stieß auf geteiltes Echo. Zu ungewöhnlich erschien manchen Betrachtern die Inszenierung in stark stilisierten Studiokulissen, mit einem von Manfred Krug gesungenen Prolog und mit einer Frau in der Titelrolle: Wolfs damaliger Gattin Christel Bodenstein, die diesen Film später als ihren Favoriten bezeichnete. Hermann Schirrmeister meinte in der Tribüne vom 24. Mai 1972: „Die Hauptrollen waren mit Christel Bodenstein (kleiner Prinz) und Eberhard Esche (Pilot) eindrucksvoll besetzt. Sie gaben mit dem phantasievollen Szenenbild Alfred Hirschmeiers und der Kamera von Günter Marczinkowski dem Gleichnis ein lyrisches Gepräge.“ Barbara Faensen schrieb dagegen in der Neuen Zeit vom gleichen Tag: „Christel Bodenstein schätzen wir als talentierte Schauspielerin, die mancher Mädchen- und Frauengestalt schon glaubwürdige und wirklichkeitsnahe Züge verliehen hat. In der Rolle des ‚kleinen Prinzen’, vom Dichter so ganz anders erdacht, entsprachen ihre sinnenfreudige Weiblichkeit, das stark verschminkte Gesicht, die gelockte Perücke, die gerundete Hüfte auch nicht annähernd den Vorstellungen von dem ‚kleinen, höchst ungewöhnlichen Männchen’ vom andern Stern, diesem halb ätherischen, halb energischen Knäblein, der poetischen Traumgestalt, mit der rührenden Melancholie dessen gezeichnet, der eine kleine Pause zwischen Leben und Sterben entdeckt hat. Regisseur und Szenarist haben sich eng an die literarische Vorlage gehalten. Ob sie sie verstanden haben, bleibt offen.“ (gym) 78 WIEDERENTDECKT AKTUELLE AUSSTELLUNGEN 79 Lenz BRD 1969-71, R: George Moorse, B: George Moorse, nach der Erzählung von Georg Büchner, K: Gérard Vandenberg, D: Michael König, Louis Waldon, Rolf Zacher, Sigurd Bischoff, Grischa Huber, Monika Maurer, 130' · 35 mm FR 08.05. um 18.30 Uhr · Einführung: Michael Töteberg Der Dichter J. M. R. Lenz, der unter Halluzinationen leidet, erhofft sich Linderung bei dem in den Bergen lebenden Pfarrer Oberlin. „Wilde, zerklüftete Landschaften, dörfliche Idylle, archaisch einfache Beziehungen. Gesellschaftliche Institutionen wie Kirche und Familie gelten plötzlich nicht mehr als Zwänge, sondern als Gerüst, an das sich der seiner selbst und der Umwelt bis zum Wahnsinn entfremdete Dichter Lenz klammert“ (Die Zeit, 9.4.1971). Auf Erden ist ihm jedoch nicht zu helfen. Lenz ist eine Produktion des Literarischen Colloquiums Berlin (LCB). Frei von kommerziellen Interessen, stellte das LCB seine Produk tionsmöglichkeiten Filmfreaks und Literaten zur Verfügung. George Moorse war in der Pop- und Underground-Kultur zu Hause; er kam aus New York und brachte aus Amsterdam den Kameramann Gérard Vandenberg mit. Nach einigen Kurzfilmen und experimentellen Arbeiten gelang Moorse das Kunststück einer werkgetreuen Literaturverfilmung, die für die Sprache Büchners expressive Bildäqui valente findet. Die Rolle des Sturm-und-Drang-Dichters vertraute er dem an der Schaubühne engagierten Schauspieler Michael König an, der auch mit R.W. Fassbinder, Syberberg, Zadek und Peter Stein filmte. (mt) Ich war Jack Mortimer D 1935, R: Carl Froelich, B: