Mein Auslandsaufenthalt in Argentinien

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Mein Auslandsaufenthalt in Argentinien
Mein Auslandsaufenthalt in Argentinien
Studiengang:
Angewandte Sozialwissenschaften
FH Dortmund
Bevor es los ging
Im November 2007 habe ich mich dazu entschlossen ein Auslandssemester zu absolvieren.
Zunächst habe ich mich bei verschiedenen Organisationen, die Auslandsaufenthalte anbieten,
über meine Möglichkeiten erkundigt und die jeweiligen Preise miteinander verglichen.
Letztendlich habe ich mich für die Organisation Pasantias entschieden, welche ihren Sitz in
Córdoba hat. Pasantias hat eine eigene Sprachenschule und vermittelt eine Unterkunft; je nach
Wunsch entweder in einem der beiden Freiwilligenhäuser oder in einer Gastfamilie.
Außerdem hilft die Organisation bei der Suche nach einer Praktikumsstelle. Mit der
Kooperation mit Pasantias war ich vollkommen zufrieden.
Da ein Auslandsaufenthalt einiges kostet, bietet es sich an, sich um ein Stipendium zu
bewerben. Außerdem ist es wichtig sich rechzeitig um ein Visum zu kümmern. Zum Βeispiel
fordert die Universität in Córdoba, um dort studieren zu können, die Vorlage eines
Arbeitsvisums.
Empfehlenswert für den Aufenthalt in Argentinien ist die Eröffnung eines Kontos bei der
Citibank. Denn die Citibank ist eine der wenigen deutschen Banken, die es in Argentinien gibt.
Somit fallen beim Geld abheben keine Gebühren an. Außerdem sollte man für den Fall, dass
die EC-Karte auf Grund von Beschädigung nicht funktioniert unbedingt eine Kontovollmacht
bei seinen Eltern hinterlassen.
Nicht zu vergessen ist die Überprüfung des Impfschutzes. Wer zu den Iguazu Wasserfällen
reisen möchte, sollte eine Gelbfieberimpfung in Betracht ziehen.
Der Flug und erste Eindrücke von Argentinien/ Córdoba
Bevor ich meine Reise nach Argentinien antrat, hatte ich viel über das Land, die Kultur, die
Geschichte und die Menschen gelesen. Jedoch ist es nicht leicht, sich aus der Ferne ein Bild
zu machen. Aus diesem Grund war ich umso gespannter auf meine ersten realen Eindrücke.
Am 26. Februar bin ich von Düsseldorf mit der Fluggesellschaft Iberia abgeflogen. Für den
Flug habe ich 1079,00 EUR bezahlt. Da es mein erster Langstreckenflug war, war ich
ziemlich aufgeregt. In Madrid musste ich umsteigen. Madrids Flughafen ist riesig und somit
war ich froh, dass ich ein deutsches Ehepaar, das seinen Sohn in Santiago de Chile besuchen
wollte, schon bei meinem ersten Flug kennen lernte. Ein weiteres Mal musste ich in Santiago
de Chile umsteigen. Santiago de Chile hat einen kleinen und sehr übersichtlichen Flughafen.
Daher verlief das Umsteigen auch hier problemlos. Während ich auf das Boarding wartete,
habe ich drei deutsche Studenten kennen gelernt, die in Córdoba ein Auslandssemester
absolvieren wollten. Zu ihnen hatte ich auch während meines Córdoba Aufenthaltes Kontakt.
Nach zwei weiteren Stunden Flug bin ich endlich in Cordoba angekommen.
Kai Peter, der Chef der Organisation Pasantias, die ich für meinen Argentinien Aufenthalt
ausgewählt hatte, holte mich vom Flughafen ab. In Argentinien war zu diesem Zeitpunkt
Spätsommer und ich habe mich wahnsinnig über die Temperatur von 30° C gefreut.
Nachdem ich in der Sprachenschule eingecheckt hatte (Schlüsselpfand für die Unterkunft
usw.) wurde ich von Sara, einer Angestellten von Pasantias zu meiner Unterkunft, dem so
genannten Castillito (Schlösschen) begleitet.
