Übersetzug als Kulturvermittlung. Die universelle Sprache von

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Übersetzug als Kulturvermittlung. Die universelle Sprache von
Wyższa Szkoła Języków Obcych w Poznaniu
Katedra Języka Niemieckiego
Andrzej Norek
Übersetzug als Kulturvermittlung.
Die universelle Sprache von Ryszard Kapuściński
am Beispiel von Heban
Praca licencjacka
napisana pod kierunkiem
dr Anny Stolarczyk-Gembiak
Poznań 2007
1
Inhaltsverzeichnis
Vorwort. Ziel und Methode der Arbeit....................................................................................3
Theoretischer Teil:
1. Übersetzung in der Theorie .................................................................................................5
1. 1 Allgemeine Definitionen..................................................................................................5
1. 2 Adaptation oder Transfer? Übersetzung als Kulturvermittlung .........................................8
2. Reportage. Zwischen inhalts- und formbetonter Übersetzung............................................ 12
3. Zur Biographie von Ryszard Kapuściński ......................................................................... 16
Analytischer Teil:
4. Heban im Original und in der Übersetzung. Eine Analyse ................................................ 18
4. 1 Eine kurze Einführung in den Inhalt............................................................................... 18
4. 2 Die Analyse ................................................................................................................... 19
4. 2. 1 Ein ewiger Kampf ...................................................................................................... 19
4. 2. 2 Die Welt der Warlords ............................................................................................... 22
4. 2. 3 Die Kindersoldaten .................................................................................................... 25
4. 2. 4 Das Antlitz einer Diktatur .......................................................................................... 29
4. 2. 5 Frage nach der Zukunft .............................................................................................. 32
5. Zusammenfassung ............................................................................................................ 34
6. Bibliographie .................................................................................................................... 38
6. 1 Primärliteratur ............................................................................................................... 38
6. 2 Sekundärliteratur ........................................................................................................... 38
7. Streszczenie w języku polskim ......................................................................................... 40
2
Vorwort. Ziel und Methode der Arbeit
Das Ziel der vorliegenden Arbeit war eine Analyse der gewählten Ausschnitte
aus der deutschen Übersetzung des Buches Heban von Ryszard Kapuściński, das im
deutschsprachigen Raum unter dem Titel Afrikanisches Fieber erschienen ist, im
translatologischen Vergleich mit den entsprechenden Ausschnitten aus dem Original,
unter Berücksichtigung von sprachlichen und literaturwissenschaftlichen Aspekten. In
Anlehnung an die Übersetzungstheorie von Werner Koller wird durch die Analyse
gezeigt, dass Texte von Ryszard Kapuściński ein Beispiel für Transfer sind, dass sie gar
keiner Adaptation bedürfen, denn die kultivierte Sprache, deren sich Kapuściński
bediente und die er stets meisterhaft einsetzte, eine durchaus universelle, die Grenzen
Polens weit überschreitende Sprache ist.
Ryszard Kapuściński schrieb vor allem für den europäischen Leser, dem er
veranschaulichen wollte, dass Europa nicht die ganze Welt, sondern nur ihr Teil ist.1
Über 40 Jahre lang bereiste er mehrere Dutzend Länder, die zu der sog. Dritten Welt
gehören und konnte sowohl Euphorie über die gewonnene Freiheit und Unabhängigkeit
wie auch das Schweigen des Hungertodes nach dem Scheitern der damit verbundenen
Hoffnungen und Erwartungen beobachten. Der Kontinent, den er besonders liebte, war
Afrika. Und Afrika liegt (zumindest kulturell) genauso weit von Polen wie von
Deutschland (oder auch anderen europäischen Ländern) entfernt. Die heutigen Probleme
des Kontinents scheinen zunächst ebenso fremd und unverständlich für alle Europäer zu
sein, doch überall in Europa werden Bücher von Kapuściński gleichermaßen
verstanden. Denn wenn er über afrikanische Diktaturen schreibt, wenn er ihre
Mechanismen entlarvt, ins Lächerliche zieht oder in einfachen Bildern, wie
Schnappschüssen, ihre barbarischen Facetten zeigt, dann entblößt er eine grausame
Trivialität von Totalitarismen, die auch unseren Kontinent noch bis vor so kurzer Zeit
geplagt hatten. Wir, Europäer, haben alle unsere Erfahrungen mit Kriegen und
Diktaturen gemacht. Mehr noch – diese Erfahrungen haben unsere Mentalität so stark
geprägt, dass sie einen festen Platz in unserer Kultur eingenommen haben. „Wer Afrika
verstehen möchte, sollte Shakespeare lesen“2, schrieb einmal Kapuściński.
1
Vgl. Gnauck, Gerhard: Entwurzelter Reporter: Zum Tode von Ryszard Kapuscinski,
http://www.welt.de/kultur/article711068/Entwurzelter_Reporter_Zum_Tode_von_Ryszard_Kapuscinski.h
tml, 07.03.2007.
2
Kapuściński, Ryszard: Wojna futbolowa, Warszawa 2007, S. 140. Im Original: „Kto chce zrozumieć
Afrykę, powinien czytać Szekspira.”
3
Für die Analyse habe ich gezielt Fragmente gewählt, die Kapuściński weniger
als einen bewanderten Gelehrten zeigen, sondern mehr als einen Augenzeugen, einen
Reporter der das, worüber er schrieb, selbst gesehen und miterlebt hatte. Diese
Fragmente, diese kurzen Momentaufnahmen, mit deren Hilfe er dem Leser eine Einsicht
in das Alltagsleben der einfachen Menschen unter einer Diktatur, in einem nie endenden
Krieg und im ewigen Kampf um Wasser und Nahrung, verschaffte, fand ich besonders
eindrucksvoll und aus translatologischer Sicht nicht zuletzt deshalb interessant, weil sie
die persönlichsten Texte des Autors sind.
Die Bücher von Ryszard Kapuściński sind aber nicht nur auf der in europäischer
Kultur verwurzelten literarischen Ebene allgemein in Europa verständlich. Sie sind auch
auf der semantischen Ebene so zu sagen „international“. Kapuściński schrieb für
Europäer und dementsprechend benutzte er eine Sprache, die durchaus europäisch ist. In
seinen Texten findet man keine saloppen, umgangssprachlichen Ausdrücke, keine
Wortspiele und kulturspezifischen Metapher. Seine Worte sind immer präzise,
durchdacht und sehr kultiviert und somit auf jede andere kultivierte Sprache ohne
größere Abweichungen und allzu starke subjektive, kulturbedingte Transformationen
übersetzbar.
Ryszard Kapuściński verstand das Schreiben und – wie sich im weiteren Verlauf
der Arbeit zeigen wird – das Übersetzen als Kulturvermittlung. Er war ein Wanderer
zwischen Kulturen mit dem Heim in Europa. Das formulierte er auf seine, wie immer
wunderbare Weise einmal so: „Ich glaube, dass jeder von uns in sich mehrere
Identitäten hat. Wir sind alle mit unserem Geburtsort verbunden, haben rührselige
Gefühle dem Heim aus der Kindheit gegenüber – diese Identität verliert man nie. (…)
Auf einer anderen Ebene existiert in uns selbstverständlich eine nationale Identität. Und
wenn wir außerhalb Europa reisen, entdecken wir, dass wir Europäer sind. Wenn ich aus
Afrika zurückkomme und das Flugzeug in Madrid landet, erfüllt mich das Gefühl, dass
ich schon zu Hause bin. Das ist unsere dritte Identität. Immer mehr auch entwickeln wir
in uns das Bewusstsein der Zugehörigkeit zu der menschlichen Familie, zu der Welt.“3
3
Kapuściński, Ryszard: Rwący nurt historii, Kraków 2007, S. 21. Im Original: „Myślę, ze każdy z nas ma
w sobie wiele tożsamości. Wszyscy jesteśmy związani ze swoim miejscem urodzenia, czujemy jakiś
sentyment do domu dzieciństwa – tej tożsamości nigdy się nie traci. (…) Na innym poziomie istnieje w
nas oczywiście tożsamość narodowa. A jeżeli wyjeżdżamy poza Europę, odkrywamy, że jesteśmy
Europejczykami. Kiedy wracam z Afryki i samolot ląduje w Madrycie, ogarnia mnie uczucie, że już
jestem w domu. To nasza trzecia tożsamość. Coraz bardziej wyrabiamy też w sobie świadomość
przynależności do rodziny ludzkiej, do świata.”
4
Ryszard Kapuściński war ein aus dem polnischen Vorkriegsosten stammender
Weltbürger, der Europa die Welt zu erklären versuchte. Und das, wie die Popularität
seiner Bücher auf dem gesamten Kontinent zeigt, mit Erfolg.
5
1. Übersetzung in der Theorie
1. 1 Allgemeine Definitionen
Übersetzen
gehört
zweifellos
zu
den
komplexesten
menschlichen
4
Geistestätigkeiten überhaupt . Es wurden viele Versuche unternommen, eine allgemein
gültige Definition auszuarbeiten – bis jetzt allerdings ohne Erfolg. Immer wieder
stolpern ihre Autoren über zahlreiche Fallen, die hinter der Tätigkeit des Übersetzens
stecken. Man muss einfach viel zu viele Faktoren und Bedingungen berücksichtigen,
um allen Aspekten des Übersetzens gerecht zu werden. In den Extremfällen kam man
sogar zu der Überzeugung, dass Übersetzen schlichtweg unmöglich sei5. Und trotzdem
wird es seit Jahrtausenden praktiziert. Werke von Homer, Plato, Shakespeare, Goethe
oder Kafka gehören zur Weltliteratur und werden von Menschen gelesen, die oft die
Originalsprache, in der sie geschrieben wurden, überhaupt nicht kennen. Die Tatsache,
dass so viele Menschen literarische Werke, die sie nur in übersetzter Form lesen
können, kennen und sich mit ihnen auch identifizieren beweist, dass Übersetzen
möglich ist. Mehr noch – dass Übersetzen zu den unentbehrlichsten Bemühungen um
die Überwindung der Sprachbarriere gehört6. „Wer Kunst überträgt, über die Grenzen
trägt, wirkt (…) für die Gesellschaft, für ihren uralten Traum von Freiheit, Gleichheit
und Brüderlichkeit in einer Sprache ohne Falsch und ohne Heuchelei“7.
Wie sehen aber die Definitionen, die in großen Nachschlagewerken erscheinen,
aus? In Meyers Lexikon kann man lesen: „Die Übersetzung ist die Wiedergabe eines
Textes in einer anderen Sprache. Sie ist die Form der schriftlichen Kommunikation über
Sprachgrenzen hinweg im Gegensatz zur aktuellen, mündlichen Vermittlung des
Dolmetschers“.8 Die Definition aus Meyer Lexikon ist knapp und kurz. Über Methoden
und Schwierigkeiten, die die Problematik des Übersetzens mit sich trägt, werden hier
keine Worte verloren. Sie ist auch ziemlich inhaltsarm und wenig aufschlussreich.
In Brockhaus Enzyklopädie findet man dagegen: „Schriftliche Form der
Vermittlung eines Textes durch Wiedergabe in einer anderen Sprache unter
Berücksichtigung bestimmter Äquivalenzforderungen. Zu differenzieren sind einerseits
4
Vgl. Apel, Friedmar: Literarische Übersetzung, Stuttgart 1983, S. 1.
ebenda.
6
Vgl. Stolze, Radegundis: Übersetzungstheorien. Eine Einführung, Tübingen 2005, S. 13.
7
Dedecius, Karl: Vom Übersetzen, Frankfurt am Main, 1986, S. 52.
8
Meyers Enzyklopädisches Lexikon, Mannheim/Wien/Zürich 1979, Bd. 24, S. 76.
5
6
die interlinguale (Übersetzung von einer Sprache in eine andere), die intersemiotische
(Übersetzung von einem Zeichensystem in ein anderes, z.B. vom Text ins Bild) und die
intralinguale Übersetzung (Übersetzung von einer Sprachstufe in eine andere, z.B. vom
Althochdeutschen ins Neuhochdeutsche, vom Dialekt in die Standard- oder
Hochsprache), andererseits umfasst der Oberbegriff die unterschiedlichsten Typen von
Übersetzungen,
z.B.
Glossen,
Interlinearversion,
Übertragung
(Bearbeitung),
Nachdichtung (Adaption) oder auch Neuvertextung (z.B. Filmsynchronisation)
Seit der Antike ist die Tätigkeit des Übersetzens von theoretischer Reflexion
(von Cicero über Horaz und Hieronymus, den Schutzpatron der Übersetzer, Augustinus,
Quintilian, Luther, Goethe, J. G. Herder, F. Schleiermacher, W. von Humboldt bis hin
zu W. Benjamin, H.-G. Gadamer und G. Steiner) begleitet, die sich zwischen den
klassischen Gegensätzen von wörtlichem / sinngemäßem, treuem / freiem,
verfremdendem / einbürgerndem Übersetzen bewegt, wobei entsprechend die
prinzipielle Übersetzbarkeit oder Unübersetzbarkeit propagiert wird.“9
Und laut der großen Internet-Enzyklopädie Wikipedia „unter Übersetzung
versteht man in der Sprachwissenschaft: 1. die Übertragung eines (meist schriftlich)
fixierten Textes von einer Ausgangssprache in eine Zielsprache; sie wird auch als
„Übersetzen“
bezeichnet.
2.
das
Ergebnis
dieses
Vorgangs.
Zur
besseren
Unterscheidung wird das Produkt eines Übersetzungs- oder Dolmetschvorgangs
(Translation) auch als Translat bezeichnet.
