Oh, Malawi!
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Oh, Malawi!
Holger Keppel ISBN-Nummer: 978-3-941981-15-7 Oh, Malawi! Impressionen aus dem warmen Herzen Afrikas Inhalt Lilongwe, Malawi 11 27.02.2012 No dating 43 13.02.2012 Anreise 13 28.02.2012 Workshop 1 vision, goals, activities 47 2 11.07.2012 15.02.2012 Einführung und Programmänderung 17 01.03.2012 Workshop 2 priorities 51 16.02.2012 Das erste Meeting im Slum 19 03.03.2012 Nkhotakota 17.02.2012 Oagnehm 21 04.03.2012 18.02.2012 Four Seasons 23 20.02.2012 Rosenmontag, es geht los 21.02.2012 Einleitung 9 99 27.07.2012 Wehmütig 135 Abreise 2 101 29.07.2012 Liwonde National Park 137 12.07.2012 Angekommen, wieder ohne... 103 30.07.2012 Nie wieder 143 57 14.07.2012 Plan und Wirklichkeit 105 02.08.2012 Das Klo – endlich 145 Chintheche 61 15.07.2012 Afternoon? 109 03.08.2012 Ground breaking ceremony 147 05.03.2012 Baustellentermin im Mondschein 65 17.07.2012 Phambili 111 05.08.2012 Azungu bo 149 27 06.03.2012 Durch den Schwarzwald von Malawi 67 18.07.2012 Vermessung in Nancholi 115 06.08.2012 Wie immer halt 153 Meeting im Civic Council 29 09.03.2012 Vermessung im Maisfeld 73 20.07.2012 Limbe 121 09.08.2012 So viel Zeit muss sein 155 24.02.2012 Märkte, Ameisen u.v.m. 33 10.03.2012 Der Löwe 81 23.07.2012 You are my friend 123 Literatur- und Quellenverzeichnis 25.02.2012 Weekend in Namalikhate Village 37 12.03.2012 Der letzte Arbeitstag in Malawi 87 24.07.2012 Afrikanische Tänze 127 26.02.2012 Sonntag in Mua 39 13.03.2012 Rückflug 91 26.07.2012 Workshop 2 131 Lilongwe – Blantyre – Lilongwe 157 Einleitung Ein bißchen Abenteuer darf schon dabei sein, wurde mir vor zwei Jahren bei der SES in Bonn erklärt, als ich mich dort vorgestellt habe. Dies wurde es dann auch, allerdings nicht im herkömmlichen Sinne, sondern mehr für einen, der über 30 Jahre in der Kommunalverwaltung, davon 20 Jahre als Bürgermeister, von einem Termin zum anderen gehetzt ist, plötzlich gab es zwar Termine, aber keiner hat sich daran gehalten. Dies war schon sehr gewöhnungsbedürftig. Der Einsatz in Malawi war dann durch die persönliche Bekanntschaft mit einem hiesigen Architekten eher zufällig und durch einen Zeitungsartikel in der örtlichen Presse initiiert. Die Antragsstellung aus Malawi war dann nicht termingerecht, so dass ich durch meine Hochschultätigkeit den Malawieinsatz zweiteilen mußte. Dies stellte sich im Nachhinein aber nicht als Nachteil – für mich, und für die Sache – heraus, ich meine sogar als Vorteil, weil viele Fachthemen zuhause nochmals vertieft werden konnten. Insofern waren die zweiten vier Wochen aus meiner Sicht deutlich effektiver. Irgendwann habe ich abends in Malawi – ab 18.00 Uhr ist es stockdunkel – angefangen zu schreiben und die Reaktion vieler Leser meiner Berichte war: „Mach doch ein Buch darüber“. Hier ist es nun. Ich habe den „Dettingern“ für die sehr herzliche Aufnahme und Betreuung in Lilongwe zu danken und gestehe ganz ehrlich, wenn die nicht gewesen wären, wäre ich nach zwei Wochen wieder gegangen und zwar sehr frustriert, wegen ständig verschobener oder abgesagter Termine! Ich danke ganz herzlich meiner Frau Isolde, weniger für die etwas stressigen Textkorrekturen, sondern vielmehr dafür, dass sie es zugelassen hat, dass ich kurz nach dem gemeinsam ersehnten Ruhestand gleich zweimal nach Afrika „abgehauen“ bin, davor die Vorbereitungszeit, dann die Zeit bis zum nächsten Aufenthalt, dann die Nachbereitung und das Buch, das muss man (Frau) schon aushalten können. Das „Afrikafieber“ hat mich 2012 schon beherrscht. Ich danke auch Brigitte, Ursel und Rea für ihre redaktionellen Hinweise. Danke auch an meine junge Layouterin Stefanie Köhle, die mit mir – wie ich meine sehr engagiert und sehr gut – ein schönes Buch gestaltet hat. Still remains the CCODE to thank, especially Patrick Chikoti and the young German volunteer Raphael, as well as the „CCODE-fellows of Blantyre“. Malawi ist ein schönes (leider sehr armes) Land, im „warmen Herzen Afrikas“ und die Menschen dort sind so etwas von freundlich und herzlich, wie man es sich hier gar nicht vorstellen kann. Zikomo kwanbiri ..... Takulandirami Ku Malawi Holger Keppel Malawi Geschichte: vor mindestens 2,5 Mio. Jahren erste Besiedlung durch den „Homo Rudolfensis“ (gefunden 1996 in Karonga) vor 10.000 Jahren Besiedlung durch „nomadisierende Buschleute“ vor 2.000 Jahren Besiedlung durch erste Bantugruppen, 16./17. Jh. Blütezeit König reich Maravi 1859 erreichte David Livingstone den Malawisee (Nyasasee) 1873 erste Missionierungsversuche durch die Free Church of Scotland 1889 Britisches Protektorat 1907 Umbenennung in Nyasaland 1966 Republik Malawi Fläche: 118.480 qkm Einwohnerzahl: ca. 15 Mio. Bevölkerungsdichte: 120 EW/qkm