Blick auf die Anden
Die Unterkunft
Sowohl die Sprachenschule als auch das Freiwilligenhaus befinden sich in Alta Córdoba. Alta
Córdoba ist ein relativ sicheres Viertel Córdobas, das ungefähr 30 min. Fußweg vom Zentrum
entfernt ist. Meine Unterkunft gefiel mir auf Anhieb. Alle Zimmer waren sehr geräumig und
gemütlich eingerichtet. Wie alle argentinischen Häuser hatte das Castillito auch einen Patio
(Hinterhof) mit einem großen aus Stein gemauerten Asado-Grill. Der darf natürlich im Land
des leckersten Fleisches nicht fehlen.
Was mich sehr enttäuscht hat war, dass sich das internationale WG-Leben im Castillito, so
wie es Pasantias verspricht, nur auf Deutsche, Österreicher und Schweizer bezieht. Denn eines
meiner Hauptanliegen war, mein spanisch oder auch englisch zu verbessern. Das ist natürlich
schwierig, wenn man nur mit deutschsprachigen jungen Leuten zusammen wohnt.
Das Castillito
Die Stadt Córdoba
In den ersten Tagen habe ich mit den anderen Neuankömmlingen Córdoba erkundet.
Die wie die Hauptstadt gleichnamige Provinz Córdoba ist das so genannte geografische Herz
Argentiniens. Die Einwohner werden cordobeses genannt. Die Hauptstadt hat 1.300.000
Einwohner. Besonders zeichnet sich Cordoba durch seine Kolonialarchitektur aus, denn es ist
die besterhaltenste Argentiniens.
In der Stadt gibt es sieben Universitäten und ungefähr 80.000 Studenten. Aus diesem Grund
verfügt Córdoba über ein großes Kultur- und Freizeitangebot. Kurz um: In Córdoba gibt es
eine Menge zu entdecken und zu erleben, so dass es nicht langweilig werden kann. Ich habe
mich während meines ganzen Aufenthalts dort total wohl gefühlt. Allerdings sollte man
wissen, dass die Stadt sehr laut ist. Wer also kein Großstadtfreund ist, sollte vielleicht nicht
unbedingt Córdoba für seinen Auslandaufenthalt wählen.
Im Umkreis liegen eine Vielzahl schöner Orte, die man bequem vom kleinen Busterminal aus
erreichen kann. Von Horsebackriding bis hin zu Paragliding kann man viele tolle Ausflüge
machen.
Paragliding in La Cumbre
Córdoba liegt im Zentrum Argentiniens. Man kann von dort aus fast alle wichtigen und
schönen Orte des Landes erreichen. Die Überlandbusse sind sehr komfortabel. Man kann
zwischen „Semi Cama“ (Halbes Bett) und „Cama“ (Liegeposition fast 180 Grad) wählen. Das
macht auch lange Strecken, wie zum Beispiel 26 Stunden Reisezeit nach Iguazu, ertragbar.
Verlängerte Wochenenden sollte man also auf jeden Fall zum Reisen nutzen. Besonders schön
ist auch der Süden des Landes. Zum Beispiel nach Pto. Madryn wo man Pinguine sehen kann.
Geld
In Punkto Geld sieht es für Europäer in Südamerika sehr gut aus. In Argentinien wird mit
argentinischen Pesos bezahlt. Der Umrechnungskurs zum Euro liegt ca. bei 1 EUR : 1,47
Pesos. Viele Preise in Pesos sind nahezu die gleichen wie in Euro. Das heißt man kann dort
um einiges günstiger leben als in Deutschland. Es empfiehlt sich keine Doller umzutauschen,
da der Pesos im ganzen Land als Zahlungsmittel anerkannt wird.
Auf jeden Fall sollte man niemals zu viel Bargeld bei sich haben, denn wie in allen
Großstädten gibt es auch dort Taschendiebe.
Der Sprachkurs
Anfang März hat der Sprachkurs begonnen. Insgesamt haben mit mir elf weitere Deutsche
ihren Argentinien Aufenthalt begonnen. Zunächst fand ein Einstufungstest statt. Wir sollten,
wenn wir bereits Spanischkenntnisse hatten, leichte Fragen beantworten. Insgesamt wurden
drei Kurse eingerichtet: Grundkurs mit sechs Personen, Mittelstufe mit zwei Personen und ein
Fortgeschrittenenkurs mit vier Personen. Ich wurde in die Mittelstufe mit Kevin, einem
Schweizer eingeteilt. Da ich der Meinung bin, dass der Unterricht intensiver und effektiver ist
mit einer kleinen Gruppengröße, war ich mit der Einteilung sehr zufrieden. Von 13 Uhr bis 17
Uhr hatten wir von montags bis freitags Sprachkurs (einschließlich einer halben Stunde
Pause).
