FOCUS on Materials - Max-Planck-Institut für Intelligente Systeme
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FOCUS on Materials - Max-Planck-Institut für Intelligente Systeme
Mai 2008 A u s g ab e 6 01 08 FOCUS M A X - P LAN C K - I N S T I T U T F Ü R Forschungs-Highlights Abteilung Spatz Abteilung Dosch Abteilung Schütz S. 1 S. 3 S. 7 Namen & Nachrichten 70. Geburtstag von Prof. Rühle Preise und Ehrungen S. 2 S. 4 Stuttgart Center for Electron Microscopy (StEM) „Sesam ...” S. 6 Aktuell Flüssiges Helium Beschäftigte begeistern BOGYs 2007/08: Titelverdächtig S. 3 S. 4 S. 8 Universitätskontakte Studiengang Materials Science S. 8 Termine S. 5 on Materials M E TALL F O R S C H U N G S T U TT G A R T Biomimetische Entspiegelungsschichten Liebe Leserinnen Lichtreflexion an Grenzflächen mindert die Effizienz optischer Bauteile. So beträgt der Verlust des einfallenden Lichts an einer einzigen Luft-Glas Grenzfläche ca. 4 Prozent aufgrund der sprunghaften Änderung der Brechungsindizes beider Medien. In Linsensystemen moderner Lithographie- und Mikroskopieverfahren addieren sich diese Verluste auf und führen zu einer erheblichen Beeinträchtigung der Leistungsfähigkeit. Die Lösung für dieses Problem hat die Natur: Die Facettenaugen von Motten sind mit einem periodischen Muster an Ausstülpungen überzogen, deren Größe unterhalb deren Wellenlänge von Licht liegt. Die Struktur erzeugt im Profil einen kontinuier- und Leser, mit dem diesjährigen Paul-Peter Ewald Kolloquium feiert das Institut Professor Manfred Rühles siebzigsten Geburtstag. Seine Emeritierung vor drei Jahren hat nicht den Schlusspunkt seiner außergewöhnlichen Wissenschaftlerkarriere bedeutet, sondern den Beginn eines neuen, weiterhin stark von der Wissenschaft geprägten, Lebensabschnittes. Mehr dazu lesen Sie auf Seite zwei. EDITORIAL Wissenschaftler der Abteilung „Neue Materialien und Biosysteme“ und der Carl Zeiss AG verbessern die Eigenschaften optischer Materialien nach dem Vorbild von Mottenaugen Andere haben den größten Teil ihrer wissenschaftlichen Laufbahn noch vor sich: Innerhalb der letzten zwei Jahre ist die Zahl der Nachwuchsgruppenleiter am Institut auf fünf angewachsen. In dieser Ausgabe stellen wir Ihnen die neue Nachwuchsgruppe von Dr. Ralf Richter zur „Glykanforschung“ vor. Was sich hinter diesem Begriff verbirgt, erfahren Sie auf Seite fünf. Die Forschungshighlights beleuchten einmal mehr die spannenden Aktivitäten von Wissenschaftlern unseres Instituts, die „mittendrin“ in ihrer Forscherlaufbahn stehen. Mit herzlichen Grüßen Abb. 1: Rasterelektronenmikroskopische Aufnahmen der Augenoberfläche einer dämmerungsaktiven Motte (obere Reihe). Ein periodisches Muster sub-Lichtwellenlängen großer Ausstülpungen bewirkt die antireflektierenden Eigenschaften des Mottenauges gegenüber Licht. Künstliche Mottenaugenstrukturen können in Quarzglas erzeugt werden (untere Reihe). Nanopartikel dienen hier als Schattenmaske zum Ätzen der Strukturen direkt in die Oberfläche des Materials. Fortsetzung Seite 2 Prof. Dr. Joachim Spatz Kommissarischer Leiter Ab t ei l u n g n eue m a t eri a l ie n u n d bi o sys t eme , P r o f . sp a t z Abb. 2: Linke Abbildung: Transmissionspektrum einer entspiegelten Quarzglasoberfläche (rot) im Vergleich zu einer unstrukturierten Referenzprobe (schwarz). Die verbesserte Transmission entspricht einer equivalenten Minderung der Reflexion. Rechte Abbildung: Reflexion einer strukturierten (rot) und unstrukturierten (schwarz) Quarzglasoberfläche als Funktion des Einfallswinkels bei einer konstanten Wellenlänge