der Medienbarone,Albanische Medien und der lokale Markt
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der Medienbarone,Albanische Medien und der lokale Markt
Die Rückkehr der Medienbarone In Osteuropa wächst der Einfluss von Medienbesitzern, die ihre Organe nutzen, um politische Macht zu gewinnen. Die jüngsten Deals in den USA und Deutschland sind weitere Anzeichen, dass auch im Westen die Medienbarone zurückkommen. Die derzeitigen Medienmärkte sind turbulent, und Geschäftsmodelle, mit denen Journalismus wieder profitabel werden könnte, sind noch nicht in Sicht. Wenn aber Medienunternehmen nicht mehr verlässlich Gewinn abwerfen, bedarf es anderer Gründe, um in sie zu investieren. Kein Wunder also, wenn unter solch instabilen Bedingungen in vielen Ländern Medienbarone das Heft in die Hand nehmen. Was ist ein Medienbaron? Der kanadische Medienexperte David Taras definiert ihn als „einen mächtigen Medieneigner, der sich selbst teilweise als Geschäftsmann, teilweise als Publizist und teilweise als Politiker sieht. Der Einfluss von Medienbaronen rührt nicht daher, dass sie kommerziellen Druck auf ihre Redaktionen ausüben, sondern dass sie sich direkt als journalistische Impresarios ins politische Kampfgewühl stürzen. Sie haben Zeitungen und Fernsehsender gekauft, gerade weil sie glühende politische Kombattanten sind.“ Welche Rolle Medienbarone spielen, lässt sich nicht losgelöst vom Konzentrationsprozess in der Medienbranche analysieren. Wenn die Gewinne von Medienunternehmen, die sich in Individualoder Familienbesitz befinden, zu schrumpfen beginnen, denken die Eigentümer oftmals an Verkauf. Mächtigere und finanzstärkere Rivalen nutzen dann diese Gelegenheit zu ihrem politischen und wirtschaftlichen Vorteil. Tendenzen auch in den USA Die Wiederkunft von Medienbaronen ist in jüngster Zeit nicht zuletzt in Amerika zu beobachten. Lange bevor Jeff Bezos die Washington Post und John Henry den Boston Globe gekauft haben, sah der Medienexperte der New York Times, David Carr, das eng mit der Krise der amerikanischen Zeitungsbranche verknüpft. Diese sei nur noch halb so groß wie vor sieben Jahren. „Wenn die meisten Zeitungen keinen Profit mehr versprechen, wer bleibt dann als Eigentümer übrig?“, fragt Carr. Als Antwort schiebt er hinterher: „Reiche Leute“, um dann zu präzisieren: „Nicht einfach Wohlhabende, sondern solche, die sich längst von den ökonomischen Realitäten des Alltagslebens abgekoppelt haben.“ Gewiss, da gebe es andere teure Hobbys. Aber wie viele Oldtimer oder wie viele hochherrschaftliche Landsitze aus dem 19. Jahrhundert könne man besitzen, ohne dass es langweilig werde? Carr prognostiziert, dass einige der neuen Eigentümer, die ihren Imperien Zeitungen als teure Sammlerstücke einverleibten, diese „potenziell für politische Ziele oder zur Unterstützung ihrer anderen Geschäftsinteressen“ nutzen würden. Die Situation in Europa ist komplizierter, weil Herkunft und Erscheinungsformen der Medienbarone heterogener sind als in den USA. In einigen Ländern wie Italien, Frankreich oder Großbritannien sind alteingesessene Tycoons seit Jahrzehnten ein Teil des Mediensystems. Rupert Murdoch hat seine Zeitungen und Sender benutzt, um diese oder jene Partei zu unterstützen, andere wie Silvio Berlusconi haben ihre Medien missbraucht, um sich selbst in mächtige politische Ämter zu befördern. Jesús de Polanco in Spanien, Hans Dichand in Österreich und Jahrzehnte zuvor Axel Springer und Rudolf Augstein in Deutschland sowie Alfred Harmsworth (Lord Northcliffe) und Robert Maxwell in Großbritannien pflegten die diskreten Formen der Machtausübung ebenso wie gelegentlich protziges Muskelspiel. Im Vergleich dazu sind die Medienbarone in Osteuropa ein neues Phänomen. Dort sind sie in kurzer Zeit so zahlreich und mächtig geworden, dass sie heute regelrecht mit postkommunistischen Gesellschaften assoziiert werden. Viele von ihnen wurden unmittelbar nach dem Zusammenbruch des Sowjetimperiums zu einflussreichen politischen Akteuren. Neben Russland, wo einige Medienoligarchen ihre Macht wieder verloren, weil sie mit Wladimir Putins Regime in Konflikt gerieten, sind Medienbarone zum Beispiel in Serbien und Albanien oder in Rumänien und Bulgarien zu Machtfaktoren geworden. Weitere neue Barone betraten die Bühne, als sich westliche Investoren wie Mecom in Polen oder die WAZ-Gruppe in Serbien vom Markt zurückzogen. Sichtbare und Unsichtbare In Europa lassen sich heute drei Gruppen unterscheiden: „versteckte“, „sichtbar-aktive“ und „potenzielle“ Medienbarone. Versteckte finden sich besonders häufig im westlichen Balkan: Sie verbergen sich hinter Unternehmen, die im Ausland gegründet wurden. Ein kürzlich veröffentlichter Report des Serbischen Rats zur Korruptionsbekämpfung stellt fest, dass bei 18 von 30 der wichtigsten Medien des Landes die tatsächlichen Eigentümer nicht bekannt sind. Um ein Beispiel zu nennen: Zeljko Mitrovic gehören TV Pink und ein Anteil von knapp 5 Prozent an TV Avala. „Zusätzlich“, erklärt der Medienforscher Veselin Kljajic (Universität Belgrad), „gilt die österreichische Greenberg-Invest als eng mit Mitrovic verbandelt, der wiederum 48 Prozent der Anteile an TV Avala gehören. So wird in der Öffentlichkeit spekuliert, dass sich der Sender im Mehrheitsbesitz von Mitrovic befindet.