Bericht von Uli von Grossmann
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Bericht von Uli von Grossmann
Der heißeste Chiemgauer 100 - 2012 Am Samstag den 28.07.2012 um 22:35 zum achten Mal im Ziel, das dritte Mal in Folge über die 100 Meilen Strecke. Ein Geschenk! Am Anfang der Woche war ein Start plötzlich in weite Ferne gerückt. Kurz vor Ende meines letzen Trainingslaufes auf den Hochfelln, im Downhill war ich zwar immer noch deutlich langsamer als Jonathan Wyatt bergauf, aber für meine Verhältnisse bin ich geflogen, meldete sich mein Kreuz – Mist, da stimmt was nicht. Das wird schon wieder, hast ja noch eine Woche Zeit – dachte ich. Im Gegenteil, am Dienstag war an Laufen nicht mehr zu denken und das Sitzen im Büro machte alles eher schlechter. Resignation, tolle Vorbereitung, mental stark und jetzt das Aus! Hey, verdammt Du hattest bisher immer Glück, irgendwann reißt die Strähne halt ab, dann unterstütz die Laufkameraden halt als Helfer. Der Gedanke tröstet nicht wirklich. Meine zwei Laufspezis Wolfgang und Alois rissen mich aus der Lethargie und schafften das, was meine bessere Hälfte Astrid vergeblich versucht hatte: wir kennen einen super Physio, der kann Dir bestimmt helfen. Probiers, verlieren kannst Du nichts dabei! So landete ich am Mittwoch auf der Behandlungsliege vom Stephan Aitl, selbst ein super Sportler, der weiß wo er hinlangen muss. Ich wusste gar nicht, dass mein Kreuz und meine Hüfte so krachen können. Natürlich blieb der Schmerz, aber ich hatte das Gefühl wieder mittig zu stehen, keine Schonhaltung mehr. Hoffnung – vielleicht klappts doch – Stephan, dank Dir für die heilenden Hände! Die Entzündung muss noch beruhigt werden sagte er noch, hilft alles nichts, dann halt doch ein Schmerzmittel eingeschmissen, zumindest bis Donnerstag und Astrid hilft mit Reiki nach! Am Freitag die Frage, starten oder nur Helfer spielen? Freunde hatten sich schon verabredet um mich auf der Strecke anzufeuern, also was soll’s aufhören kann ich immer noch und bis zum ersten VP bei mir in Hörgering werd ich schon kommen, also Start um 16:00 Uhr wie bei den letzten beiden Läufen! Während sich das Hauptfeld bereits um 15:00 Uhr in die Hitzeschlacht stürzt, bereiten sich die nachfolgenden Gruppen mit Start um 16:00 Uhr, 17:00 Uhr und 18:00 Uhr gemächlich auf ihren Start vor. Mit mir starten zwölf weitere Mitstreiter, unter ihnen Karl und Martin, die im dritten Anlauf endlich durchkommen wollen und einen topfitten Eindruck machen, Hubert, der um Mitternacht seinen fünfzigsten Geburtstag auf der Kohler Alm feiern will, sowie Dirk und Domine, die beide auch beim JUNUT dabei waren und Dariusz, der letztendlich mit mir der einzige aus dieser Gruppe sein wird, der die gesamten 100 Meilen laufen wird. Flott geht es aus dem Stadion, in der brennenden Sonne am Golfplatz vorbei und in das Infangtal, wo trotz des Schattens keine Abkühlung auf uns wartet. Aufgrund der Hitze laufe ich zum ersten Mal von Anfang an mit Trinkrucksack. Früher habe ich mir diesen erst in Hörgering umgeschnallt. Die ersten Steigungen werden noch laufend bewältigt, aber nach dem Abzweig auf den Trail zum Sulzbergrücken gehen wir fast alle. Der Rücken selbst ist Dank einer Mähaktion