von 400 nm. lichen Brechungsindexgradienten zwischen Luft und dem Mottenauge. Reflexion wird so unterdrückt, die Transmission der Chitinlinse aber zur gleichen Zeit erhöht. Der evolutionäre Nutzen für dämmerungsaktive Motten ist, besser zu sehen ohne selbst entdeckt zu werden. Forscher der Abteilung „Neue Materialien und Biosysteme“ von Professor Spatz haben in Kooperation mit der Carl Zeiss AG (R. Brunner und Mitarbeiter) ein Verfahren entwickelt, diese biologisch inspirierten Strukturen durch Selbstorganisation großflächig auf optische Materialien zu übertragen. Die Wissenschaftler haben dazu Glas- und Quarzglassubstrate mit Nanopartikeln dekoriert und anschließend durch ein Ionenplasma geätzt. So können kostengünstig und unkompliziert Grenzflächen ähnlich dem biologischen Vorbild hergestellt werden. Diese künstlichen „Mottenaugen“ sind direkt aus dem verwendeten Material aufgebaut. Ihre antireflektierende Wirkung zeigt sich über eine große Strahlungsbandbreite von ultraviolett bis infrarot, weitgehend unabhängig vom Einfallswinkel. Das Verfahren ist ein viel versprechender Ansatz zur Ent- spiegelung funktionaler Grenzflächen für eine Reihe von Anwendungen im Bereich der Optik, Solar- und Displaytechnologie. 2 Kontakt: [email protected] Quelle: T. Lohmüller, M. Helgert, M. Sundermann, R. Brunner, J. P. Spatz „Biomimetic Interfaces for High-Performance Optics in the Deep-UV Light Range” Nano Letters 2008, 6, 267. R. Brunner ist Mitarbeiter der Carl Zeiss AG. n a me n & n a chrich t e n Mit 66 Jahren ... ... ist noch lange nicht Schluss! Professor Manfred Rühle zum 70. Geburtstag Nun, die Worte des bekannten Schlagers zeichnen ein anderes Bild vom RentnerDasein als das, welches Professor Manfred Rühle seit seiner Emeritierung vor drei Jahren pflegt. Dessen Reisepläne und Veranstaltungsteilnahmen verdeutlichen die Abwechslung in seiner aktuellen Lebensgestaltung. Neben einer aktiven Veröffentlichungstätigkeit am Institut reiste er in den ersten Monaten dieses Jahres nach Slowenien (Projekttreffen) und Großbritannien (Begutachtung der Materialforschung), dann ging es zur Tagung der American Ceramic Society nach Daytona Beach in Florida (mit einem eingeladenen Vortrag) und nach Berkeley in Kalifornien (Fachbeirat des NCEM), zwischen- durch zu Sitzungen der MPG-Gremien in Berlin, dann flugs weiter nach Tsukuba in Japan (ICYS-NIMS) und schließlich zu einer Evaluationssitzung nach Shanghai, China. Dank E-Mail ist er zu einem wahren „global communicator“ geworden und Reisestrapazen oder Jetlag scheinen ihm immer noch wenig Probleme zu bereiten. Im März feierte Manfred Rühle seinen 70. Geburtstag und das wird mit dem diesjährigen Ewald Kolloquium am 17. Juli gewürdigt. Das Kollegium sowie die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Instituts wünschen Professor Rühle alles Gute für das kommende Lebensjahr(zehnt), weiterhin schöne Momente mit interessanten Menschen und viel Freude an seinen Aktivitäten. Vor allem aber die dafür notwendige Gesundheit sowie erholsame Zeiten im Schwäbischen mit seiner Familie. a b t ei l u n g n iederdime n si o n a l e u n d me t a s t a bi l e m a t eri a l ie n , P r o f . d o sch Eine Monolage von Octadecyltrichlorsilan auf Siliziumdioxid stellt ein Modellsystem für hydrophobe Oberflächen dar. Molekulare Wechselwirkungen und Packungseffekte bedingen an der Grenzfläche eine Schicht erniedrigter Wasserdichte. 