Human Developement Index: 0,493 (160. Stelle aller Staaten) Bruttoinlandsprodukt: 328 US$ (177. Stelle aller Staaten) Wirtschaft: überwiegend landwirtschaftlich ausgerich- tet, wenig Bodenschätze Religion: 80 % Christen, davon 23 % katholisch, 12 % Muslime, vorwiegend am Malawisee Verwaltungsstruktur: Präsidialrepublik, seit 1964 unabhängig 3 Regionen (Nord, Mitte,Süd) 28 Distrikte. Hauptstadt: Lilongwe Amtssprache: Chichewa und Englisch 13.02.2012 – 14.03.2012 Malawi (Quelle: Wikipedia 07.09.2012) Quelle: Hupe Ilona,Manfred Vachal: Reisen in Zambia und Malawi, 2011 Fahnen 24.02.2012 Märkte, Ameisen u. v. m. Explanation of the National Flag: Rising Sun signifies the Dawn of Freedom. Black stand for the People of Africa. Red is the Blood of the Martyrs of African Freedom. Green represents the evergreen nature of Malawi. Die neue Staatpräsidentin Joyce Banda hat kurz nach ihrem Amtsantritt wieder die alte Landesfahne eingeführt. Heute war es dann etwas ruhiger, am Vormittag habe ich meine Plakate für die meetings neu gestaltet und in Chichewa geschrieben. Ich wollte eigentlich von Patrick hören, wie und was jetzt am Dienstag läuft, aber der hatte irgendwelche anderen meetings. Also Patrick ist, um eine Nachfrage zu beantworten, ein Malawier, ein netter junger Umweltingenieur, der, wie ich meine, eine Menge (auch politisches) Kapital hat. Ich habe natürlich seine Landessprache nicht verstanden, die Art und Weise, wie er beim meeting im City Council agiert hatte, war schon gut. Kürzlich hat er lächelnd zu mir gesagt: Das ist eben Afrika. Als wir zum City Council gefahren sind, hat er mir Bilder von seiner Frau und seinem Baby gezeigt. Der Fahrer der Stadtverwaltung hat nämlich unterwegs angehalten und ist in den Supermarkt einkaufen gegangen und hat uns im Auto sitzen lassen, luschtig, das wäre doch eine Gemeinderatsanfrage wert, aber der Gemeinderat wurde ja vom Präsidenten abgeschafft. Es gibt übrigens eine neue Fahne von Malawi. Jetzt gibt es eine, die eine aufgehende Sonne symbolisiert, man sagt hier: Der Präsident habe morgens beim „Frühstück“ beschlossen, die Sonne sei in Malawi schon aufgegangen und deshalb gibt es eine neue Sonne auf der Fahne. Nur nirgendwo bekommt man diese, ein Typ auf dem Markt will mir jetzt eine besorgen. Einen MalawiPin gibt es auch, nur wo? Bei der Landesplanungs-Tagung der GIZ waren im Tagungshotel etliche dunkelblaue Anzugsträger mit Krawatte, die hatten einen, habe mich nur nicht getraut. Bei Pins ist dies eigentlich nicht meine Art, also den muss ich noch haben!!! Über Mittag war ich mit Raphael essen, Pommes und so eine Art Rührei draußen im offenen Feuer gekocht. Ich hatte mich gewundert, wie chic die Frauen da auf den Holzbänken waren, die Herren zum Teil in Anzug und Krawatte, ja dieses Essen können sich die meistens Malawier nicht leisten (Raphael weiß alles, für seine EDV-Unterstützung habe ich ihn wieder eingeladen, hat ein schweres Loch in meinen Etat gerissen, zusammen 2 €). Dann gingen wir auf den anderen Markt hinter der Moschee, der helle Wahnsinn: Von lebendem Geflügel, Gemüse, Obst bis zu aller Art von Metallschrott, Öl, Kleidung, Schuhe gibt es da alles auf einem Gelände so groß wie die Rottenburger Altstadt, die Gassen sind gerade mal 1 – 1,50 m breit und die Buden haben alle so ca. 2 qm Grundfläche. Fisch gab es auch, eine „Theke“ so lang wie die ganze Fleisch-Wurst-Käse-FischTheke bei Edeka. Ein bissle aggressiv waren die Händler schon; habe mich etwas unwohl gefühlt und mich kaum getraut, Fotos zu machen. Aber Raphael hat einfach gefragt: „My friend wants to take a photo“… Dafür musste ich dann bei einem Stand eine Ameise essen, eigentlich eine ganze Handvoll, aber in meiner bekannten Bescheidenheit hat eine auch gereicht. Für das Foto musste dann auch noch was gekauft werden, dann wollte ich eine Schachtel Pall Mall kaufen (Zigaretten), ging aber nicht, kann man nur einzeln kaufen. Hab dann Bonbons gekauft und Zigaretten, nahm gleich vier, war zuviel, na denn… und dies alles für einen Minus-Pfennigbetrag, kann man sich eigentlich nicht vorstellen. Jedenfalls die zwei Zigaretten brauche ich für meinen neuen Freund, den Nachtwächter bei der CCODE, weil Low Cost Area Diese aus der Traditional Housing Area entwickelte Siedlungsform mit kleinen einfachen Häusern und einer seperaten Eco San Toilette stellt eine nachhaltige Neubaualternative zur weiteren ungeplanten Verdichtung der slums dar. Die Bilder zeigen von der CCODE geplante Siedlungen in Machinjri, Selima und Kasungu. 