vom Wolfgang mit der Motorsense gut zu laufen. Vorher waren hier unzählige Stolperfallen. Nach einem Gipfelbild mit dem heraneilenden Martin geht es in der Diretissima runter nach Hörgering. Für mich mit etwas angezogener Handbremse aus Angst der Rücken könnte sich beschweren. Auch Hubert lässt sich Zeit, grinsend meint er wenn 100 kg erst mal in Bewegung sind muss man aufpassen! Am Ortseingang stehen schon die ersten Fans, Regina und Kathrin samt Nachwuchs, und feuern mich an: Hey Uli, auf geht’s, wir haben schon auf Dich gewartet! Super! Ein paar Meter weiter bekomme ich mit meiner Tochter Marlene mein persönliches Geleit zum VP. Unterwegs treffen wir noch meinen Herrn Sohn mit zwei Bierflaschen unter dem Arm! Anscheinend ist seinem Spezl das Bier ausgegangen – für mich ist es jedenfalls nicht! Ob da mit der Erziehung alles richtig gelaufen ist? Am VP ist richtig viel los. Meine Tochter Alissa, samt Freundin, schriebt die Zeiten auf, unser Hund begrüßt jeden Läufer persönlich und Astrid unterstützt von Silke, der Freundin vom Wagner Tom, schaut, dass wir alle nicht zu kurz kommen. Alex und Rigo schauen dem Treiben zu und kontrollieren ob ich auch noch brav mitlaufe. Wasser, Iso, Cola und die letzten Biervorräte aus meinem Keller finden reißenden Absatz. Wenn ich das gewusst hätte – Bier war seit den Zeiten von Olaf und Sebastian eigentlich nicht mehr gefragt gewesen. Ich merk es mir für nächstes Jahr – versprochen! Zum Glück gibt es Wassermelone, Orangen, Kuchen und Brezen, wer hungrig weiterläuft ist selber schuld! Frisch gestärkt und unter lauten Anfeuerungsrufen geht es weiter Richtung Lechner Hütte. Martin muss am Mooswinklbach eine Zwangspause einlegen weil sich sein Rucksack aufgelöst hat! Kurz vor der Lechner Hütte überhole ich Monika, später sehe ich dass sie am KP aussteigen musste. Auf dem kurzweiligen Weg nach Hammer sammle ich noch ein paar 15:00 Uhr Starter ein. Unter ihnen sind Wolfgang und Angela Höfle. Während ich vor Hammer an der Forsthütte Wasser tanke, zieht Angela alleine vorbei. Bei Wolfgang läuft es leider nicht so gut. Frisch gestärkt geht es durch Hammer und über den neuen Trail hinauf zu den Silberseen. Eigentlich wollte ich die Strecke komplett laufen – doch weder Geist noch Fleisch sind willig. Ein Läufer scheint den ganzen Aufstieg lang am Handy zu quatschen, wenn er hier Empfang hat muss das ein echt cooles Teil sein! Andere Läufer stärken sich am Kachelstein lieber mit Blaubeeren oder bewundern die Blütenpracht. Anstatt auf direktem Weg zur Stoißer Alm zu laufen werden wir über den Gipfel des Teisenberg geleitet. Auf nach unten zur rettenden Alm. Entgegen den früheren Jahren wird die Alm diesmal zu einer ausgiebigeren Pause genutzt. Leider dauert es eine gefühlte Ewigkeit bis ich endlich einen Spezi ergattern kann. Während ich in der Schlange stehe, stürzt Martin genervt vorbei um Wasser aufzufüllen. Offizielle Verpflegung gibt es erst wieder in Adlgaß, wohl dem der eine Breze dabei hat! Frisch gestärkt geht’s bergab zur Inzeller Höhe und rüber zur Steiner Alm. Der neu eingebaute Trail macht richtig Laune und die morschen Holzstege wurden seit dem Testlauf mit Alois und Wolfgang komplett instand gesetzt. Obwohl