“ In Albanien gibt es etwas mehr Transparenz, aber auch dort „hält sich hartnäckig der Verdacht, dass die juristischen Eigentümer nicht die wirklichen sind“, sagt Artan Fuga, Medienforscher an der Universität Tirana. „Die Gesamtzahl der Zeitungen und Fernsehkanäle ist im Verhältnis zur Bevölkerungszahl groß, und der Werbemarkt ist noch sehr klein. Somit ist es schwierig, im Mediensektor profitabel zu arbeiten.“ Die Eigentümer nutzten ihre Macht hauptsächlich, „um Druck auszuüben und sich die Politik gefällig zu machen“, sagt Remzi Lani, Direktor des Albanischen Medieninstituts. Ganz anders ist die Situation in Ländern wie Rumänien, Tschechien oder der Ukraine. Dort sind die Medienbarone für jedermann sichtbar, und die Medienkonzentration ist weit fortgeschritten. Rumänien könnte man als das Italien des Ostens bezeichnen. Dinu Patriciu und Dan Voiculescu sind die beiden herausragenden Medienbarone. Patriciu ist der einzige rumänische Milliardär, der auf der „Forbes“-Liste der reichsten Menschen der Welt auftaucht – ein vormaliger Parlamentarier der Liberalen Partei und Eigentümer der Adevarul-Holding, eines Mischkonzerns, zu dem Pressetitel ebenso wie der Fernsehsender Adevarul TV gehören. Voiculescu, der den zweiten Platz in einem Ranking der einflussreichsten Rumänen einnimmt, ist ein Gründungsmitglied der Konservativen Partei. Inzwischen hat er zwar das Eigentum an der Intact Media Group auf seine Töchter Corina und Camelia überschrieben, aber die fünf Fernsehkanäle, vier Zeitungen sowie Zeitschriften und andere Medienprodukte „bleiben eng mit Voiculescus politischen Ambitionen verbunden“, sagt Alina Vasiliu, Journalistikprofessorin an der Andrei Saguna Universität in Constanta. In Tschechien bezeichnet sich Jaromir Soukup, der Eigentümer von Empresa Media und der Medienagentur Médea, als „tschechischen Berlusconi“. Er unterstützte bald die Grünen, bald die Sozialdemokraten und zuletzt den früheren Premierminister Jan Fischer bei den Präsidentschaftswahlen 2013. In der Ukraine ging die ökonomische Liberalisierung einher mit zunehmender Korruption und der Herausbildung von Finanz- und Industrieimperien in den Händen sogenannter Clans, die eng mit dem politischen Establishment verfilzt sind. Medien wurden für sie zu einem attraktiven Asset: Die reichsten Oligarchen wie Rinat Akhmetov und Victor Pinchuk sind auch die größten Medieneigner im Lande. Die Lage in Westeuropa Anderseits gilt es der Legende entgegenzuwirken, ausschließlich Oligarchen in Osteuropa seien Medienbarone. Einige der sichtbar profilierten Vertreter gibt es, wie gesagt, seit eh und je im Westen. In Italien war Silvio Berlusconi über Jahrzehnte hinweg der mächtigste von allen. Aber auch sein Wettbewerber Carlo De Benedetti und andere Wirtschaftsimperien in Familienbesitz haben Zeitungen in ihrem Portfolio – nicht um der Gewinne willen, sondern um politisch Einfluss nehmen zu können. In Frankreich hält Martin Bouygues, der Eigentümer der fünftgrößten Baufirma in Europa, einen 44-Prozent-Anteil an TF1, dem größten französischen Fernsehanbieter. Bouygues war Trauzeuge des vormaligen Präsidenten Nicolas Sarkozy und von dessen erster Frau Cécilia und ist der Patenonkel ihres Sohnes Louis. Serge Dassault, der die französische Armee mit Kampfjets ausrüstet und lange Senator der rechtskonservativen UMP war, gilt als der neue Tycoon auf dem Medienmarkt. Ihm gehört die Figaro-Gruppe, die mit Le Figaro (über 300 000 Exemplare) die größte nationale Tageszeitung herausgibt. In Großbritannien ist Rupert Murdoch der sichtbarste Medienbaron. Ihm gehören The Times (400 000 Exemplare) und das Boulevardblatt The Sun (2,6 Millionen Exemplare) sowie knapp 40 Prozent der Fernsehsender BSkyB/Sky News. Es war bisher schwierig, ihm direkte Einflussnahme auf Politiker nachzuweisen – aber zuletzt hat der Leveson-Report hier mehr Klarheit gebracht. Dieser analysierte den Abhörskandal, in den Murdochs Blatt News of the World verwickelt war. In Westeuropa, aber auch in Polen gibt es zahlreiche