Kevin und ich hatten bei einer Studentin namens Erica Unterricht. Der Sprachkurs war meiner
Meinung nach gut strukturiert. Besonderen Wert legte Erica auf Kommunikation. Aus diesem
Grund und durch die kleine Gruppengröße konnten wir das Sprechen sehr gut üben. Jedoch
hatte ich erst im Laufe meines Aufenthalts das Gefühl, dass sich mein Spanisch festigt.
Sicherlich hatte ich dadurch, dass ich vor 7 Jahren bereits für zwei Jahre Spanisch in der
Schule gelernt habe, einige Grundkenntnisse, die mir den Einstieg erleichterten. Jedoch stellte
sich schnell heraus, dass zwischen dem argentinischen Castellano und dem spanisch in
Spanien große Unterschiede liegen. Diese zeigen sich vor allem in der Aussprache. Darüber
hinaus gibt es im Castellano auch Wörter, die im spanischen Vokabular nicht verwendet
werden bzw. umgekehrt. Außerdem sprechen die Córdobesen sehr schnell und haben einen
ausgeprägten Akzent, was mir zu anfangs einige Verständigungsprobleme bereitete.
Letztendlich übt sich eine Fremdsprache nur durch ihren Gebrauch. Da ich nur mit Deutschen
zusammen gewohnt habe, habe ich mich von Beginn an bemüht Argentinier kennen zu lernen,
um ihre Sprache zu üben und ihre Kultur kennen zu lernen. Da die Argentinier sehr neugierig
sind und man überall angesprochen wird (woher man kommt usw.), fiel dieses Vorhaben
nicht schwer. Nach einigen Wochen hatte ich argentinische Freunde gefunden und je mehr
Zeit ich mit ihnen verbrachte, umso leichter fiel es mir spanisch zu plaudern.
Die Sprachenschule
Mein Praktikum im Kinderkrankenhaus in Córdoba
Im April habe ich mein Praktikum im Hospital de Niños in Córdoba begonnen. Derzeit
arbeitet eine Gruppe von rund 100 Voluntarios (freiwilligen Helfern) in diesem Krankenhaus.
Die Organisation nennt sich CUERPO DE VOLUNTARIOS DEL HOSPITAL DE NIÑOS
DE CÓRDOBA; welche im Jahre 1965 von Prof. Dr. Romis A. Raiden gegründet wurde.
Von montags bis freitags kümmern sich 8-10 Voluntarios um die Kinder. Die freiwilligen
Helfer kommen nachmittags, da vormittags die Untersuchungen stattfinden.
Die Organisation hat einen eigenen Flur, zu dem Ärzte und Krankenschwestern keinen Zutritt
haben. Auf diesem Flur befindet sich ein großes Spielzimmer, ein Kino, das für ungefähr 80
Personen Platz bietet, eine Küche, ein Gruppenraum und ein Bürozimmer.
Zu meinem Vorstellungsgespräch wurde ich von Sara Wainzinger, die bei Pasantias angestellt
ist, begleitet. Das Vorstellungsgespräch wurde von einer Mitarbeiterin der Organisation
durchgeführt. Ich sollte nur meinen Namen nennen und wurde gefragt wie lange ich schon in
Argentinien bin. Im Anschluss daran bekam ich eine Führung durch den Flur der Organisation.
Da das Vorstellungsgespräch für mein Empfinden überraschend kurz war, fiel es mir schwer
einen ersten Eindruck zu gewinnen. Vielmehr war ich gespannt darauf, ob meine Spanisch
Kenntnisse ausreichen würden, um in dem Praktikum gut zu Recht zu kommen. Denn im
Vorstellungsgespräch stellte ich fest, dass die Mitarbeiterin sehr schnell und mit einem
starken córdobesischen Akzent sprach, so dass ich einige Male Sara bitten musste als
Übersetzerin zu intervenieren. Bevor ich mein Praktikum begann, musste ich noch einen
Guadarpolvlo (so nennt sich die Arbeitskleidung für Lehrer und Krankenschwestern in
Argentinien) kaufen, damit mich die Kinder als Voluntario erkennen können. Mein
Guardapolvo war rot weiß kariert mit einem breiten roten Kragen. Obwohl ich mir zu anfangs
etwas verkleidet vorkam, fand ich es später lustig ihn zu tragen.