Die Übersetzung fällt gemeinsam mit dem Dolmetschen unter den Begriff
Sprach- und Kulturmittlung (Translation). Der maßgebliche Unterschied zwischen
Übersetzen und Dolmetschen liegt darin, dass beim Übersetzen der Ausgangstext fixiert
ist und somit wiederholt konsultiert werden kann, während beim Dolmetschen der
Ausgangstext nicht fixiert (i. d. R. mündlich) vorliegt.“10
Während in der Brockhaus Enzyklopädie die allgemeine Problematik des
Übersetzens (es wird hier vor allem auf die Entgegensetzung von wörtlichem /
sinngemäßem, treuem / freiem, verfremdendem / einbürgerndem Übersetzung und
daraus
resultierenden
Theorien
der
Übersetzbarkeit
oder
Unübersetzbarkeit
hingewiesen) nur signalisiert wird, geht Wikipedia der Sache etwas näher dran, indem
sie die Probleme der „doppelten Bindung“ („Der Zieltext soll gleichzeitig eine
erkennbare Rückbindung an den ausgangssprachlichen Text besitzen und die
9
Brockhaus Enzyklopädie, 19. Auflage, Wiesbaden 1974-1994, Bd, 22, 1994, S. 524f.
http://de.wikipedia.org/wiki/%C3%9Cbersetzung_%28Sprache%29, 07.12.2006.
10
7
Anforderungen des Lesers des zielsprachlichen Textes erfüllen. (…) Entweder sollen
dem Leser der Übersetzung die charakteristischen Eigenschaften der Ausgangskultur
und -sprache nahe gebracht werden, oder er soll mit einem in der Zielkultur und sprache unauffälligen bzw. seinen Zweck gut erfüllenden Text versorgt werden.“)11 und
der „Subjektivität“ („Beim Übersetzungsvorgang sind stets subjektive Faktoren
beteiligt: 1. bei der Entscheidung des Übersetzers zwischen Zieltextvarianten 2. durch
Gebundenheit des Übersetzers an kulturelle und soziale Hintergründe 3. durch
Rezeption und Interpretation des Ausgangstextes (vgl. Hermeneutik) 4. durch
unterschiedliche methodisch-technische Vorentscheidungen für den Analyse- und
Beurteilungsprozess 5. durch die Meinung des Übersetzers über Funktion, Zweck und
Strategie der Übersetzung“)12 etwas genauer betrachtet.
Alle oben aufgeführten Definitionen unterstreichen direkt oder indirekt
(„schriftliche Form der Vermittlung eines Textes“ bei Brockhaus Enzyklopädie,
„Wiedergabe eines Textes“ bei Meyer Lexikon) den Bedeutungsunterschied zwischen
„Übersetzen“ – einem Vorgang, dessen Resultat eine meist schriftlich fixierte
Übersetzung sei, und „Dolmetschen“ – einer unmittelbaren mündlichen Vermittlung des
Dolmetschers. Doch dank der modernen Technik ist eine Fixierung des Dolmetschens
durchaus möglich (z.B. auf Tonbänder). Deshalb müsste man den Unterschied woanders
suchen – nicht die Festhaltung selbst spielt hier die entscheidende Rolle, sondern eher
die dem Übersetzer zur Verfügung stehende Zeit, die Dauer des Vorgangs. Während ein
Dolmetscher gezwungen ist, seine Entscheidungen sofort zu treffen, kann der
Übersetzer seinen Text mehrmals verändern und bearbeiten, bis er mit dem Ergebnis
mehr oder weniger zufrieden ist.
Sowohl bei Meyer Lexikon als auch bei Wikipedia wurden alle nicht
interlingualen Übersetzungstypen außer Acht gelassen; nur Brockhaus Enzyklopädie
differenziert die interlinguale, intersemiotische und intralinguale Übersetzung.
Schon diese drei Definitionsbeispiele zeigen, wie schwierig es ist, alle Aspekte
des Übersetzens in einer Definition zu berücksichtigen. Alle unterscheiden sich
wesentlich voneinander und keine kann als die richtige, die wahre betrachtet werden.
Manche Probleme, die aus dem Vorgang des Übersetzens resultieren, werden hier nur
signalisiert, andere wieder nicht mal erwähnt. Den Autoren gelang es auch nicht der
11
12
ebenda.
ebenda.
8
Gefahr zu entgehen, einen Begriff mit seinen Synonymem zu erklären. Und so wird
„Übersetzung“ einfach durch „Übertragung“ ersetzt.
„Die ältesten erhaltenen Übersetzungen reichen ins 3. Jahrtausend v. Chr. zurück
(altbabylonische Inschriftentafeln religiösen und administrativen Inhalts in sumerischer
und akkadscher Sprache).“13 Bis heute jedoch ist es niemandem gelungen, eine
allgemein gültige Definition, die alles für das Übersetzen wesentliche beinhaltet, zu
formulieren. „Dies liegt nun an der Komplexität des Problems selbst, der bisher noch
kein einzelner wissenschaftlicher Ansatz in vollem Umfang gerecht werden konnte.“14
1. 2 Adaptation oder Transfer? Übersetzung als Kulturvermittlung
Die nationalen Literaturen begannen in den meisten europäischen Ländern mit
Übersetzungen. Es waren vorwiegend die biblischen, religiösen oder klassischen Texte,
die anfangs übersetzt wurden.15 Die geschriebene deutsche Sprache findet ihren
Ursprung in Übersetzungstätigkeit, meistens aus Lateinischen.16 Auch polnische
Literatur macht hier keine Ausnahme, das erste in polnischer Sprache gedruckte Buch
war eine Übersetzung eines damals weit in Europa verbreiteten Gebetsbuches Hortulus
Animae (pl. Raj duszny).17 Schon diese Tatsache stellt die besondere Stellung der
Übersetzung in den nationalen Kulturen Europas dar.
„Übersetzung ist – in einem weiteren Sinne – immer Kulturarbeit, in einem
engeren Sinne Spracharbeit: Arbeit mit der anderen und an der eigenen Kultur, Arbeit
mit und an der eigenen Sprache.“18, meint Werner Koller. Man kann die
Übersetzungsaufgabe nicht aus dem kulturellen Kontext losreißen, denn sie muss immer
sowohl unter dem Aspekt des Kulturkontakts als auch unter dem Aspekt des
Sprachkontakts betrachtet werden.19
Itamar Even-Zohar, ein israelischer Übersetzungsforscher, hat zusammen mit
den belgischen, niederländischen und englischen Wissenschaftlern der Translation
Studies-Gruppe (A. Lefevere, T. Hermans, S. Bassnet-McGuire) die Auffassung der
Literatur als eines Polysystems vorgeschlagen, in dem die Übersetzungen immer eine
13
Brockhaus Enzyklopädie, 19. Auflage, Wiesbaden 1974-1994, Bd, 22, 1994, S. 524f.
Apel, Friedmar: Literarische Übersetzung, Stuttgart 1983, S. 1.
15
Vgl. Stolze, Radegundis: Übersetzungstheorien. Eine Einführung, Tübingen 2005, S. 142.
16
Vgl. Koller, Werner: Einführung in die Übersetzungswissenschaft, Wiesbaden 1997, S. 61.
17
Vgl. Jasienica, Paweł: Polska Jagiellonów, Warszawa 1986, S. 337.
18
Koller, Werner: Einführung in die Übersetzungswissenschaft, Wiesbaden 1997, S. 59.
19
Vgl. ebenda.
14
9
sehr wichtige Rolle spielten. Dieses literarische Polysystem ist ein kinetisches Gebilde,
in das verschiedene, gegenseitig sich beeinflussende Strömungen und Schulen
einfließen. Zwischen Übersetzungen und der nationalen Literatur gibt es immer
vielschichtige Interaktionen, durch die die zielsprachige Literatur nicht nur bereichert
wird, sondern auch eine andere Gestalt einnimmt.20
Auch ein Sonderforschungsbereich „Die Literarische Übersetzung“ an der
Universität Göttingen, zu dem u.a. Forscher wie A. P. Frank, H. Kittel, D. Kullmann
oder A. Poltermann gehören, widmete sich der Bedeutung der literarischen
Übersetzungen ins Deutsche. Es wird hier allerdings die Auffassung der Literatur als
eines Systems kritisiert und abgelehnt. Bis jetzt wurde noch keine Nationalliteratur als
System ausgearbeitet, deshalb kann eine derartige Auslegung nicht als eine
Forschungsvorlage
dienen.
Schrittweise
arbeitet
die
Forschergruppe
eine
Kulturgeschichte der Übersetzung aus, wodurch der Einfluss der Übersetzungen auf die
deutsche Literatur veranschaulicht wird. Sie geht davon aus, dass die fremde Literatur
nur im Kontext der Zielliteratur übersetzt und von den zielsprachigen Lesern
aufgenommen werden kann.21
Solche Aneignung von fremder Literatur wird von den postmodernen Forschern
(R. Arrojo, A. Benjamin, L. Venuti) heftig kritisiert. Vor allem die Literatur aus
ehemaligen europäischen Kolonialländern wird durch derartige Einverleibung von den
einstigen Kolonialmächten aufgesaugt und ihrer Eigenständigkeit beraubt. Das gilt
natürlich für alle Übersetzungen, das Beispiel mit der Literatur aus alten Kolonien stellt
jedoch das Problem besonders anschaulich dar.22
In dem kulturellen Kontext schlägt Werner Koller eine Unterscheidung zwischen
zwei Übersetzungsarten vor. Die erste Art nennt er Adaptation. Der übersetzte Text
wird, unter Berücksichtigung von den der Zielsprache und -kultur gerechten Normen,
entsprechend bearbeitet und angepasst.23 „Die adaptierende Übersetzung ersetzt ASTextelemente, die spezifisch in der AS-Kultur verankert sind, durch Elemente der ZSKultur; die Übersetzung assimiliert den AS-Text im ZS-Kontext.“24 Wenn das bei den
pragmatischen Texten durchaus berechtigt ist und oft sogar verlangt wird, sieht solche
20
Vgl. Stolze, Radegundis: Übersetzungstheorien. Eine Einführung, Tübingen 2005, S. 141-142.
Vgl. ebenda, S. 143-145.
22
Vgl. ebenda, S. 146-149.
23
Vgl. Krzysztofiak, Maria: Przekład literacki a translatologia, Poznań 1999, S. 36.
24
Koller, Werner: Einführung in die Übersetzungswissenschaft, Wiesbaden 1997, S. 60.
21
10
Vorgehensweise bei den literarischen Texten doch etwas bedenklich aus, wie das am
Beispiel der Literatur aus ehemaligen Kolonialländern gezeigt wurde.
Die zweite Übersetzungsart heißt bei Koller Transfer. Hier werden die typischen
Elemente der Ausgangssprache und -kultur beibehalten.25 „Schwierigkeiten treten dann
auf, wenn die kulturelle Differenz so groß ist, dass beim ZS-Leser die
Verstehensvoraussetzungen erst geschaffen werden müssen, um eine adäquate
Rezeption zu ermöglichen.“26 Transferierende Übersetzung mag, zumindest anfänglich,
auf den Leser schwerfällig und unverständlich wirken. Wenn jedoch die entsprechenden
Voraussetzungen, die das Verstehen ermöglichen, geschaffen sind, kann sie die
Zielsprache und -kultur bereichern, eine andere Sichtweise vermitteln, mit neuen
Inhalten und Ideen füllen. Der kommunikative Zusammenhang der Zielsprache wird
dadurch erweitert.27 Gleichzeitig ermöglicht eine transferierende Übersetzung den
Einblick in eine andere, zum Teil fremde und unbekannte Kultur.
Ähnlich sieht es bei Koller mit der Übersetzungsaufgabe unter dem Aspekt des
Sprachkontakts aus. Hier unterscheidet er zwischen der sich einpassenden und der
verfremdeten Übersetzung. Die erste Art „bewegt sich im Rahmen der sprachlichstilistischen Normen, die in der ZS zum Zeitpunkt der Übersetzungsarbeit gelten.“28 Sie
trägt zur Festigung der gültigen sprachlich-stilistischen Normen bei, indem sie sich den
bestehenden Originaltexten der Zielsprache einordnet.29
Im Falle der verfremdeten Übersetzung wird versucht, „die sprachlichstilistischen
Strukturen
des
AS-Textes
so
weit
wie
möglich
im
ZS-Text
nachzuvollziehen oder wenigstens >>durchscheinen<< lassen“.30 Dieses Verfahren
kann sogar zur Entstehung einer speziellen Übersetzungssprache führen, die sich von
der Sprache der Originaltexte aus dem Zielspracheraum deutlich unterscheidet.
Verfremdete Übersetzungen können einen Einfluss auf die bestehenden sprachlichen
Normen nehmen und sie gegebenenfalls erweitern und erneuern. Sie kann auch schon in
der Zielsprache vorhandene Tendenzen unterstützen und verstärken.31
Die Übersetzung trägt Kultur über die Grenzen und leistet auf diese Weise einen
wesentlichen Beitrag zur Entstehung von größeren kulturellen Gemeinschaften. In ganz
25
Vgl. Krzysztofiak, Maria: Przekład literacki a translatologia, Poznań 1999, S. 36.
Koller, Werner: Einführung in die Übersetzungswissenschaft, Wiesbaden 1997, S. 60.
27
Vgl. ebenda.
28
ebenda.
29
Vgl. ebenda.
30
ebenda.
31
Vgl. ebenda, S. 60-61.