3 Wie berührt ein Wassertropfen eine wasserabweisende Oberfläche? Wasser perlt von wasserabstoßenden (hydrophoben) Oberflächen ab. Beispiele hierfür finden sich sowohl in der belebten Natur in Form wachsartiger Schichten auf den Blättern vieler Pflanzen, als auch in Materialbeschichtungen und Lacken. Dieser hydrophobe Effekt und seine molekularen Ursachen sind lange bekannt. Auf die Frage jedoch, wie nahe die Wassermoleküle der wasserabweisenden Schicht tatsächlich kommen, konnten bisherige Studien keine schlüssige Antwort geben. Ein internationales Forscherteam aus der Abteilung „Niederdimensionale und Metastabile Materialien“ von Prof. Dosch konnte die Lücke nun mit einer bisher nicht erreichten Genauigkeit auf 0,1 bis 0,6 Nanometer eingrenzen. Dies entspricht in etwa dem Durchmesser eines Wassermoleküls. schungseinrichtungen verfügbar. Die Experimente wurden daher an der Europäischen Synchrotronstrahlungsquelle (ESRF) in Grenoble, Frankreich durchgeführt. Als Modellsystem einer hydrophoben Oberfläche diente eine sehr dünne Schicht von stark wasserabweisenden Octadecyltrichlorsilan Molekülen, welche auf ein Siliziumplättchen aufgebracht wurden. Die hoch präzise Vermessung dieser hydrophoben fest-flüssig Grenzfläche gelang durch die Auswertung von Reflexionsexperimenten mit brillanter hochenergetischer Röntgenstrahlung. Derartige Strahlung lässt sich nicht im Labor erzeugen, sondern ist weltweit nur an wenigen Großfor- Kontakt: [email protected], [email protected] a k t ue l l Neue Heliumverflüssigungsanlage Rund zwanzig Jahre war die alte Heliumverflüssigungsanlage immer zuverlässig in Betrieb; ihr Kompressor hat es auf satte 92.000 Stunden Betriebszeit gebracht. Weil der Bedarf an Helium (He) über die Jahre gestiegen ist – allein in 2007 sind 355.000 Liter für die Forschung der beiden Stuttgarter Max-Planck-Institute verflüssigt worden – betreibt der Tieftemperaturservice seit Sommer 2007 eine neue Verflüssi- gungsanlage für Helium. Diese verflüssigt im Normalbetrieb 70 Liter pro Stunde und unter Vorkühlung mit Stickstoff sogar 160 Liter pro Stunde. Trotz ihrer Leistungsfähigkeit kommt die neue Anlage mit weniger Energie aus als die alte Anlage. Die neue Heliumverflüssigungsanlage "in Natura". Quelle: M. Mezger, H. Reichert, S. Schöder, J. Okasinski, H. Schröder, H. Dosch, D. Palms, J. Ralston, V. Honkimäki High-resolution in situ x-ray study of the hydrophobic gap at the water – octadecyl-trichlorosilane interface, Proc. Natl. Acad. Sci. USA 103, 18401–18404 (2006). (Online: http://www.pnas.org/cgi/content/abstract/ 0608827103v1) a k t ue l l Mikrohärchen aus Formgedächtnispolymeren (Durchmesser 10 µm, Länge 100 µm, Material Tecoflex 72D) ermöglichen schaltbare „GeckoStrukturen“: von Haftung AUS (oben) zu Haftung EIN (unten). 4 n a me n & n a chrich t e n Beschäftigte begeistern BOGYs Immer mal wieder verbringen BOGYPraktikanten eine Woche am Institut. Hinter der Abkürzung verbirgt sich die „Berufs- und Studienorientierung am Gymnasium“, welche die Schülerinnen und Schüler während der 10. oder 11. Klassen in einem Betrieb oder einer Organisation ihrer Wahl absolvieren müssen. Bei uns lernen die Jungen und Mädchen, oft in Dreier- oder Vierergruppen gebündelt, einzelne Bereiche des Institutslebens kennen. Im Jahr 2007 konnten die Mitarbeiter des Instituts insgesamt 40 Praktikanten einen Praktikumsplatz bieten. Sie waren dabei relativ gleichmäßig auf die experimentellen Abteilungen verteilt. Laut Verwaltungsvorschrift vom 28. Juli 2007 (Az.: 33-6536.0/33) tragen diese BOGY-Veranstaltungen dazu bei, • dass durch Einsicht in die Notwendigkeit bestimmter Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten eine zusätzliche Motivation für die