Medieneigner, die zu den „potenziellen Baronen“ zählen: Unternehmer, die in ihren Ländern den Mediensektor dominieren, aber bisher noch keine derartigen politischen Ambitionen gezeigt haben. Deutschland und die Schweiz sind Beispiele für Länder, wo es kaum sichtbare Barone gibt. Weil aber die Medienkonzentration zunimmt und die führenden Medien an Profitabilität einbüßen, entsteht auch da der Nährboden für Medienbarone. Die beiden größten privaten Medienunternehmen in Deutschland, Bertelsmann (Jahresumsatz 2012: 16,6 Milliarden Euro) und Axel Springer (3,3 Milliarden Euro), werden von Erbinnen kontrolliert: Liz Mohn und Friede Springer gehören zu den einflussreichsten Medienunternehmerinnen der Welt. Sie leben aber eher zurückgezogen und suchen nicht das Rampenlicht. Ihre Konzerne sind dennoch gewichtige politische Machtfaktoren: Personell eng mit dem Konzern verbandelt, ist die Bertelsmann-Stiftung nicht nur eine Denkfabrik, sondern auch ein gut vernetztes politisches Powerhouse. Die politisch mächtigste Figur bei Springer ist vermutlich weder der CEO noch die Eigentümerin, sondern der Chefredakteur der Bild-Zeitung, Kai Diekmann, der wie kein anderer in Deutschland über politische Karrierechancen entscheidet. Während in der Schweiz argwöhnisch der Einstieg von Christoph Blocher bei der Basler Zeitung und damit der Aufstieg des Politikers zum Medienbaron verfolgt wird, würde die Machtbalance im Lande wohl erst aus den Fugen geraten, wenn bei Tamedia oder Ringier ein nachrückendes Familienmitglied politische Ambitionen hätte. Auch in Polen haben wir es eher mit potenziellen als mit sichtbaren Medienbaronen zu tun. Nachdem sich die westlichen Investoren Orkla Media und Mecom zurückgezogen haben, steigen die neuen, regionalen Eigentümer nur zögerlich ins politische Geschäft ein. Das hat wohl mit der politischen Instabilität zu tun. Auch die mächtigeren Besitzer, darunter Zygmunt Solorz-Żak und die Familien Walter und Wejchert, welche die beiden nationalen privaten Fernsehsender Polsat und TVN kontrollieren, bemühen sich um politische Balance und ein gutes Geschäftsklima für ihre Medienaktivitäten. Während westliche Unternehmen sich teilweise aus dem Osten zurückzogen, ist zumindest ein russischer Oligarch in den Westen vorgedrungen: Alexander Lebedew wurde einer der Big Player auf dem britischen Zeitungsmarkt, als er zunächst den London Evening Standard (inzwischen ein Gratisblatt mit 500 000 Exemplaren) und den Independent (etwa 80 000 Exemplare) sowie den Sunday Independent (etwa 100 000) erwarb. Er und sein Sohn Evgeny haben inzwischen mit i eine weitere Zeitung (etwa 300 000) lanciert. Beide sind den potenziellen Baronen zuzuordnen. Wirtschaftliche Faktoren Medienbarone kommen in Europa in vielfältigen Facetten und Größen daher. Wie sie operieren, welche Ziele sie verfolgen, variiert von Land zu Land: Die politische Kultur, die Größe und die Ausprägungen des Medienmarkts beeinflussen ihr Verhalten – ebenso wie der Zustrom oder Abfluss ausländischen Kapitals. Es mag unmöglich sein, bestimmte Verhaltensmuster herauszuarbeiten. Aber es ist wohl unstrittig, dass Medienbarone in einer Vielzahl europäischer Länder zu Machtfaktoren geworden sind. Zunehmende Medienkonzentration und abnehmende Profitabilität im Mediensektor bereiten Investoren mit politischen Interessen den Nährboden. Ob dies auch im Fall von Jeff Bezos und Warren Buffett gilt, der sich in den USA eine Zeitung nach der anderen einverleibt, bleibt abzuwarten. Aus Schweizer und deutschen Beispielen und der amerikanischen Entwicklung lässt sich ein Szenario entwickeln: Nimmt die Profitabilität von Zeitungen ähnlich rapide ab wie in den USA, dann wird es weitere Insolvenzen und Schließungen geben, während andere Titel zur Beute neuer, populistischer Medienbarone werden könnten. Letztere werden nicht sogleich unkontrollierbaren politischen Einfluss wie Berlusconi in Italien gewinnen, aber bei hoher Medienkonzentration kann die Liaison oder gar Personalunion von populistischen Politikern und Medienbesitzern die „checks and balances“ einer Demokratie gefährden. Wir haben zugesehen, wie es in Osteuropa geschah. Sage keiner, dass es nicht auch im Westen Europas so kommen könnte. Erstveröffentlichung: Neue Zürcher Zeitung vom 13. August 2013 Bildquelle: Christ Devers / Flickr Albanische Medien und der lokale Markt Die Veränderungen des politischen Systems in Albanien sind mit der Entwicklung und Umgestaltung der Medienbranche verbunden. Als der politische Pluralismus und die Markwirtschaft 1991 etabliert wurden, verlor der Staat sein Monopol über den albanischen Medienmarkt. Der Übergang von einem