26
11
Europa kennt man kafkaeske düstere Atmosphäre und die innere Zerrissenheit des
Raskolnikow. Diese und hunderte andere Beispiele zeigen eindeutig die Rolle der
Übersetzung in unserer Kultur, ohne sie gebe es keine europäische Kultur im heutigen
Sinne. Bevor sich die große europäische Literatur voll entfalten konnte, mussten sich
zuerst die nationalen Sprachen etablieren. Dank den Übersetzern beeinflussten sich die
verschiedenen einheimischen Literaturen um, mit Beibehaltung von allen lokalen Zügen
und Merkmalen, ein gemeinsames literarisches Gebilde zu erzeugen, dass man heute
europäische Literatur nennt. Louis G. Kelly, ein Übersetzungsforscher aus Oxford
glaubt sogar, dass „Westeuropa ihre Zivilisation den Übersetzern verdankt.“32
Bekanntlich beschäftigte sich Ryszard Kapuściński weder mit dem Übersetzen
aus anderen Sprachen (mit einer Ausnahme: im Jahre 1969 erschien Che Guevara.
Dziennik z Boliwii in seiner Übersetzung33), noch mit der Übersetzungswissenschaft.
Bei einem Kongress der Übersetzer der Polnischen Literatur, der im Jahre 2005 in
Krakau statt gefunden hat, hielt er jedoch die Eröffnungsrede, in der er die
kulturtragende Rolle der Übersetzung angesprochen hatte. In seinem Vortrag wies er auf
die doppelte Bedeutung des polnischen Wortes „tłumaczyć” hin, „deren semantische
Konvergenz jedoch äußerst vielsagend ist“34 Die erste Bedeutung ist mit dem deutschen
Wort „übersetzen“ im translotologischen Sinne vergleichbar. Übersetzen, also ein Text
von einer Ausgangssprache in eine Zielsprache übertragen. In der zweiten Bedeutung
heißt „tłumaczyć” so viel wie „erklären“, „interpretieren“.35 „Und gerade das ist,
besonders heute, die verantwortungsbewusste Rolle des Übersetzers in unserer neuen
multikulturellen Welt – dass wenn er übersetzt, macht er uns der Existenz von anderen
Literaturen und Kulturen bewusst, der Existenz des Anderen, seiner Verschiedenheit
und Einmaligkeit, der Tatsache, dass wir eine große menschliche Familie bilden, derer
einzige Überlebenschance im näheren Kennenlernen und gegenseitiger Akzeptanz liegt,
in dem Zusammenleben halt.“36
32
ebenda, S. 58. Im Original: „Western Europe owes its civilization to translators.”
Bereś, Witold, Burnetko, Krzysztof: Kapuściński: nie ogarniam świata, Warszawa 2007, S. 264.
34
Vgl. ebenda, S. 338-339. Im Original: „(…), których jednak semantyczna zbieżność jest niezmiernie
wymowna.“
35
Vgl. ebenda, S. 339.
36
ebenda, Im Original: „I to jest właśnie szczególnie dziś odpowiedzialna rola tłumacza w naszym
wielokulturowym świecie – że przekładając, uświadamia nam istnienie innych literatur i kultur, istnienie
Innego, jego odrębności i niepowtarzalności, tego, że tworzymy wielką rodzinę człowieczą, której
warunkiem przetrwania jest bliższe poznanie się i wzajemna akceptacja, współżycie.”
33
12
2. Reportage. Zwischen inhalts- und formbetonter Übersetzung
Egon Erwin Kisch, ein berühmter Meister der Gattung, hat einmal gesagt,
„Reportage heißt Sichtbarmachung der Arbeit und der Lebensweise“.37 Damit soll sie
das
Leben
von
Menschen
in
einer
bestimmten
Umgebung
beschreiben,
veranschaulichen und für Leser, die außerhalb des Milieus stehen, zugänglich machen.
Es wird zwischen zwei klassischen Grundformen der Reportage unterschieden: einem
Bericht über ein handlungsreiches Ereignis und einer Milieustudie. Ein guter
Reisebericht, eine Reportageart, mit der sich auch Ryszard Kapuściński befasste, gehört
auch eindeutig zu der zweiten Kategorie.38 Da aber „Reportage ein tatsachenbetonter,
aber persönlich gefärbter Erlebnisbericht ist“39, verschmelzen in ihm verschiedene
literarische und journalistische Kategorien zu einer weitgehend offenen Textgattung,
deren Attraktivität gerade in der Mannigfaltigkeit der Sichtweise, der Auffassung und
des Schreibstils von verschiedenen Autoren besteht.
Katharina Reiss unterscheidet in ihrem Texttypologieentwurf zwischen drei
Textkategorien – inhalts-, form- und appellbetonte Texte. Je nach dem, welche
Sprachfunktion in einem gegebenen Text die Oberhand gewinnt, können alle Texte
einem von diesen drei Texttypen zugewiesen werden. Weil die Reportage ein
„tatsachenbetonter Erlebnisbericht“ ist, wurde sie zu den inhaltsbetonten Texten
zugeordnet.40 Da aber viele Journalisten und Kommentatoren einen „>>literarischen
Ehrgeiz<< entwickeln und demgemäß in der Regel eine unverwechselbare Handschrift
schreiben“41, entziehen sich Reportagen oft einer eindeutigen Zuweisung. Deshalb auch
wurde das Modell von Katharina Reiss oft kritisiert. Man warf ihm vor allem vor, dass
„Texte in der Realität nicht immer eine so deutlich ausgeprägte Primärfunktion
aufweisen, wie dies mit den drei Texttypen suggeriert wird“.42 Dank so großen Autoren
wie Joseph Roth, Egon Edwin Kisch oder Max Winter etablierte sich Reportage zu
einer eigenständigen Literaturart, zu einer Kunstform, die auch als solche betrachtet
werden müsste. Bekanntlich feilte auch Kapuściński an jedem Satz, bis er mit dem
37
Vgl. Noelle-Neumann, Elisabeth / Schulz, Winfried / Wilke, Jürgen (Hsg.): Das Fischerlexikon.
Publizistik, Massenkommunikation, Franfurt am Main 1991, S. 74.
38
Vgl. ebenda.
39
ebenda.
40
Vgl. Reiss, Katharina: Textbestimmung und Übersetzungsmethode. In: Wilss, Wolfram (Hg):
Übersetzungswissenschaft, Darmstadt 1981, S. 77-78.
41
ebenda.
42
Vgl. Stolze, Radegundis: Übersetzungstheorien. Eine Einführung, Tübingen 2005, S. 116.
13
Ergebnis halbwegs zufrieden wurde. Er hatte einmal gesagt: „Bei der literarischen
Reportage bedienen wir uns deren allen Errungenschaften der fiktiven Literatur, die uns
zur Bereicherung des Bildes der beschreibenden Wirklichkeit verhelfen, für die die
traditionelle Zeitungssprache zu arm und ungenügend war. In dieser Sprache war es
nicht möglich, den gesamten Reichtum und die Verschiedenheit der Welt und den
Menschen zu beschreiben. Deshalb griffen Journalisten, die sich gerade mit der
literarischen Reportage befassten, auf die Werkzeuge des fiktiven Schriftstellers zurück.
Und in diesem Sinne ist die Nutzung der fiktiven Literatur zulässig. Die literarische
Reportage sollte sich jedoch nicht das erlauben, was sich ein Romanautor erlauben darf
– d.h. den Stoff, das Material, die Baumaterialien aus eigener Vorstellungskraft, aus
eigenem Inneren statt aus der den Autor umgebenden Wirklichkeit zu schöpfen“.43 Die
Form spielt hier also eine nicht minder wichtige Rolle als der Inhalt, erst die
Verbindung der beiden Elemente macht aus einem einfachen Bericht eine gute
Reportage. Auch wenn man zugeben muss, dass der auf Tatsachen basierte Inhalt einer
Reportage die Essenz des Textes ausmacht, so müsste man doch diese Textart als eine
literarische Mischform betrachten.
Durch Einfluss von Fernsehen verliert die Reportage allmählich an
Definitionsschärfe.44 Beliebige, oft unseriöse Dokumentationen werden unter dem
Namen Reportage ausgestrahlt. Auch Ryszard Kapuściński beklagte in seinen letzten
Jahren den Verfall des modernen Journalismus und damit den Untergang der redlichen
Reportage und des Berufes des Reporters. Er sah überall „Verflachung, Seichtigkeit,
medienbestimmte Schablonenhaftigkeit des Denkens und des Schreibens“45 und
bedauerte, dass „an Stelle der einstigen Heroen des Journalismus haben wir es heute mit
einer breiten Schicht oft anonymer Medienarbeiter zu tun“46
Und doch bleibt Kapuściński optimistisch. Die Reportage, deren Urgroßvater er
in dem antiken Historiker Herodot sah, wird nicht sterben, denn: „Es wird immer eine
43
Kapuściński, Ryszard: Czat Polityki, http://www.kapuscinski.info/page/wywiady/58, 29.03.2007 Im
Original: „W reportażu literackim posługujemy się tymi wszystkimi zdobyczami literatury fikcyjnej,
które służą nam do wzbogacenia obrazu opisywanej rzeczywistości, dla której tradycyjny język gazetowy
był zbyt ubogi i niedostateczny. W tym języku nie można było opisać całego bogactwa różnorodności
świata i ludzi. Stąd reporterzy uprawiający właśnie reportaż literacki sięgnęli po narzędzia warsztatu
pisarza fikcyjnego. I w tym sensie to korzystanie z liter to korzystanie z literatury fikcyjnej jest
dopuszczalne. Natomiast reportaż literacki nie powinien pozwalać sobie na to, na co może pozwolić sobie
autor powieści - tzn. czerpać materiału, tworzywa, budulca, ze swojej wyobraźni, ze swojego wnętrza,
zamiast z otaczającej go rzeczywistości.”
44
Vgl. de.wikipedia.org/wiki/Reportage, 20.03.2007.
45
Weidemann, Volker: Der Wind weht Staubwolken hoch, Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung,
28.01.2007, Nr. 4, S. 26.
46
ebenda.
14
bestimmte, nach Erkenntnis, nach Tiefe suchende Gruppe von Menschen geben – Leser,
Zuhörer, Zuschauer – die eine Oberflächlichkeit des Berichtes nicht nur nicht zufrieden
stellt, sondern gar irritiert. Das, was sie suchen, finden sie weder in der Fiktion noch in
der Information. Diesen Wissensbereich über Welt, wie man sie empfindet und erlebt,
kann nur die literarische Reportage umschließen. Nichts anderes“.47
47
Masłoń, Krzysztof: Na własne oczy. Wywiad z Ryszardem Kapuścińskim, Rzeczpospolita, 02.10.2004,
Nr 232 Im Original: „Zawsze będzie pewna grupa ludzi - czytelników, słuchaczy, widzów - cierpiąca na
głód poznania, głód głębi, którą powierzchowność relacji nie tylko nie zadowoli, ale zirytuje. Tego, czego
szukają, nie znajdą ani w fikcji, ani w informacji. Tę sferę wiedzy o świecie, odczuwania go i
przeżywania objąć może jedynie reportaż literacki. Nic innego.”
15
3. Zur Biographie von Ryszard Kapuściński
Ryszard Kapuściński wurde am 4. März 1932 in Pińsk in Ostpolen (heute
Weißrussland) geboren. Er wuchs in einer Lehrerfamilie auf. Nach dem Krieg studierte
er an der Universität Warschau polnische Geschichte. 1951 begann er seine Tätigkeit als
Journalist für die Jugendzeitung Sztandar Młodych (dt. Fahne der Jugend). Für seine
Reportagen aus Nowa Huta, die er für Sztandar Młodych schrieb, wurde er im Jahre
1958 mit dem Goldenen Verdienstorden Polens geehrt. 1956 trat er seine erste
Auslandsreise nach China an. 1957 begann seine Mitarbeit bei der Polnischen
Nachrichtenagentur (PAP). 1956 bis 1957 unternahm er als Berichterstatter ausgedehnte
Reisen durch Indien, Pakistan, Afghanistan, China und Japan. 1958 reiste er im Auftrag
der polnischen Nachrichtenagentur PAP zum ersten Mal nach Afrika, wo er von 1962
bis 1967 als regulärer Korrespondent von PAP tätig war. 1962 veröffentlichte
Kapuściński sein erstes Buch – Busz po polsku (dt. Der polnische Busch), sein einziges
Werk, das ausschließlich den polnischen Inlandsthemen gewidmet wurde. In folgenden
Veröffentlichungen schreibt er „literarisch anspruchsvolle Reiseberichte und Essays, die
politisch-gesellschaftlichen Krisen und Umbrüche beschreiben und analysieren“.48
Mit dem 1978 veröffentlichten Buch Cesarz (in Deutschland als König der
Könige. Die Parabel der Macht bekannt) erlangt Kapuściński endgültig internationale
Reputation. 1998 erschien Heban (dt. Afrikanisches Fieber. Erfahrungen aus vierzig
Jahren) in dem Kapuściński seine Erfahrungen und Erlebnisse aus zahlreichen Reisen
nach Afrika zusammenfasste.
Die letzten Jahre lebte Kapuściński zurückgezogen in Warschau, sein
Gesundheitszustand erlaubte ihm keine Reisen in fremde Länder mehr. Er arbeitete an
seinem letzten Buch (dt. Notizen eines Weltbürgers), in dem er den modernen
Journalismus, den Niedergang der Medien und des Berufes des Reporters beklagte.49
Sich selbst betrachtete Kapuściński als einen Übersetzer, der nicht zwischen den
Sprachen, sondern von einer Kultur in die andere übersetzt. Sein oberstes Ziel sah er in
der Aufgabe, „den Europäern zu zeigen, dass unsere Mentalität sehr europazentrisch ist,
48
Bibliographisches Institut & F. A. Brockhaus AG, 2002, Sat_Wolf, Bayern.