28.02.2012 Workshop 1 vision, goals, activities So, jetzt bin ich richtig zufrieden mit mir, habe gerade die Bilder vom heutigen Workshop auf die Galerie gezogen. Und es ging tatsächlich los! Natürlich nicht um 9.00 Uhr, sondern gegen 9.40 Uhr. Zuerst ein Gebet, dann introduction und dann war ich dran. Mein Übersetzerfreund Raphael war aber nicht da, Karteikarten gab es natürlich auch nicht, aber dafür 64 Leute aus allen Landesteilen, chiefs und leaders aus den verschiedensten Slumgebieten und Mitglieder der Malawi Homeless Peoples‘ Federation. Sie haben alle sehr aufmerksam zugehört. Das, was ich denen heute beigebracht habe, morgen geht’s weiter, müssen sie dann in ihren communities in den slums umsetzen. Bildung von Arbeitsgruppen, vision and problem: Zwischenplenum, Tausch der Gruppen, so ein bissle World Café. Wieder Diskussion, die haben dann heftig mit-gemacht und dann Schlussdiskussion. Am Ende so gegen 13.30 Uhr durfte, musste jeder zu den vorgeschlagenen Zielen drei Punkte abgeben, das haben alle in einer Reihe ohne Drängelei auch gemacht. Wenn sich einer zu Wort meldet, es dann erteilt bekommt, steht er (oder sie) immer auf, richtig nett. Das Ergebnis der Punktebewertung war dann: 1. hospital (jedes Slumgebiet hätte gerne ein hospital, in Malawi ist das Gesundheitswesen kostenlos, nützt aber nichts, weil Geld für Medizin fehlt und es zu wenige Ärzte gibt). Da hat sich wohl meine Erklärung von Vision (in 20 Jahren), Ziele (in 5 Jahren), Aktivitäten (tomorrow) nicht so ganz durchgesetzt, muss morgen nochmals vertieft werden. An zweiter Stelle stand water (schon realistischer und abschnittsweise möglich), hier sind vor allem die Wasserkioske gemeint und zwar mehr, damit die Frauen nicht so weit laufen, noch besser weniger laufen müssen. Einen Wasserkiosk mit einem Waschhaus zu verbinden, so wie die alten Waschhäuser in Frankreich, habe ich heute auch vorgeschlagen. In einem seiner neuen Gebiete macht Peter hierfür gerade einen Bauentwurf. 3. Platz: Schule, mehr Lehrer, mehr Klassenzimmer, Schulmaterial, einen Zaun um die Schule, etc., gefolgt von sanitation, electricity, roads, hier vor allem ein „Teerbelag“ und Straßenentwässerung. Einschub: Peter liest gerade Nachrichten: Man hat den Präsidenten heute aus dem Lande geflogen, keiner sagt warum… Malawi stürzt ins Chaos, wenn der stirbt, meinte er. Ein Kollege ruft von hinten: No, Malawi will be happy! Mit Chaos meinte Peter, dass dann automatisch die Vizepräsidentin das Amt übernimmt und dann alle rauswirft, die dabei waren, we will see. Erstaunlich finde ich auch, wie offen die Menschen hier gegen den Präsidenten sprechen, bei dem Workshop wurde auch festgestellt, dass die REGIERUNG eben nichts für die slums tue. Dann schauen wir mal, wie es morgen läuft, wenn es ins Detail geht, war heute jedenfalls sehr gut. So, dann komme ich jetzt doch noch zu meinen zwischenzeitlich gewonnenen Erkenntnissen zum slum-upgrading, hiermit wurde ich ja wie bereits ausgeführt völlig überrascht, mein Einsatz war ja ursprünglich im Bereich der low cost areas vorgesehen. Nach der UN Habitat Definition gehören die malawischen informal settlements auch zu den slums, wenngleich sie nicht so schlimm wie in Südafrika, Kenia oder Mexiko sind, es handelt sich hier überwiegend um Ziegelbauten, entscheidend ist aber ein anderer Grund, warum die Häuser hier „etwas massiver“ gebaut werden. Da kommt ein Mensch vom Dorf in einen solchen slum, geht zum chief und fragt, wo kann ich bauen, dann sagt der: Dahinten links. Dann baut er. (Vielleicht kennt er auch die CCODE oder die Malawi Homeless Peoples‘ Federation kurz federation genannt) und bekommt dann von denen einen günstigen Kredit. Wenn dann eines Tages der Eigentümer des Grundstücks kommt und sagt, „dies ist meines“, dann muss er das Gebäude entschädigen und das tut keiner, deshalb bleiben die Häuser stehen, im Gegensatz zu anderen Ländern. Woher nimmt der chief sich das Recht, einem einen Bauplatz zuzuweisen? Der Boden gehört den Ahnen und der chief vertritt die Ahnen. Obwohl es ihn rechtlich gar nicht mehr gibt, hat er eine herausgehobene Machtstellung, sein Amt wird in der Familie vererbt. Wenn der Sohn nichts taugt, sucht man innerhalb der Familie einen geeigneten Nachfolger. Bei Beerdigungen ist der chief wichtiger als der Pfarrer, warum, habe Lilongwe Lilongwe ist seit 1975 Landeshauptstadt und ist aufgeteilt in vier Bezirke: Old Town,Capital Hill, Kanengo und Lumbadzi sowie 51 areas. Das Bevölkerungswachstum entwickelte sich wie folgt: 1966 19660 1977 98.718 1987 223.318 2008 674.448 2011 817.000 2021 1.439.000 (Quelle: National Statistical Office, 2009; Population Projections Report 1999-2033) Die Bevölkerung in den informal settlements (slums) wuchs von 82180 (1987) auf 27776 im Jahr 2005, derzeit leben über 76 % der Bevölkerung in den slums. 