Thea von Harbou, Robert A. Stemmle nach dem gleichnamigen Roman von Alexander Lernet-Holenia, K: Reimar Kuntze, D: Adolf Wohlbrück, Marieluise Claudius, Max Gülstorff, Maria Loja, Eugen Klöpfer, Sybille Schmitz, 85' · 35 mm FR 05.06. um 19 Uhr · Einführung: Friedemann Beyer Krimis führten im Kino der NS-Zeit ein Nischendasein. Die filmische Darstellung von Verbrechen passte nicht ins Bild der intakten deutschen Volksgemeinschaft. In Ich war Jack Mortimer ist Budapest der Schauplatz eines Eifersuchtsdramas, in das ein junger Taxifahrer verstrickt wird. Er soll einen Amerikaner auf dem Weg zu dessen Geliebter erschossen haben – der Frau eines berühmten Dirigenten. Sybille Schmitz spielt die Geliebte Winifred Montemayor schwankend zwischen nervöser Rebellion und Resignation. Montemayor hofft auf ein Ende ihrer Ehe-Hölle und darf sich doch nichts anmerken lassen, als sie vom Tod Jack Mortimers erfährt. Der Krimi Ich war Jack Mortimer ist auch eine Studie über Entfremdung zwischen den Geschlechtern von zuweilen Strindbergscher Qualität. (fb) Aktuelle Ausstellungen 1945 – NIEDERLAGE. BEFREIUNG. NEUANFANG. Zwölf Länder Europas nach dem Zweiten Weltkrieg 24. April bis 25. Oktober 2015 Am 8. Mai 1945 endete mit der Kapitulation der Wehrmacht der Zweite Weltkrieg in Europa. Sechs Jahre Krieg hatten Millionen von Opfern gefordert und ein bis dahin ungekanntes Ausmaß an Zerstörung gebracht. Krieg, Besatzungsregime und Massen verbrechen, Flucht, Vertreibungen und Zwangsumsiedlungen prägten die Länder und die Menschen nachhaltig. Die Aus wirkungen auf politischer, gesellschaftlicher und individueller Ebene sind noch immer präsent. Das Europa von heute ist nicht zu verstehen ohne Kenntnis der Ereignisse der Kriegszeit sowie jener Phase, die auf das Ende von Krieg und national sozialistischem Terror folgte. Anlässlich des 70. Jahrestags der deutschen Kapitulation zeigt die Ausstellung die Situation nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs sowie die unmittelbare Nachkriegszeit in Deutschland, Österreich, der Tschechoslowa kei, Polen, Großbritannien, Dänemark, Norwegen, Luxemburg, den Niederlanden, Belgien, Frankreich und der Sowjetunion. WEITERE INFORMATIONEN ZU UNSEREM PROGRAMM www.dhm.de ÖFFNUNGSZEITEN täglich 10–18 Uhr EINTRITT 8 €, ermäßigt 4 € bis ahre 18 J itt r E i nt i r f e 80 KALENDER April 2015 Mittwoch, 1. April KALENDER Mittwoch, 8. April Er un öf fn g 20 UhrCinema of Outsiders: Part II Memoirs of an Invisible Man USA 1992, John Carpenter, 99', OF ∙ Seite 43 Donnerstag, 2. April 20 Uhr Cinema of Outsiders: Part II Mad Dog and Glory USA 1993, John McNaughton, 97', OF ∙ Seite 44 Freitag, 3. April 19 UhrWiederentdeckt Der kleine Prinz DDR 1966/1972, Konrad Wolf, 77' ∙ Seite 77 21 Uhr Cinema of Outsiders: Part II Body Snatchers USA 1992, Abel Ferrara, 87', OF ∙ Seite 45 Samstag, 4. April 19 Uhr Cinema of Outsiders: Part II Gremlins 2: The New Batch USA 1990, Joe Dante, 99', OF ∙ Seite 46 21 Uhr Cinema of Outsiders: Part II The Bridges of Madison County USA 1995, Clint Eastwood, 135', OF ∙ Seite 47 Sonntag, 5. April 19 Uhr Cinema of Outsiders: Part II Clueless USA 1995, Amy Heckerling, 97', OF ∙ Seite 48 21 Uhr Cinema of Outsiders: Part II Mad Dog and Glory USA 1993, John McNaughton, 97', OF ∙ Seite 44 Dienstag, 7. April 20 Uhr Cinema of Outsiders: Part II The Bridges of Madison County USA 1995, Clint Eastwood, 135', OF ∙ Seite 47 20 Uhr Cinema of Outsiders: Part II Showgirls USA 1995, Paul Verhoeven, 128', OF ∙ Seite 48 Donnerstag, 9. April 20 Uhr Cinema of Outsiders: Part II Carlito's Way USA 1993, Brian De Palma, 140', OmU ∙ Seite 49 Freitag, 10. April 18.30 UhrBerlin.Dokument Eine Stadt ist optimistisch BRD 1957, Rudi Flatow, 10' Projekt: Schnellstraße BRD 1957, Rudi Flatow, 11' Berlin - Hauptstadt Deutschlands BRD 1958, Bodo Menck, 15' und andere Filme ∙ Seite 39 21 Uhr Cinema of Outsiders: Part II Carlito's Way USA 1993, Brian De Palma, 140', OmU ∙ Seite 49 Samstag, 11. April 19 Uhr Cinema of Outsiders: Part II Cookie USA 1989, Susan Seidelman, 94', OF ∙ Seite 50 21 Uhr Cinema of Outsiders: Part II Out of Sight USA 1998, Steven Soder bergh, 123', OmU ∙ Seite 51 Sonntag, 12. April 18.30 UhrBerlin.Dokument Eine Stadt ist optimistisch BRD 1957, Rudi Flatow, 10' Projekt: Schnellstraße BRD 1957, Rudi Flatow, 11' Berlin - Hauptstadt Deutschlands BRD 1958, Bodo Menck, 15' und andere Filme ∙ Seite 39 21 Uhr Cinema of Outsiders: Part II Do the Right Thing USA 1989, Spike Lee, 119', OmU ∙ Seite 52 Dienstag, 14. April 20 Uhr Cinema of Outsiders: Part II Out of Sight USA 1998, Steven Soder bergh, 123', OmU ∙ Seite 51 Mittwoch, 15. April t t r it Ein ei 20 Uhr Aus dem fr Fernseharchiv Heiratskandidaten BRD 1975, Klaus Emmerich, 90' ∙ Seite 35 Donnerstag, 16. April 20 Uhr S wie Sonderprogramm Sammelsurium. Ein o stelbischer Kulturfilm D 1992, Volker Koepp, 108' ∙ Seite 72 Freitag, 17. April 19 Uhr FilmDokument Credo: Martin Luther – W ittenberg 1517 DDR 1967, Rudolf Müller, 17' Copyright by Luther DDR 1983, Lew Hohmann, Klaus Schollbach, 17' Thomas Müntzer DDR 1988, Klaus Schulze, 31' ∙ Seite 61 21 Uhr Cinema of Outsiders: Part II Do the Right Thing USA 1989, Spike Lee, 119', OmU ∙ Seite 52 Samstag, 18. April 19 Uhr Cinema of Outsiders: Part II The Muse USA 1999, Albert Brooks, 97', OF ∙ Seite 53 21 Uhr Cinema of Outsiders: Part II Eyes Wide Shut USA/GB 1999, Stanley Kubrick, 159', OmU ∙ Seite 53 Sonntag, 19. April t t r it Ein ei 18.30 UhrAus dem fr Fernseharchiv Heiratskandidaten BRD 1975, Klaus Emmerich, 90' ∙ Seite 35 21 Uhr Cinema of Outsiders: Part II The Muse USA 1999, Albert Brooks, 97', OF ∙ Seite 53 81 OF Originalfassung DF Deutsche Fassung OmU Originalfassung mit deutschen Untertiteln OmeU Originalfassung mit englischen Untertiteln engl. ZT englische Zwischentitel frz. ZT französische Zwischentitel nl. ZT niederländische Zwischentitel Dienstag, 21. April 20 Uhr S wie Sonderprogramm Bei sich zu Hause in Ascona: Robert Siodmak, Filmregisseur CH 1971, Heiner Gautschy, Walter Klapper, Max Sieber, 60' ∙ Seite 73 Mittwoch, 22. April 20 Uhr Cinema of Outsiders: Part II Eyes Wide Shut USA/GB 