In der darauf folgenden Woche habe ich mein Praktikum begonnen. Alle begrüßten mich mit
überschwänglicher Herzlichkeit. Sie zeigten großes Interesse und ich wurde mit Fragen wie
“Woher kommst du? Seid wann bist du hier? Studierst du in Deutschland? usw.“ gelöchert.
Anschließend wurde ich mit einer anderen Freiwilligen, namens Anna, für den Flur 400
eingeteilt. Anna ist 26 Jahre alt und arbeitet bereits seit 2 Jahren bei den Voluntarios.
Eigentlich studiert sie Geschichte an der öffentlichen Universität in Córdoba. Nachdem sie
mir kurz geschildert hatte, was die Aufgabe derVoluntarios ist, wurde ich direkt ins „kalte
Wasser“ geworfen. Anna zeigte mir den Schrank in dem sich die Spiele befanden und sagte
mir ich sollte in das Zimmer Nr. 412 gehen und mich mit dem Mädchen beschäftigen. Ich
muss zugeben, dass ich mich in dem Moment etwas hilflos fühlte, aber ich nahm mir vor mein
Bestes zu geben. Ein wenig aufgeregt ging ich in das Zimmer Nr. 412 und stellte mich dem
kleinen Mädchen und seiner Familie vor. Das Mädchen machte auf mich einen schüchternen
Eindruck und wollte zunächst nichts spielen. Alle Fragen, die ich dem Mädchen stellte,
mussten die Eltern noch einmal wiederholen, damit das Mädchen eine Antwort gab.
Die Eltern waren an meiner Person sehr interessiert. Sie erzählten vom Leben in Argentinien
und ich berichtete vom Leben in Deutschland. Es war sehr spannend sowohl Unterschiede, als
auch Gemeinsamkeiten zweier Länder zu entdecken. Die Eltern waren sehr herzlich und
gastfreundlich. Sie gaben mir etwas zu trinken und schenkten mir einen Alfajores (eine Art
Keks mit Karamellfüllung). Im Laufe des Nachmittags baute das Mädchen Vertrauen zu mir
auf. Sie begann mit mir zu sprechen. Da sie sehr leise sprach, hatte ich zunächst
Schwierigkeiten sie zu verstehen. Je mehr sie mit mir sprach, umso lauter begann sie zu
sprechen und stellte mir viele Fragen. Außerdem bat sie mich etwas mit mir zu spielen. Später
kamen die Tante und zwei Cousinen hinzu. Mit den drei Kindern habe ich gemalt und
gebastelt.
Jeden Tag um 18 Uhr treffen sich die Voluntarios in ihrer Küche um gemeinsam Tee bzw.
Kaffee und Kekse zu essen. Alle wollten wissen, ob mir die Arbeit gefiele. Als ich ihre Frage
bejahte waren sie sehr erfreut. Nach 20 Minuten sind wir nochmals auf den Flur 400
gegangen. Ausgeteilte Spiele mussten eingesammelt werden. Um 20 Uhr endete mein erster
Arbeitstag. Die Chefin war sehr überrascht, als ich mich mit den Worten bis morgen
verabschiedete, da sie davon ausging, dass ich nur an zwei Tagen in der Woche kommen
würde. Sie sagte, dass meine Organisation, dass so gesagt habe. Nachdem ich ihr erklärt hatte,
dass es sich um ein Missverständnis handeln müsse, war sie damit einverstanden, dass ich von
montags bis freitags zum Praktikum komme.
Nach meinem ersten Arbeitstag hatte ich ein gutes Gefühl. Meine Kolleginnen waren sehr
freundlich und nahmen mich herzlich auf. Obwohl ich noch nicht alles auf Castellano
verstehen konnte, gelang es mir Unterhaltungen zu führen und mich mit den Kindern zu
beschäftigen.
In meiner ersten Praktikumswoche wechselte ich täglich den Flur um alle Stationen kennen zu
lernen. Ich habe immer mit einer anderen Freiwilligen auf einem Flur zusammengearbeitet,
damit ich bei Fragen einen Ansprechpartner zur Verfügung hatte. Ab dem zweiten Tag habe
ich mich bemüht, möglichst alle Kinder in allen Zimmern des Flures zu besuchen und Spiele
auszuteilen. Wenn jedes Kind beschäftigt war, habe ich eines gefragt, ob es mit mir
gemeinsam etwas spielen möchte.