schulische Arbeit entsteht, • dass die Schülerinnen und Schüler wesentliche Merkmale der speziellen Arbeitsweisen in der beruflichen Praxis erfahren, • dass die Schülerinnen und Schüler die Bedeutung eines bestimmten Arbeitsplatzes im Gefüge eines Betriebes bzw. einer sozialen Einrichtung erkennen, Preise und Ehrungen • dass die Schülerinnen und Schüler eine Orientierung für eine realistische Berufsund Studienwahl erhalten, • dass die Schülerinnen und Schüler ihre Kommunikationsfähigkeit, ihre Teamfähigkeit und die eigene Sozialkompetenz stärken. Das heißt, auch wenn die Praktikanten nicht immer alles im Detail verstehen (trotz dass sie in der Regel gute bis sehr gute Noten in den Naturwissenschaften aufweisen), sammeln sie durch das BOGY-Praktikum wertvolle Erfahrungen. Die vereinzelt bei uns eingehenden BOGY-Berichte lassen einiges von ihrer Begeisterung erahnen und vielleicht wird sich der eine oder die anderen einmal für eine naturwissenschaftliche Wissenschaftlerlaufbahn entscheiden. Allen beteiligten Mitarbeitern sei an dieser Stelle herzlich für die Bereitschaft zur Mitwirkung und für ihr Engagement gedankt! Prof. Dr. Joachim P. Spatz ist im Dezember 2007 zum Mitglied des Innovationsrats Baden-Württemberg ernannt worden. Herr Ministerpräsident Günther H. Oettinger hat in 2007 den Innovationsrat ins Leben gerufen. Das Gremium soll die Landesregierung in ihrem Ziel, die führende Rolle Baden-Württembergs als Innovationsmotor Deutschlands zu erhalten und auszubauen, beraten und unterstützen. Ständige Mitglieder im Innovationsrat sind die Minister für Wirtschaft und für Wissenschaft, Forschung und Kunst. Prof. Dr. Frans Spaepen, Auswärtiges Wissenschaftliches Mitglied des Instituts, ist zum Mitglied der „National Academy of Engineering“ gewählt worden. Dies ist eine der höchsten Auszeichnungen der Ingenieurswissenschaften. Prof. Spaepen wird damit für seine Beiträge zum Verständnis verschiedener Strukturen, wie amorphen Metallen und Halbleitern, ausgezeichnet. Dr. Sylvie Roke hat den Hertha-Sponer-Preis 2008 der Deutschen Physikalischen Gesellschaft e.V. erhalten. Dieser Nachwuchspreis für herausragende Physikerinnen ehrt Dr. Rokes herausragende experimentelle und theoretische Arbeiten zur Oberflächenspektroskopie an biologischen und organischen Oberflächen. Die mit 3000 € dotierte Auszeichnung ist ihr im Februar 2008 während der DPGJahrestagung in Berlin überreicht worden. Prof. Dr. Manfred Fähnle ist der Fakultätslehrpreis 2007 zuerkannt worden. Dieser ist von der Fakultät 8, Mathematik und Physik, der Universität Stuttgart im vergangenen Jahr zum ersten Mal verliehen worden. n a me n & n a chrich t e n Viele lebende Zellen statten sich mit einer Zuckerhülle aus, die bis zu mehreren Mikrometern dick werden kann. Ein essentieller Bestandteil dieser Hüllen ist Hyaluronsäure, ein langkettiger Zucker. Spezielle Proteine (hier rot, orange oder blau gezeichnet) binden einzelne Hyaluronstränge an die Zellmembran oder verknüpfen sie miteinander. Dadurch entstehen verschiedenste supramolekulare Strukturen (schematisch gezeigt). Die Gruppevon Dr. Ralf Richter baut solche Strukturen nach, um deren Eigenschaften und Funktionen gezielt zu untersuchen. Quellen / Links: www.fz-juelich.de/ptj/glykobiotechnologie www.bio-pro.de/de/life/thema/04450/index.html www.bmbf.de/pub/glykobiotechnologie.pdf www.cicbiomagune.es/ „Grenzen überschreiten“ Neue Nachwuchsgruppe am Institut Deutsch, Englisch, Französisch, Schwedisch und Spanisch ... – all diese Sprachen spricht Dr. Ralf Richter zumindest mittel, wenn nicht gar