zentralisierten System zu einem privatisierten Mediensystem ging Hand in Hand mit anderen wesentlichen Veränderungen des Markts. Während sich der Wandel von kontrollierten zu freien Medienmärkten im einst kommunistischen Osten langsam vollzog, traten die Veränderungen in Albanien schlagartig auf. Daher verschwanden zwischen 1991 und 1997 fast alle Zeitungen und Zeitschriften, die der kommunistische Staat einst kontrolliert hatte (mit Ausnahme von Zëri i Popullit, der Hauptzeitung der regierenden kommunistischen Partei). An ihrer Stelle erschienen neue Zeitungen, die vor allem als private Unternehmen fungierten. Diese neuen Medienunternehmen veränderten die albanische Medienlandschaft grundlegend. Vor 1990 wurden nur zwei Tageszeitungen gedruckt: Zëri i Popullit und Bashkimi. Ab 1991 erschienen vier Tageszeitungen und 1994 verdoppelte sich diese Zahl auf acht. Heutzutage werden landesweit 28 Tageszeitungen gedruckt – verglichen mit der Anzahl der Printmedien in Ländern mit einer größeren Bevölkerung ist dies eine beeindruckende Zahl. Der audiovisuelle Markt hat sich nach dem gleichen Muster verändert: Es gibt zwar eine staatliche Rundfunkanstalt, RTSH, die albanischsprachigen Medien werden aber von einer Vielzahl von privaten Fernseh- und Radiosendern beherrscht. Laut Statistiken von Keshilli Kombetar i Radios dhe Televizionit (KKRT – Landesrat für Radio und Fernsehen) operieren in Albanien zurzeit vier überregionale Fernsehsender, 65 lokale Sender, 33 Kabelfernsehsender sowie drei überregionale und 47 lokale Radiosender. Ein Markt mit geringer Regulierung Der Boom der privaten Medien hat den Medienmarkt ins Chaos gestürzt. Die Tatsache, dass die Gesetzgebung in diesem Bereich noch sehr lückenhaft ist, trägt zu diesem Phänomen bei. Der Staat hat bisher noch nicht seinen Einfluss auf den Markt, der sich rapide entwickelt hat und dazu tendiert, Vorschriften zu umgehen, geltend gemacht. Diese – ein wenig anarchische – Situation kann besonders im Bereich der elektronischen Medien beobachtet werden. Während Zeitungen und Zeitschriften sich inzwischen immer häufiger registrieren, um legal lizenzierte private Unternehmen zu werden, verzichten elektronische Medien meist auf rechtsgültige staatliche Lizenzen. Eine der grundlegenden Eigenschaften der albanischen Medien ist der Mangel an finanzieller Transparenz. Sobald private Medienunternehmen in den Markt einsteigen, verbergen sie Informationen über ihre finanzielle Lage und Investitionen. Dies führt regelmäßig zu Ungleichgewichten, weil es sich um große Investoren aus medienfremden Bereichen damit die Medienlandschaft verändern. Dies ist schon häufiger passiert, zum Beispiel durch die Beteiligung von Bauunternehmern wie Koço Kokëdhima, Irfan Hasanbelliu und Genc Dulaku oder dem Kaffeeunternehmer Dritan Hoxha – Sie haben neue Medien gegründet, die unverzüglich zu den wichtigsten des Landes wurden. Aufgrund gewaltiger Investitionen der Geschäftsleute Kokëdhima und Hasanbelliu haben ihre jeweiligen Zeitungen die höchsten Auflagenzahlen des Landes. Derweil gehören Dulaku und Hoxha auch zwei der größten albanischen privaten Fernsehsender. Die neuen Unternehmen, die in den Markt einsteigen, verändern häufig den Trend des Medienmarkts. So war die neu gegründete Zeitung Shekulli dreimal billiger als andere Zeitungen. Ihr Preis betrug 10 Lek (ca. 70 Cent), während andere Zeitungen für 30 Lek (210 Cent) verkauft wurden. Bald darauf folgte die Zeitung Panorama ihrem Beispiel. Das führte dazu, dass die Inhaber der anderen Zeitungen die Wettbewerbsbehörde aufsuchten, um sich gesetzlich zu schützen. Dieser Preisunterschied kann zwar nicht gerechtfertigt werden – nicht einmal durch die Druckkosten (die ungefähr gleichgroß sind) oder die Verkaufszahlen –, er lässt sich aber damit erklären, dass die Verleger einiger Zeitungen ihre Druckkosten durch die Einnahmen ihrer anderen Unternehmen decken. Im Bereich der Fernsehmedien spiegeln sich die Missverhältnisse des Medienmarkts vor allem in den Werbekosten und dem Programminhalt wider. Für diverse Fernsehsender waren die Preise für Werbespots inakzeptabel. Am 5. August 2003 haben die Intendanten der fünf größten albanischen Fernsehsender deshalb eine Kooperationserklärung unterschrieben, in der sie beschlossen, dass sie zukünftig identische Preise für Werbespots festlegen. Diesem Memorandum zufolge kosten 30 Sekunden Werbung bei jedem der fünf Unterzeichnenden 100 Euro. Ungeachtet dessen wurde das Memorandum letztendlich nicht ausgeführt, weil für jeden Sender bis heute andere Preise gelten. Diese Respektlosigkeit gegenüber Regeln macht sich auch bei der finanziellen Versorgung der