35 % der Markungsfläche ist künftig für Wohnbauentwicklung vorgesehen. Lilongwe hat vier große Krankenhäuser sowie 33 öffentliche und private Gesundheitszentren. Neben den vorwiegend mangelnden sanitären Einrichtungen stellt die größte Herausforderung im Gesundheitswesen die Malariafälle (207000 in 2008) sowie die sehr hohe HIV/AIDSRate dar. In Lilongwe gibt es 66 staatliche und 39 private Grundschulen mit rund 135000 Schülern (2008), rund 31000 Schüler besuchen weiterführende Schulen. Das Haupttransportmittel in der Hauptstadt sind die Minibusse sowie Fahrradtaxis. (Quelle: UN-Habitat Bericht 2011) Quelle: Macmillian: Malawi Traveller‘s Map Mzuzu Mzuzu, im Norden von Malawi ist die drittgrößte Stadt des Landes. Das Bevölkerungswachstum entwickelte sich wie folgt: 1977 1987 2008 16.108 44.217 133.968 2015 2020 220.348 270.423 (Quelle: National Statistical Office, 2003 Population Projections Report 1999-2033) Rund 50 % der Bevölkerung lebt in informal settlements. Die Stadt verfügt über ein großes Krankenhaus und ein öffentliches Gesundheitszentrum sowie mehrere private Kliniken. Rund 40.000 Schüler besuchten 2008 die Grundschulen in der Stadt, die auch Sitz der University of Malawi ist. 06.03.2012 Durch den Schwarzwald von Malawi Man erlebt hier schon immer wieder überraschende Dinge, es ist gerade hier 23.30 Uhr. Um 23.00 Uhr kam ich in der Lodge an. Rea meinte, so viel wie ich hier in Malawi schon hätte warten müssen, hätte ich noch nie warten müssen... Gemeint war jetzt nicht nur der dienstliche Bereich. Bis die Kinder, also heute zwei, im Bett sind und Peter sich beim Kochen verkünstelt hat, wird es schon spät, besonders heute nach der Rückreise. Ist aber okay, war wiederum ein schöner Abend, habe mir vorgenommen, künftig zuhause zu so später Stunde nicht mehr am PC zu sitzen, bin ja schließlich Pensionär und habe tagsüber Zeit, sollte man denken. An der Umzäunung der Lodge angekommen, der Nachtwächter schläft mal wieder wie meistens, durch das Loch in der Tür gegriffen, herumgefummelt und aufbekommen, tolle Security!! Weiter zur Lodge, die Tür war verschlossen, erstmals, nächste Tür auch verschlossen, Rückseite auch. Hmm und was jetzt? Dann bin ich zu dem Bungalow gegangen, in dem ich den Hausherrn vermutet habe, geklopft, keine Reaktion, nochmals, irgendwo geht ein Fenster auf, teile mein Anliegen mit, soll zum nächsten Bungalow gehen, na denn, dasselbe nochmals, ein Fenster geht auf, Anliegen vorgetragen, kurz darauf kommt eine nicht mehr ganz so junge Frau heraus, geht zum nächsten Bungalow und holt dort den Steven, der ist hier so was wie der Hausbursche. „Wait a moment please!“… Nach einiger Zeit kommt er wieder mit dem Schlüssel und erklärt mir, der Nachtwächter sei eingeschlafen, tja, das hatte ich auch schon gemerkt. Da muss ich doch kurz die schon einmal angedeutete Geschichte von einem Entwicklungshelfer erzählen, der auch nicht mehr durch das Tor in sein Haus kam. Er fuhr das Auto ganz dicht ran, stieg aufs Dach, kletterte über das Tor, machte es von innen auf und dabei auch noch viel Lärm, strahlte den schlafenden Nachwächter an, hat alles nichts genutzt. Am nächsten Morgen sagte der nur: „Sorry, Sir...“. Also höflich sind die hier schon. Zurück zum Vormittag. Am Morgen früh raus und zu dem am Vorabend im Mondschein verabredeten Termin bei der Stadtverwaltung. Zuerst beim Department of Development, die sitzen im Stadion, weil im Council kein Platz ist. Der Direktor sitzt in der ehemaligen Umkleide, Sophos, der planning advisor von der GIZ in der ehemaligen Dusche. War sehr nett, der Direktor sehr interessiert an meiner Nachfrage wegen Studentenaustausch und gemeinsamen Projekten. Und tatsächlich: Heute Abend hier angekommen, hatte ich schon eine Mail von ihm, die er an die Universität mit meinem Anliegen weitergeschickt hatte und der dortige Prof. hatte auch schon geantwortet, eigentlich unglaublich für hiesige Verhältnisse oder auch nicht, denn der dortige Menschenschlag in Mzuzu, eine andere Volksgruppe, Tumbuka, auch beeinflusst von Tansania, ist einfach anders als die Chewa. Anschließend nächster Termin beim Direktor für public works (ist gleich Hoch- und Tiefbauamtsleiter). Das war dann für Peter erfolgreich, der dortige Bauhof wird Personal zur Verfügung stellen, damit es bei der öffentlichen Toilette endlich weitergeht. Die privaten Bauarbeiter waren nämlich für den Bau eines Krankenhauses abgezogen worden, aber man war sich einig, dass die öffentlichen Toiletten mit Duschen für die Entwicklung des neuen Marktes von grundsätzlicher Bedeutung sind, also für Peters Projekt war der Termin hoffentlich erfolgreich. Zurück zu Elke, eingepackt und dann ging es gegen 10.30 Uhr endlich los. Durch eine schöne Landschaft, sozusagen durch den Schwarzwald von Malawi (meint Rea), insgesamt mussten wir auf den 400 km sechsmal bei den Straßenkontrollen die Autopapiere vorlegen. Erster Halt in Mzimba, nächste Baustelle, wieder eine öffentliche Toilette. Peter war hell entsetzt, seit drei Monaten kein Fortschritt!! „Ich bekomme die Krise,…Heilandsack!!