sehr gut dank der verschiedenen Stationen im Laufe seiner jungen Forscherkarriere: Vordiplom in Physik an der Universität Marburg (1997), Master in Physik an der Universität Göteborg in Schweden (1999), Promotion in Chemie an der Universität in Bordeaux, Frankreich und zeitgleich wissenschaftlicher Berater für eine schwedische Gerätebaufirma (2000 bis 2004). Nach einer Zwischenstation als Postdoc und Habilitant am Institut für Biophysikalische Chemie der Universität Heidelberg (2005 bis 2007) forscht und arbeitet Dr. Richter seit Ende 2007 als Gruppenleiter am CIC biomaGUNE in San Sebastian, Spanien. Als einer der Gewinner des vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) ausgelobten „Arbeitsgruppenwettbewerbs Glykobiotechnologie“ leitet Ralf Richter seit Februar 2008 die Nachwuchsgruppe „Modellsysteme glykanhaltiger Zellhüllen“ in Zweitaffiliation an unserem Institut. Mit der Initiative will das BMBF das aufstrebende Technologiefeld der Glykobiotechnologie nachhaltig an deutschen Forschungsinstitutionen etablieren und eine international herausragende Exzellenzentwicklung mit Spitzenkräften aus dem In- und Ausland unterstützen. Für die Entwicklung innovativer Biomateri- alien ist das Wissen um Zucker und ihre Bindungspartner unverzichtbar. Das betrifft Implantate, Prothesen und generell alle Werkstoffe, die mit biologischen Systemen interagieren. Dabei stehen zelluläre Zuckerstrukturen Modell für neue Materialien und Oberflächen. Ein Schwerpunkt ist die Untersuchung des Zuckerpelzes auf den Zelloberflächen. So entwickelt Ralf Richter mit seiner Arbeitsgruppe Modelle der zellulären Zuckerhülle. Diese ermöglichen es, Struktur-Funktions-Zusammenhänge aufzuklären, und sollen zu einer neue Plattform für die Biosensorik ausgebaut werden (Näheres zu seiner Forschung in Focus on Materials 01/07, Ausgabe 4, Seite 7, „Die geheimnisvolle Hülle lebender Zellen“). So wie Ralf Richter erst als Student und nun als Forschungsgruppenleiter geographische und fachliche Grenzen überschritten hat, werden in seinem Team Physiker, Chemiker, Biologen und Materialwissenschaftler gemeinsam einige Grenzen der Erkenntnis der Glykobiotechnologie ausloten. Die Mitarbeiter und das Kollegium heißen Dr. Ralf Richter und sein Team Willkommen und wünschen alles Gute für die „grenzüberschreitende Glykanforschung“. Kontakt: [email protected] TERMINE montags 17:00 Uhr, im Semester Materialwissenschaftliches Kolloquium Werner-Köster-Hörsaal 2 R4 dienstags17:15 Uhr, im Semester Physikalisches Kolloquium Uni-Stuttgart: Hörsaal V57.01, Pfaffenwaldring 57 MPI-Campus: Hörsaal 2 D5 17. Juli 2008 Paul-Peter Ewald Kolloquium zu Ehren von Professor Rühle 13:30 Uhr, Hörsaal 2 D5 ab 17:30 Uhr, Sommerfest im Garten des MPI-Campus Eine gesonderte Einladung folgt. 22. Juli 2008 Max Planck Lecture 2008 16:00 Uhr, Hörsaal 2 D5 Prof. Dr. Paul Alivisatos Lawrence Berkeley National Laboratory, USA Eine gesonderte Einladung folgt. 28. Oktober 2008 Öffentliche Voträge 17:00 Uhr, Köster-Hörsaal 2 R4 Die Sprecher und Titel werden später bekannt gegeben. Weitere Informationen finden Sie unter: www.mf.mpg.de > Aktuelles/News 5 S t u t t g a r t C e n t er f o r E l ec t r o n M icr o sc o py ( S t E M ) 6 „SESAM ...