1999, Stanley Kubrick, 159', OmU ∙ Seite 53 Donnerstag, 23. April ng f fnu 20 UhrAgnieszka Erö Holland Aktorzy prowincjonalni / Provinzschauspieler PL 1978, Agnieszka Holland, 104', OmeU ∙ Seite 23 Freitag, 24. April 19.30 Uhr Agnieszka Holland Powrót Agnieszki H. / The Return of Agnieszka H. PL/CZ 2013, Krystyna Krauze, Jacek Petrycki, 77', OmeU ∙ Seite 24 21 Uhr Agnieszka Holland Kobieta samotna / Eine alleinstehende Frau PL 1981, Agnieszka Holland, 93', OmeU ∙ Seite 25 82 KALENDER Samstag, 25. April 18.30 UhrAgnieszka Holland Europa Europa / Hitlerjunge Salomon BRD/PL/F 1990, Agnieszka Holland, 113', DF ∙ Seite 26 21 Uhr Agnieszka Holland Washington Square / Die Erbin vom Washington Square USA 1997, Agnieszka Holland, 116', OF ∙ Seite 27 Sonntag, 26. April 15 Uhr Agnieszka Holland The Secret Garden / Der geheime Garten USA 1993, Agnieszka Holland, 101', DF ∙ Seite 28 18 Uhr Agnieszka Holland Olivier, Olivier F 1992, Agnieszka Holland, 110', OmeU ∙ Seite 29 20.30 Uhr Agnieszka Holland Total Eclipse F/GB/B 1995, Agnieszka Holland, 108', OF ∙ Seite 30 Dienstag, 28. April 20 Uhr Agnieszka Holland Gorączka / Fieber PL 1981, Agnieszka Holland, 122', OmeU ∙ Seite 31 Mittwoch, 29. April 20 Uhr Agnieszka Holland Total Eclipse F/GB/B 1995, Agnieszka Holland, 108', OF ∙ Seite 30 Donnerstag, 30. April 20 Uhr Agnieszka Holland W ciemności / In Darkness PL/D/CDN 2011, Agnieszka Holland, 144', OmU ∙ Seite 32 KALENDER Mai 2015 Freitag, 1. Mai 18.30 UhrAgnieszka Holland Gorączka / Fieber PL 1981, Agnieszka Holland, 122', OmeU ∙ Seite 31 21 Uhr Agnieszka Holland Powrót Agnieszki H. / The Return of Agnieszka H. PL/CZ 2013, Krystyna Krauze, Jacek Petrycki, 77', OmeU ∙ Seite 24 Samstag, 2. Mai 19 Uhr Agnieszka Holland Kobieta samotna / Eine alleinstehende Frau PL 1981, Agnieszka Holland, 93', OmeU ∙ Seite 25 21 Uhr Agnieszka Holland Shot in the Heart USA 2001, Agnieszka Holland, 90', OF ∙ Seite 33 Sonntag, 3. Mai 18 Uhr Agnieszka Holland Hořící keř / Burning Bush – Die Helden von Prag CZ 2013, Agnieszka Holland, 84' + 72' + 78', OmeU ∙ Seite 33 Mittwoch, 6. Mai 20 UhrDie Welt in Waffen: Kapitulation Die Brücke BRD 1959, Bernhard Wicki, 105' ∙ Seite 55 Donnerstag, 7. Mai 20 UhrDie Welt in Waffen: Kapitulation Giorni di gloria I 1945, Luchino Visconti, Giuseppe De Santis, Marcello Pagliero, 71', OmeU ∙ Seite 56 Freitag, 8. Mai 17 Uhr1945 - Niederlage. Befreiung. Neuanfang Das Mahnmal DDR 1949, Max Jaap, 10' t t r it Ein ei fr Berlin UdSSR 1945, Juli Raisman, 65', OmU ∙ Seite 5 18.30 UhrWiederentdeckt Lenz BRD 1969-71, George Moorse, 130' ∙ Seite 78 21 UhrDie Welt in Waffen: Kapitulation Germania, anno zero / Deutschland im Jahre Null I/D (West) 1948, Roberto Rossellini, 78', DF ∙ Seite 57 Samstag, 9. Mai 18.30 UhrDie Welt in Waffen: Kapitulation Die Brücke BRD 1959, Bernhard Wicki, 105' ∙ Seite 55 21 Uhr1945 - Niederlage. Befreiung. Neuanfang A Matter of Life and Death GB 1946, Michael Powell, Emeric Pressburger, 104', OF ∙ Seite 6 Sonntag, 10. Mai 18 Uhr Berlin.Dokument Maiparade 1956 DDR 1956, Günter Klein, 14' Eine