ich den Weg ja kennen sollte bin ich an einer Stelle unschlüssig, aber Karin ist sich sicher und weist mir den Weg. Danke! Nachdem ich im Vergleich zu den Vorjahren eine Stunde in der Zeit zurückliege, kommt die Stirnlampe schon vor der Steiner Alm zum Einsatz. Dort angekommen müssen wir feststellen, dass der Brunnen mal wieder nur tröpfelt und die Wirtin diesmal keine Getränkekiste vor die Hütte gestellt hat. Schade! Also weiter nach Adlgaß. Der Hang ist relativ trocken und der Aufstieg zum Sattel daher problemlos zu meistern. Bergab laufe ich zu Karl auf, der kurz vor Adlgaß eine Bank für ein kurzes Nickerchen nutzt. Warm genug ist es ja immer noch! In Adlgaß erwartet uns ein reiches Buffet. Wolfgang Höfle musste für heuer passen und ist nach der Stoißer Alm direkt nach Adlgaß gelaufen. Jetzt betreut er seine Angela und schaut, dass sie alles nötige für die Nacht hat. Statt Gels und Riegel hole ich eine anständige Wurstsemmel aus meinem Drop Bag. Spät dran bin ich eh, dann kann ich mir auch Zeit lassen und Kräfte tanken. Mit den heut erst erstandenen Stecken (zur Entlastung des Rückens) bewaffnet fällt der Anstieg zur Kohler Alm schon deutlich leichter! Obwohl ich flott unterwegs bin kommt eine Stirnlampe hinter mir immer näher. Kaum sitz ich mit einer dampfenden Tasse Pfefferminztee vor der Alm – nochmals Dank an die ehemaligen Arbeitskollegen vom Wolfgang – kommt unser Geburtstagskind Hubert daher, der mit einem Ständchen und Sekt begrüßt wird! Kurz darauf folgen Lars und Thomas, die zusammen mit Wolfgang und Dieter um 18:00 Uhr gestartet sind. Ich bin platt. Dass die zwei jetzt schon da sind haut mich glatt vom Hocker. Lars wirkt zwar etwas angeschlagen aber nach einer kurzen Pause stürmen beide runter Richtung Jochberg. Ich folge deutlich langsamer und die Lichtkegel ihrer Stirnlampen sind bald verschwunden. Auch abwärts leisten die Stecken gute Dienste, aber ich kann nicht vermeiden dass sich die Spitzen ab und zu zwischen Steinen einklemmen. Beim Abstieg überhole ich Hubert: „bis zum nächsten Anstieg!“ Wenig später auch Angela, die sich bis hierher gut geschlagen hat und immer noch einen guten Eindruck macht. Auf der Forststraße angekommen werden die Stecken verstaut, die erst wieder beim Aufstieg zum Unternberg gebraucht werden. Bisher leisteten sie gute Dienste. Die Forststraße ist zwar nicht besonders reizvoll, aber immerhin kann man ein paar Kilometer machen. Vorbei an der Markierung dass nur noch hundert Kilometer zu bewältigen sind und weiter Richtung Jochberg Parkplatz. Ein Lichtkegel vor mir entpuppt sich als Anton, mit dem ich die zweite Nacht beim JUNUT durchlaufen habe. Er hat Probleme mit dem Magen und kann nichts mehr aufnehmen. Will sich aber ins Stadion durchbeißen und dann aufhören. Schade! Wenig später am Anfang des Trails zur Höllenbachalm überhole ich Hermann und Jörg. Hermann, der auch schon unzählige Male den Chiemgauer bestritten hat und mich nicht nur einmal ins Ziel gebracht hat, erkenne ich schon von weitem. Seine Stirnlampe könnte heller sein, aber beide sind guter Dinge und schicken mich weiter: „mach es gut, du bist eh schneller!