Journalisten und technischen Mitarbeitern bemerkbar. Aufgrund des Wettbewerbs weichen die Gehälter der Journalisten je nach Medium drastisch voneinander ab: Die Gehälter bei Top Channel und Vizion Plus sind zwei bis dreimal so hoch wie bei anderen Medien, weil diese unter wirtschaftlichen Schwierigkeiten leiden. Die Gehälter der Fernsehjournalisten sind außerdem sehr viel höher als die der Print- und Radiojournalisten. Seit 1992 gibt es kontinuierlich Versuche, Vorschriften für den Mediensektor durchzusetzen. In vielerlei Hinsicht ist der Markt heute stabiler als noch vor ein paar Jahre – trotzdem ist er immer noch unberechenbar, instabil, und zu einem gewissen Grad informell. Ein kleiner Markt in der Krise Mit einer Einwohnerzahlt von rund drei Millionen ist und bleibt Albanien ein kleiner und ungünstiger Markt für Medien. Kleine Märkte sind hinderlich für die Festigung der Medien, weil die Produktionskosten hier fast genauso hoch sind wie die anderer Medien, die in größeren Märkten tätig sind. Der Profit in den kleinen Märkten ist aber sehr viel geringer. Von der Größe einmal abgesehen sind die albanisch-sprachigen Medienmärkte auch durch die liberale Medienpolitik der albanischen Regierung zersplittert. Die vielen Akteure, die in diesen Märkten tätig sind, haben zwar einen positiven Einfluss auf den Pluralismus der albanischen Presse, aber sie fragmentieren die Medien. Obwohl es Mediengruppen gibt, in denen beobachtet werden konnte, dass es Zusammenschlüsse gibt, ist der Markt sehr breit gefächert – es hat sich gezeigt, dass Konzentrationen nicht zur Schließung anderer Unternehmen führen. Die Schwierigkeiten eines kleinen Markts spiegeln sich nicht nur in den niedrigen Auflagenzahlen der albanischen Zeitungen, aber auch in der geringen Anzahl der Werbekunden der elektronischen Medien wider, wobei genaue Untersuchungen über die Zielgruppen dieser Medien bisher fehlen. Die tägliche Auflagenhöhe aller albanischen Zeitungen beträgt gerade einmal 70.0000; davon haben lediglich Panorama und Shekulli eigenen Angaben zufolge eine Auflage von 15.000 bis 25.000. Bei allen anderen Medien beträgt die Auflagenhöhe jeweils weniger als 5000 Exemplare. Die langjährige Krise der Printmedien Die Printmedien, die nach dem Fall des Kommunismus die erste private Medienform bildeten, haben eine jahrelange Krise durchlebt, die sich immer weiter fortsetzt. In der ersten Phase (1991-1994) konnten sich die Printmedien über günstige finanzielle Bedingungen freuen, weil sie vor allem durch politische Parteien finanziert wurden und daher drei sichere Einnahmequellen hatten: politische Parteien, Verkauf der Zeitungsexemplare und Werbung. Es gab auch andere Vorteile: zuallererst die große, beständige Leserschaft – ein bedeutsamer Teil davon war die Wählerschaft der politischen Parteien. Zusätzlich investierten die Parteien einen Teil ihres Budgets in die Printmedien, weil diese zu der Zeit noch die einflussreichsten Medien Albaniens waren. Die ersten großen Tageszeitungen, die nach 1994 auftauchten, mussten sich erheblichen Problemen stellen. Die Gehälter der Journalisten waren sehr gering (50-250 Euro) und die Zeitungen so billig, dass die Produktionskosten mit den Einnahmen kaum gedeckt werden konnten. Die wirtschaftliche Lage der Printmedien in Albanien ist großen Herausforderungen unterworfen, was dazu führt, dass die Stabilität der einzelnen Medienunternehmen schwankt und ihre Überlebenschancen sinken. Der Großteil der Unternehmen schreibt inzwischen rote Zahlen und wenn die Gesetze, die besagen, dass Zahlungsunfähigkeiten und die finanzielle Lage der Betriebe transparent gemacht werden müssen, wie beabsichtigt funktionieren würden, wären viele dieser Unternehmen gezwungen zu schließen. Diese Situation wird durch den kleinen Werbemarkt in Albanien verschlimmert. Der Boom der audiovisuellen Medien In Albanien wird am meisten in audiovisuelle Medien investiert. Diese Investitionen sind jedoch durch verschiedene Entwicklungsmuster gekennzeichnet: Es wird viel in Fernsehen und wenig in Radio investiert. Auch bei den verschiedenen Fernsehsendern gibt es Unterschiede, da einige Unternehmen viel mehr investieren und damit auch viel wettbewerbsfähiger als andere Sender sind. Fernsehsender wie beispielsweise Top Channel, Klan, Vizion Plus und neuerdings auch Ora News haben mehr Geld in ihre Produktionen gesteckt, wodurch ihre Rundfunkqualität um einiges besser ist. Durch ihre Investitionen sind diese Fernsehsender in drei Bereichen konkurrenzfähiger geworden: Rundfunktechnik, Programmproduktion und Arbeitskräfte. Zu den technischen Investitionen gehört der Bau der Rundfunkstudios. Bis 1997 