Der Stoppelmarkt ist Manfred Meyers Revier

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Der Stoppelmarkt ist Manfred Meyers Revier
18 FREITAG, 12.AUGUST 2011
STOPPELMARKT
OLDENBURGISCHE VOLKSZEITUNG
Bartels würdigt
Verdienste des
Marktmeister zum letzten Mal für den Aufbau zuständig / Als Kind Groschen gesammelt und bei Aufbau geholfen Marktmeisters
Der Stoppelmarkt ist Manfred Meyers Revier
Manfred Meyer ist der
Meister des Stoppelmarkts.
Bei Vechtas Marktmeister
laufen die Fäden zusammen
– allerdings zum letzten
Mal. Im Frühjahr 2012 geht
er in den Ruhestand.
Von Damian Ryschka
Von Volker Kläne
Stoppelmarkt – Als Kind hatte Manfred Meyer von seinem
Zimmer aus einen exklusiven
Blick auf den Stoppelmarkt.
Zwischen seinem Elternhaus am
Lattweg und der Westerheide
war nichts. Keine Vogelsiedlung,
kein Schulzentrum Nord, kein
Hallenwellenbad, keine Tennishalle: Das alles gab es noch nicht.
So konnte Meyer durch das Fenster nachts die Lichterspiele auf
der Westerheide bewundern.
„Ein Großteil meines Lebens
war vom Stoppelmarkt bestimmt“, sagt der 61-Jährige
heute kurz vor seiner Pensionierung. Als Marktmeister lenkt
und leitet er seit 32 Jahren den
Aufbau des Stoppelmarktes, in
den ersten zehn Jahren zusammen mit Max Meurer, danach
als alleiniger Marktmeister. Am
31. März geht er in den Ruhestand und übergibt sein Amt an
Jens Siemer aus Calveslage.
Manfred Meyer kennt jeden
Quadratzentimeter auf der Westerheide. „Ich bin hier groß geworden“, erzählt er. „Meine Brüder und ich waren fast jeden Tag
hier, auch wenn kein Stoppelmarkt war. Das war unser Revier.“ In der Volksschule machte
Meyer seine ersten Erfahrungen
mit Schaustellern. Zur Stoppelmarktszeit wurden die Kinder
der Schausteller an der Overbergschule unterrichtet, wo auch
Meyer die Schulbank drückte.
„Wenn die kamen, war Stimmung in der Bude. Es gab auch
die eine oder andere Rauferei.
Da hatten wir natürlich keine
Chance, weil die viel stärker waren.“ Damals lernte Meyer Weggefährten kennen, denen er bis
heute auf dem Stoppelmarkt begegnet. Dazu gehört die Vechtaer Schaustellerfamilie Meyer mit
„Ich bin hier groß geworden“, sagt Manfred Meyer über den Stoppelmarkt. Dem Marktmeister sind große Fahrgeschäfte wie
die Wildwasserbahn sehr wichtig. 50 Prozent der Geschäfte werden Jahr für Jahr ausgewechselt.
Jürgen, Heinzi, Molle und Gustav. Aber auch einige auswärtige
Karussellbetreiber.
Manfred Meyer war im Alter
von 29 Jahren erstmals mit für
den Aufbau verantwortlich. „Der
Stoppelmarkt war nicht total anders als heute. Wir hatten auch
schon 20 Großfahrgeschäfte.“
Aber er habe sich damals vorgenommen, eine richtige Großachterbahn an die Westerheide
zu holen. Was auch gelang. 1998
und 2001 stand der 5er-Looping
der Schaustellerfirma Barth auf
dem Stoppelmarkt. „Dafür
mussten wir auch einmal eine
Straße dicht machen“, erzählt
Meyer. Zweimal wurde der kleinere 3er-Looping aufgebaut.
Um solche Achterbahnen
aufstellen zu können, hat die
Stadt in Meyers Amtszeit fast auf
der ganzen Fläche den Untergrund verfestigt – unter anderem mit Schotter. Immerhin
wiegt ein Koloss wie der 5erLooping 750 Tonnen.
Auch die Autoskooter brin- mals mit nach Hause. „Wir hagen einiges an Gewicht mit. ben dann Schimpfe gekriegt, was
„Früher haben wir beim Auto- wir alles anschleppen.“
skooter jede Platte einzeln mit
Im Verlauf von Meyers Amtsder Sackkarre herangeschleppt. jahren hat sich die Attraktivität
Heute klappt man die auf und der Zelte verbessert. „Das ist
die Platten liegen schon da“, sagt auch ein Verdienst des MarktMeyer.