“ Der Weg rüber zur Höllenbachalm ist leicht wellig, ein schöner Trail und einer meiner Lieblingsabschnitte. Es läuft richtig gut. Auf der Weide bei der Alm überhole ich Anke, die mit einem GPS Gerät rumfuchtelt: „Hey Anke Du kennst den weg doch auswendig! Für was denn das GPS?“ Von wegen antwortet sie, ich dachte heut schon die Kohler Alm käme vor Adlgaß! Ich denke mir, das muss an der Hitze liegen. Anke ist die Rekordhalterin in Bezug auf die Teilnahmen bei den Damen! Wir ratschen noch ein bisschen und dann verabschiede ich mich Richtung Mauthäusl. Auf dem Salinenweg treffe ich erstmals auf Michael und unsere Wege werden sich noch ein paar Mal kreuzen. Am KP gibt es heuer leider keine Getränke und so laufen wir am Weißbach entlang zur Verpflegungsstelle. Wolfgang wartet hier schon besorgt auf seine Angela. Alles in Ordnung, ich hab sie beim Abstieg von der Kohler Alm getroffen! Martin macht sich gerade wieder zum Aufbruch fertig. Als ich eine Thermoskanne aus meinem Dropbag ziehe und noch ein Pulverchen hineinschütte fragt er neugierig nach meinem Zaubertrank. Heißer Flirt (Brombeer Granatapfel) aufgebessert mit Vitamin C, Zink und sauerer Grapefruit. Hauptsache warm und ein anderer Geschmack als Iso oder reiner Mineraldrink. Trotz der recht hohen Temperaturen tut der warme Tee gut. Während die anderen aufbrechen – wir sehen uns später – hole ich noch eine dick belegte Semmel raus und lass es mir gut gehen. Mein Ziel zum Start der 100 km Läufer im Stadion zu sein werde ich klar verpassen, aber ich bin noch im Rennen und der Rücken scheint zu halten! Der Steig zur Kaitl Alm ist bei Tage wunderschön und stellenweise auch gut zu laufen, bei Nacht traue ich mich nur zu gehen. Jedes Jahr stürzen hier Wanderer ab, also lieber vorsichtig sein, die Konzentration lässt eh schon nach. An der Kaitl Alm gibt es eine kleine Stärkung und nach einer kurzen Ratschpause geht´s hinunter zum Schwarzachengrieß und weiter nach Ruhpolding. Die Strecke wird komplett durchgelaufen, heißt die Devise. Klappt auch. Unterwegs überhole ich Michael und wir rufen uns gegenseitig zu, dass wir die Verpflegung im Stadion schon riechen können. Martin liegt auf einer Bank und hebt grüßend die Hand. Recht hat er im Stadion hätte er weniger Ruhe. Für mich gibt es kein Halten, ich freu mich auf warme Gemüsebrühe und frische Klamotten. Meine Laufhose ist mit Salzkristallen übersäht. Meine Kinder hätten sich gefreut, wenn es bei den Baukästen zum Kristalle züchten auch so gut funktioniert hätte! In den ersten Sonnenstrahlen sitzen wir auf einer Bank und schlagen uns die Bäuche voll. Michael und Martin kommen rein und wenig später folgt Wolfgang. Zwei Stunden hat er auf mich gut gemacht, Klasse! Wirkt topfit und schimpft auf seine Stirnlampe die den Geist aufgegeben hat. Hauptsache er hat sich am Anfang nicht übernommen, so wie letztes Jahr als er mit dem Tom bis zur Kohler Alm durchgehalten hatte, dann aber Magenprobleme bekam. Mein Klamottenwechsel wird vom Martin mit den Worten kommentiert: „jetzt zieht der sich schon wieder um! In Weißbach gab’s doch erst ein frisches Shirt.