“ … hörte ich ihn rufen und er griff zum Handy, um nach dem Bauleiter zu fahnden. Also das war schon unbefriedigend, das hätte mich auch mehr als geärgert, zumal die Bauleute schon das Geld dafür erhalten haben, nach entsprechender (falscher) Sachstandsmeldung!!! Dann haben wir uns zum Mittagessen mit Elke getroffen, die hatte einen Termin mit dem Supervisor vom Ministerium. Wir bestellten was Schnelles, meinte Rea... chicken and chips dauerte eine Stunde... „Kinderstaat“ Malawi 46 % aller Malawier sind jünger als 15 Jahre, die durchschnittliche Lebenserwartung liegt bei 43 Jahren. Nur die Hälfte der Grundschulkinder besuchen eine Schule, eine Schulpflicht besteht zwar, wird aber nicht durchgesetzt. Nur ein Viertel der Grundschüler erreicht einen Abschluss, die Geburtenrate liegt auf dem Land bei 6,3 %, in den Städten bei 4,6 %. Malawi gehört zu den 20 Ländern mit der höchsten Kindersterblichkeit, ca. 1 Mio. Kinder sind behindert, annähernd 70.000 Kinder unter 15 Jahren sind HIV positiv. (Quelle: Children of Blessing, Lilongwe, Report 2012) Ziegelofen In Malawi werden über 90 % aller Gebäude mit gebrannten, aber auch ungebrannten Ziegeln erbaut, aufgrund der bisherigen „Brenntechnik“sind die Ziegel von schlechter Qualität und benötigen für die Herstellung Unmengen von Holz, was den Raubbau in den malawischen Wäldern weiter vorantreibt. Die CCODE hat eine Machbarkeitsstudie durchführen lassen, um in Malawi eine neue Brenntechnik einzuführen. Als Lösung bietet sich hier die in Asien bereits verwendete VertikalSchaft-Brick-Kiln- Technologie an. In der Studie konnte nachgewiesen werden, dass in Malawi alle Rohmaterialien vorhanden sind und durch die Verwendung von Abfällen aus der Tabakindustrie hier ein – sich rechnendes – umweltschonendes nachhaltiges Projekt realisiert werden kann. Die Realisierung dieses Ziegelofens wird tatkräftig vom Tübinger Verein „ich-und-dufuer-afrika“ unterstützt. Blantyre Blantyre, gegründet 1897 von schottischen Missionaren, war bis 1975 die Hauptstadt von Malawi ( Nyasaland) und bezeichnet sich heute selbst als die Wirtschaftshauptstadt von Malawi, viele Unternehmen aller Art haben hier ihren Sitz. dann gemeinsam in die Stadt gehen, aber Raphael schlief fest im schönen Garten auf der Liege, dann habe ich halt Bilder bearbeitet, drei Internetversuche sind gescheitert. Die Stadt gliedert sich in fünf low income areas und 14 unplanned settlements. Anschließend sind wir doch noch losgezogen und erstmals in Malawi bin ich im Minibus gefahren, das ist eine Besonderheit hier, da werden 16 Menschen in Viererreihen hineingequetscht, habe das im Februar/März vermieden, deshalb kam das Thema noch nicht und dann sind wir zwei für 30 Cent in die City gefahren. Nach einem Stadtrundgang dann beim Inder gelandet, der Raphael hat ständig Hunger, war gut und preiswert, nebenan war ein indischer Tempel, in so einem war ich noch nie, dann haben wir uns für ein Taxi entschieden und sind für drei Euro in die Lodge gefahren worden. Das Bevölkerungswachstum entwickelte sich wie folgt: 1966 1977 1987 1998 2008 2020 109.461 219.011 333.120 502.053 661.256 1.274.564 (Quelle: National Statistical Office, 2003 Population Projections Report 1999-2033) Der Raphael schläft schon seit einer Stunde tief und fest und ich mache mich jetzt, noch nicht einmal 22.00 Uhr, aber trotzdem müde, auf die Socken. 70 % (480.000 Einwohner) der Bevölkerung lebt in 14 informal settlements (die hier in Blantyre unplanned settlements genannt werden). In Ndirande, dem größten settlement, leben rund 118.000 Menschen, die jährliche Wachstumsrate liegt bei 4,35 %; pro Jahr müssten 5000 Wohneinheiten gebaut werden, um dies bewältigen zu können. In Blantyre gibt es sechs städtische Krankenhäuser (hospitals) und acht Gesundheitskliniken (health clinics) sowie mehrere private Kliniken. Im Jahr 2008 besuchten 130.601 Kinder die Grundschule. (Quelle: UN-Habitat Bericht 2011) Quelle: Blantyre City Council 24.07.2012 Afrikanische Tänze Bin müde, war anstrengend heute, obwohl ich eigentlich nichts getan habe, außer warten und zuhören und dann heute Abend Text und Layoutkorrekturen am Buch im ständigen Austausch mit SK in Herrenberg, klappt richtig gut. Bin gerade auf mich alleine gestellt ohne Unterstützung von Raphael, der ist seit dem Wochenende in einem Praktikum. In der Lodge sind derzeit nur zwei Gäste, neben mir mein Freund, der Kenianer, von der SDI aus Südafrika, der kam gestern Abend aus Mzuzu, sieben Stunden Busfahrt und fährt am Donnerstag