Die Musterprofis
Transcription
Die Musterprofis
I N D O O R Die Musterprofis Die Leser des vm und die User der Homepage www.volleyball.de haben Christiane Fürst und Jochen Schöps als Volleyballer des Jahres 2009 gewählt. Wir gratulieren herzlich So haben Sie gewählt Frauen (Vorjahresplatzierung in Klammern) 1. (4.) Christiane Fürst (Pesaro/ITA) 31 % 2. (–) Margareta Kozuch (Sassuolo/ITA) 28 % 3. (–) Kathleen Weiß (Perugia/ITA) 19 % 4. (–) Mareen Apitz (Dresdner SC) 10 % 5. (5.) Corina Ssuschke (Prostejov/CZE) 5% Männer (Vorjahresplatzierung in Klammern) 1. (1.) Jochen Schöps (Odintsovo/RUS) 34 % 2. (2.) Björn Andrae (Valentia/ITA) 29 % 3. (–) Georg Grozer (VfB Friedrichshafen) 14 % 4. (–) Patrick Steuerwald (Generali Haching) 10 % 5. (–) Sebastian Schwarz (Generali Haching) 8 % Galerie der Sieger … Alle Volleyballerinnen des Jahres 䉴 䉴 䉴 䉴 䉴 䉴 䉴 䉴 䉴 䉴 䉴 䉴 1979 1980 1981 1982 1983 1984 1985 1986 1987 1988 1989 1990 䉴 1991 䉴 1992 䉴 1993 Silvia Meiertöns (1. VC Hannover) Marina Staden (USC Münster) Marina Staden (USC Münster) Gabi Lorenz (TG Rüsselsheim) Terry Place-Brandel (SV Lohhof) Marina Staden (VfL Oythe) Ae Hee Kim (TGV Augsburg) Sigrid Terstegge (USC Münster) Renate Riek (CJD Feuerbach) Gudrun Witte (CJD Feuerbach) Gudula Staub (Bayern Lohhof) Karen Baumeister (Münster) – West Ariane Radfan (Modena/ITA) – Ost Ines Pianka (USC Münster) Susanne Lahme (CJD Berlin) Susanne Lahme (Sumirago/ITA) V O L L E Y B A L L - M A G A Z I N 0 1 • 2 0 1 0 䉴 䉴 䉴 䉴 䉴 䉴 䉴 䉴 䉴 䉴 䉴 䉴 䉴 䉴 䉴 䉴 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 Grit Naumann (CJD Berlin) Ines Pianka (1. VC Schwerte) Sylvia Roll (Schweriner SC) Sylvia Roll (Schweriner SC) Ulrike Schmidt (Bayer Leverkusen) Judith Flemig (USC Münster) Angelina Grün (USC Münster) Angelina Grün (Modena/ITA) Angelina Grün (Modena/ITA) Angelina Grün (Bergamo/ITA) Angelina Grün (Bergamo/ITA) Angelina Grün (Bergamo/ITA) Angelina Grün (Bergamo/ITA) Angelina Grün (Bergamo/ITA) Angelina Grün (Istanbul/TUR) Christiane Fürst (Pesaro/ITA) Sie sind beide Profis, die von ihren Trainern stets über den grünen Klee gelobt werden – wann immer die nach ihnen befragt werden. Dann fallen Attribute wie Disziplin, Treue, Kampfgeist – mithin alles, was gemeinhin unter dem Sammelbegriff deutsche Tugenden zusammengefasst wird. Das haben nun auch die Leser des volleyball-magazins und die User unserer Internetplattform www.volleyball.de honoriert, indem sie die Musterprofis Christiane Fürst und Jochen Schöps als Volleyballer des Jahres 2009 gewählt haben. Übrigens: Die Qualitäten dieser Asse werden nicht nur hierzulande hoch geschätzt: Christiane Fürst verdient ihr Geld in der italienischen Liga, Jochen Schöps ist in Russland unter Vertrag. Für den Diagonalangreifer, der einst in Schwenningen das Einmaleins des Volleyballs erlernte, ist es bereits die dritte Wahl in Folge. Damit darf er sich mit Fug und Recht als Großer der Szene bezeichnen lassen. Christiane Fürst betritt dagegen Neuland. Mehr als das: Sie hat eine Ära beendet, die es in dieser Form wahrscheinlich nie wieder geben wird: Neun Mal in Folge ist Angelina Grün von Ihnen auf den Thron gehoben worden – eine Bestmarke für die Ewigkeit. Nun gibt es also eine Nachfolgerin. Und die ist auf der Position der Mittelblockerin seit Jahren mit konstanten Weltklasseleistungen auffällig geworden. Deshalb sind auch in diesem Fall jegliche Zweifel unangebracht: Diese Wahl ist verdient! fex 䊏 Das sind die Gewinner Präsentiert von: für die männlichen