“ Anton läuft im Stadion ein. Die Magenprobleme sind vorbei und nach einer relativ kurzen Pause ist er wieder unterwegs. Auch Christoph, Georg, Rainer und Cao Jin kommen herein, sie sind um 17:00 Uhr gestartet und auch ihnen macht die Hitze zu schaffen. Rainer will aussteigen und Cao, der den JUNUT gewonnen hat, redet auch davon aufzuhören. Etwas später folgt Hermann der einen recht zufriedenen Eindruck macht. Wolfgang will gemeinsam mit mir starten aber ich will ihn nicht ausbremsen und schick ihn alleine los. Wenn ich bergauf versuche mit ihm mitzuhalten, bin ich am Hörndl mehr tot als lebendig. Der Hermann läuft eher mein Tempo, aber als ich das Stadion verlasse, sehe ich ihn nicht mehr. Dafür laufe ich einer Arbeitskollegin in die Arme. Sie stahlt mich an und fragt, ob ich jetzt starten würde – ein schöneres Kompliment hätte sie mir nicht machen können! Mit neuer Motivation geht es zum Unternberg. Bald hole ich Christoph und Georg ein und zu dritt wandern wir den Forstweg hinauf. Rudi zieht an uns vorbei und wir philosophieren wer wohl als nächstes kommt. Es ist Petru, aber der Abstand zu Rudi ist schon recht groß. Bei uns angekommen will er in den Wanderschritt wechseln, aber wir feuern Ihn an und treiben ihn vorwärts. Wo bleibt Alois??? Langsam sollte er kommen. Ich hätte heuer mein letztes Hemd auf Ihn verwettet! Aber statt dem Alois überholt uns Roland als dritter 100 km Läufer. Oben am Unternbergsattel erwartet uns Rigo: „Wo bleibst Du denn?“ Wenn er sich an die Zeiten aus dem Vorjahr gehalten hat ist er schon seit über einer Stunde hier oben und wartet um uns anzufeuern. Der Wolfgang kam auch grad vorbei und war gut drauf, berichtet er. Währenddessen kommt endlich der Alois oben an. Magenprobleme – Scheibenkleister. Gemeinsam laufen wir über die Kuhweide und den Trail weiter Richtung Simandl Alm. Es Rockt. Über Steine und Wurzeln und einem Felgunterschwung unter einem Baumstamm hindurch. Hätte mir am Mittwoch einer gesagt, dass ich so über den Trail tobe, ich hätte es nicht für möglich gehalten. Der Alois im Schlepptau spornt an. Kurz vor der Simandl Alm sehen wir einen schwarz gekleideten Läufer vor uns. Das könnte der Wolfgang sein. Alois feuert an: „mia drei, so muaß sei, des gfreid mi!“ An der Simandl Alm wird der Brunnen fast leer getrunken, ein Show Foto geschossen und weiter geht die Roaß Richtung Brander Alm. Ich vorweg, der Alois hinterher und Wolfgang fällt leider zurück. An der Brander Alm vorbei – eigentlich wollten wir Brotzeitln – und weiter zum Hörndl. Hier verfalle ich wieder in den Wanderschritt und Alois hängt sich beim Peter aus Bergen an. Hau rein! Anton holt mich ein, er hat die Brander Alm für eine Pause genützt und wir steigen ein Stück gemeinsam auf. Wolfgang ist auch schon an der Alm und stärkt sich. Kurz bevor wir den schattigen Wald in die Gluthitze des Ostertals verlassen muss ich pausieren. Der Akku ist leer. Michael gesellt sich zu mir, er wirkt erstaunlich frisch und gut gelaunt, aber die Hitze spürt er auch. Gemeinsam geht es weiter zum Gipfel. Jetzt kommt die Flut der 100 km Läufer die uns passieren und kurz vor dem Gipfel überholt uns auch der Wolfgang. Martin kämpft noch mit dem Anstieg. Er ist jetzt recht langsam und die Temperaturen scheinen ihn auszulaugen. Oben angekommen trauen wir unseren Augen nicht. Eine Oase wartet auf uns. Unzählige Wasserkanister wurden von den fleißigen Helfern zum