Vgl. Volker Weidermann, Der Wind weht Staubwolken hoch. In: Frankfurter Allgemeine
Sonntagszeitung, 28.01.2007, Nr. 4 , S. 26.
49
16
dass Europa, genauer gesagt sein Teil, nicht allein auf der Welt ist.“50 Bis zum Ende
arbeitete er, trotz sechs Bypässen und einer künstlichen Hüfte, an neuen Projekten und
plante weitere Bücher. In seiner Arbeit hat er stets nach der „Essenz der Wahrheit“
gesucht und seinen jüngeren Kollegen zu Mitgefühl und Neugierde riet.51
Die Werke von Kapuściński wurden in mehr als 30 Sprachen übersetzt, darunter
auch in Japanisch und Persisch. Er bekam über 40 polnische und internationale Preise
und Auszeichnungen, 1999 ist er durch die polnische Fachzeitschrift Press zum
‚Journalisten des Jahrhunderts’ gewählt worden. Oft unterrichtete er als Gastprofessor
an ausländischen Universitäten, u. a. in Bangalore (Indien), Caracas, Philadelphia und
Oxford. 2006 wurde er als ernster Kandidat für den literarischen Nobelpreis erwähnt.
Ryszard Kapuściński starb in Warschau am 23. Januar 2007.52
50
Vgl. Gerhard Gnauck Entwurzelter Reporter: Zum Tode von Ryszard Kapuscinski,
http://www.welt.de/kultur/article711068/Entwurzelter_Reporter_Zum_Tode_von_Ryszard_Kapuscinski.h
tml, 07.03.2007.
51
Vgl. Der Spiegel, 5/2007, S. 162.
52
Vgl. http://www.kapuscinski.hg.pl/index.php?id=biografia/, 12.02.2007.
17
4. Heban im Original und in der Übersetzung. Eine Analyse
4. 1 Eine kurze Einführung in den Inhalt
Das Buch Heban von Ryszard Kapuściński erschien im Jahre 1998 bei dem
Warschauer Verlag Czytelnik.53 Im deutschsprachigen Raum kam es schon nach einem
Jahr unter dem Titel Afrikanisches Fieber. Erfahrungen aus vierzig Jahren bei Eichborn
& Co. Verlag KG aus Frankfurt am Main auf den Markt.54 Übersetzt wurde es von
Martin Pollack aus Wien, der auch andere Bücher von Kapuściński (und anderen
polnischen Autoren) für den deutschen Leser zugänglich machte.55
Die erste Reise nach Afrika unternahm Kapuściński im Jahre 1957, in einer
Zeit, wo für Afrika die koloniale Ära, nicht selten unter dramatischen Umständen, zu
Ende ging. Er bereiste u. a. Ghana, Uganda, Ruanda, Äthiopien, Eritrea, Somalia,
Kenia, Sudan und Algerien und konnte sowohl den Kampf um Unabhängigkeit und die
Staatsgründungen wie auch Militärputsche und Staatszerfall beobachten und miterleben.
Er konnte den Aufstieg und den Sturz von charismatischen, meistens auf europäischen
Universitäten gut ausgebildeten Staatsführern der ersten Generation wie Kwame
Nkrumah, Patrice Lumumba oder Ben Bella und den nachfolgenden, fast immer
militanten, blutrüstigen Halbanalphabeten, die infolge eines Militärputsches an die
Macht kamen, wie Milton Obote, Idi Amin, Juvenal Habyarimana oder Samuel Doe,
verfolgen. Seine Beobachtungen und Erlebnisse aus vierzig Jahren in Afrika, gestützt
vom großen Wissen über afrikanische Geschichte und Politik, schrieb Kapuściński in
Heban nieder.
Aber das Buch widmet sich nicht nur den politischen Themen. Es zeigt dem
Leser die bunten, vielfältigen Facetten des afrikanischen Kontinents, das Leben von
einfachen Menschen aus verschiedensten Stämmen und Kulturen Afrikas. Der Autor
führt den Leser zusammen mit Beduinenstämmen durch die Wüste Saharas, nimmt ihn
mit dem Zug von Dakar in Somalia nach Bamako in Mali auf die Reise, lässt ihn durch
den Labyrinth der Slums der ausgedehnten, riesigen Städten irren und in kleinen,
abgelegenen Dörfern in einfachen Hüten übernachten. Der Leser nimmt an einem
Gottesdienst einer von mehreren hunderten christlichen Sekten in Afrika teil, besucht
53
Vgl. Kapuściński, Ryszard: Heban, Warszawa 2007, S. 4.
Vgl. Kapuściński, Ryszard: Afrikanisches Fieber, München 2005, S. 4.
55
Vgl. Podróże z Ryszardem Kapuścińskim, Kraków 2007, S. 166.
54
18
einen malariakranken katholischen Missionar aus Polen, der im Land der Pygmäen lebt
und die Messen beim leeren Gotteshaus feiert und wird, in Dunkelheit der Nacht
versteckt, Zeuge eines geheimnisvollen magischen Rituals.
Aus allen diesen Bildern, wie aus Puzzeln, setzt sich ein riesiges Gemälde
zusammen. Freilich fehlen es noch viele Teile, so ein Gemälde lässt sich nur in Form
einer Collage ausmalen, die zwangsläufig fragmentarisch und unvollständig bleiben
muss. Und doch bringt es dem europäischen Leser den afrikanischen Kontinent näher.
Es wirkt manchmal wie ein Spiegel, in dem sich die europäischen Konflikte und
Probleme widerspiegeln, manchmal wirkt es wieder exotisch und fremd, nicht selten
komisch und grotesk, oft tragisch und erschüttend, immer aber ergreifend, faszinierend
und lehrreich.
Die Collageform des Buches macht es nicht möglich, sein Inhalt in wenigen
Worten zusammenzufassen. Es ist eine Reise durch verschiedene Länder und Kulturen,
aber auch durch die Zeit. Sie beginnt im Jahre 1958 in Ghana, dem ersten afrikanischen
Land, das die Unabhängigkeit gewonnen hat, und endet in den 90ger in Tansania.
Dazwischen liegen Militärputsche, Kriege, Massenmorde, Völkerwanderungen und der
Alltag von Millionen Menschen, die nichts mehr wollen, als ruhig leben und arbeiten zu
dürfen. Leider allzu oft scheint es, als ob es zu viel wäre.
4. 2 Die Analyse
4. 2. 1 Ein ewiger Kampf
In Somalia wandert Kapuściński mit einem Nomadenstamm durch die Wüste.
Die Routen, die täglich bewältigt werden müssen, führen von einem Brunnen zu dem
anderen. Ein Irrtum ist ausgeschlossen, man darf hier nicht vom Kurs abkommen, dem
Weg abweichen. Ein Irrtum bedeutet einen quälenden Tod. Aber nicht nur die
Unübersichtlichkeit der Wüstenwege unter der brennenden Sonne bedroht das Leben
der Nomaden.
„Zbliża
się
jedenasta,
kiedy
kolumna zwalnia, a potem przystaje i die
„Es ist schon beinahe elf Uhr, als
Kolonne
langsamer
wird
und
rozprasza się. Każdy stara się teraz ukryć schließlich haltmacht und sich verteilt.
19
przed słońcem. Jedynym sposobem jest Jeder sucht nun Schutz vor der Sonne. Die
wejść pod rosnące tu gdzieniegdzie einzige Möglichkeit besteht darin, sich
rozłożyste, rosochate akacjowce, których unter eine der hier vereinzelt wachsenden,
płaskie, postrzępione korony mają kształt ausladenden
parasola: tam jest cień, ukryta odrobina Akazien
und
zu
reich
flüchten,
chłodu. Bo poza tymi drzewami wszędzie ausgefranste
Kronen
verzweigten
deren
die
flache,
Form
von
tylko piach i piach. Tu i tam jakieś Schirmen haben: Dort gibt es Schatten,
pojedyncze,
kolczaste,
rozcapierzone dort hat sich ein Rest von Kühle versteckt.
krzaki. Kępy wypalonej, szorstkiej trawy. Denn außer diesen Bäumen gibt es überall
Wypustki szarych, kruchych mchów. I już nur Sand. Hier und da stehen noch einzelne
tylko
rzadko:
zwietrzałe
wystające
głazy,
bezładne
kamienie, zerzauste Dornbüsche. Ein paar Büschel
skalne verbranntes,
sprödes
Gras.
Ein
paar
Ausläufer grauer, morscher Flechten. Und
usypiska.
- Nie lepiej było zostać tam, przy nur ganz selten ein paar Steine, verwitterte
studni?
-
pytam,
skonany,
Hameda. Felsen,
wüst
durcheinandergeworfene
Ledwie jesteśmy w drodze trzeci dzień, a Schuttladen.
>>Wäre es nicht besser gewesen,
nie mam już siły dalej iść. Siedzimy
oparci o sękaty pień drzewa, w wąskim beim Brunnen zu bleiben?<< frage ich
kręgu cienia, tak kusym, że mieści się w Hamed, zu Tode erschöpft. Wir sind erst
nim jeszcze tylko głowa osiołka, a cały den dritten Tag unterwegs, doch ich habe
jego tułów smaży się na słońcu.
keine Kraft mehr, um weiterzugehen. Wir
- Nie - odparł - bo od zachodu idą sitzen an einen knorrigen Baumstamm
Ogadeni, a nie mamy dość siły, żeby się gelehnt, im engen Kreis des Schattens, der
im oprzeć.
so knapp ist, dass nur mehr der Kopf eines
W tym momencie zdałem sobie Esels hereipaßt, während sein ganzes
sprawę, że nasza wędrówka nie jest Hinterteil in der Sonne schmort.
>>Nein<<, antwortet er, >>denn
zwykłym przemieszczaniem się z miejsca
na miejsce, ale idąc, uczestniczymy w von Westen her ziehen die Ogadeni heran,
walce, w nieustannych i niebezpiecznych und wir sind nicht stark genug, um sie
manewrach, w zmaganiach i w starciach, abzuwehren.<<
In diesem Augenblick begreife ich,
które w każdej chwili mogą źle się
zakończyć.”56
56
dass unsere Wanderung mehr ist als bloß
Kapuściński, Ryszard: Heban, Warszawa 2007, S. 215-216.
20
eine gewöhnliche Bewegung von einem
Ort zum anderen, dass wir in unserer
Wanderung an einem Kampf teilnehmen,
an
nie
abgeschlossenen
Manövern,
an
Schlachten,
gefährlichen
Feindseligkeiten
die
jederzeit
und
schlimm
ausgehen können.“57
Im ersten Satz hat der Übersetzer eine Substitution angewandt, indem er die
Kolonne „sich verteilen“ und nicht „sich zerstreuen“ ließ. Der Begriff „rozproszyć się“
beinhaltet eine gewisse Unordnung, man kann sich leicht eine Gruppe von Menschen
vorstellen, die etwas durcheinander nach dem besten Platz im Schatten suchen, während
mit „sich verteilen“ eher organisierte, mehr oder weniger nach Plan verlaufende
Tätigkeit assoziiert wird.
Im zweiten Satz wurde eine Substitution gebraucht. Die Wendung „stara się
ukryć“ wurde als „sucht Schutz“ übersetzt, was allerdings kaum Einfluss auf die
Aussage des Fragments einnimmt. Die konnotative Äquivalenz wurde hier bewahrt.
Im dritten Satz wurde eine Konkretisierung angewandt. Die Bäume wachsen in
der Übersetzung „vereinzelt“ und nicht „hier und da“, was dem Originalbegriff
„gdzieniegdzie“ doch näher käme. „Gdzieniegdzie“ schließt zwei nebeneinander
wachsende Bäume nicht aus, während „vereinzelt“ eine derartige Möglichkeit nicht
zulässt. In demselben Satz hat der Übersetzer eine zweite Konkretisierung verwendet.
Die Menschen „flüchten“ unter die Akazien, während sie im Original nur unter die
Bäume „wchodzą”. Das Wort „flüchten“ verstärkt zwar bei dem Leser den Eindruck,
die Hitze sei in der Mittagsstunde in der Wüste unerträglich, allerdings suggeriert es
eine Hastigkeit, schnelle Bewegung, die in der brennenden Sonne nach langem Marsch
schlichtweg unmöglich ist. Der Übersetzer wendet auch eine subjektive Substitution an,
indem er „odrobina chłodu“, die einfach „jest“ als „die Rest der Kühle“, die „sich
versteckt“ übersetzt.
Im nächsten Satz entschied sich der Autor für einen bildhaften Satz ohne
Prädikat, in welchem die Wiederholung des Wortes „piach“ das öde Bild der Wüste
zusätzlich verstärkt. Da eine derartige Satzform in deutscher Sprache unnatürlich
57
Kapuściński, Ryszard: Afrikanisches Fieber, München 2005, S. 204.
21
klingen würde, konstruierte der Übersetzer daraus einen gewöhnlichen Satz mit Prädikat
und ohne Wiederholung des Subjekts.
Auch die folgenden fünf Sätze besitzen im Original kein Prädikat. Der
Übersetzer konstruiert hier einen Satz mit Prädikat „stehen“, auf das sich auch die
nächsten vier Sätze, die ähnlich wie im Original ohne Verb auskommen, beziehen
werden. Da „Büschel“ und „Ausläufer“ keine sich vom Singular unterscheidende
Pluralform
besitzen,
wendet
der
Übersetzer
im
zweiten
und
dritten
Satz
Amplifikationen an, indem er den Subjekten das unbestimmte Zahlwort „ein paar“
hinzufügt. In dem letzten Satz vor dem Gespräch wurde es auf den Doppelpunkt, nach
dem noch die übrigen Komponenten der Wüstenlandschaft aufgelistet werden,
verzichtet. Auch das Adjektiv „wystające“ wurde hier weggelassen, an seine Stelle
rückt einmal mehr „ein paar“ ein.