war der größte Anleger in diesen zwei Gebieten Radiotelevizioni Publik Shqiptar (RTSH, albanisches öffentlichrechtliches Fernsehen), die damals einzige Rundfunkanstalt in Albanien. Trotzdem hinkte RTSH damals und auch heute noch technisch gesehen hinterher. Die Kameras und Schnittstudios von RTSH sind immer noch diejenigen, die zwischen 1985 und 1990 aus Ostdeutschland importiert wurden. Laut Statistiken von KKRT macht die Mehrzahl der albanischen Fernsehsender Verluste. Alle lokalen Fernsehsender, deren Programm von Tirana und anderen Regionen ausgestrahlt wird, haben letztendlich Gewinneinbuße. Nichtsdestotrotz sollte nicht außer Acht gelassen werden, dass die finanziellen Angaben der meisten Fernsehsender Albaniens ungenau sind. Diese Ungenauigkeiten kommen daher, dass falsche Angaben über die Anzahl der beschäftigten Journalisten und ihre Gehälter sowie über die Einnahmen gemacht werden, um Gewinnbesteuerungen zu umgehen. Trotzdem hat KKRT eine Datenbank über die Finanzen der Fernsehsender erstellt, die zeigt, dass nur Klan, Top Channel und Vizion Plus Gewinne erzielen. Die Haupteinnahmequelle des albanischen Fernsehens ist die Werbung. Von 15.666.000$, die im Jahr 2004 für Werbung ausgegeben wurden, wurden 8.500.000$ in Fernsehwerbung investiert. Diese Summe wird jedoch nicht gleichmäßig verteilt, weil die Hauptfernsehsender die meisten Werbeaufträge von Unternehmen und der Regierung erhalten. Die übrigen Produktionskosten werden durch andere finanziellen Quellen gedeckt. Einige Fernsehsender, wie z.B. TV Arbëria, wurden zwangsvollstreckt, während andere fortlaufend in finanziellen Schwierigkeiten stecken und deshalb ihren Mitarbeitern keine Gehälter mehr auszahlen. Radiounternehmen sind bescheidener aber auch beständiger als Fernsehunternehmen. Obwohl die Mehrheit der Radiosender an Geldmangel leidet, sind ihre Kosten insgesamt viel geringer, weil ihr Programm vor allem aus Nachrichten aus dem Internet sowie aus Talk Shows mit Anrufern und Musik besteht. Gleichzeitig sind weder die Mitarbeiter noch technische Neuerungen besonders teuer. Zusammenfassung Das Wesen der albanischen Medien hängt überwiegend vom Wesen ihrer Besitzer ab. Die radikalen Liberalisierungsreformen haben dazu geführt, dass der albanische Medienmarkt, so wie andere Märkte auch, sehr schnell von privaten Unternehmen dominiert wurde. Die privaten Medien haben die Rolle des öffentlichen Sektors ausgeglichen. Der albanische öffentlich-rechtliche Rundfunk ist bis heute eine unreformierte Medieninstitution, die dem staatlichen Radio- und Fernsehsender der Vergangenheit immer noch ähnelt. Seine Glaubwürdigkeit und Bewertungen nehmen ständig ab und er wird heutzutage vor allem in ländlichen Gegenden genutzt. Im Gegensatz zu den meisten europäischen Ländern, in denen Medienkonzentration gesetzlich eingeschränkt wird, ist dieses Phänomen in Albanien und im Kosovo erlaubt. Daher kann im albanischen Medienmarkt beobachtet werden, dass verschiedene Medien fusionieren und einflussreiche Mediengruppen, die von einem einzelnen Aktionär kontrolliert werden, gebildet werden. Außerdem hindert die albanische Gesetzgebung andere Unternehmen nicht daran, in die Medienindustrie zu investieren. In den Balkanstaaten sind das Internet und neue Technologien die einzigen Medienformen, die offene Perspektiven und einen gemeinsamen Raum für Kommunikation bieten. OnlineKommunikation umgeht die Beschränkungen der traditionellen Medien. Ungeachtet dessen ist es, im Gegensatz zu anderen Ländern in Europa, für die Bevölkerung schwieriger das Internet und die neuen Kommunikationstechniken zu nutzen: Die Kosten sind zu hoch, die Kaufkraft der albanischen Öffentlichkeit zu gering. Die Verbreitung des Internets wird außerdem durch das niedrige Wirtschaftsniveau der Bevölkerung und die mangelhafte Festnetzinfrastruktur beeinträchtigt – vor allem in ländlichen Gebieten. Obwohl sich die neuen Medien noch im Anfangsstadium befinden, wird ihre Präsenz immer stärker, so dass erwartet wird, dass sie in kürzester Zeit zu einer Konkurrenz für die traditionellen Medien werden. ***** Dr. Mark Marku ist Medien- und Kommunikationsprofessor der Fakultät für Journalismus und Kommunikation der Universität Tirana. Er hat mehrere Werke über die Geschichte der albanischen Medien und Mediensemiotik veröffentlicht, die von vielen westlichen Autoren übersetzt wurden. Zurzeit ist Dr. Marku Abgeordneter des albanischen Parlaments und Vizepräsident des Parlamentsausschusses für Bildung und Medien. Übersetzt aus dem Englischen von Miryam Nadkarni Lettlands Mediensystem am Scheideweg Die lettischen Medien sind in den vergangenen Jahren unabhängiger