Gipfel getragen um uns zu versorgen. So nötig wie dieses Jahr hatten wir das Wasser noch nie. Tausend Dank! Mit dem Wolfgang geht es runter zum Wappbachtal. Die Stecken leisten wieder gute Dienste, aber verleiten auch zum Leichtsinn. Ein leichter Sturz, aber nichts passiert, weiter. Beim Röthelmoos gibt es frische Brezen und Wassermelone! Dafür lauf ich meilenweit! Eine kurze Abkühlung am Brunnen und auf zum Verpflegungspunkt, an dem wir mit lautem Beifall begrüßt werden! Jeder Wunsch wir uns von den Augen abgelesen! Petru und Alois sitzen auch noch im Schatten der Verpflegungsstelle. Das kann doch nicht sein. Beide reden davon abzubrechen die Kraft fehlt. Schade! Gemeinsam wandern sie Richtung Ruhpolding und Alois feuert uns zum Abschied noch mal richtig an: Haut rein Jungs! Ich lasse mir Zeit und schließe mich Georg und Christoph auf dem Weg zur Jochbergalm an. Wolfgang habe ich ziehen lassen, er ist einfach stärker und ich würde ihn nur bremsen. Dennoch ist langsam Eile geboten. Wir haben schon viel Zeit verloren und wenn wir noch auf den Hochfelln wollen müssen wir uns sputen. Der Cut Off in Egg ist um 18:00 Uhr, ist das noch zu schaffen? Das wird spannend. Geistig stellen wir uns auf 141km ein. Mehr wird wohl nicht gehen. Auch auf der Jochbergalm werden wir jubelnd empfangen. Wenig später kommt eine gut gelaunte Christine, die Hitze ist ihr nicht anzumerken und die Einladung mit ihr weiter zu laufen muss ich ablehnen da kann ich unmöglich mithalten. Der Aufstieg läuft aber ganz gut. Und vom Jochbergsattel runter kann ich richtig Tempo machen. Mit dem Anton und einer 100 km Läuferin samt Begleitläufern im Schlepptau stürmen wir Richtung Eschelmoos. Unterwegs passieren wir Wolfgang, der im Moment leider nicht folgen kann auch meine Mitläufer verliere ich unterwegs aber die Abwärtspassage geht gewaltig in die Beine. Bis Kohlstatt wird gelaufen hämmere ich mir immer wieder ein! Endlich, Anna, Lina und Paul, die Kinder vom Wolfgang laufen mir in Kohlstatt entgegen und begrüßen mich freudestrahlend. Wo ist der Papa? Der kommt gleich verspreche ich. In Kohlstatt habe ich meinen Tiefpunkt. Der Skihang Richtung Gleichenbergalm ist das von mir meist gehasste Teilstück. Hier habe ich immer das Gefühl einzugehen. Also lasse ich mir an der Verpflegung Zeit, viel Zeit, die ich eigentlich nicht habe und lasse mich von den altbekannten Helfern verwöhnen. Endlich kommt Wolfgang. Auch er ist an einem Tiefpunkt angelangt und denkt ans Aufhören, aber Karin, seine bessere Hälfte schickt ihn weiter. Hier wird nicht aufgehört! Die Kinder können nicht verstehen dass die Mama den Papa weiter jagt! Endlich mach ich mich auf den Weg. Wolfgang wird folgen. Auch angeschlagen sollte er mich bergauf problemlos einholen können. Dank der langen Pause ist die Skipiste kein Problem. Ich lasse mir Zeit und schaue immer wieder zurück, ob Wolfgang kommt, endlich sehe ich Ihn am Hang. Also langsam weiter. Kurz vor der Gleichenbergalm stürme ich zum ersten Brunnen. Kopf drunter herrlich! Langsam sollte der Wolfgang kommen. Ich wandere zum Steig zur Hochfelln Mittelstation und warte noch einmal. Kein Wolfgang zu sehen. Soll ich zurück? War er doch so angeschlagen, dass er umgekehrt