Im weiteren Satz wurde in der Übersetzung auf das Wort „tam“ verzichtet. Das
„tam“ im Originaltext zeigt auf eine bestimmte Richtung, aus der die Nomaden
gekommen sind. Es ist nicht irgendein Brunnen, den sie verlassen haben, sondern
derjenige, von dem diese Wanderung für den Autor begann. Diese persönliche
Beteiligung wurde in der Übersetzung nicht in vollem Umfang beibehalten.
Der Übersetzer hat den letzten Satz etwas umgestaltet und, anders als im
Original, eine Satzkonstruktion mit zwei gleichwertigen Nebensätzen gebrauchte, die
mit „dass“ beginnen. Er hat auch eine Konkretisierung angewandt, indem er durch
Wiederholung der Wendung „unsere Wanderung“ das Wort „idąc“ ersetzte.
Dieses Fragment bereitete dem Übersetzer sicherlich einige Schwierigkeiten bei
seiner Arbeit. Vor allem die bildhafte Form der Erzählung musste an die deutschen
Sprachnormen angepasst werden. Das Problem mit den Sätzen ohne Prädikat wurde von
dem Übersetzer sehr gut gelöst, indem er im ersten Satz ein Prädikat einsetzte und die
nachfolgenden Sätze sich auf es beziehen ließ. Somit gelang es ihm die dichterische
Aussagekraft und die Dramaturgie des Geschehens im hohen Grad zu bewahren. Der
Autor benutzte in diesem Fragment einige seltene Ausdrücke (z.B. „rosochaty“,
„rozcapierzony“), für die es sicherlich nicht einfach war, zutreffende Äquivalente zu
finden. Auch dieses Problem hat der Übersetzer gut gelöst, die von ihm gewählten
Wörter entsprechen im etwa den polnischen Vorlagen.
4. 2. 2 Die Welt der Warlords
22
Liberia war ein Experiment, ein Versuch, die amerikanischen Sklaven mit einem
eigenen Land in Afrika zu entschädigen. Rasch errichteten sie einen Staat, der an der
einzigen Grundlage beruhte, die sie kannten – Sklaverei. Nur, dass ab jetzt die
ehemaligen Sklaven aus USA zu den Herren aufstiegen und die einheimische
Bevölkerung versklavt wurde. Im Jahre 1980 kam es zum Umsturz, zu einer Revolution
(eher ihrer Karikatur). Da sich aber die neuen Machthaber nicht einigen konnten,
bildeten sich mehrere mehr oder weniger private Armeen, die seitdem gegeneinander
kämpfen. Ihre Anführer werden Warlords genannt.
„Żeby
odetchnąć
świeżym
„Um wieder bessere Luft zu atmen,
powietrzem, pojechaliśmy jeszcze nad fahren wir noch zum Fluss des Heiligen
Rzekę
Pawła.
Świętego
była Paul. Der Fluss ist die Grenze zwischen
Rzeka
granicą między Monrowią a światem Monrovia und der Welt der Warlords.
warlordów. Przez rzekę szedł most. Po Über den Fluss führt eine Brücke. Auf der
stronie Monrowii ciągnęły się bez końca Seite von Monrovia stehen in langen
szałasy i klitki obozu uchodźców. Był tu Reihen die Hütten und Zelte eines
też wielki rynek – barwne królestwo Flüchtlingslagers. Hier gibt es auch einen
zapalczywych
i
rozgorączkowanych riesigen Markt – das bunte Königreich
handlarek. Ci z drugiej strony rzeki, z aufgeregt
und
schrill
durcheinander
wnętrza piekła warlordów, ze świata, w rufender Händlerinnen. Die Leute vom
którym rządzi terror, głód i śmierć, mogli anderen Flussufer, aus dem Inneren der
przechodzić na naszą stronę po zakupy, Hölle der Warlords, aus dieser von Terror,
tyle że przed wejściem na most musieli Hunger und Tod regierten Welt, dürfen
zostawić u siebie broń. Patrzyłem, jak już auf unsere Seite herüberkommen, um hier
przeszedłszy most, zatrzymują się po einzukaufen, doch sie müssen ihre Waffen
naszej stronie, jednak nieufni i niepewni, ablegen, bevor sie die Brücke betreten. Ich
zdziwieni, że istnieje normalny świat. I jak sehe, wie sie, schon über der Brücke, auf
wyciągają ręce, jakby chodziło o coś unserer Seite, stehen bleiben, immer noch
materialnego, coś, co można dotknąć.
misstrauisch und unsicher, überrascht,
Tam też zobaczyłem człowieka, dass so eine normale Welt existiert. Und
który
był
kałasznikowem
nagi,
na
ale
chodził
ramieniu.
z wie sie ihre Hände ausstrecken, als handle
Ludzie es sich um etwas Materielles, etwas, das
rozstępowali się przed nim, omijali go. man anfassen kann.
23
Chyba
był
to
kałasznikowem.”
wariat.
Wariat
58
z
Dort
sehe
ich
auch
einen
Menschen, der völlig nackt ist, aber eine
Kalaschnikow
geschultert
hat.
Die
Menschen machen ihm Platz, weichen ihm
aus. Er ist wohl verrückt. Ein Verrückter
mit einer Kalaschnikow.“59
In dem gesamten Fragment wurde die Tempusform verändert. Während der
Originaltext im Präteritum steht, wurde die Übersetzung im Präsens verfasst. Der Autor
wechselt in dem gesamten Buch häufig das Tempus, unabhängig davon, ob er die
politische Lage und die Geschichte, die dazu führte, erklärt oder eigene Beobachtungen
und Erlebnisse beschreibt. Der Übersetzer dagegen verfasst alle geschichtlichen
Äußerungen
des
Erzählers
in
der
Vergangenheit
(Präteritum,
Perfekt
und
Plusquamperfekt) und alle Augenzeugenberichte im Präsens.
Im ersten Satz hat der Übersetzer eine Amplifikation angewandt, indem er das
Wort „wieder“ einsetzte. Damit wurde die Ermüdung der „schlechten Luft“ wegen und
die Sehnsucht nach Normalität (wenn man ein Flüchtlingslager als eine Art Normalität
bezeichnen darf) unterstrichen. Er bediente sich auch einer Substitution, aus „świeże”
hat er „bessere” gemacht.
Der vierte Satz wurde umgestaltet. Aus „ciągnęły się bez końca szałasy i klitki”
wurde „stehen in langen Reihen die Hütten und Zelte“, es wurden also Konkretisierung
und Amplifikation angewandt. Aus dem Originaltext geht nicht unbedingt hervor, dass
die Hüten in Reihen standen. Hütten, die sich ohne Ende ziehen, können ebenso gut
völlig durcheinander und ohne jegliche Einordnung aufgestellt werden. Es wurde hier
auch eine Substitution gebraucht. „Klitka“ wurde als „Zelt“ übersetzt, es kann aber
ebenso gut eine kleine Kammer, ein Häuschen oder ein Stübchen sein. Die denotative
Äquivalenz wurde hier also nicht vollständig bewahrt. Ein Zelt kann groß und geräumig
sein, „klitka“ nicht.
Im nächsten Satz hat der Übersetzer eine weitere Substitution mit
Konkretisierung angewandt. „Zapalczywe i rozgorączkowane“ wurde als „aufgeregt
und schrill durcheinander rufende“ übersetzt. Um die konnotative Äquivalenz zu
bewahren, wurden die polnischen Adjektive deskriptiv umgeschrieben.
58
59
Kapuściński, Ryszard: Heban, Warszawa 2007, S. 273-274.
Kapuściński, Ryszard: Afrikanisches Fieber, München 2005, S. 259.
24
Der nächste Satz beginnt mit einer Konkretisierung - „die Leute“, in dem
Original gibt es dagegen nur „ci“. Das Polnische unterscheidet zwischen maskulinen
und femininen Pronomina auch im Plural (in diesem Fall „ci“ und „te“), in Deutsch
wäre es indessen jeweils „die“. Die Konkretisierung war nötig, um eine Verwechslung
mit den Händlerinnen aus dem davor stehenden Satz zu vermeiden. Auch die
Auslassung des Begriffs „u siebie“ resultiert aus den deutschen Sprachnormen, denn das
deutsche „bei sich“ eine etwas andere Bedeutung als polnische „u siebie“ hat und
könnte auch dem polnischen „przy sobie“ entsprechen.
In dem nächsten Satz bediente sich der Übersetzer einer Substitution, das Wort
„jednak“ wurde hier als „immer noch“ übersetzt. An der Aussage des Satzes hat das
jedoch wenig geändert, die konnotative Äquivalenz wurde hier bewahrt. Es wurde in
diesem Satz auch eine konkretisierende Amplifikation gebraucht. Im Originaltext steht
„że istnieje normalny świat”, in der Übersetzung dagegen „dass so eine normale Welt
existiert“. Auch hier wurde die konnotative Äquivalenz bewahrt.
Im ersten Satz des neuen Absatzes wurde eine Amplifikation angewandt. Dem
Wort „nackt“ wurde das Modaladverb „völlig“ eingehängt. Weil der Autor den nackten
Menschen für einen Verrückten hält, kann man davon ausgehen, dass er tatsächlich
völlig nackt war. Im Originaltext fehlt jedoch eine derartig eindeutige Feststellung. Im
weiteren Verlauf des Satzes wurde in der Übersetzung das Verb „chodził” ausgelassen,
man kann allerdings diese Information, dass er „ging“ und nicht etwa „stand“, sowieso
aus dem Kontext herauslesen, denn sonst würden die Menschen keinen Platz für den
Verrückten machen müssen.
Auch in diesem Fragment resultieren die meisten Transformationen aus
den Normen der deutschen Sprache. Die konnotative Äquivalenz wurde in den meisten
Fällen gut bewahrt, die von dem Übersetzer subjektiv gewählten Substitutionen
verändern die Aussage des Textes kaum. In den seltenen, durch die Analyse gezeigten
Fällen, wo die Transformationen doch die Bedeutung des Ausgangssatzes leicht
verändern, nehmen diese Abweichungen keinen entscheidenden Einfluss auf das
Verständnis und die Perzeption des Textes bei deutschen Lesern ein.
4. 2. 3 Die Kindersoldaten
Die modernen Waffen sind kurz und leicht, fast wie Spielzeuge. Jeder kann sie
bedienen, man braucht dafür keine Kraft. Nicht mal erwachsen muss man sein, sogar für
25
Kinder sind sie gut geeignet. Und der Krieg der Warlords kennt keine Regeln, keine
ethischen Grenzen. Alle Mittel, die zum Sieg führen können, werden ausgenutzt.
„Rano poszedłem Carrey Street,
„Am Morgen gehe ich durch die
przy której stoi mój hotel. To śródmieście, Carrey Street, in der mein Hotel liegt. Das
centrum, dzielnica handlowa. Nie da się ist in der Innenstadt, im Zentrum, im
pójść
daleko.
Wszędzie
pod Geschäftsviertel. Man kommt nicht weit.
siedzą
ścianami grupy bayaye – bezczynnych Überall hocken an den Hausmauern
głodnych
chłopców,
cokolwiek,
bez
bez
szansy
nadziei
na
na beschäftigungslose, hungrige Burschen,
życie. ohne jede Hoffnung, ohne Aussichten auf
Zaczepiają, a to, żeby zapytać, skąd jestem ein besseres Leben. Sie sprechen mich an,
albo że będą moimi przewodnikami, albo sei es, um zu fragen, woher ich komme,
żebym
załatwił
im
stypendium
w oder ob ich sie als Führer benötige, oder
Ameryce. Nawet nie chcą dolara na bułkę, ob ich ihnen ein Stipendium nach Amerika
nie, od razu mierzą najwyżej – w verschaffen kann. Sie fragen nicht nach
einem Dollar für einen Leib Brot, nein, sie
Amerykę.
Po stu metrach już jestem otoczony streben gleich nach dem höchsten aller
przez małych chłopców o obrzękłych Ziele – Amerika.
twarzach i zmąconych oczach, czasem bez
Nach hundert Metern bin ich
ręki albo nogi. Proszą. To byli żołnierze ze umringt von einer Schar kleiner Jungen
Small Boys Units Charlesa Taylora, jego mit aufgedunsenen Gesichtern und trüben
najstraszniejszych
oddziałów.
Taylor Augen, dem einen fehlt die Hand, dem
rekrutuje małe dzieci i daje im broń. Daje anderen ein Bein. Sie betteln. Das sind
im także narkotyki i kiedy są pod ich ehemalige Soldaten der Small Boys Units
wpływem, pcha tych chłopców do ataku. von Charles Taylor, einer seiner übelsten
Oszołomieni malcy zachowują się jak Verbände. Taylor rekrutiert kleine Kinder
kamikadze, rzucają się w ogień walki, idą und gibt ihnen Waffen. Und er gibt ihnen
wprost na kule, wylatują na minach. Kiedy auch Rauschgift und treibt sie, wenn sie
stają się tak uzależnieni, że zaczynają być unter dessen Einfluss stehen, in den
mało przydatni, Taylor ich wyrzuca. Kampf. Die berauschten Kinder verhalten
Niektórzy docierają do Monrowii i kończą sich wie Kamikaze, sie stürzen sich ins
swoje krótkie życie gdzieś w rowach lub Feuer, rennen in Minenfelder. Wenn ihre
na śmietnikach zżarci przez malarię, przez Sucht so schlimm wird, dass er sie nicht
26
cholerę albo przez szakale.”60
mehr brauchen kann, jagt Taylor sie zum
Teufel. Manche kommen nach Monrovia
und
beenden
hier
irgendwo
im
Straßengraben oder auf einer Müllhalde
ihr kurzes Leben, zerstört von Malaria und
Cholera, von Schakalen zerbissen.“61
Im ersten Satz hat der Übersetzer das Tempus geändert. Während im
Originaltext der Hauptsatz im Perfekt und der Nebensatz im Präsens stehen, wurde in
der Übersetzung im ganzen Satz nur Präsens angewandt.