wieder zurück und bringt das Programm etwas durcheinander. Gestern Abend beim Essen habe ich ihn gefragt, wie das denn in Südafrika mit der Termintreue sei, er meinte, bei Terminen mit der Verwaltung, die für 9.00 Uhr angesetzt seien, würden diese dann um 11.00 Uhr beginnen, na denn. Heute Morgen Termin, Abfahrt um 9.00 Uhr, ich war da!! Abfahrt dann um 10.00 Uhr, es habe Probleme mit dem Ausdrucken der Pläne gegeben. Die Studenten sollten der community ihre Ergebnisse vorstellen, also ich dachte, das findet in der üblichen location statt, denkste, wir fahren mitten in das settlement, dort wo auch das Projekt gestartet wurde und ich staune über die Menschenmasse und ich staune noch mehr, dass wir exakt zum Beginn kommen, das muss doch irgendeiner gewusst haben, na ja unergründlich, man muss ja auch nicht alles wissen. Schätzungsweise ca. 300 Menschen, davon 50 % Kinder, gemäß malawischer Bevölkerungsstruktur 30 % Frauen, der Rest Männer und wir mit den Studenten, also das war keine studentische Präsentation, sondern ein richtiges Fest, was da zelebriert wurde. Zu Beginn Trommler und Gesänge, dann Tänze, eigenartig, dann viele Reden, sogar ein Vertreter der Stadt war anwesend und hat gesprochen und eine offizielle PUBLIC NOTICE des BLANTYRE CITY COUNCIL des CHIEF EXECUTIVE OFFICERS (sozusagen der nicht gewählte Oberbürgermeister der Stadt) verteilt und dann durften die Studenten ihre Pläne vorstellen. Das einzige vorhandene Flipchart hat natürlich dafür nicht gereicht, irgendwann fiel es auf den Lautsprecher und der Ton war weg, einfach irgendwie lustig, dann haben die Frauen der federation abwechselnd mit den Studenten die Karten hochgehalten, ein Student hat vorgetragen und der chief hat seine Mitbürger zu Fragen angeregt, es haben sich nur Frauen gemeldet, die erste wollte ein hospital, die zweite eine Schule, sehr viel mehr habe ich nicht verstanden, zwei Stunden nur Chichewa. Danach wieder Trommler und Gesang und danach allgemeiner Tanz und plötzlich wurde der Ruf laut: Hoogaa come... und dann habe ich mitgetanzt und die haben dann doch sehr gestaunt, was meine Hüften so hergegeben haben, war nett und lustig. Anschließend haben die Studenten die grünen Plastikstühle eingesammelt und weggetragen, ich dachte, die räumen auf, nein, es ging weiter durch das settlement zum Haus entweder des chiefs oder der traditional authority, also die Lady in dem schönen Gewand, die Offiziellen wurden dort in das Wohnzimmer gebeten, es gab Mzima mit Gulasch und Krautsalat, die Frauen haben die Fantaflasche mit den Zähnen aufgemacht, war alles sehr nett, zurück mit den grünen Stühlen zur „Hauptstraße“. Dann hieß es plötzlich neues meeting in der Poly Technic, Minibus war voll, unser Auto auch und dann wurden noch drei Studenten in den Kofferraum gepackt. Mein lieber Freund, der Kenianer, er heißt übrigens Baraka, wollte unbedingt den Studenten noch basic informations über Stadtplanung vermitteln, von 27 Studenten waren dann nur noch neun anwesend, davon haben drei ganz offensichtlich geschlafen, hat ihn aber nicht gekümmert. So nebenbei habe ich dann noch für Ewag einen Termin mit der Poly Technic arrangiert (für das Stuttgarter Studentenprojekt) und mittlerweile hat mich sogar der Stuttgarter Professor angemailt, man höre und staune nach vier Monaten, also da geht auch etwas. 26.07.2012 Workshop 2 Um 9.00 Uhr heute früh waren wir verabredet, mal schauen, vielleicht kommen sie noch, kommen tun sie ja immer. Gestern war dann mein zweiter Workshop, fing natürlich auch wieder verspätet an, die letzten Studenten kamen so gegen 11.00 Uhr, die Vertreterinnen der communities waren pünktlich. Begonnen habe ich mit einem Gruppenspiel zur Entspannung (und Erheiterung), kam gut an, dann Bildung von vier Arbeitsgruppen mit den bekannten Themen: Housing, drainage, circulation, environment, dieses Mal vertieft zu einzelnen Problemen und deren Bewertung, dann mussten Lösungsmöglichkeiten aufgezeigt werden und was die communities selber tun können. Zwischendurch gab es einen Wechsel zwischen den Gruppen à la World Café und so gegen 15.00 Uhr war man dann fertig. Insgesamt war die Zeit zu knapp, aber es sollte ja nur ein Lösungsweg und methodisches Vorgehen geschult werden, um es künftig selber durchführen zu können. Insgesamt waren die Studenten und die community-Frauen sehr engagiert und fleißig, das muss man sagen. Für den Rest des Tages gab es noch zwei Überraschungen, Edith rief an, ob wir abends zusammen zum Italiener essen gehen würden. Bis wir den gefunden haben, oje. Meine CCODE-Leute haben mich hingebracht, aber Ewag und Edith haben es auch nicht so leicht gefunden und dort trifft man dann natürlich nur „weiße PoCs“, dann auch noch Bekannte von Ewag. Zuvor