geworden, und sie konnten auch ihre journalistische Qualität steigern. Noch haben sie aber nicht das Entwicklungslevel westeuropäischer Länder erreicht. So schätzt der Politik- und Kommunikationswissenschaftler Ainārs Dimants, der auch die lettische Version des EJO verantwortet, in seinem neuen Buch „Lettlands Mediensystem am Scheideweg” die derzeitige Lage ein. Seine Forschungsarbeit befasst sich mit der Entwicklung der Massenmedien in Lettland nach der „zweiten Unabhängigkeit”, insbesondere mit den „Goldgräberjahren” nach dem Ende der sowjetischen Diktatur – die Zeit nach dem Amtsantritt von Michail Gorbatschow als Generalsekretär der KPdSU. Damals war Lettland noch eine der Sowjetrepubliken, doch der neue Parteivorsitzende gewährte bis dahin ungekannte Freiheiten. Als Lettland seine Unabhängigkeit zurückgewann, wurde auch das Mediensystem neu strukturiert. Die 1990 gegründete Tageszeitung „Diena” (Der Tag) entwickelte sich zur wohl einflussreichsten Zeitung des Landes. Auch andere Titel wurden, teilweise mit Hilfe ausländischer Investoren, privatisiert. Trotz aller positiven Entwicklungen mangele es im Medienbereich immer noch an Transparenz und Professionalität, so Dimants. Es fehlen vor allem Informationen, wem welcher Verlag gehört (Stichwort Medienkonzentration), und Regeln, die den Einfluss von Verlegern, Herausgebern und Chefredakteuren (Stichwort redaktionelle Autonomie bzw. innere Pressefreiheit) begrenzen. So kündigten 2009 vierzehn Journalisten bei der Zeitung „Diena”, nachdem der Herausgeber Aleksandrs Tralmaks drei Monate lang seinen Mitarbeitern nicht sagen wollte, wer das Zeitungshaus erworben hatte und parallel dazu einen Sparplan vorlegte. (Vgl. dazu auch einen Artikel der Frankfurter Rundschau). Entwicklungsbedarf sieht Dimants auch im Bereich der Berufsverbände, der Weiterbildung und des Medienjournalismus – qualitätssichernde Infrastrukturen des Journalismus seien in Lettland kaum vorhanden, so der Autor. Das Buch basiert auf Dimants Dissertation, die 2003 an der Freien Universität Berlin eingereicht und jetzt aktualisiert wurde. Ainars Dimants (2010), Lettlands Mediensystem am Scheideweg. Die Entwicklung der Massenmedien in Lettland nach der zweiten Unabhängigkeit, Südwestdeutscher Verlag für Hochschulschriften, Saarbrücken Vom Wert freier und unabhängiger Medien Wie Medienregulierungen entwickelt und umgesetzt werden und welche Faktoren diesen Prozess beeinflussen, erforscht das europäische Projekt MEDIADEM. Das Team von Wissenschaftlern aus 14 Ländern hat nun erste Ergebnisse veröffentlicht. In einzelnen Länderberichten hat es die Faktoren analysiert, die die Entwicklung freier und unabhängiger Medien fördern bzw. behindern. Die ausgewählten Länder entsprechen den Mediensystem-Modellen, die von Daniel C. Hallin und Paolo Mancini entwickelt wurden. Griechenland, Italien und Spanien repräsentieren das polarisiertpluralistische Modell; Belgien, Dänemark, Deutschland und Finnland werden dem nordeuropäischen bzw. korporatistischen Modell zugeordnet und Großbritannien dem nordatlantischen bzw. liberalen Modell. Zusätzlich werden mit Bulgarien, Estland, Rumänien und der Slowakei Länder aus Zentral- und Osteuropa sowie mit Kroatien und der Türkei EU-Beitrittskandidaten untersucht. Das von der EU geförderte Projekt läuft seit April 2010 und soll bis März 2013 abgeschlossen sein. Wir stellen erste Ergebnisse des Projekts aus Deutschland, Großbritannien und der Slowakei vor. Weitere Ergebnisse finden Sie in den jeweiligen Länderberichten auf der Mediadem-Website. Deutschland Obwohl das deutsche Mediensystem von einem dualen Rundfunksystem geprägt ist und mehr als 300 verschiedene Tageszeitungen existieren, könne in Deutschland eine Entwicklung hin zur Medienkonzentration beobachtet werden, heißt es in dem Bericht. Die Medienlandschaft werde des Weiteren von der digitalen Entwicklung und Medienkonvergenz geprägt. Mit einer Beschwerde vor der Europäischen Kommission haben private Rundfunkanbieter versucht, die Online-Aktivitäten der öffentlich-rechtlichen Sender einzuschränken. Dies habe zu einer stärkeren Überwachung vom Rundfunkrat geführt. Die Forscher halten es auch für sehr wahrscheinlich, dass private Medienunternehmen das jetzige Bezahlsystem anfechten, da sie entweder den Service der Öffentlich-Rechtlichen minimieren oder selbst am Gebührenerlös beteiligt werden wollen. Eine andere besorgniserregende Entwicklung sehen die Wissenschaftler in der Diskussion um Internetneutralität. Deutsche Internetanbieter unterstützen die Idee, für den Versand größerer Datenmengen zusätzliche Gebühren zu zahlen. Dies stelle aber den wichtigsten