Gewinner jeweils eine winddichte und wasserresistente Laufjacke aus dreilagigem Gore-Windstopper. Für die Frauen jeweils eine leichte wind- und wasserabweisende Jacke und Laufhose. Dazu erhält jeder Gewinner eine klassische Sporttasche mit Seitenfächern und Nassfach. Jörn Droste, 42369 Wuppertal Denise Brown, 12309 Berlin Michael Goldmann, 97272 Würzburg Cornelia Drees, 54662 Speicher Günter Grosch, 06122 Halle Anke Hausbrandt, 03222 Lübbenau Norbert Neumann, 15913 Märkische H-G Martina Krä, 85658 Egmating Lothar Schröder, 58849 Herscheid Stefanie Kunze, 56112 Lahnstein Werner Uhlmann, 09111 Chemnitz Anne Richter, 06116 Halle Michael Voss, 21255 Tostedt Stefanie Seeger, 73733 Esslingen Matthias Warmuth, 08371 Glauchau Patricia Schönberg, 12099 Berlin ... von 1979 bis 2009 Alle Volleyballer des Jahres 䉴 䉴 䉴 䉴 䉴 䉴 䉴 䉴 䉴 䉴 䉴 䉴 1979 1980 1981 1982 1983 1984 1985 1986 1987 1988 1989 1990 䉴 1991 䉴 1992 䉴 1993 Toni Rimrod (VBC Paderborn) Burkhard Sude (USC Gießen) Burkhard Sude (USC Gießen) Burkhard Sude (USC Gießen) Burkhard Sude (USC Gießen) Burkhard Sude (USC Gießen) Hee Wan Lee (VBC Paderborn) Jörg Brügge (VBC Paderborn) Gabor Csontos (SV Türk Gücü) Hauke Braack (Hamburger SV) Paul Schmeing (Bayer Leverkusen) Paul Schmeing (Leverkusen) – West René Hecht (TSC Berlin) – Ost René Hecht (Post TSC Berlin) Georg Grozer (Moerser SC) Michael Dornheim (Friedrichshafen) 䉴 䉴 䉴 䉴 䉴 䉴 䉴 䉴 䉴 䉴 䉴 䉴 䉴 䉴 䉴 䉴 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 Wolfgang Kuck (Bayer Wuppertal) Dirk Oldenburg (ASV Dachau) Wolfgang Kuck (Bayer Wuppertal) Wolfgang Kuck (Bayer Wuppertal) Stefan Hübner (SCC Berlin) Stefan Hübner (SCC Berlin) Holger Kleinbub (Friedrichshafen) Stefan Hübner (Montichiari/ITA) Stefan Hübner (Montichiari/ITA) Christian Pampel (Loreto/ITA) Björn Andrae (Cuneo/ITA) Björn Andrae (Padua/ITA) Björn Andrae (Padua/ITA) Jochen Schöps (Odintsovo/RUS) Jochen Schöps (Odintsovo/RUS) Jochen Schöps (Odintsovo/RUS) S E I T E N 1 0 • 1 1 fotos: conny kurth (2), daniela tarantini, claus bergmann 1. bis 16. Preis: I N D O O R Die Fürstin Ruhig, abgeklärt, zuverlässig: Der Weg von Christiane Fürst zum allseits geachteten Profi war nicht vorgezeichnet – sie ist ihn dennoch fotos: daniela tarantini, fivb, privat gegangen Lang und dennoch beweglich: Christiane Fürst macht auch in der Abwehr eine gute Figur Manchmal staunt Christiane Fürst noch immer ein wenig über sich selbst und ihre außergewöhnliche Vita. „In der E-Jugend war es mein Ziel, irgendwann beim Dresdner SC in der ersten Mannschaft zu spielen – und nun bin ich in Bergamo gelandet“, sagt sie lachend und ein wenig verblüfft. „Meine Karriere war so nicht geplant, alles entwickelte sich einfach von Jahr zu Jahr.“ 15 Jahre nach ihren Anfängen im Freizeitvolleyball ist Christiane Fürst die Spielführerin der deutschen Nationalmannschaft und eine der besten Mittelblockerinnen der Welt. In Italien, das trotz kriselnder Finanzsituation vieler Vereine noch immer als Volleyballparadies gelten darf, hat sich die 24-jährige Dresdnerin längst einen Namen gemacht. Mit ihrem Ex-Klub Scavolini Pesaro wurde sie zwei Mal italienische Meisterin, gewann Supercup, Pokal und CEV-Cup. Durch ihre beeindruckende Präsenz im Block, ihre gedankliche Schnelligkeit und ihre herausragenden Quoten im Angriff reifte sie schnell zu einer der wertvollsten Spielerinnen der Lega A Uno. Vor dieser Saison wechselte sie von der Adria in die Lombardei, zu Foppapedretti Bergamo, sechsmaliger ChampionsLeague-Sieger