Als
ausschusses“,
Schüler
half
sagt
der
„Die Innenausstattung
Meyer
den
Marktmeister.
und äußere Erscheinung
Schaustellern
„Die Innenoft beim Auf- der Zelte sind hier top“ ausstattung ist
bau. Dafür gab
besser gewores kein Geld aber Freikarten. den, auch die äußere Erschei„Von der Menge her nicht das, nung mit den schönen Giebeln
was uns versprochen wurde, und der Beleuchtung. Die Zelte
aber es blieb etwas übrig.“ Nach sind hier top.“ Den Vergleich
dem Stoppelmarkt besserten sieht er bei anderen Volksfesten,
Meyer und seine Brüder ihr Ta- die Meyer im Laufe der Jahre beschengeld auf. „Es ist immer viel sucht hat. Spionage nennt er das.
liegen geblieben. Die Groschen „Man muss sich ein bisschen
sind durch die Roste und Zelt- umsehen, was die anderen maböden gefallen. Wenn die wegge- chen.“ Zwischen Hamburg und
nommen wurden, musste man München habe er jedes große
auf Zack sein. Da sind ein paar deutsche Volksfest gesehen.
Mark zusammen gekommen“, so
Meyer sorgt immer dafür,
Meyer. Auch andere Fundstücke dass 50 Prozent der Fahrgeschäfwie Werbeschilder nahm er da- te Jahr für Jahr ausgetauscht
Foto: Kläne
werden. „Damit der Besucher
nicht den Eindruck bekommt,
dass es immer das Gleiche ist.“
Große Achterbahnen seien nicht
leicht zu bekommen für einen
Sechs-Tage-Platz. Wegen hoher
Transportkosten lohne es sich
für die Schausteller nicht. Aber
mit der Wildwasserbahn „Auf
Manitus Spuren“ sei in diesem
Jahr ein echtes Highlight auf
dem Platz. Und zwei Neuheiten
wie „Transformer“ und „The
Game“ sind auch dabei.
Richtig Stoppelmarkt feiern
konnte Meyer in den vergangenen 32 Jahren nicht. Er hofft,
dass die alten Kumpels im
nächsten Jahr wieder mit ihm
über die Westerheide ziehen. So
wie früher. Für dieses Jahr hat
sich der verheiratete, zweifache
Vater und zweifache Großvater
vorgenommen, mit seiner zweijährigen Enkelin am Sonntag
über den Stoppelmarkt zu schlendern. Seinen Stoppelmarkt, der
ihn schon als Kind faszinierte.
Stoppelmarkt – Das dreifache
„M“ war sichtlich gerührt:
Marktmeister Manfred Meyer
hatte seinen letzten offiziellen
Auftritt bei den Schaustellern
des Stoppelmarktes. Traditionell
treffen sich die Marktbeschicker
am Mittwochabend vor dem
Stoppelmarkt zur Lagebesprechung in der Schützenhalle,
ganz im Vordergrund stand dabei die Verabschiedung Meyers.
Doch diese Lagebesprechung
fiel diesmal ganz anders aus. Für
Meyer gab es stehenden Applaus
von den Schaustellern und den
Mitgliedern des Marktausschusses. „Ich hoffe, ich bekomme in
Zukunft kein Platzverbot von
der Polizei, wenn ich zum Markt
gehen will“, so der sichtlich gerührte Marktmeister.
Lob für Meyer gab es auch
von Vechtas Bürgermeister Uwe
Bartels: Manfred Meyer habe
den Stoppelmarkt seit 20 Jahren
mitgestaltet. In den 80er Jahren
lernte er den Markt unter Führung des damaligen Marktmeisters Max Meuer kennen und habe so das Handwerkszeug zum
Marktmeister erhalten.
1987 habe Meyer dann den
ersten „kleinen Stoppelmarkt“,
bei dem sich die Stadt Vechta
nach Außen präsentiert, in Bonn
organisiert. Zum vierten Mal habe er dieses Fest in diesem Jahr
auch in Berlin gemanagt, mit
sichtlichem Erfolg.
1992 habe Meyer dann die alleinige Verantwortung für den
Stoppelmarkt übernommen, so
Bartels. „Er hat immer eine gute
Mischung aus traditionellen und
neuen Fahrgeschäften hingekriegt“, so der Bürgermeister.
„Und Manfred Meyer hat immer
gute Erfahrungen und Anregungen von seinen Kollegen mitgebracht.“ Meyer habe „hervorragendes geleistet und viel Herzblut in die Entwicklung des
Stoppelmarktes gesteckt“. Für
seine Leistungen verlieh Bartels
dem Marktmeister das Wappen
der Stadt Vechta, in Bronze gegossen.
Keine Plagiatsgefahr beim Stoppelmarkt
Freundeskreis ausVechta beteiligt sich seit drei Jahren als Sitzgruppe am Umzug
Kläne + Ryschka
weiß es.