Außerdem gehört zu den Aufgaben der Voluntarios sich um die Eltern zu kümmern. Das
Hospital de Ninos ist ein öffentliches Krankenhaus, welches einen sehr guten Ruf hat. Jedes
Kind hat ein Recht darauf hier behandelt zu werden. Viele Familien, die ich im Laufe der Zeit
kennen lernte, kamen aus armen Verhältnissen. Die Voluntarios verteilen aus diesem Grund
Windeln, Kinder- oder Babykleidung, Yerba Tee und Zucker an die Eltern. Ich habe
festgestellt, dass die Eltern sehr dankbar für diese Zuwendung sind.
Viele der Eltern sind in einer besonders schwierigen Situation. Einige Mütter verbrachten seit
Wochen oder Monaten die Tage bei ihren Kindern im Krankenhaus. Nachts schliefen sie auf
Plastikstühlen
neben
den
Betten
ihrer
Kinder.
Die
dauerhafte
Sorge
um
den
Gesundheitszustand ihrer Kinder, aber auch die fehlende körperliche Erholung zeichnete sich
in ihren Gesichtern ab. Für sie ist die Zuwendung der Voluntarios von besonderer Bedeutung.
Zu anfangs fiel es mir schwer die richtigen Worte zu finden. Schon auf Deutsch ist es
schwierig Mitgefühl auf behutsame Art und Weise zum Ausdruck zu bringen. Doch wie sollte
das dann auf Castellano funktionieren? Im Laufe der Zeit stellte ich fest, dass es am
wichtigsten ist authentisch zu bleiben. Ich habe vielen Eltern gesagt, dass es mir schwer fällt
die richtigen Worte zu finden, aber dass ich ihnen von ganzem Herzen alles Gute wünsche.
Manchmal war auch ein aufmunterndes Lächeln mehr Wert als tausend Worte.
Nach zwei Wochen bat ich meine Chefin darum, dass ich Alicia auf die Station für Onkologie,
begleiten dürfte. Sie willigte ein. Auf dem Weg zur Station erzählte mir Alicia, dass sie seit
15 Jahren zu den Voluntarios gehört.
Auf der Onkologie ist es Pflicht beim Betreten fast aller Räume einen Mundschutz zu tragen,
da die Kinder vor Bakterien geschützt werden müssen. Meine Arbeit auf dieser Station war
voller neuer Erfahrungen. Ich hatte sehr viel Respekt vor den Voluntarios, aber auch vor den
Ärzten und Krankenschwestern, die täglich mit dem Leid auf dieser Station konfrontiert
werden. Alicia sagte mir, dass die Freiwilligenarbeit auf dieser Station eine ganz besondere
sei. Viele Kinder sind schon seit Monaten oder Jahren erkrankt. Nicht selten kommt es vor,
dass ein Patient stirbt. Daher spielt auf der Onkologie der sensible Umgang mit den Familien
die größte Rolle. Mir fiel auf, dass sich in den Gesichtern der Eltern oftmals die Sorgen um
ihre Kleinen abzeichneten. Während meiner ersten Arbeitstage auf der Station habe ich
vermehrt den Umgang der anderen Voluntarios mit den Familien beobachtet. Auch mir fiel es
nicht leicht die kranken Kinder und ihre besorgten Eltern zu sehen. Einige Male bin ich nach
Hause gefahren und hatte Schwierigkeiten die Bilder meines Arbeitstages loszulassen. Die
Trennung zwischen Beruf und Privatleben ist in der Profession des Sozialarbeiters
erforderlich. Daher war es ein großer Lerneffekt für mich, mir bewusst zu machen, dass ich
den Familien durch meine Arbeit ein wenig helfen konnte und dass es gleichzeitig genauso
wichtig ist, nach einem Praktikumstag die Arbeit hinter sich zu lassen.