und einer der erfolgreichsten Klubs der Welt. Christiane Fürsts Mitspielerinnen heißen jetzt Eleonora Lo Bianco, Francesca Piccinini und Valentina Arrighetti und bilden die halbe italienische Nationalmannschaft, die im Oktober Europameister wurde. Wie selbstverständlich hat sich Fürstl, wie sie von vielen genannt wird, im Starensemble einen Stammplatz gesichert. „Die Mädels haben mich super aufgenommen”, sagt sie locker. In dieser Saison nun will sie den Titel holen, der ihr in ihrer Sammlung noch fehlt: den in der Champions League. Damit hätte sie auf der V O L L E Y B A L L - M A G A Z I N 0 1 • 2 0 1 0 Klubebene alles erreicht – viel steiler kann eine Karriere kaum verlaufen. Ähnlich erfolgreich in Italien waren wohl nur Susanne Lahme, Angelina Grün und Hanka Pachale. Ob intuitiv oder geplant: Christiane Fürst hat in ihrer Karriere bislang immer alles genau richtig gemacht. Sie wechselte nie zu früh oder zu spät den Verein, hatte immer die richtigen Trainer, die sie weiterbrachten und war stets eine prägende Größe, wenn es Erfolge zu feiern gab. Fast scheint es, als habe sich Christiane Fürst gegen die Entwicklung zur Weltklassespielerin gar nicht wehren können: Sie war einfach zu talentiert, zu ehrgeizig, als dass ihr Weg nach ganz oben hätte unterbrochen werden können. Als der Fürstin früh abverlangt wurde, Verantwortung zu übernehmen, hat sie auch das bravourös gemeistert In der Nationalmannschaft ist sie unter vielen jungen Spielerinnen die große Konstante – dabei darf sie selbst noch zu den Jüngeren gezählt werden. Doch mit 213 Länderspielen ist sie nun mal die Erfahrenste im Team. An die Rolle der Anführerin musste sich die Mittelblockerin erst gewöhnen. Noch vor zwei Jahren, vor der EM 2007, sagte sie im vm pflichtbewusst: „Ich bin jetzt seit 2003 bei der Nationalmannschaft. Ich weiß, dass von mir verlangt wird, dass ich mehr Verantwortung übernehme. Das versuche ich zu tun.” Inzwischen geht sie mit dieser Aufgabe lockerer um. Im Sommer bezeichnete Bundestrainer Giovanni Guidetti sie als „Ausnahmespielerin“ und lobte: „Sie lernt jeden Tag besser, was es heißt, Capitano zu sein.” Bei der EM in Polen führte sie das DVV- Team auf dem Spielfeld eindrucksvoll an, übernahm Verantwortung und wurde ihrer Ausnahmestellung fast immer gerecht. Die Auszeichnung zur besten Blockerin war folgerichtig. Genau wie bei der WM 2006, wo sie diese Auszeichnung ebenfalls erhielt. Höchst überraschend und „immer noch ein wenig unglaublich”, wie sie heute sagt. 50 000 Dollar Prämie gab es obendrauf. Angesichts dieser Erfolge und ihres Status klingt es seltsam, doch Christiane Fürst wollte mit Volleyball nie ihr Geld verdienen. „Dass ich mein Hobby mal zum Beruf mache, war nicht abzusehen”, sagt sie. „Ich hatte immer andere Träume.“ So wollte sie Medizin studieren, wurde jedoch dreimal abgelehnt und schrieb sich schließlich in Dresden für Geschichte und Sprachwissenschaften ein. Obewohl sie kaum noch in ihrer Heimat ist, ist sie nicht mehr weit vom Abschluss entfernt. „Ich will das Studium unbedingt beenden, weil ich da viel reingelegt habe“, sagt sie. Sie kann sich vorstellen, später in diesem Berufsfeld zu arbeiten, vielleicht in Kombination mit Politik. Eines weiß sie hingegen sicher: „Ich will nie Trainerin werden. Richtige Trainer leben für Volleyball. Ich glaube nicht, dass ich dazu ein ganzes Leben lang in der Lage bin.” Es würde zu Christiane Fürst passen, wenn sie Volleyball eines Tages den Rücken kehren und eine zweite