ist? Nachdem das aufziehende Gewitter bedrohliche Formen annimmt beschließe ich weiterzulaufen. Bis zur Hocherb habe ich noch Glück, aber dann erwischt mich der Regen. Mit den als Blitzableiter aus dem Rucksack ragenden Stecken fühle ich mich alles andere als wohl. Wenn das mal gut geht. Auf der alten Strecke wäre eine Schutzhütte soll ich lieber den alten Weg nehmen. Ich entschließe mich dagegen. Zum Glück für einen 100 km Läufer, der den Abzweig in den wassertriefenden Steig nicht gefunden hat. Ungläubig folgt er mir in den Morast. Irgendwie schaffe ich es den Pfützen auszuweichen und endlich, auf dem Weg nach Maria Eck angekommen, klopfen wir uns auf die Schulter. Geschafft! In Maria Eck hört es auf zu regnen und wir werden wieder von Wolfgangs Nachwuchs begrüßt. Er kommt auch gleich – in 3 Minuten – sagen sie fröhlich. Jetzt wird erst mal ordentlich Brotzeit gemacht. Anton hat hier den Regen abgewartet und meint das Zeitlimit in Egg könnte noch geschafft werden. Wolfgang wirkt wieder deutlich frischer denkt aber eher daran in Egg die Abkürzung zu nehmen. Ich bin mir unschlüssig. Nachdem Astrid mich auch wieder auf den Weg schicken will mache ich mich mit Anton auf nach Egg. Wenn wir flott laufen könnten wir es vielleicht schaffen. Der Steig rüber zum Westernberg ist auch eines meiner Highlights, der läuft ganz von allein. Nur der Anstieg nach Egg macht mir wieder Schwierigkeiten. Aber wir schaffen es noch deutlich vor dem Zeitlimit. Nach einer kurzen Pause ist Anton wieder bereit. Ich bin unschlüssig und schicke ihn los. Laß Dir nicht zuviel Zeit und komm schnell nach, sagt er noch. Ich trödel, bin unschlüssig aber fange an meinen Rucksack umzupacken. Wolfgang und Angela Höfle stacheln mich an auf geht’s weiter. Hey, da kommt Deine Frau, jetzt musst Du aber los! Auch Astrid meint komm das schaffst du noch! Vor drei Jahren hab ich hier die Abkürzung genommen und war dann absolut unzufrieden. Sie weiß noch, wie unleidlich ich damals war. Als Ersatz war ich dann zwei Wochen später in Leipzig und bin die Bayerischen Meisterschaften über 100 km mitgelaufen. Angst hab ich von dem langen Stück vom Eschlmoos zurück. Schaff ich das noch in der Zeit? Inzwischen ist es schon 18:00 Uhr! Ich will eine offizielle Strecke in der Zeit beenden. Nachdem der Wolfgang abwinkt und definitiv die Abkürzung nimmt ist die Entscheidung gefallen. Einer muss ganz durchkommen. Dass ausgerechnet ich das sein soll und nicht Wolfgang oder Alois? Also Stecken raus und im Stechschritt bergauf! Den Weg kenn ich in und auswendig. Vorbei am Markierungssmiley vom Alois im letzten Jahr und über den Baumstamm auf dem immer noch das „hopp“ von „Uli hopp“ zu lesen ist, mit dem er mich letztes Jahr angefeuert hat. Alois danke! Deine Anfeuerung wirkt immer noch! Schade dass Du aussteigen musstest. Am Fuße des Südhanges angekommen sehe ich weit oben die gelbe Jacke vom Anton. Vielleicht ist er ja noch oben, wenn ich ankomme. Pfiffe zerreißen die Stille. Anscheinend hat ein Räuber die Murmeltiere erschreckt. Oder sind es doch die einzelnen Läufer die sich zum Gipfel quälen? Oben angekommen stelle ich fest, dass der Anton schon weitergelaufen ist. Selber schuld. Ich habe zu lange