“ Das Sub-Elektronenvolt-Sub-Angström-Mikroskop öffnet neue Wege zur Charakterisierung optischer Materialeigenschaften Mit dem kürzlich installierten Sub-Elektronenvolt-Sub-Angström-Mikroskop (SESAM) der Firma Carl Zeiss NTS GmbH steht dem Institut ein Transmissionselektronenmikroskop mit einzigartigen Eigenschaften zur Verfügung. Mit Hilfe des integrierten Elektronenmonochromators sowie des MANDOLINE-Energie filters ist es nun möglich, den Energieverlust von Elektronen nach Durchtritt durch das untersuchte Material mit einer bisher nicht erreichten Energieauflösung von weniger als 100 Milli-Elektronenvolt (meV) zu messen. Dies ermöglicht insbesondere im Bereich kleiner Energieverluste neuartige Methoden zur Materialanalyse. Energieverluste von wenigen Elektronenvolt (eV) treten beispielsweise auf, wenn Elektronen vom Valenz- ins Leitungsband angeregt werden (Interbandübergänge) oder wenn Elektronen kollektiv zu Plasmaschwingungen angeregt werden (Plasmonen). Ein Oberflächenplasmon kann man sich als eine kollektive longitudinale Schwingung der Valenz- und Leitungselektronen an der Oberfläche des Teilchens vorstellen. Aufgrund der geringen Ausdehnung des Silberpartikels kann sich diese Schwingung nicht unbegrenzt ausbreiten; vielmehr bilden sich die in den Abbildungen oben zu sehenden Schwingungsbäuche und -knoten aus. Aus einer Serie energiegefilterter Aufnahmen bei unterschiedlichen Energieverlusten können daher alle Arten von Oberflächenplasmonen direkt abgebildet werden. Derartige Oberflächenplasmonen spielen eine entscheidende Rolle für die Färbung von Glas, z. B. in Kirchenfenstern, und neuerdings auch für das Verständnis neuer „photonischer Metamaterialien“ mit negativem Brechungsindex sowie bei der optischen Informationsübertragung. Diese zukunftsträchtigen und hoch spannenden Forschungsfelder werden unter dem Begriff „Plasmonics“ zusammengefasst und öffnen sich nun den Stuttgarter Forschern aufgrund der einzigartigen Eigenschaften des SESAM. Kontakt: [email protected] Direkte energiegefilterte Abbildung der lokalen Maxima zweier Schwingungsmoden von Oberflächenplasmonen in einem Silberdreieck auf Siliziumnitridsubstrat. Die Bilder wurden bei Energieverlusten von 1,0 eV (links) und 1,5 eV (rechts) aufgenommen. Bei diesen Energieverlusten werden Oberflächenplasmonenmoden angeregt, die Maxima an den Ecken bzw. Kantenmitten des Dreiecks haben. Elektronenenergieverlust beim Durchtritt durch verschiedene Halbleitermaterialien. Man erkennt deutlich, dass unterhalb der Energielücke der Materialien (3,3 eV in GaN und 4,3 eV in Al45Ga55N) keine Interbandübergänge stattfinden. Derartige Spektren erlauben somit die direkte Bestimmung der Bandlücke, d.h. des energetischen Abstands zwischen Valenzband und Leitungsband, einer zentralen Größe in der Halbleiterforschung. Die Größe der Bandlücke bestimmt im Wesentlichen die elektrischen und optischen Eigenschaften des Festkörpers. A B T E I L U N G M O D E R N E M A G N E T I S C H E M AT E R I AL I E N , P R O F . S C H Ü T Z Links: Aufbau einer Zungenpfeife. Der Klang entsteht ähnlich wie in Rohrblattinstrumenten. Die Luft, die in den Stiefel eingeführt wird, bringt die gebogene Metallzunge gegen die Kehle zum Schwingen. Dadurch entsteht ein Ton, der durch den Schallbecher modifiziert und verstärkt wird. Der Klang einer Zungenpfeife wird im Wesentlichen durch das verwendete Material und durch die Biegung der Zunge bestimmt, die der Orgelbauer während der Intonation der Pfeife formt. Die Tonhöhe, d.h. die Stimmung der Pfeife, wird durch die Position der Stimmkrücke festgelegt. Abb. 1: rechts oben: Die Zunge und Kehle dieser Zungenpfeife (ohne Schallbecher und Stiefel) stammen aus einer von Arp Schnittger 1680 gebauten Orgel (St. Johanniskirche in Hamburg, Deutschland). 