Karriere starten würde. Obwohl derzeit kaum Platz für anderes ist, dreht sich das Leben der Christiane F. nicht nur um ihren Sport. „Der Schwimmer Paul Biedermann wurde neulich gefragt, ob er seinen Urlaub am Meer verbringe”, erzählt sie. „Die Antwort war natürlich nein. Genauso geht es mir mit Volleyball: Ohne ist auch mal ganz schön.” Erste Schritte Beatrice Schultz (Foto) ist in Dresden als hauptamtliche Nachwuchstrainerin beschäftigt. Der Jahrgang 1984/85 war ihre erste Trainingsgruppe, die sie selbständig leitete. Damals unter anderem mit dabei: Christiane Fürst. Welchen Eindruck hatten Sie in den ersten Trainingseinheiten von der jungen Christiane Fürst? Sie war am Anfang sehr ruhig und zurückhaltend, geradezu schüchtern und hatte Probleme, in der Gruppe Kontakt zu finden. Aber ich wusste vom ersten Moment an: Wenn ich dieses Mädchen durchbringe, wird das mal eine ganz gute Volleyballerin. Ist sie mit den Jahren so ruhig geblieben? Sie ist in der Gruppe zunächst so ruhig geblieben und hat ihre Sache ganz abgeklärt, sachlich und sehr effektiv gemacht. Erst später, vielleicht mit 13, als sie ihre erste Berufung zur Jugend-Nationalmannschaft bekommen hat, ist sie offener geworden und hat mehr Verantwortung übernommen. Mit 14, 15 hatte sie dann ihre ersten Einsätze in der 2. Liga. Von da an war wirklich abzusehen: Das wird mal eine ganz Große auf ihrer Position. Sie nahm das Zepter in die Hand und wurde für ihren Altersbereich – aber auch für die Älteren – eine Führungsspielerin. Aufbrausend war sie dabei nie, sondern hat immer ruhig ihre Arbeit gemacht. Gehörte sie von Beginn an zu den Besten? Sie war in ihrer Trainingsgruppe eine der Jüngeren. Ältere Spielerinnen wie beispielsweise Grit Müller waren ihr, was das Spielerische betrifft, weit voraus. Christiane musste sich da erstmal rantrainieren. Aber das hat sie durch viel Fleiß und aufgrund ihrer körperlichen Voraussetzungen geschafft. Ragte sie damals körperlich schon heraus? Achtung, gleich schlägt es ein: Christiane Fürst besticht im Angriff mit beeindruckenden Quoten Doch so lange Christiane Fürst ihren Spaß hat – darauf kann sich jede Mitspielerin, jeder Trainer, jeder Zuschauer verlassen – ist sie der Musterprofi schlechthin. Mit ihrer zurückhaltenden, bescheidenen, sowie zugleich ungeheuer ehrgeizigen und manchmal verbissenen Art ist Christiane Fürst eine besondere Erscheinung in der deutschen Volleyball-Landschaft. „Eigentlich”, sagt sie, „lebe ich ein ganz normales Leben. Ich habe nur einen etwas außergewöhnlichen Beruf“. So kann man das auch sagen. Ullrich Kroemer 䊏 Christiane ist spät gewachsen. Sie war anfangs eher klein und hat erst mit 14, 15 einen richtigen Schub gemacht. Grit Müller beispielsweise war mit elf Jahren schon genauso groß wie jetzt, sie war mit dieser Statur schon viel spielgewandter als Christiane. Wenn man wie sie dann einen richtigen Wachstumsschub kriegt, hat man es natürlich schwerer, mit seinem Körper klarzukommen. Deswegen musste Christiane ganz ruhig aufgebaut werden. War es schwierig, sie bei der Stange zu halten? Es gab durchaus Augenblicke, in denen Christiane aufgrund ihrer Schüchternheit gezögert hat, weiter zum Training zu kommen. Da fehlte ihr die Motivation – oder vielleicht war es auch die Angst, dass die anderen sie ärgern könnten. Sie war in den ersten Jahren eine Außenseiterin. Aber da musste sie durch, und ich habe zu ihr gehalten. Ich war immer davon überzeugt, dass wir sie durchkriegen. S E I T E N 1 2 • 1 3