Nacht wie jede andere DDR 1957, Joachim Hadaschik, 15' Mehr als eine Straße DDR 1959, Helmut Schneider, 31' und andere Filme ∙ Seite 40 20.30 Uhr1945 - Niederlage. Befreiung. Neuanfang Die Mörder sind unter uns D (Ost) 1946, Wolfgang Staudte, 90' ∙ Seite 7 Dienstag, 12. Mai 20 Uhr Berlin.Dokument Maiparade 1956 DDR 1956, Günter Klein, 14' Eine Nacht wie jede andere DDR 1957, Joachim Hadaschik, 15' Mehr als eine Straße DDR 1959, Helmut Schneider, 31' und andere Filme ∙ Seite 40 83 Mittwoch, 13. Mai 20 UhrDie Welt in Waffen: Kapitulation Hans – Ein Junge in Deutschland BRD/F /ČSSR 1985, Sohrab Shahid Saless, 148' ∙ Seite 57 Donnerstag, 14. Mai 20 Uhr1945 - Niederlage. Befreiung. Neuanfang Der Engel mit der Posaune A 1948, Karl Hartl, 138' ∙ Seite 8 Freitag, 15. Mai 18.30 UhrDie Welt in Waffen: Kapitulation Das Jahr 1945 DDR 1985, Karl Gass, 90' ∙ Seite 58 21 Uhr1945 - Niederlage. Befreiung. Neuanfang Bataille du rail / Schienenschlacht F 1946, René Clément, 87', OmeU ∙ Seite 8 Samstag, 16. Mai 19 Uhr1945 - Niederlage. Befreiung. Neuanfang Die Mörder sind unter uns D (Ost) 1946, Wolfgang Staudte, 90' ∙ Seite 7 21 Uhr1945 - Niederlage. Befreiung. Neuanfang Ostatni etap / Die letzte Etappe PL 1948, Wanda Jakubowska, 105', OmU ∙ Seite 9 Sonntag, 17. Mai 18.30 UhrDie Welt in Waffen: Kapitulation Das Jahr 1945 DDR 1985, Karl Gass, 90' ∙ Seite 58 20.30 Uhr1945 - Niederlage. Befreiung. Neuanfang Ostatni etap / Die letzte Etappe PL 1948, Wanda Jakubowska, 105', OmU ∙ Seite 9 84 KALENDER Dienstag, 19. Mai 21 Uhr1945 - Niederlage. Befreiung. Neuanfang Die Brücke D (Ost) 1949, Arthur Pohl, 85' ∙ Seite 11 20 UhrDie Welt in Waffen: Kapitulation L'autre 8 mai 1945 F 2008, Yasmina Adi, 53', engl. Fassung ∙ Seite 58 Dienstag, 26. Mai Mittwoch, 20. Mai t 20 UhrAus dem t r it Ein ei Fernseharchiv fr Jeder stirbt für sich allein BRD 1962, Falk Harnack, 100' ∙ Seite 36 Donnerstag, 21. Mai 20 UhrDie Welt in Waffen: Kapitulation The First Days GB 1939, Humphrey Jennings, 23', OF London Can Take It GB 1940, Humphrey Jennings, 9', OF A Diary for Timothy GB 1945, Humphrey Jennings, 39', OF Victory Parade GB 1946, 22', OF ∙ Seite 59 t 21 Uhr1945 - Niederlage. Befreiung. Neuanfang Der Verlorene BRD 1950, Peter Lorre, 98' ∙ Seite 10 Samstag, 23. Mai 19.30 Uhr1945 - Niederlage. Befreiung. Neuanfang Padenije Berlina / Der Fall von Berlin UdSSR 1949, Michail Tschiaureli, 167', OmU ∙ Seite 10 Sonntag, 24. Mai 19 Uhr1945 - Niederlage. Befreiung. Neuanfang Der Verlorene BRD 1950, Peter Lorre, 98' ∙ Seite 10 Mittwoch, 27. Mai 20 Uhr1945 - Niederlage. B efreiung. Neuanfang Ulica Graniczna / Die Grenzstraße PL 1948, Aleksander Ford, 126', OmeU ∙ Seite 12 Donnerstag, 28. Mai ng f fnu 19.30 UhrGlut der Erö Erinnerung Palästina – Chronik eines Volkes / Filistin - Sijillu sha'b PLO/DDR 1984, Kais al-Zubaidi, 110', DF ∙ Seite 64 Freitag, 29. Mai Freitag, 22. Mai t r it 18.30 UhrAus dem Ein ei fr Fernseharchiv Jeder stirbt für sich allein BRD 1962, Falk Harnack, 100' ∙ Seite 36 20 Uhr1945 - Niederlage. Befreiung. Neuanfang Die Brücke D (Ost) 