Obwohl es in Heban die Bedeutung des afrikanischen Worts „bayaye“
ausführlich erklärt wird, wurde es in dem vierten Satz nicht beibehalten. „Bayaye“
wurde hier durch den deutschen Ausdruck „Burschen“ ersetzt. Bayaye sind junge
Menschen aus dem Lande, die in den Städten Afrikas ohne Beschäftigung auf den
Straßen leben. In der vom Übersetzer angewandten subjektiven Substitution wird weder
die denotative noch die konnotative Äquivalenz bewahrt. Diese Transformation
erzwang auch einen anderen Satzbau, denn die „Burschen“ mussten mit Adjektiven
versehnt werden, die vor dem Nomen und nicht, wie im Original, erst nach dem
Bindestrich stehen. In der Übersetzung wurde auch eine Amplifikation angewandt,
indem es dem Nomen „Leben“ das Adjektiv „besseres“ hinzugefügt wurde. Dadurch
wurde die Aussage des Satzes etwas gemildert, im Originaltext dagegen wird schon hier
ein Hinweis auf den Schluss des Fragments vorweggenommen. Die „bayaye“ in
Monrovia haben keine Chance aufs Leben, nicht „auf ein besseres Leben“.
Der deutsche Ausdruck „ansprechen“ im fünften Satz bewahrt die konnotative
Äquivalenz zu dem polnischen Wort „zaczepiać” nicht in vollem Umfang. „Zaczepiać“
beinhaltet eine gewisse Aggression, die Jungen fragen nicht, ob ein Führer gebraucht
wird, sie bieten sich an. Das gleiche gilt für das Stipendium nach Amerika und für den
nächsten Satz. Auch hier wird die Aussagekraft der Erzählung etwas entschärft.
Im sechsten Satz wendet der Übersetzer eine subjektive Substitution und eine
Konkretisierung an. „Bułka“ wurde hier als „Leib Brot“ übersetz, was wahrscheinlich
besser der deutschen Tradition entspricht, und die Jungen „streben nach dem höchsten
aller Ziele“, während sie im Original nur „mierzą najwyżej. Diese Konkretisierung
60
61
Kapuściński, Ryszard: Heban, Warszawa 2007, S. 264.
Kapuściński, Ryszard: Afrikanisches Fieber, München 2005, S. 249.
27
jedoch resultiert aus den Normen der deutschen Sprache, die konnotative Äquivalenz
wurde hier gut bewahrt.
Auch in dem ersten Satz im neuen Absatz wurde durch Hinzufügung des Wortes
„Schar“ eine Konkretisierung angewandt. Diese Konkretisierung erzwang eine andere
Satzkonstruktion, einer Schar können doch keine Gliedmaßen fehlen.
Im vierten Satz des zweiten Absatzes hat der Übersetzer eine Substitution
gebraucht. „Atak“ wird als „Kampf“ übersetzt und nicht als „Angriff“, was allerdings
wenig an der Aussage des Satzes ändert. Es wird aber eine Folge im nächsten Satz
haben, in dem „ogień walki“ einfach als „Feuer“ übersetzt wurde. Eine Wiederholung
des Wortes „Kampf“ würde stilistisch einfach schlecht klingen. In demselben Satz hat
der Übersetzer den Abschnitt „idą wprost na kule” ausgelassen und die Kinder „in
Minenfelder rennen“, statt „wylatywać na minach“ gelassen. Der Originaltext ist hier
deutlich expressiver, diese Ausdrucksstärke wurde in der Übersetzung nicht vollständig
beibehalten.
Im nächsten Satz wird eine subjektive Substitution angewandt, die die Aussage
des Textes verstärkt. Die einfache polnische Wendung „Taylor ich wyrzuca“ wurde hier
durch „jagt Taylor sie zum Teufel“ ersetzt, eine häufig im Deutschen gebrauchte
Redewendung. Zusammen mit den „Burschen“ aus dem zweiten Satz sind es Beispiele
für Adaptationen, die jedoch sicherlich keiner Notwendigkeit entsprungen sind.
In dem letzten Satz erreicht die Dramaturgie der Erzählung ihren Höhepunkt.
Das grausame Schicksal der auf den Müllhalden sterbenden Kinder wird durch eine
bittere Ironie unterstrichen. Sie werden von Malaria, von Cholera oder von Schakalen
zerfressen. Diese Zusammenstellung von den Krankheiten mit den aasfressenden Tieren
ist sehr Eindrucksvoll. Die Kinder werden sowieso sterben, wenn nicht an eine
Krankheit, dann durch Hunger. Ein anderes Schicksal erwartet sie nicht. Die
Substitutionen, die der Übersetzer hier angewandt hat, geben diesen, mit subtilen
Mitteln ausgedrückten Sinn der Aussage nicht vollständig wieder. Das Wort „zżarci”
wurde hier mit „zerstört“ und „zerbissen“ übersetzt. Die konnotative Äquivalenz jedoch
wurde hier bewahrt.
Nicht alle Transformationen, die in diesem Fragment angewandt wurden, gehen
aus den Regeln und Normen der deutschen Sprache hervor. Das Wort „bayaye“
wiederholt sich in dem ganzen Buch ziemlich häufig, da bayaye eine massenhafte und
immer zunehmende Erscheinung in dem gegenwärtigen Afrika zu sein scheint. Bis auf
einige Fälle, die hier aufgelistet wurden, verändern die meisten, aus der subjektiven
28
Wahl des Übersetzers herausgehenden Substitutionen die Aussage des Textes nur
unwesentlich.
Allerdings
gibt
es
hier
einige
Transformationen,
die
den
Adäquatheitsgrad der Übersetzung etwas verringern.
4. 2. 4 Das Antlitz einer Diktatur
Uganda gewann die Unabhängigkeit im Jahre 1962. Danach übte acht Jahre lang
Milton Obote die Macht in Uganda aus. Als schließlich Idi Amin, ein General der
ugandischen Armee, der dank der Beförderung durch Engländer auf diesen Posten
avancierte, auf brutale Weise den unbeliebten Präsidenten stürzt, jubeln und freuen sich
die Menschen im ganzen Land auf den Straßen.
„Kiedyś błąkałem się po rynku w
„Einmal streifte ich durch den
Kampali. Było pustawo, wiele straganów Markt
von
Kampala.
Er
war
wie
stało połamanych, porzuconych. Amin leergefegt, viele Stände waren zerstört und
ogołocił i zrujnował kraj. Na ulicach nie verlassen.
Amin
hatte
das
Land
widziało się ruchu, sklepy – Amin ausgeplündert und ruiniert. In den Straßen
wcześniej odebrał je Hindusom – ziały gab es keinen Verkehr, aus den Läden –
zatęchłą martwotą albo były po prostu die Amin zuvor den Indern weggenommen
zabite deskami, dyktą, blachą. Nagle ulicą hatte – schlug einem modriger Geruch
biegnącą od jeziora nadciągnęła gromada entgegen, oder sie waren einfach mit
dzieci, wołając: – Samaki! Samaki! (w Brettern,
Spanplatten
oder
Blech
swahili – ryba). Zaraz zbiegli się ludzie, verschlagen. Plötzlich kam eine Schar
zapanowała radość, że będzie coś do Kinder vom See her gerannt und rief:
jedzenia. Rybacy rzucili swoją zdobycz na >>Samaki!
Samaki!<<
(in
Kiswahili:
stół i kiedy ludzie ją zobaczyli, nagle Fisch). Gleich liefen die Leute zusammen,
zaniemówili,
znieruchomieli.
Była in freudiger Erwartung, dass es etwas zu
ogromna i tłusta. To jezioro nie znało essen geben würde. Die Fischer warfen
dawniej takich spasionych, wielkich ryb. ihren Fang auf einen Tisch, und als die
A wszyscy wiedzieli, że siepacze Amina Menschen diesen sahen,
wurden sie
od dawna wrzucają do jeziora ciała swoich plötzlich stumm und erstarrten. Der Fisch
ofiar. I że żywią się nimi krokodyle i war riesig groß und fett. Und alle wussten,
mięsożerne ryby. Wokół stołu panowała dass die Häscher Amins von jeher die
29
cisza,
kiedy
niespodziewanie
i Leichen ihrer Opfer in den See warfen.
przypadkowo
nadjechała
wojskowa Und
dass
sich
ciężarówka.
Żołnierze
zobaczyli fleischfressende
Krokodile
Fische
von
und
ihnen
zbiegowisko, a także rybę na stole i ernähren.
zatrzymali
się.
Chwilę
Um den Tisch herum war es still,
między sobą
porozmawiali. Podjechali tyłem do stołu, als
unvermutet
zaskoczyli na ziemię i otworzyli klapę. auftauchte.
My,
którzy
staliśmy
Die
ein
Armeelastwagen
Soldaten
sahen
den
najbliżej, Auflauf und den Fisch, der auf dem Tisch
zobaczyliśmy, że na podłodze skrzyni leżą lag, und hielten an. Einen Augenblick
zwłoki mężczyzny. I zobaczyliśmy, jak besprachen sie sich. Dann fuhren sie mit
taszczą tę rybę do skrzyni, a na stół dem Heck an den Tisch heran, sprangen
rzucają
nam
martwego,
bosonogiego herunter und öffneten die Bordwand. Wir,
człowieka. I zobaczyliśmy, jak od razu die am nächsten standen, sahen, dass auf
odjeżdżają.
I tylko usłyszeliśmy ich der Ladefläche die Leiche eines Mannes
rubaszny, obłąkańczy śmiech.”62
lag. Und wir sahen, wie die Soldaten den
Fisch zur Ladefläche schleppten und uns
den toten, bloßfüßigen Menschen auf den
Tisch warfen. Und wir sahen, wie sie rasch
abfuhren. Und wir hörten nur mehr ihr
rohes, irres Lachen.“63
Im zweiten Satz des Fragments hat der Übersetzer eine subjektive Substitution
angewandt. Er übersetzt „pustawo“ mit „wie leergefegt“, einem Ausdruck, der in
deutscher Sprache natürlich und ungezwungen klingt, der aber das Bild des Marktes,
das aus der Beschreibung hervorgeht, leicht verändert. „Pustawo“ bedeutet eher „fast
leer“, „leergefegt“ suggeriert jedoch eine menschenleere Gegend.
Im vierten Satz wurde „nie widziało się“ mit „gab es kein“ ersetzt. Der
Originalausdruck
unterstreicht
die
Beobachterrolle
des
Autors
und
den
Augenzeugencharakter der Erzählung. Der angewandte Substitut klingt dagegen neutral
und unpersönlich. In demselben Satz wurde „ziały zatęchłą martwotą“ als „schlug
einem modriger Geruch entgegen“ übersetzt. Die denotative Äquivalenz wurde hier
62
63
Kapuściński, Ryszard: Heban, Warszawa 2007, S. 154.
Kapuściński, Ryszard: Afrikanisches Fieber, München 2005, S. 146-147.
30
nicht im vollen Umfang bewahrt, denn schon an dieser Stelle wird im Originaltext der
allgegenwärtige Geruch des Todes auf diesem ugandischen Markt spürbar gemacht.
Im nächsten Satz verzichtet der Übersetzer auf das konkrete Bild, das „ulica
biegnąca od jeziora“ darstellt und lässt die Kinder nur „vom See her“ rennen.
Der Übersetzer hat sich entschieden, das gesamte Fragment in zwei Absätze zu
teilen, wodurch er einen zweiten dramaturgischen Höhepunkt erzielte. Er hat auf den
Satz „To jezioro nie znało dawniej takich spasionych, wielkich ryb” verzichtet. Die
Wiederholung, die Fische waren „riesig Groß und Fett“, schien ihm wahrscheinlich
überflüssig und für den dramaturgischen Verlauf der Erzählung eher störend zu sein.
Allerdings geht damit die Information, dass es früher solche riesige Fische in dem See
nicht gab und der daraus folgende, die Grausamkeit des Aminregimes unterstreichende
Rückschluss, sie wurden bisher mit dem Menschenfleisch nie gefuttert, verloren.
Der Satz, der im Original mit den Worten „Wokół stołu panowała cisza“
beginnt, fängt in der Übersetzung, anders als im Originaltext, einen neuen Absatz an. Es
wurde hier auf das Wort „przypadkowo“ verzichtet, was keine notwendige
Transformation zu sein scheint. Vielleicht glaubt der Übersetzer an keine Zufälle?
Schon im ersten Satz übersetzt er „błąkać” als „streifen“ und nicht als „irren“, was einen
zufälligen Charakter des Geschehens doch besser unterstrichen hätte.
Im nächsten Satz wurde „a także rybę na stole“ mit „und den Fisch, der auf dem
Tisch lag“ übersetzt. Damit wollte der Übersetzer den etwas frivolen, an dieser Stelle
doch völlig unangebrachten Effekt, den eine einfache, dem polnischen Text aber nähere,
Übersetzung „und den Fisch auf dem Tisch“ bewirken könnte, vermeiden. Der
ungewollt entstandene Reim musste beseitigt werden, daher hat der Übersetzer eine
andere grammatische Konstruktion angewandt und damit die Phrase verlängert.