gezögert. Eine letzte Stärkung und im einsetzenden Regen mache ich mich auf zum Abstieg nach Eschelmoos. Jetzt kann ich wenigstens mein Versprechen erfüllen auch an der VP Eschelmoos vorbeizukommen. Vor mir sind die 100 km Läufer Martine und Francis die ich kurz vor Eschelmoos einhole. Francis hat anscheinend Probleme und Martine läuft fast ohne Pause weiter um Zeit zu sparen. Ich liefere meine Stecken ab, die mir gute Dienste geleistet haben und erfahre dass ein Läufer einen Zusammenbruch hatte, sich aber inzwischen wieder ins Ziel aufgemacht hat. Hoffentlich halte ich durch. Mit dem festen Vorsatz vor Zielschluss anzukommen laufe ich los und versuche Tempo zu machen. Es läuft unerwartet gut. Bei Gruttau hole ich Martine ein und nach dem Märchenwald einen weiteren Läufer: „Auf geht’s, wir müssen uns beeilen um im Zeitlimit anzukommen!“ „Hey Uli ich bin’s, Bernd“ kommt die Antwort. Gemeinsam geht es die paar Meter zum Versorgungspunkt. Bernd war derjenige, den es weggebeamt hatte. Am VP werden wir aufgemuntert. Ihr schafft es locker vor Zielschluß. Während ich mir wie üblich Zeit lasse, laufen Martine und Bernd voraus. Kurz darauf hab ich beide wieder eingeholt. Ich hab noch mehr Dampf im Kessel und lege ein zu hohes Tempo vor. Bei der Steigung vor Haßlberg bremse ich ein und warte auf Bernd. Wir schaffen das gemeinsam in der Zeit. Ich bin weit weg von einer Bestzeit und beweisen muss ich mir auch nichts mehr. Der Weg nach Ruhpolding wird kurzweilig. Bernd sagt zwar, er läuft am Limit, aber dafür hat er einen ganz schönen Zahn drauf. Er hat den Fehler gemacht sich bei jedem Brunnen das kalte Wasser über den Nacken laufen zu lassen als Folge haben die Gefäße zu gemacht. Darauf hätte ich auch nicht geachtet, denn das Britzeln im Nacken, ausgelöst vom kalten Wasser hatte ich auch als angenehm empfunden. Glück gehabt! Kurz vor dem Stadion sammeln wir noch ein paar Läufer ein, die verzweifelt nach einer Markierung suchen. Immer gerade aus der Traun entlang rufen wir ihnen zu. Als sie zweifeln scherzt Bernd, sie hätten mit mir eine persönliche laufende Markierung dabei. Gemeinsam traben wir weiter und Bernd philosophiert wir müssten langsamer laufen, sonst würde er ausgerechnet bei dem Lauf, in dem er einen Zusammenbruch hatte, eine persönliche Bestzeit laufen! Aber den Vorschlag ins Ziel zu gehen ignoriert er komplett. Um 22:35 Uhr, eine knappe halbe Stunde vor Zielschluß laufen wir unter lautem Applaus ins Ziel ein und freuen uns wie die Schneekönige. Astrid kommt eine Minute zu spät und das nachgestellte Zielfoto ist unscharf weil das Objektiv auf manuell gestellt war. Schade! Anton kam kurz vorher an und muss auch für ein Foto herhalten. Ich sitz mit meinem Finisherbier im Ziel und kann es nicht fassen, dass ausgerechnet ich wieder das Glück hatte durchzukommen. Die Probleme mit dem Rücken waren ein deutlicher Warnschuß. Das Durchkommen ist ein besonderes Geschenk, nicht selbstverständlich, genieße es! Für mich ist der Chiemgauer der Lauf! Ein Heimspiel, getragen von unzähligen Helfern die uns Läufer hüten wie den eigenen Augapfel und ich freu mich schon im Vorfeld immer die bekannten Gesichter wieder zu sehen. Ihr seid die Seele des Chiemgauer 100! Danke!