Zu besonderen Tagen, wie zum Beispiel dem Tag des Kindes oder dem Tag des Tieres,
gestalteten die Voluntarios stets ein spezielles Programm. Zum Tag des Tieres fand ein
Malwettbewerb statt. Außerdem wurden Tierfilme im Kino der Voluntarios gezeigt. Am Tag
des Kindes haben wir Tierkostüme (Winniepooh, Pluto, Hello Kitty, einen Esel, Tabaluga
usw.) bei einem Kostümverleih entliehen. Bunt kostümiert haben wir alle Kinder im
Krankenhaus besucht und ihnen ein Lächeln ins Gesicht gezaubert. Am 43. Geburtstag des
Cuerpo de los Voluntarios wurden Kakao und süße Plätzchen für alle Familien verteilt.
Hierzu wurden alle Voluntarios gebeten Kakao und Plätzchen oder einen Kuchen
mitzubringen. Alle Kinder bekamen ein Geschenk.
Auch zu Feiertagen, wie dem Tag der Flagge oder dem Vatertag wurden spezielle
Bastelprojekte angeboten.
In meiner letzten Praktikumswoche habe ich eine Mutter kennen gelernt, die Sozialarbeiterin
ist. Sie arbeitet beim Ministerium für Soziales in Córdoba. Mit ihr habe ich über die
Profession des Sozialarbeiters gesprochen. Sie war sehr überrascht, dass es den Studiengang
„Soziale Arbeit“ auch in Deutschland gibt und wollte wissen, ob wir denn überhaupt soziale
Probleme haben, da Deutschland schließlich ein erste Welt Land sei. Sie reagierte noch
erstaunter, als ich ihr die verschiedenen Arbeitsfelder eines Sozialarbeiters in Deutschland
vorstellte. Wir haben beide festgestellt, dass es viele Parallelen und identische Arbeitsfelder
zwischen der Sozialen Arbeit Deutschlands und Argentiniens gibt. Darüber hinaus berichtete
mir die Mutter von verschiedenen neuen Projekten des Ministeriums für Soziales in Córdoba.
Sie sagte, dass es für mich jederzeit möglich wäre, ein Praktikum dort zu machen. Ich war ein
wenig traurig, dass ich ihr Angebot nicht annehmen konnte, da ich bereits einige Tage später
Córdoba verlassen habe.
Der Cuerpo de Voluntarios ist auf Spenden angewiesen. Viele Familien spenden Kleidung,
Plüschtiere oder Spielzeuge. Während meiner Praktikumszeit erhielt die Organisation eine
große Spende bestehend aus Lebensmitteln und Windeln von dem Fußballverein Talleres aus
Córdoba. Für jede Familie haben wir eine Lebensmitteltüte gepackt und im Krankenhaus
verteilt.
Außerdem finden häufiger Veranstaltungen statt, deren Erlös der Einrichtung zu Gute kommt.
Im Mai fand im Theater in Córdoba eine Tangoshow statt. Ein Großteil des Eintrittsgeldes
erhielt der Cuerpo de los Voluntarios.
Insgesamt war das Praktikum im Kinderkrankenhaus Córdoba eine große Bereicherung für
mich. Es hat mir viel Freude bereitet mich mit den Kindern zu beschäftigen und mit den
Eltern zu sprechen. Durch mein Praktikum habe ich viele verschiedene Menschen kennen
gelernt und gleichzeitig neue Eindrücke über das Land und seine Menschen sammeln können.
Ein positiver Nebeneffekt ist, dass sich durch mein Praktikum mein Spanisch deutlich
verbessert hat.
Meine Arbeitskolleginnen und ich
Beurteilung meiner Organisation Pasantias
Als ich mich dazu entschieden habe ein Semester im Ausland zu verbringen, habe ich
zunächst Angebote bei verschiedenen Organisationen eingeholt. Mir war es wichtig einen
Ansprechpartner im Ausland zu haben.
Die Organisation Pasantias hat auf mich einen seriösen Eindruck gemacht und auch das
Preisleistungsverhältnis erschien mir gerechtfertigt. Als positiv bewerte ich auch den
Abholservice vom Flughafen.
In Argentinien angekommen, wurde mir direkt das Gefühl vermittelt herzlich aufgenommen
zu sein. Sara, eine Angestellte von Pasantias, erklärte mir die wichtigsten Sachen und sagte
mir, dass ich mit allen Fragen oder Problemen zu ihr kommen könnte. Obwohl die Unterkunft
sehr schön war, fand ich es schade nur mit Deutschen, Österreichern und Schweizern
zusammen zu wohnen. Ich wollte schließlich so viel wie möglich meine Sprachkenntnisse
verbessern. Hier hätte ich es besser gefunden, wenn Pasantias mich auf meine vorherige
Nachfrage direkt darauf hingewiesen hätte, dass sich im Freiwilligenhaus während meines
Aufenthalts keine spanisch- oder englischsprachigen Teilnehmer befinden. Vermutlich hätte
ich mich dann für eine Studenten-WG mit Einheimischen entschieden.