1949, Arthur Pohl, 85' ∙ Seite 11 19 Uhr Glut der Erinnerung Aida PLO/DDR 1985, Marwan Salamah, 25', DF KALENDER Sonntag, 31. Mai Samstag, 6. Juni 18 Uhr Glut der Erinnerung Warum? Palästinensischer Roter Halbmond 1982, Monica Maurer, Abdel Rahman Bseisso, 23', DF · Seite 69 20 Uhr Glut der Erinnerung Freiheit – Wie meine ich das? RL/BRD 1982, Wolfgang Bienek, Robert Krieg et al., 42', DF 20 Uhr Glut der Erinnerung Der Traum / al-manam SYR/PLO 1987, Mohamad Malas, 45', OmU · Seite 69 Intifada – Auf dem Weg nach Palästina BRD 1989, Robert Krieg, 52', DF ∙ Seite 71 Juni 2015 Sonntag, 7. Juni Dienstag, 2. Juni 20 Uhr Glut der Erinnerung Rückkehr nach Haifa / A’id ila Haifa PLO 1982, Kassem Hawal, 73', OF mit engl./arab. UT ∙ Seite 70 Mittwoch, 3. Juni 20 Uhr1945 - Niederlage. Befreiung. Neuanfang Le 6 juin à l'aube / Der 6. Juni bei Tagesanbruch F 1945, Jean Grémillon, 57', OmeU Le retour / Die Rückkehr F 1945, Henri Cartier- Bresson, 34', OmU ∙ Seite 13 Donnerstag, 4. Juni … vom Olivenbaum / … Shajarat Zeytoun PLO/DDR 1987, Marwan Salamah, 28', DF ∙ Seite 65 20 Uhr Glut der Erinnerung Aida PLO/DDR 1985, Marwan Salamah, 25', DF 21 Uhr Glut der Erinnerung Tag des Bodens / Yaum al ard SAMED (PLO-Wirtschaftsorganisation) 1978, Ghaleb Shaath, 30', DF ∙ Seite 66 … vom Olivenbaum / … Shajarat Zeytoun PLO/DDR 1987, Marwan Salamah, 28', DF ∙ Seite 65 Samstag, 30. Mai 19 Uhr Wiederentdeckt Ich war Jack Mortimer D 1935, Carl Froelich, 85' ∙ Seite 78 19 Uhr Glut der Erinnerung Die Kinder Palästinas DDR 1981, Kurt Tetzlaff, 54' · Seite 67 21 Uhr Glut der Erinnerung Schatila - Auf dem Weg nach Palästina BRD 1988, Medienwerkstatt Freiburg, 45', DF · Seite 68 85 Freitag, 5. Juni 21 Uhr1945 - Niederlage. Befreiung. Neuanfang Le banquet des fraudeurs / Das Bankett der Schmuggler B/BRD 1952, Henri Storck, 101', DF ∙ Seite 14 18.30 Uhr1945 - Niederlage. Befreiung. Neuanfang LO/LKP NL 1949, Max de Haas, 79', engl. Fassung mit ndl. UT ∙ Seite 15 20.30 Uhr1945 - Niederlage. Befreiung. Neuanfang Le banquet des fraudeurs / Das Bankett der Schmuggler B/BRD 1952, Henri Storck, 101', DF ∙ Seite 14 Dienstag, 9. Juni 20 Uhr Glut der Erinnerung Die Kinder Palästinas DDR 1981, Kurt Tetzlaff, 54' · Seite 67 Mittwoch, 10. Juni 20 Uhr1945 - Niederlage. Befreiung. Neuanfang Det gælder din frihed / Es geht um deine Freiheit DK 1946, Theodor Christensen, 102', OmU ∙ Seite 15 Donnerstag, 11. Juni 20 Uhr Glut der Erinnerung Rückkehr nach Haifa / A’id ila Haifa PLO 1982, Kassem Hawal, 73', OF mit engl./arab. UT ∙ Seite 70 Freitag, 12. Juni 18.30 UhrS wie Sonderprogramm Don Juan, Karl-Liebknecht-Str. 78 DDR 1980, Siegfried Kühn, 99' · Seite 74 86 KALENDER KALENDER Samstag, 13. Juni Freitag, 19. Juni Donnerstag, 25. Juni 20 Uhr Glut der Erinnerung Palästina – Chronik eines Volkes / Filistin-sijillu sha'b PLO/DDR 1984, Kais al- Zubaidi, 110', DF ∙ Seite 64 19 Uhr FilmDokument Der Prozeß Huppenkothen BRD 1955/58, Borris von Borresholm, 38' 20 Uhr S wie Sonderprogramm Mädchen in Wittstock DDR 1975, Volker Koepp, 19' Wieder in Wittstock DDR 1976, Volker