S
echs Tage Stoppelmarkt,
Herr Ryschka. Gibt es was
Schöneres? Früher haben die
Vechtaer ja nur drei Tage lang
gefeiert, dann vier, dann fünf.
Und der Donnerstag ist erst
1988 dazugekommen. Bis zu
dem Jahr war der Donnerstag
der Heiligabend. Zunächst
durften Bier und Bratwurst
verkauft werden, um die vielen
Besucher zu versorgen. Die
Schausteller wollten dann auch
schon am Donnerstag Geld
verdienen. Also wurde der
Markt kurzerhand verlängert.
Danach haben die Leute den
Mittwoch zum Heiligabend
gemacht. Aber Sie, Herr
Ryschka, sollen ja schon seit
zwei Wochen jeden Abend zu
Schmedes trampen.
weiß es besser.
W
enn Sie mit Ihren Unterstellungen Recht haben
sollten, ich besuchte die Westerheide schon seit 14 Tagen
regelmäßig, so zeugt dies von
einer Leistung mit sehr hoher
Disziplin. Was Ihnen ja offensichtlich abgeht, und Sie Ihre
leidige Unpünktlichkeit ja gerne mal damit erklären, die Türen im Beichtstuhl hätten wieder einmal geklemmt, und Sie
hätten auf Hilfe warten müssen. Was die Dauer des Stoppelmarktes anbelangt, kann
ich Ihnen inhaltlich allerdings
recht geben, wenn Sie sich
auch präziser ausdrücken sollten: Der Donnerstag ist keine
Erfindung des Stoppelmarktes,
sondern ganz klar ein Produkt
unserer Zeitrechnung.
Von Volker Kläne
Stoppelmarkt – Sie fühlen
sich wie Umzugsteilnehmer, laufen aber nicht einen Zentimeter
mit. Schon im dritten Jahr haben ehemalige Schüler des Kolleg St. Thomas (Abitur 2004)
und ihre Freunde als Sitzgruppe
mit Motto den StoppelmarktUmzug bereichert. „Kein Plagiat,
sondern wahres Leben: Stoppelmarkt in Vechta eben“, lautete ihr
Slogan, mit dem sie sich auf die
fünfte Jahreszeit einstimmten.
Neben den Wagenbauern und
den Fußgruppen habe sich die
Sitzgruppe Langhorst in der
Mitte der Großen Straße etabliert, stellt Benjamin Kuntz im
Namen des Freundeskreises fest
und erklärt, wie es zu dieser Idee
gekommen ist: „Da das Elternhaus unseres Gruppenmitglieds
Hans-Georg Langhorst in der
Kronenstraße und damit zentral
zum Umzugsgeschehen liegt, haben wir uns jedes Jahr vor dem
Umzug bei ihm getroffen, ein
„Das wahre Leben“ ist für die Sitzgruppe Langhorst der
Vechtaer Stoppelmarkt.
erstes Bier getrunken und uns
dann zu den anderen Leuten an
die Große Straße gestellt. Irgendwann war uns dann die
Warterei im Stehen zu lang geworden und wir haben uns eine
Couch, Campingstühle sowie
ein Bierfass mit an die Straße gestellt.“ Vor zwei Jahren kam den
Foto: Kläne
Freunden die Idee, sich mit einem eigenen Thema als passive
Teilnehmer am Umzug zu beteiligen. 2009 war das Leitmotiv
„Schweinegrippe haben wir, unser Impfstoff ist ein kühles Bier“.
In krisengerechter Schutzkleidung habe man die vorbeifahrenden Umzugs- und Polizeiwa-
gen desinfiziert sowie flüssige
Impfungen ausgeteilt.
„Im vergangenen Jahr wurde
der deutschlandweit in den Medien aufgenommene Fall der
Lehrerin mit ausgeprägter Hasenphobie aufs Korn genommen“, berichtet Kuntz. Mit Hasenzähnen ausgestattet, lautete
die einprägsame Botschaft: „Wo
die Hasen feiern geh’n, Stoppelmarkt 2010“.
In diesem Jahr verarbeitete
die Sitzgruppe die Themen
„Universitätsstadt Vechta“ und
„Plagiate“. „Das war einfach naheliegend“, so Benjamin Kuntz.
„Unser Motto in diesem Jahr
lautet daher: ,Kein Plagiat, sondern wahres Leben: Stoppelmarkt in Vechta eben.’“ Zusätzlich wurden Handzettel verteilt,
auf denen Studierende auf das
Blockseminar
Stoppelmarkt
hingewiesen wurden. Denn
Selbst für die fleißigsten Studenten in der Stadt gelte dieser Tage
„ProBIERen geht über studieren“, teilt Kuntz süffisant mit.