Auch den Sprachkurs bewerte ich als positiv. Durch die verschiedenen Einstufungen
(Anfänger, Mittelstufe, Fortgeschrittene) hatten alle Teilnehmer die Möglichkeit auf der für
sie
am
besten
geeigneten
Leistungsstufe
zu
beginnen.
Für
Teilnehmer,
deren
Sprachkenntnisse sich zwischen den einzelnen Leistungsstufen befanden, bot Pasantias
Einzelunterricht an. Für mich war der Sprachkurs sehr effektiv und ich habe innerhalb eines
Monats viel lernen können.
Pasantias war immer bemüht unsere Wünsche und Vorstellungen zu realisieren und gab
Hilfestellungen und Ratschläge bei der Auswahl des Praktikums. Allerdings stellte sich die
Realisierung des Wunsches nach einem Praktikums- oder Wohnortwechsel bei einigen
Teilnehmern als schwierig heraus. Einige waren sehr unzufrieden mit ihren Praktika und so
baten sie Pasantias ein neues Praktikum zu finden. Diese Leistung kostet 50,00 EUR. Die
Teilnehmer mussten jedoch bis zu drei Wochen warten und erst nach mehrmaligen
Nachfragen wurde Pasantias aktiv.
Ich kann nicht beurteilen warum so viele Deutsche unzufrieden mit ihren Praktika waren, da
ich die Einrichtungen nicht persönlich kennen gelernt habe. Oftmals kommt es auch auf einen
selber an, was man aus dem Auslandsaufenthalt/Praktikum macht. Sicherlich sind einige an
mangelnden Sprachkenntnissen gescheitert.
Insgesamt bewerte ich die Organisation Pasantias positiv. Sowohl mit dem Sprachkurs, als
auch mit meinem Praktikum war ich zufrieden. Für mich war es sehr wichtig, da es sich um
meinen ersten Auslandsaufenthalt handelte, einen Ansprechpartner vor Ort zu haben. Diesen
habe ich in Pasantias gefunden.
Ich habe mir später eine private Spanischlehrerin gesucht, in der ich außerdem eine gute
Freundin gefunden habe. Wenn ich noch einen weiteren Auslandsaufenthalt planen würde,
würde ich mir selber ein Praktikum und eine Unterkunft vor Ort suchen. Denn nun spreche
ich ausreichend Spanisch und habe durch mein Auslandssemester an Erfahrungen und
Selbstsicherheit dazu gewonnen.
Meine Reise durch Argentinien
In Argentinien habe ich die Zeit nicht nur genutzt um die Soziale Arbeit kennen zu lernen,
sondern auch das Land seine Kultur und die Einwohner kennen zu lernen. Aus diesem Grund
habe ich die letzten Wochen meines Argentinien Aufenthaltes zum Reisen genutzt. Zunächst
bin ich mit einer anderen Deutschen, die ebenfalls an meinem Austausch Programm teilnahm
nach Bolivien gereist. Dort haben wir Potosí, die höchstgelegene Stadt der Welt besucht.
Der Weg führte uns weiter nach La Paz.
Ausblick auf La Paz
Von dort aus kann man viele Ausflüge machen. Zum Beispiel nach Tiahuanaco:
Statue in Tiahuanaco
Anschließend haben wir einige Tage in Copacabana am Titicacasee verbracht. Der Anblick
des saphirblauen Titicacasees ist unbeschreiblich schön. Besonders gut gefallen hat mir der
Ausflug vom kleinen Hafen Copacabanas zur Isla del Sol (Sonneninsel). Wir haben eine
geführte Wanderung gemacht, um etwas über die Kultur und Geschichte der Inca zu erfahren.
Von der Insel aus hat man einen traumhaften Ausblick auf den See. Im Hintergrund konnten
wir schneebedeckte Berge entdecken.