Koepp, 22' Wittstock III DDR 1978, Volker Koepp, 32' Sonntag, 14. Juni 20 Uhr Berlin.Dokument Berlin – Vorposten der Freiheit BRD 1958, 25' Berlin – Stadt der Freiheit BRD 1959, A. Werner Uhlig, 31' Ifage-Magazin Nr.24. Berlin gehört zu Europa BRD 1959, 12' und andere Filme ∙ Seite 41 Dienstag, 16. Juni 20 Uhr Berlin.Dokument Berlin – Vorposten der Freiheit BRD 1958, 25' Berlin – Stadt der Freiheit BRD 1959, A. Werner Uhlig, 31' Ifage-Magazin Nr.24. Berlin gehört zu Europa BRD 1959, 12' und andere Filme ∙ Seite 41 Mittwoch, 17. Juni 20 Uhr 1945 - Niederlage. Befreiung. Neuanfang Suita Warszawska PL 1946, Tadeusz Makarczyński, 18', OF Aufbau Berlins D (Ost) 1946, 2' Give Them Hope USA 1947, Otto Robert Hauser, 15', OF und andere Filme ∙ Seite 16 Donnerstag, 18. Juni t t r it Ein ei 20 UhrAus dem fr Fernseharchiv Tramp BRD 1968, Peter Lilienthal, 74' ∙ Seite 37 K Z Schergen: Sorge, Schubert Prozeß BRD 1959, 33' ∙ Seite 61 21 Uhr1945 - Niederlage. Befreiung. Neuanfang Daleká cesta / The Long Journey ČSR 1948, Alfréd Radok, 108', OmeU ∙ Seite 17 Samstag, 20. Juni 19 Uhr1945 - Niederlage. Befreiung. Neuanfang Daleká cesta / The Long Journey ČSR 1948, Alfréd Radok, 108', OmeU ∙ Seite 17 21 Uhr1945 - Niederlage, Befreiung, Neuanfang Liebe 47 D (West) 1949, Wolfgang Liebeneiner, 110' · Seite 18 Sonntag, 21. Juni t t r it Ein ei fr 19 UhrAus dem Fernseharchiv Tramp BRD 1968, Peter Lilienthal, 74' ∙ Seite 37 21 Uhr1945 - Niederlage. Befreiung. Neuanfang Lang ist der Weg D (West) 1949, Herbert B. Fredersdorf, Marek Goldstein, 78' ∙ Seite 19 Dienstag, 23. Juni 20 Uhr1945 - Niederlage. Befreiung. Neuanfang De dijk is dicht NL 1950, Anton Koolhaas, 100', OF ∙ Seite 19 Mittwoch, 24. Juni 20 Uhr1945 - Niederlage. Befreiung. Neuanfang Forçats d'honneur / Prisoners of Honour – We Lived Through Buchenwald B 1946, Emile-Georges de Meyst, Georges Lust, 106', OmeU ∙ Seite 20 Leben und Weben DDR 1981, Volker Koepp, 28' ∙ Seite 73 Freitag, 26. Juni 19 Uhr S wie Sonderprogramm Leben in Wittstock DDR 1984, Volker Koepp, 85' ∙ Seite 73 21 Uhr1945 - Niederlage. Befreiung. Neuanfang Liebe 47 D (West) 1949, Wolfgang Liebeneiner, 110' · Seite 18 Samstag, 27. Juni 19 Uhr S wie Sonderprogramm Neues in Wittstock D/F 1992, Volker Koepp, 100' ∙ Seite 73 21 Uhr1945 - Niederlage. Befreiung. Neuanfang Der Ruf D (West) 1949, Josef von Báky, 104' ∙ Seite 21 Sonntag, 28. Juni 18.30 UhrS wie Sonderprogramm Wittstock, Wittstock D 1997, Volker Koepp, 117' ∙ Seite 73 21 Uhr1945 - Niederlage. Befreiung. Neuanfang Lang ist der Weg D (West) 1949, Herbert B. Fredersdorf, Marek Goldstein, 78' ∙ Seite 19 Dienstag, 30. Juni 20 Uhr1945 - Niederlage. Befreiung. Neuanfang Der Ruf D (West) 1949, Josef von Báky, 104' ∙ Seite 21 OF Originalfassung DF Deutsche Fassung OmU Originalfassung mit deutschen Untertiteln OmeU Originalfassung mit englischen Untertiteln engl. ZT englische Zwischentitel frz. ZT französische Zwischentitel nl. ZT niederländische Zwischentitel 87 F I L M W E R K S TAT T SERVICE & IMPRESSUM Hackescher Markt Friedrichstraße Wie man Film