7 Auf der Suche nach dem verlorenen Klang Geheimnisse barocker Orgelbaukunst über historische Messinglegierungen gelüftet Sie gilt als „Königin der Musikinstrumente“: die Orgel, die schiere Majestät des Klangs. Eine Orgel besteht immer aus Lippenpfeifen. Um jedoch die Ausdrucksvielfalt und -stärke einer Orgel zu erhöhen, werden sogenannte Zungenpfeifenregister hinzugefügt (Abb. 1 und 3). Die Kunst des Orgelbaus erreichte in der Barockzeit ihren Höhepunkt, doch das grundlegende Wissen darum geriet im 19. und 20. Jahrhundert in Vergessenheit. Im Rahmen des vom Max-Planck-Institut für Metallforschung koordinierten Europäischen Projektes „TRUESOUND“ arbeiteten erfolgreich Materialwissenschaftler und Orgelbauer aus neun Europäischen Ländern mit dem Ziel zusammen, kommerziell nicht mehr verfügbare Messinglegierungen, wie sie in historischen Orgeln verwendet wurden, wieder herzustellen. Die Wissenschaftler untersuchten mit modernsten materialwissenschaftlichen Analysemethoden dutzende historischer Messingzungen und -kehlen (17.-19. Jh.) hinsichtlich Zusammensetzung, Gefüge und Herstellungsprozess. Die Hauptbestandteile der Zungen und Kehlen sind Kupfer, Zink und Blei (siehe Abb. 2). Erstaunlicherweise tritt die Zinkkonzentration innerhalb von zwei Zeitabschnitten mit jeweils einem relativ konstanten Wert auf: Zwischen 1624 und 1790 lag er bei etwa 26 Gew.% und ab 1750 bis heute bei etwa 32,5 Gew.%. Die Bleikonzentration verringerte sich langsam von 7 – 8 Gew.% im Jahre 1624 bis auf etwa 2 Gew.% in der Mitte des 18. Jahrhunderts. Die ersten bleifreien Zungen tauchten um 1750 auf und ab 1820 findet man überhaupt kein Blei mehr in den Proben. Die Forscher konnten auch die Ausheiztemperaturen während des Herstellungs- und Bearbeitungsprozesses ermitteln und die relevanten Prozessschritte wie Gießen, Formen, Hämmern, Walzen, Feilen und Ausheizen für die originalgetreue Herstellung von Messingzungen und -kehlen bestimmen. Gerade für die authentische Restaurierung war es wichtig zu klären, warum die Orgelbauer verschiedene Messinglegierungen verwendet haben. Nachforschungen ergaben, dass die Zinkkonzentration von den damals verwendeten Herstellungsverfahren herrührte: Bis etwa Mitte des 18. Jahrhunderts wurde Messing über den Prozess der Zementation hergestellt, da Zink nur in Form von Zinkspat oder als Zinkoxid vorhanden war. Der relativ niedrige Zinkgehalt folgte aus der möglichst geringen Prozesstemperatur. Der Zinkgehalt stieg, als Lichtmikroskopische Aufnahmen einer Messingzunge von (links) der Antonius Wilde Orgel (15981599), restauriert von Arp Schnittger (1682) in der St. Jakobi Kirche in Lüdingwoth, Deutschland und (rechts) der Radecker&Garrels Orgel (1719) in der Magnuskerk in Anloo, Niederlande. Die Bilder zeigen deutliche Unterschiede in der Korngröße. Die Bleiausscheidungen (dunkle „Tropfen“, Punkte oder Kanäle) sind deutlich auch an Korngrenzen und Tripelpunkten zu sehen. Fortsetzung Seite 8 a k t ue l l 2007/08: Titelverdächtig (Alle Titel reproduziert mit Erlaubnis der Zeitschriften und Verlage) Das Bild: “2D Supramolecular Self-Assembly of Binary Organic Monolayers” schmückte die 13. Ausgabe (2007) der ChemPhysChem; im März 2007 prangte auf den Physical Review Letters, Vol. 98, No. 11, das „Magnetooptic image of a superconducting MgB2 film in a magnetic field at 10 K”; ein Bild aus der Forschungsarbeit “Towards controlled bottom-up architectures in organic heterostructures” zierte die Applied Physics Letters 90 (Juni 2007); das MRS Bulletin Vol. 32, No. 12 (2007) zeigte „Novel In Situ Probes for Nanocatalysis”; das Journal “Superconductor Science and Technology”, Vol. 21, No. 4 (April 2008) verwendete ein Bild aus der Arbeit “Chaotic vortex dynamics and low current phases in the remanent state of MgB2 thin films” und im Mai 2008 illustrierte der “Multitechnique Approach to Access the DIP Assembly Process and Its Christallographic and Electronic Structure” die Titelseite des Journal of Physical Chemistry, Vol. 112, No. 18. 