Ausblick auf den Titicacasee von der Isla del Sol
Auch in Puno in Peru haben wir zwei Tage verbracht. Es war ein Erlebnis das Endspiel der
Fußball-EM Deutschland gegen Spanien in einer peruanischen Rockkneipe zu sehen.
Danach sind wir zurück nach Buenos Aires geflogen. Dort habe ich mich mit einer Freundin
aus Deutschland getroffen. Buenos Aires ist eine total aufregende Stadt und es gibt eine
Menge toller Dinge zu entdecken. Da wir nur einige Tage Zeit hatten, haben wir uns auf die
wichtigsten Sehenswürdigkeiten und Aktivitäten beschränkt. Aber ich bin sicher, dass ich bei
meiner nächsten Argentinien Reise noch mal einige Zeit dort verbringen werde.
Der Obelisk in Buenos Aires
B
Bunte Häuser in La Boca
Unbeschreiblich sind auch die Iguazú Wasserfälle. Diese liegen am Dreiländereck
Argentinien-Brasilien-Paraguay. Am ersten Tag haben wir die Wasserfälle von der
brasilianischen Seite aus besichtigt. Von hier aus hat man einen wundervollen Panoramablick
auf die kompletten Wasserfälle. Auf der argentinischen Seite hat der Besuch die Möglichkeit
bis auf einige Meter an die Wasserfälle heranzutreten. Mit dem Speedboot einmal darunter
fahren ist eine unvergessliche Dusche.
Ausblick auf die Iguazu Wasserfälle
Weiter ging unsere Reise mit einem kleinen Zwischenstopp nach Salta. Die Stadt liegt im
Süden von Argentinien. Die Atmosphäre ist sehr gemütlich und es gibt viele wunderschöne
Bauwerke zu besichtigen. Darüber hinaus kann man von Salta aus viele Ausflüge machen.
Kirche in Salta
Der Parque Nacional de los Cardones liegt ebenfalls in der Nähe von Salta. Er verdankt
seinen Namen den unzähligen meterhohen Kakteen.
Anschließend waren wir in Humahuaca ein traumhafter kleiner Ort, in dem die schneeweissen
Häuser im Kontrast zu dem tiefblauen wolkenfreien Himmel, fast schon etwas märchenhaftes
hatten.
Nach zwei Tagen ging es weiter nach Purmamarca, das für seinen sieben Farben Berg
berühmt ist.
Sieben Farben Berg
Außerdem haben wir von dort aus einen Ausflug zu den Salinas Grandes, einem Salzsee
gemacht.
Salinas Grandes
In Catamarca haben wir das Poncho Festival besucht.
Poncho Festival
In besonderer Erinnerung bleiben mir die Ausflüge zum Parque Nacional Talampaya, den
man bequem von dem Dorf Pagancillo erreichen kann. Die Natur des Parkes ist umwerfend
und extrem vielseitig. Kaum zu glauben was es in Argentinien alles zu entdecken gibt.
Der Parque Nacional Talampaya
Die letzte Station war Córdoba, meine alte „Heimat“. Hier musste ich mich von allen lieb
gewonnenen Menschen verabschieden, was mir alles andere als leicht fiel. Aber ich bin sicher,
dass ich eines Tages hierher zurückkehren werde.
Córdoba Zentrum
Die fünf Monate, die ich in Argentinien verbringen durfte, waren die beeindruckendsten und
prägendsten meines Lebens. Ich bin sehr froh, dass ich mich vergangenen Herbst dazu
entschieden habe ins Ausland zu gehen. Jetzt, wieder zurück in Deutschland, blicke ich
zurück auf eine wunderschöne Zeit in der ich ein Land und seine Bewohner kennen lernen
durfte. Ich bin eingetaucht in eine ganz andere Kultur, habe viele neue Freunde gefunden und
weiß nun wie das beste Steak der Welt schmeckt. Fast alle Argentinier, die ich kennen lernte
waren offen, hilfsbereit und unwahrscheinlich freundlich. Es ist ein traumhaftes Land und
eines Tages werde ich zurückkehren.
Ich kann nur jedem der die Möglichkeit für einen längeren Zeitraum ins Ausland zu gehen hat,
diese auch zu nutzen. Ich denke, dass es weniger wichtig ist, in welchem Land dieser Welt
man seinen Aufenthalt verbringt, denn überall kann und wird man neue spannende
Erfahrungen sammeln an die man sich sein Leben lang erinnern wird.