haben wir alle noch zusammen ein GREENBEER zum Abschied von Baraka getrunken. Er wollte dann später noch bei mir vorbeischauen, um mir Bilder zu überspielen, kam dann auch um 21.30 Uhr, habe ihm Wein angeboten und so war er bis kurz nach Mittenacht auf meiner Bettkante mit seinem Laptop auf den Knien. Also ich muss mein Urteil über ihn revidieren, habe ich ihm auch gesagt, die Fehler, die die Studenten gemacht haben, hat er sogleich erkannt und auch gute Korrekturen gegeben und das mitternächtliche Gespräch über Afrika, slum-upgrading etc. war richtig gut, lehrreich und nett. Jetzt warte ich immer noch, heute früh gibt es hier kein Wasser, im Wasserwerk würde gestreikt, heißt es, um 9.00 Uhr sollte ich eigentlich schon in der Poly Technic sein, zufälligerweise ist Ewag um 10.00 Uhr auch dort, mal sehen, wann ich ankomme. Für heute ist dann noch ein Baustellentermin angesagt, der wurde schon zweimal verschoben, weil wegen des planning studio keine Zeit war. Jetzt höre ich mal auf und packe den Laptop ein und warte draußen, heute morgen ist es etwas frisch hier. Und sie kamen dann doch um 10.30 Uhr, wir sind zur Poly Technic gefahren, zum Headquarter of Architecture (stand an der Tür). Ewag war schon im Gespräch, meine CCODE-Leute sind weiter nach Nancholi gefahren und der Professor, der, wie ich zwischenzeitlich erfahren habe, gar keiner ist, sondern Rektor, allerdings nicht mit unserem hiesigen Rektor vergleichbar, hat mir ein Minitaxi (also Toyota-Bus) bestellt, der mich dann nach Nancholi gebracht hat. Dort dann die 30.07.2012 Nie wieder Oje, war dies eine grausame Fahrt, fast fünf Stunden über Land, zwar schöne Landschaft, aber trotzdem mehr als anstrengend. Dabei hatte sich alles so gut angehört, wie komme ich nach Lilongwe? „No problem“, meinte Frederic, der Hausherr des Camps, wir bringen dich zum Bus nach Liwonde. Dann haben mich die zwei englischen Mädels, mit denen ich gestern im National Park war, dorthin gebracht. Zum Glück kein Minibus, da wäre ich nicht hinein, aber auch kein vier- bzw. fünf-Sterne-AXA-Bus, also ein „Null-Bus“. Zuerst hatte ich noch zwei Plätze, einen für mein Gepäck, war alles sehr eng, dann wanderte meine Reisetasche unter meine Füße und der Rucksack auf meine Knie und meine Afrikatasche verschwand irgendwo im Bus, zuerst waren es 15 Menschen und 5 kleine Kinder und ein lebendes Huhn, zum Schluss über 25 Leute, 10 Kinder und sieben Hühner, ein Junge kam in den Bus und hatte drei flatternde Hühner in der Hand, ein anderer hatte sein Huhn in einem Plastikbeutel eingewickelt, nur der Kopf sah heraus. Die Mittelreihe wurde zwischenzeitlich auch mit Klappsitzen belegt, zwischendurch wurde immer mal wieder nachgeladen, z.B. Mehlsäcke unter die Klappstühle geschoben, Bewegungsfreiheit gab es keine mehr. Zum Glück nicht bei jedem Zwetschgenbaum, aber bei jedem zweiten Marktflecken wurde angehalten und die Straßenhändler schoben von außen die Fenster auf und bedrängten einen richtig, am Anfang noch mit Getränken, später mit Karotten und zum Schluss mit Kohlköpfen, die wurden eifrig gekauft. Dazu muss man wissen, dass jeder Salat hier i. d. R. aus Weißkraut gemacht wird, dann kommen noch etwas Karotten und wenige Tomatenschnitze dazu. Bei einem Halt wurde ein ständig schreiendes kleines Kind aus dem Fenster gereicht, an den Straßenrand gesetzt und nach Erledigung des Geschäfts wieder durch das Fenster reingereicht; diese Gelegenheit hatte ich leider nicht. Oder es gab warme matschige Pommes in blauen Plastiktüten zu kaufen. Beim Einstieg in den Bus hatte sich ein junger Bursche ständig um mich gekümmert, das sei sein Job, meinte er: „My name is Little Joe“. Die Fahrt würde 2,5 Stunden dauern, wo der Ankunftsort in Lilongwe sei, wusste er nicht, meinen Stadtplan konnte er auch nicht lesen, nach dem Palaver mit seinen Kollegen hatte man dann den Ankunftsplatz benannt, den habe ich dann Peter zwecks Abholung per SMS mitgeteilt, war aber falsch und am anderen Ende der Hauptstadt. Irgendwann kam dann die SMS-Meldung: „Konnte nicht verschickt werden“, die gescheite Technik verrät einem aber nicht warum, na ja, es war kein Saft mehr drauf, nachgeladen. Und „Little Joe“ hat mich dann noch um 100 Kwacha angebettelt, er müsste zu seiner Großmutter, habe ihm erklärt, dass ich grundsätzlich kein Geld gebe und am Ende hat er dann die 100 Kwacha bekommen, hat der sich über die 30 Cent gefreut. In der Hauptstadt angekommen, war dies für mich ein richtiger Schock nach dem ruhigen Wochenende, Menschenmassen, Verkehrschaos hoch drei und dieser so genannte Busbahnhof ein Albtraum. Man wird nach Ankunft immer von einem halben Dutzend Burschen, die einem ein Taxi anbieten, richtig überfallen und bedrängt. Nach Rücksprache mit