8 ab 1738 metallisches Zink hergestellt und damit Messing durch direkte Legierung von Kupfer und Zink erschmolzen werden konnte. Der Vergleich mit historischen Kanonen aus Bronze, einer Kupfer-ZinnLegierung, ergab, dass Blei nicht absichtlich hinzugefügt wurde, sondern bereits als Verunreinigung im Kupfer enthalten war. Den Orgelbauern stehen nun zwei verschiedene Messinglegierungen für die authentische Restaurierung oder das Nachbauen von Barockorgeln zur Verfügung. Eine mit etwa 25 Gew.% Zink und 2 Gew.% Blei (für Orgeln aus dem 17. bis 18. Jahrhundert) und eine ohne Blei mit höherem Zinkgehalt von etwa 33 Gew.% für Orgeln aus dem 18. und 19. Jahrhundert. Diese neuen Legierungen entsprechen den Vorstellungen der heutigen Orgelbauer gerade im Hinblick auf Handhabbarkeit und Klangqualität und sind bereits weltweit sowohl für die Restaurierung histo- rischer Orgeln (siehe Abb. 3) als auch für deren Nachbau verwendet worden. Kontakt: [email protected], [email protected] Quelle: B. Baretzky, M. Friesel and B. Straumal Reconstruction of historic alloys for pipe organs brings true Baroque music back-to-life MRS Bulletin 32 (2007) 249 – 255 B. Baretzky, M. Friesel, A. Petelin, A. Mazilkin, B. Straumal Structure of historical brass tongues and shallots from Baroque organs Def. Diff. Forum 249 (2006) 275 – 280 A. Manescu, A. Giuliani, F. Fiori, B. Baretzky Residual Stress analysis in reed pipe brass tongues of historic organs Mat. Sci. Forum 524-525 (2006) 969 – 974 „Goodbye – Hello“ Aus dem Diplomstudiengang Werkstoffwissenschaft wird der Bachelor/ Master Materialwissenschaft (Materials Science) Zum Wintersemester 2008/09 wird der Diplomstudiengang Werkstoffwissenschaft endgültig auf den Bachelor-Studiengang Materialwissenschaft umgestellt. Der Masterstudiengang wird zum WS 2011/12 beginnen. An der Universität Stuttgart ist der Bachelor/Master Studiengang „Materialwissenschaft“ in der Fakultät Chemie angesiedelt. Durch die Einbindung von Direktoren und Mitarbeitern unseres Instituts ist er darüber hinaus mit der Forschungsinfrastruktur an unserem Institut verbunden. Bildnachweis: MPI für Metallforschung, sofern nicht anders angegeben Der Bachelor Materialwissenschaft führt zur Berufsqualifikation im Bereich Materialwissenschaft und ist aufgrund der breiten naturwissenschaftlichen Grundlage einem Bachelorstudiengang in Physik- bzw. Chemie ähnlich. Zusätzlich enthält er Elemente aus den Ingenieurwissenschaften. Absolventen des Bachelor Materialwissenschaft können aus einem breiten Spektrum an Betätigungsfeldern wählen: Es reicht von Grundlagenforschung bis hin zu angewandten Tätigkeitsfeldern wie Prozess- und Produktentwicklung, Qualitätssicherung, Produktion sowie Management und Verkauf etc. Gestaltung: www.machwerk.com Auflage: 3.500 Stück Information: http://www.uni-stuttgart.de/wewi/ IMPRESSUM Herausgeber: Max-Planck-Institut für Metallforschung Heisenbergstraße 3 70569 Stuttgart www.mf.mpg.de Redaktion: Claudia Däfler Tel.: +49-711/689-3094 Fax: +49-711/689-1932 [email protected] Mit einer authentischen Messinglegierung rekonstruiertes Vox Humana Zungenpfeifenregister der Casparini Orgel in Vilnius, Litauen (1766, Heilig Geist oder Dominikaner Kirche). u n i v ersi t ä t s k o n t a k t e