als eine historische Quelle nutzen kann, aber auch die Gestaltungsweisen und Wirkmechanismen des Mediums ergründet, das vermitteln unsere Filmwerkstätten. Eine dieser Filmwerkstätten widmet sich dem Thema „Friedliche Revolution und Umbruch '89/90“. Anhand des Dokumentarfilms Große Weite Welt (D 1997, Regie: Andreas Voigt), der Personen und Personengruppen von den Ereignissen in Leipzig im Herbst 1989 bis ins Jahr 1997 folgt, setzen sich die Schülerinnen und Schüler mit der Darstellung von Friedlicher Revolution und Wiedervereinigung auseinander. Nach einer Sichtung des Films untersuchen die Schülerinnen und Schüler in Kleingruppen die filmischen Mittel der Langzeitdokumentation und die Möglichkeiten des Films, Zeitgeschichte zu dokumentieren. Anschließend erarbeiten sie sich die historischen Hintergründe des Umbruchs '89/90, indem sie in der Dauerausstellung des Deutschen Historischen Museums ausgewählte Exponate analysieren. In der letzten Phase der Filmwerkstatt werden die Ergebnisse im Plenum vorgestellt und diskutiert. Neben der Filmwerkstatt zu Große Weite Welt sind weiterhin buchbar die Filmwerkstätten zu Hitlerjunge Quex (D 1933, Regie: Hans Steinhoff), Shoah (F 1985, Regie: Claude Lanzmann), Berlin – Ecke Schönhauser (DDR 1957, Regie: Gerhard Klein) und zu Film und Propaganda im Ersten Weltkrieg. AUSSTELLUNGSHALLE nden nter den Li Gie Staatsoper U ßh Hinter dem Filmwerkstatt aße Dorotheenstr lstraße ße Friedrichstra Angebote für Schulklassen P Tiefgarage Bebelplatz Einfahrt Behrenstraße au s ße tra es d Bo Parkhaus Dom Aquarée P ZEUGHAUSKINO Am Lustgarten ZEUGHAUS Oberwal 88 Straße Französische TICKETS Eintritt: 5 € Geänderte Kartenpreise sind im Programmheft vermerkt. RESERVIERUNG Mo–Fr 10–18 Uhr T +49 30 20304-421 [email protected] KINOKASSE geöffnet eine Stunde vor Beginn der ersten Vorstellung T +49 30 20304-770 Wir bitten Sie, reservierte Karten spätestens 20 Minuten vor Beginn der jeweiligen Vorstellung abzuholen. ZEUGHAUSKINO DEUTSCHES HISTORISCHES MUSEUM Unter den Linden 2, 10117 Berlin T +49 30 20304-421 [email protected] www.zeughauskino.de www.facebook.com/ZeughauskinoBerlin Gefördert mit Mitteln der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien. BUCHUNG UND INFORMATION [email protected] +49 30 20304-751 +49 30 20304-759 Fotonachweise: Deutsche Kinemathek – Museum für Film und Fernsehen, Deutsches Historisches Museum – Bildarchiv: Presse-Foto Röhnert, Martin Schmidt, Jochen Clauss, DEFA-Stiftung/Klaus Goldmann, Bundesarchiv, FilmPOLSKA, Filmoteka Narodowa, Filmuniversität Babelsberg KONRAD WOLF, Deutsches Filmmuseum Frankfurt, Warner Bros., Universal, NFP, Filmarchiv Austria, LWL-Medienzentrum für Westfalen WEITERE MEDIENPÄDAGOGISCHE ANGEBOTE www.dhm.de Friedemann Beyer (fb), Hannes Brühwiler (hb), Jeanpaul Goergen (jg), Michael Grisko (mg), Thomas Groh (thg), Jan Gympel (gym), Götz Lachwitz (gl), Irit Neidhardt (in), Johannes Roschlau (jr), Fabian Tietke (ft), Michael Töteberg (mt), Brigitta Wagner (bw) Gestaltung: Thoma+Schekorr; Stand: März 2015, Änderungen vorbehalten.