Im dritten Satz vor Ende des Fragments wurde eine Konkretisierung angewandt,
die allerdings eher aus den Normen der deutschen Sprache hervorgeht. Im Gegensatz
zur polnischen Sprache müssen Pronomina in Deutsch immer artikuliert werden, was in
diesem Fall eine mehrfache Wiederholung des Pronomens „sie“ zur Folge hätte. Um das
zu vermeiden, wurde das „sie“ in diesem Satz mit „die Soldaten“ ersetzt.
Im letzten Satz wurde „rubaszny“ als „rohes“ übersetz, was auch nicht die beste
Wahl ist. Mit „rubaszny śmiech“ assoziiert man ein lautes, etwas derbes, aber doch
gutmütiges Lachen. Und gerade ein gutmütiges Lachen im Zusammenhang mit dem
Tod, der auf diesem Markt überall lauerte und dessen Verursacher die lachenden
Soldaten waren, musste besonders irre klingen. Das deutsche Adjektiv „roh“ beinhaltet
31
die Gutmütigkeit nicht, deshalb macht es in diesem Kontext keinen wirklich guten
Substitut für „rubaszny“ aus.
Die meisten Transformationen, die in der Übersetzung angewandt wurden,
resultieren aus den Normen der deutschen Sprache. Die wenigen Unterschiede, die hier
festgestellt werden konnten und aus der subjektiven Wahl des Übersetzers herausgehen,
verändern die Aussage des Textes nur unwesentlich und nehmen keinen entscheidenden
Einfluss auf seinen Empfang bei den deutschen Lesern ein. Die Übersetzungsäquivalenz
wurde hier in allen Bezugsrahmen fast immer sehr gut bewahrt. Auch die Dramaturgie
des Geschehens wurde hier hervorragend wiedergegeben. Deshalb muss man sagen,
dass diese Übersetzung in einem sehr hohen Grad adäquat zum Originaltext ist. Sie ist
eindeutig ein Beispiel für den Transfer.
4. 2. 5 Frage nach der Zukunft
Nach über dreißig Jahren Unabhängigkeit ist in den meisten Ländern Afrikas die
gesamte Infrastruktur weitgehend zerstört. Zahlreiche zwischenstaatliche Kriege,
inländische Revolten und lokale Konflikte haben jegliche Entwicklung abgebremst. Die
Bevölkerungszunahme ist um das Vielfache größer als in Europa, es fehl aber Geld, um
für die meisten Kinder einen Schulplatz zu sichern, um ihnen wenigstens eine
elementare Ausbildung zu gewährleisten. Es mangelt an Büchern, Schulheften,
Bleistiften. Mit der Bevölkerungszunahme wächst auch rapide das Analphabetentum.
„W Addis Abebie poszedłem na
„Ich suchte in Addis Abeba die
uniwersytet. Jest to jedyny uniwersytet w Universität
auf.
Es
ist
die
einzige
tym kraju. Zajrzałem do uczelnianej Universität des Landes. Ich ging in die
księgarni. Jest to jedyna księgarnia w tym Universitätsbuchhandlung.
Es
ist
die
kraju. Puste półki. Nie ma nic, ani einzige Buchhandlung im ganzen Land.
żadnych książek, ani czasopism – nic. Leere Regale. Es gibt nichts, keine Bücher,
Tak wygląda sytuacja w większości keine Zeitschriften, nichts. So schaut es in
państw Afryki. Kiedyś, pamiętam, była den meisten afrikanischen Ländern aus. Ich
dobra księgarnia w Kampali, dobra erinnere mich, dass es in Kampala einmal
księgarnia (nawet trzy) w Dar es-Salaam. eine gute Buchhandlung gab, auch in
Teraz – nigdzie nic. Etiopia to kraj o Daressalem gab es eine (sogar drei). Jetzt
32
powierzchni takiej jak Francja, Niemcy i gibt es nichts mehr. Äthiopien ist der
Polska razem wzięte. W Etiopii mieszka Fläche nach so groß wie Frankreich,
ponad 50 milionów ludzi, za kilka lat – Deutschland
und
Polen
będzie ich ponad 60 milionów, za zusammengenommen. In Äthiopien leben
kilkanaście – ponad 80 itd., itd.
über 50 Millionen Menschen, in ein paar
Może wówczas?
Jahren werden es über 60 Millionen sein, in
Ktoś?
einem
Choćby jedną?”64
Millionen…“65
Dutzend
Jahren
–
über
80
In diesem Fragment setzte der Autor stilistisch eine bittere Ironie ein. Die
Bemerkungen, die Universität und die Buchhandlung die einzigen derartigen
Einrichtungen in ganz Äthiopien sind, wurden in zwei identischen Sätzen verfasst.
Diese Wiederholung verstärkt das Gefühl der Absurdität beim europäischen Leser, der
an völlig andere Umstände gewohnt ist. Dieses stilistische Mittel wurde in der
Übersetzung nicht vollständig beibehalten (im ersten Satz „des Landes“, im zweiten „im
ganzen Land“). Eigentlich musste es in beiden Fällen „in diesem Land“ heißen
Im dritten Satz wurde eine Substitution angewandt, „zajrzałem“ wurde gegen
„ich ging“ ausgetauscht. Die konnotative Äquivalenz wurde hier jedoch bewahrt.
Die Form des gesamten Fragmentes wurde stark geändert, der Übersetzer
verzichtete eindeutig auf Wiederholungen. Im siebten Satz werden Buchhandlungen in
Kampala und in Dar es-Salaam aufgelistet. Mit der Wiederholung wird zweimal
unterstrichen, dass das gute Geschäfte waren. Der Übersetzer hat den Satz stark
umgeformt, wodurch seine Aussage an Dramaturgie und Expressivität etwas eingebüsst
hatte.
Die letzten drei Textzeilen wurden in der Übersetzung außer Acht gelassen.
Im Originaltext kommt dank der vom Autor angewandten Form die
Enttäuschung über die Entwicklung in Afrika sehr stark zum Ausdruck. Zwar ist schon
die Aussage des gesamten Fragments ziemlich traurig und trüb, die von Kapuściński
angewandten stilistischen Mittel verstärken jedoch noch das Gefühl der Hoffnungs- und
Ausweglosigkeit. Der Übersetzer beschränkte sich hier nur auf den Inhalt ohne die
Form zu beachten, wodurch er die Aussage des Textes etwas gemildert hatte. Vielleicht
deswegen wurden in der Übersetzung die drei letzten Wunschfragen, in denen doch eine
64
65
Kapuściński, Ryszard: Heban, Warszawa 2007, S. 236.
Kapuściński, Ryszard: Afrikanisches Fieber, München 2005, S. 223.
33
leise Hoffnung geäußert wird, ausgelassen. Nach einer Theorie von Karl Dedecius, die
besagt, dass es zwei Arten von Übersetzung gibt, und zwar ‚Übersetzung’, die
zuverlässig, aber unkünstlerisch ist und ‚Übertragung’, die künstlerisch und zuverlässig
ist, würde dieses Fragment zu der Art ‚Übersetzung’ zählen müssen.66 Sie ist zwar
zuverlässig, künstlerisch lässt sie jedoch zu wünschen übrig.
5. Zusammenfassung
Ryszard Kapuściński war ein weltweit anerkannter Meister der literarischen
Reportage, die er für die einzig geeignete Form der vertieften Weltdeutung hielt. Für
seine Reportagen bediente er sich oft der literarischen Mittel. Der Übersetzer stößt hier
also scheinbar auf das doppelte Problem: seine Übersetzung muss gleichzeitig den
Inhalt zuverlässig und die Form künstlerisch ohne Einbüsse wiedergeben. Obwohl die
Analyse gezeigt hat, dass es nicht immer hundertprozentig gelungen ist, hat sie doch
auch gezeigt, dass eine in fast jeder Hinsicht zuverlässige Übersetzung möglich ist. Die
überwiegende Anzahl der Transformationen, die aus der subjektiven Wahl des
Übersetzers herausgehen, resultieren aus den Normen der deutschen Sprache und
66
Vgl. Dedecius, Karl: Vom Übersetzen, Frankfurt am Main 1986, S. 61.
34
nehmen keinen wesentlichen Einfluss auf die Aussage des Textes. Die Äquivalenzen
wurden fasst überall bewahrt und der Adäquatheitsgrad muss als sehr hoch eingestuft
werden. Einige Transformationen sind dem Übersetzer etwas schlechter gelungen, das
lag aber sicherlich nicht an dem Schreibstil von Kapuściński.
Für seine Darstellungen aus Afrika benutzt der Verfasser von Heban immer
kurze, bündige Sätze, die exakt, mit möglichst wenigen Adjektiven einen Sachverhalt
schildern. Wir können z.B. im vierten Fragment lesen: „Kiedyś błąkałem się po rynku w
Kampali. Było pustawo, wiele straganów stało połamanych, porzuconych. Amin
ogołocił i zrujnował kraj. Na ulicach nie widziało się ruchu, sklepy – Amin wcześniej
odebrał je Hindusom – ziały zatęchłą martwotą albo były po prostu zabite deskami,
dyktą, blachą.”67 Mit wenigen Worten, im nahezu telegrafischen Stil (es fehlt fast nur
noch das Wort „stop“ zwischen den Sätzen) beschreibt Kapuściński einen Markt in
Kampala und doch sagt diese kurze Darstellung dem Leser mehr über die Lage in der
Hauptstadt von Uganda, als irgendein langer Bericht, denn Kapuściński zeigt uns viel
mehr den Markt, als ihn beschreibt. Derartige kurze Sätze lassen sich natürlich leicht in
andere Sprachen transferieren. In der deutschen Übersetzung lesen wir: „Einmal streifte
ich durch den Markt von Kampala. Er war wie leergefegt, viele Stände waren zerstört
und verlassen. Amin hatte das Land ausgeplündert und ruiniert. In den Straßen gab es
keinen Verkehr, aus den Läden – die Amin zuvor den Indern weggenommen hatte –
schlug einem modriger Geruch entgegen, oder sie waren einfach mit Brettern,
Spanplatten oder Blech verschlagen.“68 Manche von Kapuściński gebrauchte Ausdrücke
können natürlich einige Schwierigkeiten bereiten (z.B. „ziały zatęchłą martwotą“), der
Übersetzer muss für sie gute Äquivalente finden, das widerspricht aber dem früher
Gesagten nicht, im Gegenteil – sie können zu interessanten Wort- und Satzbildungen
führen und die Zielsprache auf diese Weise sogar bereichern. Diese knappen,
prägnanten Sätze sind für das gesamte Buch charakteristisch.
Der Autor von Heban arbeitete für die Polnische Nachritenagentur (PAP), die
bekanntlich unvergleichbar ärmer als die entsprechenden Agenturen aus Westeuropa
war. Dieser Umstand, der für viele Probleme sorgte, entpuppte sich im Nachhinein in
gewisser Hinsicht als purer Vorteil. Da Kapuściński meistens kein Geld für gute Hotels
und teure Transportmittel hatte, war er stets auf eigene Initiative und Erfindungsgabe
angewiesen. Diese Tatsache hat seine Arbeitsweise beeinflusst und trug wesentlich zur
67
68
Kapuściński, Ryszard: Heban, Warszawa 2007, S. 154.
Kapuściński, Ryszard: Afrikanisches Fieber, München 2005, S. 146-147.
35
Entwicklung seines Schreibstils bei. Seine Nachrichten und Telegramme, die er an PAP
schickte, mussten kurz und bündig sein, für längere Berichte reichte das Geld nicht aus.
Wenn die Abschickung eines Wortes einen Dollar kostete und Kapuściński 50 Dollar
zur Verfügung hatte, musste er die gesamte Information in 50 Worten zusammenfassen.
Da galt die eiserne Regel, möglichst viel Inhalt mit möglichst wenigen Worten zu
schreiben. Auf diese Weise entwickelte Kapuściński seinen einzigartigen Schreibstil.
Vera Verdini, die Übersetzerin von Kapuściński’s zahlreichen Bücher auf Italienisch,
hat das so formuliert: „Viele Autoren machen dem Übersetzer das Leben nicht leicht,
weil sie ihn zur mühsamen Rekonstruierung des logischen Verlaufs ihren chaotisch
zerstreuten Gedanken und zum Glätten ihres abgedrehten, mit Nebensätzen überfüllten
Stils zwingen. Ryszard im Gegenteil, formuliert seine Gedanken klar und drückt sie in
einfachen Sätzen aus. Mit seinen Büchern musste ich mich nie lange quälen. Ich stieß
höchsten auf zwei unbedeutende Schwierigkeiten auf.“69
Polnische Literatur gilt als schwer, bzw. kaum übersetzbar. Viele wollen die
Ursache dafür in den Eigenschaften der polnischen Sprache sehen. Kapuściński beweist
mit seinen Büchern und Reportagen, dass man einen schönen, in der besten Tradition
der polnischen Literatur verwurzelten Stil schreiben und sich doch in einer universellen,
weltweit verständlichen Sprache ausdrücken kann. Katarzyna Mroczkowska-Brand, die
zusammen mit ihrem Mann William Brand mehrere Bücher von Kapuściński für den
amerikanischen Leser zugänglich machte, erzählte über ihre erste Berührung mir Prosa
des polnischen Schriftstellers: „Den stärksten Eindruck bei der Lektüre von Cesarz
machte auf mich damals, und so blieb es bis heute, die Berührung mit einem
universellen, überzeitlichen und sich in die Weltliteratur und Reportage des höchsten
Niveaus einfügenden Text. Parallel zu diesem Gefühl kam so was wie eine Erregung
wegen der unerwarteten Entdeckung: Entdeckung eines sehr seltenen Schatzes, in
dessen Existenz man schon zu zweifeln begann, nämlich eines Werkes der polnischen
Literatur, das übersetzbar wäre und den Potenzial einer übernationalen Tragweite hätte.