Peter habe ich mich dann für ein Taxi entschieden, war völlig entnervt ob der langen Fahrt, saß mal wieder auf der Sonnenseite, dann im Durchzug und wenn ich einmal etwas rieche, also dann….Und das Taxi hat für die kurze Fahrt genauso viel gekostet wie die lange Busfahrt 2000 Kwacha, entspricht etwa 7 €. Angekommen, geduscht und ein „Kuche Kuche“ getrunken, das erste überhaupt, seit ich hier bin, zeitweise gab es gar keines und dann ging es mir besser, anschließend mit Loulou gemalt, sie einen Engel, ich eine Toskanische Landschaft. War mal wieder nett. 03.08.2012 Ground breaking ceremony Dann wurde es endlich wahr, heute morgen um 11.00 Uhr ging es los. Schön war’s. Zuerst durfte ich ein Gebet sprechen, hatte mir den Prediger ausgesucht; …For everything there is a season, and a time for every matter under the heaven, a time to plant, and a time to pluck up what is planted… a time to throw away stones, and a time to gather stones together,… Now is time to build an Eco San Toilet for the HOUSE OF HOPE in Chimutu. Dann sprach der Direktor, der Chief, Rea für „weltwärts“ (ihre Schützlinge hatten zuhause bei Freunden und Verwandten Geld gesammelt und dann die Räume sehr schön neu gestaltet), anschließend erfolgte die Geldübergabe sowie rund 500 Farbstifte für den Kindergarten und es folgte dann der Spatenstich. In Malawi spatet man mit der Hacke, dabei habe ich eine Wasserleitung leicht angekratzt. Zum Schluss wurde noch ein kleines Drama aufgeführt, eine Bäuerin hat wieder einen Mann erwischt, der in ihrem Gemüsegarten sein Geschäft erledigt, der wurde dann verhauen und ein großes Palaver begann, warum ist das so, ganz einfach, es fehlte das Eco San Klo, das war alles sehr lustig, Germany kam auch in dem Stück vor. Im Büro folgte die formelle Unterzeichnung der Geldübergabe mit Maßnahmenbeschreibung, Ordnung muss sein; aus den 3.020 Euro wurde die stattliche Summe von 1.075.000 Kwacha. Als wir gingen, wurde die Tasche mit dem Geld – ich möge mich nicht wundern und nicht hineinschauen, warnte mich Rea – ins Auto getragen, damit jeder sieht, dass im Büro nichts zu holen ist und das Geld auf die Bank kommt. Im Auto habe ich dann die Tasche aufgemacht, aber es waren statt Geld ein Fußball und ein Karton drin; ein guter Trick, finde ich, jedenfalls kommt das Geld heute noch auf die Bank. Wie gesagt, es war eine schöne Veranstaltung und die Menschen waren sehr dankbar. Für die 120 Kinder und das Personal gibt er gerade zwei Plumpsklos, wie die aussehen – muss ich nicht beschreiben. House of Hope liegt am Rande von Chimutu, ein informal settlement mit rund 120.000 Bewohnern, auf einer sehr schönen Karte von Lilongwe aus dem Jahre 1990 waren dort gerade fünf kleine Häuser eingezeichnet. Die Presse wurde nicht eingeladen, die kommt hier nur, wenn man sie bezahlt und einen Fahrer schickt. Aber die Botschaft hatte ich eingeladen schon von zuhause anfangs Juli, den Botschafter angeschrieben, es kam bis heute keine Antwort, auch keine Fehlermeldung. Dann hatte ich letzte Woche allerdings kurzfristig in der Botschaft angerufen und den Termin durchgegeben, die Dame wollte dies weitergeben, zwischenzeitlich hatte ich eine andere Mail-Anschrift der Botschaft bekommen, noch mal ein Mail nachgeschoben, mit Termin und meiner hiesigen Telefonnummer, es kam keinerlei Reaktion und zum Termin kam auch niemand, also zumindest einen Untersekretärsassistenten hätten sie ja schicken können, wenn deutsche Bürger soviel Geld spenden. Etwas betrüblich, zumindest eine Absage wäre höflich gewesen. Da das meeting mit dem Civic Council wieder einmal verschoben wurde, blieb ich am Nachmittag zuhause, auf dem Weg dorthin erzählte Peter von einem anderen Vater, der meinte, zuhause könne er nicht arbeiten, wenn ständig Kinder herumspringen, nun ja, ich habe ja nicht gearbeitet, sondern nur 250 Bilder, die Rea heute vom Spatenstich gemacht hat, bearbeitet. Loulou fragte: „Bekommen wir Reis?“ „Okay“, sagte ich. Der Reis stand auf dem Herd. Zehn Minuten später, „Das war zu wenig. Bekommen wir noch etwas?“ „Okay“. Kurz darauf, „Holger, bekommen wir ein Eis?“, „Holger, darf ich in dein Zimmer?“, „Holger, was machst du?“, „die Bilder, die deine Mama gemacht hat, bearbeiten“. „Holger, hast du auch eine Mama?“, „Ja, ist aber schon gestorben“. „Warum?“, „War schon alt und wir müssen alle sterben.“ „Holger, wo ist sie jetzt?“, „Im Himmel.“ „Was macht sie dort?“, „Sich von der Kindererziehung erholen.“, „Du Holger, kann man Wolken essen?“, „Nee, das geht nicht.“, „Du Holger, kann man Schnee essen?“, „Kann man, schmeckt aber nicht.“, „Ich habe aber schon Schnee gegessen“, kam zurück. (Anfang des Jahres waren Dettingers erstmals mit ihr im Schwarzwald und dort gab es den ersten Schnee).