Grundsatz des Internet, alle Daten gleich zu behandeln, in Frage. Zudem sei es fraglich, ob die Rundfunkräte ihre Überwachungsfunktion gewissenhaft genug ausführen. Es müsse untersucht werden, ob eine einzige autonom arbeitende Institution anstelle der 14 Landesrundfunkräte nicht sinnvoller wäre. Zudem müsse weiter analysiert werden, inwieweit Medien in Deutschland von Parteien beeinflusst werden. Großbritannien Medien in Großbritannien müssten sich einem schwierigen wirtschaftlichen Klima und politischem Umbruch anpassen, heißt es in dem Mediadem-Bericht. Die Konservative Partei unter Cameron werde sich mit Sicherheit dafür einsetzen, den privaten Rundfunk weiter zu deregulieren. Die bestehenden crossmedialen Besitzbeschränkungen würden abgeschafft und die Rechte der britischen Medienaufsichtsbehörde Ofcom eingeschränkt werden. Auch wenn die britischen Medien nicht direkt von der Regierung beeinflusst würden, gebe es dennoch indirekten Einfluss und Druck von Seiten der Regierung. Die Regierung beeinflusse die Struktur der Medienlandschaft und tue sich schwer damit, mächtige Medien wie z.B. die MurdochPresse vor den Kopf zu stoßen, heißt es in dem Mediadem-Bericht. Den Verbindungen zwischen Politik und Medien mangele es oft an Transparenz. Dem britischen System müsse zugute gehalten werden, dass es dennoch einen hohen Grad an Meinungs- und Pressefreiheit zulasse. Slowakei In der Slowakei dagegen habe es nie einen politischen Konsens über die Rolle der Medien in einer demokratischen Gesellschaft gegeben. Dennoch habe die Slowakei einen liberalisierten Zeitungsmarkt und einen mehr oder weniger regulierten Rundfunkmarkt, inklusive einem Netzwerk relativ unabhängiger öffentlich-rechtlicher Sender. Dennoch würden Medieninhalte noch immer von Politikern beeinflusst, vor allem im staatlichen Rundfunk. Viele Medienleute seien in der Politik aktiv, und oftmals würden Medien-Karrieren von politischen Zugehörigkeiten beeinflusst. Auch komme es oft vor, dass Journalisten zur politischen Öffentlichkeitsarbeit wechseln. Es bestehe die Frage, ob in der Slowakei die Pressefreiheit gefährdet sei. Laut Bericht mussten die Medien 2009 nach kontroversen Gerichtsentscheidungen slowakischen Politikern mehr als 430.000 Euro Entschädigung zahlen. Zudem sei in der Slowakei eine fortschreitende Kommerzialisierung der Medien zu beobachten, vor allem im Fernsehen. Anstelle von Nachrichtensendungen gebe es immer mehr neue Formate, die sich mit persönlichen Konflikten, Gewalt und Showbusiness beschäftigen würden. Trotz des Einflusses von Medienbesitzern und Politikern, einer fortwährenden Bestechung von Journalisten, kontroversen Gerichtsentscheidungen und globalen Kommerzialisierungstrends habe die slowakische Presse zur Demokratie im Land beigetragen, stellt der Mediadem-Bericht fest. Starke Medienkonzentration Neue Zürcher Zeitung, 30. September 2005 Ein Buch über die Situation in Österreich Dass Verleger sich öffentlich bekriegen, gerade weil sie gemeinsam an bestimmten Objekten ihrer Begierden beteiligt sind, kommt nicht allzu oft vor. Aber wenn es geschieht, fliegen meist die Fetzen. So war das zwischen Springer und Burda, später zwischen Springer und Kirch, und so war und ist das in Österreich zwischen dem starrsinnigen Hans Dichand und seinen von ihm ins Haus geholten Miteigentümern der «Kronen-Zeitung», der Essener WAZ-Gruppe. Harald Fidler, Medienredaktor beim «Standard», beschäftigt sich nicht nur mit dem Fingerhakeln der beiden Titanen, sondern skizziert mit spitzer Feder die medialen Zu- und Besitzstände im Nachbarland, die er für alles andere als normal hält: «Österreichs Medien sind so hoch konzentriert wie kaum welche in Europa, wie wenige in der Welt.» Ablesbar ist das allein schon an einer einzigen Zahl: Die «Kronen-Zeitung» erreicht mit ihrer Auflage von 850 000 Exemplaren 43,8 Prozent aller Österreicher. Einen beträchtlichen Anteil an dieser Sondersituation hat aber auch das mit Abstand grösste österreichische Medienunternehmen, der ORF – ein Koloss, bei dem es, wenn man Fidler glauben darf, oft recht grotesk zugeht. Während beispielsweise anderswo Mitarbeiter «outgesourct» werden, um die Personalkosten zu senken, ist es beim ORF dem Personalrat noch im Jahr 2004 geglückt, rund 1000 freie Mitarbeiter in Festanstellungen überzuführen. Das Buch ist Pflichtlektüre für jeden, der sich über Österreichs Medien informieren möchte. Es ist frech und mit schwarzem Humor geschrieben. Durststrecken gibt es ebenfalls, denn vieles ist anekdotisch geschildert. Harald Fidler: Im Vorhof der Schlacht. Österreichs alte Medienmonopole und neue Zeitungskriege. Falter-Verlag, Wien 2004.