Übersetzbar im doppelten Sinne des Wortes: sprachlich und kulturell, also eines Textes,
der nicht, wie leider so viele andere in unserer Literatur, lost in translation wäre,
69
Verdiani, Vera: Dwie albo trzy rzeczy, które o nim wiem, In: Podróże z Ryszardem Kapuścińskim,
Kraków 2007, S. 202-203. Im Original: „Wielu autorów nie ułatwia życia tłumaczowi, bo zmusza go do
żmudnego odtwarzania logicznego ciągu swoich chaotycznie rozsypanych myśli i do wygładzania
pokrętnego stylu pełnego zdań podrzędnych. Ryszard przeciwnie, formułuje swoje myśli klarownie i
wyraża je w prostych zdaniach. Nad jego książkami nigdy się nie namęczyłam. Natrafiłam co najwyżej na
dwie błahe trudności.”
36
meistens deshalb, weil wieder die „der Elefant und der Fall Polen“ Perspektive alle
anderen dominieren würde.“70
In Polen interpretierte man den Inhalt von Cesarz im Zusammenhang mit dem
kommunistischen Kabinett von Edward Gierek, in anderen Ländern sah man in diesem
Buch eine metaphorische Darstellung der ihnen bekannten Regime. Bezeichnend dafür
ist der deutsche Titel des Buchs: König der Könige. Die Parabel der Macht. Die
Mechanismen, die eine Diktatur antreiben, sind überall gleich, verlaufen nach den
gleichen Gesetzmäßigkeiten. Da erkannte man, dass Bücher von Kapuściński mehr als
nur Reiseberichte, mehr als nur Reportage, die über den Ereignissen in weiten, oft kaum
bekannten Ländern erzählen, sind. Sie beinhalten überzeitliche Wahrheiten, die die
innere Dynamik der politischen und gesellschaftlichen Strukturen, die praktisch für alle
Menschen und Gesellschaften gleich sind, erleuchten und gar entblößen. Cesarz
markierte den Durchbruch und bald folgten weitere Übersetzungen von Kapuściński,
denn schnell wurde klar, dass alle seine Bücher über die gleichen Qualitäten verfügen.
Ryszard Kapuściński adressierte seine Bücher vor allem an den europäischen
Leser. Der klare, prägnante Schreibstil einerseits und die überregionalen Themen
anderseits machen aus ihm einen in europäischer Kultur beheimateten, durchaus
universellen Schriftsteller, dessen Bücher weltweit übersetzt, gelesen und verstanden
werden. Dank diesen Beschaffenheiten eignen sie sich sehr gut dafür, um in andere
Sprachen transferiert zu werden. Auch die deutsche Übersetzung des Buches Heban
wurde hauptsächlich im transferierenden Verfahren erstellt. Wie die Analyse zeigte,
sind die wenigen Adaptationen, die festgestellt werden konnten, keiner Notwendigkeit
entsprungen und die Texte könnten in Deutschland auch ohne die subjektiven Eingriffe
des Übersetzers mühelos verstanden werden. Es müssen keine zusätzlichen
Verstehensvoraussetzungen geschaffen werden, um das Verstehen von ihnen in einem
nichtpolnischen Kulturraum zu ermöglichen.
70
Mroczkowska-Brand, Katarzyna: Jak wpadłam na pomysł, że warto przetłumaczyć Cesarza, In:
Podróże z Ryszardem Kapuścińskim, Kraków 2007, S. 26. Im Original: „Moim najsilniejszym wrażeniem
z lektury Cesarza wówczas, i tak jest do dziś, było obcowanie z tekstem uniwersalnym, ponadczasowym i
wpisującym się w literaturę światową i reportaż na najwyższym poziomie. Równolegle z tym wrażeniem
pojawiło się coś w rodzaju podniecenia z niespodziewanego odkrycia: odkrycia bardzo rzadkiego skarbu,
w którego istnienie zaczynało się już wątpić, a mianowicie utworu z literatury polskiej, który byłby
przetłumaczalny i miał w sobie potencjał nośności ponadnarodowej. Przetłumaczalny w podwójnym
sensie tego słowa: językowym i kulturowym, a więc tekstu, który nie byłby, jak niestety tyle innych z
naszej literatury, lost in translation, najczęściej dlatego, że znów perspektywa „słoń a sprawa polska”
zdominowałaby wszystkie inne.”
37
Als Ryszard Kapuściński am 27. Dezember 2006 ins Krankenhaus ging, nahm er
zwei Romane von Balzac und Pan Tadeusz mit.71 Vier Wochen später, am 23. Januar
2007 starb vielleicht der größte gegenwärtige Schriftsteller aus Polen, der sein ganzes
Leben lang versuchte, die Welt zu begreifen und zum Schluss erkennen musste, dass
das aufgrund der riesigen kulturellen Vielfalt nicht möglich ist. Es ist ihm aber
sicherlich gelungen, den Millionen seinen Lesern auf der ganzen Welt dazu zu
verhelfen, diese Vielfalt zu begreifen.
6. Bibliographie
6. 1 Primärliteratur
Kapuściński, Ryszard: Heban, Warszawa 2007
Kapuściński, Ryszard: Afrikanisches Fieber. Erfahrungen aus vierzig Jahren, übersetzt
von Martin Pollack, München 2005
6. 2 Sekundärliteratur
Andere Bücher des Autors:
71
Vgl. Bereś, Witold, Brunetko, Krzysztof: Nie ogarniam świata, Warszawa 2007, S. 345.
38
Kapuściński, Ryszard: Rwący nurt historii, Kraków 2007
Kapuściński, Ryszard: Wojna futbolowa, Warszawa 2007
Allgemeine Nachschlagwerke:
Brockhaus Enzyklopädie, 19. Auflage, Wiesbaden 1974-1994, Bd, 22, 1994
Meyers Enzyklopädisches Lexikon, Mannheim/Wien/Zürich 1979, Bd. 24
Noelle-Neumann, Elisabeth / Schulz, Winfried / Wilke, Jürgen (Hg.): Das
Fischerlexikon. Publizistik, Massenkommunikation, Franfurt am Main 1991
Translatologische Literatur:
Apel, Friedmar: Literarische Übersetzung, Stuttgart 1983
Dedecius, Karl: Vom Übersetzen, Frankfurt am Main 1986
Koller, Werner: Einführung in die Übersetzungswissenschaft, Wiesbaden 1997
Krzysztofiak, Maria: Przekład literacki a translatologia, Poznań 1999
Stolze, Radegundis: Übersetzungstheorien. Eine Einführung, Tübingen 2005
Wilss, Wolfram (Hg): Übersetzungswissenschaft, Darmstadt 1981
Zeitschriften und Zeitungen:
Der Spiegel, 5/2007
Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, 4/2007
Rzeczpospolita, 232/2004
Andere Literatur:
39
Bereś, Witold, Brunetko, Krzysztof: Kapuściński: Nie ogarniam świata, Warszawa
2007
Dudko, Bożena (Hg.): Podróże z Ryszardem Kapuścińskim, Kraków 2007
Jasienica, Paweł: Polska Jagiellonów, Warszawa 1986
Internetseiten und andere elektronische Medien:
http://de.wikipedia.org/wiki/%C3%9Cbersetzung_%28Sprache%29, 07.12.2006
http://de.wikipedia.org/wiki/Reportage, 20.03.2007
http://www.kapuscinski.info/page/wywiady/58, 29.03.2007
http://www.kapuscinski.hg.pl/index.php?id=biografia, 12.02.2007
http://www.welt.de/kultur/article711068/Entwurzelter_Reporter_Zum_Tode_von_Rysz
ard_Kapuscinski.html, 07.03.2007
Bibliographisches Institut & F. A. Brockhaus AG, 2002, Sat_Wolf, Bayern
7. Streszczenie w języku polskim
Celem niniejszej pracy było wykazanie przy pomocy analizy porównawczej
wybranych fragmentów niemieckiego tłumaczenia napisanej w formie reportażu
literackiego książki Ryszarda Kapuścińskiego Heban oraz odpowiadających im
fragmentów tekstu oryginalnego, że utwory niedawno zmarłego autora Cesarza
zarówno w warstwie językowej, jak i tematycznej mają charakter uniwersalny, czyli że
klarowny i precyzyjny język, którym w mistrzowski sposób operował Kapuściński jest
językiem łatwo poddającym się procesom translacyjnym, a przesłanie jego książek jest
ponadregionalne i ponadczasowe. Autor pracy starał się w oparciu o teorię Wernera
Kollera pokazać, że tłumaczenie tekstów Kapuścińskiego nie wymaga żadnych
40
zabiegów adaptacyjnych, w związku z czym jedynym właściwym sposobem ich
przekładu jest transfer.
W pierwszym rozdziale autor zwraca uwagę na trudności ze sformułowaniem
ogólnej definicji pojęcia „tłumaczenie”, która wyczerpywałaby wszystkie aspekty i
zagadnienia związane z procesem przekładu. Odnosząc się do teorii krańcowych,
których autorzy starają się dowieść całkowitej nieprzekładalności jednego języka na
inny zauważa, że praktyka i rozwój literatur europejskich, w których niezależnie od
języka teksty takich autorów jak Homer, Platon, Szekspir, Goethe czy Kafka zajmują
poczesne miejsce, dowodzą czegoś wręcz przeciwnego. Następnie autor przechodzi do
definicji pojęcia „tłumaczenia” zawartych w Meyers Lexikon, Brockhaus Enzyklopädie
oraz w encyklopedii internetowej Wikipedia i zwraca uwagę na wyraźne różnice
pomiędzy nimi.
W dalszej części pierwszego rozdziału została omówiona rola tłumaczenia jako
przekazu kulturowego oraz teorie dotyczące wpływu przekładów literatury obcej na
kultury i literatury narodowe w Europie. Autor przedstawił poglądy takich naukowców
jak Itamar Even-Zohar, naukowców skupionych wokół grupy Translation Studies,
badaczy
z
Uniwersytetu
w
Getyndze,
badaczy
należących
do
nurtu
postmodernistycznego oraz teorię typów tłumaczenia tekstów związanych z literaturą i
kulturą Wernera Kollera. Na zakończenie autor pracy nawiązał do wygłoszonego na
otwarcie Kongresu Tłumaczy Literatury Polskiej w 2005-tym roku w Krakowie
przemówienia Ryszarda Kapuścińkiego, w którym autor Hebanu zwraca uwagę na
szczególną rolę tłumaczy we współczesnym, wielokulturowym świecie.
W dalszej części pracy zostało omówione zagadnienie reportażu jako gatunku
literackiego. Autor oparł się przede wszystkim o definicje zawarte w Fischerlexikon i
Wikipedii oraz o wypowiedzi Ryszarda Kapuścińskiego. Następnie została pokrótce
przedstawiona nota biograficzna autora Hebanu.
Czwarty rozdział rozpoczyna część analityczną pracy, która zaczyna się od
krótkiego wprowadzenia w treść analizowanego utworu. Następnie autor przechodzi do
analizy wybranych fragmentów Hebanu. Wybór tych, a nie innych fragmentów nie jest
przypadkowy, autor celowo wybierał takie wątki, które w mniejszym stopniu pokazują
Ryszarda Kapuścińskiego jako znawcę zagadnień afrykańskich, bardziej zaś jako
naocznego świadka opisywanych wydarzeń. Za pomocą tych krótkich niejednokrotnie
scenek autor Hebanu pokazuje czytelnikom świat afrykański widziany z perspektywy
zwykłego, codziennego życia. Język tych fragmentów jest językiem reportera,
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bezpośredniego uczestnika, przez co są to wypowiedzi szczególnie barwne i dla stylu
pisarstwa Kapuścińskiego chyba najbardziej reprezentatywne.
Każdy
z
omawianych
fragmentów
zostaje
poprzedzony
krótkim
wprowadzeniem, który ma na celu pokazanie szerszego kontekstu przedstawianych w
nich wydarzeń. Następnie autor pracy, po zestawieniu obok siebie tekstu oryginalnego z
analizowanym tekstem tłumaczenia, przechodzi do badania analitycznego. Na końcu
każdego podrozdziału autor zamieszcza krótkie podsumowanie wyników analizy i
wyciąga wynikające z nich wnioski.
W ostatnim rozdziale autor podsumowuje część analityczną pracy. Zwraca w
nim uwagę na wysoki stopień adekwatności niemieckiego tłumaczenia Hebanu, które,
w myśl teorii przekładu Wernera Kollera, zostało dokonane w formie transferu.
Nieliczne przeprowadzone przez tłumacza zabiegi adaptacyjne nie wynikają z
potencjalnych trudności w zrozumieniu języka Ryszarda Kapuścińskiego przez
niemieckiego czytelnika, bo dotyczą przede wszystkim pojęć afrykańskich, w polskim
obszarze językowym równie obcych, co w niemieckim. Biorąc pod uwagę fakt, że autor
Hebanu dokładnie te pojęcia w swojej książce wyjaśnia, zastosowanie tych (bardzo
zresztą rzadkich) adaptacji wydaje się nie być w pełni uzasadnione. Pisarstwo
Kapuścińskiego zarówno w warstwie językowej, jak i w warstwie tematycznej łatwo
poddaje się transferowi na inne języki Europy i świata.
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